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Full text of "Neue Jahrbücher für Philologie und Paedogogik"

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NEUE  JAHRBÜCHER 


FÜR 


PHILOLOGIE  UND  PAEDAG06IK. 


GEGENWÄRTIG  HERAUSGEGEBEN 


VON 


ALFRED  FLECKEISEN  und  HERMANN  MASroS 

PBOrSSSOR  IH  DRS&DKK  PBOnCfWOR  XX   LXXPZIO. 


FÜNFZIG8TEB  JASRQAJXQ. 


EINHÜNDERTÜNDEINUNDZWANZIGSTER   BAND.     /  U^  / 


^^. .   -^  •.,^-^-^\ 


LEIPZIG 

DRUCK  OND  VERLAG  VON  B.  G.  TEUBNER. 

1880. 


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JAHRBÜCHER 


FÜR 


CLASSISCHE  PHILOLOGIE 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


ALFRED  FLECKEISEN. 


SECHSDNDZWANZIGSTER  JAHRGANG  1880 


ODER 


DER    JAHNSCHEN    JAHRBÜCHER    FÜR    PHILOLOGIE    UND  PAEDAQOOIK 
EINHUNDERTUNDEINUNDZWANZIOSTER    BAND. 


LEIPZIG 

DRUCK  X'ÜD   VERLAG  VON  B.  O.  TEUBNEB. 


VERZEICHNIS  DER  MITARBEITER 

AN  DEN  JAHRiQÄNGEN  1875  BIS  1880. 

(di«  ia  pArentheM  bei^Metzten  sahlen  bestehen  «ich  aaf  das  nachstehende  inbahsveneiehnis. 
die  aainen  der  miUrbeiter  za  den  ersten  iwanzig*  jahr^rangen  sind  zu  anfang-  der  jahrg-inge 

1860,  1864  und  1874  abgedraekt.) 


1.  Otto  Amdohb  in  Frankfurt  an  der  Oder  (91) 

S.  Julius  Absoldt  in  Gnmbinnen  (34) 

S,  RicHABD  AnROLDT  in  Königsberg  (Ostprenszen)  (15.  74.  82.  100) 

4.  Erxst  Bachof  in  Eisenach 

5.  Fbavz  Baobb  in  Entin 

6.  Emil  Babhbbiis  in  Groningen  (17.  38) 

7.  Albbbt  yoh  Bambbbo  in  Eberswalde 

8.  Juuui  Babtsch  in  Stade 

9.  Hbbmamx  Baumoabt  in  Königsberg  (Ostprenssen) 

10.  Malwih  Bbchbbt  in  Leipzig 

11.  Thbodob  Becbbb  in  Schlawe  (Pommern)  (44) 

12.  Julius  Bbloch  in  Rom 

13.  Habs  Kabl  Bbxxckbii  in  Bartenstein 

14.  GusTAY  Bbbsblbb  in  Chemnitz  (92) 

15.  Thbodob  Bbboe  in  Bonn 

16.  Gbbqobius  Bbbnabdazis  in  Leipzig 

17.  Rudolf  Bitscbofskt  in  Wien  (63) 

18.  Fbibdbicb  Blass  in  Kiel 

19.  Hbbmaii«  Blass  in  Berlin 

20.  Hugo  Blümneb  in  Zürich 

21.  Rudolf  Bobbik  in  Belgsrd  (Pommeru) 
t2.  Fbibdrich  Bockbmülleb  in  Stade 

23.  WiLHBLM  Böhme  in  Stolp 

24.  Ebbst  Bössbb  in  Plön 
ib.  Max  Bobbbt  in  Paris 

26.  Hbibbicb  Bbandes  in  Leipzig 

27.  Wilhelm  Bbandes  in  Brannschweig 

28.  Samuel  Bbandt  in  Heidelberg  (103.  113) 

29.  Ludwig  Bbbitebbach  in  Naumburg 

30.  Adolf  Bbiboeb  in  Halle 

31.  Julius  Bbix  in  Liegnitz 

32.  Kabl  Bbuomab  in  Leipzig  (31.  80} 

33.  OscAB  Bbuomab  in  Leipzig 

34.  Hebmabn  Bbubckb  in  Wolfenbüttel 

35.  Fbabz  Büchbleb  in  Bonn 

36.  Cabl  Büboeb  in  Straszburg  (Elsasz) 

37.  Hbibbicb  Buebmabb  in  Berlin 

38.  Thbodob  Buttneb -Wobst  in  Dresden  (26) 

39.  Jacob  Bubkbabd  in  Zürich 

40-  J.  Cr.  f.  Campe  in  Greiffenberg  (Pommern) 

41.  Wilbelm  Chbist  in  München 

42.  Heibbich  Cbbistensen  in  Ratzeburg 

43.  JoBABB  Claussbb  in  Altona 

44.  Wilhelm  Clemm  in  Gieszen 


VI  Verzeichnis  der  mitarbeiter. 

45.  Carl  Conradt  in  Stettin 

46.  Chkistian  Cron  in  Augsburg 

47.  Jobann  Gustav  Cuno  in  Graudenz 

48.  Adam  Daub  in  Freibarg  (Breisgan)  (3) 

49.  Andreas  Dederich  in  Eramerich     (105) 

50.  Heinrich  Deuter  in  Emden 

51.  Andreas  Deuerlino  in  München  (115) 

52.  LüDwia  Dindorf  in  Leipzig  (f  1871) 

53.  Wilhelm  Dittenberoer  in  Halle 

54.  Theodor  Döhner  in  Dresden  (f  1880) 

55.  August  Döring  in  Dortmund 

56.  Bernhard  Dombaet  in  Erlangen  (23) 

57.  Anton  August  Draegsr  in  Aurich 

58.  Ludwig  Drewes  in  Helmstedt  (56) 

59.  Heinrich  Dübi  in  Bern 

60.  Heinrich  Düntzer  in  Köln 

61.  Friedrich  von  Duhn  in  Heidelberg 

62.  Richard  Dunckbr  in  Greiffenberg  (Pommern) 

63.  Hermann  Dunger  in  Dresden 

64.  Karl  Dziatzko  in  Breslau  (108) 

65.  Peter  Egenolff  in  Mannheim 

66.  Otto  Erdmann  in  Stendal 

67.  Adam  Eussnbr  in  Würzbarg  (10) 

68.  Franz  Eyssenhardt  in  Hamburg 

69.  Johann  Paul  von  Falkenstein  in  Dresden 

70.  Hans  Flach  in  Tübingen  (12.  68.  111) 

71.  Adam  Flasch  in  Würzburg 

72.  Alfred  Fleckeisen  in  Dresden  (17.  58.  81) 

73.  CuRT  Fleischer  in  Meiszen 

74.  Johann  Karl  Fleischmann  in  Nürnberg 

75.  Richard  Förster  in  Rostock  (8) 

76.  Peter  Wilhelm  Forchhammer  in  Kiel 

77.  CoRNELis  Mabinus  Francken  in  Utrecht  (103) 

78.  Johannes  Freudenberg  in  Königswinter  (f  1878) 

79.  Karl  Fret  in  Bern  (54) 

80.  Otto  Frick  in  Halle 

81.  Wilhelm  Friedrich  in  Mühlhansen  (Thüringen)  (21) 

82.  Adolf  Fritsch  in  Straszbarg  (Elsasz) 

83.  Theodor  Fritzsche  in  Güstrow 

84.  Friedrich  Froehdb  in  Lieguitz 

85.  Ahton  Funck  in  Kiel  (99) 

86.  Adolf  Furtwanoler  in  Berlin 

87.  Joseph  Gaktrelle  in  Gent 

88.  Victor  Gardthausbn  in  Leipzig 

89.  Walthbr  Gbbhardi  in  Meseritz 

90.  Hermann  Geist  in  Darmstadt 

91.  Wilhelm  Gbmoll  in  Ohlaa 
'92.  Karl  Ernst  Georges  in  Gotha 

93.  Georg  Gerland  in  Straszbarg  (Elsasz) 

94.  Gustav  Gilbert  in  Gotha  (73) 

95.  Waltbeb  Gilbert  in  Dresden 

96.  August  Gladisch  in  Berlin  (f  1879) 

97.  Emil  Glaser  in  Gieszen  (33) 

98.  Carl  Gnbissb  in  Metz  (114) 

99.  Anton  Goebel  in  Magdebnrg 

100.  Franz  Görbes  in  Düsseldorf 

101.  Alfred  Goethe  in  Grosz-Glogau 

102.  Gborg  Goktz  in  Jena 

103.  Julius  Golisch  in  Schweidnitz  (94) 


V''<nrzeiclmi8  der  mitarbeiter.  VII 

04.  Emi.  GoTSOBUCB  in  Beathen 

05.  LoKBiix  Okabbbbobb  in  Würxbarg 

06.  RicHABD  Gbosseb  in  Wittstock 

07.  Adolf  GBOssMAim  in  Nenmark  (Westpreuszen)  (70) 

08.  Emil  Gbubaübb  in  Winterthur 

09.  Hbibbich  Guhbaübb  in  Waldenburg  (Schlesien)  (95) 

10.  Lddwio  Gublitt  in  Berlin  (88) 

11.  Alfbbd  von  Gutschmid  in  Tübingen  (28.  40) 

12.  Cabl  Hachtmamh  in  Seehansen  (Altmark) 

13.  Hbbmann  Haobb  in  Bern 

14.  Hbinbich  Hahh  in  Montigny-l^s-Metz 

15.  Hbbmavb  Hahh  in  Beathen 

16.  Fbitz  Harkbl  in  Dresden  (101) 

17.  Rbimbb  Habsbm  in  Bondershansen 

18.  Kabl  Habtfbldbb  in  Karlsrahe 

19.  Thbodob  Haspbb  in  Dresden 

20.  Hbbmab  Haupt  in  Würzbnrg 

21.  Hicbabl  Hatduck  in  Msrienbarg 

22.  Hbibbich  Hbbbwagbb  in  Nürnberg 

23.  Rudolf  Hbibb  in  Weiszenbarg  (Elsasz) 

24.  Hbbmarb  Hblleb  in  Berlin 

25.  LuDwio  Hbllwig  in  Ratsebarg  (49) 

26.  PsTBB  DiBDEBiCH  Chbistiab  Hebbibos  in  Hasam 

27.  Otto  Hbbsb  in  Freibarg  (Breisgan) 

28.  Wilhelm  Hebest  in  Halle 

29.  Fbibdbich  Kabl  Hbbtlbib  in  Wertheim 
SO.  Mabtib  Hebte  in  Breslau 

31.  Chbistiab  Hebwio  in  Elberfeld 

32.  Ebbst  Hbbzoo  in  Tübingen 

33.  Eduabd  Hetdebbbicb  in  Freiberg  (Sachsen)  (48) 

34.  Fbabs  Hetbb  in  Bartenstein 

35.  Eduabd  Hilleb  in  Halle  (25.  110) 

36.  Adblbbbt  Hock  in  Hnsam  (107) 

37.  Kmanubl  Hoffmakb  in  Wien 

38.  CffUSTAV  Hopfmahn  in  Nennkirchen 

39.  Fkudinabo  Hoppe  in  Gumbinnen 

40.  Abbold  Hug  in  Zürich 

41.  Fbibdbich  Hultsch  in  Dresden  (4.  37.  39) 
4*i.  Cabl  Jacoby  in  Danzig 

43    Kabl  tob  Jan  in  Saargemünd 

44.  Albbecbt  Joedan  in  Dortmund 

46.  Wilhelm  Joedan  in  Frankfurt  am  Main  (51) 

46.  Leopold  Julius  in  München  (1) 

47.  Emil  August  Jukghahn  in  Berlin 

48.  Km  IL  Junomann  in  Leipzig  (62) 

49.  K.  K.  in  Z. 

bt).  Adolf  Kaeoi  in  Zürich  (69) 

61.  Eduabd  Kammbe  in  Ljck 

52.  Kabl  Hbibbich  Kece  in  Husum 

63.  Thilipp  Keiper  in  Ludwigshafen  am  Rhein 

64.  Otto  Kellkb  in  Graz 

66.  Albrbt  Kellbbbaubb  in  Kempten 

66.  Fbabz  Kkbn  in  Stettin 

67.  Adolf  Kiene  in  Hannover 

68.  Otto  Kienitz  in  Karlsruhe 

69.  JoHABBBS  Klein  in  Brandenburg 

60.  Erkst  Klussmanb  in  Hudolstadt 

61.  Paul  Knapp  in  Rom 

62.  Hbbmabb  Adolf  Koch  in  Pforta  (f  1876) 


VIII  Verzeichnis  der  mitarbeiter. 

163.  Reimhold  Köblbb  in  Weimar 

164.  Emil  König  in  Patschkau  (69) 

165.  Wilhelm  Heimbich  Kolsteb  in  Eutin  (46) 

166.  Hbbmann  Kbaffbbt  in  Aurich 

167.  Heimbich  Kbatz  in  Stuttgart 

168.  Gustav  Kbüoeb  in  Görlitz  (90) 

169.  Emil  Kuhh  in  Dresden  (f  1880) 

170.  Johann  Kvicala  in  Prag 

171.  Adolf  Lange  in  Marburg 

172.  Gustav  Lange  in  Berlin 

173.  Ludwig  Lange  in  Leipzig 

174.  Pbtbb  Langen  in  Münster 

175.  Fbiedbich  Latendobf  in  Schwerin 

176.  Kabl  Julius  Liebhold  in  Rudolstadt  (72) 

177.  JusTUS  Hermann  Lipsius  in  Leipzig 

178.  Rudolf  Löhbach  in  Mainz  (94) 

179.  Geobg  Lobschcke  in  Dorpat 

180.  Gustav  Löwe  in  Göttingen 

181.  Anton  iLowinski  in  Deutsch-Krone  (96) 

182.  Abthub  Ludwich  in  Königsberg  (Ostpreuszen) 

183.  Ebbst  Ludwig  in  Bremen  (86) 

184.  Fbiedbich  Lüdbckb  in  Bremen 

185.  Gottlieb  Löttgbbt  in  Lingen 

186.  Bbbnbabd  Lupus  in  Straszburg  (Elsasz) 

187.  Hugo  Magnus  in  Berlin 

188.  Kabl  Mathoff  in  Dresden 

189.  Cabl  Meiseb  in  München  (30) 

190.  Roman  Mbissneb  in  Breslau 

191.  Richabd  Mbisteb  in  Leipzig 

192.  SiEGFBiED  Mekleb  lu  Wien 

193.  Otto  Mkltzbb  in  Dresden 

194.  Ludwig  Mendelssohn  in  Dorpat  (116) 

195.  Heinbich  Menge  in  Grosz-Glogau  (18) 

196.  Adolf  du  Mesnil  in  Frankfurt  an  der  Oder 

197.  Gottbold  Meutzneb  in  Plauen  (Vogtland) 

198.  Ebbst  Meyeb  in  Herford  (66) 

199.  Gustav  Metbb  in  Graz 

200.  Theodob  Mommsbn  in  Berlin 

201.  Gebhard  Heinbich  Mülleb  in  Wongrowitz 

202.  Hbbmann  Johannes  Mülleb  in  Berlin 

203.  Fbiedbich  Max  Mülleb  in  Oxford 

204.  Hebmann  Mülleb-Stbübing  in  London  (11) 

205.  Cabl  Nauck  in  Königsberg  (Neumark) 

206.  Fbanz  Nibländbb  in  Schneidemühl 

207.  Konbad  Niembtbb  in  Kiel 

208.  Max  Nibmeteb  in  Berlin  (17) 

209.  Max  Nibtzki  in  Königsberg  (Ostpreuszen)  (19) 

210.  Richabd  Noetel  in  Cottbus 

211.  Johannes  Obebdick  in  Münster 

212.  Thbodob  Opitz  in  Dresden  (30) 

213.  Johann  Nepomuk  Ott  in  Rottweil 

214.  Fbiedbich  Otto  in  Wiesbaden 

215.  Kabl  Pansch  in  Soest 

216.  Ludwig  Paul  in  Kiel  (45) 

217.  Hebmann  Petbb  in  Meiszen 

218.  Eugen  Pbtbbsen  in  Prag  (6) 

219.  Michael  Petschbnio  in  Graz  (88) 

220.  Fbanz  Pflüol  in  Straubing 

221.  Otto  Pfundtner  in  Königsberg  (Ostpreuszen)  (98) 


VeneichniB  der  mitarbeite!*.  IX 

t22.  Adolp  Philippi  in  Gieszen 
tiS.  £coKX  PX.BW  in  Danzig  (f  1878) 

224.  THBODom  Plüss  in  Pforta  (76) 

225.  Friedrich  Pollb  in  Dresden 

226.  RüooLP  Pbihz  in  Breslau 

227.  Hüoo  PuBMABR  in  Cottbus 

228.  Rui>OLP  Radcbbrstbih  in  Aarau  (f  1879) 

229.  OscAB  Rbbliro  in  Wesel  (50) 

230.  Emil  Rbicbbrhabt  in  Fran^enthal  (66) 

231.  Leopold  Rbibhjlbdt  in  Hadersleben 

232.  Gbobo  Fbirdbicb  Rbttio  in  Bern 

233.  Ebbst  Rbuss  in  Frankfurt  am  Main 

234.  Ebbst  Albbbt  Ricbtbb  in  Altenburg  (5) 

235.  JoHABBBS  RicHTBB  in  Nakel  (71) 

236.  Kabl  Ribcx  in  Neustrelitz 

237.  Albxabdbb  Ribsb  in  Frankfurt  am  Main  (36) 

238.  Hbbmabb  Röbl  in  Berlin  (52.  16) 

239.  Adolf  RÖmbb  in  München 

240.  Hbbmabb  Röhsch  in  Lobenstein  (9.  64) 
341.  Cbbistian  Rose  in  Gieszen 

242.  Ebwib  Rohdb  in  Tübingen  (2.  86.  87) 

243.  Wilhelm  Hbirbich  Roscheb  in  Meiszen  (20.  66.  80.  19) 

244.  Emil  Rosebbebo  in  Hirscbberg  (Schlesien) 

245.  KoBBAD  Rossbebo  in  Norden 

24«.  Fbabz  RChl  in  Königsberg  (Ostprenszen)  (16.  22.  60.  77) 

247.  Max  Sabdeb  in  Waren 

248.  Abbold  Scbaepbb  in  Bonn 

249.  Cabl  ScBiFBB  In  Athen  (57) 

250.  Otpbibd  Schambacb  in  Mühlhausen  (Thüringen) 

251.  Mabtib  Schahz  in  Würzbarg 

252.  Cabl  Scbapbr  in  Berlin 

253.  Adolf  Scbaube  in  Hirschberg  (Schlesien)  (61) 

254.  Carl  Schirlitz  in  Neustettin 

255.  Georg  Schmid  in  St  Petersburg  (43) 

256.  Friedrich  Wilhelm  Schmidt  in  Neustrelitz 

257.  Hbrma.vb  Schmidt  in  Wittenberg 
25^.  MoRiz  Schmidt  in  Jena  (35.  19) 

259.  Otto  Schreider  in  Gotha  (f  1880)  (24) 
26<i.  RcDOLF  Schneider  in  Berlin 

261.  Karl  Scbselle  in  Dresden 

262.  Fritz  Scholl  in  Heidelberg  (19) 

263.  Georg  Friedrich  Schümann  in  Greifswald  (f  1879) 

264.  Carl  Schbadeb  in  Bonn  (102) 

265.  Theodob  Scbreibeb  in  Leipzig  (93) 

266.  Otto  Scbboedeb  in  Berlin 

267.  Paul  Schröder  in  Loadon  (55) 

268.  Frabz  Martin  Schrote b  in  Leipzig  (85) 

269.  Job.  Heinbich  Ch.  Scuubart  in  Kassel  (14) 
::70.  Hebmahn  Scbütz  in  Potsdam 

271.  Kabl  Paul  Scbclze  in  Berlin  (18) 

272.  Lrowio  Schwabe  in  Tübingen 

273.  Wilhelm  Scbwartz  in  Posen  (41) 

274.  Heinrich  Scbweizeb-Sidler  in  Zürich 

275.  Pacl  Schwenee  in  Kiel 

276.  Konrad  Sreliger  in  Meiszen 

277.  Otto  Sieroka  in  Ljck 

27S.  Jacob  Sitzleb  in  TAuberbischofsheim  (47.  67) 

279.  Johann  Söborl  in  Hof 

290.  JcLirs  Sommbbbbodt  in  Breslau 


X  VerzeichniH  der  mitarbeiter. 

281.  Robert  Spbbnoeb  in  Northeim 

282.  Hugo  Stadtmülle b  in  Heidelbergs 

283.  AüGüST  Steitz  in  Frankfurt  am  Main 

284.  Paul  Stengel  in  Berlin 

285.  Fbdor  von  Stojentin  in  Breslau  (29) 

286.  Heinbioh  Wilhelm  Stoll  in  Weilburg^ 

287.  Abraham  Stbelitz  in  Rostock 

288.  Wilhelm  Studemühd  in  Straszburg^  (Elsasz] 

289.  Fbamz  Süsemihl  in  Greifswald  (97) 

290.  Sigmund  Tbupfel  in  Stuttg^art 

291.  Wilhelm  Teuffbl  in  Tübingren  (f  1878) 

292.  Thbodob  Thalheim  in  Breslau 

293.  Philipp  Thielmann  in  Speier  (104) 

294.  Rudolf  Thimm  in  Bartenstein 

295.  Theodor  Tohte  in  Leer 

296.  RicHABD  Tbbitschke  in  Dresden 

297.  Woldemar  Tböbst  in  Hameln 

298.  Heinbich  Uhle  in  Dresden 

299.  Gustav  Uhlio  in  Heidelberg  (106) 

300.  RoBEBT  Unoeb  in  Halle 

301.  Gustav  Unoebmann  in  Mün»tereifel 

302.  Hebmann  Usener  in  Bonn 

303.  Carl  Venediger  in  Spandan 

304.  Anton  Viertel  in  Königsberg  (Ostprenszen)  (32) 

305.  Julius  Volke l  in  Moskau 

306.  August  Vogel  in  Colroar  (109) 

307.  Theodor  Vogel  in  Leipzig 

308.  Richard  Volkmann  in  Jauer 

309.  Ferdinand  Vollbbcht  in  Ottemdorf 

310.  Wilhelm  Vorlaender  in  Saargemünd 

311.  CuBT  Wachsmuth  in  Heidelberg 

312.  August  Waoener  in  Gent 

313.  Carl  Wagener  in  Bremen  (65.  84) 

314.  K.  Walter  in  Arnstadt 

315.  Nicolaus  Wecklein  in  Bamberg  (53) 

316.  Andreas  Weioner  in  Darmstadt 

317.  Fritz  Weiss  in  Dresden 

318.  Paul  Weizsäcker  in  Heidenheim 

319.  Eduard  Wrllmann  in  Berlin 

320.  Heinrich  Wblzhofer  in  München  (75) 

321.  Oscar  Wichmanh  in  Eberswalde 

322.  Erich  Wilisch  in  Zittau 

323.  Hans  Wirz  in  Zürich 

324.  Eduard  Wölfflin  in  München 

325.  Emil  Wörner  in  Leipzig 

326.  Martin  Wohlrab  in  Chemnitz  (42) 

327.  Jan  Woltjer  in  Groningen 

328.  Konbad  Zacher  in  Halle  (7.  79) 

329.  Ernst  Ziegeler  in  Hagen  (Westphalen) 

330.  Christoph  Ziegler  in  Stuttgart 

331.  Leo  Zieoler  in  München 

332.  Gkrhabd  Zillgenz  in  Wittstock 

333.  Michael  Zink  in  Zweibrücken 
.^34.  Hermann  Zubbobo  in  Zerbst  (112). 


INHALTSVERZEICHNIS. 

(dir  in  parenihefr«   beig-esclzlen    zahlen  beziehen   sich  auf  das  voranstehende  .Yerzelchntt 

der  milarbeiter.) 


seile 

1.  die  composition  der  Aeg^neten  (146) 1 

2.  der  tod  des  Aischylos  (242) 22 

3.  die  Überlieferung^  der  Chronologie  des  Anaximenes  und  des  Ana- 
kreon  (48) 24 

4.  der  denar  Diocletians  (141) 27 

5.  zu  Ciceros  rede  de  imp.  Cn.  Pompei  [13,  37]  (234) 31 

6.  anz.  V.  ausgrabungen  zu  Olympia  (218) 33 

7.  «pouccX^ui  (328) 44 

B.  anz.  T.  YGardthansens  griech.  palftographie  (75) 49 

9.   Zeugnisse   aus  der  Itala  für  den  abfall  des  auslautenden  /  an 

Terbalformen  (240) 69 

10.  anz.  T.  CLUrlichs  de  vita  et  honorlbus  Taciti  (67) 71 

11.  Protagorea.     zu  den  Vögeln  des  Aristophanes  (204) 81 

12.  noch  ein  wort  zu  den  SibjllenTerzeichnissen  (70) 106 

13.  anz.  T.  JLHeibergs  quaestiones  Archimedeae  U^^) 108 

14.  über  zwei  stellen  des  Pausanias  [VII  5,  5.  I  27,  4]  (269)      .     .  113 

15.  zQ  luÜanos  (3) 119 

16.  zu  Atbenaios  (246.  238) 120.  604 

17.  zum  Curculio  des  Plautus  (6.  72.  208) 121.  428 

18.  auz.  T.  Catulli  liber  rec.  REllis  (271) 125 

19.  zu  Catullus  (209.  262.  258.  243) 135.  471.  777 

20.  zu  Caesars  bellum  civile  (243) 186 

21.  zu  Ciceros  Brutus  und  Orator  (81) 137 

2i.    Forcia  (246) 147 

23.  zu  Augustinus  de  civitate  dei  (56) 149 

24.  emendatiouum  Aristophanearum   decas   undecima   et  duodecima 
i2o9) 153 

25.  zu  den  Vögeln  des  Aristophanes  (135) 178 

ire.    zu  üellius  (38) 182 

*i7.   zum  codex  Vossianus  86  des  Marttalis  (50) 184 

2^.  anz.  T.  WW^'rBaudissin   zur  semit.  religionsgeschichte  II  (111)  185 

29.  die  fpa^niaTtic  und  der  dvTtTpaq)€Oc  des  rathes  bei  Pollux  und 

Harpokration  (285) 189 

3^).    zur  kritik  des  Florns  (212.  189) 203 

31.  das  verbum  (ppi\u  (iT(q)pr)^i  9pirmi)  (32) 217 

32.  die   Wiederauffindung   von  Ciceros  briefeu  durch  Petrarca  (304)  231 

33.  zu  Vergilius  zweiter  ecloge  (97) 247 

34.  zu  Vellejus  [II  49,  1]  (2) 248 

35.  zu  Horatius  dritter  satire  des  ersten  bucbs  (258) 249 

36     zur  lati'ioischen  anthologie  (237) 259 

37.    zu   Varro  de  re  rustica  [I  10,  2]  (141) 263 

38    Studien  zur  Germania  des  Tacitus  (0; 265 

19.   zu  dem  fraj^uentum  Censorino  adscriptum  (141)   ......  288 

4^i.   anz.  V.  OMeltzers  gegchicbte  der  Karthager  1  (111)       ....  289 


XII  Inhaltsyerzeiclmis. 

•dte 

41.  warum  wird  Achilleas  schnellfüszig  g^enannt?  (273).  '.     .    .     .  299 

42.  zam  Konnos  des  Ameipsias  (326) 303 

43.  za  Earipides  Ion  [v.  1489  f.]  (255) ' 804 

44.  zur  erklärung^  von  Piatons  Ladies  (11) S06 

45.  zur  ersten  apolo^ie  des  Justinus  Martyr  (216) 816 

46.  des  Vergtlins  sechste  zehnte  und  vierte  ecloge  (165)    S21.  625.  849 

47.  zu  Kallinos  und  Tyrtaios  (278) 358 

4S.   anz.  v.  Poetae  latiai  minores  ed.  EBaehrens  I  (133)     ....  860 

49.  zu  Sallustius  [lug.  3]  (125) 865 

50.  beitrage  zum  Vulgärlatein  (219) 867 

51.  novellen  zu  Homeros.    10—14  (145) 869 

52.  SU  Ailianos  [ircpl  l\}j\xjy  XI  10]  (238) 378 

53.  zur  litteratur  des  Euripides  (315) 407 

54.  zu  Earipides  und  Aischylos  (79) 407 

55.  zu  Sophokles  Phaidra  (267) 408 

56.  zur  theorie  des  dochmius  (58) 409 

57.  die  privatcultgenossenschaften  im  Peiraieus  (249) 417 

58.  philologische  gelegenheitsschriften  (72) 429.  798 

59.  anz.  v.  HZimmers  altindisches  leben  (150) 488 

60.  Thukydides  über  Themistokles  (246) 469 

61.  zur  Vita  Tibulli  (253) 496 

62.  zu  Hieronymus  und  Gennadius  (148) 497 

63.  zu  Statins  (17) 499 

64.  etymologisches  und  lexicalisches  (240) 501 

65.  zu  Dictys  (318) 609 

66.  die  Stellung  von  uterque  und  ubique  (243.  198.  230)    .    .     .    512.  844 

67.  die  declination  der  nomina  auf  -ic  bei  Homer  (278)      .     .     .    ,  518 

68.  der  rescribierte  codex  Messanius  des  Hesiodos  (70) 517 

69.  in  Donati  ad  Terenti  Adelphos  I  1,  1  scholion^  (164)  ....  520 

70.  zu  Thukydides  (107) 521 

71.  zu  Xenophons  Hellenika  [I  6,  4]  (235) 525 

72.  zu  Piatons  Philebos  (176) 526 

73.  erste  und  zweite  lesung  in  der  athenischen  volksversamlung  (94)  529 

74.  zu  Diodoros  [XX  74]  (3)  ....    • 588 

75.  die  reden  bei  Polybios  (320) 589 

76.  zur  erklärung  der  Aeneis  [II  228— 249J  (224) 545 

77.  ein  anekdoton  zur  gothischen  Urgeschichte  (246) 549 

78.  preisaufgabe 576 

79.  über  gemäide  als  tempelschmuck  (zu  Verg.  Aen.  I  466—493)  (828)  577 

80.  zwei  parolen  des  Aratos  und  Octavianus  (243) 601 

81.  *HXdKTpuiv.    zu  Plautus  Amphitruo  (72)  • 605 

82.  zu  Aristophanes  Rittern  [v.  526]  <  (3) 608 

83.  der  briefwechsel  zwischen  Cicero  und  Decimus  Brutus  (110)    .  609 

84.  zu  Caesars  bellum  Gallicum  [V  43,  1]  (313) 624 

85.  anz.  v.  Incerti  auctoris  de  Constantino  M.  libellus  ed.  EHeyden- 
reich  (268) 649 

86.  zu  dem  Incertus  auctor  de  Const.  M.  (183.  242) 654 

87.  aus  Pompeji  (242) 656 

88.  primum  —  sie  und  prius  —  sie  (219) 656.  864 

89.  anz.  v.  BDelbrücks  grundlagen  der  griech.  syntax  (32)     .     .    .  657 

90.  zu  Sophokles  Elektra  (168) 671.  844 

91.  zur  bedeutung  des  comparativs  bei  Homeros  (1) 673 

92.  zu  Homers  Ilias  [N  669]  (14) 682 

93.  der  delische  localmythus  von  Apollon  Pythoktonos  (265)  .     .     .  685 

94.  zu  Sophokles  Trachiniai  und  Philoktetes  (103.  178) 688 

'  Scirtus  schon  emendiert  von  Bentley  nach  der  mitteilung  von 
Dziatzko  im  zehnten  suppl.-band  dieser  jahrb.  s.  668.  *  ßpOcac  schon 
vorgeschlagen  von  OSchneider  in  diesen  jahrb.  1877  s.  312. 


InhaUsYeneichnis.  XIII 

teita 

M.  rar  gviohiolite  der  anlosmnsik  (109) 689 

fS.  de  loco  laeonoso  apnd  Aescbylam  [Septem  v.  24—30]  (181)    .  705 
•7.  die  abfaseuiigsxeit  des  PUtoDischen  Phaidros  (289)    ....  707 

96.  IQ  Ta^toe  Agricola  (221) 724 

99.  die  aoilaeeiing  des  snbjectspronomens  im  acc.  c.  inf.  bei  den 
lateiniacben  komikem  (86) 725 

100.  la  griecbiscben  epigrammen  (3) 734 

lOL  das  rdmiscbe  normauager  aar  seit  des  Polybios  (mit  einer  stein- 

drackUfel)  (116) 737 

HOL  ra  Ovidios  Fasten  [I  637—660]  (264) 763 

105.  ad  Loeretiom  (77.  28) 766 

101.  ans.  T.  GLandgraf  de  figuris  etjmologiois  lingaae  lat.  (293)  .  774 

106.  ra  TacItQS  Historien  [Y  19]  (49) 787 

106.  noch  einmal  cTiv  nnd  snm  ersten  male  6co5u>pi^ou  ircpl  irvcu- 
»idTOiv  (299) 789 

107.  die  einl&hmng  fremder  gesandtschaften  in  die  athenische  volks- 
Tersamlnng  nnd  die  procheirotonie  (136) 801 

106.  in  Menandros  (64) 811 

109.  ra  Nearchos  Ton  Kreta  (306) 813 

110.  ra  Theokritos  [5,  38]  (136) 820 

111.  Ober  den  gegenwärtigen  stand  der  qnellenkritik  des  Hesjrcbios 
Ton  Milet  (70) 821 

112.  ans.  T.  IfBüdinger  Aber  Kleon  bei  Thukydides  (334)  ....  834 

113.  ad  Laeilinm  (26) 836 

114.  der  begriff  des  omne  bei  Lacretius  (98) 837 

11&.  sn  Plaeidns  glossen  (51) 847 

116.  inr  fiberliefemng  Ton  Ciceros  briefen  (194) 863 


REGISTER 

DER  IM  JAHRGANG  1880  BEURTEILTEN  SCHRIFTEN  UND 

ABHANDLUNGEN. 


seit« 

F.  Adler:  s.  E,  Curtius 

E.  Baekrens:  poetae  latini  minores,  vol.  I  (Leipzig^  1879)  .  .  .  360 
Th,  Barthold:  Earipides  aasgewählte  trag^Ödien.   4sbäodchen:  Hip- 

polytos    (Berlin  1880) ' 380 

W.   W,  graf  BaudUsin:  Studien  zur  semitischen  religionsgeschichte. 

beft  II    (Leipzig  1878) 185 

M.  Büdinger:  Kleon  bei  Thokjdides     (Wien  1880) 833 

E,  Curtius,  F,  Adler  und  G,  Treu:  die  ausgrabongen  zu  Olympia. 

III:  1877—1878    (Berlin  1879) 33 

A,  Daub:  kleine  beitrage  zor  griechischen  litteraturgeschichte  im 

anschlusz    an    Saidas  and  Eadokia.    im  rheinischen  masenm 

für  Philologie  XXXY    (Frankfurt  am  Main  1880) 821 

derselbe:  de  Suidae  biographicorum  origine  et  fide    (Leipzig  1880)    821 

B,  Delbrück:  die  grundlagen  der  griechischen  sjntax  (Halle  1879)  657 
R.  Ellis:  Catulli  Veronensis  liber  iterum  recognitus  (Oxford  1878}  125 
V.  Gardthausen:  griechische  paläographie  (Leipzig  1879)  ....  49 
J.  L.  Heiberg:  quaestioncs  Archimedeae  (Kopenhagen  1879)  .  .  108 
W.  Herding:  Hieronymi  de  viris  inlustribus  liber  (Leipzig  1879)  497 
E,  Heydenreich:    incerti    auctoris    de  Constantino    Magno   einsqoe 

matre  Helena  libellus     (Leipzig  1879) 649 

A,  Holder:  Taciti   de  origine  et  situ  Germanomm  liber    (Leipzig 

1878) 266 

G,  Landgraf:  de  figuris  etymologicis  linguae  latinae  (Erlangen  1880)  774 
0.  Meltzer:  geschichte  der  Karthager,  erster  band  (Berlin  1879)  289 
E,  Rohde:  t^tovc  in  den  biographica  des  Saidas.    im  rheinischen 

museum  für  philologie  XXXIII  u.  XXXIV  (Frankfurt  am  Main 

1878.  79) 821 

derselbe:  Philo  von  Byblus  und  Hesychius  von  Milet.    ebd.  XXXIV 

(ebd.  1879) 821 

0,  Schneider:  de  Callimachi  operum  tabula  apud  Snidam  commen- 

tatio     (Gotha  1862) 821 

Ö.  Treu:  s.  E.  Curtius 

C,  Zr.  Urlichs:  de  vita  et  honoribus  Taciti  (Würzbnrg  1879)  .  .  71 
A,  Viertel:  die  Wiederauffindung  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarcm 

(Königsberg  1879) 231 

G,  Vitelli:  appunti  critici  sulla  Elettra  di  Euripide     (Turin -Rom 

1880) 403 

G.  Voigt:  über  die  handschriftliche  Überlieferung  von  Ciceros  briefen 

(Leipzig  1879) 231 

Z>.  Volkmann:  de  Suidae  biographicis  quaestiones  novae  (Naumburg 

1873) 821 

C.  Wachsmuth:  de  fontibus   ex   quibns   Suidas  in  scriptomm  grae- 

corum  vitis  hauserit.     in  der  symbola  pbilologorum   Bonnen* 

sium     (Leipzig  1864) 821 

H,  Weü:  sept  trag^dies  d'Euripide.  deuxiime  edition  (Paris  1879)  379 
H.  Zimmer:  altindisches  leben     (Berlin  1879) 433 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


1. 

DIE  COMPOSITION  DEE  AEGINETEN. 


Seit  dem  erscheinen  der  arbeit  von  Prachov  ^a  composition  des 
groupes  du  temple  d'^gine'  in  den  annali  dell*  Institute  1873  s.  140 
—162  (dazu  mon.  dell'  Inst.  IX  tav.  LVII  nnd  tav.  d*agg.  0,PQ) 
tdden  die  frage  nach  der  composition  der  aeginetischen  giebel- 
gnippen  in  allen  hauptpnncten  gelOst.  in  beiden  giebeln  stand  da- 
nach in  der  mitte  Athena,  ihr  zu  füszen  lag  ein  gefallener,  auf  bei- 
den Seiten  folgten  dann  in  vollkommener  entsprechnng  ein  zugreifen- 
der, ein  stehender  und  ein  kniender  lanzenkämpfer,  ein  bogen- 
schütz  und  in  der  ecke  wieder  ein  gefallener,  durch  die  von  Prachov 
herrflhrende  einfQhrung  eines  zweiten  zugreifenden  wurde  die  von 
Brunn  in  seinem  aufsatze  ^über  die  composition  der  aeginetischen 
giebelgruppen'  (sitzungsber.  d.  bajrr.  akad.  1868  bd.  II  s.  448  ff.) 
feinsinnig  und  klar  dargelegte  linienführung  in  der  ganzen  compo- 
sition nicht  nur  nicht  zerstört,  im  gegen  teil  ihre  strenge  durch- 
führung  von  neuem  bestätigt,  neuerdings  hat  nun  Konrad  Lange 
auf  grundlage  einer  Untersuchung  sämtlicher  erhaltener  fragmente 
aeginetischer  sculptur  in  einer  arbeit  'die  composition  der  Aegineten' 
(ber.  d.  sichs.  ges.  d.  wiss.  1878  abt.  II  s.  1  ff.  tf.  I — III)  den  nach- 
weis  zu  führen  gesucht,  dasz  die  composition  jedes  giebels  durch 
zwei  weitere  stehende  lanzenkämpfer  zu  vermehren  sei.  in  folge 
dieser  Vermehrung  wird  alsdann  die  von  Brunn  angenommene  linien- 
führung für  unrichtig  erklärt,  letztere  durch  eine  aufstellung  in  zwei 
gründen  ersetzt.  Langes  arbeit  zeigt  in  manchen  puncten  genaue 
detailbeobachtung,  dazu  gesellt  sieb  eine  glatte  und  zuversichtliche 
darstellungsweise,  so  dasz  bei  flüchtigem  durchlesen  der  arbeit  seine 
resultate  leicht  bestechend  wirken  dürften,  da  nun  eine  genaue  nach- 
prflfung  vor  den  originalen  selbst  nicht  jedem  mitforscher  möglich 
iit,  die  ganze  frage  aber  von  nicht  geringer  trag  weite  erscheint, 
unterzog  ich  mich  der  arbeit,  Langes  ausführungen  bis  ins  einzelnste 
Btchzuprflfen,  wobei  ich  freilich  zu  ganz  andern  resultaten  gelangte. 

für  cIm«.  philol.  1880  hft  1.  1 


2  Uulius:  die  compoBition  der  AegineteD. 

Meine  nntersuchnngen,  deren  drucklegnng  andere  arbeiten  nnd 
ftuszcre  Verhältnisse  verzögerten ,  sind  schon  seit  längerer  zeit  voll- 
endet, so  dasz  nach  ihnen,  die  anfangs  zum  teil  in  Verbindung  mit 
Brunn  vorgenommen  wurden,  schon  die  neuaufstellung  derfragmente 
in  der  glyptothek  erfolgen  konnte,  die  resultate  derselben  sind  auch 
schon  in  die  vierte  aufläge  der  beschreibung  der  glyptothek  über- 
gegatigen.  ^ 

Nach  einer  einleitung  (s.  1 — 10),  in  der  wir  mit  den  absiebten 
des  vf.  bekannt  gemacht  werden,  in  welcher  femer  die  Umstellung 
des  knienden  lanzenkämpfers  und  des  bogenschützen ,  sowie  die  ein- 
fOhrung  eines  zweiten  zugreifenden  als  richtig  anerbuint,  gegen  die 
Versetzung  des  Herakles  aber  vom  linken  flügel  des  ostgiebels  auf 
den  rechten  Widerspruch  erhoben  wird,  gibt  Lange  s.  10 — 20  eine 
kritik  derjenigen  mittel,  welche  bisher  angewendet  worden  sind,  um 
die  Zugehörigkeit  eines  fragmentes  zu  einer  figur,  einer  giebelseite 
(rechts  oder  links)  oder  wenigstens  einem  der  giebel  zu  bestimmen, 
als  solche  mittel  wurden  bisher  betrachtet  1)  der  stil,  2)  die  masze, 
3)  die  corrosion ,  welche  im  laufe  der  zeit  durch  die  Witterung  her- 
beigeführt worden  ist.  die  bemerkungen  über  stil  und  masz  sind 
richtig,  bieten  aber  nichts  neues ,  wenn  man  es  nicht  etwa  darin  er- 
blicken will,  dasz 'die  masze  in  erster,  der  stil  aber  in  zweiter  linie 
für  die  bestimmung  in  anwendung  kommen  sollen,  man  könnte 
darin  eine  hintansetzung  der  stilistischen  analjse  sehen,  doch  macht 
Lange  von  letzterer  im  laufe  seiner  arbeit  den  richtigen  gebrauch. ' 
auf  das  lebhafteste  ist  aber  protest  zu  erheben  gegen  seine  bemer- 
kungen über  die  corrosion. 

Wie  bekannt  haben  Brunn  sowol  wie  Prachov  der  corrosion  der 
Statuen  für  die  bestimmung  ihrer  Stellung ,  ob  rechts  oder  links  im 
giebel,  eine  hervorragende  bedeutung  beigelegt  und  hieraus  wichtige 
consequenzen  gezogen,  nach  ihrer  ansieht  rührt  die  corrosion  her  von 
der  einwirkung  der  Witterung  auf  die  marmorstatuen,  so  lange  diese 
im  giebel  standen;  in  folge  davon  haben  die  der  giebelwand  abge- 


^  in  der  beschreibung  der  fragmente  der  aeginetischen  g^ebelstataen 
ist  I.  96  anter  nr.  72"  'linke  hand'  statt  'r.  hand'  sa  lesen.  *  bei 
dieser  gelegenheit  kann  ich  nicht  umhin  eine  bemerkung  Langes  an- 
suführen,  die  der  schärfsten  zarückweisnng  bedarf,  s.  61  wird  gesagt 
dasz  'die  höhenmasze  der  figoren  in  Bmnns  katalog  nor  durch  Um- 
rechnung der  von  Schom  gegebenen  erlangt  zu  sein  scheinen.'  eine 
solche  äuszerung,  die  den  kaum  verhüllten  Vorwurf  leichtfertigen  arbei- 
tens  enthält,  hätte  doch  mindestens  eine  genauere  begründung  erfordert. 
Brunns  ans^aben  berücksichtigen  mit  ^iner  ausnähme  (nr.  SöJ  nur  centi- 
meter,  es  können  deshalb  differenzen  von  Vt  centimeter  über  oder  unter 
das  wirkliche  masz  schon  vorkommen,  sonst  aber  sind  die  masze  sämt- 
lich richtig,  nur  das  längenmasz  des  sterbenden  Troers  nr.  55  ist  in 
folge  eines  druckfehlers  statt  auf  1,88  fälschlich  auf  1,68  angegeben, 
gerade  dieses  masz  aber  beweist,  dasz  Brunns  angaben  nicht  auf  einer 
Umrechnung  von  Schoms  maszen  beruhen,  da  8chom  nur  die  moderne 
plinthe,  Brunn  dagegen,  wie  auch  im  katalog  zu  lesen,  von  der  Zehen- 
spitze bis  zum  schildrande,  also  in  der  diagonale,  miszt. 


LJnliüB:  die  compontion  der  AegineteD.  3 

wtndten  auszenseiten  der  statuen  mit  ausnähme  bemalter  oder  sonst 
Terdeekter  teile  eine  rauhe,  unebene,  zerfressene  Oberfläche  bekom- 
men, wihrend  die  der  giebelwand  zugekehrten  Seiten  glatt  geblieben 
sind,  nach  Langes  ansieht  ist  aber  diese  corrosion  nicht  über  der 
erde  imter  dem  einflusz  der  Witterung,  sondern  unter  der  erde  unter 
dem  einflusz  der  erdfeuchtigkeit  entstanden.  Lange  sucht  seine 
ansieht  s.  14 — 20  zu  begrtlnden.  zuerst  wird  auf  die  ungleiche  stärke 
der  Terwitterung ,  dann  darauf  hingewiesen  ^  dasz  sich  dieselbe  teil- 
weiae  auch  auf  die  rfickseiten  der  statuen  erstrecke,  beide  umstände 
erregten  in  Lange  zweifei  an  der  richtigkeit  der  bisherigen  erklänmg 
Ton  der  entstehung  der  corrosion.  er  wandte  sich  deshalb  an  einen 
minexmlogen ,  und  dieser  bestätigte  ihm  'dasz  nur  die  ein  Wirkung 
kohknaäurehaltigen  wassers,  wie  das  regen wasser  in  der  that  ist, 
wrsigrend  für  die  Oberfläche  eines  krystfdlinischen  kömigen  kalkes 
werden  kann,  doch  nur  bei  einer  langen  cont in uierli eben 
Wirkung*.  Aber  die  etwaige  stärke  der  Verwitterung  in  bestimm- 
ter zeit  oder  unter  bestimmtem  klima  konnte  derselbe  gewährsmann 
keine  aoakunft  geben,  hielt  es  aber  'für  durchaus  unmöglich, 
daes  der  einflusz  der  Witterung  sich  in  ungleicher  stärke  auf 
Teradiiedenen  gleich  ausgesetzten  teilen  bemerklich  machen  könne', 
und  *au8  diesem  gründe  schreibt  er  von  den  verschiedenen  ab- 
ttafungen  der  Verwitterung  im  westgiebel  nur  das  minimum 
der  Wirkung  des  wetters  zu,  alle  corrosion  aber,  die  darüber  hinaus- 
gfhiy  der  erdfeuchtigkeit.'  mit  dieser  erklänmg  von  mineralogischer 
Seite  hätte  sich  Lange  nicht  zufrieden  geben,  sich  vielmehr  an  leute 
wenden  sollen ,  welche  über  solche  dinge  Studien  gemacht  haben, 
zwar  nicht  mineralogische,  aber  doch  sichere  beobachtungen  in  den 
classischen  ländem  an  den  denkmälem  selbst,  die  entstehung  der 
eorrosion,  selbst  einer  starken,  unter  dem  einflusz  der  Witterung  ist 
eine  so  bekannte,  greifbare  thatsache,  dasz  sie  zb.  bei  den  giebel- 
stataen  des  Parthenon  selbst  dem  blödesten  äuge  klar  werden  musz. 
Lange  will  aber,  da  der  parische  marmor  (aus  solchem  sind  die 
Aegineten  hergestellt)  von  compacterer  structur  als  zb.  der  pente- 
liacfae  ist  (aus  dem  die  Parthenonsculpturen  gefertigt  sind),  zum  ver- 
^eiche  mit  der  Verwitterung  der  Aegineten  nur  werke  aus  parischem 
marmor  herbeigezogen  wissen,  zum  vergleiche  mögen  die  metopen 
des  sog.  Theeeion  dienen,  sie  sind  wie  die  Aegineten  aus  parischem 
marmor  gearbeitet ^  sind  aber  sehr  stark  corrodiert  und  zwar  durch 
den  einflusz  der  Witterung,  da  sie  sich  stets  oben  am  tempel  befanden, 
die  corrosion  ist  viel  stärker  als  an  den  Aegineten,  was  sich  freilich 
dadurch  erklärt,  dasz  die  metopen  noch  heute  der  Witterung  aus- 
gesetzt sind,  dabei  ist  die  Zerstörung  der  figuren,  wie  der  einzelnen 
teile  der  Oberfläche  derselben  eine  unregelmäszige  und  ungleich  starke, 
ein  beweis  dafür  dasz  auch  der  parische  marmor  keine  wesentlich 
^cfamäszige  structur  hat,  wie  Lange  meint,  neben  der  ungleich- 
oiitzigen  stractur  des  materials  kommt  für  die  erklärung  der  un- 
gkiehheit   der  corrosion  auch  noch  die  verschiedene  rundung  und 


4  UuUub:  die  composition  der  Aegineten. 

modellierung  der  einzelnen  teile  in  betracht,  indem  hierdurch  der 
Verwitterung  an  verschiedenen  stellen  mehr  oder  weni^^  nahrung 
geboten  wird,  jedenfalls  spricht  weder  die  stttrke  noch 
die  ungleichm&szigkeit  der  corrosion  selbst  bei  pari- 
schem  marmor  gegen  die  entstehung  derselben  durch 
einflusz  der  Witterung. 

Die  corrosion  der  Aegineten  auf  den  Vorderseiten  (von  den 
wenigen  Verwitterungen  der  rttokseiten  wird  unten  die  rede  sein) 
kann  mithin  über  der  erde  unter  dem  einflusz  der  Witterung  ent- 
standen sein,  wir  gehen  aber  noch  weiter:  sie  musz  über  der  erde 
entstanden  sein.  Lange  behauptet  nach  seinem  gewährsmann,  eine 
starke  corrosion  könne  nur  durch  eine  continuierliche  Wirkung  der 
feuchtigkeit  entstehen,  eine  solche  sei  aber  bei  den  kUmatischen  ver- 
hftltnissen  Oriechenlands  über  der  erde  nicht  möglich ,  sondern  nur 
unter  der  erde,  hieran  knüpft  sich  dann  noch  die  behauptung,  die 
corrodierten  teile  der  Aegineten  seien  lange  zeit  von  der  erde  be- 
graben gewesen,  die  nicht  corrodierten  haben  lange  zeit  frei  gelegen, 
dasz  zur  Zerstörung  der  Oberfläche  von  statuen,  bauwerken  usw.  aus 
marmor  oder  anderem  stein  unter  griechischem  klima  keine  con- 
tinuierliche ein  Wirkung  von  feuchtigkeit  notwendig  ist,  beweisen  die 
denkmäler  selbst  bei  flüchtigster  betrachtung  auf  schritt  und  tritt, 
die  giebelstatuen  des  Parthenon  und  die  metopen  des  sog.  Theseion 
wurden  oben  als  beispiele  angeführt  die  mangelnde  ausdauer  der 
Wirkung  wird  ersetzt  durch  die  heftigkeit,  mit  der  in  dortiger  gegend 
regen  und  hagel  fallen,  auch  der  rasche  Wechsel  von  feuchtem  nieder- 
schlag  und  auftrocknender  sonne  thut  das  seine,  um  eine  starke  Zer- 
störung herbeizuführen.  Lange  wird  die  richtigkeit  dieser  beobach- 
tungen  in  zweifei  ziehen  wollen  durch  hinweis  auf  das  in  München 
befindliche  capitell ,  welches  nach  angäbe  des  dr.  Graf  wahrschein- 
lich von  der  NW-ecke  des  tempels  stammt,  'trotz  dieser  einer  star- 
ken Verwitterung  äuszerst  günstigen  Stellung  zeigt  zb.  der  echinus 
garkeine  corrosion. '  allerdings  nicht,  es  sitzt  vielmehr  noch  der 
dicke  stuck  darauf,  diesen  umstand  wird  Lange  für  das  zeichen  eines 
ganz  geringen  witterungseinflusses  in  anspruch  nehmen  wollen,  und 
das  würde  er  gewis  mit  recht  thun,  wenn  die  angäbe  des  dr.  Qraf 
nicht  grundfalsch  wäre,  das  capitell  stammt  nemlich  gar  nicht  von 
der  äuszem  seulenreihe,  sondern,  worauf  Graf  schon  durch  die  zahl 
der  canellierungen  und  das  blosze  augenmasz  hätte  geführt  werden 
müssen,  von  der  innem  obem  seulenreihe.  jetzt  wird  der  mangel 
der  corrosion  wol  nicht  mehr  wunder  nehmen. 

Wäre  es  denn  aber  nicht  möglich,  dasz  die  corrosion  unter  der 
erde  entstanden  sei  ?  die  antwort  musz  entschieden  verneinend  aus- 
fallen, wäre  das  wirklich  möglich,  so  müsten  die  statuen,  welche 
fast  drei  fusz  unter  der  erde  lagen ,  ringsum  corrodiert  sein ,  nicht 
nur  auf  6iner  seite,  wie  dies  beim  oatgiebel  durchgängig,  beim  west- 
giebel  mit  wenigen  später  zu  erklärenden  ausnahmen  der  fall  ist 
mit  der  einfachen  thatsache  der  völligen  verschüttung  fällt  natürlich 


LJolias:  die  composition  der  Aegineten.  5 

Meh  Langee  behaaptung,  die  corrodierten  teile  hfttten  lange  unter, 
die  niefat  oonpodierten  lange  über  der  erde  gelegen,  allerdings  können 
eotttine  teile  llngere  zeit  frei  gelegen  haben,  konnten  deswegen 
nach  Langes  theorie  auch  nicht  corrodieren ,  musten  es  aber ,  wenn 
Laagea  theorie  richtig  ist,  sobald  sie  von  der  erde  verschüttet  wur- 
den; die  kllnere  zeit  yerschütteten  teile  müsten  immer  eine  gewisse 
corroeion  leigen,  wenn  auch  eine  schwächere  als  die  länger  yer- 
sefaftttetan.  da  nun  aber  die  rttokseiten  mit  wenigen  ausnahmen  glatt 
sind,  di#  statuen  aber  ganz  von  der  erde  bedeckt  waren,  zerfällt  jene 
tkeoiie  in  nichts,  dasz  auszerdem  der  von  Lange  angenommene  ein- 
ilnai  der  erdfenehtigkeit  gar  nicht  vorhanden  ist,  läszt  sich  leicht 
aaehwaiaen.  den  schlagendsten  beweis  liefert  der  umstand,  dasz  der 
grOate  teil  der  uns  erhaltenen  unter  der  erde  gefundenen  sculptur- 
warke  —  and  diese  bilden  den  hauptstock  unseres  antikenvorrates 
—  keine  spur  von  corrosion  zeigen,  im  gegenteil,  die  erfahrung 
lekrt,  dass  nicht  die  in  der  erde  liegenden  teile  eines  Werkes,  son- 
dern die  freiliegenden  Verwitterung  zeigen,  gerade  umgekehrt  als 
Lenge  uns  glauben  machen  will,  findet  sich  also  eine  corrosion ,  so 
wird  sie  immer  am  wahrscheinlichsten  über  der  erde  entstanden  sein. 
ich  eage:  am  wahrscheinlichsten,  weil  nicht  alle  corrosionen  über  der 
erde  entstanden  sind,  sondern  zum  teil  auch,  abgesehen  von  solchen 
die  daa  liefen  im  wasser  hervorgebracht  hat,  unter  der  erde,  doch 
sind  leUtere  leicht  von  ersteren  zu  unterscheiden,  entweder  rührt 
die  oorroeion  unter  der  erde  von  säurigen  bestandteilen  her,  welche 
häufig  eine  fUrbung  des  steines  hervorbringen,  oder  daher  dasz  zwei 
steiasttleke  fest  aufeinander  liegen ,  feuchtigkeit  zwischen  beide  ein- 
dringt und  an  der  berührungsstelle  eine  corrosion  hervorbringt,  ein 
Vorgang  wie  ihn  Zirkel  an  der  von  Lange  s.  19  angezogenen  stelle 
(lehrbuch  der  petrographie  I  s.  75)  besehreibt,  beide  arten  der  cor- 
roeion unterscheiden  sich  von  der  unter  dem  einflusz  der  Witterung 
entstandenen  dadurch,  dasz  sie  sich  bei  sonst  glatter  Oberfläche  des 
Werkes  auf  einen  bestimmten  umkreis  beschränken ,  dessen  ausdeb- 
nung  und  örtliche  läge  sich  nicht  durch  Verwitterung  erklärt ,  wäh- 
rend die  durch  Verwitterung  entstandene  corrosion  die  ganze  dem 
Wetter  zugewandte  seite  bedeckt,  wenn  auch  in  folge  der  ungleich- 
mäeugen  struetur  des  materials  und  der  verschiedenen  modellierung 
nicht  in  gleicher  stärke,  zur  nähern  erklärung  diene  hier  gleich  ein 
von  den  Aegineten  genommenes  beispiel,  nemlich  die  corrosion  der 
aosieDseite  des  rechten  Oberschenkels  des  knienden  lanzenkämpfers 
rechts  im  westgiebel  (nr.  67  der  gljptothek).  dieselbe  hat  nur  einen 
kleinen  umkreis ,  findet  sich  zudem  auf  der  seite  welche  der  giebel- 
wand zugekehrt  ist:  durch  Verwitterung  über  der  erde  kann  ihre 
entstehnng  nieht  erklärt  werden,  offenbar  bat  hier ,  als  die  statue 
von  der  erde  bedeckt  war ,  ein  stein  aufgelegen,  durch  dessen  druck 
die  eindringende  feuchtigkeit  an  dieser  stelle  ein  loch  frasz. 

Mit  dieser  ^inen  ausnähme  läszt  sich  bei  den  Aegineten  keine 
cnt  unter    der   erde    entstandene   corrosion    nachweisen,   mithin 


6  Uulius:  die  composition  der  Aegineten. 

müssen  die  andern  vorhandenen  über  der  erde  entstanden  sein, 
wie  erklärt  es  sich  aber  dasz,  von  der  ungleichen  st&rke  der  Ver- 
witterung abgesehen ,  auf  den  Vorderseiten  der  statuen  sich  völlig 
glatte  stellen  finden,  an  den  rückseiten  —  wenigstens  im  westgiebeL 
—  einige  auffällig  corrodierte?  pfiicht  der  kritik  ii^t  es,  die  eni- 
stehung  dieser  erscheinungen  unter  dem  einflusz  der  witterang  nach- 
zuweisen, gelingt  aber  dies,  so  werden  hoffentlich  die  theorien 
Langes  für  immer  abgethan  sein,  auszuschlieszen  von  der  Unter- 
suchung ist  der  kniende  lanzenk&mpfer  rechts  im  westgiebeli  weil 
dessen  Oberkörper  beim  stürze  derart  mitgenommen  worden  ist,  dan 
wir  über  seine  einstige  Verwitterung  gar  nicht  mehr  urteilen  können. 
zu  beachten  ist  jedoch ,  dasz  die  linke  seite  des  körpers  mehr  ab  die 
rechte  zerstört  ist;  nun  war  zwar  die  linke  seite  ursprünglich  durch 
den  Schild  gedeckt,  doch  kann  derselbe,  noch  während  die  statue  im 
giebel  stand,  herabgefallen  sein,  um  so  wahrscheinlicher,  als  er  be- 
sonders angesetzt  war.  dasz  die  corrosion  des  rechten  oberschenkela 
erst  unter  der  erde  entstanden  sei,  wurde  oben  gezeigt. 

Ehe  wir  zur  betrachtung  des  einzelnen  übergehen,  musz  con- 
statiert  werden ,  dasz  für  die  entstehung  der  corrosion  der  statoen 
sowol  die  für  Aegina  maszgebende  Wetterseite  als  auch  die  Stellung 
der  statuen  im  giebel  in  anschlag  gebracht  werden  musz.  die  Wetter- 
seite ist  für  Aegina  nach  den  Untersuchungen  meines  Bundes 
AMilchhöfer  an  ort  und  stelle  SW;  die  statuen  des  westgiebelfi 
müssen  deshalb,  richtig  gestellt,  an  den  der  Wetterseite  zugewandten 
teilen  durchgängig  am  stärksten  corrodiert  sein ,  stärker  als  an  den 
übrigen  der  giebel  wand  abgekehrten  teilen,  während  die  corrosion 
der  Vorderseiten  an  den  statuen  des  ostgiebels ,  als  der  Wetterseite 
abgewandt,  eine  mehr  gleichmäszige ,  dabei  aber  w^en  der  im 
vergleich  mit  dem  westgiebel  weniger  compacten  structur  des  mar- 
mors  ziemlich  starke  ist.  für  unsere  Untersuchung  kommt  nur 
der  westgiebel  in  betracht,  aus  dem  auch  Lange  s.  14  ff.  seine 
beispiele  gegen  die  Verteidiger  der  entstehung  der  corrosion  durch 
witterungseinflusz  zieht,  indem  auf  den  rückseiten  der  statuen  des 
ostgiebelB  auffällige  corrosionen  sich  nicht  zeigen,  glätten  aber 
auf  den  Vorderseiten  sich  in  gleicher  weise  wie  bei  den  statuen  des 
westgiebels  erklären,  im  westgiebel  finden  sich  auf  den  Vorderseiten 
der  statuen,  dieselben  so  betrachtet  wie  sie  jetzt  in  der  glyptothek 
aufgestellt  sind,  folgende  auffällig  glatte  stellen:  1)  linke  rücken- 
seite  des  Paris;  2)  teile  vom  gewande  der  Athena;  3)  rechtes  bein 
und  linker  Unterschenkel  des  Vorkämpfers  links ;  4)  rechter  Unter- 
schenkel des  knienden  links;  5)  rechtes  bein  des bogenschützen links; 
6)  linkes  bein  des  gefallenen  links,  auffällig  corrodierte  teile  auf  den 
rückseiten  der  statuen,  dieselben  ebenfalls  betrachtet  wie  sie  jetzt  in 
der  glyptothek  stehen,  sind  folgende:  7)  die  haare  des  gefallenen 
rechts ;  8)  die  rechte  rückenseite  des  Paris ;  9)  die  rechte  seite  des 
Vorkämpfers  rechts  von  der  brüst  abwärts;  10)  die  obere  hälfte  der 
aegis  der  Athena;  11)  die  linke  gesichtshälfte  des  knienden  links; 


LJoliiu:  die  compoBition  der  Aegineten.  7 

19)  der  linke  Oberschenkel  des  bogenschützen  links,  auszerdem  ist 
mdli  13)  die  corrosion  des  rechten  glutaeus  des  Vorkämpfers  links 
lu  beachten,  die  von  Lange  femer  noch  angeführte  corrosion  an  hals, 
xeditflr  sebnlter  nnd  brüst  des  gefallenen  in  der  mitte  (jetzt  ergänzt) 
erkllit  sich  Ton  selbst,  weil  alle  diese  teile  dem  wetter  zugewandt 
warau  schlieszlieh  zieht  Lange  noch  die  fragmente  54  und  55  herbei, 
weldie  ihrer  fib-bung nach  durch  erdsäure  corrodiert  zu  sein  scheinen; 
ihre  sogebörigkeit  zu  den  giebeln  ist  aber  nicht  zu  erweisen. 

Simtliche  angefahrte  auffälligkeiten  müssen  sich  nach  unserer 
bdunpiong  als  unter  dem  einflusz  der  Witterung  entstanden  er- 
kllreB  lassen,  und  dies  ist  auch  der  fall,  sobald  wir  berücksichtigen 
1)  die  deeknng  einzelner  glieder  durch  andere ;  2)  die  drehung  welche 
die  staloen  einst  in  ihrem  Verhältnis  zur  geisonkante  gehabt  haben ; 
3)  das  herabtropfen  von  feuchtigkeit  auf  gewisse  teile;  4)  die  cor- 
rosion welche  die  Witterung  auf  den  statuen  hervorgebracht  hat,  als 
«6  aoa  dem  giebel  herabgestürzt ,  aber  noch  nicht  von  der  erde  ver- 
adiüttel  waren. 

In  folge  der  deokung  eines  gliedes  durch  das  andere  sind,  wie 
bereiii  Prachov  s.  159  f.  nachgewiesen  hat,  das  rechte  bein  und  der 
linke  imterschenkel  des  Vorkämpfers  links  glatt  geblieben :  das  rechte 
bein  war  durch  den  schild  des  hinter  ihm  knienden  lanzenkämpfers, 
der  linke  Unterschenkel  durch  das  rechte  bein  des  zugreifenden  ge- 
deckt, gewisse  glätten  am  gewande  der  Athena  erklären  sich  in  den 
miteni  teilen  dadurch ,  dasz  hier  der  vor  ihr  liegende  gefallene  vor 
Verwitterung  schützte,  in  den  obem  durch  festeres  aufhaften  der 
furbe,  auf  der  mitte  der  aegis  durch  das  hier  befindliche  Gorgoneion. 

Durch  richtige  drehung  der  statuen  finden  wir  für  eine  reibe 
glatter  stellen  auf  den  Vorderseiten  und  corrodierter  auf  den  rück- 
seiten  eine  vollkommene  erklärung  —  vorder-  und  rückseiten  natür- 
lich vom  standpuncte  des  heutigen  beschauers  in  der  glyptothek  ver- 
standen, so  die  glätte  der  linken  rückenseite  des  Paris  und  die  cor- 
rosion der  rechten  rückenseite  derselben  figur.  dreht  man  nemlich 
die  statue  so,  dasz  ihr  köpf  der  giebelwand  nicht  ein  wenig  ab-  sondern 
zugewandt  ist,  so  ist  die  rechte  rückenseite  dem  von  SW  kommenden 
wetter  direct  ausgesetzt,  die  linke  dagegen  wird  nur  gestreift ;  in  folge 
deeeen  muste  erstere  corrodieren,  wenn  des  farbenüberzuges  wegen 
auch  nur  schwach ,  letztere  glatt  bleiben,  einen  ähnlichen  fall ,  nur 
umgekehrt,  haben  wir  in  der  glätte  des  rechten  Unterschenkels  des 
knienden  links  und  der  corrosion  der  linken  gesichtshälfte  desselben. 
stellen  wir  die  figur  nicht  parshel  mit  der  geisonkante,  sondern 
wenden  wir  sie  mit  dem  köpfe  ein  wenig  fort  von  der  giebelwand, 
so  bleibt  der  rechte  Unterschenkel  der  SW-wetterseite  abgewandt, 
das  ganze  gesiebt  ist  aber  dem  wetter  preisgegeben,  so  dasz  ersterer 
glatt  bleiben,  letzteres  aber  auf  beiden  Seiten  wie  auch  der  Ober- 
körper corrodieren  muste.  genau  so  verhält  es  sich  mit  dem  bogen- 
ichfltsen  links :  geben  wir  ihm  eine  ähnliche  Stellung  wie  dem  knien- 
den ,  so  mnete  das  rechte  bein  glatt  bleiben ,  der  linke  Oberschenkel 


8  LJalios:  die  composition  der  AeginetexL 

corrodleren.  die  gl&tte  des  linken  beines  des  gefallenen  links  ist 
ganz  natürlich,  sobald  wir  auch  dessen  köpf  ein  wenig  nach  der 
geisonkante  drehen;  jeUt  ist  das  linke  bein  teils  durch  das  über- 
geschlagene rechte,  teils  durch  die  schrägen  geisonblöcke  völlig  vor 
Verwitterung  geschützt,  die  aus  diesen  beobachtungen  über  die 
drehung  der  statuen  zu  ziehenden  resultate  sind  für  das  eindringen 
in  die  feinheiten  der  composition  von  groszer  Wichtigkeit. 

Durch  herabtropfen  von  feuchtigkeit  ist  die  corrosion  des 
rechten  glutaeus  des  Vorkämpfers  links  bewirkt  worden,  welch» 
offenbar  durch  das  vom  helmbusche  herabtropfende  wasser  entstand, 
wie  sich  ähnliches,  wenn  auch  in  schwächerm  masze,  beim  knienden 
links  findet,  nicht  durch  herabtropfen,  aber  durch  einen  ähnlicheik 
Vorgang  ist  die  corrosion  der  haare  des  gefallenen  rechts  zu  erklären» 
in  folge  irgend  eines  ereignisses,  vielleicht  eines  erdbebens,  kantete 
nemlich  der  schräge  geisonblock,  der  über  der  figur  lag,  auf  und 
stemmte  sich  derselben  in  den  rücken,  nun  flosz  vom  geisonblock 
das  wasser  dem  gefallenen  in  den  rücken  und  brachte  hier  eine  sehr 
starke  corrosion  hervor,  es  ist  dies  genau  derselbe  Vorgang  wie  ihn 
Zirkel  in  der  oben  angezogenen  stelle  seines  lehrbuches  schildert. 

Schlieszlich  bleibt  nur  noch  die  corrosion  der  rechten  seite  des 
Vorkämpfers  rechts  und  die  der  obem  hälfte  der  rückseite  der  Athena 
übrig,  beide  können  unten  an  der  erde  vor  ihrer  verscfattttung 
entstanden  sein ,  wofür  ihre  geringe  stärke  spricht,  die  linke  dem 
wetter  zugekehrte  seite  des  Vorkämpfers  ist  viel  stärker  corrodiert 
als  die  rechte,  so  dasz  wir  über  die  seite,  welche  dem  giebel  zuge* 
wandt  war,  nicht  zweifelhaft  sein  können,  und  bei  Athena  ist  in  folge 
ihrer  ganzen  Stellung  in  der  composition  dasselbe  der  fall. 

Somit  wären  alle  auffälligkeiten  der  corrosion  als  unter  dem 
einflusz  der  Witterung  entstanden  völlig  erklärt,  auch  die  eigen- 
tümlichen glätten  an  den  Vorderseiten  machen  uns  keine  Schwierig- 
keiten mehr,  die  corrosion  bleibt  also  für  uns  wie  früher 
ein  wichtiges  mittel  zur  bestimmung  der  Stellung  der 
statuen  in  den  giebeln,  wie  für  die  Zuteilung  der  frag- 
mente  zu  einer  bestimmten  figur  oder  einer  giebel- 
hälfle.  Herakles  kann  mithin  nach  seiner  corrosion  niemals  auf 
der  linken  seite  des  ostgiebels  gestanden  haben,  sondern  musz,  wie 
Brunn  richtig  erkannt  hat,  auf  die  rechte  seite  versetzt  werden,  ea 
ist  dies  für  die  reconstruction  des  ostgiebels  ein  fester  unumstösz- 
licher  leitpunct,  von  dem  in  keiner  weise  abgewichen  werden  darf» 

Als  recht  schlagendes  beispiA  dafür,  dasz  die  corrosion  über 
der  erde  stattgefunden  hat,  mag  noch  der  zugreifende  rechts  im  ost- 
giebel  angeführt  werden,  seine  linke  körperhälfte  ist  ziemlich  stark 
corrodiert  mit  ausnähme  des  linken  Unterschenkels,  der  durch  daa 
linke  bein  des  Vorkämpfers  gedeckt  war.  dabei  sind  aber  die  vor- 
deren partien  des  Oberkörpers  auf  dieser  körperh&lfte  ganz  glatt, 
dieser  umstand  bliebe  ganz  unerklärlich,  wäre  die  corrosion  entstan- 
den, so  lange  die  linke  körperhafte  in  der  erde  lag;  auch  die  vor- 


LJnliiu:  die  composition  der  Äegineten.  9 

dem  partiell  des  Oberkörpers  hätten  auf  dieser  hftlfte  unbedingt  cor- 
rodieren  mllssen.  nehmen  wir  aber  die  entstehung  der  corrosion 
dnreh  wittemngseinflusz  an,  so  versteht  sich  die  sache  von  selbst, 
indem  die  genannten  teile  sowol  durch  die  starke  beugung  des  kör- 
pexB  als  anch  dorch  den  vorgestreckten  linken  arm  völlig  vor  ver- 
wittenog  geschfitzt  waren.  * 

Nachdem  wir  die  beobachtung  der  corrosion  als  in  ihrem  alten 
rechte  bestehend  nachgewiesen  haben,  können  wir  zur  prüfiing  der 
TOB  Lange  über  die  fragmente  angestellten  Untersuchungen  über- 
gelien«  wir  wollen  dieselben  aber  nicht  nach  dem  gange  der  Lange- 
lehen  arbeit,  sondern  nach  der  reihenfolge  der  figuren  durchgehen. 

Zuentbetrachten  wir  die  fragmente  des  ostgiebels.  fr.  1 
— A  werden  der  Athena  zugeschrieben,  wie  dies  schon  früher  ge- 
schehen ist.    wenn  nemlich  Lange  von  fr.  2  sagt,  es  sei  auszer  von 

[*tn%  Dach  absendanff  meines  aafsatzes  kommt  mir  LSchwabes 
betpreehnng  der  Langeschen  arbeit  in  diesen  jahrb.  1879  s.  616  flf.  zu. 
gesieht,  dieselbe  gelangt  Ewar  zu  resaltaten,  die  von  den  meinen  dorch- 
a«a  versohieden  sind;  doeh  werden  im  einzelnen  ge^en  Langes  dar- 
legnacea  sweifel  erhoben,  so  besonders  gegen  die  über  die  corrosion. 
SchwÄbe  wünscht  s.  619  eine  neue  prüfnng  des  Sachverhaltes,  die  ich 
oben  gegeben  zu  haben  hoffe,  auf  einen  punct  aber  macht  er  aufmerk- 
sam, den  ich  überall  stillschweigend  beachtet,  aber  nirgends  betont 
habe,  er  sagt  nemlich,  eine  solche  neuprüfung  'hStte  zb.  darauf  zu 
aehten,  wie  sich  denn  die  corrosion  bei  den  von  noch  erhaltenem  rompfe 
abgebrochenen  gliedern  verhält.'  bei  eingehender  prüfnng  zeigt  sich 
nan,  dasa  an  allen  nach  maszgabe  der  brucbflächen  sieber  zu  einem 
erhaltenen  rümpfe  gehörigen  abgebrochenen  gliedern  die  corrosion  an 
darcbaas  entsprechender  stelle  und  in  der  n&he  des  bruches  auch 
in  gleicher  sULrke  wie  am  rümpfe  sich  findet,  dieser  umstand  be- 
weist, dasz  die  corrosion  stattgefunden  hat,  als  rümpf  und  glieder 
noch  nicht  Ton  einander  getrennt  waren,  also  oben  im  giebel,  folg- 
lich unter  dem  einflusz  der  Witterung,  denn  beim  stürze  zerbrachen 
die  Statuen  mehr  oder  weniger,  die  abgebrochenen  glieder  kamen  mit- 
hin onten  an  der  erde  meist  in  eine  andere  Stellung  zum  rümpfe,  als 
sie  oben  im  giebel  hatten,  die  corrosion  dürfte  deshalb,  wäre  sie  erst 
unter  der  erde  entstanden,  an  rümpf  und  abgebrochenen  gliedern  nicht 
eine  so  auffällig  zusammenstimmende  sein,  wie  sie  es  in  der  that  ist. 
gcleagnet  soll  damit  nicht  werden,  dasz  hie  und  da  auch  unten  an  der 
erde  und  später  unter  der  erde  die  glieder,  obgleich  gebrochen,  vielleicht 
aber  nicht  TöUig  gelöst,  dieselbe  oder  eine  ähnliche  Stellung  zum  rümpfe 
bebalten  haben  mögen  wie  oben  im  giebel;  doch  erscheint  diese  an- 
nähme für  alle  fragmente  geradezu  unglaublich,  ^inen  derartigen  fall 
kann  allerdings  ich  selbst  mit  Wahrscheinlichkeit  nachweisen,  wie  oben 
gezeigt  wurde,  corrodierte  die  rechte  seite  des  rechten  Torkämpfers  vom 
westgiebel  leicht,  als  er  unten  an  der  erde  lag,  ebenso,  wie  wir  unten 
beben  werden,  auch  der  rechte  Unterschenkel  (fr.  37}  derselben  statue 
auf  der  rechten  (auszen-)  seite,  was  sich  nur  erklärt,  wenn  das  rechte 
bcin  auch  unten  an  der  erde  sich  in  ähnlicher  Stellung  zum  rümpfe 
fand  wie  oben  im  giebel ;  entweder  war  das  bein  nach  dem  stürze  noch 
nicht  gebrochen  und  brach  erst  später,  vielleicht  durch  einen  darauf 
fallenden  Arcbitecturblock,  oder,  was  wahrscheinlicher,  es  war  gebrochen, 
aber  noch  nicht  losgelöst,  doch,  wie  bemerkt,  solche  fälle  können  nur 
die  aoinahme,  nicht  die  regel  gewesen  sein,  besonders  nicht  bei  den 
armen,  welche  ihrer  dünne  wegen  leichter  abbrachen  als  die  Schenkel.] 


10  Uiilius:  die  composition  der  Aegineten. 

Wagner  nicht  erwähnt,  so  berichtet  er  uns  falsch,  indem  dieses  linke 
armfragment  mit  einem  stück  der  aegis  bereits  von  Prachov  (s.  154, 
tav.  d*  agg.  PQ  fig.  2)  beschrieben,  gezeichnet  nnd  richtig  verwertet 
worden  ist.  nach  diesem  fragment  streckte  Athena  ihren  linken  mit 
der  aegis  bewaffneten  arm  nach  rechts  (vom  beschauer  ans,  wie  ab- 
gesehen von  den  gliedmaszen  in  zukunft  immer  zu  verstehen  ist), 
hieraus  folgert  Lange,  dasz  rechts  von  der  gOttin  nur  die  Troer,  ihre 
feinde,  nie  die  Griechen,  ihre  Schützlinge,  gestanden  haben  können : 
denn  die  partei  links  würde  geschützt,  die  rechts  aber  direct  ange- 
griffen, indem  die  aegis  nicht  nur  schütz-  sondern  auch  angrifGBwaffe 
sei.  dasz  dem  aber  nicht  so  ist,  geht  aus  der  oben  betonten  sichern 
Stellung  des  Herakles  in  der  rechten  giebelhSlfte  hervor :  rechts  stan- 
den die  Griechen,  links  die  Troer,  und  Athena?  sie  greift  über- 
haupt nicht  unmittelbar  in  den  kämpf  ein ;  schon  ganz  materiell  ge- 
nommen steht  sie  dem  kämpfe  fem ,  im  hintergrande,  sie  lenkt  und 
leitet  die  schlacht,  greift  aber  nicht  selbst  ein. 

Die  läge  des  gefallenen  zu  füszen  der  Athena ,  wie  sie  Thor- 
waldsen  restauriert  hat,  war  schon  von  Prachov  als  richtig  nach- 
gewiesen worden.  Lange  bekräftigt  die  richtigkeit  noch  durch  fir.  5, 
den  rechten  fest  aufgesetzten  fusz  dieser  statue  mit  dem  ansatze  der 
beinschiene.  die  corrosion  der  statue  bestätigt  diese  früher  vielfach 
bezweifelte  restauration,  obgleich  es  auf  den  ersten  blick  scheint,  es 
spreche  die  Verwitterung  der  nach  unten  gekehrten  linken  seite  da- 
gegen, die  feuchtigkeit  zog  sich  aber,  wie  bei  jedem  runden  körper, 
bis  zum  untersten  umrisz  und  tropfte  erst  hier  ab,  so  dasz  die  linke 
Seite  auch  in  ihren  nach  unten  gekehrten  teilen  corrodieren  muste. 
—  Eben  diesem  gefallenen  könnten,  wie  Prachov  bemerkt,  auch 
fr.  44  und  45  (rechter  ober-  und  unterarm)  angehören,  doch  hat  der 
Vorkämpfer  rechts  eben  so  viel  ansprach :  vgl.  Wagner  bericht  über 
die  aeginet.  bildw.  s.  42  und  Lange  zu  fr.  44  und  45. 

Dem  zugreifenden  rechts  hatte  schon  Prachov  fr.  6  und  7  zuge- 
schrieben, an  der  hinterseite  des  helmbusches  (fr.  7)  sollen  sich 
deutliche  spuren  einer  ursprünglichen  befestigung  an  der  wand  fin- 
den, die  aber  nicht  vorhanden  sind,  im  punteÜo  freilich  ist  ein  loch ; 
in  diesem  ist  ein  moderner  ring  befestigt,  durch  den  eine  sicherheits- 
kette  gezogen  werden  kann,  soll  dieses  loch  etwa  antik  sein?  ich 
kann  das  kaum  glauben:  denn  es  wäre  doch  sehr  unthunlich  ge- 
wesen ,  zur  entlastung  der  band  des  zugreifenden ,  welche  den  heim 
frei  hielt,  nur  den  helmbusch  und  nidit  lieber  den  heim  selber  an 
der  wand  zu  befestigen,  bei  gelegenheit  dieser  fragmente  polenüsiert 
Lange  wieder  gegen  die  Umstellung  des  Herakles,  an  der  aber  nichts 
mehr  zu  ändern  ist.  nach  Langes  ansieht  könnte  der  gefallene  in 
der  mitte  bei  Umstellung  des  Herakles  kein  Grieche  sein,  sondern 
nur  ein  Troer,  warum  aber  nicht?  aus  der  bloszen  läge,  mit  dem 
köpfe  nach  den  Griechen  hin,  kann  allerdings  kein  bindender  schlusz 
gezogen  werden,  wol  aber  aus  der  allgemein  anerkannten  erwägung, 
dasz  nur  der  kämpf  um  einen  Griechen  dargestellt  sein  kann:  nur 


Uulias:  die  composition  der  Aegineten.  11 

« 

wenn  et  sieh  um  «inen  Oriechen  handelte ,  hatte  die  darstellong  für 
den  g^Bchiachen  beschaner  interesse. '  dasz  der  zugreifende  rechts, 
der  den  heim  des  gefisdlenen  in  der  hand  hält,  den  letztem  beraube, 
wie  PnehoT  und  nach  ihm  Lange  meint,  ist  nicht  nötig  anzunehmen, 
wir  können  hier  ebenso  gut  die  rettung  eines  hauptbestandteils  der 
rfiatoag,  des  helmes,  den  der  niedergesunkene  beim  falle  verloren 
hat,  erblicken,  der  dann  erst  die  rettung  des  besitzers  selbst  folgen 
solL  im  westgiebel  wütet  der  kämpf  noch  um  den  gefallenen  samt 
•eiaer  rüatong,  im  ostgiebel  ist  schon  der  heim  gerettet,  eine  Situa- 
tion welche  der  jüngere  künstler  im  streben  nach  abwechselung  dem 
iltem  gegenüber,  der  vielleicht  nach  althergebrachtem  Schema  com- 
ponierte,  wol  wählen  durfte,  um  so  mehr  als  jeder  griechische  be- 
schaner wüste,  es  handle  sich  hier  um  einen  Oriechen,  der  nicht 
von  seinen  eignen  landslenten  beraubt  werden  kann,  motiviert  hat 
der  kttnstler  die  Situation  durch  die  läge  des  gefaUenen ,  in  der  er 
redit  wol  seinen  heim  verlieren  konnte;  der  zugreifende  geführte 
liest  unterwegs  den  heim  auf,  um  alsdann  den  versuch  zu  machen 
den  gefallenen  zu  seiner  partei  herüberzuziehen:  nicht  nur  der  ge- 
fiUlene,  auch  seine  rüstung  soll  gerettet  werden. 

Dem  Vorkämpfer  rechts  schreibt  Lange  richtig  fr.  31  (linker 
antsfschenkel)  zu,  ebenso  dem  knienden  rechts  fr.  32  (linker  Unter- 
schenkel), fr.  33  (rechte  wade)  möchte  er  ebenfalls  dem  letztem 
snerteilfln,  doch  würde  ich  dasselbe  lieber  dem  vork&mpfer  rechts 
geben,  dem  knienden  rechts  dagegen  fr.  52  (rechter  Unterschenkel), 
letsteies  rechnet  Lange  zu  den  unbestimmbaren  fragmenten  des  west- 
giebels,  doch  spricht  das  masz  (wade  33,  knöchel  19  cm.)  nicht  gegen 
den  ostgiebel,  die  arbeit  sogar  dafür,  dasselbe  in  den  ostgiebel  zu 
versetzen  und  mit  fr.  32  zu  verbinden,  empfiehlt  sich  wegen  der 
groszen  ähnlichkeit  beider  fragmente  in  der  arbeit,  die  kleinen  masz- 
difierenzen  zwischen  fr.  31  und  33  (wade  34  und  33  cm.),  femer 
zwischen  fr.  32  und  52  (wade  33  und  33,  knöchel  20  und  19  cm.) 
beweisen  nichts  g^gen  ihre  Zusammengehörigkeit,  da  ähnliche  diffe- 
renzen  sich  häufiger  finden. 

Dem  Herakles  musz  der  corrosion  wegen  fr.  14  (linke  hand)  ge- 
geben werden,  dem  gefallenen  rechts  schreibt  Lange  nach  Prachov 
fr.  16  (rechtes  bein  mit  fusz)  und  18  (rechter  oberarm)  zu  und  ver- 
mehrt die  reste  dieser  fignr  um  fr.  17  (linkes  bein  mit  fusz). 

Gehen  wir  zur  linken  giebelhälfte  über,  dem  zugreifenden 
links  werden  nach  Prachov  fr.  22  (linker  Oberschenkel)  und  23 
(rechtes  bein)  zuerteilt,  eben  dieser  figur  soll  nach  Prachov  und 
Lange  auch  fr.  24  (linke  hand)  angehören ;  sie  ist  aber  viel  zu  grosz 
für  die  statuen  des  ostgiebels ,  indem  ihr  gelenkumfang  (unter  dem 
knöchel,  also  an  sicher  meszbarer  stelle,  gemessen)  20  cm.  beträgt, 
während  der  dickste  gelenkumfang  des  ostgiebels  (schildband  fr.  49) 


*  wg\.  ABnrckh&rdt  über  die  aeginet.  giebelgnippen  (programm  des 
^dagofioms  in  Baael  1879)  b.  13  f. 


12  Uolius:  die  compositioa  der  Aeginetoi. 

an  derselben  stelle  gemessen  nur  18  cm.  hat,  die  sonstigen  maeze 
aber  noch  geringer  sind.  ^ 

Fflr  den  Vorkämpfer  links  haben  sich  fragmente  nicht  gefanden, 
für  den  knienden  links  nimt  Lange  mit  recht  fr.  8  (linkes  bein)  und 
43  (rechter  arm)  in  ansprach,  fttr  den  bogenschtttzen  links,  den 
Lange  freilich,  weil  für  ihn  Herakles  links  steht,  nach  rechts  Ter- 
setzt,  werden  die  bisher  bekannten  fragmente  9.  10.  11  Terwertet 
und  noch  fr.  12  (linker  unterarm)  glücklich  hinzugefügt,  zu  fr.  10 
ist  zu  bemerken,  dasz  die  Zeichnung  insofern  unrichtig  ist,  als  quer 
über  die  brüst  ein  glatter  vom  welligen  gewande  sich  vOUig  ab- 
hebender  streifen  l&uft.  fr.  13  soll  die  linke  ferse  dieser  figur  sein, 
und  Lange  macht  dem  leser  die  sache  ganz  glaublich  dwtck  eine 
völlig  falsche  Zeichnung,  die  ein  übles  zeugnis  ftir  seine  beobachtung 
aussteUt.  die  ferse  soll  den  ansatz  der  hose  zeigen  und  hinten  ab- 
geplattet sein,  der  angebliche  hosenansatz  zeigt  aber  zwei  falten, 
wie  sie  wol  ein  frei  herabhängendes  gewand,  nie  aber  eine  eng  an« 
liegende  hose  schlagen  kann,  er  löst  sich  auszerdem  hinten  vOllig 
los,  so  dasz  an  eine  hose  gar  nicht  zu  denken  ist.  von  einer  ab- 
plattung  der  ferse  kann  femer  auch  nicht  die  rede  sein,  da  wir  hier 
einen  ganz  unregelmäszigen  brach  vor  uns  haben,  ob  freilidi  die 
jetzige  restauration  mit  platt  aufgesetztem  frisz  und  sandalenbeklei- 
düng  richtig  ist,  läszt  sich  nicht  mehr  feststellen,  die  früheren  be- 
schreiber  haben  aber  in  diesem  fragment  ganz  richtig  eine  weibliche  . 
ferse  mit  einem  stück  gewand  erkannt,  das  stück  gehörte  einer  lang 
bekleideten  weiblichen  figur  an,  von  der  auch  fr.  74  (rechter  Unter- 
schenkel mit  gewand)  stammt,  letzteres  fragment  lehrt  zugleich, 
dasz  die  figur  lebhaft  bewegt  war.  der  stil  scheint,  so  weit  sich  nach 
den  geringen  rosten  urteilen  läszt,  dem  ostgiebel  verwandt,  dast 
dennoch  die  figur  nicht  in  den  giebel  gehört,  ist  klar,  da  kein  platz 
für  dieselbe  vorhanden  ist.  ob  auch  fr.  73  (linker  arm  mit  ärmel)  zu 
derselben  figur  gehört,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Dem  gefallenen  links  gehört,  wie  Lange  richtig  nachweist, 
fr.  15  (rechter  Unterschenkel  mit  fusz)  an. 

An  sonstigen  fragmenten  vom  ostgiebel  haben  wir  noch  drei 
schildarme  (fr.  40^—42),  von  denen  Lange  nach  der  corrosion  noch 
hätte  feststellen  können,  dasz  40  und  41  auf  die  linke,  42  auf  die 
rechte  seite  gehören,  durch  diese  beobachtung  wäre  er  auch  davor 
bewahrt  worden,  das  loch  in  der  handhabe  von  40  als  fllr  eine  be- 
festigung  an  der  wand  bestimmt  anzusehen,  der  träger  des  Schildes 
stand  auf  der  linken  seite  des  giebels ,  kehrte  also  nicht  die  innen- 
Seite,  sondern  die  auszenseite  des  Schildes  der  wand  zu,  das  loch  kann 
folglich  nicht  einen  stift  zur  befestigung  an  der  wand  aufgenommen 
haben,  es  diente  vielmehr  zur  befestigung  des  besonders  gearbeiteten 
Schildes  am  arme.  —  Oar  nicht  ^äher  unterzubringen  sind  fr.  46. 
47.  48  (lanzenhände)  und  49  (schildhand). 

Wir  kommen  jetzt  zu  den  fragmenten  des  westgiebels. 
von  Athena  und  dem  gefallenen  in  der  mitte  sind  keine  fragmente 


LJoliiu:  die  composition  der  Aegioeteo.  13 

Toriiaadeii«  fr«  21  (rechtes  bein  mit  fosz)  nimt  Lange  nach  Brunn 
für  den  zugreifenden  rechts  in  ansprach,  demselben  ist  aach  fr.  38 
(Imker  «Aterschenkel)  sozuteilen.  die  schwadi  corrodi^rte  aoszen- 
MÜe  nigt  nemlich  einen  von  oben  über  die  wade  schräg  nach  dem 
•duM&bein  laufenden  glatten  streifen,  woraus  hervorgeht  dasz  der 
natenchenkel  durch  einen  denselben  schräg  schneidenden  körperteil 
gededct  war,  der  nichts  anderes  als  das  gerade  aufgesetzte  linke 
bam  4m  rechten  Vorkämpfers  gewesen  sein  kann,  hieraus  geht  mit 
beaümmtheit  hervor,  dasz  auf  der  rechten  giebelseite,  wie  man  auch 
ioEimer  angenommen,  der  zugreifende  teilweise  durch  den  Vorkämpfer 
gedeckt  war,  während,  wie  Prachov  gezeigt  hat,  auf  der  linken  seite 
dtts  umgekehrte  der  Ml  ist.  —  Dem  Vorkämpfer  rechts  g^ört  fr.  36 
(linker  Unterschenkel  mit  fusz),  wie  auch  Lange  vermutet,  ebenso 
fr.  37  (rechter  Unterschenkel  mit  fusz).  Lange  meint  dasz,  w^m  die 
eonrosion  eine  bedeutung  habe,  dieses  fragment  nicht,  wie  Brunn  an- 
genommen, diesem  Vorkämpfer  angehören  könne,  weil  die  der  wand 
zugekehrte  auszenseite  des  Unterschenkels  alsdfum  corrodiert  wäre, 
■i^t  aber  die  innenseite,  an  der  man  Verwitterung  erwarten  sollte. 
diese  aofOÜligkeit  bestätigt  aber  Brunns  annähme,  statt  sie  zu  wider- 
legen, wie  oben  gezeigt  wurde,  corrodierte  die  der  giebelwand  zu- 
gekehrte Seite  des  Vorkämpfers  von  der  brüst  abwärts  leicht,  als  die- 
ser nnten  an  der  erde  lag;  deshalb  corrodierte  auch  der  rechte  unter- 
aehenkel  auf  dieser  seite.  die  nach  auszen  gekehrte  innenseite  des 
Unterschenkels  konnte  aber  nicht  corrodieren,  weil  sie  durch  den 
knienden  lanzenkämpfer  geschtttzt  war.  letzterer  deckte  den  Unter- 
schenkel freilich  nicht  für  den  vor  dem  tempel  stehenden  beschauer, 
wol  aber  ftir  das  von  SW  kommende  wetter.  wir  sind  also  nicht 
genötigt  dieses  fragment  auf  die  linke  seite  zu  versetzen,  wo  der  er- 
haltene Vorkämpfer  sein  rechtes  bein  hat,  sind  mithin  auch  nicht  zur 
annähme  eines  zweiten  Vorkämpfers  auf  der  linken  seite  gezwungen, 
die  ferse  des  rechten  Vorkämpfers  war  nach  diesem  fragment  etwas 
mehr  gehoben  als  die  seines  gegenüber,  was  jedenfalls  durch  das 
streben  des  künstlers  nach  abwechselung  zu  erklären  ist 

Dem  knienden  rechts  schreibt  Lange  fr.  19  (rechter  fusz)  zu, 
und  femer  ist  ihm  auch  noch  fr.  57  (linke  zehen)  zu  geben,  von 
Paris  sind  keine  fragmente  vorhanden,  für  den  gefallenen  rechts 
bat  Lange  den  linken  fusz  (fr.  20)  gefunden,  und  wahrscheinlich  ge- 
hört ihm  auch  die  linke  offene  band  (fr.  27),  welche  Prachov  in  Ver- 
bindung mit  fr.  26  (ebenfalls  linke  offene  band)  zum  nacbweis  von 
zwei  zugreifenden  im  westgiebel  benutzen  wollte,  der  beweis  kann 
aber  in  dieser  weise  nicht  geführt  werden,  da  die  eine  der  bände  (fr. 
27)  nicht  notwendig  einem  zweiten  zugreifenden  anzugehören  braucht, 
sie  vielmehr  mit  demselben  rechte  dem  gefallenen  rechts  zugeteilt 
werden  kann. 

Der  zugreifende  rechts  ist  durch  die  oben  angezogenen  frag- 
mente gesichert,  der  links  nach  analogie  des  ostgiebels  wenigstens 
vorauszusetzen,    den  materiellen  beweis  glaubt  Lange  durch  fr.  28 


14  Uolins :  die  composition  der  Aegineten. 

(linker  nnterann)  erbringen  zu  können,  das  fragment  gehört  aber 
zu  keinem  der  giebeL  wie  Lange  selbst  anführt,  wollen  schon  die 
masze  nicht  stimmen,  bringt  man  zudem  den  arm  in  die  läge,  wie 
sie  nach  maszgabe  der  ftir  ^e  befestigung  an  der  wand  bestimmten 
löcher  gewesen  sein  musz,  so  ergibt  sich  dasz  derselbe  mit  der  innen- 
seite  nach  oben  gekehrt  war,  dasz  die  band  sich  nach  oben  ö&ete, 
wie  dies  wol  für  einen  empfangenden,  nie  aber  für  einen  zugreifen- 
den passend  ist.  femer  war  die  befestigung  des  armes,  wenn  er 
dem  zugreifenden  links  gehörte,  an  der  giebelwand  mittels  einee  so 
kurzen  stiftes,  wie  ihn  Haller  gezeichnet  hat  (vgl.  Lange  tf.  11 
fig.  28  *),  unmöglich,  weil,  wie  sdbon  PrachoY  erwiesen,  der  zugrei- 
fende vor  dem  Vorkämpfer  stand  (der  giebeltiefe  nach  gerechnet), 
also  gar  nicht  dicht  an  die  wand  gerückt  war.  befesügungen  der 
Statuen  an  der  giebelwand  lassen  sich  bei  den  Aegineten  überhaupt 
nicht  nachweisen,  wie  schon  Wagner  (bericht  s.  145)  richtig  be- 
merkt hat.  was  Lange  darauf  beziehen  will,  ist  hinflUlig.  die  von 
PrachoY  und  Lange  dem  zugreifenden  links  im  ostgiebel  zugeschriebene 
linke  band  ist  schon  oben  als  nicht  zu  den  giebeln  gehörig  ausgeschie- 
den worden,  auch  das  loch  in  der  handhabe  deß  schildarmes  fr.  40 
diente  nicht  zur  befestigung  an  der  wand ,  sondern  zur  befestigung 
des  Schildes,  wie  wir  oben  sahen,  auch  am  helmbusche  fr.  7  lieszen 
sich  keine  spuren  von  befestigung  nachweisen;  doch  bin  ich  über- 
zeugt dasz  der  heim  selbst,  weil  zu  schwer  für  die  freistehende  band 
des  zugreifenden,  an  der  wand  befestigt  war.  dies  ist  aber  eine  aus- 
nähme und  zwar  die  einzig  denkbare,  indem  die  übrigen  statnen 
ihrer  statischen  beschaffenheit  nach  keiner  befesügung  bedurften. 

An  stelle  dieses  als  nicht  zu  den  giebeln  gehörig  nachgewie- 
senen armes  können  wir  dem  zugreifenden  links  leicht  einen  andern 
arm  geben,  nemlich  den  schildarm  fr.  29,  den  Lange  hier  nicht  un- 
terbringen kann,  er  glaubt  nemlich  für  diese  figur,  wie  wir  eben 
sahen,  schon  den  linken  arm ,  für  die  entsprechende  figur  im  ost- 
giebel mit  Prachov  wenigstens  die  linke  band  (fr.  24)  nachgewiesen 
zu  haben,  deshalb  ist  er  zu  dem  Schlüsse  genötigt,  es  müsse  ein 
weiterer  schildtragender  kämpfer  auf  jeder  seite  des  giebels  vorhan- 
den gewesen  sein,  uns  hindert  nichts  den  schildarm  dem  zugreifen- 
den links  zu  geben,  ja  das  künstlerische  gesetz  des  gleichgewichtes 
der  massen  verlangt  es  gebieterisch,  auf  der  linken  seite  der  giebel 
entsteht  zwischen  Athena ,  welche  in  der  linken  die  aegis  oder  den 
Schild  fahrt,  in  der  rechten  aber  nur  den  speer,  und  dem  vork&mpfer 
links  über  dem  zugreifenden  eine  unangenehme  lücke,  welche  da- 
durch dasz  der  künstler  dem  zugreifenden  einen  schild  gab,  glücklich 
ausgefüUt  wurde,  wie  im  westgiebel,  führte ,  darf  man  vermuten, 
der  zugreifende  links  im  ostgiebel  auch  einen  schild.  wir  können 
hierfür  sogar  den  materiellen  beweis  beibringen,  der  vorkftmpfer 
und  der  gefallene  links  im  ostgiebel  haben  ihren  schild.  in  fr.  40 
und  41  haben  wir  zwei  weitere  schildarme  von  der  linken  seite, 
deren  einer  dem  knienden  lanzenkftmpfer,  der  andere  dem  zugreifen- 


Uuliiu:  die  composition  der  Aegineten.  15 

den  angehört  haben  mosz.  dadurch  dasz  die  zugreifenden  links  in 
beiden  giebeln  Schilde  fahren,  erhält  die  ganze  gruppe  der  gefallenen 
in  der  mitte  und  der  beiden  zugreifenden  eine  grosze  fthnlichkeit  mit 
einer  teene  des  frieses  vom  tempel  der  Athena  Nike  (Oyerbeck  gesch. 
d.  grieeh.  plastik  I  tf.  zu  s.  320*^),  worauf  schon  Lange  hinweist: 
eine  Ihnlichkeit  die  unsere  annähme  nur  unterstützen  kann. 

Für  den  Torkfimpfer  links  haben  sich  keine  fragmente  gefun- 
den, dem  knienden  links  dürften  die  linken  zehen  (fr.  56)  ange- 
hören« während  der  bogenschütze  links  als  herr  von  fr.  53  (linker 
fots)  zu  bezeichnen  ist.  fr.  50  (rechte  band)  kann,  wie  Lange  ver- 
mutet,  dem  gefallenen  links  angehOrt  haben. 

Als  zum  westgiebel  gehörig,  aber  nicht  nfther  bestimmbar  sind 
noch  anzufahren:  fr.  25  und  26  (rechte  und  linke  offene  band) 
offenbar  von  den  beiden  zugreifenden,  fr.  51  (lanzenhand)  und  39 
(kopffragment). 

Von  fr.  58  und  59  (zwei  fersen)  und  60.  61  (zwei  schildfrag- 
mente)  Iftszt  sich  nicht  einmal  nachweisen ,  welchem  giebel  sie  an- 
gehören. 

ADe  bisher  betrachteten  fragmente  zwingen  zu  keiner  Ver- 
mehrung der  figuren.  durchaus  nicht  unterzubringen  ohne  eine 
solche  Vermehrung  sind  aber  fr.  30.  34.  35 :  linke  ferse  mit  ansatz 
der  beinschien  e  und  zwei  Oberschenkel  mit  gewandspuren,  von  denen 
der  linke,  dessen  knie  erhalten ,  auch  noch  eine  beinschiene  trSgt. 
alle  drei  fragmente  zeigen  stil  und  masz  des  ostgiebels.  fr.  34  und 
35  gehören  sicher  zu  6iner  statue,  fr.  30  zu  einer  andern ,  weil  hier 
die  beinschiene  einen  doppelten,  bei  fr.  34  nur  einen  einfachen  rand 
hat.'  dasz  fr.  30  zu  einer  ähnlichen  statue  gehörte  wie  die  war,  von 
der  fr.  34  und  35  stammen,  läszt  sich  auf  grundlage  des  ansatzes 
der  beinschiene  noch  keineswegs  behaupten,  wir  wollen  es  aber  ein- 
mal annehmen,  gehören  nun  diese  fragmente  wirklich  zwei  neu  in 
den  ostgiebel  einzuftlhrenden  stehenden  lanzenkämpfem  an,  wie 
Lange  meint,  so  müssen  beide  wenigstens  bezüglich  der  beinschienen 
verschieden  bewaffnet  gewesen  sein,  ein  umstand  der  angemerkt  zu 
werden  verdient,  da  aber  die  fragmente  in  stil  und  masz  vollkom- 
men mit  dem  ostgiebel  übereinstimmen,  so  scheint  allerdings  die 
annähme  nahe  zu  liegen,  dasz  noch  zwei  weitere  stehende  lanzen- 
kSmpfer  einzufügen  seien,  diese  annähme  wird  aber  hinfällig,  sobald 
schlagende  gründe  für  die  Unmöglichkeit  einer  solchen  einfÜgung 
beigebracht  werden. 

Dasz  eine  in  stil  und  masz  mit  den  giebelstatuen  übereinstim- 
mende figur  noch  nicht  zu  den  giebeln  zu  gehören  braucht,  dafür 
zeugt  die  oben  erwähnte  bewegte  weibliche  figur,  femer  die  ruhig 
stehenden  weiblichen  figuren,  zu  denen  die  fragmente  70 — 72  ge- 
hören,   obgleich  erstere  etwa  dem  ost-,  letztere  durchaus  dem  west- 


*  hiernach  ist  die  beschreibuDc^  der  glyptoihek  df.  74<  zu  berichtigen. 


16  UolioB:  die  composition  der  Aegineten. 

giebel^  entsprechen,  wird  sie  doch  niemand  in  den  giebeln  unter- 
bringen wollen. 

Wäre  im  ostgiebel  neben  dem  stehenden  kämpferpaar  noch  ein 
zweites  stehendes  vorhandeni  gewesen,  so  würde  der  erste  kftmpfer 
mit  seinem  hinter-  oder  besser  nebenmann  das  vordertre£fen  bilden, 
beide  kämpfer  wären  personen  von  gleicher  geltong  und  gleichem 
Charakter,  beide  mttsten  folglich  nach  der  spräche  der  griechischen 
kunst,  die  gleichartige  wesen  nur  mit  geringen  abweichungen  auch 
gleichartig  darstellt,  in  der  hauptsache  auch  gleich  gebildet  sein, 
der  erhaltene  linke  Vorkämpfer  im  ostgiebel  trägt  keinen  panzer, 
kein  gewand  und  keine  beinschienen,  woraus  wir  mit  Sicherheit  fol- 
gern können,  dasz  auch  sein  gegenttber  ebenso  gebildet  war.  ge- 
sellte sich  zu  diesem  paar  noch  ein  zweites,  so  muste  auch  dieses 
ohne  panzer,  gewand  und  beinschienen  dargestellt  werden,  weil  es 
nichts  ist  als  eine  Wiederholung  des  ersten  paares.  die  figur  aber, 
welcher  jene  Oberschenkel  angehören,  trug  beinschienen,  ein  gewand 
und  folglich  auch  einen  panzer,  kann  also  nicht  zu  einem  zweiten 
stehenden  kämpferpaar  im  ostgiebel  gehört  haben,  wie  würde  sich 
auszerdem  in  der  sonst  nackten  gesellschaft  ein  völlig  gewappnetes 
kämpferpaar  ausnehmen  ? 

Schon  diese  beiden  erwägungen  würden  Langes  hjpothese  zer- 
trümmern, doch  will  ich  wenig  wert  darauf  legen,  da  wir  den  mathe- 
matischen beweis  der  Unmöglichkeit  antreten  können,  der  räum 
im  giebel  erlaubt  nicht  zwei  stehende  lanzenkämpfer 
auf  jeder  seite.  beim  beweis  dieser  thatsache  können  wir  der 
wenigen  erhaltenen  statuen  wegen  nicht  mit  dem  ostgiebel,  sondern 
nur  mit  dem  westgiebel  operieren,  wie  dies  ja  auch  Lange  thut. 
beide  giebel  zeigen  aber  in  der  ganzen  composition  eine  so  genaue 
entsprechung,  dasz  die  für  den  westgiebel  gewonnenen  resultate 
auch  für  den  ostgiebel  gültig  sind,  wie  Lange  s.  65  richtig  bemerkt, 
müssen  bei  einfCLgung  von  zwei  neuen  kämpfem  die  erhaltenen  Vor- 
kämpfer weiter  von  der  giebelwand  gestanden  haben  als  ihre  an- 
genommenen nebenmänner.  in  folge  davon  müssen,  wie  Lange 
ebenfalls  richtig  ausführt,  die  erhaltenen  Vorkämpfer  vor  den  an- 
genommenen gestanden  haben,  sie  müssen  möglichst  nahe  der  giebel- 
mitte gerückt  werden,  weil  es  unmöglich  ist  zwischen  diese ,  wenn 
man  sie  auch  noch  so  weit  von  der  mitte  entfernt,  und  Athena  auszer 
dem  zugreifenden  auf  jeder  seite  noch  eine  stehende  figur  einzu- 
setzen: denn  hierzu  fehlt,  wie  Lange  des  weitem  richtig  zeigt,  ein- 
fach der  räum,  läszt  sich  nun  der  beweis  fuhren ,  dasz  die  erhal- 
tenen Vorkämpfer  der  mitte  nicht  möglichst  nahe,  sondern  möglichst 
fem  gestanden  haben,  so  ist  erwiesen  dasz  nur  6in  vorkämpferpaar 
vorhanden  war.  dieser  beweis  läszt  sich  liefern  mit  hilfe  der  cor- 
rosion.  die  rechte  seite  des  linken  Vorkämpfers  ist  ziemlich  stark 
corrodiert,  die  corrosion  hört  aber  plötzlich  auf  am  rechten  ober- 


'  hiemaeh  ist  die  beschreil^ung^  der  glyptotbek  nr.  li^zn  berichtigen. 


Ualins:  die  composition  der  Aegineten.  17 

lehenkel  und  zwar  denilich  fühl-  und  sichtbar  kreisförmig  concav. 
der  Oberschenkel  war  also  durch  einen  runden  körper  vor  der  Ver- 
witterung geschützt,  nemlich  durch  den  scbild  des  hinter  ihm 
knienden  lanzenkämpfers.  dies  hat  schon  Prachov  erkannt,  und 
Brann  lange  vor  dem  erscheinen  von  Pracbovs  arbeit  mündlich  aus- 
gesprochen. Brunn  konnte  mithin  seine  reconstruction  dahin  berich- 
tigen, dasz  der  schild  des  knienden  nicht  hinter,  sondern  vor  dem 
rechten  bein  des  vorkftmpfers  erscheinen  müsse,  da  nun  aber  der 
kniende  lanzenkftmpfer  den  Vorkämpfer  mit  seinem  schilde  deckte, 
kann  zwischen  beide  keine  andere  figur  eingeschoben  werden:  es 
mfisten  folglich  die  angenommenen  lanzenkämpfer  vor  den  erhaltenen 
gestanden  haben,  dazu  aber  ist,  wie  Lange  selbst  ausführt,  kein 
platz  Torhanden.  im  westgiebel  fand  sich  also  nur  6in 
vorkftmpferpaar.  steht  aber  fest  dasz  sich  im  westgiebel  nur 
^in  solches  befand,  so  versteht  sich  für  den  ostgiebel  genau  dasselbe ; 
jene  beiden  Oberschenkel  gehören  also  nicht  in  den  ostgiebel  trotz 
der  Übereinstimmung  von  stil  und  masz. 

Diese  fragmente  mögen  statuen  angehört  haben ,  welche  in  der 
nShe  des  tempels  standen,  vielleicht  auch  vom  künstler  des  ostgiebels 
gearbeitet  waren,  nur  als  Vermutung  mag  es  ausgesprochen  werden, 
dasz  Ton  einer  dieser  statuen  auch  das  relieffragment  (Lange  62) 
stamme,  nach  der  rundung  der  flächen  hat  man  das  stück  gewis  mit 
recht  als  ein  Schildfragment  bezeichnet,  da  nun,  nach  den  Ober- 
schenkeln zu  schlieszen,  eine  jener  statuen  überhaupt  reicher  gebildet 
war  als  die  giebelstatuen ,  so  konnte  auch  der  schild  derselben  noch 
einen  besondem  schmuck  tragen. 

Ehe  wir  die  fragmente  ganz  verlassen,  möchte  ich  noch  auf  eine 
Wahrscheinlichkeitsberechnung  hinweisen,  welche  gegen  die  ein- 
fügung  eines  zweiten  stehenden  kämpferpaares  in  jedem  giebel 
spricht,  von  sämtlichen  verloren  gegangenen  statuen  haben  wir 
mehr  oder  weniger  übeiTeste  nachweisen  können,  von  den  beiden 
neu  einzufügenden  kämpferpaaren,  also  von  vier  statuen,  sollten 
aar  drei  fragmente  übrig  geblieben  sein,  zwei  (die  beiden  Ober- 
schenkel) von  der  einen,  ein  kleines  (die  ferse)  von  der  andern  statue 
im  ostgiebel,  von  den  beiden  statuen  im  westgiebel  aber  auch  nicht 
die  geringste  spur?  ist  das  wahrscheinlich?  gewis  nicht,  im  zu- 
»ammenhang  mit  allen  übrigen  angeführten  gegenbeweisen  dürfte 
&nch  diesem  wahrscheinlicbkeitsbeweis  eine  gewisse  bedeutung  bei- 
gelegt werden. 

Hiermit  wären  die  giebel  von  einem  zweiten  paar  stehender 
linzenklmpfer  befreit,  die  composition  bleibt  die  alte ,  wie  sie  in 
ihrer  künstlerischen  linienfübrung  durch  Brunn  erläutert  worden 
ist,  aber  mit  den  von  Prachov  gegebenen  ergänzungen  und  änderun- 
?en.  die  beugung  des  zugreifenden  links  nimt  Prachov  freilich  zu 
Xief  an,  wie  schon  Lange  (zu  fr.  22)  richtig  bemerkt:  er  rausz  mehr 
^m  zugreifenden  rechts  entsprechen,  auszerdem  ist  dem  zugreifen- 
^  links  ein  schild  zu  geben.  —  Nur  in  Einern  puncte  bedarf  die 

Jatrbi<h«r  fftr  cUm.  philol.  18S0  hri.  1.  2 


18  Ualins :  die  composition  der  Aegineten. 

composition  selbst  jetzt  nocb  der  klftning  und  Verfeinerung,  wie 
schon  Brunn  in  seinem  aufsatze  *über  die  composition  der  aeginet. 
giebelgruppen'  s.  450  anxn.  es  klar  ausgesprochen  hat,  wie  es  von 
mir  bei  betrachtung  der  corrosion  teilweise  eingehender  gezeigt  wor- 
den ist,  bedürfen  die  statuen  einer  grossem  oder  kleinem  drehnng» 
sei  es  nach  der  giebelwand  oder  nach  der  geisonkante  zu.  um  aber 
jede  kleine  drehung  vollkommen  sicher  zu  stellen,  bedarf  es  frei  be- 
weglicher gipsabgüsse,  deren  plinthen  nach  bedarf  beschnitten  wer« 
den  können,  da  ein  derartiges  hilfsmittel  bisher  noch  fehlt,  bleibt 
eine  vollendete  reconstruction  einstweilen  noch  ein  frommer  wünsch. 
Auf  die  beiden  folgenden  abschnitte  in  Langes  arbeit:  *recon- 
struction  des  westgiebels'  (s.  59  —  67)  und  'kunsthistorische  resul- 
tate'  (s.  68  —  73)  einzugehen  ist  im  gründe  überflüssig,  nur  die 
6ine  frage  mag  aufgeworfen  werden ,  was  denn  eigentlich  Lange  an 
stelle  des  von  Brunn  dargelegten  compositionsprincipes  setzt,  eine 
aufstellung  in  zwei  gründen,  in  der  sich  nach  Lange  ^wenn  auch  in 
sehr  geringem  grade  ein  gewisses  malerisches  princip  der  anordnnng 
geltend'  macht,  nun  ich  dächte,  ein  blick  auf  seine  reconstruction 
genügt  um  zu  zeigen,  dasz  in  diesem  Wirrwarr  von  figuren  von  einem 
malerischen  princip,  das  sich  'mit  einem  ausgesprochenen  architek* 
tonisch-plastischen  zuge  vermählt',  nicht  die  rede  sein  kann,  überall 
begegnet  man  dingen,  die  in  der  griechischen  kunst  geradezu  un- 
möglich sind,  die  schlachtreihen  präsentieren  sich  von  hinten!  das 
ist  nicht  nur  ungriechisch ,  das  ist  unkünstlerisch  überhaupt,  hier- 
durch verschwindet  für  den  beschauer  bei  stark  sich  deckenden 
figuren  immer  der  vordere  contour  des  hintermannes ,  wodurch  alle 
klarheit  in  der  action  verloren  geht,  ich  will  nicht  auf  den  Parthe- 
nonfries hinweisen,  aber  selbst  geringe  vasenbilder  vermeiden  ge- 
wöhnlich eine  derartige  composition,  wie  Lange  schon  durch  figur  c 
seiner  tafel  11  hätte  belehrt  werden  können,  hier  blicken  wir  schräg 
von  vom  in  die  schlachtreihe,  so  dasz  der  vordere  contour  des  hinten 
knienden  bogenschützen  sichtbar  wird ;  jetzt  bleibt  die  action  dessel- 
ben, trotzdem  er  fast  ganz  vom  hopliten  verdeckt  ist,  vollkommen 
klar,  in  Langes  reconstruction  dagegen  ist  die  action  des  bogen- 
schützen nur  zu  errathen.  Lange  wird  hoffentlich  nicht  auch  hier 
meinen  wollen,  wie  beim  vergleich  seiner  reconstraction  mit  der 
Brunnschen :  'es  fragt  sich  nur,  was  dem  Charakter  der  aeginetischen 
kunst  angemessener.'  künstlerisches  gesetz  bleibt  künstlerisches 
gesetz,  und  bei  einem  monumentalen  werke,  wie  die  Aeg^eten  sind» 
wird  man  eines  der  obersten  compositionsgesetze,  die  klarheit,  ge- 
wis  nicht  auszer  acht  gelassen  haben,  dasz  die  aeginetischen  kflnst- 
1er  in  der  that  wünschten  den  beschauer  nicht  von  hinten ,  sondern 
von  vom  in  die  schlachtreihe  blicken  zu  lassen,  beweist  die  Stellung 
der  knienden  lanzenkämpfer  rechts,  nur  die  stehenden  lanzenkämpfer 
und  die  bogenschützen  auf  der  rechten  seite  sind  von  hinten  sicht- 
bar, weil  sie  in  einer  andem  Stellung  unmöglich  agieren  können ;  die 
knienden  lanzenkämpfer  auf  derselben  seite  zeigen  sich  aber  von 


LJolioB:  die  composition  der  Aegineten.  19 

Toni,  lie  knien  auf  dem  linken  knie,  was  ganz  unnatürlich  ist  und 
nur  darin  aeine  erkiftrung  findet,  dasz  der  künstler  das  blosz  mOg- 
htkm  dem  natflrlichen  und  wabrscheinliclien  vorzog,  um  möglichst 
viele  Tordoranaichten  zu  erhalten,  den  beschauer  iJso  von  vom  in 
die  tcblachtareibe  blicken  zu  lassen,  aus  eben  diesem  gründe  sind 
andi  die  zugreifenden  so  symmetrisch  gebildet,  was  die  Stellung 
dar  lelztani  innerhalb  der  composition  betrifft,  so  genttgt  abgesehen 
von  den  oben  beigebrachten  beweisen  schon  ein  vergleichender  blick 
anf  PrachovB  und  Langes  reconstruction,  um  zu  zeigen  wer  von  bei- 
den daa  riditige  getroffen. 

Bei  dieser  gelegenheit  mag  auch  noch  darauf  hingewiesen  wer- 
diB,  dasz  jetzt,  nach  wiederaufoahme  der  Brunn-Prachovschen  recon- 
ftroction,  der  stehende  und  der  kniende  lanzenkämpfer  wieder  eine 
gmppe  Ulr  sich  bilden,  dasz  der  bogenschütz  wieder  fOr  sich  allein 
aoa  der  ferne  handelt,  nicht  den  knienden  lanzenkämpfer  als  deckung 
■eben  öch  hat,  wie  Lange  s.  47  ff.  zu  erweisen  sucht. 

Auf  eine  kritik  des  abschnittes  über  das  Verhältnis  beider  gie- 
bei  (a.  73  —  82)  können  wir  völlig  verzichten,  da  kein  auch  nur 
irgend  annehmbarer  Wahrscheinlichkeitsgrund  vorhanden  ist^  dasz 
der  Untere  giebel  eher  als  der  vordere  seinen  sculpturenschmuck 
erlialten  habe. 

Die  bemerkungen  über  die  deutung  der  Aegineten  (s.  82 — 83) 
bedflrfen  noch  einer  beeondem  beleuchtung.  Venu  im  ostgiebel  nicht 
Herakles  bestimmt  charakterisiert  wäre ,  so  würde  man  am  besten 
thnn,  nach  namen  überhaupt  nicht  zu  fragen ,  sondern  sich  einfach 
mit  der  annähme  Homerischer  kampfscenen  im  allgemei- 
nen zu  begnügen.'  im  westgiebel  aber  ist  Paris  auf  das  bestimm- 
teete  charakterisiert,  was  Lange  freilich  leugnen  will:  er  ist  der 
bogenschütz  mit  der  phrjgischen  mutze  kot'  dEcx^V*  dasz  der 
künstler  ihn  in  der  that  durch  die  mutze  hat  charakterisieren  wollen, 
geht  aus  dem  vergleich  mit  dem  troischen  bogenschützen  im  ost- 
giebel hervor,  der  nicht  die  mutze,  sondern  eine  enganliegende 
haube  trägt  im  westgiebel  haben  wir  also  Paris  zu  erkennen,  nicht 
einen  beliebigen  troischen  bogenschützen,  womit  fest  steht  dasz  der 
iod  des  Achilleus,  nicht  der  des  Patroklos  dargestellt  ist.  auf  einem 
TasenbDde  (Gerhard  auserl.  vasenb.  190.  191)  ist  allerdings  beim 
tode  des  Patroklos  auch  ein  bogenschütz  mit  phrygischer  mutze  dar- 
gestellt, der  möglicher  weise  Paris  sein  soll;  doch  beweist  dies  nichts 
gegen  unsere  deutung  der  westlichen  Aeginetengruppe,  indem  wir 
ts  dort,  wie  schon  die  namensverwechselung  in  den  inschriften  be- 
weist, mit  einem  flüchtigen  vasenbilde ,  hier  mit  einem  monumen- 
talen werke  zu  thun  haben,  die  kämpfe  sind  mithin  in  beiden 
giebeln  bestimmt  charakterisiert,  wir  sind  also  nicht  nur  berechtigt, 
•ondem  sogar  verpflichtet,  nach  bestimmten  namen  zu  suchen,  im 
Oftgiebel  stehen  die  namen  Herakles,  Telamon  und  Laomedon ,  im 
westgiebel  Achilleus,  Aias,  Teukros  und  Paris  fest,  die  Aiakiden 
Telamon  und  Aias  werden  als  Vorkämpfer,  als  haupthelden  gefeiert. 


20  Uulios:  die  composition  der  Aegineten. 

wer  sollte  nun,  wenn  wir  zwei  Vorkämpfer  hätten,  mit  ihnen  den 
rühm  teilen?  die  sage  läszt  uns  im  stich,  ist  es  aber  denkbar,  dasz 
die  Aegineten,  wenn  sie  ihre  nationalhelden  feiern  wollten,  den  rahm 
dieser  durch  beifUgong  eines  zweiten  gleichberechtigten  Vorkämpfers 
verringert  hätten?  das  scheint  in  keiner  weise  glaublich,  schon 
dieser  umstand  schlieszt  ein  zweites  vorkämpferpaar  aus. 

üeberblicken  wir  noch  einmal  Langes  arbeit  und  fragen  uns 
was  er  geleistet,  er  hat  eine  gewisse  zahl  von  fragmenten  richtig 
bestimmt,  andere  leicht  bestinmibare  unbestimmt  gelassen,  wieder 
andere  verkehrt  bestimmt,  auf  diese  zum  teil  unrichtigen  be- 
Stimmungen  hat  er  Schlüsse  gebaut  ^  die  ihn  auf  weitere  abwege 
flüirten,  die  ihn  verleiteten  tief  durchdachte  darlegungen  früherer 
forscher  spielend,  ja  hochmütig  über  den  häufen  werfen  zu  wollen, 
dasz  er  die  corrosion  auf  andere  weise  als  durch  witterungseinflosz 
entstanden  erklären  wollte,  mag  dem  mangel  an  erfahrung  zuge- 
schrieben werden ;  dasz  er  die  notwendigkeit  innerer  künstlerischer 
gesetze  nicht  eingesehen,  zeugt  von  mangel  an  blick  für  das  all- 
gemeine, zusammenfassende:  er  haftet  am  einzelnen  und  verliert 
dabei  das  urteil  über  das  ganze.  Lange  hat  durch  seine  arbeit  die 
wissenschaftliche  weit  nidit  aufgeklärt,  sondern  nur  irre  geleitet, 
gut  hätte  er  gethan  sich  an  den  competentesten  beurteiler  in  dieser 
Sache,  Brunn,  nicht  nur  mit  detailfragen  zu  wenden,  sondern  ihm 
das  ganze  vorzulegen,  seine  detailuntersnchungen  hätten,  so  weit 
sie  richtig  sind,  hier  gewis  anklang  gefunden,  zugleich  wäre  er  aber 
auch  vor  jenen  argen  misgriffen  in  der  gesamtauffassung  bewahrt 
geblieben. 

Zum  Schlüsse  mag  hier  zur  bequemlichkeit  späterer  forscher 
ein  Verzeichnis  der  zu  den  giebeln  gehörigen  fragmente  und  der 
sonstigen  Überreste  aeginetischer  sculptur  in  der  glyptothek  mit 
vergleichung  der  Längeschen  nummem  und  der  bezeichnung  in  der 
vierten  aufläge  der  beschreibung  der  glyptothek  angehängt  werden. 

VERZEICHNIS 
der  fragmente  aeginetischer  sculptur  in  der  glyptothek  zu  München. 

fragmente  der  giebelstatuen. 
glypto- 


Lange 


thek 


I.   ostgiebel. 

1  1         72*  Athena  köpf 

2  2         72*  „  atück  des  linken  armes  mit 

aegis 

3  3         72*  „  linker  fasz  mit  gewand 

4  4         72*  „  sehen  desselben  fiisses 
6            6         72'         gefallener  in  der 

mitte  rechter  fuss  mit  beinschiene 

6  6         72  (       zugreifender  rechts  rechter  unterarm  mit  band 

7  7         72(  „  belmbuscb 

8  31         72^        Vorkämpfer  rechts  linker  Unterschenkel 

9  33         72^  „  rechte  wade 


Unliiu:  die  composition  der  Aegineten. 


21 


Lange 

thek 

* 

10 

82 

72  i 

kniender  rechte 

linker  Unterschenkel 

il 

62 

72  i 

19 

rechter  Unterschenkel 

IS 

14 

72» 

Herakles 

linke  band 

13 

16 

72» 

gefallener  rechts 

rechtes  bein  mit  fuss 

14 

17 

72» 

)> 

linker  Unterschenkel  mit  fusz 

16 

18 

72» 

99 

rechter  oberarm 

16 

28 

72  k 

lagreifender  links 

linker  Oberschenkel 

17 

23 

72k 

tf 

rechtes  bein 

— 

i— 

^— 

▼orkämpfer  links 
kniender  linke 

— . 

18 

8 

72« 

linkes  bein 

19 

43 

72« 

fi 

rechter  arm 

to 

9 

72  d 

bogenschütes  linke 

köpf 

11 

10 

72* 

91 

brüst 

n 

11 

72  d 

91 

rechter  arm  mit  hand 

» 

12 

72* 

99 

linker  Unterarm 

ti 

16 

72« 

gefallener  links 

rechter    Unterschenkel   mit 
fusz 

16.  26   44.  46     72< 


27 

42 

72- 

28 

40 

72» 

29 

41 

72» 

i-^ 

K46--48 

72» 

93 

49 

72» 

nicht  näher  bestimmbar: 

rechter  ober-  und  unterarm  vom  gefallenen  in 

der  mitte  oder  vom  york&mpfer  rechts 
schildarm  von  der  rechten  seite  des  giebels 
desgl.  von  der  linken 
desgl. 

lanxenhftnde 
schildhand 


34 
36 
36 

37 

38 

39 

40 
41 
42 

43 
44 

46 


21 
38 
36 

37 

19 
67 

20 
27 
29 

66 
63 

60 


46.  47    26.  26 

48  51 

49  89 


72  P 
72  P 
72^ 
72^ 

72' 

72' 

72- 
72- 
75 

72» 

72» 
72' 


72^ 
72  w 

72« 


II.    westgiebel. 

Athena  — 

gefallener  in  der 

mitte  — 

zugreifender  rechts    rechtes  bein  mit  fasz 

linker  Unterschenkel 
linker  Unterschenkel  mit  fusz 
rechter    Unterschenkel    mit 

fasz 
rechter  fusz 
linke  zehen 


»I 


Vorkämpfer  rechts 


»> 


kniender  rechts 


Paris 


gefallener  rechts 


♦» 


linker  fusz 
linke  hand 


zugreifender  rechts  schildarm 
Vorkämpfer  links  — 

kniender  links  linke  zehen? 

bogen  schütz  links  linker  fusz 

gefallener  links  rechte  hand? 

nicht  näher  bestimmbar: 

rechte  und  linke  offene  hand 

lanzenhand 

kopffragment 


unbestimmbar  ob  vom  ost-  oder  westgiebel; 

SO.  61    68.  69     72«        zwei  rechte  fersen 
it.  68   60.  61      72  <»        zwei  Schildfragmente 


22  EBohde:  der  tod  des  Aischylos. 

fragmente  anderer  aeginetischer  sculpturen: 

54         63  76  akroterienfignren:  nnterschenkel 

66.  66  64.  65  74«  „  nnterarmfiragmente 

67  66  74«  „  rechte  hand 

68  67  74«  „  gewandstück? 

69  68  74^  greif:  linkes  Yorderbein 

reste  bewaffneter  männlicher  fignren,  dem  ostgiebel  verwandt: 

60  34  74  s  linker  oberschenkel| 

61  36  74  s  rechter  Oberschenkel 

62  30  74  <  linke  ferse  mit  beinscbiene 

63  62  74  *>  relieffragment? 

reste  einer  bekleideten  weiblichen  fignr,  dem  ostgiebel  verwandt: 

64  74         74*         rechter  Unterschenkel  mit  gewand 
66  13         74*        linke  ferse  mit  gewand 

66  73         74*         rechter  arm  mit  ärmel? 

reste  bekleideter  weiblicher  fignren,  dem  westgiebel  verwandt: 

67  69  74»^  köpf 

68  70  74*  desgl. 

69  71  74"  rechte  schnlter 

70  72  74"  linke  hand 


sonstiges: 

71 

76 

74' 

behelmter  männlicher  köpf 

72 

28 

74« 

linker  anterarm 

73 

24 

74* 

linke  hand 

74 

64 

74  e 

Oberschenkelfragment 

76 

66 

74« 

linker  Unterschenkel 

76 

76 

74« 

fnszfragpnent 

77 

77 

74« 

gewan£tück  (spätem  stils) 

München 

• 

Leopold  Julius. 

2. 

DER  TOD  DES  AISCHYLOS. 

Dasz  Aischyios  durch  eine  Schildkröte,  welche  ein  adler  ihm  auf 
den  köpf  fallen  liesz,  getötet  worden  sei,  scheint  eine  sehr  alte  sage 
gewesen  zu  sein :  man  darf  das  daraus  schlieszen ,  dasz  niemand  eine 
andere  todesart  des  dichters  angibt  ob  sie  gerade  auf  Chamaileon 
zurückgehe,  wie  Oöttling  opusc  s.  230  ganz  ohne  gewähr  behauptet, 
mag  dflJiingestellt  bleiben,  bisher  konnte  man  die  erzählnng  nicht 
üb^  die  bekannten  verse  des  Sotades  hinauf  verfolgen,  es  scheint 
aber  noch  niemand  aufinerksam  geworden  zu  sein  auf  einen  merk- 
würdigen bericht,  der  eine  erwfthnung  der  sage  aus  viel  früherer 
zeit  einschlieszt. 

Zu  den  werten  des  Aristoteles  phys.  auscult.  11  4  s.  196*  14 
6  TToXaiöc  XÖTOC  ö  dvaipuiv  Tf|V  Tuxnv  bemerkt  Simplikios  (foL  74* 


ERohde :  der  tod  des  Aiachylos.  23 

13  TQ.):  TÖ  hi,  «xaOdrrcp  ö  rroXaidc  Xötoc  ö  ävaipiXiv  Tf|V 
Tvxvvv»  irpöc  AiifAÖKptTOV  foiK€v  €ipf)c8at.  dKcfvoc  T^p  kSv  ^v 
Tiji  KoqioiTotlq  ibÖKex  t^  Tuxq  XP^cOai^  dXX'  iv  TOtc  fiepiKuiT^potc 
oubcvöc  911CIV  clvai  Tf|v  Tuxnv  alTtav,  dvacp^puiv  cic  fiXXac  al-rfac* 
<wov  ToO  Oijcaupov  ci&pctv  xd  CKdirreiv,  f^  iViv  q)UT€iav  riic  dXaiac, 
ToO  bt  KoraTTivai  toO  ipaXaKpoG  tö  xpaviov  töv  deröv  fSiipavTa 
Tfpf  x^Xiuvfiv,  ÖTTuic  TÖ  X€X(l>vtov  {xTfi^ '  oötui  t^P  ö  €(i5r)M0C  kropcT. 

Die  gante  bemerkiuig  ist  dem  Eademos  entlelmt  (wie  sie  denn 
LSpengel  in  die  <>uaicd  des  Endemos  als  fr.  XXJI  s.  35  vollst&ndig 
anfgenommen  hat) ;  schon  dadaroh  gewinnen  wir  ftlr  die  geschichte 
Ton  adler,  Schildkröte  und  kahlkopf  ein  höheres  alter  als  wir  ihr 
bisher  mit  Sicherheit  zusprechen  durften,  dasz  aber  das  beispiel  von 
Demokritos  selbst  gebraucht  worden  war,  versteht  sich  im  gründe 
Ton  selbst,    wie  sollte  denn  Eudemos  darauf  gekommen  sein,  dem 
Demokritos  zur  Unterstützung  seiner  these  seinerseits  nicht  von 
Demokritos  selbst  gebrauchte  beispiele  zu  liefern?   es  kommt  aber 
hinzu,  dasz  für  das^erste  der  zwei  angeführten  beispiele  Simplikios 
«osdrflcklich  bezeugt,  dasz  es  von  Demokritos  selbst  herrühre:  er 
sagt  foL  76*  (z.  23  yvl)  foiKe  bi  xal  ö  AnfiöxpiTOC  . .  cvfiq)^- 
pcctei  Täte  TTcpl  Tuxnc  iwoimc  <pr\c\  jap  oök  drrö  nixiic  eöpciv 
TÖV  (add.  ciüpövra?)  Oncaupöv,  dXX'  ön  dipurre  9UT€Ccai  f{  fibuip 
cupctv,  f{  fiXXo  Tt  TOto(ht)v  usw.   was  aber  von  dem  ersten  beispiel 
gih,  wie  sollte  es  nicht  auch  von  dem  zweiten  gelten?   Demokritos 
also  kannte  bereits  die  geschichte.   dasz  er  sie  als  auf  Aischylos  be- 
züglich kannte,  ist  damit  freilich  noch  nicht  gesagt;  nur  folgt  auch 
das  gegenteil   nicht  etwa  aus  der  unbestimmten  bezeichnung  ToO 
^paXoKpoO.    denkbar  wäre  aber  immerhin,  dasz  die  geschichte  zu 
seiner  zeit  noch  als  fabel  frei  umhervagierte  und  erst  spftter  (vor 
Sotades)  sich  nach  art  solcher  fabeln  an  einen  besonders  berühmten 
kahlkopf  heftete,   diese  moral  aber  mag  man  schlieszlich  aus  4cr  an  - 
Wendung  des  beispiels  bei  Demokritos  ziehen,  dasz  alle  tiefsinnigen 
deutungen  der  sage  verschwendete  mühe  gewesen  sind,  bald  soll  die 
erhabenheit  (adler)  des  Aischylos  ihm  seine  eigne  schwerflüligkeit 
(Schildkröte)  auf  den  köpf  werfen,  bald  soll  die  X^XuiVT],  im  rebus, 
statt  des  Aischylos  X^Xuc  gesetzt  sein  (welche  dann  freilich  recht  un- 
freundlich der  adler  dem  sSnger  auf  den  kahlen  sch&del  fallen  iSszt), 
oder  wie  es  sonst  lautet,    die  auseinandersetzung  des  Demokritos 
kann  lehren ,  dasz  man  sich  im  altertum  nur  fragte ,  ob  man  reinen 
Zufall  oder  irgend  einen  natürlichen  grund  in  dem  herabwerfen  der 
Schildkröte  durch  den  adler  erkennen  solle.   Demokritos  will  offen- 
bar (das  Iftszt  auch  des  Simplikios  allzu  kurzer  bericht  erkennen)  den 
grund  in  der  absieht  des  adlers,  die  schale  der  Schildkröte  auf  einem 
harten  gegenstände  zu  zertrümmern ,  und  in  der  Verwechselung  des 
gliazenden  kahlkopfes  mit  einem  felsen  sehen :  denn  dies  letzte  darf 
man  ans  der  bestimmten  angäbe  toC  qxxXaKpoG  schlieszen ,  welche 
Worte  nicht  umsonst  stehen  können,    dem  Demokritos  also  sind 
Valerios  Maximus  und  Ailianos  in  ihrer  völlig  gleichen  deutung  des 


24      ADaub:  die  Chronologie  des  Anaximenes  und  des  Anakreoo. 

Vorfalls  gefolgt,  wie  man  darauf  kam,  gerade  an  Aischjlos  diese 
fabel  zu  heften,  hat  Lehrs  höchst  einfach  erklärt,  indem  er  eben  auf  das 
tertium  comparationis  zwischen  dem  beiden  der  fabel  und  Aischjlos 
hinwies :  den  kahlen  schädel.  das  ist  als  allzu  trivial  und  oberflttclüich 
verworfen  worden,  mich  dünkt  aber  dasz  durch  die  stelle  des  Demo- 
kritos  hinreichend  bestätigt  wird,  dasz  die  alten  an  kein  sonderliches 
geheimnis  bei  der  ganzen  geschichte  gedacht  haben,  nicht  alle  fabels 
sind  geistreich ;  wer  heiszt  aber  uns  geistreicher  sein  in  der  deutung 
der  fabel  als  der  fabulist  in  deren  erfindung  war?  es  dürfte  nicht 
schaden,  wenn  man  sich  dieses  beispiel  für  ähnliche  ^Ue  merkte. 
Tübingen.  Erwin  Bohde. 

3. 

DIE  ÜBERLIEFERUNG  DER  CHRONOLOGIE   DES 
ANAXIMENES  UND  DES  ANAKREON. 


I.  Für  die  lebenszeit  des  Anaximenes  kommt  zuvörderst  das 
Zeugnis  des  Apollodoros  in  betracht,  bei  La.  Diog.  II  3  («»  fr.  80 
bei  Müller  FHG.  Is.446)  KalteT^viiTai  fi^v,  KaGd  q)T]civ  'AttoXXö- 
buipoc,  T^  ilr\K0CTfji  Tphq  öXufimdöi  ..dieXeÜTiiceöi  ircpl  Tf|v 
Cdpb€U)V  äXuJCiv.  dasz  hier  die  angaben  über  die  zeit  der  blttte  — 
denn  das  bezeichnet  doch  an  dieser  stelle  T^T^vr^Tai:  vgl.  Krische 
forschungen  s.  62 ,  Diels  rh.  mus.  XXXI  s.  27,  Rohde  ebd.  XXXIII 
8.  206,  dazu  auch  s.  219  anm.  1  —  und  des  todes  einfach  umzustellen 
sind,  ist  zum  teil  schon  lange  erkannt  (so  von  Heyne,  nach  dem  vor- 
gange von  Simson,  in  Apollodori  fragm.  s.  413  ed.  Gott.  1803),  und 
neuerdings  von  Diels  in  den  tiefeindringenden  Untersuchungen  über 
ApoUodors  chronika  (rh.  mus.  XXXI  s.  27)  zur  evidenten  gewisheit 
erhob^  worden  (Kai  T€T^VT]Tai  ptv  Ti€pl  Tf|v  Cdpbeuiv  fiXuiciv  .  ► 
^TeXeuTTice  bk  t^  Et  öXujüiiTtdbi).  zunächst  kann  unter  der  eroberung 
von  Sardeis  nur  die  erste  von  ol.  58,  3  (546),  nicht  die  zweite,  von 
Clinton  auf  ol.  70,  2  (499)  angesetzte  verstanden  werden,  da  jene 
allein  den  alten  litterarhistorikem  als  epoche  gedient  hat  (vgl.  Diels 
ao.  und  Rohde  ao.  unter  EdvOoc).  so  aber  ergibt  sich  das  absurde 
resultat,  dasz  Anaximenes  18  jähre  nach  seinem  tode  geboren  wäre, 
der  bericht  des  Suidas  gibt  die  Umstellung  beider  sätzchen  an  die 
band:  'Ava£ifi^VT]C  MiXricioc*  T^TOvev  ^v  t^  ve'  dXufiTridbi,  dv  t^ 
Cdp5€U)V  dXuücei,  6t6  KOpoc  ö  ITepCTic  Kpoicov  KaOetXev.  in  diesen 
Worten  ist  allerdings  die  fixierung  der  einnähme  von  Sardeis  auf 
ol.  55  ein  unding.  allein  man  darf  nicht  mit  Clinton  (FH.  a.  548) 
die  zahl  ve'  schlankweg  in  vr\  corrigieren ;  die  ansetzung  der  blttte 
des  Anaximenes  auf  ol.  55  trifft  nemlich  zusammen  mit  derjenigen  bei 
Eusebios  (Hieron.  1455  =  ol.  54,  3  cod.  F;  1460  —  ol.  55,  4  SchOne 
mit  BRS ;  richtiger  wol  Rohde  ao.  1457  «=>  ol.  55,  1  nach  cod.  AP), 
das  räth  zur  vorsieht,  ebenso  wenig  ist  es  methodisch  zulässig,  die 
unbequemen  worte  ^v  t^  ve' öXufATndbi  zu  streichen:  denn  es  ist 


ADaab:  die  Chronologie  des  AoazimeneB  und  des  Anakreon.      25 

keineswegs  erwiesen,  dasz  sie  aus  Eusebios  ol.  55,  4  interpoliert 
seien«  aoeh  Zeller  (phil.  d.  Gr.  I^  s.  219  f.  anm.  1)  ist  Diels'  ver- 
motnag  beigetreten,  fiohde  ao.  hat  aber  dagegen  mit  vollstem  recht 
dnsprmehe  erhoben,  er  hat  scharfsinnig  erkannt,  dasz  Suidas  (oder 
desMi  quelle)  in  diesem  artikel  zwei  verschiedene  ansätze  der  blttte 
das  Anaiimenes  gedankenloser  weise  verschmolzen  hat.  die  einnähme 
von  Stfdeis  (ol.  58)  stammt  aus  ApoUodoros  (La.  Diog.  11  3  in  der 
beridiiigten  gestalt  vgl.  mit  Hippoljtos  refut.  I  7  oGtoc  fJKfiacc 
w€pl  Trpurrov  £toc  Tf)c  TrevTriKocH^c  ÖTbör]c  öXufjiiTidboc,  und  dazu 
vgl.  Diels  ao.) ;  die  55e  oljmp.  ist  einer  andern  quelle  entnommen, 
ans  welcher  auch  Eusebios  schöpfte,  dasz  dieselbe  des  Porphjrios 
q>tXÖ€oq>0€  \cTop(a  gewesen  sei,  ist  eine  wolbegrttndete  Vermutung 
Bohdes  (vgl.  auch  ao.  s.  171  anm.  1.  185  anm.  1.  186.  203  anm.  1. 
21 1 ;  ehron.  I  s.  190  Seh.). 

In  der  sache  selbst  stimme  ich  also  mit  Bohde  durchaus  überein. 
brauchen  wir  aber  dem  Suidas  oder  dem  Hesjchios  selbst  solche  ver- 
wimmgen  aufzubttrden?  liegt  es  hier  denn  nicht  viel  näher,  die  ab- 
•ehreiber  dafür  verantwortlich  zu  machen  und  den  ausfall  eines  o\ 
hi  zwischen  öXujüiindbi  und  £v  tQ  Cdpbeuiv  äXuicci  zu  statuieren, 
also:  T^TOvev  ly  tQ  ve'  öXuiiiridbi,  ol  b '  dv  tQ  Cdpbcuuv  dXuücci . . 
sn  sduraiben  ?  mit  diesen  werten  (häufig  tritt  noch  ein  iböEacov, 
TCTP^^ctv,  \cTOpr|Kaciv,  elp/JKaciv,  cpaciv  uft.  hinzu)  führt  Suidas 
aidit  selten  entgegenstehende  ansichten  ein.  für  den  absoluten  ge- 
braodi  notiere  ich  zb.  "'IßuKOC  ctHrriou,  ol  bi  TToXuZriXou  .  .  ol  bi 
lUpbavTOC  —  CaiTcpU)  QfxiuvoC;  ol  b*  EövofAiou,  olb'*€piTmou 
usw.  —  C6Xu)v  . .  T^TOve  b'  dirl  xfic  id!  öXufinidboc,  ol  bfe  vg'  — 
'AvTupdvnc  .  .  ^TpGtU'C  Kiüjjwpblac  Tle\  ol  hk  ctt'  aa. 

Jene  beiden  ansätze  erklären  sich  aber  sehr  einfach :  man  wüste 
dasz  Anaximenes  mit  Kyros  und  Kroisos  gleichzeitig  war;  an  zwei  be- 
merkenswerte daten  aus  deren  geschichte  wird  seine  dKfxii  (T^TOvev 
«e  i^K^aZev)  angeheftet;  ol.  55  bezeichnet  den  anfang  der  regierung 
des  Kroisos  und  Kyros,  ol.  58  den  stürz  des  erstem  durch  den  letztem. 

II.  In  die  chronologischen  bestimmungen  des  Suidas  über 
Anakreon  ('AvaKp^ujv  .  .  t^TOve  Kaid  TToXuKpdxTiv  töv  Cdfiiov 
Tupavvov  ÖXujLiTndbi  vß'*  ol  bk  ini  Kupou  kqI  Ka^xßOcou  Tarrouciv 
auTÖv  Kcrrd  Tf|v  xe'  [iie'  bietet  A]  ÖXufXTridba)  hat  ebenfalls  Rohde 
(so.  s.  190)  klarheit  und  Ordnung  zu  bringen  versucht,  indessen 
kann  ich  seinen  übrigens  so  feinen  erörterungen  nicht  in  allen 
puncten  beistimmen,  dasz  in  dem  Suidasartikel  die  zweite  zahl  ver- 
dorben ist,  leuchtet  ein.  die  erste  hat  Küster  (vgl.  Bemhardy  zu 
Suidas  I  s.  335)  nach  anleitung  des  Eusebios  (ol.  62,  2  Hieron.)  in 
Eß  (ol.  62)  verbessert,  was  allgemeine  aufnähme  gefunden  bat,  da 
ja  die  Chronologen  den  anfang  der  tjrannis  des  Polykrates  auf  ol.  62 
bestimmten  und  danach  die  blute  des  Anakreon  wol  datiert  wer- 
den konnte  (vgl.  Eusebios).  trotzdem,  meint  Bohde,  entspreche  das 
vß*  der  meinung  des  Suidas  (bzw.  des  Hesychios) ,  und  zwar  wegen 
des  folgenden  ol  ti.    denn  der  62n  olymp.  könne  die  zeit  des  Kyros 


26      ADaob:  die  Chronologie  des  Anazimenes  und  des  Anakreon. 

und  Eambyses  (dh.  der  zeitpunct  in  dem  die  regierungen  beider  sich 
berühren,  ol.  62,  3  «»  530/29)  wegen  deren  gleichzeitigkeit  mit 
Polykmtes  unmöglich  entgegengestellt  werden,  folglich  mflsse 
die  zahl  vß'  von  Hesychios  ausgegangen  sein;  nur  habe  dieser  mit 
gewohnter  gedankenlosigkeit  übersehen,  dasz  diese  epoohe  nioht  mit 
der  zeit  des  Polykrates  harmoniere;  ebenso  habe  er  auszer  acht  ge- 
lassen ,  dasz  mit  dieser  angäbe  nicht  die  zeit  der  blute ,  sondern  die 
der  geburt  (ol.  62  —ol.  10  [—  40  jähre]  =  ol.  52)  des  diditers 
bezeichnet  werde ;  also  habe  er  das  in  seinen  quellen  unter  ol.  53 
vorgefundene  T^TOVC  gleichbedeutend  mit  flKfioZe  gefaszt  anstatt 
in  dem  richtigen  sinne  von  dT€VVii6ii,  und  habe  verkehrter  weise 
Y^f ov€  («=»  fJKjLiaZe)  Kard  TToXuKpdTiiv  damit  verknüpft,  ob  aber 
mit  dieser  in  der  that  eindringenden  analyse  das  über  diesen  notizen 
schwebende  dunkel  aufgehellt  sei,  ist  doch  ziemlich  fraglieh,  nach 
Bohdes  ansieht  hätte  Suidas  (oder  Hesychios)  zwei  Zeugnisse  vor- 
gefunden, das  eine  das  geburtsjahr,  das  andere  die  zeit  der  äxfi^ 
betreffend ,  beide  wären  sodann  zu  6iner  angäbe  mit  einem  in  seiner 
bedeutong  s  o  allerdings  nicht  mehr  erkenntlichen  t^t^vc  nach  flüch- 
tiger manier  zusammengeschweiszt  worden,  allein  zu  diesem  aus* 
wege  der  erklärung  wird  man  erst  dann  seine  Zuflucht  nehmen,  wenn 
sich  keine  befriedigendere  lOsung  der  Schwierigkeiten  darbietet,  und 
eine  solche ,  denke  ich ,  ist  vorhanden,  zunächst  wird  eben  die  zahl 
vß'  mit  Küster  in  £ß'  (ol.  62)  zu  ändern  sein;  aber  auch  das  fol- 
gende soll  erträglich  und  verständlich  werden,  aus  der  Variante 
T|€'  (in  A;  die  übrigen  hss.  bieten  Kc')  hat  Oaisford  (s.  Bemhardy 
ao.)  nach  Clintons  Vorgang  mit  recht  vc'  (ol.  55)  hergestellt  (die 
Verbesserungen  anderer  s.  bei  Rohde  ao.  anm.  1).  das  v  ist  nach 
dem  vorausgehenden  Tf|V  zu  r],  in  den  andern  hss.  zu  k  verderbt, 
übrigens  ist  dasselbe  Zielzeichen  nach  Tf|V  ausgefallen  in  dem  art. 
Aäcoc*  TCTOVubc  xard  i^v  r\'  öXujiiTidbai  wo  nur  die  Pariser  hss. 
von  Küster  das  richtige  yr\'  gewahrt  haben  (vgl.  auch  den  fall  u. 
'ApiCT^ac  TTpoKOVViicioc  bei  Bohde  ao.  s.  181  anm.  2).  unter  'Ava- 
xp^UJV  wollte  also  der  Chronograph  den  allgemeinen  ansatz  des  Ana- 
kreon  auf  die  regierungszeit  des  Kyros  und  Kambyses  durch  hinzu- 
fügung einer  bestimmten  Olympiade  verdeutlichen,  was  lag  aber  da 
näher  als  die  55e  olymp.  anzunehmen,  in  der  Kyros  die  regienmg 
antrat  (s.  o.)?  Anakreon  lebte  allerdings  noch  unter  Kambyses;  die 
genauere  datienmg  nach  Olympiaden  ist  also  in  diesem  falle  nur  dem 
ansatze  iiA  Kupou  angemessen,  ^somit  konnte  die  ansieht  derer, 
welche  den  Anakreon  auf  die  55e  ol.  (»»  560—557)  fliierten, 
der  gewöhnlichen  datierung  auf  ol.  62  mit  fug  und  recht  entgegen- 
gesetzt werden,  dem  wahren  begriflid  der  &K}xf\  dürfte  nun  aber  bei 
Anakreon  das  jähr  532  (ol.  62,  1)  entsprechen;  daraus  würde  sich 
als  geburt^'ahr  572  (ol.  52, 1)  ergeben,  in  wie  weit  endlich  Lukianos 
(makrob.  c.  25)  mit  seiner  nachricht,  Anakreon  habe  85  jähre  lang 
gelebt,  recht  hat,  bleibt  dahingestellt. 

Frbibubq  im  Bbeisgaü.  Adam  Daub. 


FHultsch:  der  denar  Diocletiims.  27 

4 

DER  DENAE  DIOCLETIANS. 


Der  denar,  welcher  allen  preisbestimmangen  im  edict  Dio- 
eküans  de-preüis  rerum  vefUiUum  vom  j.  301  zu  gnmde  liegt,  war 
▼OB  Borgfaesi  und  Dnreau  de  la  Malle  (Mommsen  ber.  d.  sächs.  geg. 
d.  WIM.  m  [1851]  8.  56)  auf  2,6  Centimes  der  frankenwttbrung  ver- 
MBtongaweise  ÜBstgesetEt  worden,  mit  rficksicbt  auf  die  arbeitslöhne 
ieiite  idi  den  denar  in  der  ^metrologie'  (s.  253)  maximal  auf  3,1  een- 
times  oder  0,086  mark. '  als  icb  vor  kurzem  yeranlaszt  wurde  auf 
diese  frage  ziirfickzukommen,  bot  sich  ungesucht  die  genaue  teilzahl 
dar,  weldie  dem  denar  im  Verhältnis  zum  römischen  pfond  goldes 
md  zum  anreus  Diocletians  zukommt. 

Nach  der  mttnzordnung  dieses  kaisers  sind  nemlich,  wenn  nicht 
alles  trOgt,  36000  denare  auf  das  goldpfand  gerechnet  worden,  da 
letxteres  nach  der  üblichen  Schätzung  327,46  gramm  beträgt  und 
1  gramm  goldes  »>  2,79  mark  ist,  so  entspricht  das  goldpfund  einem 
werte  von  913,69  mark,  und  der  denar  ist,  wenn  die  eben  ausge- 
sprochene Vermutung  das  richtige  trifft,  genau  auf  0,02638  mark  = 
i^tS$  Centimes  anzusetzen.' 

Die  verschiedenen,  mehr  oder  minder  fragmentarischen  und 
verderbten  bearbeitungen,  in  welchen  uns  die  schrift  des  Epiphanios 
wcpl  pi^puiv  Kai  craO^div  erhalten  ist,  bieten  eine  bisher  noch  nicht 
erschöpfte  ftUle  wichtiger  notizen  über  das  jüngere  römiscl^  münz- 
wesen.  für  die  vorliegende  frage  kommt  in  betracht  die  gruppe  von 
ei^llrungen,  welche  dem  6ßoXöc  6  Ü  dpT^pou  gewidmet  sind,  da 
der  nachweis  der  stellen  in  dem  index  zu  den  'metrologici  scriptores' 
unter  ößoXöc  nr.  9  gegeben  ist  und  das  von  P.  de  Lagarde  (Sjm- 
nüeta  s.  213.  216  f.)  veröffentlichte  hiermit  übereinstimmt,  so  ge- 
nügt die  kurze  angäbe ,  dasz  dieser  obolos  eine  silbermünze  im  ge- 
wicht von  Vs  ^uiz®  *™  ^M  g^'  gewesen  sein  soll,  da  nun  im  Zeitalter 
des  Epiphanios  eine  erinnerung  an  den  silbernen  obolos  der  ältesten 
athenischen  prägung,  welcher  seit  dem  dritten  jh.  vor  Ch.  mit  dem 
kupfernen  vertauscht  worden  war,  nicht  mehr  bestehen  konnte,  viel- 
mdir  6ßoXöc  an  sich  jedenfalls  eine  kupfermünze  bedeutete,  so  liegt 
in  der  tradition  bei  Epiphanios  das  problem  vor,  eine  münze  zu 
suchen,  weldie  zwar  ans  kupfer  bestand,  aber  als  silberne  galt  oder 
früher  gegolten  hatte,  annähernd  das  gewicht  eines  Neronischen 

*  anlanjtend  die  anderweitigen  versache  einer  annähernden  bestim- 
BOBS  d«t  Diodetianitchen  denars  ist  auszer  Mommsen  QRM.  8.  806  noch 
J.  de  Witte  in  der  'histoire  de  la  monnaie  Romaine  par  Tb.  Mommsen 
trmdsit«  par  le  dnc  de  BUcas'  III  107  sa  rergleichen.  letiterer  gelangt 
«Bter  h^mftmg  auf  WH  Waddington  zu  dem  negativen  resultat,  dasz 
eise  iziemnit  dieser  mfinse  noch  nicht  gelungen  sei.  '  letstarer  be- 
traf  der  franken  Währung  ergibt  sich  in  gleicher  weise  aus  Mommseo 
tradoctioo  Blacas  III  491,  wo  de  Witte  das  goldpfund  «•  1187,81  franca 
•eUt. 


28  FHnlifich:  der  denar  Diocletians. 

denars  hatte  und  dem  werte  nach  36000  mal  (denn  bo  viele  obolen 
gehen  auf  das  talent)  in  einer  höchsten  werteinheit  enthalten  war. 

Nun  hat  AMissong  in  der  Berliner  zs.  f.  numismatik  VII 240  ff. 
(man  vgl.  besonders  das  kurze  resum^  s.  294)  nachgewiesen ,  dasz 
Diodetian  nur  zu  anfang  seiner  regierungszeit  den  aureus  als  siebzig- 
sten teil  des  pfundes ,  sei  es  genau ,  sei  es  annähernd  nach  diesem 
fusze,  ausgebracht  hat,  dann  aber,  und  zwar  seit  dem  j.  290,  regel- 
mäszig  60  goldstttcke  aus  dem  pfunde  hat  schlagen  lassen. 

Setzen  wir  versuchsweise  das  goldpfnnd  als  talent,  so  haben  wir 
in  diesem  aureus  Diocletians  die  dazu  gehörige  mine,  und  in  dem 
denar  des  edicts  de  pretiis  rerum  venälium  den  entsprechenden  obolos, 
dh.  den  600n  teil  des  aureus. 

Freilich  wird  man  als  eine  probe  dieser  hypothese  ganz  mit  recht 
verlangen ,  dasz  das  System  des  talentes  nicht  unvollständig  bleibe, 
oder  mit  andern  werten,  dasz  das  x  der  nachfolgenden  Übersicht 
noch  bestimmt  werde : 

goldpfund  1 

aureus  60       1 

X  6000  100  1 

denar  36000  600  6. 

in  der  that  finden  wir  in  der  prägung  Diocletians  eine  pseudoSilber- 
münze ,  welche  trotz  des  geänderten  münztypus  als  nachbildung  des 
argentetis  Antoninianus  sich  erweist  (Mommsen  ORM.  s.  801  y  tra- 
duction  Blacas  III  98  f.).  daneben  erscheint  eine  kleinere  münze 
mit  ähi^ichem  gepräge,  welche  dem  gewichte  nach  %  oder  V5  clor 
gröszem  Itoträgt.  ist  es  nun  gestattet  die  kleinere  als  den  Die- 
cletianischen  denar  anzusehen,  so  liegt  die  weitere  Vermutung  nahe, 
dasz  die  gröszere  den  sechsfachen  wert  der  letztem  gehabt  und  mit- 
hin Vi  00  ^^^  aureus  dargestellt  habe. 

unverkennbar  hat  bei  diesem  ganzen  System  das  ägyptische 
münzwesen  als  vorbild  gedient,  unter  den  Ptolemäem  galt  ein  gold- 
stück  im  gewicht  von  8  drachmen  gleich  1  mine  Silbers  oder  1  talent 
kupfers,  dh.  gleich  100  Silberdrachmen  oder  6000  kupferdrachmen, 
mithin  die  silberdrachme  gleich  60  kupferdrachmen  (Mommsen  OBM. 
6.  40  ff.,  trad.  Blacas  I  52  ff.,  metrol.  s.  285  f.). 

Diese  Verhältnisse  werden  von  Epiphanios  in  folgender  merk- 
würdigen tradition  dargestellt.'  ein  äpTupoCc,  der  auch  fidvr)  dh. 
mine  genannt  wird,  soll  gleich  100  br)vdpta,  das  öiivdpiov  *»  60 
dccdpia  gewesen  sein,  hierzu  kommt  in  dem  fragment  des  h.  Maximus 
(metrol.  Script.  1 303, 1),  dasz  der  dpti>poCc  (oder  SpTupoc,  wie  hier 
überliefert  ist)  37$  vOjiicfiaTa  gelte,  hier  haben  wir  genau  wie  im 
Ptolemäischen  System  eine  oberste  einheit,  welche  gleich  6000  kupfer- 
stücken gilt;  wir  erkennen  also  im  dccdpiov  die  Ptolemäische  knpfer» 

'  metrol.  script.  I  271,  1—4.  die  Überlieferang  in  andern  quellen 
(vgl.  index  anter  dpifVpoOc,  de  Lagarde  Sjmm.  t.  860  f.  280.  886)  geht  anf 
dasselbe  hinaas,  ist  aber  weniger  deatlich  als  in  dem  zuerst  angeführten 
tractate. 


FHoltsch :  der  denar  Diocletians.  29 

dnchme,  im  bnvdpiov  die  silbereinheit ,  welche  in  der  münze  durch 
das  vier&che,  das  tetradrachmon ,  vertreten  war.  ferner  deutet  der 
same  ipxupovc  in  Verbindung  mit  fidvr)  darauf  hin,  dasz  die  oberste 
cmbeit  gl^ch  einer  mine  silbers  war.  es  bleibt  demnach  nur  noch 
das  6ine«  ans  der  tendenz  der  stelle  leicht  erklärliche  misverständnis 
ZQ  beaeiiigen,  als  habe  es,  wie  der  name  äpTupoGc  doch  besagt,  eine 
silbennünie  im  gewicht  einer  vollen  mine  je  gegeben.  *  vielmehr  ist 
es  eine  goldmttnze,  welche  der  mine  silbers  entspricht,  und  zwar 
keine  andere  als  das  Ptolemftische  oktadrachmon  *«  27,84  gr.,  wel- 
ches fast  genau  dem  gewichte  von  3V3  vojiicfiaTa  der  ersten  kaiser- 
zeit  »>  V|2  pfand  «s  27,29  gr.  entspricht. 

Im  sinne  des  h.  Maximus  ist  nun  freilich  das  vö|iic|ia  der  solidus 
Conaiantins  «»  V72  P^und;  aber  es  ist  leicht  nachzuweisen,  dasz  seine 
angäbe  anf  einer  weit  altem  tradition  beruht,  denn  seit  Tiberius 
worden  die  ägyptischen  tetradrachmen  mit  starker  legierung  ausge- 
bracht und  in  ihrem  werte  dem  römischen  denar  gleichgestellt,  also 
anf  ^,  ^  des  frühem  wertes  herabgesetzt,  allein  die  tradition  über  den 
dprupoik,  der  gleich  einer  mine  war,  setzt  noch  die  reine  silber- 
wShrimg  voraus,  iät  also  in  einer  zeit  entstanden,  wo  silberne  tetra- 
drachmen noch  im  Umlauf  waren  und  nach  der  münze  des  herschen- 
den  Volkes  in  ihrem  werte  bestimmt  wurden,  nun  ist  von  Mommsen' 
nachgewiesen  worden,  dasz  in  der  römischen  provinz  Syrien  die  tetra- 
drachmen des  stfidtbchen  oder  tyrischen  fuszes,  welcher  dem  Ptole- 
müadien  gleich  war,  zusammengeworfen  wurden  mit  den  tetra- 
drachmen des  herabgegangenen  attischen  fuszes  der  Seleukidenprä- 
gnng,  dasz  beide  arten  von  tetradrachmen  im  gewichte  zu  vier  römi- 
schen denaren,  im  werte  aber  nur  zu  drei  donaren  gerechnet  wurden, 
endlich  dasz  bis  zu  Vespasians  zeit  das  silber  ohne  merkliche  legie- 
rung ausgebracht  wurde,  das  alles  finden  wir  in  der  Überlieferung 
bei  Maximus  wieder,  die  mine  silbers  wird  zu  100  bn^cipict  be- 
stimmt, weil  sie  100  tyrische  oder  Ptolemäische  drachmen  silbers 
hilt,  ihrem  werte  nach  aber  wird  sie  auf  S^s  aurei  oder  83  V3  denare, 
mithin  das  tetradrachmen  auf  3^3  denare  festgesetzt,  letzteres  ist 
tielleicht  das  genauere  Verhältnis  statt  der  eben  erwähnten  gleichung 
des  tetradrachmon  mit  3  denaren. 

Kehren  wir  nun  nach  Aegypten  zurück,  so  finden  wir  seit 
Tiberius  den  römischen  aureus  als  oberste  münzeinheit.  auf  den- 
selben gehen  25  römische  denare  oder  25  ägyptische  tetradrachmen. 

*  AUS  dem  fragment  des  h.  Maximus  ist  ersichtlicbf  dasz  der  preis, 
cm  welchen  Jesos  Christas  von  Judas  verrathen  wurde,  als  ein  möf?- 
Kchft  bober  erscheinen  soll,  daher  werden  aus  den  TpidKovra  dpT^pia 
Matth.  26,  16;  27,  8.  6.  6.  9,  dh.  30  hebräischen  shekeln  silbers  (Zach. 
U,  12  tu  dreiszig  minen  Ptoleraäischen  oder  lyrischen  Silbergeldes  ge- 
macbt  ond  diese  auf  100  römische  aurei  reduciert.  *  ORM.  s.  38. 
714  ff.,  trad.  HIacas  I  46  f.  III  319  ff.  —  F^an^ois  Lenormant  Ma  monnaie 
daas  Tantiquit^*  I  203  ff.  berührt  ebenfalls  diese  Verhältnisse,  jedoch 
baoptaücbiich  mit  rücksicht  auf  die  spätere  verschlechteruof^  der  pro- 
viacialen  syrischen  und  ägyptischen  münze. 


30  FHultsch:  der  denar  DiocletianB. 

letztere  sind  aus  billon  geprägt  und  insofern  minderwertig  gegen- 
über dem  reinen  silber;  aber  sie  behalten  ihren  relativen  wert  gegen- 
über dem  knpfer.  noch  immer  werden  60  kupferdraohmen  auf  die 
drachme  Silbers,  also  240  auf  das  tetradrachmon,  6000  auf  den  aorens 
gerechnet. 

Als  mit  dem  verfall  des  römischen  münzwesens  auch  in  der 
reichsprägung  die  silbermünze  mit  immer  grOszerer  l^fierong  aas- 
gebracht wnrde,  bis  sie  endlich  von  der  kupfermünze  factisdh  sich 
nicht  mehr  unterschied ,  versuchten  Caracalla  und  seine  nachfolger 
durch  eine  neue  creditmünze,  den  argentens,  sich  zu  helfen,  deren 
entstehung  am  leichtesten  sich  erklärt  durch  vergleich  mit  dem  ägyp- 
tischen tetradrachmon,  nur  dasz  sie  als  reichsmünze,  trotz  des  min- 
dern gewichtes,  günstiger  tarifiert  war  als  jenes  provincialgeld,  nem- 
lich  als  20r  oder  wenigstens  als  21r  teil  des  aureus  (metroLs.  242). 

Alle  diese  Verhältnisse  sind  von  Diodetian  bei  seiner  neuen 
münzordnnng  berücksichtigt  worden,  es  ist  genügend  bekannt,  dasz 
der  einzige  ausweg  aus  den  entsetzlichen  münzwirren  herauszukom- 
men darin  bestand ,  dasz  das  goldpfund  als  oberste  und  unabänder- 
liche einheit  eingesetzt  wurde,  diese  einheit  teilte  Diocletian  anfangs 
in  siebzigstel,  näherte  sich  also  dem  fusze,  welcher  bald  darauf  durch 
Constantin  zum  bleibenden  wurde;  dann  aber  gab  er  durch  regel- 
mäszige  ausprägung  des  aureus  als  eines  sechzigstel  kund,  dasz  er 
das  im  ganzen  osten  von  alters  her  übliche  sjstem  des  talentes  in 
die  reichsmünze  einführe,  der  weiszkupfeme  denar  konnte  nun  we- 
der anerkannt  werden  als  der  25e  teil  des  aureus,  wie  er  es  als  reine 
silbermünze  gewesen  war,  noch  etwa  als  lOOr  teil  desselben,  vras 
dem  factischen  werte  immer  noch  nicht  entsprach;  er  stieg  also 
herab  zum  werte  eines  obolos.' 

Aus  der  oben  ausgesprochenen  Vermutung,  dasz  der  argenteus 
vielleicht  als  Vi^q  des  aureus  oder  gleich  6  denaren  angesetzt  wor- 
den sei,  entwickelt  sich  im  Zusammenhang  mit  dem  Wertzeichen  XXI| 
welches  auch  auf  Diocletians  gröszeren  weiszkupfermünzen  vor- 
kommt, eine  weitere  combination,  die  freilich  nur  als  ein  versuch 
und  unter  dem  vorbehält,  dasz  der  befand  der  damals  noch  cursieren- 
den  münzen  darauf  hin  zu  prüfen  ist,  vorgetragen  werden  darf,  wenn 
unter  Caracalla  und  seinen  nachfolgem  20  oder  auch  21  argentei 
gleich  25  ägyptischen  tetradrachmen  gegolten  haben,  so  wird  ver- 
mutlich die  XXI  auf  Diocletians  münzen ,  welche  nicht  mehr  als  aus- 
druck  des  sovielten  teiles  des  aureus  gefaszt  werden  kann,  die  bedeu- 
tung  folgender  wertgleichung  haben,    wenn  wirklich  1  argenteus 


*  mit  beoutzang  der  analyse  Sabatiers  bei  Mommten  QRM,  a.  801, 
trad.  Blacas  III  98,  habe  ich  den  metallwert  eines  Diocletianisehen 
weiszkapferstückes  im  gewicht  Ton  2,5  gr.  annähernd  bestimmt  anf 
0,09  gr.  Silber,  dh. ,  dem  damals  üblichen  Wertverhältnisse  nach,  auf 
0,0066  gr.  goldas.  dies  also  der  wahrscheinliche  metallwert  des  denart, 
womit  sein  münswert  als  36000r  teil  des  goldpfandes  o.  0,0091  gr,  gol- 
des  recht  wo!  stimmt. 


FHnltsch:  der  denar  Diocleüans.  31 

Diocletiajis  gleich  6  denaren  ist  und  21  argentei  gleich  25  tetra- 
dnduDen  stehen,  so  sind  126  denare  gleich  100  drachmen,  was  doch 
wol  der  aasdrnck  des  ronden  Verhältnisses  125 :  100—5:4  ist.  wir 
würden  also  eine  rechnungsdrachme  erhalten,  welche  zu  dem  Diode- 
tianisehen  denar  wie  5:4  steht,  und  dazu  ein  tetradrachmon  zu 
suchen  faahen,  welches  trotz  aller  legierung  in  seinem  metallwert 
einen  merklichen  vorsprang  hatfce  vor  5  denaren,  mit  denen  es  officiell 
geliehen  wurde. 

Bald  nach  Diocletian  ist  auch  der  ansatz  des  denars  zu  V^q  aureus 
ab  noch  zu  günstig  erschienen:  denn  nachdem  die  goldmttnze  durch 
CoBstantin  definitiv  auf  V72  P^^^^  festgesetzt  war,  kehrte  man  zu- 
rOdc  zu  der  alten,  ans  Aegypten  in  das  römische  provincialsjstem 
berübergenonmienen  Ordnung,  wonach  der  aureus  selbst  als  talent 
galt  nnd  in  6000  kupferdracbmen,  dh.  nun  denare  zerfieL^ 

Betrachten  wir  zum  Schlüsse  noch  in  kurzem  Oberblick  die  ab- 
ftoluBgen,  nach  welchen  die  entwertung  des  denars  sich  vollzog. 
lach  der  mOnsordnung  der  ersten  kaiserzeit  giengen  40  aurei  oder 
1000  denare  auf  das  pfund  goldes.  in  der  epocheder  münzverschlech- 
tenmg  sinkt  der  aureus,  so  lange  er  überhaupt  noch  nach  fester  regel 
SBSgeprftgt  wird,  auf  V&o  ^^^  pfundes,  mithin  erfüllen  erst  1250  de- 
nare der  mflnzordnung  gemftsz  den  wert  des  goldpfundes.  in  Wirk- 
lichkeit aber  sinkt  der  metallwert  des  denars  in  so  jähem  falle,  dasz 
aadi  Diodetians  Ordnung  erst  36000  denare  einem  goldpfund  ent- 
sprechen; endlich  nach  der  noch  spätem  tarifierang,  wonach  der 
solidos  als  talent  gilt ,  erst  432000  denare.  der  denar  Diodetians 
steüte  abo  nur  '/ss  ^^  ursprünglichen  wertes  dar,  und  wurde  wei- 
ter auf  '/12  des  Diocletianiscben  wertes  erniedrigt,  als  man  den  soli- 
dui  als  taJent  rechnete. 

Die  später  noch  fortgesetzte  devalvierung  des  denars  zu  ver- 
folgen liegt  dem  zwecke  dieser  abbandlung  fern. 

^  Mommien  GRM.  s.  840  ff.,  trad.  Blacas  III  164.  167  ff.,  Marqaardt 
rom.  itaaUTerwaltQDf^  II  44,  index  zu  den  metrol.  Script,  unter  rdXav- 
Tov  nr.  21. 

DnssDEN.  Friedrich  Hultsch. 


5. 

ZU  CICEROS  REDE  DE  IMPERIO  CN.  POMPEL 


13^  37  cestra  culmurmuraiio  facU,  Quirites,  tU  agnoscere  videami- 
m  qui  haec  fecerint:  ego  auiem  fwmino  neminem  ]  quare  irasci  mihi 
fWMO  poUrit^  nisi  qui  ante  de  se  voluerU  confiteri.  hier  ist  es  mir  un- 
m^^lich  dem  gedanken  des  letzten  satzes,  dasz  ihm  (Cicero),  weil  er 
keinen  namen  nenne,  niemand  werde  zürnen  können  ^auszer  wer 
vorher  ein  bekenntnis  der  eigenen  schuld  ablegen  wolle',  einen 
irgendwie  erträglichen  sinn  abzugewinnen,     denn  ante  musz  doch 


32      E ARichter:  zu  Ciceros  rede  de  imperio  Cn.  Pompei  [13,  87]. 

zu  confUeri  hezogen  werden ^  und  zwar  schon  deshalb  weil  es,  mit 
volAAerU  yerbunden,  die  bereits  durch  das  fut.  ex.  zum  ausdruck  ge- 
langende relative  Vergangenheit  (das  veUe  gegenüber  dem  ira9ci) 
nochmals  und,  da  zu  deren  hervorhebung  ni(^t  der  geringste  gmnd 
vorhanden,  völlig  überflüssig  nochmals  bezeichnen  würde,  und  wenn 
man  auch  annehmen  wollte,  Cicero  hätte  sich  ja  diesen  luzus  ge- 
statten können,  so  steht  doch  dem  der  umstand  entgegen,  dasz  er 
hierdurch  nur  die  ohnehin  am  nächsten  liegende,  aber  in  diesem  lalle 
natürlich  irrtümliche  beziehung  von  ante  zu  confiteri  seitens  der 
hörer  und  leser  herbeigeführt  haben  würde. 

Diesen  nachweis  der  unthunlichkeit  ante  mit  völuerit  zu  ver- 
binden würde  ich  als  im  gründe  unnötig  unterlassen  haben ,  wenn 
nicht  die  unter  diesen  umständen  allein  noch  übrig  bleibende  mög- 
lichkeit  der  beziehung  von  ante  zu  confiteri  ebenfalls  und  zwar  ans 
sachlichen  gründen  ausgeschlossen  wäre,  denn  wie  in  aller  weit 
kann  und  warum  soll  die  möglichkeit  des  irasci  von  der  absieht 
eines  —  dem  irasci  —  vorausgehenden  geständnisses  der  eignen 
schuld  abhängig  gemacht  werden?  und  wann  und  vor  wem  sollte 
es  abgelegt  werden  ?  etwa  vor  der  volksversamlung  und  vielleicht 
unmittelbar  nach  der  rede  Ciceros,  damit  wenigstens  dann  eventuell 
das  irasci  beginnen  könnte?  dagegen  entsteht  ein  ganz  vortreflf- 
lieber  oder  vielmehr  der  einzig  mögliche  sinn,  den  die  stelle  meines 
erachtens  haben  kann,  wenn  wir  uns  ante  hinwegdenken,  denn  dann 
sagt  Cicero:  'wer  mir  wegen  der  von  mir  ganz  allgemein  ausge- 
sprochenen anklagen  zürnt ,  wird  dies  nicht  thun  können  ohne  eben 
dadurch  zu  zeigen,  dasz  er  sich  getroffen  fühlt,  und  insofern  wird 
sein  zürnen  das  bekenntnis  der  eigenen  schuld  in  sich  schlieszen. 
wer  also  dies  letztere  will,  der  wird  mir  zürnen  können;  wer  es  aber 
nicht  will  —  und  die  worte  Ciceros  sollen  natürlich  eine  mahnung 
an  die  betreffenden  sein ,  ihn  seine  äuszerungen  nicht  entgelten  lu 
lassen  —  der  musz  und  wird  vernünftiger  weise  das  irasci  bleiben 
lassen.'  von  einem  ante  confiteri  (vor  dem  irasci)  kann  also  so  wenig 
die  rede  sein,  dasz  vielmehr  das  confiteri  sich  als  eine  wenn  auch  fast 
gleichzeitig  eintretende  folge  des  irasci  darstellt,  nichtsdesto- 
weniger würde  es  ein  durchaus  unkritisches  verfahren  sein,  durch 
Streichung  des  ante  diesen  notwendigen  und,  wie  gesagt,  allein  mög- 
lichen sinn  gewinnen  bzw.  wiederherstellen  zu  wollen,  wol  aber 
bin  ich  überzeugt,  dasz  ante  corrumpiert  ist  und  dasz  Cicero  ge- 
schrieben hat:  nisi  qui  aperte  de  se  völuerit  confiteri,  dieses  aperte 
alteriert  den  von  uns  geforderten  gedanken  in  keiner  weise ,  ver- 
schärft aber  höchst  passend  den  begriff  des  con/^eri  und  würde  deutsch 
etwa  wiedergegeben  werden  können:  'auszer  wer  geradezu  ein  be- 
kenntnis der  eigenen  schuld  ablegen  will.'  dieselbe  Verbindung  findet 
sich  bei  Cicero  epist.  V  2,  2  me  abs  te  cupisse  latidari  aperte  atque 
ingenue  confitehar. 

Altenburo.  Ernst  Albert  Riohteb. 


EPetenen:  anz.  v.  Autgrabiingen  zu  Oljmpia.  III.  33 

6. 

DDB  AU80RABUHQEN  ZU  OLTIIPIA.  III.  ÜBERSICHT  DER  ARBEITEN  UND 
rUXDS  VOM  WINTER  UND  FRÜHJAHR  1877—1878.  XXXVIII  TAFELN. 
HEEAU8QBOEBEN  VON  £.  CURTIUS,  F.  AdLER  UND  6.  TbEU. 

Berlin,  6.  Wasmiitli.    1879.   gr.  folio. 

Bllstig  schreitet  die  grosze  arbeit  fort :  die  fdnfte,  voraussicht- 
lidi  letzte  ansgrabnngscampagne  hat  ihren  anfang  genommen,  die 
resolute  der  dritten,  vom  In  october  1877  bis  zum  In  juni  1878 
dauemden ,  gibt  der  vorliegende ,  vor  kurzem  erschienene  band  in 
gewohnter  weise  dem  publicnm  kund,  mag  auch  der  mit  der  zahl 
der  tafeln  steigende  preis  der  bände  einiges  bedenken  erregen  — 
alle  fOnf ,  doch  nur  eine  vorläufige  publication ,  werden  schwerlich 
weniger  als  400  mark  kosten  —  so  ist  doch  anderseits  das  verlangen 
Ton  den  wichtigsten  resultaten  jedes  Jahres  möglichst  bald  zuver- 
lässige künde  zu  erhalten  zu  grosz ,  als  dasz  man  nicht  dankbar  das 
gebotene  hinnehmen  sollte. 

Hatte  der  erste  Jahrgang  auf  31  photographischen  tafeln  mit 
einem  sitoationsplan  und  einer  inschriftentafel  auszer  der  die  ganze 
reihe  von  entdeckungen  so  schön  und  glückverheiszend  eröffnenden 
Nike  des  Paionios  nur  stücke  aus  dem  ostgiebel  vorgeführt,  dazu 
die  besser  ab  irgend  eine  andere  erhaltene  Atlasmetope ,  so  bot  die 
zweite  anf  31  photographischen  mit  4  lithographischen  tafeln  zu- 
nächst ergänzungen  des  ostgiebels ,  dergestalt  dasz  schon  alle  von 
Pausanias  aufgezählte  figuren  vertreten  waren,   sodann  vom  west- 
giebel  schon  so  viel,  dasz  ein  im  aUgemeinen  gehaltener  vergleich 
beider  compositionen  sich  anstellen  liesz.    derselbe  konnte  den  ge- 
gensatz  feierlicher  rohe  im  östlichen,  leidenschaftlicher  bewegung  im 
westlichen  giebel,  den  man  schon  aus  der  beschreibung  des  Pau- 
sanias erfaszt  hatte,  nur  bestätigen,  und  geteuscht  durch  die  gewal- 
tige bewegung  des  Kentaurenkampfes  konnte   man  auch  an  der 
andern  annähme  von  früher,  dasz  der  westgiebel  viel  weniger  sym- 
metrisch componiert  sei,  noch  festhalten,    gewaltig  war  im  zweiten 
)ihre  auch  der  fortschritt  welchen  die  aufdeckung  des  alten  bodens 
mit  seinen  bauten  gemacht,    der  situationsplan  der  ersten  publi- 
cttion  zeigte  nur  das  grabungsfeld  vor  der  grabung  selbst,  aber  auch 
der  bericht  konnte  nur  von  einer  noch  unvollständigen  aufklärung 
des  Zeustempels  und  des  nördlich,  östlich  und  südlich  angrenzenden 
gebietes  melden,    in  der  zweiten  campagne  sehen  wir  dann  durch 
ein  System  stralenartig  vorzüglich  gegen  norden  gerichteter  graben 
ichon  die  thesaurenterrasse ,  die  exedra  des  Herodes  Attikos,  das 
Heraion  mit  dem  Hermes  des  Praxiteles  entdeckt,  dessen  publication 
freilich  noch  verschoben  wurde,  endlich  gegen  westen  wiederentdeckt 
die  schon  durch  die  Franzosen  bekannte  byzantinische  kirche,  ent- 
deckungen die   zum  groszen  teil  erst  in  der  dritten  campagne  zu 
ende  geführt  werden  konnten,  so  dasz  eine  gleiche  fülle  ganz  neuer 
fluide  wie  in  der  zweiten  campagne  von  der  dritten  von  vorn  herein 

IsKr^ieher  f^r  clats.  philol.  ISM  hft.  1.  3 


34  {EPetersen:  anz.  y.  Ausgrabungen  zu  Olympia.  III. 

unwahrscheinlich  war.    erst  die  vierte  hat  in  dieser  beziehung  mit 
der  zweiten  wetteifern  kOnnen. 

Im  texte  nun  der  dritten ,  vorliegenden  publication  findet  sieb 
ein  kurzer  gesamtbericht  von  Curtius.  Treu  hat  die  photographi- 
schen tafeln  erläutert:  I — Y  ansichten  der  am  fusz  des  Eronion  in 
zusammenhängender  reihe  sich  hinziehenden  baureste;  VI — IX  den 
Hermes  des  Praxiteles,  darunter  zwei  blätter  kaum  hinlänglich  ver- 
schieden in  der  ansieht,  um  eine  doppelte  aufnähme  zu  rechtfertigen;, 
vorzttglich  gut  aber  und  auch  durch  einen  gipsabgusz  nicht  ganz  zu 
ersetzen  die  Vorderansicht  des  kopfes  IX  ^;  sodann  X — XYI  figuren* 
teile  aus  dem  westgiebel,  dazu  XXVI — XXIX  restaurationsversuchey 
während  der  ostgiebel  wie  die  metopen  diesmal  leer  ausgehen  f 
XVil — XXI*  andere  sculpturen  meist  aus  römischer  zeit,  XXI ^ 
terracotten  und  XXVarchitecturstücke  sind  vertauscht,  ÄüLLi — XXTV 
archaische  bronzen,  der  auf  ganz  neuen  aufnahmen  von  DOrpfeld 
beruhende  situationsplan  XXIX — XXX  sowie  die  architektonischen 
tafeln  zum  Zeustempel,  Heraion,  Philippeion,  zu  der  byzantinischen 
kirche  und  ihrem  antiken  unterbau,  zu  der  exedra  des  Herodes,  end- 
lich zum  Metroon,  zu  einem  der  thesauren  und  dem  südwestthor  der 
Altis  XXXI — XXXV  haben  ihren  commentar  von  Adler  erhalten. 

Der  situationsplan,  verglichen  mit  dem  des  vorhergehenden 
Jahres  Ausgrab.  II  32^  zeigt,  wie  die  an  und  in  den  Zeustempel  an* 
gebaute  mittelalterliche  befestigung  verschwunden,  dagegen  slldlich, 
westlich  und  östlich  die  mehr  oder  weniger  sichern  reste  der  Um- 
fassungsmauern der  Altis  zu  tage  getreten  sind,  und  diese  selbst  in 
ihrem  bedeutendem  westlichen  teile  in  vier  von  sttd  nach  nord 
hinter  einander  liegende  terrassen  sich  scheidet,  deren  unterste,  im 
Westen  durch  ein  vierseuliges  thor  geöfi&iet,  noch  leer  erscheint  von 
erheblichen  funden.  auf  der  zweiten  liegt  der  Zeustempel,  jetzt 
von  allem  spätem  einbau  gesäubert,  so  dasz  sowol  material  und 
einrichtung  des  unterbans  als  auch  die  spuren  der  das  Pheidiassischa 
tempelbild  umgebenden  schranken  deutlich  geworden,  dieselben 
sonderten  die  Seitenschiffe  ab,  lieszen  aber  auch  hinter  dem  bilde 
einen  Umgang  frei,  auf  welchem  man  vornehmlich  den  bildlichen 
schmuck  auf  der  rückseite  des  thrones  in  augenschein  nehmen  konnte, 
vor  dem  bilde  scheinen  die  schranken  zwischen  den  je  dritten  seulen 
der  Seitenhallen  von  westen  her  gelegen  zu  haben,  so  dasz  der  bild- 
raum  und  also  wol  auch  der  thronbau  einen,  wie  aus  der  anordnung 
des  bildwerks  geschlossen  wurde,  ungefähr  quadratischen  grundrisz 
gehabt  hat.  doch  scheint  ähnlich  wie  im  Parthenon  vor  jenem  ein* 
gegitterten  räume  noch  ein  zweiter,  abermals  ungefähr  von  quadra- 
tischer grundfläche  gelegen  zu  haben,  auch  der  zutritt  zu  den  Seiten- 
schiffen und  jenem  Umgang  um  das  bild  war  nicht  ohne  weiteres  frei 
gegeben,  sondern  durch  thtiren  je  bei  der  zweiten  seule  von  osten 
gesperrt. 

Von  den  einundzwanzig  Schilden,  von  Mummius  geweiht,  wird 
zehn,  wie  früher,  auf  den  metopen  der  Ostfront  ihr  platz  gegeben. 


EPetenen:  ans.  y.  AnBgrabnogen  zu  Olympia.  IIL  35 


den  abrigen  elf  aber  statt  auf  den  ostepistylien,  jetzt  auf  den  me- 
topen  der  sAdseite,  auf  gmnd  einer  sehr  deutlichen  spur  auf  der 
achten  sfldmetope  von  osten  her  gezählt,  doch  war  ja  in  den  Aus- 
grabungen U  s.  15  nicht  blosz  das  behauptet  worden,  dasz  *auf 
keinem  der  zahlreichen  metopenblöcke  im  sttden  und  nordwesten 
UmHehe  spuren  Oberliefert',  sondern  auch  dasz  auf  der  ostseite 
ansxer  aof  den  yier  bis  ftlnf  metopenblöcken  auch  auf  zwei  epistjl- 
bradiatfioken  eine  gleiche  beobachtung  gemacht  worden  sei.  man 
hüte  gewünscht  diesen  umstand  aufs  neue  in  erwftgung  gezogen 
xa  sehen. 

Von  weitergehender  bedeutung  ist  die  aus  genauer  nachmessung 
und  rechnung  DGrpfelds  hervorgehende  thatsache ,  dasz  den  maszen 
dee  Zeustempels  —  ob  auch  des  Heraion,  steht  noch  dahin  —  ein 
anderes  foszmasz  zu  gründe  liegt  als  man  bisher  angenommen  hatte, 
ein  foss  nemlich  yon  m.  0,3206—0,3210. 

Ein  aofklftrungsgraben  yon  der  Zeustempelterrasse  gegen  osten 
nnd  dann  sfldosten  gezogen  schneidet  auszerhalb  der  Altismauer 
einige  noch  nicht  näher  bestimmte  bauten^  während  ein  zwischen 
den  beiden  nordgräben  nach  nordost  gezogener  diagonalgraben  teile, 
wie  man  vermutet,  des  groszen  altars  bloszgelegt  hat.  vom  Pelo- 
piott,  das,  wie  die  vierte  campagne  gezeigt,  durch  einen  eigentüm- 
lichen znfall  sich  der  entdeckung  entzogen  hatte,  erscheint  noch 
nidita.  die  bedeutendste  aufklärung  hat  aber  die  dritte  terrasse,  auf 
weldier  das  Heraion  schon  früher  grOstenteils  bloszgelegt  war ,  und 
die  vierte  oberste  erfahren,  welche  dem  südfusz  des  Kronionhügels, 
sich  östlich  verbreiternd,  vorgelegt  ist,  und  auf  welcher  der  vorige  si- 
tuationsplan schon  die  exedra  des  Herodes  Attikos  und  die  funda- 
mente  von  ein  paar  schatzhäusem  aufweist. 

Von  gröstem  interesse  sind  wegen  der  altertümlicbkeit  des  baus 
die  ersten  genaueren  mitteilungen  über  das  Heraion,  von  dessen 
eigentümlichkeiten  früher  nur  die  grosze  länge  des  grundplanes  und 
die  manigfaltigkeit  der  seulenbildung  bekannt  war.  bemerkenswert 
find  schon  die  zwei  (nicht  drei)  stufen  des  unterbaue ,  sodann  dasz 
der  Zugang  zur  ringhalle  nicht  östlich  vor  der  hauptthür  lag ,  son- 
dern südlich  vor  den  beiden  äuszersten  seulenweiten  östlich  und 
westlich  angelegt  war,  erhalten  nur  östlich,  und  zwar  hier  schief 
Torgelegt.  und  doch  ist  gleich  der  Südseite  auch  die  Ostfront ,  wie 
die  Standspuren,  noch  vorhandene  basen,  endlich  kleine  aushölungen 
der  seulenschäfle  beweisen,  durch  zahlreichere  anathemata  aus- 
gezeichnet, aus  der  läge  des  tempels  in  der  nordwestecke  der  Altis, 
80  dasz  eben  nur  die  süd-  und  ostseite  freier  den  blicken  sich  dar- 
bot, erklärt  sich  dies  leicht,  auch  in  der  seulenstellung  wäre  nach 
dem  text  in  süd,  ost  und  west  gröszere  Sorgfalt  aufgewandt  als  auf 
da*  nordseite.  doch  will  sich  damit  der  grundrisz  auf  tf.  XXXIII 
nicht  recht  reimen,  denn  hier  sind  auf  der  Südseite  so  wenig  wie 
Ulf  der  nordseite,  ja  dort  noch  weniger  als  hier,  die  seulen  regel- 
Aiftzig  gestellt,  weder  so  dasz  die  peripherien,  noch  so  dasz  die  axen 


36  EPetersen:  anz.  v.  Ausgrabungen  zu  Olympia.  III. 

in  gleichem  abstand  von  der  stjlobatkante  stehen:  solche  regel* 
mäszigkeit  weist  nur  ost  und  west  auf.  und  wenn  s.  27  als  weiterer 
beleg  für  die  Vernachlässigung  der  nordseite  angeftlhrt  wird :  'man 
hat  an  dieser  seite  es  nicht  einmal  für  nötig  befunden  die  beiden  eck- 
zwischenweiten  wesentlich  kleiner  zu  machen  als  die  andern',  so 
trifiPt  auch  dies  nur  bei  der  östlichen,  nicht  aber  bei  der  westlidien 
eckzwischenweite  zu. 

Die  Verschiedenheit  der  Beulen  wird  gut  veranschaulicht  durdi 
die  Zusammenstellung  der  einzigen  sechzehnfurchigen  mit  einer  der 
zwanzigfurchigen  seulen,  wobei  allerdings  sofort  aus  der  starken 
Verjüngung  und  entasis  sowol  des  Schaftes  wie  des  echinos  daa 
gröszere  alter  der  erstem  erhellt,  wie  sich  diese  und  die  übrigen 
starken  Verschiedenheiten  der  capitelle,  von  denen  die  acht  am  besten 
meszbaren  auf  tf.  XXXIV  in  gröszerm  maszstab  abgebildet  sind,  er- 
klären, ob  durch  lange  dauer  der  bauzeit,  ob  durch  wiederholte 
restaurationeui  ob  durch  verschiedene  Schulung  der  gleichzeitig  ver- 
wendeten arbeiter,  darüber  ist  noch  nichts  ausgesprochen,  und  in 
der  that  will  keine  jener  annahmen  recht  befriedigen. 

Während  am  Zeustempel  nur  der  pronaos  gitterverschlusz  hatte, 
sind  im  Heraion  nur  im  opisthodomos ,  in  dem  freilich  auszer  der 
Ejpseloslade  wol  auch  noch  die  anderen  bei  Pausanias  Y  20  genann- 
ten anathemata  standen,  die  spuren  solcher  Vergitterung  gründen, 
und  hier  nur  im  mittlem  intercolumnium,  während  nur  im  pronaos 
sich  ziemlich  sjrmmetrische  spuren  von  aufstellungen  noch  heute 
zeigen,  allerdings  lassen  dieselben  auf  minder  leicht  verrückbare 
gegenstände  schlieszen.  die  etwas  gröszere  tiefe  des  opisthodomos 
gegenüber  dem  pronaos,  durch  das  umgekehrte  Verhältnis  der  vor- 
liegenden seulenhallen  ausgeglichen,  hängt  schwerlich  mit  jener 
verschiedenartigen  benutzung  zusammen,  dasz  die  Standspuren  der 
beiden  opisthodomseulen  verwischt  sind,  ist  in  der  that  zu  bedauern, 
weniger  freilich  weil  so  nicht  mehr  zu  constatieren,  wo  die  von  Paa- 
sanias  erwähnte  holzseule  gestanden,  als  weil  sonst  vielleicht  zu  er- 
kennen wäre,  ob  jene  holzseule  ursprünglich,  ob  sie  nach  der  ge- 
wöhnlichen ,  mir  schon  wegen  des  Schweigens  des  Pausanias  nicht 
sehr  wahrscheinlichen  meinung  eine  ehrwürdige  reliquie  des  stif- 
tungsbaus  oder  etwa  ein  späterer  notbehelf  war.  auch  die  aus  tech- 
nischen gründen  wahrscheinlich  befundene  holzverkleidung  der 
anten  des  vorder-  wie  hinterhauses  scheint  der  annähme  ursprüng- 
licher einfügung  einer  holzseule  noch  nicht  das  wort  zu  reden. 

Die  ursprüngliche  dreiteilung  der  cella  des  Heraion  durch  swei 
innere  seulenreihen  ist  zunächst  durch  die  fundamente  gewährleistet, 
die  Standspuren  von  jederseits  acht  seulen,  zu  etwa  m.  0,88  dicke, 
lassen  bei  solcher  weitseuligkeit  nach  Adler  nur  an  ionische  seulen 
denken ;  auch  seien  drinnen  ionische  capitelle,  allerdings  von  späterer 
arbeit  gefunden :  so  sei  denn  wol  ein  späterer  umbau  anzunehmen, 
durch  welchen  der  ursprünglich  dorische  innenbau  mit  obergesohoss, 
von  welchem  in  der  nähe  gefundene  dorische  capitelle  passender 


EPetenen:  anz.  y.  Aosgrabimgen  zu  Oljmpia.  UL  37 

grStie  und  arbeit  herzurtthren  schienen^  beseitigt  worden  sei.  leider 
ist  TOD  diesen  ionischen  und  dorischen  capitellen  nichts  abgebildet, 
und  bei  mangelnder  anschauang  erlaube  ich  mir  dem  techniker  ge- 
genflber  nm  so  weniger  abzusprechen,  wage  nur  die  frage,  ob  es 
wahrscheinlich,  dasz  die  wol  bemerkte  bindung  des  innenbaus  mit 
dem  aassenbau  erst  durch  spätere  ftnderung  hergestellt  sei,  und  dasz 
man  die  durch  den  umbau  beseitigten  baustttcke  in  der  nähe  —  dh. 
dodi  wol  in  der  Altis  —  habe  liegen  lassen,  femer  ist  ja  im  hinter- 
gmnde  des  mittelschiffes  die  freilich  ihrer  bekleidung  beraubte  basis 
der  tempelbilder  noch  vorhanden,  die  bedeutende  breite  derselben, 
nahezu  das  dreifache  der  tiefe,  zeigt  einmal,  dasz  wir  allerdings 
kaum  weniger  als  drei  götterbilder  annehmen  dürfen,  selbst  wenn 
wir  griechischer  anschauung  gemäsz  neben  Hera  auch  Zeus  sitzend 
denken,  woftür  auch  das  spricht,  dasz  das  Trap^cniKC  des  Tansanias 
T 17, 1  wegen  der  ausdrücklichen  hervorhebung  der  bärtigkeit  wahr- 
•efaeinlich  von  einem  andern  als  Zeus  gesagt  wird,  die  breite  der 
baaia  zeigt  aber  auszerdem  unverkennbar ,  dasz  sie  jederseits  an  die 
senlen  anstiesz ;  wenn  man  also  nicht  etwa  auch  die  basis  in  späterer 
seit  weiter  von  der  wand  abgerückt  denkt ,  wird  man  immer  auf 
einen  beträchtlichen  abstand  der  ersten  seulen  von  der  westwand, 
nnd  damit  auf  beträchtliche  seulenweite  überhaupt  geführt,  endlich 
würde  man  den  umbau  des  innem,  wie  das  Adler  thut,  jedenÜEills 
vor  Pansanias  zeit  setzen  müssen,  denn  es  scheint,  dasz  die  von  ihm 
in  der  cella  vor  dem  Hermes  und  der  Aphrodite  genannten  bildwerke 
angezwungen  in  die  jederseits  vorhandenen  fünf  intercolumnien  zwi- 
sdien  den  cultbildem  und  dem  dritten  rechts  vom  eingang  her,  in 
welchem  bekanntlich  der  Hermes  gefunden  wurde,  sich  einordnen, 
freilich  mit  sehr  ungleicher  raumfüllung,  wofern  nicht  ungleiche 
grOsze  der  figuren  ausgleichend  wirkte,  in  dem  ersten  intercolum- 
mium  nach  den  cultbildem,  deren  basis  ja  jetzt  zwischen  den  ersten 
teulen  westlich  steht,  lq>€lf\c  würden  einerseits  (a)  die  sitzenden 
Hören  mit  ihrer  stehenden  mutter  Tbemis  nap'  auräc  platz  nehmen, 
anderseits  (6)  die  fünf  Hesperiden  mit  Athena  neben  ihnen  (nach 
Pausanias  VI  19,  9);  im  zweiten  a  Eere,  b  Demeter,  beide  sitzend; 
im  dritten  a  ApoÜon,  b  Artemis,  beide  stehend,  denn  wenn 
Pansanias  dort  mutter  und  tochter  einander  änavTiKpu  sitzend, 
hier  den  bruder  der  schwester  ^vavrioc  stehend  nennt ,  so  scheint 
nur  zweierlei  aufstellung  möglich,  nemlich  entweder  wie  ich  ange- 
nommen habe,  oder  in  dem  einen  intercolumnium  Köre  und  Demeter, 
in  einem  andern  Apollon  und  Artemis ,  je  mit  dem  rücken  gegen 
eine  senle,  mit  dem  gesiebt  gegen  einander  gekehrt,  also  gegen  das 
oittelschiff  sich  im  profil  zeigend,  was  gegen  sinn  und  art  dieser 
gOtterznsammenstellung  zu  verstoszen  scheint,  dasz  Pausanias  wei- 
terhin so  wenig  wie  vorher  das  gegenüberstehen  der  hüben  und 
drüben  aufgestellten  götterbilder,  wie  ich  es  voraussetze,  erwähnt, 
fridirt  sich  einfach  daraus,  dasz  von  allen  übrigen  keine  mehr  in 
solche  beziehnng  gesetzt  werden  wollen  wie  dort  mutter  und  tochter, 


38  EPeterten:  ans.  v.  Aoegprabongen  zn  Oljmpia.  HL 

bruder  und  Schwester,  wol  aber  ist  noch  das  zu  beachten,  dasi, 
wenn  man  nicht  meine,  sondern  die  andere  aafstellang  Tondeht, 
Apollon  bzw.  Artemis  nicht  allein  darch  eine  seule  von  der  matter 
Leto  getrennt  werden,  sondern  derselben  auch  den  rücken  zukehren 
würde,  also  setze  ich  ins  vierte  intercolumnium  a  Leto,  h  Tyohe, 
ins  fünfte  a  Dionysos ,  b  Nike,  nicht  minder  deutlich  scheint  ferner 
doch  auch  Aphrodite  mit  dem  vor  ihr  sitzenden  kinde  ein  gegen- 
stück  zu  Hermes  mit  dem  Dionjsosknaben  zu  bilden,  wie  sdbliesi- 
lich  Eurydike  zu  Olympias  (vgl.  Paus.  V  20,  5).  kaum  wahrschein- 
lich ist  nun  eine  völlige  Umstellung  dieser  gröstenteils  hochalter- 
tümlichen Versandung :  denn  auch  die  früher  anderswo  aufgesteUten 
bilder  der  Hesperiden  und  der  Athena  (Paus.  VI  19,  5)  scheinen 
nach  Pausanias  werten  wenigstens  schon  sehr  früh  an  ihren  nach- 
maligen Standort  versetzt  zu  sein,  da  er  ausdrücklich  hervorhebt, 
dasz  sie  noch  bis  auf  seine  zeit  dort  im  Heraion  sich  befunden  hfttten. 
also  fiele  der  von  Adler  vorausgesetzte  umbau  vor  Pausanias.  nnn 
erwfthnt  Pausanias  allerdings  zweimal  (V  20,  2  und  Y  27,  7)  eine 
restauration  des  tempels,  die  zu  seiner  zeit  stattgefunden,  und  swar 
so,  als  ob  vorher  mindestens  über  ein  halbes  Jahrtausend  hindurch, 
nemlich  seit  jenem  kämpf  in  der  Altis,  keine  solche  vorgefalloi ;  aber 
er  beschränkt  diese  restauration  ausdrücklich  auf  die  herstellong  des 
schadhaft  gewordenen  daches  oder  der  decke  (einmal  dp<Kpoc,  das 
andere  mal  6po9fj). 

Die  exedra  des  Herodes  Attikos  ist  auf  der  obersten  tenrasse 
am  fusz  des  £[ronion  so  angelegt,  dasz  ihre  SW-ecke  fast  mit  der 
NO-ecke  des  Heraion  zusammentrifft,  so  dasz  die  fronten  beider  ban- 
ten  nicht  einen  rechten,  sondern  einen  um  12^  etwa  kleinem  winkel 
bilden,  sei  es,  wie  Adler  vermutet,  aus  rücksicht  auf  einen  hin- 
ter dem  ostflügel  belegenen  altar,  sei  es  aus  oft  bemerkter  abneigong 
gegen  paralleles  oder  rechtwinkliges  zusammenliegen  von  gebftuden. 
durch  den  fund  eines  marmorstiers  mit  der  Inschrift  'P/jflXXa  Wp€ta 
ArjfiiiTpoc  TÖ  fibujp  Kai  rä  ircpl  tö  öbuüp  Ti!ji  Ali  in  Verbindung  mit 
Phüostratos  VS.  II  1,  5  uud  Lukianos  68,  19  ist  das  statnen- 
geschmückte  hemikyklion,  wefehes  jetzt  bestimmt,  wie  früher  ver- 
mutungsweise, eis  einst  überwölbt  bezeichnet  wird,  mit  den  beiden 
achtseuJigen  rundtempelchen  auf  den  ausspringenden  flügeln  nur  als 
einfassung  eines  trinkwasserbassins  erkannt,  zu  nutz  und  frommen 
der  in  der  julisonne  schmachtenden  festversamlung  erbaut. 

Weiter  östlich  nach  jenem  altar,  welcher  wegen  der  naohbar- 
schaft  der  folgenden  bauten  mit  recht  ftür  den  bei  Pausanias  V  14,  7 
erwähnten  der  Kureten  oder  des  thebanischen  Herakles  gehalten  wer- 
den mag,  folgen  durch  läge,  form  und  zahl  mit  Sicherheit  erkannt 
die  reste  der  thesauren.  schlieszt  man  den  hinter  jenem  altar  ge- 
legenen bau  aus,  der  jedenfalls  für  den  ersten  der  thesauren  tu  klein 
ist,  so  bleiben,  wie  Adler  zählt,  zwölf  gebäude  übrig,  es  dürfte  ge- 
wagt sein  die  einzelnen  von  Pausanias  genannten  identifideren  tu 
wollen,  zumal  der  text  des  periegeten  verstümmelt  scheint  und 


EPetenen:  anz.  y.  Ausgrabungen  zn  Olympia.  IIL  39 

nicht  ganz  Bieher  ist,  ob  man  mit  Cnrtius  Peloponnesos  II  63  elf, 
oder  mit  Borsian  geogr.  v.  Griech.  11  296  zehn  zu  zählen  hat.  doch 
di^enigen  der  SeÜnontier  und  Metapontier  möchte  man,  da  Pau- 
BaniaB  diesen,  den  drittletzten,  jenem  npocex^c  nennt,  nach  der  zahl 
vnd  anläge  mit  gemeinsamer  seitenwand  erkennen,  unsicherer  ist  es, 
zumal  wegen  des  im  25n  bericht  (arch.  zeitung  1878  s.  135)  ttber 
neuerdings  noch  gefundene  grundmauem  mitgeteilten,  die  als  dritten 
und  Tierten  znsammengefaszten  in  den  zwei^  ganz  parallel,  mit  der 
froate  in  6iner  flucht  angelegten  zu  erkennen,  und  noch  unsicherer, 
deshalb  und  wegen  eines  kleinen  mauerzugs  1  und  2  auf  dem  plan 
fikr  den  sikjonischen  mit  dem  doppelten  SdXafiOC  zu  halten. 

Sodlich  dicht  unter  der  thesaurenterrasse  (npöc  tQ  xpiiiribi 
Paus.  V  21,  2)  ist  das  sehr  zerstörte  Metroon  verzeichnet,  und  weiter 
öiüieh  in  gleichem  abstände  finden  sich  die  basen  der  von  Pausanias 
Y  21  beschriebenen  Zeusbilder,  welche  aus  Strafgeldern  errichtet 
waren,  genau  der  von  Pausanias  ai\gegebenen  gruppierung  von  sechs 
(ans  ol.  109),  nochmals  sechs  (aus  ol.  112),  sodann  zwei  (aus  ol.  178), 
esdlieh  zwei  zu  beiden  Seiten  des  eingangs  des  Stadion  entsprechend 
wieder,  damit,  wie  auch  durch  die  nachbarschafb  des  letzten  thesau- 
res,  ist  zugleich  jener  eingang  zum  stadion  gefunden  und  bloszgelegt 
die  Ober  die  richtung  des  stadion  im  text  und  auf  dem  plan  vorge- 
tragene Vermutung  ist  mittlerweile  durch  die  entdeckungen  der 
vierten  campagne  beseitigt,  da  nicht  nordsAdlich,  sondern  westöstlich 
dem  abhang  des  Kronion  parallel  sich  die  aufschüttung  für  die  süd- 
lidken  Sitzplätze  fand  (vgl.  den  3 In  bericht,  arch.  zeitung  1879  s.  42). 

In  der  nordwestecke  der  Altis  hinter  dem  Heraion  sind  femer 
die  fnndamente  und  erhebliche  reste  wenigstens  des  auszenbaus  vom 
Philippeion  gefunden,  wie  Pausanias  es  beschreibt,  ein  rundbau  von 
(18)  ionischen  seulen  umgeben. 

Weiter  nördlich  öffiiete  sich  ein  zweites  seulen thor  in  der  Altis- 
maoer,  ohne  zweifei  das  bei  Pausanias  Y  15,  5  genannte,  bei  wel- 
chem noch  innerhalb  der  Altis  das  prytaneion  gelegen  war,  von  dem 
hier  noch  nichts  vorliegt  Pausanias  bezeichnet  das  thor  aber  auch 
sls  Tf|v  ßobov  f\  icTX  ToO  T^iivaclou  TT^pav,  dh.  nach  Mitteil.  d. 
deutschen  arch.  Inst.  11  s.  1  fP.  gegenüber  dem  thore,  durch  einen 
weg  etwa  von  diesem  getrennt,  kaum  berechtigt  dürfte  es  aber  sein, 
die  dort  teilweise  aufgedeckte  quadratische  anläge  mit  quadratischem 
umseultem  hof  im  centrum,  von  gangen  und  abgeteilten  räumen 
rings  umgeben,  nur  als  einen  kleinem  teil  des  gjmnasion  oder  gar 
als  das  kleinere  gjmnasion  zu  bezeichnen,  da  Pausanias  überall 
nur  ein  gjrmnasion  in  Olympia  kennt 

Südlich  vom  gjmnasion,  ein  wenig  weiter  westlich  von  der 
Altiimaaer  gelegen  als  der  Zeustempel  östlich,  findet  sich  in  den 
fitaationsplan  nunmehr  der  antike  unterbau  der  bjzantinischen 
kirche  eingetragen,  ein  bau  dem  eine  etwas  eingehendere  unter- 
ffTsehtmg  gewidmet  ist,  welche  zu  dem  überraschenden  resultat  ge- 
lsagt, das  dies  nichts  anderes  als  das  von  Paus.  Y  15,  1  erwähnte 


40  EPetersen:  anz.  y.  Ausgrabungen  zu  Olympia.  IIL 

otKTiiia  Iktöc  Tf]C  "AXtciuc,  KaXciTai  bi  dpTacTrjpiov  0€iöiou  ge- 
wesen  sein  könne,  gibt  man  aber  auch  alles  was  über  den  antiken 
bau  gesagt  wird,  über  die  höhe  der  mauern,  die  teilung  des  ganzen 
raumes  in  ein  vor-  und  ein  hauptgemach  und  die  teilung  beider 
räume  durch  Beulen  oder  pfeiler  in  je  ein  breites  mittelschiff  mit 
zwei  schmalen  seitenschififen  als  richtig  beobachtet  oder  erschlossen 
zu,  so  wird  man  doch  zunächst  die  behauptung  *dasz  der  bau  sn  den 
ältesten  gehört,  welche  in  Olympia  noch  erhalten  sind'  für  keines- 
wegs begründet  halten*  können.  Masz  derselbe  wegen  seiner  eigen* 
artigen  gestaltung  einem  ganz  singulären  zweck  gedient  haben  musz' 
mag  man  wiederum  zugeben,  aber  die  Übereinstimmung  in  den  maszen 
des  grundplanes  und  in  den  daraus  sich  ergebenden  beleuchtungs- 
Verhältnissen  mit  der  cella  des  Zeustempels  kann  jene  hypothese 
nicht  stützen,  ja  kaum  empfehlen,  gewis  kann  es  den  technisch  meist 
nicht  gebildeten  und  praktisch  nicht  erfahrenen  archäologen  nur  er^ 
wünscht  sein,  die  stimme  eines  technikers  zu  hören;  wenn  aber 
Adler  hier  für  den  goldelfenbeink61o3S  ein  modell  von  gleicher  grösze 
in  einem  räum  von  ähnlicher  beschaffenheit  wie  der  tempel  verlangt, 
und  diesen  räum  solide  hergestellt  sich  denkt,  so  dürfte  das  such 
über  moderne  anforderungen  hinausgehen  und  bei  einer  technik,  die, 
wie  jene  chryselephantine ,  das  werk  von  innen  heraus  schafft ,  am 
wenigsten  notig  sein,  überdies  wiche  die  vermeintliche  Werkstatt  ja 
nicht  allein  durch  die  quermauer,  sondern  namentlich  durch  seitliche 
beleuchtung  von  beiden  Seiten  her,  durch  die  von  Adler  für  antik 
gehaltenen  wandö£fhungen,  bedeutend  von  dem  tempelhause  ab* 
gewis  war  jenes  dpTacTrjpiov,  in  welchem  Pausanias  nichts  nennens- 
wertes auszer  einem  altaör  fand,  ein  weit  bescheidenerer  räum,  wie 
auch  die  mündliche  tradition  in  Olympia  den  meister  nur  die  einzel- 
nen teile,  aber  nicht  eines  modells,  sondern  des  bildes  selbst  dort 
schaffen  liesz.  der  nach  weis  jenes  ^pTacTrjpiQV  war  vor  allem  mit 
topographischen  gründen  zu  führen,  freilidi  ist  die  erwähnung  des- 
selben bei  Pausanias  in  die  leidige  altaraufzählung  verflocht-en ,  und 
der  tezt,  wo  von  jener  Werkstatt  und  dem  Leonidaion  gehandelt  wird, 
besonders  schwierig;  so  viel  scheint  aber  doch  deutlich,  dass  das 
ipTCiCTrjpiov  gegenüber  dem  Leonidaion,  und  dieses  wieder  nur  durch 
eine  gassenbreite  von  dem  haupteingang  der  Altis  getrennt  war,  was 
auf  jenen  bau  augenscheinlich  nicht  zutreffen  kann. ' 

Es  bleibt  noch  die  reconstruction  der  westgiebelgruppe  des 
Zeustempels  zu  besprechen,  die  sich  nur  für  einen  vorläufigen  ver- 
such gibt  und  in  der  that  in  einigen  puncten ,  wie  mich  dr.  Treu 
selbst  gelehrt  hat,  schon  durch  neuere  funde  berichtigt  ist,  die  aber 

*  im  36n  bericht  (arcb.  zeitang  1879  s.  123)  wird  das  Leonidaion  in 
der  tüdostecke  der  Altis  vermatungs weise  angesetzt,  wo  auf  der  gmnd- 
lage  eines  altem  griechischen  bans  die  reste  eines  groszen  wohnhanses 
mit  mehreren  atrien,  sälen,  badezimmern  mit  römischen  manem  ge- 
fanden sind,  damit  scheint  zwar  nicht  Paus.  VI  17, 1,  wol  aber  V  16,  2 
in  widersprach« 


EPeienen:  anz.  v.  Ausgrabungen  zu  Olympia.  III.  41 

in  den  bauptsachen  ohne  zweifei  das  richtige  auf  durchaus  richtigem 
wege  gefunden  hat.  zuerst  werden  die  erhaltenen  figuren  nach  ihren 
masxen,  ihrer  Bewegung  und  composition,  femer  nach  der  art  ihrer 
aiufiümmg ,  besonders  auch  auf  der  rückseite  untersucht ,  um  die 
der  giebehchrftge  sich  anpassende  Zusammenordnung  zu  finden,  und 
nachtrftglich  wird  des  Pausanias  an  sich  so  kurze  und  ungenügende 
bescbreibung  befragt 

Jederseits  von  der  in  ruhiger  majestftt  ragenden  mittelfigur 
stellt  sich  eine  gewaltig  bewegte  gruppe :  ein  Kentaur  der  ein  weib 
ergriffen ;  und  ein  rftchender  Lapithe.  zwar  ist  von  dem  Lapithen 
der  einen  gruppe  bisher  nur  ein  fusz  gefunden,  aber  die  frtlher  noch 
abgeleugnete,  jetzt  ungesucht  sich  ergebende  Symmetrie,  die  in  ihrer 
miechnng  von  freiheit  und  strenge  ein  hauptmoment  für  die  gesamt- 
beorteilung  der  composition  abgeben  wird,  diese  Symmetrie  läszt 
Ton  dem  einen  fusz  nach  Stellung  und  gewandung  auch  für  die  ganze 
figur  auf  fibereinstimmende  haltung  schlieszen.  dem  andern  Lapithen 
4  hat  Treu  jetzt  den  früher  Ausgrab.  11  tf.  IXB  einem  weihe  E*  zu- 
«rteilteii  köpf  gegeben;  wie  mir  scheint  mit  recht,  da  er  nach  masz- 
gftbe  des  jetzt  vorhandenen  keiner  der  vorhandenen  frauen  gehören 
kann,  die  Voraussetzung  ganz  neuer  figuren  aber  keine  wahrschein- 
liehkeit  bat.  die  haartracht  jenes  kopfes  hat  nur  eine  scheinbare 
ibnlicbkeit  mit  derjenigen  an  andern  frauenköpfen  des  giebels ;  in 
Wirklichkeit  steht  sie,  abgesehen  von  der  verschiedenen  ausführung, 
dem  köpf  der  mittelfigur  am  nächsten,  die  edle  gesichtsbildung, 
freilich  von  dem  verzerrten  antlitz  des  Lapithen  G  stark  verschieden, 
halte  ich  durch  die  hervorragende  bedeutung  des  kämpfenden  bei- 
den, des  brftutigams  Peirithoos  selbst,  wie  sich  ergeben  wird,  für 
genfigend  erklärt,  derselbe  fühlt  ja  auch  nicht  wie  jener  G  die  zahne 
des  bestialibchen  gegners,  sondern  in  edlem  zom  schwingt  er  ge- 
waltig und  siegreich  die  waffe,  und  von  solcher  leidenschaft  offen- 
bart auch  seine  stim  die  spur  in  einer  falte,  wie  sie  wol  männer- 
aber  nicht  frauenköpfe  des  giebels  zeigen ,  wenn  man  von  den  alten 
weibem  absieht,  deren  runzeln  aber  wieder  durchaus  verschiedener 
bildung  sind,  die  Unmöglichkeit  unter  dem  ausgestreckten  rechten 
arm  der  mittelfigur  den  hochragenden  Lapithen  unterzubringen,  war 
der  erste  grund  für  Treu  die  früher  angenommene  anordnung  zu 
verlassen  und  HIK  links  (vom  beschauer),  MNO  rechts  von  der 
mittelfigur  zu  stellen,  so  kommt  dann ,  wie  richtig  bemerkt  wird, 
die  durch  ihre  reichere  kleidung  —  und  hier  ist  der  vergleich  des 
ortgiebels  von  Wichtigkeit  —  als  die  braut  charakterisierte  eben  auf 
die  Seite,  wohin  sich  die  mittelfigur  wendet,  die  Pausanias  für 
Peirithoos  hielt,  gewis  irrig,  aber  auch  mit  diesem  irrtum  jene  an- 
ordnung bestätigend,  endlich  nennt  ja  Pausanias  —  und  hier  kommt 
jener  iirtum  nicht  in  betracht,  wol  aber  die  öfter  an  ihm  bemerkte 


'  deren    entfeUlich   Terstümroelten   köpf   brachte  die  vierte   cam- 
pefBe  zu  tage:  vgl.  den  36n  bericht,  arch.  zeitang  1879  s.  121. 


42  EPetersen:  anz.  v.  Ausgrabungen  zu  Olympia.  IIL 

pedantische  genauigkeit  in  der  aufzählung  gereihter  figoren  (vgl. 
Heydemann  im  Hermes  IV  s.  381  und  Loeschcke  in  der  arch.  ztg« 
1876  8.  113,  17)  —  nach  der  6inen  seite  ganz  klar  znnftchst  der 
mittelfigur  den  Kentauren  mit  dem  weihe,  danach  erst  den  Lapithen, 
während  er  auf  der  andern  seite  sich  minder  klar  ausdrttckt,  nnd 
doch  so,  dasz  ich  (kunst  des  Pheidias  s.  344)  aus  seinen  Worten  un- 
gefähr die  richtige  Vorstellung  gewinnen  konnte,  freilich  ist  nun 
die  mittelfigur,  wie  schon  bemerkt,  nicht  Peirithoos,  sondern  ein 
gott,  am  wahrscheinlichsten  Apollon :  es  liegt  auch  hier  wieder  einer 
jener  von  Pausanias  sei  es  selbst  begangenen ,  sei  es  nachgesproche- 
nen Irrtümer  vor,  wie  sie  durch  die  aufgrabung  von  Olympia  mehr* 
fach  erkannt  sind  und  danach  natürlich  auch  anderswo  vorausgesetzt 
werden  dürfen,  die  herabhängende  linke  des  gottee  hat  ohne 
zweifei  ein  abzeichen  desselben  gehalten,  welches  aber^  das  iSszt  die 
bildung  der  band  weder  in  der  vergrOszerten  abbildung  tL  XXVI  bis 
XXVn  1  noch  im  gipsabgusz  leicht  errathen.  die  andere  ebd.  2 — 4 
abgebildete  band,  welche  einen  nicht  ganz  deutlichen  gegenständ  in 
etwas  löslicher  weise,  mehr  mit  den  fingern  als  mit  der  faust  packt, 
ist  in  text  und  abbildung  noch  dem  gott  gegeben;  doch  hat  dr.  Tran 
mittlerweile  eine  flachgestreckte  band'  als  die  rechte  des  gottes  er- 
kannt und  jene  dem  Kentauren  I  zugeteilt,  der  ergriffene  gegen- 
ständ, vermutlich  ein  dem  Lapithen  gehöriger,  wird  damit  noch 
nicht  gerade  deutlicher;  der  gott  aber  wird  von  dem  anstöszigea 
eingreifen  in  die  handlung  befreit.  Peirithoos^  dürfen  wir  nun  füg- 
lich den  Lapithen  H^  nach  Pausanias  Kaineus,  nennen,  der  dordi 
Stellung  und  handlung  dem  gegenüber  genannten  Theseus  noch  ge- 
nauer entspricht,  als  man  erwarten  durfte,  denn  auch  jener  kann  in 
den  beiden  hoch  gehobenen  armen  nicht  wol  eine  andere  waffe  ge- 
schwungen haben  als  das  für  diesen  von  Pausanias  bezeugte  beil. 

Sicher  sind  femer  die  liegenden  weiblichen  eckfiguren,  nymphen 
oder  wie  man  sie  nennen  mag.  es  sei  verstattet  hier  auf  die  merk* 
würdige  Verschiedenheit  der  kopfbildung  an  der  links  liegenden  A 
von  allen  übrigen  erhaltenen  kOpfen  aufmerksam  zu  madien.  alle 
übrigen,  männliche  wie  weibliche,  jugendliche  wie  ältere,  auch  der 
köpf  des  gottes  zeigen  einen  und  denselben  schultypus,  von  welchem 
jener  einzige  in  allen  wesentlichen  stücken  abweicht,  in  der  bildung 
der  stim  mit  vortretender  mitte,  der  hohen  aber  schmalen  nase,  der 
äugen,  sowol  in  schnitt  und  linie  der  lidränder  —  man  beachte  auch 
das  zusammentreffen  des  obem  und  untern  lides  im  äuszem  winke! 
—  als  auch  in  der  gesamtlage  beider  äugen  zu  einander,  der  lippen, 
besonders  im  äuszem  umrisz,  des  kinnes  und  des  umrisses  der  kinn- 
lade,  aber  auch  im  gesamtbau  des  kopfes  namentlich  von  vom  ge- 
sehen, ja  man  zeige  an  einem  andern  köpf  des  giebels  etwas  was 
sich  mit  den  freilich  nur  kleinen  locken  vor  den  obren  unserer  liegen- 


'  vgl.  den  SSn  bericht,  arch.  zeitang  1879  8.  118.        *  Roberts  er- 
klärang  (arch.  zeitang  1877  8.  91)  kann  ich  nicht  gntheUien. 


EPetersen:  anz.  v.  Aasgrabangen  zu  Olympia.  III«  43 

den  Tergleichen  liesze.  dieser  6iiie  köpf  ist  durchweg  von  edlerer 
Vfldaiig  als  die  übrigen,  ich  unterlasse  noch  die  erklärung  dieser 
thittache  zn  formnlieren;  dasz  dieselbe  für  die  wichtigsten  konst- 
gMchiditlichen  fragen,  die  sich  an  diese  giebelgnippen  Imüpfen,  von 
einiger  bedentnng  ist,  wird  man  schwerlich  leugnen. 

Ebenso  sicher  fügt  sich  femer  auf  jeder  giebelseite  etwa  in  der 
mitte  Bwischen  mittel-  and  eckfignr  eine  gruppe  aas  Kentaur,  weib 
und  Lapith  bestehend,  die  Symmetrie,  in  den  hauptmassen  voUstttn- 
dig^  ist  im  einzelnen  wieder  durch  differenzen  gemildert,  das  an- 
steigen der  linien  Iftszt  nicht  zweifeln,  dasz  die  Kentauren  näher  der 
ecke  standen^  womit  jeder  gruppe  ihr  platz  rechts  und  links  gewie- 
sen iet.  die  in  der  ausführung  besonders  mislnngene  niederbeugung 
des  Kentftoren,  so  dasz  das  Vorderteil  mit  der  brüst  auf  dem  boden 
lag,  während  das  hinterteil  mit  wunderbar  eingebogenem  rücken 
bodistebt,  scheint  mir  Ton  Treu  falsch  ausgelegt  zu  sein :  dasz  der 
Kentanr  Ton  des  Lapithen  faust  niedergezwungen  kraftlos  zu- 
nmmenbreche.  schon  die  werte  dürften  einen  widersprach  enthal- 
tM^  und  die  ganze  auffassung  ist  weder  mit  der  kräftigen  armbewe- 
gvng  dee  Kentauren  vereinbu*  noch  überhaupt  möglich,  ich  möchte, 
wie  ftoeh  Curtius,  wenn  ich  nicht  irre,  sich  geäuszert,  mit  verglei- 
ehnng  des  pompejanischen  Wandgemäldes  (Heibig  Wandgemälde 
n.  1146)  80  verstehen,  dasz  der  Kentaur  freiwillig  sich  niedergelassen, 
um  dna  weib  auf  seinen  rQcken  zu  werfen,  während  der  Kentaur  der 
rechten  gruppe  5  in  diesem  bemühen  beide  arme  verwendet ,  hatte 
derjenige  der  linken  gruppe  (D)  wahrscheinlich  nur  6inen  arm  dazu 
frei,  und  dessen  bewegung  wird  die  hebung  der  rechten  brüst  bei 
dem  knienden  weibe  E  veranlaszt  haben,  die  bei  der  Verstümmelung 
noch  nieht  hinlänglich  klar  ist.  zum  ersatz  für  den  andern,  vermut- 
lich durch  den  gegner  beschäftigten  arm  braucht  der  Kentaur  D  in 
jetzt  wenigstens  etwas  ungeschickt  erscheinender  weise  das  linke 
kinterbein.  während  diesen  der  Lapithe  mit  beiden  armen  gepackt 
zu  haben  scheint,  bohrt  der  besser  erhaltene  I  dem  räuber,  den  die 
linke  im  haar  gepackt  haben  musz,  das  schwort  von  unten  her  in  die 
brüst,  nirgends  in  den  giebelgruppen  ist  die  kluft  zwischen  der 
geistvollen  conception  und  der  rohen  ausführung  so  grosz  wie  hier. 

Jetzt  blieben  nur  noch  die  lücken  zwischen  diesen  in  der  mitte 
jeder  giebelhälfte  aufgestellten  grappen  und  dem  centrum  einer-, 
den  eckfiguren  anderseits  zu  füllen ;  und  wieder  boten  sich  zwei  paare 
von  gegenstücken.  nach  den  ecken  zu  schieben  sich  zwei  alte  frauen 
tin ,  zwar  durch  Verschiedenheit  des  marmors  —  pentelischer,  nicht 
parischer  ist  es  —  und  einen  auffillügen  realismus  in  der  behand- 
long  der  köpfe  abstechend,  sonst  aber  in  allen  stücken  überein- 
itimmend  und  unmöglich  auszusondern,  beide  in  gleicherweise  gegen 
die  mitte  hin  gelagert  wie  die  eckfiguren ,  aber  über  diese  erhoben 
dvrth  die  unterläge :  bei  der  einen  ist  ein  polster  der  KXivT]  erhal- 
ten, ein  mittel  das  von  den  Kentauren  gestörte  hochzeitsmahl 
zu  veranschaulichen,    alle  subjectiven  bedenken ,  welche  aus  zwei- 


44  EPetenen:  anz.  v.  AuBgrabnngen  zu  Olympia.  IDL 

oder  dreimaliger  Wiederholung  so  ähnlicher  körperhaltnng  sich  er- 
heben mögen,  können,  wie  Treu  richtig  bemerkt,  gegen  den  zwang 
der  thatsachen  nicht  aufkommen,  kaum  ist  es  bei  gegebener  hori- 
zontaler unterfläche  des  polsters  und  einzelner  körperteile  möglich, 
der  längenaxe  der  gelagerten  alten  eine  wesentlich  andere  neigong 
zu  geben;  eher  mochte  die  bewegung  der  arme  zur  differenzierang 
dienen,   das  scheint  auf  der  rechten  giebelseite  noch  jetzt  erkennbar. 

Gegen  die  mitte  endlich  schlieszt  sich  an  die  gruppe  mit  dem 
niedergebeugten  Kentauren  jederseits  noch  eine  gruppe  an :  je  ein 
Kentaur,  einmal  mit  einem  erwachsenen,  das  andere  mal  mit  einem 
noch  knabenhaften^  Lapithen.  der  Kentaur  ist  beide  male,  höchet 
charakteristisch  für  die  ganze  art  der  darstellung,  nur  mit  halbem 
leibe  gebildet,  dh.  der  fehlende  hinterleib  durch  anstoszende  fignren 
verdeckt;  und  beide  male  ist  der  vorderleib  weder  so  hoch  gehoben 
wie  bei  den  zwei  Kentauren  zunächst  dem  gotte,  noch  so  tief  herab- 
gedrückt wie  bei  denen  zunächst  der  ecke,  die  Symmetrie  ist  hieTi 
und  hier  allein  insofern  verletzt ,  als  die  Kentauren  nicht  entgegen- 
gesetzte sondern  gleiche  richtung  haben,  dh.  beide  linkshin.  fttr  ihre 
Verteilung  auf  die  rechte  und  linke  giebelseite  hat  Tren  sich  wieder 
zunächst  durch  die  masze  leiten  lassen,  wonach  der  knabenräuber 
auf  die  rechte  seite  kommt,  dann  auch  zur  bestätigung  den  Paosanias 
angeführt,  der  jenen  eben  neben  den  Theseus  stellt. 

Wol  ist  noch  auf  fernere  ergänzende  fände  zu  hoffen ,  wie  de 
ja  teilweise  auch  schon  die  vierte  campagne  gebracht  hat:  ganznene 
figuren  werden  voraussichtlich  nicht  hinzutreten ,  und  die  ordnnng 
der  vorhandenen  wird  voraussichtlich  keine  wesentliche  abftndenmg 
mehr  erfahren,  dasz  wir  so  weit  gekommen,  danken  wir  der  erfolg« 
reichen  grabung  und  der  unverdrossenen  bemühung  von  Tren  und 
seinen  Vorgängern. 

^  wäre  er  erwschseD,  so  würde  die  dsrstelluDg  in  der  zahl  der  hel- 
deD  mit  der  interpolierten  fassang  von  Ilias  A  263  ff.  Übereinstimmen. 
Prag. Eugbk  Pjbtbrsbn. 

7. 

nPOYCeAGQ. 


Das  seltsame,  nur  an  zwei  stellen  der  classischen  graecität  (Aiadi. 
Prom.  437.  Aristoph.  Frö.  730)  überlieferte  wort  TrpouccXctv  ist 
zuletzt  durch  Wilhelm  Clemm  einer  eingehenden  unterenchnng 
unterzogen  worden  in  den  Acta  societatis  philologae  Lipsienais  I 
s.  77  ff.  Clemm  hat  das  verdienst  Einmal  durch  sorgif&ltige  samlnng, 
Zusammenstellung  und  kritische  sichtung  des  materials  die  form 
TrpouccXeiv  als  die  einzig  zuverlässig  beglaubigte  erwiesen  zu  haben, 
dann  aber  die  unhaltbarkeit  der  bis  jetzt  gangbaren  erklftrungen  nnd 
etymologien,  auch  der  Buttmannschen  (Lezil.  11  n.  89)  dargelegt  zu 
haben,    seine  eigne  erklärung  aber,  die  ziemlich  allgemeinen  an» 


KZaoher:  TrpouccX^ui.  45 

klang  gefimden  zu  haben  scheint,  ist  meiner  ansieht  nach  ebenso  ver- 
fdüt  wie  die  früheren. 

Er  &8zt  nemlich  irpouceX^ui  als  eine  Zusammensetzung  aus 
npo-cc-cX^ui,  wo  Ikiw  für  elX^u)  stände  und  die  bedeutung  wäre 
^bedzingen'.  das  sieht  zunächst  überraschend  einfach  und  pro- 
babel und  fast  wie  das  ei  des  Columbus  aus.  wunderbar  nur,  dasz 
keiner  von  den  alten  griechischen  auslegem  auf  diese  einfache  lOsung 
gekommen  ist.  es  musz  ihnen  doch  sowol  die  zusammenziehung  von 
irpo  nnd  ic  zu  rrpouc  als  auch  ein  verbum  iXiw  ganz  unerhört  ge- 
weaen  sein,  in  der  that  findet  sich  für  die  zusammenziehung  von 
«po  nnd  Ic  zu  rrpodc,  wie  Clemm  selbst  s.  84  zugibt,  kein  weiteres 
bcispiel ,  obwol  mit  irpoeic  zusammengesetzte  verba  doch  nicht  so 

selten  sind  (freilich ,  so  viel  ich  sehe ,  nie  bei  dichtem  vorkom- 
i).  über  die  form  dX^ui  aber  sagt  Clemm  (s.  84) :  'eher  könnte 
jemand  in  dem  verbum  dXeiv  Schwierigkeiten  finden  wollen,  weil  das 
pncsens  des  simplex  gewöhnlich  etwas  anders  lautet,  die  wurzel  ist 
FcX  «drftngen»,  und  in  unserm  decompositum  rein  erhalten  wie  im 
pert  {-€X«^at,  während  man  im  praesens  mit  ersatzdehnung  und  nach 
Tcnchiedener  bildung  elXXuj,  efXui,  e\kiw  sagte  .  .  •  dasz  aber  von 
der  wnnel  FeX  «drängen»  überhaupt  ein  praesens  dX^uj  besonders 
bei  dichtem  neben  eiXdui  gebildet  werden  konnte,  wird  niemand  be- 
zweifeln.' dasz  eine  form  dXdui  von  wz.  FeX  an  und  für  sich  möglich 
iftt,  zeigen  verba  wie  dfidu)  crepduj  usw.  dagegen  musz  ich  allerdings 
bezweiüeln,  dasz  Aischjlos  neben  dem  gebräuchlichen  elXdu)  eine 
form  ikiu)  habe  'bilden'  können,  und  diese  entstehung  des  wertes 
musz  man  annehmen,  wenn  man  Clemms  erklärung  beistimmt,  denn 
die  Zusammensetzungen  von  verben  mit  doppelten  praepositionen 
sind  ihrer  natur  nach  eben  nur  singulärbildungen  einzelner  autoren. 
80  würde  also  Aischylos  das  wort  zuerst  gebildet,  Aristophanes  es 
Ton  ihm  entlehnt  haben,    aber  daran  ist  nicht  zu  denken. 

Erweiterungen  des  reinen  Stammes  durch  -du;  finden  sich  ja  oft 
genug  als  nebenformen  teils  als  blosze  praesensstämme ,  teils  durch 
die  tempusbildung  durchgehend,  aber  doch  nie  so  wie  dies  ver- 
natete  dXduj.  neben  dem  unverstärkten  und  unerweiterten  thema- 
tischen stamm  (ich  beschränke  mich  auf  wurzeln  die  mit  einfacher 
liquida  schlieszen)  finden  sich  dpdui  dpdo^ai  neben  ^po^ai  (Hom. 
eipopai);  dTTi^eXdoMai  und  dTTiMdXo^ai,  CTcpdui  und  crdpo^ai,  wozu 
«ich  zu  stellen  d^dui  lat.  romo,  neben  einem  durch  j  verstärkten 
praesensstamm:  Kupu)  KUpdui,  HupOfiai  Eupdu),  reipui  repdu)  (nur  bei 
Aischylos),  GdXXuj  Gr^Xdui,  cxdXXuj  CKcXduj.  zu  keiner  von  diesen 
beiden  classen  würde  dXdui  gehören,  denn  eine  reine  Stammform 
dXai  ist  gänzlich  unbekannt,  und  die  praesensform  eiXuj  ist,  wie 
Bmgman  Studien  IV  122  nachgewiesen  hat,  nicht  durch  epenthese 
&a8  FeXju),  sondern  durch  ersatzdehnung  aus  FeXvu)  entstanden  (wie 
die  formen  dor.  FrfXuj,  lesb.  dXXu)  erweisen),  nun  haben  zwar  auch 
die  praesentia  auf  VUJ  nebenformen  auf  duj,  aber  es  tritt  dies  e  immer 
am  den  schon  durch  v  verstärkten  stamm :  ßuvui  ßuvdui,  6uvu)  Guvdw, 


46  EZacher:  irpouceXiui. 

btvuü  btv^u),  TTiTViu  TTiTV^ui,  q>9iviu  q)Oiv^uj  usw.,  und  so  istgebfldet 
elX^ui  =  FcXv^ui. 

Wird  dadurch  auch  nicht  die  absolute  Unmöglichkeit  einer  form 
FeXeu)  neben  FcXvuj  und  FeXv^u)  bewiesen,  so  wtfre  doch  eine  solehe 
form  eine  sehr  unglaubliche  Singularität ,  und  vor  allem  iat  es  im- 
wahrscheinlich ,  dasz  sich  Aischylos  ihrer  sollte  bedient  haben  ra 
einer  ebenso  singulären  Verbindung  mit  irpo  und  ic. 

Noch  schlimmer  sieht  es  aber  mit  der  bedeutung  aus,  die 
Clemm  seinem  compositum  vindiciert.  er  sagt  s.  85 :  ^die  bedeatong 
unseres  wertes  ergibt  sich  von  selbst  und  passt  vortrefflich  zu  beiden 
stellen,  der  begriff  von  eiXeiv  drängen,  womit  dXiacofiat 
«ich  gerathe  in  bedrängnis»  wurzelverwandt  ist,  wird  hier  Ter* 
stärkt  durch  die  praeposition  cic  (de),  welche  die  feind- 
liche richtung  ausdrückt,  wie  in  eicatccu),  cicaKOV- 
t(2:uj,  eicopfidu)  ua.,  also  «be-drängen» ;  das  vorgesetzte  rrpo  be- 
zeichnet dann  nicht  etwa  ein  zeitliches  prius,  sondern  dasz  etwas 
vor  aller  äugen  geschieht,  wie  in  irpOTniXaKiZeiv ,  womit  eben  anaer 
TrpouceXeiv  erklärt  wird,  und  TrpoaTopeuuj  «öffentlich  reden,  öffent- 
lich bekannt  machen^,  es  ist  bemerkenswert,  wie  der  begriff  tob 
ciXdu)  «drängen,  bedrängen»  an  beiden  stellen  des  Aischylos  und 
Aristophanes  so  nahe  liegt,  dasz  selbst  Hermann  und  Buttmann  ao. 
und  ausf.  gramm.  II '  164,  wenn  auch  auf  umwogen  und  durch  irrige 
Voraussetzungen,  doch  schlieszlich  auf  diesen  Zusammenhang  ge- 
riethen.  die  beiden  praepositionen  dienen  aber  nur  dazu ,  die  ange- 
messenheit  des  verbalbegriffs  zu  erhöhen.' 

Dasz  die  praep.  eic  jemals  zur  bloszen  Verstärkung  diene  oder 
dienen  könne,  musz  ich  entschieden  bestreiten,  die  praep.  eic  drfickt 
stets  aus,  dasz  etwas  in  einer  bestimmten. richtung  intensiv  sich  be- 
wege oder  bewegt  werde,  und  wenn  das  ziel  nicht  ausdrücklich  an- 
gegeben ist,  so  ist  es  so  selbstverständlich,  dasz  es  stillschweigend 
ergänzt  wird,  so  ist  es  auch  bei  den  von  Clemm  zum  beleg  fttr  die 
nur  verstärkend  die  feindliche  richtung  ausdrückende  bedeutung  von 
eic  angeführten  verben.  bei  elcaKOVTiZuj  ist  zu  ergänzen  eic  Todc 
TToXe^iouc,  bei  eicäiccui  ist  selbstverständlich  gleichfalls  stets  ein 
ort  gedacht  oder  ausdrücklich  angegeben,  nach  dem  das  springen 
gerichtet  ist.  so  heiszt  es  bei  Ar.  Wo.  996  ausdrücklich:  fii^b'  elc 
^PXncTpiboc  eicärreiv:  was  zu  543  oöb'  eic^He  b^bac  ^xouca  zu  er- 
gänzen ist,  wird  freilich  nicht  ganz  klar,  vermutlich  eic  Tf)v  ciCT)Wiv 
oder  TÖ  G^arpov,  wie  544  ^Xr|Xu6ev.  der  scholiast  sagt  zu  543  oOk 
fcTi  bfiXoc  ivTaOOa  xivi  TrapoveibiZei,  dXX'  !cu)c  teuriji,  direl  Trerroi- 
TiKev  iw  Tiu  TeXei  toO  bpd^aToc  kqio^^vtiv  Tf)v  biarpißfiv  CuiKpdTOuc 
usw.  und  so  auch  zu  v.  537  IcT^ov  bl  ön  TrdvTa  öca  &v  X^tQ  eic 
teuTÖv  Teivei.  toüc  ufev  tap  (pdXriTac  eicrJTatev  dv  t^  AuciCTpdrg 
.  .  TQC  bi  bqibac  kqI  tö  iou  iou  dv  Neq>dXoeic  TOTrpujTOV.  das  ist 
natürlich  unsinn,  doch  ersieht  man  dasz  der  scholiast  zu  eic^Ec  er- 
gänzte eic  Tf)V  CKiivrjv.  worauf  der  dichter  anspielt,  ist  nicht  zu  er- 
kennen,  ebenso  wenig  fehlt  bei  eicop^duj  ein  locales  object,  irpöc 


KZacher:  irpouccX^ui.  47 

Tiva  Flut.  Mor.  775  %  OdXa^iOV  €icop^iu^^VT)V  Soph.  Trach.  913.  eher 
kannte  man  eine  verstärkende  Wirkung  des  eic  zu  sehen  glauben  in 
Wörtern  wie  eicaKOUUJ,  eicopdu),  doch  ist  auch  hier  ursprünglich 
ein  locales  object  gedacht,  das  aber  deswegen  leichter  verblassen 
konnte ,  weil  diese  verba  nicht  verba  der  bewegung  sind,  bei  einem 
verbum  der  bewegung  dagegen  wie  ciXuj  kann  eic  seinen  localen 
mn  nie  verlieren ,  und  eiceiXuj  kann  nie  etwas  anderes  bedeuten  als 
'hiiemdrftngen'.  und  sollte  es  etwa  auch  die  bedeutung  haben  kön- 
nen von  'eintreiben,  einkeilen',  so  würde  dies  doch  immer  local  blei- 
ben müssen  und  ein  ort,  wohin  das  drängen  gerichtet  ist,  zu  ergän- 
len  sein. 

Aus  den  angeführten  gründen  scheint  mir  die  Clemmsche  er- 
klinmg  abgewiesen  werden  zu  müssen,  vielleicht  gelingt  es  mir 
ose  wahrscheinlichere  aufzustellen. 

Wenn  das  ou  von  irpouceX^u)  weder  durch  epenthese  eines  F 
oder  ersatzdehnung,  noch  durch  contraction  aus  o  und  €  entstanden 
sein  kann,  was  bleibt  dann  noch  übrig?    man  musz  zusehen,  ob 
akht  vielleicht  das  ou  stammhaft  und  von  einer  Zusammensetzung 
mit  der  praep.  Trpö  gänzlich  abzusehen  ist.   irpouccX^uj  könnte  ganz 
wol  abgeleitet  sein  von  einem  mit  dem  suffix  Xo  gebildeten  *iTpou- 
uXoc  wie  mncX^u),  öxX^uj  aus  kukXoc,  ^X^oc,  Koprep^uj  aus  Kdp- 
TCpoc  usw.  jenes  *  TrpouceXoc  aber  könnte  wol  zusammenhängen  mit 
dim  nur  aas  der  ältesten  graecität  noch  einigemale  belegten,  aber 
offenbar  damals  schon  mehr  und  mehr  absterbenden  btaTrpucioc. 
dies  wort  findet  sich  bei  Homer  nur  in  dem  adverbial  gebrauchten 
ftccosativ  öiaTipuciov  und  zwar  fast  ausschlieszlich  in  der  formel  fjucev 
öi  öurnpuciov  D.  9  227.  A  275.  586.  M  439.  N  149.  P  247;  sonst 
nurnoch  P748  ujctc  irpujv  Icxdvei  übujp  gXrjeic,  Tiebioio  biairpuciov 
TCTuxnKubc.   zu  jener  formel  vergleicht  sich  noch  hj.  Apbr.  80  bia- 
vpuciov  KiOapiZuiV  und  das  adjectiv  biairpucioc  ebd.  19  biairpuciai 
iXoXirrai,  Soph.  OK.  1479  biairpucioc  ÖTOßoc,  Eur.  El.  1309  bia- 
ffpOciov  K^Xabov  zu  dem  TTpuiV  Trebioio  biairpüciov  tctuxiikuüc 
Find.  Nem.  4,  83  NcotttöXcmoc  b*  'Aireipiii  biairpucicji  (KpaieT). 
die  grundbedeutung  scheint  Döderlein  (Hom.  gloss.  n.  640)  richtig 
erkauit  zu  haben:   'durchdringend',  und  so  erklärt  er  auch  den 
^torrpuciov  KiOapiCTrjV  hy.  Herrn.  336  als  'einen  der  überall  durch- 
bricht*,   in  der  stelle  D.  P  748  ujct€  irpubv  usw.  'schrumpft  es  zur 
bedeutung  einer  praeposition  zusammen ,  ähnlich  wie  D.  Y  362  CTi- 
X6c  €1^1  bia^TTCpec,  womit  es  überhaupt  synonym  ist;  vgl.  Od.  k  88 
öv  iripi  TreipT]  i^XtßaToc  t€tuxiik€  öiaMirepic  dficpoT^pujöev.*  viel- 
leicht doch  noch  lebendiger:  'durch  die  ebene  hindurch  dringend, 
i)ch  hindurch  erstreckend.'    am  weitesten  verblaszt  würde  die  be- 
deotung  sein  bei  Pindar :  'die  bich  weithin  erstreckende  Epeiros.'  das 
vori  von  Tropeuuj  abzuleiten,  wie  Döderlein  will,  ist  unmöglich:  es 
fflibte  dann  etwa  biaTropeuciMOC  oder  bidTropoc  lauten;   wjoI  aber 
hingt  es,  wie  CurtiusEtym.  601.  705,  Sigismund  Stud.  V  177  richtig 
erkannt  haben ,  mit  der  wurzel  par  zusammen ,  die  auch  iTOpcuui  zu 


48  KZacher:  irpouccX^w. 

gründe  liegt,  man  hat  sich  wol  aus  wz.  par  (pr)  eine  vollere  form 
jpru,  dann  j>ru5  entwickelt  zu  denken,  in  der  bedeutung  'dnrehbofarenf 
stechen',  so  ist  ötairpucioc  das  durchdringende,  durchbohrende,  und 
dieselbe  bedeutung  mag  ursprünglich  *7rpouc€Xoc  gehabt  haben :  'das 
bohrende,  stechende,  schneidende,  peinigende',  so  dasz  also  iTpouc€- 
\iwt  das  als  alleiniger  rest  dieser  sippe  übrig  geblieben  ist,  nur  noch 
die  abgeleitete  und  verblaszte  bedeutung  ^peinigen,  quiQen'  zeigt, 
so  würden  sich  biairpucioc  und  TrpouceX^UJ  als  die  griechischen  gUe- 
der  einer  Wortfamilie  ergeben,  welche  bisher  nur  in  den  verwandten 
sprachen  belegt  war,  und  die  eben  auf  die  aus  der  wz,  par  weiter 
entwickelte  grundform  prus  zurückgeht,  hierher  gehören  lat.  prur-io^ 
prur-igo ,  pruna  und  pruina :  denn  das  gefühl  heftiger  hitze  sowol 
als  kälte  ist  das  eines  Schneidens  oder  stechens.  daher  eben  aus  der- 
selben Wurzel  geleitet  goi  friusa  frost ,  ahd.  freosan ,  mhd.  vrieaen 
frieren;  skr.  pHvish  brennen,  versengen ,  jpru^^va  tropfen ,  gefrorener 
tropfen,  reif.  vgl.  JSchmidt  zur  gesch.  des  indogerm.  vocalismos 
n  271  ff.   Fick  vergl.  wörterb.  I  680. 

Ist  meine  annähme  richtig,  so  würde  der  wurzelvocal,  der  in 
biaTipuctoc  noch  auf  erster  stufe  steht,  in  ^irpouccXoc  gesteigert  sein, 
wie  es  ja  in  den  bildungen  mit  dem  suffix  Xo  häufig  genug  geschieht 
(vgl.  PRenisch  de  nominibus  graecis  in  *Xoc  terminatis,  diss.  inang., 
Breslau  1877).  die  häufigste  Steigerung  ist  die  des  wurzelvocals  € 
zu  0,  zb.  boOXoc,  öttXov,  ^x^^c,  KpÖToXov,  ßÖTraXov,  CTpöq>aXoc, 
TpöxaXoCy  bopKoXic,  CKÖireXoc,  CTpoßeXöc  und  crpößiXoc,  TrojuiiTiXoc, 
TpoxiXoc,  cq>övbuXoc.  Steigerung  des  i-vocals  in  beiXöc  (wz.  bl 
fürchten),  aiOaXoc  aiOdXri,  beiKcXov,  etbuiXov  deibeXtoc  cibaXijuioc« 
am  seltensten  ist  allerdings  die  Steigerung  des  ti-vocals :  XcuTCtX^oc 
und  TTCUKdXifioc,  und,  was  am  meisten  zu  unserm  *Trpouc€Xoc  passen 
würde,  KpouTraXa,  wenn  dies  mit  den  entsprechenden  lateiniachen 
scrupeda  und  scuHponea  auf  die  wz.  shrup  zurückgeht,  vgl.  Walther 
KZ.  XII  s.  402  anm. 

Dasz  aus  solchen  nomina  auch  häufig  genug  secundärverba  ab- 
geleitet  werden,  ist  bekannt  genug;  am  häufigsten  sind  bildungen 
auf  -iZiuj,  wie  dpTiaXiZofiai,  CTpoq>aXi2;u),  dvTpoTroXiJIoMaty  C9aic€Xt£ui 
uva.,  doch  fehlt  es  auch  nicht  an  verben  auf  -dZuj,  -duj,  -^u)  und  -jui, 
wie  dTcXdZu),  KQTXOiXduj,  KpamaXduj,  öxX^uj  moxX^u)  öitX^ui,  viel- 
leicht auch  ^KTratX^o^ai  und  das  unklare  ^pecxcX^uj.  ähnliche  bil* 
düngen  sind  KapTcp^u)  fiapTup^u)  ua. 

Wir  würden  dann  in  irpouceX^uj  ein  wort  vor  uns  haben,  das 
schon  zu  Aischjlos  zeit  veraltet  war,  vielleicht  von  ihm  aus  einem 
dialekt  aufgenommen  wurde ,  und  das  Aristophanes  nur  6inmal  dem 
groszen  tragiker  nachgesprochen  hat,  um  seiner  eindringlichen  rede 
gröszero  würde  zu  verleihen,  die  grammatiker  griffen  das  seltene 
wort  bald  auf  und  brachten  es  mit  den  irpoc^Xrivoi  in  Verbindung, 
und  so  entstand  jene  heillose  Verwirrung,  die  den  modernen  gnunma- 
tikem  so  viel  mühe  verursacht  hat. 

Halle.  Eonrad  Zaobbb. 


RFOnter:  ans.  v.  YGardthausens  griech.  palaeographie.         49 

8. 

OBUSCBI8CHB  PALA&OORAPHI£   VON  V.  GaRDTHAUSEN.     druck   und 

TerUg  Ton  B.  G.  Teubner.     Leipzig  1879.    XVI  u.  472  s.  mit  12 
tideln.   lex.  8. 

Obwol  Montfaucons  '  palaeographia  graeca'  noch  heute  den 
namen  einer  •taonenawerten  leistang  verdient ,  und  obwol  der  von 
ihm  nicht  nur  entworfene,  sondern  auch  aufgeftlhrte  stattliche  bau 
^Tth  Tischendorf,  Wattenbach  und  andere  noch  hie  und  da  aus- 
baa,  Verbesserung  und  ausstattung  erhalten  hat,  muste  doch  eine 
dsB  nnforderungen  der  Jetztzeit,  insbesondere  den  erleichterten  repro- 
dactionsbedingungen  entsprechende  griechische  palaeographie  als  ziel 
ins  söge  gefaszt  werden,  an  die  lösung  dieser  aufgäbe  ist  Gardt- 
bansen  gegangen,  welcher  bereits  mit  seinen  *beitrftgen  zur  griechi- 
schen palaeographie  I — lU'  (sitzungsber.  der  k.  Sachs,  ges.  der  wiss. 
1677  und  1878)  und  zwei  andern  aufsfttzen  'zur  tachygraphie  der 
Griechen'  (Hermes  XI  s.  443 — 457)  und  'über  den  griechischen  ur- 
ipmng  des  armenischen  alphabets'  (zs.  d.  deutschen  morgenländ. 
ges.  1876  s.  74  ff.)  auf  diesem  arbeitsfelde  erschienen  war  und  sich  be- 
acnders  um  die  erkenntnis  der  jängem  unciale,  der  ältesten  minuskel- 
ftdirift  ond  der  griechischen  tachygraphie  Verdienste  erworben  hatte. 
die  Irncht  seiner  arbeit  liegt  in  dem  werke  vor,  welches  hier  zur  an- 
leige  gelangen  soll,  und  da  habe  ich  zunächst  mit  aufrichtiger  freude 
En  conatatieren ,  dasz  durch  dies  werk  die  forschung  auf  diesem  ge- 
biet eine  entschiedene  fßrderung  erfahren  hat.  insbesondere  hat  sich 
G. ,  wenn  ich  von  dem  bereits  in  den  oben  genannten  Schriften  ge- 
leisteten und  hier  nur  wiederholten  absehe,  dadurch  Verdienste  er- 
worben, dasz  er  die  beobachtung  der  ligatur  der  buchstaben,  der 
Schrift  unter  oder  über  den  linien,  der  Ornamente  zur  grundlage  der 
palaeographie  gemacht  oder  wenigstens  zu  machen  verbucht  hat.  das 
buch  ist  neben  Montfaucons  und  Waitenbachs  Schriften  für  jeden, 
der  sich  mit  fragen  griechischer  palaeographie  zu  befassen  bat,  unent- 
behrlich, ein  noch  gröszeres  verdienst  würde  demselben  beizumessen 
sein,  wenn  G.  sich  noch  umfassendere  autopsie  von  handschriften 
und  damit  gröszere  Unabhängigkeit  von  den  als  unzuverlässig  erkann- 
ten katalogen  verschafft,  aber  auch  wenn  er  hie  und  da  noch  bedäch- 
tiger und  sauberer  gearbeitet  hätte,  jetzt  ist  dem  benutzer  eine  Prü- 
fung der  einzelnen  angaben  nicht  erspart,  es  würde  mir  jedoch  wider- 
streben die  folgende  besprechung  zu  einem  bloszen  Verzeichnis  von 
venehen  zu  machen,  auch  wenn  ich  dem  buche  nicht  manigfache  be- 
lehning  verdankte,  sondern  ich  ziehe  es  vor  in  die  erörterung  der 
crrata  selbständige  bemerkungen  einzustreuen,  weit  entfernt  davon 
die  nichtberücksichtigung  derbclben  dem  vf.  zum  Vorwurf  zu  machen, 
londem  teils  um  ihm  mein  interesse  an  seiner  arbeit  zu  bekunden, 
teils  um  den  hoffentlich  zahlreichen  benutzem  des  buches  nützliche 
ängerzeige  zu  geben,  ich  kann  aber  bei  weitem  nicht  alles  berühren, 
»ondem  musz  mir  versagen  auf  viele  fragen  einzugehen  nicht  blosz 

JAkrV^chcr  fhr  cUm.  philol.  1S»0  hfl.  1.  4 


50        BFörster:  anz.  v.  VGardthausexiB  griech.  palaeograpbie. 

wegen  der  beschränktheit  des  mir  zugemessenen  raumes,  8ondeni 
auch  weil  mir  das  material  hier  nicht  in  der  wünschenswerten  yoU- 
ständigkeit  zur  Verfügung  steht,  den  rath  kann  ich  jedoch  nicht 
zurückhalten,  dasz  G. ,  wenn  er,  wie  ich  wünsche  und  hoffe«  wieder 
arbeiten  über  griechische  palaeograpbie  der  Öffentlichkeit  übergibt^ 
das  gespannte  Verhältnis ,  in  welchem  er  zu  dem  gebrauch  der  grie- 
chischen accente  steht,  abstelle  und  sich  auch  in  bezug  anf  mii- 
teilung  der  texte  gröszerer  Sorgfalt  befleiszige.  dafür  soll  ihm  die 
hinzufügung  des  namens  der  herausgeber  von  Schriftstellern  wie 
Cicero ,  Suetonius ,  Persius ,  Plinius,  Plutarch,  Diodor  ua.  in  liberal- 
ster weise  geschenkt  sein,  endlich  darf  ich  nicht  unterlassen  sehon 
hier  darauf  hinzuweisen,  dasz  der  Verlagshandlung  für  die  nicht  nnr 
glänzende,  sondern  auch  äuszerst  lehrreiche  ausstattung  des  Werkes 
der  wärmste  dank  aller,  welche  sich  für  diese  Studien  interessieren, 
gebührt. 

Das  werk  besteht  aus  einer  einleitung  und  drei  büchem. 

Die  einleitung  (s.  1 — 18)  ergeht  sich  nach  einer  kurzen  ans- 
einandersetzung  über  das  Verhältnis  der  palaeograpbie  sowol  zur  epi- 
graphik  als  zur  diplomatik  unter  der  Überschrift  'geschichte  und 
litteratur'  in  angemessener  weise  über  den  schöpfer  der  disciplin, 
Montfaucon,  und  seine  nachfolger,  besonders  Bast,  Tischendorf  nnd 
Wattenbach,  Über  die  von  Silvestre,  Westwood,  Sabas,  Wattenbach  nnd 
AvVelsen,  von  der  ^palaeographical  society'  herausgegebenen  Schrift- 
proben, hier  war  mir  nur  der  satz  (s.  5)  aufüällend :  ^während  Mont- 
faucon von  den  italiänischen  gelehrten  wie  z.  b.  Zaccagni  keineswegs 
freundlich  aufgenommen  wurde ,  war  der  empfang  in  Rom  aach  von 
Seiten  des  papstes  Innocenz  XII  ein  sehr  wolwoUender.'  war  nicht 
Zaccagni  gerade  custos  der  Vaticana? 

Das  erste  buch  handelt  im  allgemeinen  vom  Schreibmaterial 
und  zwar  zunächst  cap.  1  (s.  19—51)  von  den  beschreibstoffen,  worin 
6.  trotz  anlehnung  an  die  vorarbeiten  von  Schwarz,  Becker -Mar- 
quardt  und  Wattenbach  doch  manche  bisher  unbenutzte  dankens- 
werte notiz  beibringt:  zu  s.  21  bemerke  ich  dasz  sich  thöneme  in- 
und  aufschriften  auch  in  Griechenland  in  groszen  massen  erhalten 
haben,  ich  erinnere  nur  an  die  samlung  im  Varvakion  zn  Athen. 
wenn  es  s.  29  heiszt:  'eine  genügende  Zusammenstellung  der  diptTcha 
gibt  es  leider  nicht,  man  ist  noch  immer  angewiesen  auf  Qoris  the- 
saurus  vet.  diptychorum  vom  j.  1759',  so  ist  die  arbeit  von  Wieseler: 
Mas  diptychon  Quirinianum  nebst  bemerkungen  über  die  diptycha 
überhaupt'  (Göttingen  1868)  übersehen,  zum  Verzeichnis  der  papiri 
8.  38  bemerke  ich  dasz  der  papyrus  des  museo  Borgia  nicht  mehr  in 
Velletri,  sondern  in  Neapel  zu  suchen  ist. 

Cap.  2:  form  und  einband  der  handschriften  (s.  52-r-65).  in 
der  s.  53  angeführten  stelle  des  Lukianos  irpdc  diTraib.  §  7  öirörav 
TÖ  Miv  ßißXiov  ^v  xq  X€ipl  ix^c  TidTKaXov,  Trop9upav  liiv  ixoDf 
Tf)v  bi(p8^pav ,  xp^coGv  bi  töv  ö^cpaXöv  heiszt  biqpO^pa  nicht,  wie 
G.  nach  Marquardt  röm.  alt.  V  2  s.  397  annimt,  futteral  (qMiivöXa), 


RFOnrter:  aoz.  y.  YGardthausens  griech.  palaeographie.         51 

soadenif  wie  gewöhnlich,  pergament.  iTopq>upä  5iq>8^pa  ist  das 
sog.  parpnrpergament  (s.  84).  nicht  anders  bei  Lukianos  Trcpi  tujv 
IrA  |iicOi{i  oivövTurv  §  41  toTc  koXXictoic  toutoic  ßißX(otc,  div 
Xpucoi  piv  o\  ö^qMKXot,  7ropq)upä  hk  £ktoc8€V  f)  biqtBipa  (äuszeres), 

TO  bi  IvbOV  f\  Sü^CTTlC  icÜ  TUJV  T^KVOJV  ^CTll(lH€VOC  f\  OibflTOUC 

(^iahalt),  bei  Julius  Capitolinus  im  leben  des  Maximinus  c.  30  (4) 
CM»  gritmmaiico  daretur^  quaedam  parens  sua  lihros  Homericos  amnes 
pmrpmreas  dedü  aureis  lüteris  scriptoSy  bei  Hieron3rmu8  in  der  prae- 
fiitio  in  librum  lob:  habeant  qui  völtmt  veteres  libros  vd  in  membranis 
pmp%trei8  auro  argentoque  descriptos  vel  unciälibtis^  tU  vtdgo  aiunt^ 
liäeris^  in  dem  von  G.  s.  300  angeführten  briefe  des  Theonas :  scrtbi 
m  pmrpureis  menibranis  et  Utteris  aureis  Mos  Codices  non  affectet. 

Nicht  ganz  zutreffend  ist  in  sprachlicher  hinsieht  die  bemerkung 
s.  55 :  'das  Siegel  bestand  meistens  aus  wachs,  das  in  gewöhnlichem 
griechisch  ^dX8a  (Pollux  VIU  58)  genannt  wurde ,  das  die  Attiker 
aber  ^urroc  zu  nennen  pflegten.'  letzteres  findet  sich  nur  Ar.  Lys. 
1199,  welche  stelle  Hesychios  udw.  im  sinne  hat,  und  Pollux  X  59 
tagt  nur:  TÖv  ^mTrjb€iov  cic  tö  KaTacimaiv€c6ai  KTipöv  oi  Tia- 
Xaiol  ^uirov  uivÖMoZov,  fidiXBa  oder  ^äXOr)  aber  findet  sich  so- 
wol  bei  den  attischen  komikem  als  auch  bei  Demosthenes. 

Ohne  grund  macht  G.  s.  60  gegen  Wattenbachs  auffassung  von 
Tpiccä  ical  Tcrpaccd  (in  drei  und  vier  columnen  geschrieben)  und 
f&r  seine  eigne  auffassung  {ierniones  und  quatemiones)  bei  Eusebios 
T.  Const.  4,  37  die  stelle  des  Epiphanios  kotq  aip.  t.  III  s.  532 
(Oehler)  6  Tf|v  M€TaTpa<pf|v  dwö  cxebapluiv  dv  leipdci  Troirjcdjuevoc 
geltend,  denn  die  bedeutung  von  TCTpdc  ist  nicht  ohne  weiteres  für 
die  von  T€Tpaccöc  beweisend,  dagegen  könnte  Wattenbach  für  seine 
ansieht  die  von  ihm  (schriftwesen  im  mittelalter  s.  113)  angezogene 
btelle  eines  menologion  (T€TpoiMMdvov  ceXici  rpiccaic  von  einer  bibel 
gesagt)  geltend  machen. 

Zu  einem  komischen  misverständnis  hat  der  paläograph  den 
Philologen  geführt  in  den  werten  s.  64:  'mit  verliebe  wählte  man 
zu  bOcherdeckeln  das  holz  der  korkeiche,  denn  Hesychios  erklärt  das 
wort  q>€XXöc  durch  tujv  ßißXiuiv  fHujOev  CKdirac^a,  und  das  Etym. 
M.  (u.  (pcXXöc)  setzt  hinzu :  ^k  bk  toütujv  tu»v  b^vbpujv  tivecGai  touc 
tpeXXouc  olc  KdxpTiVTm  Trpöc  Koucpic^öv  tujv  cujfidTUJV.'  denn  in  der 
stelle  des  Etym.  ist  cuj^a  ebenso  wenig  ein  bibliographisches  corpus,  als 
KOiKptCMÖc  etwas  mit  couvert  zu  thun  hat.  übrigens  gehört  die  erklä- 
rang  von  (pcXXdc '  tö  toiv  ßißXiuiV  fHuiOcv  CK^irac^a  dem  Suidas  an. 

Die  aufschrift  des  buchbinders  in  dem  Aristodemos-codex  der 
Pariser  nationalbibliothek  (suppl.  gr.  607)  lautet  nicht,  wie  G.  s.  65 
nach  Wescher  angibt,  AouKac  Ou€pov€Vcric  IXXtitcxtop  Xr)ßpopOfi, 
kondem  AuHac  8ujpov€vcT]C  iXXiitoiTop  Xrjßpopu^  ßubevcic  avv ...  5. 
der  buchbinder  war  aus  Korone,  also  ein  Grieche,  vgl.  Prinz  in  die- 
lten jahrb.  1870  s.  194. 

Cap.  3 :  Schreibzeug  (s.  66  —  75).  dafür  dasz  abschreiber  im 
crient  auch  metallfedern  benutzten,  führt  G.  s.  72  an:   ^dem  ent- 

A  * 


52  RFör&ter:  anz.  y.  YGardthausens  griech.  palaeographie. 

sprechend  hat  auch  der  byzantinische  Schreiber  Demetrioa  (um  1466) 
den  beinamen  erzfeder,  Chal[co]condyla8  (vgl.  unten  KOvbuXiov).' 
dieser  byzantinische  Schreiber  ist  der  bekannte  philolog  Demetrios 
aus  dem  geschlecht  der  Chalkokondylai  von  Athen,  dies  bertthmte 
geschlecht  aber  ist  nicht  nach  KOVÖuXtov,  was  übrigens  nicht  einmal 
feder  bedeutet,  sondern  nach  KÖvbuXoc  genannt:  XaXKOKOvbuXt|C 
ist  der  mann  mit  der  ehernen  faust. 

Cap.  4:  dinte  und  färbe  (s.  76 — 86)  undcap.  5:  Ornamente  und 
initialen  (s.  86 — 94).  s.  90  wird  fälschlich  ein  codex  Marcianna  806 
citiert.  so  viel  griechische  hss.  hat  die  Marciana  überhaupt  nichts  ei 
ist  codex  538.  —  Zu  weit  geht  die  behauptung  s.  92 ,  dasz  in  dar 
renaissance  die  meisten  griechischen  hss.  im  abendlande  und  flin 
abendland  geschrieben  wurden,  von  der  ersten  hälfte  des  15n  jL 
ist  dies  gewis  nicht  richtig.  —  In  der  litteratur  über  bjrzantiniBdu 
miniaturmalerei  s.  94  f.  fehlt  FWUngers  arbeit  'griechische  knnst' 
in  der  Brockhausschen  encyclopädie  I  bd.  84  und  85. 

Das  zweite  buch  handelt  recht  eigentlich  von  der  s c h r i f t, 
und  zwar  in  cap.  1  (s.  95 — 111)  von  der  geschichte  derselben,  hier 
war  für  die  frage,  ob  das  Homerische  Zeitalter  eine  buchstabenscfarift 
besessen  habe  (s.  102) ,  nicht  blosz  auf  GrSfenhans  geschichte  der 
Philologie  und  Franz  elementa,  sondern  auch  auf  Bergks  OLG.  I 
8.  195  f. ,  Volkmanns  geschichte  und  kritik  der  Wolfschen  prolego- 
mena  (Leipzig  1874)  nebst  Harteis  besprechung  derselben  zs.  f.  d. 
Ost.  gymn.  1873  s.  350  ff.  und  1874  s.  822  ff.  zu  verweisen.  —  s.  106: 
die  gi'abschrift  für  die  bei  Potidaia  gefallenen  findet  sich  CIA.  1 442. 
—  Der  auf  s.  110  gegebene  Stammbaum  der  Verzweigungen  griechi- 
scher Schrift  stimmt  in  bezug  auf  das  gothische  nicht  ganz  mit  da 
8. 108  gegebenen  aufstellung,  wonach  ^Ulfilas  den  grundstock  seines 
alphabets  der  griechischen  uncialschrift  entlehnt  und  nur  in  wenigen 
fmien,  wo  diese  nicht  reichte,  das  lateinische  zu  hilfe  genommen  hat'« 

Cap.  2:  anordnung  der  schrift  (s.  112 — 133).  zu  der  s.  113  ge* 
gebenen  auflösung  des  monokondylion  bemerke  ich,  dasz  sich  Mont- 
faucon  nur  in  bezug  auf  die  zahlen  I  und  II  versehen  hat,  dasi  in 

z.  2  Y€Xiic(ou,  in  z.  4  nicht  q>ep,  sondern  q)€p  dh.  q>€ßpouap(qi  oder 
q>€upouapiiu  zu  lesen  ist.  —  s.  122  war  ein  zweifei  an  der  fides  des 
Caspar  Barth  nicht  zu  unterdrücken,  die  erklärung  'acrostichis  est 
cum  ex  primis  versuum  litteris  connectitur'  geht  auf  Cic.  de  div,  11 
54,  111  zurück.  —  Fälschlich  wird  ebd.  bei  dem  epigramm  von 
Philai  (CIG.  4924  ^  =  Kaibel  979)  von  den  namen  der  dichter  ge- 
redet,  es  ist  nur  6in  dichter:  Catilius  Nicanor. 

Den  schwerpunct  des  ganzen  bildet  cap.  3 :  arten  griechischer 
schrift  (s.  134 — 209),  obwol  es  sich  G.  noch  meiner  meinung  etwas 
zu  bequem  gemacht  hat,  indem  er  ganze  abschnitte  mit  geringen 
änderungen  aus  seinen  'beitragen  zur  griechischen  palaeographie'  ab- 
gedruckt bat.  so  ist  s.  130  z.  9  —  s.  137  z.  11  wiederholt  ans  den 
beitragen  I  s.  3  f.;  der  abschnitt  s.  154 — 168  'die  jüngere  unciak* 


BFörater:  anz.  y.  YOardthausens  grieck  palaeographie.  53 


'.  in  8.  3 — 20;  der  abschnitt  'rainuskelcursive'  s.  176 — 188 
i  «migen  znsfttzen  aus  beitr.  I  s.  4  — 14.  diese  herttbemAbme  aber 
nun  teil  auf  die  allermechanischste  weise  erfolgt,  es  haben  nicht 
mal  satzgebilde  wie  'um  so  dankbarer  musz  der  yf.  also  den  glttck- 
mh  zofall  heryorheben ,  der  es  so  fClgte ,  dasz  ich  alle  syrischen 
.  Londons  hm.  Wright  yorlegen  konnte'  (s.  1 56)  eine  ttnderung 
ihren,  und  der  satz  'im  7n  jh.  wurde  im  abendlande  der  Oxforder 
BodL-Land.  35'  (s.  166)  ist  torso  geblieben.  —  s.  157  finden  sich 
Worte  's.  das  facsimile  taf.  1',  welche  nur  auf  die  ^beitrage', 
ht  anf  die  'palaeographie'  passen ,  da  das  betr.  facsimile  in  letz- 
er fehlt,  ebenso  steht  es  mit  s.  161  anm.  3  's.  die  vorletzte 
amne  der  dn  tafel'  und  mit  s.  164  anm.  2  's.  aiphabet  yon  680 
f  der  3n  tafel'.  an  letzterer  stelle  müste  die  le  tafel  citiert  sein. 
i  solcher  oonfnsionen  gibt  es  mehr. 

Befremdlich  ist  mir  die  behanptung  s.  146  f.,  dasz  'wir  für  die 
orifi  des  4n  jh.  nach  Ch.  mehr  authentische  documente  besitzen  als 
'  die  spräche ,  weil  die  letzteren  —  wenn  wir  yon  den  sicher  da- 
rten  inschrifben  absehen,  die  sich  ebenso  gut  graphisch  als  sprach- 
b  yerwerten  lassen  —  uns  doch  nur  in  jüngerer  redaction  spSterer 
flimiderte  yorliegen ,  welche  die  sprachlichen  eigentümlichkeiten 
ser  firühen  zeit  nicht  mit  der  gehürigen  pietftt  respectiert  hat.' 
i  6.  die  werke  des  Libanios,  lulianos,  Himerios,  Themistios, 
•elnos,  der  Gregore  von  Nazianz  und  yon  Nyssa,  des  Basileios, 
ipbanios  ua.  studiert  und  eine  solche  redaction  gefunden  oder 
kcht  er  nur  einen  —  jedenfalls  unerlaubten  —  rückschlusz  yon  den 
issikem?  —  Bei  dem  psalterium^  das  früher  dem  cardinal  Nico- 
[8  Cnaanus  gehörte  (s.  166),  war  zu  bemerken  dasz  es  sich  jetzt 
Coes  an  der  Mosel  befindet  (Kraus  im  Serapeum  XXYI  s.  98).  — 
lenfalls  eigentümlich  ist  die  art  wie  G.  sich  über  seine  transcription 
I  Uspenskyschen  papyrus  äuszert.  in  den  'beitragen'  I  s.  7  be- 
tkt  er:  'da  meine  nacbforschungen  nach  dem  yerfasser  resultatlos 
»lieben  sind ,  so  musz  ich  mich  damit  begnügen  hier  einfach  eine 
iiane  transcription  zu  geben ,  so  weit  sie  mir  gelungen  ist ,  und  es 
len  überlassen,  die  in  der  theologischen  litteratur  der  griechischen 
the  besser  zu  hause  sind,  dieses  Schriftstück  auf  einen  bestimmten 
rfaaser  zurückzuftihren.'  das  war  verständig  gehandelt  und  ge- 
rochen, jetzt  aber  heiszt  es  s.  181 :  'weil  ich  nicht  wüste,  ob  die- 
;  stück,  das  in  der  that  noch  nicht  herausgegeben  zu  sein  scheint, 
hi  in  irgend  einer  theologischen  samlung  bereits  gedruckt  sei, 
d  weil  es  mir  anderseits  auch  zu  inhaltsleer  erschien,  um  mich 
t  der  constituierung  des  textes  zu  befassen ,  so  hatte  ich  mich  be- 
ugt ,  einfach  eine  graphische  transcription  zu  geben ,  obwol  mir 
ei  yon  einander  unabhängige  accentullrte  Umschriften  yon  be- 
undeter  seit«  zur  yerfügung  gestellt  wurden,  die  stellenweise  ent- 
lieden  richtiger  sind  als  eine  dritte,  die  Sp.  Lampros  im  Athenaion 
I  (1877)  8.  251  publiciert  bat.'  ich  verstehe  eine  solche  spräche 
cht:  am  wenigsten  von  einem  palaeographen,  für  den  doch  der  in- 


54  KFörster:  anz.  v.  VGardthaueens  griech.  paUeographie. 

halt  eines  Schriftstückes  von  secnndärem  wert  ist  ich  hStte  es 
schön  gefunden,  wenn  6.  einfach  eingestanden  hfttte,  daas  er  viele 
fehler  in  seiner  transcription  gemacht  hahe  und  dasz  ein  eiiieblicher 
bruchteil  derselben  durch  Lampros  verbessert  worden  sei.  vgl.  jetst 
GiÜbauer  zs.  f.  d.  Ost.  gymn.  1878  s.  813^817.  —  s.  187  f^t  der 
buchstab  p.  —  Unverständlich  ist  mir  s.  193:  'im  j.  890.  914  findet 
sie  (die  cursive  form  des  v)  bereits  eine  weitere  anwendnxig  bei  KVU 
und  UV  (taf.  5  r)  14,  v  10.  12.  13  usw.).'  hier  ist  entweder  im  text 
oder  in  den  tafeln  etwas  nicht  in  Ordnung:  denn  ich  sehe  kein  kvu. 
und  hier  wie  bei  den  folgenden  tafeln  (6—11)  macht  sich  doch  dar 
mangel  an  wirklichen  Schriftproben  bei  diesem  werke  recht  ftlhlbar, 
weil  der  benutzer  nicht  in  der  läge  ist  an  wirklichen  wOrtem  die 
richtigkeit  der  von  G.  für  gewisse  buchstabenconfigurationen  ange- 
nommenen werte  zu  prüfen,  ich  gestehe  dasz  ich  in  dieser  beüefaimg 
nicht  ganz  frei  von  zweifeln  bin. 

Cap.  4:  tachjgraphie  (s.  210  —  230)  ist  zum  grOsten  teil  ans 
Hermes  XI  s.  443 — 457  und  aus  beitr.  n  s.  14 — 18  wiederholt,  aadi 
hier  so  dasz  dies  verfahren  nicht  ohne  inconvenienzen  ist.  zb.  s.  212: 
^Zusammenstellung  nach  Kopp  tachygr.  vet.  p.  453  ff.  .  .  fthnlidie 
Zusammenstellungen  des  alphabets  sind  bereits  gemacht  worden  voi 
Montfaucon  (pal.  gr.  s.  355)  und  Kopp  (tachygi*.  vet.  s.  453).'  vor 
allem  wundert  man  sich  dasz  die  einwendungen,  welche  Lehrs  (wiu. 
monatsblätter  1877  nr.  2  s.  30  f.)  gegen  G.s  ansieht  vom  griechi- 
schen Ursprung  der  tachygrapbie  gemacht  hat,  keine  berflck- 
sichtigrung  gefunden  haben,  mir  wenigstens  scheinen  dieselben  snm 
teil  recht  triftig,  gekannt  hat  sie  G.:  denn  er  bezieht  sich  8.  227 
mit  einer  allerdings  eigentümlichen  wendung  auf  den  anfsats  von 
Lehrs.  jedenfalls  kann  ich  nicht  zugestehen  dasz  G.  seine  thesia  be- 
wiesen  habe,  zunächst  hätte  meines  erachtens  der  satz  ans  dem  spiel 
bleiben  müssen :  'wenn  die  Tironischen  noten  das  vorbild  der  grie- 
chischen tachygrapbie  wären,  würde  das  Verhältnis  des  g^bens  und 
nehmens,  wie  es  nun  einmal  zwischen  beiden  Völkern  besteht,  voll- 
ständig umgekehrt  werden'  (s.  213).  haben  denn  die  Griechen  gar 
nichts  von  den  Römern  empfangen?  man  ttberschaae  nur  einmal 
den  Vorrat  der  aus  dem  lateinischen  ins  griechische  herttbergenom- 
menen  Wörter,  man  denke  an  masze  und  gewichte,  an  architeotor, 
um  sich  mit  6inem  schlage  von  der  grundlosigkeit  einer  solchen  vor* 
Stellung  zu  überzeugen,  s.  244  gesteht  G.  selbst  zu,  dasz  'die  Grie- 
chen eine  reihe  römischer  siglen,  namentlich  f)ir  eigennamen,  ans* 
drücke  des  staatslebens  usw.  nachahmten',  und  doch  läszt  er  sich 
anderseits  durch  diese  Vorstellung  s.  233  zu  der  behauptung  hin- 
reiszen :  'dasz  die  Griechen  diese  cryptographie  anwendeten,  ist  aller- 
dings, soweit  ich  sehe,  ficht  überliefert,  kann  aber  fast  mit  gewii- 
heit  vorausgesetzt  werden,  da  sie  auch  bei  den  Bömem  in  gebranoh 
war.'  nicht  günstig  ist  ferner  für  G.s  ansieht  der  widersprach ,  in 
welchen  er  geräth,  wenn  er  einerseits  behauptet  (s.  213) :  'am  meisten 
müste  man  sich  darüber  wundem,  dasz  nicht  das  praktische  bedüif- 


RFönter:  anz.  ▼.  VOardthaasens  griech.  palaeographie.  55 

ids  die  Oriechen  za  dieser  erfindong  geführt  haben  sollte,  wo  eine 
geriebtliche  imd  politische  beredsamkeit  existiert,  macht  sich  diese 
erfindmig  eigentlich  yon  selbst,  von  den  neueren  Völkern  sind  es 
diA  EnglUnder'  usw.,  anderseits  (s.  215)  das  tachygraphische  aiphabet 
nicht  in  Athen,  sondern  in  einer  dorischen  handelsstadt  wie  Korinth 
entstanden  sein  läszt.  was  wissen  wir  von  einer  gerichtlichen  und 
poUtisdien  beredsamkeit  in  Korinth  (vgl,  Cic.  BnU.  13,  49)?  wenn 
wir  OBS  aber  wundem  sollen,  so  finde  ich  es  am  wunderbarsten,  dasz 
kein  redner,  kein  lezikograph,  kein  scholiast  der  tachygraphie  bei  den 
alten  Oriechen  gedenkt,  und  namentlich  dasz  der  Grieche  Plutarch 
an  der  stelle,  wo  er  von  der  erfindung  der  notenschrift  durch  Cicero 
redet  (Cato  minor  c.  23) ,  nicht  mit  einer  silbe  die  Vorstellung  ver- 
lith,  dasz  diese  erfindung  von  seinen  landsleuten  herrühre.  —  In 
der  Inft  schwebt  femer  die  behauptung  s.  214:  'in  der  that  existiert 
eine  positive  fiberlieferung ,  dasz  bereits  wenigstens  6in  schüler  des 
Sokrates  (Xenophon)  die  reden  seines  lehrers  tachygraphisch  aufge- 
zeichnet habe.'  denn  der  ausdmck  UTTOcriMCioCcGai  in  der  dafür  an- 
geffthrten  stelle  des  Laertios  Diogenes  II  48  TiptüTOC  Ö7rocTi|Lietujcd- 
lievoc  rd  XcTÖficva  eic  dvOpoJTrouc  fit^H'^v  enthält  nichts  von  dem 
was  den  kern  der  behauptung  G.s  bildet,  von  dem  tachygraphischen, 
aondeni  beiszt  ganz  allgemein  'sich  aufzeichnungen,  notizen  machen'. 
nnd  tachygraphische  aufzeichnung  ist  geradezu  durch  den  ge- 
daaken  aosgeschlossen  von  einer  zweiten  stelle  des  La.  Diogenes 
n  122  Cifiuiv  CuiKpdrouc  btoXcTOji^vou  nva  (corr.  rtvi)  iLv  Imvti- 
|i6v€ue  intocr\ii€,iii)C€ic  ^TroieiTO.  denn  hier  handelt  es  sich  nicht 
am  augenblickliche  aufzeichnung.  auch  in  der  s.  228  angeführten 
stelle  des  Epiphanios  nötigt  nichts  bei  cr)fi€Ta  an  Stenographie  zu 
denken,  in  gleicher  weise  wird  auch  die  behauptung  (s.  228),  dasz 
*tachy graphische  Unterschriften  officielle  gültigkeit  fanden',  durch 
die  steile  des  Eusebios  bist.  eccl.  VII  30  fi^XXovTQ  bk  i\br\  kqi  cX€- 
bov  €iiT€iv  TOic  Ka6'  f)MtüV  TP^^MMOiciv  UTrocTi|Lieiou^€VOV  mit  nichten 
bewiesen.  uTrocTiM€to0c8at  hoiszt  hier  wie  uTrociiM0tiv€c8ai,  ötto- 
€f)M€tuicic,  CHMCiuiCic  bei  Eusebios  ebd.  V 19  nichts  anderes  als  'unter- 
zeichnen', ähnlich  wie  subnotare  bei  Plinius  ep.  I  10  suhnoto  libeUos, 
and  damit  ist  schon  der  erste  sehr  bedenkliche  punct  in  G.s  lesung 
der  Unterschrift  des  Leidener  papyrus  (s.  225)  berührt,  hätte  eine 
solche  tachygraphische  Unterschrift  überhaupt  gültigkeit  gehabt? 
wie  kam  man  überhaupt  dazu  nicht  mit  vollem  namen  oder  mit  an- 
fangsbuchstaben,  sondern  stenographisch  zu  unterzeichnen  ?  dasz  im 
altertom  stenographische  Unterschrift  weniger  auffallend  wäre  als  bei 
uns,  weil  es  in  ihm  nicht  mehrere,  sondern  nur  6in  stenographisches 
System  gegeben  habe  (s.  228),  ist  eine  ungenügende  ausrede,  wo 
sind  femer  beispiele  dafür,  dabz  die  blosze  namensunterschrift  ohne 
jeglichen  beisatz  ftlr  die  bestätigung  einer  Urkunde  ausgereicht 
habe?  s.  366  f.  will  G.  gar  die  Unterschrift  (KXeoTrdTpa  TTToXc^aToc) 
wegen  des  fehlenden  Kai  für  eigenhändig  halten,  keinesfalls  darf  es, 
wie  mir  scheint,  auf  grund  dieses  von  Böckh  ins  j.  104/5  gesetzten 


56         RFönter:  anz.  t.  YGardthaasens  griecb.  palaeogxaphie. 

papjrus  mit  6.  als  feststehend  bezeichnet  werden  (s.  228  f.),  dass 
schon  im  zweiten  jb.  vor  Cb.  die  griechische  tachygraphie  YoUatftndig- 
ausgebildet  und  officiell  anerkannt  gewesen  sei.  vielmebr  fiUlt  daa 
älteste  Zeugnis  für  griecb.  tacbygraphie  erst  in  die  scheide  des  iwei- 
ten  und  dritten  jb.  nach  Cb.  und  findet  sich  bei  einem  schrifttteUer, 
der  am  römischen  kaiserbofe  lebte,  nemlicb  beim  ftltem  PUla- 
Stratos,  und  zwar  im  leben  des  ApoUonios  von  Tjana  1 18  ^EeXcrdvCL 
Tf^c  'AvTioxeiac  jueTot  buoiv  GepaTrövroiv,  6  jutv  ic  rdxoc  TP^Supiuv, 
ö  bk  dcxäXXocJ  —  umgekehrt  müssen  abkürznngen  griechiacher 
Urkunden  in  gröszerm  masze  anerkannt  werden,  als  G.  dies  thim  will 
(s.  224) :  vgl.  Franz  elem.  s.  354  f.  und  Hartel  studien  über  attisehei 
Staatsrecht  und  Urkunden wesen  s.  41  ff. 

Dasz  in  Rom  noch  ein  zweiter  tacbygraphischer  griechischer 
codex  sein  sollte ,  scheint  mir  gar  nicht  so  unwahrscheinlich  wie  6. 
8.  221.   Kopps  Worte  besagen  nicht  das  was  0.  in  ihnen  zu  finden 
scheint,   dabei  möchte  ich  an  eine,  wie  es  scheint,  ganz  vergessene 
notiz  über  einen  wenigstens  einst  in  Rom  befindlichen  taohygnphi- 
schen  lateinischen  codex,  enthaltend  Hygins  werkchen  de  a8ir(mcmia^ 
erinnern,    diesen  hatte  papst  Julius  II  *e  Dacia'  geschickt  erhaltflft 
und  dem  Bembo  war  seine  entzifferung  gelungen,  worüber  dieser  am 
17n  Januar  1513  an  den  pabst  berichtet  (epist.  famil.  lib.  V  8. 570  ed» 
Patav.  1535):  'quod  ad  te  superioribus  diebus  liber  e  Dacia  est 
missus  notis  perscriptus  cum  vetustissimis  tum  aetate  nostra  inasi» 
tatis  atque  incognitis  quaeque  legi  posse  nullo  plane  modo  videbaa» 
tur,  perpetuum  in  eo  felicitatis  tuae  cursum  tenoremque  perspezi  •  * 
itaque  cum  singula  perscrutarer  oculis,  animadverti  in  eztrema  qoa- 
dam  pagina  nostris  literis  exesis  tamen  et  dimidiatis  fere  soriptam 
versiculum,  qui  ostendebat  illum  esse  librum  notis  antiqais  per- 
scriptum,    erat  autem  is  quidem  liber  Higini  commentariomm  de 
sideribuB  quaedam  portio  .  .  quamobrem  Higiniano  altere  nostria 
literis  scripto  libro  cum  Dacico  illo  collato  signifioationes  variaa 
multiplicesque  sensus  notarum  plurimarum  percepi.' 

Nicht  gelungen  ist  endlich  in  diesem  capitel  der  nachweis  da- 
für, dasz  die  drei  zur  zeit  bekannten  tacbygraphischen  hss.  in  Italieii 
geschrieben  seien  (s.  222).  von  dem  Vaticanus  wissen  wir  nnr  dnrob 
die  nacbtrttglich  hinzugefügte  aufschrift  toOto  tö  ßißX(ov  fiv  Tf^c 
^ovf)c  TT^c  KpimToq>^ppiic,  dasz  er  sich  einst  in  der  bibliothek  ni 
Grottaferrata  befand,  ebenso  beweisen  die  lateinischen  randnoten  des 
Pariser  Hermogenes  nur,  dasz  er  sich  im  14n  jh.  in  Italien  befand. 
denn  der  codex  selbst  wird  von  Gardthausen  ins  zehnte  jh.  ge- 


*  ich  weisz  nicht,  >vo  Zeibig  geschichte  und  litt,  der  geschwind- 
schreibknnst  (8e  anfl.  Dresden  1874)  s.  S9  diese  stelle  gefnnden  hat» 
er  citiert  sie  'in  den  briefen  des  Flavins  Philostratns  (Philostratas 
ApoUonio  1.  I.'  aus  ihm  hat  sie  Gardthausen  (s.  297  'Apolloniut  ^an. 
c.  1')  und  Oitibauer  (denkschriften  der  Wiener  akademie  bd.  28  s.  6  'in 
einem  briefe  des  Flavius  Philostratus*).  schlug  nicht  beiden  wenig- 
stens das  herz,  als  sie  ^EdXauvc  und  Bcpdiroiv  nachschriebeD? 


RFOnter:  ans.  v.  YGardthaasens  griecb.  palaeographie.         57 

•eist.*  und  wm  0.  als  beweis  ftlr  die  dritte  hs«,  die  Londoner  vom 
j.  972 ,  anHlhrt,  dürfte  eher  als  beweis  fttr  das  gegenteil  angesehen 
werden,  er  sagt:  Masz  die  Londoner  hs.  in  Italien  geschrieben 
wnrde,  seigt  die  von  erster  band  hinzugefügte  chronologische  tabelle 
Ton  977 — 1408  nach  Cb.  mit  ihren  occidentalen  angaben  der  jähre 
Cbiisü  und  der  epacten  hinter  den  sonnen-  und  mondcjclen,  bei 
denen  der  Schreiber  am  schlösse  der  columne  hinzufügt  xaTOi  Aari- 
vouc;  auch  die  ttberschrift  der  letzten  columne:  f|  diTOicp^uiCic  tujv 
rpaiKttiv  beweist y  dasz  der  Schreiber  kein  Byzantiner  war,  weil  er 
sonst  sicher  statt  Griechen  Bhomaeer  gesagt  hätte.'  letztern  grund 
Teraiehe  ich  gar  nicht:  rpoiKOt  ist  stehend ,  wenn  es  sich,  wie  hier, 
nicht  um  nationalen  sondern  kirchlichen  gegensatz  handelt,  und  auch 
Aonfvot  ist  die  im  munde  der  Griechen  durchaus  ttbliche  bezeich - 
nnng  für  die  abendländer. 

Cap.  5:  kiyptographie  (s.  231 — 242)  enth&lt  mancherlei  neues 
nnd  beachtenswertes. 

Cap.  6 :  abkdrzungen  (s*  243 — 260)  ist  an  sich  einer  der  wich- 
tigften  abschnitte,  von  G.  jedoch  nicht  so  gearbeitet,  wie  man  hätte 
erwarten  sollen,  mit  recht  stellt  er  es  s.  245  als  forderung  hin  'an 
datierten  hss.  nachzuweisen,  wie  der  schätz  der  gebräuchlichen  ab- 
kflnongen  sich  im  laufe  der  Jahrhunderte  verändert  nnd  vermehrt 
hat.'  aber  zur  befriedigung  dieser  forderung  ist  nicht  einmal  ein  an- 
tats  genommen,  mit  recht  bemerkt  er  auch  s.  247 ,  dasz  keine  der 
bisherigen  Zusammenstellungen  der  abkürzungen  genüge,  aber  das  gilt 
nadi  meiner  ansieht  auch  von  der  seinigen,  schon  die  anordnung 
des  veneichnisses  kann  ich  nicht  billigen,  sie  führt  zur  Unordnung. 
denn  in  dem  groszen  Verzeichnis  (s.  248 — 258)  sind  worte  und 
endungen  nicht  getrennt,  und  auf  dieses  folgt  nicht  nur  ein  Ver- 
zeichnis 'hieroglyphisch-conventioneller',  sondern  auch  ein  Verzeich- 
nis ^tachygraphiscber*  abkürzungen,  in  welchem  eine  reihe  von  siglen 
wiederkehrt,  welche  bereits  in  dem  ersten  Verzeichnis  ihren  platz 
gefunden  haben,  zb.  fürffrouv  (s.  252),  Kcrrd  (s.  253),  jLierd  (s.  254), 
irapd  (s.  255).  und  mit  welchem  recht  sind  die  verschiedenen  abkür- 
zungen für  eici  und  cTvat  s.  259  getrennt?  die  abkürzungen  der 
endungen  hätten  an  die  spitze  gestellt  werden  müssen,  aber  auch 
in  anderer  hinsieht  genügt  das  Verzeichnis  nicht,  es  läszt  kritik  ver- 
missen; Tiele  abbreviaturen  sind  sicher  ohne  erneute  prüfung  aus 
den  Ütem  Verzeichnissen  herübergenommen,  wo  findet  sich  dvTa- 
noöulCO^€V  so  wie  s.  249,  Kporruc  so  wie  s.  258,  dpxtcpeuc  so  wie 
s.  249  an  zweiter  stelle,  irapä  so  wie  s.  255  an  zweiter  stelle  ange- 

0  68 

gegeben?  wo  findet  sich  ui  statt  u)  (s.  246  und  258)  "=  d)  dvbpec 
'AOnvaiot?  Tgl.  Cobet  Mnem.  NS.  III  s.  148.  und  was  ist  beu- 
T€pövo^€V  (s.  250),  6eoq>dvou  (s.  252),  fir^vd  (s.  254)?    was  ist 


'  »o  ist  anch  die  später  hiniuffefiigte  Unterschrift  des  s.  415  er- 
wikatea  eodex  kein  beweis  dafür  aasz  die  hs.  'sicher  anf  nnteritali* 
•ehern  bodea  entstaaden'  sei. 


58  RFOrster:  anz.  t.  YGardthausena  griech.  palaeographie. 

dXdZou  (s.  259)  ?  bei  Montfaucon  steht  dXdZov.  was  ist  Tafiro, 
was,  jedoch  mit  etwas  anderm  compendiam,  aus  Mont&QCon  ent- 
lehnt ist?   was  soll  UJ  =  u)v,  iwc  (s.  258)?  statt  cutkS  ist  s.  257 

zu  lesen  cirpco.  ganz  zu  streichen  ist  (ui  (s.  258) ;  dies  beruht  nicht 
auf  abkttrznng,  sondern  auf  der  s.  113  besprochenen  nrnstellnng  der 

buchstaben.  ausgelassen  ist  dagegen  das  compendiam  btui  «ai  biidp- 
Ouüca ,  welches  s.  374  erwShnt  ist. 

Zu  cap.  7:  zahlen  (s.  261 — 269)  habe  ich  nur  zn  bemerken, 
dasz  der  satz  s.  264  'die  frühesten  beispiele,  wo  die  subscription  des 
c.  Paris.  550  in  dieser  weise  geschrieben  wurde,  bieten  wol  eine 
Wiener  hs.  und  der  c.  Paris.  555'  unverständlich  ist. 

Endlich  cap.  8:  lesezeichen  (s.  270 — 292).  zu  viel  ist  behauptet 
sowol  dasz  puncte  unter  den  zu  tilgenden  buchstaben  bei  den  (krie- 
chen ^selten  oder  gar  nicht'  angewendet  worden  seien  (s.  279),  als 
auch  dasz  unsere  hss.  in  bezug  auf  spiritus,  accente  unserer  ausgaben 
wertlos  seien  (s.  287).  sehr  sonderbar  klingt  die  an  letzterer  stelle 
gegebene  erklSrnng  für  die  Verdoppelung  des  accentes  über  fiiv,  hk 
und  andern  wörtchen:  es  seien  dies  solche  werte  'die  bei  der  be* 
tonung  gegen  die  andern  zurückstehen  und  deshalb  (?)  zum  grOszem 
nachdruck  wenigstens  durch  einen  doppelten  accent  ausgezeichnet 
werden'.  —  >  und  •>  verwendete  man  als  anftthrungszeichen  nicht 
nur  in  neutestamentlichen ,  sondern  auch  in  hss.  profaner  Schrift- 
steller (s.  277).  —  Bei  besprechung  des  X  (s.  278)  ist  die  disser- 
tation  Schraders  'de  notatione  critica  a  veteribus  grammaticis  in 
poetis  scenicis  adhibita'  (Bonn  1863),  beim  anecdotum  Parisinum 
de  notis  (s.  284)  sind  die  ausgaben  von  Beifferscheid  und  Nauck 

nicht  berücksichtigt.  —  Auf  i  als  zeichen  augenfWiger  Versetzung 
von  Wörtern  hat  OJahn  im  Hermes  II  s.  248  auf  grund  des  schoL 
zu  £nr.  Andr.  224  hingewiesen.  —  Endlich  bei  besprechung  der 
musikalischen  noten  war  des  Stückes  Pindar-melodie  (Pyth.  1)  lu 
gedenken,  welches  von  Kircher  im  kloster  S.  Salvatore  bei  Messina 
gefunden  und  in  seiner  'Musurgia  universalis^  bd.  I  s.  642  ediert, 
nachher  von  Böckh,  Westphal,  Moriz  Schmidt  ua.  behandelt  und 
von  mir,  wenn  auch  vergeblich,  gesucht  worden  ist.  vielleicht  taucht 
es  noch  einmal  in  der  Vaticana  auf:  denn  in  diese  sollen  hss.  der 
Basilianerklöster  Siciliens  im  17n  jh.  verkauft  worden  sein:  y^. 
Munter  nachrichten  aus  Neapel  und  Sicilien  s.  487. 

Das  dritte  buch  s.  293 — 448  von  den  schreiben!  und  den 
datierten  handschriften  handelnd  scheint  mir  die  am  wenigsten  ge- 
lungene partie  des  Werkes,  doch  musz  ich  mich  auf  die  hervorhebung 
einiger  puncte  beschränken. 

Cap.  1  (s.  293—310)  beschäftigt  sich  mit  den  Verhältnissen  der 
Schreiber  im  allgemeinen,  hier  kann  ich  zunächst  in  dem  ab- 
schnitt, in  dem  0.  noch  einmal  auf  die  tachjgraphie  zurückgreift, 
nicht  zugestehen  dasz  die  abkürzungen  des  cod.  Par.  219,  von  wel- 


RFOnter:  ans.  t.  YGardthausens  griech.  palaeographie.  59 

chem  Mont&QCon  pal.  gr.  s.  283  VIII  ein  facsimile  gibt,  'noch  eine 
genaue  kenntnis  der  tacbjgraphie  verrathen'  (s.  299).  jeder  kenner 
der  gellnfigen  abbreviaturen  wird  dies  stück  sofort  ohne  anstosz 
richtig  lesen,  es  sind  nur  die  gelftnfigen  abkürzungen  in  darch- 
gingiger  Verwendung,  wie  vertrftgt  sich  femer  die  behanptung: 
'die  letzten  spuren  einer  kenntnis  der  griech.  tachygraphie  führen 
ins  lOe  jh.'  (s.  299)  mit  der  gleich  darauf  folgenden  bemerkung 
'dasz  in  jenem  Pariser  codex  eine  zweite  band ,  vielleicht  im  anfang 
des  13b  Jh.,  am  untern  rande  hinzufügte:  deobÖTOu  irpecßuT^pou 
'Avnoxlctc  .  •  und  durch  ein  vorgesetztes  kreuz  auf  eine  stelle  im 
tezt  hinwies,  wo  genau  dasselbe  mit  tachygraphischen  zeichen  wieder- 
holt ist'  (s.  300).  beweist  dies  letztere  nicht  noch  kenntnis  der  tachj- 
gn^bie  im  13n  jh.?  —  Zweimal  macht  G.  (s.  302)  einen  namen  zum 
titel:  'Antonius,  der  befehlshaber  von  Korfu,  schrieb  1564  c.  Laur. 
57,  31  und  86,  11.*  es  ist  vielmehr  Antonios  Eparchos  aus  Korfu, 
wdcbes  damals  den  Venetianem  gehörte,  der  bekannte  dichter  und 
aamler  von  handschriften,  von  denen  ein  groszer  teil  nach  Augsburg 

—  jetst  München  — ,  in  die  bibliothek  von  Franz  I  —  jetzt  national- 
bibliothek  zu  Paris  — ,  in  die  bibliothek  Cosimos  I  von  Florenz  — 
jetst  Laurentiana  —  gekommen  ist.  ich  werde  bei  anderer  gelegen- 
lieit  aaf  seine  samlungen  zurückkommen,  der  andere  ist  Alexios 
Tmmpatses  von  Zante ,  welchen  0.  zu  einem  trompeter  macht :  ein 
ininm  dem  überdies  die  Verwechslung  von  Tpov\in6LTlr\c  und  TpoujLi- 
vcnipric  su  gründe  liegt.  —  Bezüglich  des  cod.  theol.  Vindob.  181 
(s.  303)  wftre  ich  wol  begierig  die  subscription  kennen  zu  lernen. 
kann  in  IcpoC  nicht  Up^uic  stecken?  vorläufig  kann  ich  an  dem 
Johannes  Citrius  keinen  anstosz  finden.  —  Bei  dem  von  Bakcheios 
Barbadorios  und  Michael  Sophianos  geschriebenen  codex  Par.  1750 

—  so  ist  wol  zu  setzen  statt  1220  nach  s.  315  und  332  —  ist  zu 
beachten ,  dasz  er  in  Padua ,  also  in  Italien ,  wo  Sophianos  groszen- 
teils  gelebt  hat,  geschrieben  ist  (s.  304).  —  Zu  viel  ist  s.  305  be- 
hauptet, dasz  sich  die  Schreiber  classischer  hss.  in  alter  zeit  nie  ge- 
nannt bitten  —  ich  erinnere  nur  an  den  Oxforder  Piaton  — ;  des- 
gleichen dasz  'die  wenigen  classiscben  hss.  vollständig  unter  der 
masse  der  theologischen  verschwinden'.  G.  gehe  einmal  die  hss. 
der  nichttheologischen  Schriftsteller  auf  diesen  gesichtspunct  hin 
durch,  oder  er  führe  sich  das  litterarische  leben  im  Zeitalter  der 
makedonischen  djnastie  vor,  und  er  wird  selbst  seiner  Übertreibung 
inne  werden.  —  Mit  unrecht  wird  s.  306  die  einmischung  fremd- 
lindischer  wGrter  wie  KairiTdvoc,  ßTi2Iop^,  ßaiq>€pevbäpioc  als  zeichen 
davon  angeführt,  dasz  die  griechischen  abschreiber  nach  der  erobe- 
mkg  von  Konstantinopel  1453  in  der  fremde  ihre  muttersprache  ver- 
lernt hätten,  solche  titulaturen  finden  sich  schon  viele  Jahrhun- 
derte früher,  ^upepcvbdpioc  zb.  schon  zur  zeit  des  Justinian,  in 
der  griechischen  spräche.  —  Ein  anderer  irrtum  liegt  der  behauptung 
1. 309  zu  gründe :  «Deroosthenes  kauft  sogar  für  zwei  xocXkoi  ein  Tpot^- 
pariöiov«,  durch  welche  G.  die  bücherpreise  im  altertum  illustrieren 


60  RFönter:  anz.  t.  YGardthansens  griecb. 

will,  denn  TP^MM^Tlbiov  ist  an  der  stelle,  ans  welcher  die  behanp- 
tung  geflossen  ist,  Dem.  g.  Dionjsod.  s.  1283  Xoßdiv  dppipiov 
q>av€pöv  Kai  ö^oXoTOU^evov  iv  TP<3(MMCiT6tb{qj  öuotv  X<Äico!v 
duJvii)Li^Vi|J  nicht  buch,  sondern  täfeichen  fttr  eine  verschreibong; 
überdies  ist  nicht  Demosthenes  der  käufer. 

Cap.  2  (s.  311 — 341)  gibt  ein  Verzeichnis  der  benannten  aehni- 
ber  bis  1600  nach  Ch.  meines  erachtens  war  G.  schlecht  beratlieiiy 
als  er  dieses  und  das  folgende  Verzeichnis  der  datierten  hss.  in  die- 
ser gestalt  der  Öffentlichkeit  übergab,  beide  verzeidmisse  sind  an 
sich  von  gröster  Wichtigkeit,  aber  es  gehören  andere  vorarbeiten  dam, 
um  ihnen  die  gestalt  zu  geben,  welche  allein  das  recht  yerleiht,  dass 
sie  veröffentlicht  werden,  es  hätten  wenn  nicht  alle,  so  doch  die 
meisten  der  in  frage  kommenden  hss.  untersucht,  die  namen  der 
Schreiber  in  der  griechischen  original  form  mitgeteilt  werden 
müssen,  auch  wäre  das  Verzeichnis  wol  besser  chronologisch 
geordnet  worden,  auch  diejenige  Vertrautheit  mit  der  geschichte  der 
Philologie ,  welche  unerläszliche  Vorbedingung  für  anlegung  solcher 
Verzeichnisse  ist,  tritt  nicht  zu  tage,  wie  konnte  sonst  s.  340  bei 
Thomas  Linacer  ein  fragezeichen  stehen,  da  die  lebenszeit  dieses  be- 
rühmten englischen  humanisten  (1460^1524)  feststeht?  wie  konnte 
der  berühmte  lehrer  des  Reuchlin  und  Bud6  s.  323  bezeichnet  wer- 
den einmal  als  'Georgius  Hermonymus  (ö  cirapTtaTOc)  s.  xVl%  das 
andere  mal  (s.  317)  als  'Charitonymus  Hermonymus^  und  s.  418  gar 
als  'ein  Schreiber  der  1467  nach  Rom  geflüchtet  war*?  wie  konnte 
s.  322  stehen:  'Georgius  Lecapenus:  um  1500.  Neap.  IV.  A.  11'? 
es  ist  der  bekannte  grammatiker  des  14n  jh.  Giorgios  Lekape&os, 
über  den  ich  zuletzt  in  dem  von  G.  citierten  programm  *de  Libanii 
libris  mss.  üpsal.  et  Lincop.'  (Rostock  1877)  s.  8  gehandelt  habe. 
der  irrtum  erklärt  sich  aus  ungenauer  benutzung  der  subscriptioii 
des  im  16n  jh.  geschriebenen  codex  Neap.  IV.  A.  11  fol.  125  oSroi 
a\  dirtcToXat  toO  Xißaviou  fjcav  T^TpctMfüi^vai  KupoO  TCuipT^ou  toO 
XeKairivoG.  hier  ist  zwischen  T^TP^tM^^vat  und  KUpoO  das  in  den 
übrigen  hss.  derselben  classe  stehende  cic  TÖ  ßtßXiov  ausgelassen« 
es  ist  zu  übersetzen:  ^diese  briefe  des  Libanios  standen  in  dem 
buche  (samlung)  des  Georgios  Lekapenos.'  —  Carilus  Antinoms, 
der  Schreiber  des  cod.  Matr.  N.  64  (Phavorinus),  durfte  s.  317  nicht 
die  Zeitbestimmung  'saec.  XV — XVP,  sondern  's.  XVI'  erhalten,  weil 
Phavorinus  Camers  seiniexikon  erst  1523  ans  licht  treten  Hess; 
Claudius  Salmasius  (s.  337)  und  Bigot  (9.  316)  waren  in  ein  ver* 
zeichnis,  welches  das  jähr  1600  zur  endgrenze  hat,  gar  nicht  anfkn- 
nehmen,  ebenso  war  s.  323  der  hegumenus  und  s.  337  der  presbjter 
wegzulassen,  wo  es  sich  um  'benannte  Schreiber'  handelt  —  Unver- 
ständlich ist  die  bemerkung  über  Adolphus  Occo:  's.  XVI  Augost.  18. 
1.  4®  —  Guelferb.  104.  509.  537.  864.  880  nach  Eberts  catal.  nnd 
Monac.  550.'  der  codex,  welcher  in  der  bibliotheca  Augnsta,  dh.  in  der 
von  herzog  August  dem  jungem  von  Braunschweig  1604  gestifteten 
bibliothek  die  Signatur  18.  1  Ms.  4  hatte,  ist  jetzt  nr.  509  in  der 


RFOnter:  anz.  y.  YGardthaasens  griech.  palaeogpraphie.  61 

bibliothek  zu  WolfenbtttteL   die  subscription  lautet  fol.  67  ^ :  l'^pa- 
^^ky  'AboXqxK  ukuiv  6  Ik  Tf)c  q>puciac  |  tuiv  tcxvuiv  kqI  Tt\c  larpi- 
Kf^c  I  biödcKaXoc  f{  axpicrfic :  l  AöHa  iravTaTabÖTii  |  Ocui :  die  be- 
Micbnnng  6  ^k  rfic  q>puciac  bezieht  sich  wol  darauf,  dasz  die  familie 
des  Adolfiia  Occo  aus  Westfriesland  stammte,    er  selbst,  der  sich 
rflhmte  so  sehGn  wie  die  Attiker  zu  schreiben  (Qesner  ep.  med.  Tigur. 
1577/4  1.  2  p.  58),  war  in  Augsburg  (1524)  geboren,   wer  jene  be- 
xiehmig  des  ö  ix  rfic  q>puciac  nicht  zugibt,  musz  annehmen  dasz  der 
codex  nicht  von  diesem,  sondern  von  Adolfus  Occo  I  aus  Osterhausen 
(1447 — 1503),  leibarzt  des  erzherzogs  Sigismund  von  Oesterreich, 
Terwandtem  des  Agricola  und  freund  des  Beuchlin',  geschrieben 
worden  ist.  —  Angelus  Vergecius,  welcher  zu  der  redensart  *6crire 
comme  nn  Ange'  anlasz  gegeben  haben  soll ,  schrieb  den  von  Kon- 
atanün  PeUeokappa  verfaszten  katalog  der  griechischen  hss.  der 
bibl.  Fcmieblandensis  Heinrichs  11  (Par.  gr.  3065)  um ,  und  dieses 
«ein  Teneichnis  ist  im  cod.  Par.  gr.  3066  erhalten.  —  Arsenios  von 
Monembesia  schrieb  auch  den  cod.  Vaticano-Palatinus  149.  —  Was 
•oll  'Antonius  Damilas  (-leus)  aus  Mailand  fund  Kreta)'  besagen 
(s.  314)?   was  ist  die  'insula  Paphus'  (s.  316)?   dem  Caesar  Stra- 
tegos  Bind  manche  hss.,  zb.  Par.  gr.  3022,  mit  unrecht  beigelegt 
worden,    einen  ^Zacharias  Calliergus  aus  Padua'  (s.  317)  gibt  es 
Aberhaapt  nicht ,  sondern  nur  einen  Zacharias  Kallierges  oder  Kai- 
liergn  ans  Kreta,  welcher  in  Venedig,  Padua  und  Rom  lebte  und  als 
heraoageber  des  Pindar,  Theokrit,  Etjm.  M.  und  Thomas  Magister 
bduttuit  ist.  —  Die  gewftbrsmftnner,  welche  s.  318  für  die  schick- 
aale der  bibliothek  des  Konstantinos  Laskaris  angeführt  werden, 
Terwechseln  sämtlich  entweder  Konstantinos  mit  Janus  L.  oder  die 
Madrider  nationalbibliothek  mit  der  im  Escurial.   das  richtige  habe 
idi  in  diesen  jahrb.  1876  s.  634  angegeben,   für  die  hss.  des  Janus 
Laskaria  ist  wichtig  die  meines  wissens  zuerst  von  Miller  (Journal 
des  savants  1868  s.  186)  gegebene  hinweisung  auf  das  monogramm 
A^.  —  Die  bemerkungen  s.  322:  ^Oeorgius  Pappadopulus :  Dionjs. 
Areopag:ita.  a.  1410.  (?)   Florenz.  Mfc.  p.  76'  und  s.  357:  'Laur.?? 
Dionjs.  Areopagita.  a.  1410.  scr.  Georg.  Pappadopulus'  waren  aus 
TUtfid'"»  zu  ergänzen  resp.  zu  berichtigen  in  Tappadopulos,  a.  1420, 
Laor.  V  26.'  —  Im  codex  Vaticanns  932,  welcher  hauptsächlich  reden 
des  Aristeides  enthält,  habe  ich  nichts  von  einer  Unterschrift  des 
Johannes  Pepagomenus  gefunden  (s.  325  und  353).  —  Der  Johannes 
ans  Corona  (s.  327)  ist  natürlich  nicht  aus  Coruna,  sondern  aus 
Korone.    vgL  oben  s.  51.   —  ^Martinus  schrieb  einige  verse  zum 
gr.-lat.  glossar  für  Karl  den  Kahlen.  Reg.'  (s.  330)  besagt  doch  etwas 
anderes  als  Montfaucons  worte  (pal.  gr.  s.  103) :  'Martinus  scripsit 
rersus  aliquot  Graecos  ad  calcem  Glossarii  Graeco-Latini  olim  San- 
gennanensis,  imperante  Carolo  Calvo.'  —  Sophianos  Melissenos  ist 


'  wgL  epiii.  illustr.  vir.   ad   Reachlinum   1.   3  und   4.      Veith  bibl. 
Aofiut.  bd.  Vlll  1.  70  ff. 


62  RFörster:  anz.  v.  VGardthansenB  griecb.  palaeogiaphie. 

zu  scheiden  von  Michael  Sophianos  (s.  332).  ersterer  ist  von  Kreti, 
letzterer  von  Chios :  vgl.  Sathas  veoeXX.  (ptXoX.  ceX.  177  und  SS4. 
Cap.  3:  ein  Verzeichnis  der  datierten  handschriften  bis  1600, 
leidet,  abgesehen  von  den  beim  vorigen  cap.  bertlhrten  prindpielka 
ausstellungen,  noch  an  verschiedenen  besondem  m&ngein.  zonftehit 
ist  nicht  ontersncht  worden,  ob  die  byzantinische  rechnnng  mit 
1  September  als  Jahresanfang  noch  nach  der  einnähme  von  Konstan- 
tinopel in  geltung  blieb,  ob  mithin  bei  den  vom  1  September  bis 
31  december  geschriebenen  hss.  5509 ,  nicht  5508  vom  weltjahr  in 
abzug  zu  bringen  seien ,  um  das  entsprechende  jähr  der  christliohen 
aera  zu  erhalten.  G.  sagt  nur  s.  342 ,  dasz  dies  fraglich  bleibe,  so- 
dann ist  eine  starke  Verwirrung  dadurch  in  das  Verzeichnis  gekom- 
men,  dasz  sehr  oft  dieselbe  hs.  zweimal,  einmal  mit  dem  richtigen, 
das  andere  mal  mit  dem  bisher  angenommenen  falschen  datom  er- 
scheint^ so  steht  s.  351 :  '*  R.  3386.  P.  2572.  Moschopnlos.  %.  1896 
(nicht  1396).  scr.  Georg,  sac.',  und  doch  ist  s.  356  stehen  geblieben: 
T.  2572.  Manuel  Moschopulus.  a.  1396.'  hier  wäre  eine  genaoe 
kenntnis  der  subscription  noch  dazu  fttr  feststellung  der  seit  des 
Moschopnlos  wichtig :  vgl.  Ritschi  praef.  Thom.  Mag.  s.  LI  f.  ebenso 
steht  s.  353  (vgl.  auch  s.  322) :  'Matr.  N.  75.  Sophocles.  a.  1333 
(Dec.)  scr.  Georg.  Cinnamus'  und  gleichzeitig  falsch  s.  354 :  *Mair. 
N.  75.  Sophocles.  a.  1343  Dec.  scr.  Georgius  Cinnamus.'  s.  354  steht 
einmal:  'Bodl.  Barocc.  156.  Macarius.  a.  1344  (n.  1345)  Deeemb.' 
und  wenige  zeilen  darauf  doch:  ^Bodl.  Barocc.  156.  Maoarins.  a. 
1345.'  s.  356:  T.  708.  Job.  Chrysost.  a.  1396  (nicht  1306.  katslog)', 
und  doch  ist  s.  352  stehen  geblieben :  T.  708.  Job.  Chrysostom.  a. 
1306.'  s.  359:  'Taurin.  XXm.  b.  V.  3.  Thomas  Aquinas.  a.  1442 
Nov.  scr.  Gregor,  mon.'  und  gleich  darauf:  ^Taurin.  XXIII.  b«  V.  3. 
Thomas  Aquin.  a.  1443.  scr.  Gregor,  mon.'  nach  dem  katalog  ist  aber 
der  codex  'anno  6941  mense  Novembri',  mithin  1432  geschrieben. 
s.  360:  •Taurin.  CXLVm.  b.  U.  1.  Demetrius  MyrobUta.  a.  1464 
nicht  1368  (katal.).  scr.  Cosmas  gramm.',  und  doch  s.  361:  ^Tanrin. 
148.  b.  II.  1.  Demetrius  Myroblita.  a.  1468.  scr.  Cosmas  gramm.' 
über  den  cod.  Laur.  81,  7  ist  an  drei  stellen  verschiedenes  aasge- 
sagt: s.  362  z.  11  dasz  er  im  j.  1475  von  Job.  Rhesus  in  Grotta- 
ferrata  geschrieben  worden  sei;  ebd.  z.  5  vu.  dasz  er  1485  in  Grotta* 
ferrata  nur  angeblich  oder  gar  nicht  von  Job.  Rhesus  —  denn  was 
soll  '[scr.  Job.  Rhesus]'  bedeuten?  — ;  endlich  s.  327  dasz  er  im 
j.  1485  von  Job.  Rhesus  geschrieben  worden  sei.  letzteres  jähr  ist, 
wenn  wir  Bandini  folgen  dürfen,  unrichtig :  es  steht  )yiT)VÖC  AvrfOli- 
CTOU  Xa  ,au  £ßbo|Lir)KOCT0u  e\  hinsichtlich  des  Schreibers  sagt  der- 
selbe: ^scriptus  a  loanne  Rhoso,  licet  nomen  sileatur.  hunc  enim 
characteris  forma  manifeste  prodit.'—  s.  357  steht:  **Laur.  55,  ?Ero- 
temata.  a.  1414  Dec'   es  ist  cod.  Laur.  55,  7,  aber  geschrieben  icaTd 


*  die  fälle,   wo  dieselbe  hs.   aus  versehen  zweimal  hinter  «inander 
aufgeführt  ist,  übergehe  ich. 


BFOnter:  anz.  v.  YGardthausens  griech.  palaeographie.         63 

la^va  AcK^pßpiov  toO  ^^uikt'  ^touc,  also  nicht  1414,  sondern  1314, 
und  so  steht  richtig  s.  352:  *Laar.  55,  7.  Theodorus.  a.  1314  Dec' 

—  s.  358  findet  sich  erst:  **Laur.  79,  1.  Platarch.  a.  1431  (anter 
1429).  ser.  Gerardns  i.  Mantna'  und  eine  zeile  weiter:  *  *  Laur.  69, 1. 
Plntürcb.  a.  1431.  scr.  Qerardos/  ersterer  codex  ist  als  gar  nicht 
existierend  xn  streichen.  Montfaacon  ist  an  dem  irrtum  unschuldig. 
eiB  mnderes  versehen  ist  O.  bei  dem  Schreiber  dieses  codex  begegnet, 
s.  323  hfilt  er  '*Oerardus  Ik  TTarpuiv  iroXaiuiv:  Platarch.  a.  1431. 
Lanr.  69,  1'  and  ^Girardos  aus  Methone:  Isokrates.  s.  XIV.  Bodl. 
Gaoon.  87  (cryptogr.)%  wenn  auch  nur  vermutungsweise ,  trotz  der 
▼erschiedeiüieit  der  heimat  und  lebenszeit  für  identisch,  und  s.  413 
Usrt  er  Girardas,  den  Schreiber  vom  j.  1431,  aus  Methone  stammen. 

—  Namentlich  aber  ist  G.  dadurch  zum  versehen  zweimaliger  an- 
fthmng  derselben  hs.  geführt  worden,  dasz  er  sich  die  identität 
vieler  codd.  Coisliniani  mit  Petropolitani  hat  entgehen  lassen  (zb. 
CoisL  91  —  Petrop.  73.  Coisl.  212  =  Petrop.  100.  Coisl.  379  — 
Petrop.  113.  CoisL  350  =  Petrop.  58  •.  Coisl.  300  -=  Petrop,  116). 
diese  hss.  sind  nach  der  plünderung  der  abtei  S.  Germain  des  Pr6s 
ia  folge  der  französischen  revolution  1794  durch  Vermittlung  Du> 
browskis  nach  Petersburg  gelangt:  vgl.  Francklin  'les  anciennes 
bibliothöqnes  de  Paris'  I  s.  124  und  Hausmann  Gott.  gel.  anz.  1874 
st.  21  8. 649.  —  Ein  unangenehmes  mis Verständnis  liegt  den  werten 
s.  339 :  theodorus  mon. :  Missionarinm.  a.  1075.  Gennensis  (Hero- 
dot  ed.  Stein  1869  p.  YU)'  und  s.  347 :  ^Genuensis.  «Missionarium 
Urbenomm.»  a.  1075.  scr.  Theodorus  mon.  (Herodot  ed.  Stein 
18G9  p.  Yn)'  zu  gründe,  wie  konnte  G.  die  werte  Steins  'cum 
codiee  quodam  bibliothecae  Genuensis  «Missionariorum  Urbanorum» 
oontinenti  Proverbia  Ecclesiasticum  Canticum  Canticorum  cum  Ca- 
tena  interpretum'  gar  so  flüchtig  ansehen !  es  handelt  sich  um  einen 
codex  der  biblioteca  dei  Missionari  urbani  zu  Genua,  einer  biblio- 
thek  welche  39  griechische  hss.  (allerdings  nur  kirchlichen  inhalis) 
enthält.  G.  hat  diese  bibliothek,  wie  viele  andere,  s.  433  nicht  er- 
wähnt, vgl.  Blume  biblioth.  libr.  mss.  Italica  und  Serapeum  XVIII 
143.  übrigens  zweifle  ich  bei  der  ähnlichkeit  der  subscriptionen  nicht, 
dasz  dieser  codex  von  demselben  Theodoros  geschrieben  ist  wie  der 
codex  Vaticano  •  Reginensis  18.    die  subscription  jenes  lautet  nach 

Stein:  iT€X€iuj'  f|  b^XTOC  amr\  biet  X^ipöc  Geob"^  a  ^iivi  ^aiui  k9. 
tvbtmaivoc  iT  ^v  Tip  ,^q)Trr  ?t€1,  die  des  Beginensis:  iTcXeiiiOri  i\ 
bcXTOC  1  auTTi  CUV  vf\  iiipa  Taü|Tnc  beur^pa  ßißXuj  biet  |  x^^pöc 

9coöuipou  I  a  I  \ir\y\  q>€U^  it  ivb.  la  ftouc  ^gq)TTa.  —  Ein  anderes 
Tereehen  ist  in  den  werten  s.  349 :  ^Escurial  (Sirlet  b.  Miller  p.  306). 
Ephraem.  a.  1156.'  im  Escnrial  (cod.  X.  1.  15)  befindet  sich  nur 
das  Verzeichnis  der  hss. ,  welche  der  cardinal  Wilhelm  Sirlet  besasz ; 
die  hs.  selbst  befindet  sich  in  der  Vaticana,  in  welche  Sirlets  hss. 
gekommen  sind. 

Zu  cap.  4 :  Unterschriften  (s.  365 — 383)  habe  ich  wenig  zu  be- 


64  RFörster:  anz.  v.  VGardthausens  griecb.  palaeognq^hic, 

merken,  s.  372  ist  zu  den  arbeiten  von  Jahn  und  Beifbraoheid  hin- 
zuzufttgen :  Haase  de  latinorum  codicum  mss.  sabscriptioiiibiis  oom- 
mentatio ,  vor  dem  index  lectt.  von  Breslau  1860/61.  —  Die  JUiUX' 
Schrift  welche  Tischendorf  publiciert  hat^  IujAwou  |üU)vaxoO  Ccpilou 
ist  nicht  ^mit  ebenso  groszem  recht  auf  den  besitier  wie  md  den 
Schreiber  des  codex'  (s.  375),  sondern  nur  auf  den  erstem  in  be- 
ziehen, der  blosze  genetiv  spricht  ebenso  sehr  für  den  beeitier  wie 
gegen  den  Schreiber. 

Auch  cap.  5 :  Chronologie  der  schreibet  (s.  384 — 405)  ist  eine 
sehr  dankenswerte  Zusammenstellung  der  in  griech.  hss.  YOikoiniiieih 
den  aeren ,  indictionsangaben,  sonnen-  und  mondkjklen«  —  PitUkii 
wäre  s.  388  besser  'unzuverlässig*  als  Verdächtig'  genannt  wordtn. 
—  s.  397  wüste  ich  nicht  wie  sich  aus  den  angeführten  beispidea 
der  Bchlusz  rechtfertigen  liesze ,  welcher  mit  den  werten  eingeleitet 
wird :  'man  könnte  also  geneigt  sein  in  der  angäbe  der  sonnen-  md 
mondkjklen  eine  eigenart  italischer  hss.  zu  sehen.'  —  Wie  will  0.  in 
dem  satze  'manchmal  findet  man  in  subscriptionen  die  monate  mit 
ihren  classischen  namen  bezeichnet,  was  sich  in  der  litteratnr  sebon 
1308  bei  Oeorgius  Pachymeres  (s.  o.  s.  117),  in  hss.  aber  schwerliek 
lange  vor  dem  jähre  1500  nachweisen  läszt'  (s.  400)  das  jähr  1306 
rechtfertigen?    soll  dies  das  jähr  der  abfassung  der  schrift  sein ,  in 
welcher  jene  stelle  vorkommt?  aber  Oeorgios  Pachymeres  sohrieb 
die  geschichte  des  Michael  Palaeologus  (1261 — 1282),  in  welcher 
sich  dies  citat  findet,  schon  im  alter  von  19  jähren  (I  s.  IIB)  und 
zwar  zum  teil  als  auTÖiTTiic ,  auszerdem  aber  die  geschichte  des  An- 
dronikos  II  Pal.  bis  1308.   oder  soll  das  jähr  1308  sich  auf  den  In- 
halt der  betreffenden  stelle  beziehen?   aber  dort  handelt  es  sidi  am 
das  jähr  ^?i|iQa'  —  6.  druckt  s.  117  den  fehler  der  Bonner  aosgabe 
jS\\^ga  wieder  ab  —  dh.  1281,  das  todesjahr  des  Michael  Palaeologus. 
übrigens    hat  Pachymeres   auch    bereits  die  thronbesteigong  des 
Michael  (1261)  'GKaTO^ßaidivoc  tQ  npiuTr)  (II  4  s.  90B)  daiiMt 
was  die  annähme  dieser  datierungs weise  betrifft,  so  hängt  dieselbe 
gewis  mit  der  auf  das  altertum  zurückgehenden  Strömung  der  re- 
naissance  zusammen.  —  Leider  bin  ich  wegen  mangels  an  nmterial 
auszer  stände  zu  der  fi*age  über  das  alter  des  Townleyschen  Homer- 
codex (c.  Bum.  86)  Stellung  zu  nehmen,  die  herausgeber  der  pelaeo- 
graphical  society  (s.  67)  setzen  ihn  ins  jähr  1210  oder  1255,  G.  ist 
geneigt  sich  für  das  j.  1344/45  zu  entscheiden  (s.  405);  OLehmuin 
endlich  (Hermes  XIV  s.  408)  setzt  ihn  1120  oder  1165  mit  der  be- 
merkung,  ein  einziger  flüchtiger  blick  lehi*e  dasz  die  hs.  dem  14n 
jh.  nicht  angehöre,    also  drei  palacographen  und  drei  verschiedene 
Jahrhunderte!   man  sieht,  noch  ist  dafür  gesorgt,  dass  die  bftome 
der  griech.  palaeographie  nicht  in  den  himmel  wachsen. 

Wieder  schwächer  ist  cap.  6 :  heimat  der  Schreiber  (s.  406— 
429),  mit  einer  skizze  über  die  Verbreitung  des  griechischen  susammen* 
fallend,  von  der  übersehenen  litteratur  ist  besonders  Haase  'de  medü 
aevi  studiisphilologicis'  (Breslau  1856)  undFaure  'm61angesd*bistoire 


BFOnter:  maz,  t.  VOardthatiBenB  griech.  palaeogpraphie.  65 

litt^nire'  I  s.  147  ff.  ^star  les  hell^nistes  en  Italie  du  X  au  XV  «  siöcle* 
banrorroheben.  von  einzelheiten  bemerke  ich  folgende:  dasz  das 
itadimn  des  griecbischen  in  Italien  zunächst  in  Spanien  eine  ver- 
praiidte  bewegnng  henrorgemfen  habe  (s.  420),  ist  nicht  richtig. 
iowol  DentBehland  als  Frankreich  sind  vor  Spanien  in  diese  bewegung 
emgetreten.  —  Aach  das  dürfte  nicht  leicht  zu  beweisen  sein ,  dasz 
üdi  der  bauptstrom  der  flaohtlinge  nach  der  eroberung  Konstantin 
Dopeb  besonders  nach  Kreta  gewendet  habe,  Antonius  Damilas, 
Johaones  Rhosus  und  Angelus  Vergecius,  welche  G.  (s.  414)  dafür 
•aftlhrt ,  sind  geborene  Kreter.  —  Sehr  willkommen  wBre  auch  ein 
wagmM  dafür  gewesen,  dasz  'Bessarion,  der  an  der  spitze  der  grie- 
ebiaehen  klQster  üntentoliens  stand ,  die  wertyoUsten  hss.  von  dort 
Bach  Grottaferrata  schaffen  liesz'  (s.  416).  —  Wie  will  0.  beweisen, 
dan  cod.  Par.  206  in  Oberitalien  geschrieben  sei  (s.  420)?  die  von 
Ifonifaocon  (pal.  gr.  s.  68)  mitgeteilte  subscription  besagt  doch 
■Qr,  dasz  der  Schreiber  Walter  aus  Bergamo  war.  —  Eine  starke 
abertreibong  liegt  in  der  behauptung  s.  412:  ^von  Madrid  bis  nach 
M oakan  gibt  es  kaum  irgend  eine  griechische  bibliothek,  zu  der  diese 
Atlioakl^ter  nicht  ihren  beitrag  geliefert  htttten.'  für  die  kenntnis 
der  in  den  Athoskl(5stem  befindlichen  hss.  ist  auf  Walpole  ^memoirs 
relatiBg  to  European  and  Asiatic  Turkejr'  (London  1817),  Zachariae 
▼.  Lhigenibals  reise  in  den  Orient  und  Pischon  *dio  mönchsrepublik 
des  borges  Athos'  (in  Baumers  bist,  taschenbuch  1860)  zu  yerweisen. 
—  Viel  zu  weit  ist  0.  auch  in  der  negation  s.  406  gegangen ,  dasz 
in  der  palaeographie  die  nationalschrifken  fast  gänzlich  fehlten,  indem 
die  annähme  der  überlegenen  griechischen  cultur  gleichbedeutend 
gewesen  sei  mit  der  aufgäbe  der  nationalität.  das  wahre  ist,  dasz 
wir  mit  unsem  beschrttnkten  mittein  zur  zeit  noch  nicht  im  stände 
sind  solche  nationalschriften  sicher  nachzuweisen,  im  übrigen  ist  G. 
selbst  auf  solche  nationale  oder  provinciale  eigenheiten  der  schrift 
aafn>erksam  gewesen,  er  redet  selbst  s.  415  von  einem  unteritali- 
ichen  ductus  der  griech.  minuskel  und  gesteht  (s.  407)  zu,  dasz  sich 
die  unteritaliscben  hss.  als  solche  erkennen  lassen,  ferner  gehören 
hierher  seine  bemerkungen  s.  408:  ^bei  dem  c.  Bodl.  5771  sprechen 
die  unbeholfenen  griech.  Charaktere  ebenso  wie  die  arabischen  rand- 
BOten  gleichmäszig  für  die  orientalische  provenienz'  und  s.  409 
'die  minnskelhss. ,  die  in  Aegypten  und  Sjrrien  geschrieben  sind, 
haben  noch  etwas  Selbständigkeit  erhalten  . .  so  hat  man  auch  in  dem 
igjpüschen  und  syrischen  ductus  noch  die  meiste  ähnlichkeit  ent- 
decken wollen  mit  der  schwungreichen  schrift  der  Araber.'  wenn  er 
aber  s.  407  behauptet,  dadz  das  was  Scholz  von  Thracien  gesagt 
habe,  sicher  falsch  sei,  so  wäre  ich  auf  den  beweis  dafür  gespannt. 
was  hat  Scholz  gesagt?  'viele  in  Thracien  geschriebene  hss.  haben 
eine  schiefliegende  schrift,  und  die  anfangsbuchstaben  besonders  ein- 
lelner  abschnitte  nähern  sich  den  slavischen.*  wie  will  G.  diese  vor- 
sichtige behauptung  widerlegen? 

Cap.  7 :  angewandte  palaeographie  (s.  430 — 448)  gibt  zunächst 

JAhrMckM*  fttr  elMS.  philol.  1880  hft.  1.  5 


66         RFörster:  anz.  v.  YGardthauseiu  griedu  paUeognpUflii 

ein  Verzeichnis  der  wichtigeren  kataloge  griechischer  hss«,  sodiBB 
anweisungen  zur  vergleichung  der  hss.,  endlich  eine  kiuie  dankeBi- 
werte  auskunft  über  die  methoden  der  reproduction  Ton  hie.  wie 
die  hauptsache,  jenes  Verzeichnis,  betri£ft,  so  bedanre  ich  daex  O.  hur 
nicht   gröszere   Vollständigkeit   angestrebt  hat.    ich  wttrde  keine 
bibliothek  weggelassen  haben,  welche  griechische  hss.  enthilt.  denn 
es  musz  eine  stelle  geben,  an  welcher  derjenige,  der  hss.  eines  anton 
sucht,  vollständige  auskunft  darüber  erhält,  wohin  er  eich  su  wen- 
den hat.   und  eine  griechische  palaeographie  mit  so  amfaeaendem 
plan  scheint  mir  dafür  die  rechte  stelle  zu  sein,   besser  wäre  es  ge- 
wesen nicht  ein  Verzeichnis  der  kataloge,  sondern  der  bibliothekea 
zu  geben,   denn  so  ist  es  gekommen ,  dasz  die  auch  an  gziechiselNB 
hss.  so  reiche  Ambrosiana,  desgleichen  die  Mutinensis  gaih  fehlt 
und  auch  die  Vaticana  hätte  streng  genommen  fehlen  müssen :  denn 
es  gibt  keinen  gedruckten  katalog  der  griechischen  hss.  derselben. 
der  von  O.  (s.  434)  angeführte  katalog  der  Assemani  ist  nicht  über 
die  orientalischen  hss.  hinausgekommen  —  nur  tom.  11  p.  3  s.  952 
— 956  werden  die  von  Andriani  und  Yatacci  geschenkten  griech.  hat. 
aufgezählt  —  und  die  beiden  andern  schriffcen  von  Schow  und  Dndik 
geben  nichts  weniger  als  kataloge  der  codd.  Vaticani  graed.   Bei&r- 
scheids  aufsätze  beschäftigen  sich  nur  mit  den  hss«  der  lateinischen 
kirchenväter.     überhaupt  ist  factisch  durchaus  nicht  alles  aasge- 
schieden, was  sich  nicht  auf  griechische  hss.  bezieht.  —  Zwei  acbriften 
sind  nicht  benutzt,  welche  besonders  dazu  gedient  haben  wflrdeiiy 
manche  lücke  in  diesem  Verzeichnis  auszufüllen:  Eckard  'Übersicht 
der  örter  wo  die  bekanntesten  griech.  Schriftsteller  gelebt  haben  nnd 
grundlage  zur  geschichte  der  bibliotheken,  wodurch  jene  in  hss.  sind 
erhalten  worden',  Oieszen  1776,  eine  brauchbare  oompilation;  nnd 
Mohnike  'geschiebte  der  littcratur  der  Griechen  und  Bümer*  bd.  I 
8.  41  ff.    im  einzelnen  habe  ich  folgendes  zu  bemerken,   weder  die 
bibliothek  des  cardinal  Ridolfi  noch  die  des  Alberto  Pio  waren  s.  431 
unter  den  altem  bestand  der  bibliothek  des  Escurial  aufzunehmen, 
erstere  hätte  vielmehr  ihren  platz  bei  der  nationalbibliothek  von 
Paris,  letztere  bei  der  Vaticana  und  der  bibliothek  von  Modena  haben 
müssen.  —  Für  Brüssel  ist  zu  beachten  der  'catalogne  de  tons  ka 
livres  manuscrits  qui  se  sont  trouv6s  dans  les  bibliothöquee  des 
J^suites  des  Pajs-Bas  lors  de  leur  suppression  et  qui  ont  6t6  placte 
dans  la  biblioth^que  de  Bruxelles'  1778 — 1780;  für  Kopenhagen 
der  'catalogus  bibliothecae  Rostgaardianae'  (Havniae  1726)  —  wo- 
zu jetzt  Graux  'notices  sommaires  des  mss.  grecs  de  la  grande  biblio- 
th(^que  rojale  de  Copenhague'  (Paris   1879)  gekommen  ist;  für 
Upsala:  'codices  manuscripti  Graeci  Hebraei  Arabici  XÜlll  quos 
liberalitati  BjörnstShl  debet  bibliotheca  üpsaliensis  Stockhdmiae 
1785  ab  Espling  compositi';  fürSkoklosterbei  üpsala:  'catalog 
öfver  Manuscriptema  Pergamentstrjcken  i  Grefliga  Braheska  Bibli<H 
theket  pä  Skokloster  af  M.  Job.  Henr.  Schröder'  in  Handlingar 
rörande  Skandinaviens  Historia  bd.  XII  und  XUI  (Stockholm  1825 


BFOnter:  uue.  v.  YGardthaaseni  griecb.  palaeographie.  67 

id  1828);  ffkr  die  bibliotheken  Italiens  im  allgemeinen :  Beth- 
■IIB8  beriebt  im  arcbiv  fttr  ältere  deutsche  gescbichte  bd.  Xu ;  ftlr 
Lorenz  noch  die  aufsätze  von  Piccolomini  in  der  Bivista  di  filo- 
^  n  8.  401—423  und  JJI  s.  150—152,  Ansiani  'della  biblioteca 
adieeo-Lanreniiana'  (Furenze  1872);  für  die  Vaticana  war  darauf 
BZiiweiaen,  dasz  nach  der  'beschreibung  der  stadt  Rom'  III 2  s.  305 
r  eod.  Yat.  3953  Piatinas  Verzeichnis  der  codd.  Vaticani  enthält, 
Htgleicben  dasz  nach  üffenbach  (reisen  III  s.  573)  auch  in  Amster- 
m  ein  Verzeichnis  der  vaticanischen  hss.  ist.  was  die  Palatina 
id  den  von  G.  s.  434  angeführten  katalog  Sjlburgs  betrifft,  so 
Sekte  ich  darauf  hinweisen,  dasz  die  hss.  noch  heute  dieselben 
omnem  nicht  nur  in  Heidelberg,  sondern  auch  in  der  Vaticana 
ibcB.  wenigstens  stimmt  dies  fQr  die  19  codd.  Palatini  graeci, 
dche  ich  verglichen  habe,  mithin  ftlllt  Sjlburgs  sehr  sorgältiger 
ttalog  eine  iQeke  in  unserer  kenntnis  der  Vaticana  aus.  es  scheint 
ir  sogar  nicht  unmöglich,  dasz  Leo  AUatius  und  Iguatius  de  Portu 
liu  sich  bei  der  katalogisierung  der  in  die  Vaticana  versetzten 
%.  «n  Sjlburgs  arbeit  gehalten  haben,  übrigens  enthält  nach  Rühl 
I  diesen  Jahrb.  1873  s.  144)  auch  der  cod.  Barberin.  XXXVm  90 
B  Verzeichnis  der  Palatini  mit  ihren  jetzigen  nummem.  —  Für  die 
eginensis  musz  man  sich  einstweilen  mit  dem  alten  in  Mont- 
DCOBS  bibliotheca  bibl.  mss.  t.  I  publicierten  katalog  begnügen; 
CBBO  ftür  die  ürbinas  mit  dem  inventar,  welches  der  erste  biblio- 
ckar  derselben  Federigo  Veterano  gemacht  hat  (Giomale  storico 
«ü  archivi  Toscani  VI  (1862)  s.  127—147.  VII  (1863)  s.  46—55. 
K> — 154),  obwol  dasselbe  allerdings  bei  weitem  nicht  alle  später 
die  Vaticana  versetzten  codd.  Urbinates  umfaszt.  auch  von  der 
ttoboniana  gibt  das  im  cod.  Esc.  X.  1.  15  enthaltene  und  von 
iller  (catal.  s.  304  ff.)  publicierte  Verzeichnis  der  hss.  des  cardinal 
riet  keine  vollständige  auskunft.^  denn  die  Ottoboniana  bestand 
cht  blosz  aus  diesen  hss.,  und  aus  Sirlets  bibliotbek  waren  schon 
ifber  hss.  für  die  alte  Vaticana  gekauft  und  dieser  einverleibt  wor- 
n.  von  den  162  handschriften  des  klosters  S.  Basilio,  welche 
^Menteils  aus  Caldbrien  stammend  im  vorigen  Jahrhundert  in  die 
Eticana  versetzt  worden  sind,  gibt  Montfaucon  diar.  Ital.  s.  210 — 
fl  ein  Verzeichnis,  endlich  bemerke  ich,  dasz  auch  hss.  der  familie 
>lonna  in  die  Vaticana  gekommen  sind,  unter  den  römischen 
oeterbibliotheken  fehlt  die  von  S.  Gregorio,  in  welche  Gregor  XVI 
8.  von  S.  Michele  di  Marano  versetzt  hat  (Betbmann  im  archiv  für 
tere  deutsche  gesch.  XII  s.  650).  an  letzterer  stelle  (s.  417)  ist 
ich  ein  Verzeichnis  der  hss.  des  commendatore  Torquato  Bossi  auf 
fm  Quirinal  abgedruckt,  für  die  Chisiana  und  Barberina  ist  einst- 
ellen auf  Siebenkees  bei  Harles  introd.  in  bist,  linguae  gt.V  (Alten- 
arg 1792)  8.  61 — 67  zu  verweisen. 

Für  England  ist  nachzutragen:  Durbam  mit  dem  katalog  von 


^  aoch  eod.  Vat.  3970  soll  ein  vcrzcicbnis  der  hss.  Sirlets  enthalten. 

5* 


68  RFörster:  anz.  y.  VGardthausena  griech.  palaeogn^bie. 

Bad  ^catalogus  mss.  ecclesiae  cathedralis  Dunelmensis'  (Dunelmiae 
1824)  und  die  biblioihek  des  £arl  of  Leicester  in  Holkham  mit  hand- 
schriftlichem katalog,  in  welche  hss.  der  biblioteca  Oiustiniani  aus 
Venedig  gekommen  sind :  vgl.  archiv  XII  s.  653.  bei  Cheltenham 
war  nicht  nur  der  vom  grttnder  der  bibliothek  verfaszte  'catalogaa 
librorum  mss.  ex  bibliotheca  D.  Thomae  Phillipps'  1837  —  68  za 
nennen,  sondern  auch  der  ausführliche  katalog  der  ehemaligen  biblio- 
theca Claramontana  der  Jesuiten  zu  Paris  (Paris  1764),  welche  den 
grundötock  erst  der  bibliotheca Meermanniana,  dann  der  Phillippsiana 
in  bezug  auf  die  griech.  hss.  bildet. 

In  Deutschland  fehlt  Eberts  katalog  der  Dresdener  biblio- 
thek, bei  Nürnberg  Mannerts  ''miscellanea  meist  diplomatischen  in- 
halts'  6.  55— 111.  —  Die  Münchener  bibliothek  hat  auch  nach  der 
katalogisierung  Hardts  Zuwachs  an  griechischen  handschriften  er- 
halten, ganz  ausgelassen  ist  die  bibliotheca  Lobcowiciana  zu  Baud- 
nitz,  deren  katalog  in  Bohusl.  Lobkowicii  carmina  ed.  Mitis  (Prag 
1570)  und  in  Balbini  Bohemia  docta  ed.  Ungar  t.  lU  s.  210  fL  ent- 
halten ist.  für  die  handschriften  der  Corvina  in  Budapest  ist 
jetzt  auf  Heinrich  und  Abel  in  den  litterarischen  berichten  ans 
Ungarn  bd.  I  heft  3  und  bd.  11  heft  4  zu  verweisen,  bei  Baszland 
fehlt:  Clossius  über  die  hss.  auf  russischen  bibliotheken  in  Sejobodes 
n.  archiv  f.  philol.  UI  s.  20— 31.  für  den  Athos  ist  zu  bemerken 
dasz  der  von  Sathas  publicierte  katalog  des  Chrysanthos  Notaras  be- 
reits am  anfang  des  18n  jh.  gemacht  ist,  also  heute  keine  gewfthr 
mehr  hat.  Duchesne  und  Bayets  ^m6moire  sur  une  mission  au  mont 
Athos'  ist  für  kenntnis  der  hss.  nnergibig.  für  die  patriarchal- 
bibliothek  in  Kairo  ist  jetzt  noch  auf  die  in  Alezandria  erscheinende 
Zeitschrift  K^Kpoip  zu  verweisen.  beiEonstantinopelists.  438 
grosze  confusion.  es  sind  zu  scheiden:  1)  die  Serailbibliothek,  Aber 
welche  nun  nicht  mehr  auf  Weissenbom  in  diesen  jahrb.  1857  abt. 
II  8.  201—203  und  Mordtmann  im  Philol.  V  s.  758—762  und  H 
582 — 584 ,  sondern  auf  Dethier  in  den  litt,  berichten  aus  Ungarn 
n  s.  565  fif.  zu  verweisen  ist;  2)  die  bibliothek  des  patriarchen  von 
Jerusalem  im  kloster  des  h.  grabes  (Bethmann  im  archiv  f •  ft.  d. 
gesch.  IX  s.  645  ff.  Sathas  fi6C.  ßißX.  I  s.  285  ff.);  3)  privatbiblio- 
Üieken,  deren  heutige  ezistenz  zweifelhaft  ist.  die  verzeichnisae  der 
letztem  habe  ich  im  original  in  meinem  programm  'de  ant.  et  libris 
mss.  Const'  (Bostock  1877)  abgedruckt.  —  Ganz  zu  streichen  war 
8.  439  Tervanoglu  Griechenlands  neuste  handschriftliche  forschon- 
gen' :  denn  dieser  aufsatz  beschäftigt  sich  nur  mit  den  publicationen 
von  Sathas.  dafür  durfte  noch  angeführt  werden  die  bibliothek  von 
Edschmiadzin ,  welche  nach  dem  katalog  von  Brosset  'catalogue  de 
la  bibl.  d'Edschmiadzin'  (Petersburg  1840)  auch  griechische  hand- 
schriften enthält 

Ein  anhang  (s.  449 — 459)  gibt  eine  synchronistische  tabelle 
der  jähre  der  weit ,  der  jähre  nach  Christi  geburt ,  der  indictionen, 
sonnen-  und  mondkyklen  von  800—1599.   s.  460—470  enthält  die 


HROnfch:  abfall  dee  aoslautenden  /  an  yerbalfonnen.  69 

ngistar,  s.  471  und  472  nachtrüge  and  berichtignngen.  tafel  1  gibt 
die  fonnen  der  bucbstaben  in  der  alten  (ca.  330 — 697),  tafel  2  in 
der  jungen  nnciale  (s.  VlU— XI),  tafel  3  in  der  majuskelcnrsive, 
tafel  4  in  der  minnskelcursive,  tafol  5  in  der  alten  (a.  835 — 914), 
tafel  6  and  7  in  der  mittlem  (a.  950—1083),  tafel  8—11  in  der 
jungen  minnskel  (1104 — 1496).  tafel  12  gibt  ein  tacbjgraphisches 
syUnbar. 

Rostock.  Biohard  Förster. 


9. 

ZEUGNISSE  AUS  DEE  ITALA  FÜR  DEN  ABFALL  DES 
AUSLAUTENDEN  T  AN  VEEBALFORMEN. 


BekannUich  zeigt  sieb  in  den  verschiedensten  zeitperioden  der 
ktemiaehen  spräche  bis  auf  die  altitaliscben  dialekte  zurflck  der  ab- 
fiiD  des  analaatenden  /  der  dritten  person  des  sing,  und  plur. ,  dorn 
bei  dieeem  letztem  bisweilen  auch  das  schwinden  des  vorangehen- 
den nasale  oder  dessen  ersatz  dnrch  m  zur  seite  geht,  formen  wie 
Me  dtäfo  ans  den  Zeiten  der  repablik,  ama  vota  nosci  relinque  peria 
in  den  ans  der  zeit  des  Augnstus  nnd  seiner  nftchsten  nachfolger 
stnamenden  griffelinschriften  von  Pompeji,  fec&um  posuerum  aus 
einer  weitem  periode,  hdbuise  dehuera  restüuenm  aus  dem  dritten 
jk.  nseh  Ch.,  feoerun  cupmn  deflen  exurgere  exhibere  frequentare 
aus  dem  vierten  jh.  und  tthnliche  formen  aus  diesen  und  späteren 
zaitrionien  sind  sprechende  beweise  fUr  die  im  volksmund  üblich  ge- 
wesene abwerfung  des  oder  der  auslautenden  flexionsconsonanten, 
welche  schüeszlich  auf  dem  boden  der  romanischen  töchterspracben 
zor  herechaft  gelangte. 

Aach  in  den  von  Hieronjmus  unabhängigen  lateinischen  ver- 
fiooen  der  bibel  sind  derartige  beweise  zu  finden ,  und  wir  stellen 
die  nns  innerhalb  dieses  gebietes  vorgekommenen  hier  in  der  kürze 
znttmmen. 

In  der  jedenfalls  ältesten  Urkunde  der  Itala,  dem  kostbaren 
erangdiencodex  Palatinus  n.  1185  der  Wiener  bibliothek  aus  dem 
vierten  oder  fünften  jh.,  in  silberschrift  auf  230  mit  purpur  getränk- 
ten pergamentblättem ,  tritt  nur  eine  einzige  verbalform  dieser  gat- 
tnng  anf,  nemlich  (unan  in  der  stelle  Luc.  20,  46  qui  am  an  sälu- 
tatkmis  «»  q>tXouvTUiV  dciracfüiouc;  —  desgleichen  in  dem  Bo- 
biensis  jetzt  Taarinensis  der  evangelien  aus  dem  fünften  jh,  und  ver- 
mntiich  africanischer  herkunft,  Marc.  15,  41  cum  esse  (von  erster 
oder  zweiter  hand  in  esset  umgeändert)  in  Oaliiaea  »»  ötc  t^v  i\  t^ 
ToXtXaiqu 

Ebenfalls  nur  6inen  beleg  liefert  der  aus  dem  sechsten  jh.  stam. 
mende  Cantabrigiensis  der  evangelien  und  apostelgeschichte  in  Act- 


f. 


70  HKönsch:  abfall  des  auslautenden  t  an  verbalfonnen. 

20,  23  quia  vincUla  et  tribtdationes  manen  mi  (fi^oucCv  fiOt)  tu 
Hierosolymis  (ed.  Scrivener,  Cambridge  1864,  s.  406). 

Eine  bessere  ausbeute  gewährt  der  wahrscheinlich  am  ende  das 
sechsten  jh.  geschriebene  Claromontanus  der  Paulinischen  briefe,  in 
welchem  die  singularformen  vuly  väle^  inquirere,  pates  und  die  pland- 
formen  salutan,  haben  y  intendany  veniun  vorkommen,  nemlich  Born. 
9,  18  igitur  ergo  cui'vul  deus  miseritury  quem  autem  vulinämrat. 
hierzu  vgl.  den  namen  Quodvuldeus  bei  Renier  inscr.  Born,  de  TAl- 
6rie  n.  870,  1  und  bei  de  Bossi  inscr.  christ.  urbis  Bomae  n.  436 
vgl.  Max  Hoffinann  'index  grammat.  ad  Africae  proyinciarum  TripoL 
Bjrzacen.  procons.  titulos  lat.',  Straszburg  1878,  s.  63.  162).  Hebr. 
9,  17  testamentum  enim  in  mortuis  confirmatwr,  quoniam  nonäwm 
vale  dum  (Icx^ei  Sre)  vivU  qui  testattur.  8,  7  nam  si  tBnd  (festa- 
mentum)  prius  culpa  vacassety  non  secundas  inquirere  («3  -rent) 
locus  (falsche  Übersetzung  von  oök  &v  beuT^pac  i2[T)T€tT0  töttoc,  als 
ob  beuT^pac  der  plural  imd  d^n'^^^'^o  ^^^  medium  wäre ;  vnlg.  ntm 
utique  secundi  locus  inquireräur).  I  Cor.  12,  3  et  nemopoies  (öu- 
vaTat)  dicere  dominum  lesum  Christum  nisi  in  spiriiu  sancto*  Hebr. 
7,  25  t4tu2e  d  sähos  in perpetuum potes  (öüvarm)  facere  aocedentes 
(so  lies  für  accendentes)  per  ipsum  ad  deum.  Phil.  4,  22  salutan 
vos  (dcirdZovrat  öjLiäc)  omnes  sancti,  maxime  autem  qui  de  Oaesaris 
sunt  domo.  Hebr.  5, 14  perfectorum  est  autem  sdida  esco,  quiaprppkr 
habitfi(fn)  sensus  exercitatus  haben  (tüjv  . .  ixöyrwy)  ad  discrimma 
boni  et  mailL  I  Tim.  1, 4  {ne  atüer  doceant)  neque  intendan  fäbmKs 
(jivibk  irpoc^x^^v  ^uOoic)  et  geneaHogüs  infinitis.  Hebr.  8,  6  vHiu- 
perans  enim  eos  didt^  JEkxe  dies  veniun  (^pxovTCu),  dieit  domirn^ 
et  di^ponam  . . 

Ebenso  viele  belegetellen  finden  sich  in  dem  g^gen  das  ende 
des  sechsten  jh.  vielleicht  auf  der  insel  Sardinien  angefertigten,  die 
apostelgeschiohte  lateinisch  (links)  und  griechisch  (rechte)  enthalten- 
den cod.  Laudianus,  in  welchem  wir  lesen  Act.  5^  16  ita  ut  ptateit 
eicerent  aegrotos  etponeren  ante  eos  (TiO^vai  ffiirpocOev  oAtuiv) 
in  lectulis.  11, 1  audierun  autem  (fiKOucav  bi)  apostoU  et  firaires .  • 
11,  18  audientes  autem  haec  tacuerun  (f|cuxotcav)  ä gUfrifkaivenMt 
jdeum.  15,  5  surrexerun  (^Hav^CTTicav)  auJtem  • .  17, 12  ertdi* 
derun  (dTtiCTCucav)  et  gentüium  {muUi) . .  17,  32  (oinii)  audis- 
een  .  .  20,  34  qui  sun  meoum.  21,  4  diceban  per  spiritum»  la 
bemerken  ist,  dasz  in  den  drei  letzten  stellen  der  corrector  A  das 
auslautende  t  beigeschrieben  hat 

Anhangsweise  erwähnen  wir  noch  die  lesung  des  cod.  0  («»  S. 
Galli  752,  saec.  IX)  cum  bullierin  in  der  von  VBose  so  trefflich 
edierten  und  erläuterten  'epistula  Anthimi  de  observatione  oibomm' 
c.  75,  nebst  dem  hin  weis  in  Teufifels  geschichte  d.  rttm.  litt*  ••  1119 
auf  die  in  reimen  wie  personat  —  pignora^  torridi  —  obatruU  bei 
Sedulius  sich  zeigende  unhörbarkeit  des  auslautenden  t  zur  damali- 
gen  zeit. 

LOBBNSTEIM.  HBBMAinf  BÖKSOB. 


AEoMner:  anz.  ▼.  CLUrlichfl  de  vita  et  honoribos  Taciti.        71 

10. 

Q.  F.  F.  F.  Q.  8.  IK8TITUTO  AROHAEOLOOICO  ROMANO  UfPERII  OERMA- 
HICI  DBCEM  LU8TRA  FBLIOITER  PERAOTA  AMIOA  MEKTE  QRATUJLA- 
TUR  BONAQUB  VOTA  FAOIT  UNiyER8ITA8  LITTBRARUM  lULIO-MAXI- 
MILIANA  niTERPRETB  CaROLO  LuDOV ICO  ÜRLI0H8I0  PHILO- 
LOaiAB  F.  P.  O.  INB8T  COMMBNTATIO  DB  YITA  ET  HOMORIBUS 
TaOITI.  DUODECIMUM  IN8TITUTI  WAONBRIANI PROQRAMMA.   Wirce- 

burgi  ex  iypis  Stahelianis.   MDCCCLXXIX.    24  s.  gr.  4. 

Seiner  'commentatio  de  vita  et  honoribus  Agricolae'  (WOrzburg 
1868)  hat  ürlichs  jüngst  die  in  der  überBchrift  bezeichnete  abhand- 
hmg  folgen  lassen,  wie  das  erscheinen  jener  frühem  arbeit  durch 
die  jnbelfeier  der  Bonner  Universität  veranlaszt  war,  so  ist  diese  neue 
Studie  rar  beglttckwünschung  des  archäologischen  Instituts  in  Rom 
bei  der  feier  seines  fün&igjährigen  bestehens  geschrieben,  jene  erste 
sebrift  hat  der  früh  verstorbene  OClason  in  diesen  jahrb.  1870 
«.  477-^93  ausführlich  besprochen  und  dabei  die  forschung  selbst 
weiter  ra  führen  gesucht,  die  nachstehende  besprechung  von  ürlichs' 
neuer  abhandlung  begnügt  sich  die  wichtigsten  ergebnisse  derselben 
cn  verseichnen  und  einzelne  puncto,  welche  der  vf.  nur  angedeutet 
kat,  aneiaführen;  sie  will  das  Studium  der  schrift  nicht  ersetzen, 
eoadeni  empfehlen,  aus  keinem  referat  liesze  sich  die  fülle  gedie- 
geaer  gelehrsamkeit,  die  feinheit  der  combination  und  die  eleganz 
der  dmtellung  ersehen,  wodurch  auch  diese  jüngste  schrift  von 
U.  den  leser  fesselt. 

Die  schriftstellerischen  motive  des  Tacitus  sind  durch  seinen 
lebensgang  bestimmt;  vollständiger  als  aus  den  dürftigen  Zeugnissen 
wird  dieser  durch  die  vergleichung  mit  der  laufbahn  hervorragender 
seitgenossen  erkannt,  durch  umsichtige  aufsuchung  und  vorsichtige 
Verwertung  passender  analogien  hat  U.  manches  unsichere  im  leben 
des  Tac.  zu  bestimmen,  manches  dunkle  aufzuhellen  gewust. 

Mit  Borghesi  übereinstimmend  nimt  U.  wie  früher  (de  vita  et 
hon.  Agr.  s.  25 ;  Würzburger  festgrusz  s.  6)  do  auch  jetzt  das  Jahr  56 
(oder  55)  nach  Ch.  als  geburtszeit  des  Tac.  an.  als  söhn  eines  ritters, 
wahrscheinlich  des  aus  Plinius  n.  h.  VII  76  bekannten  procurators 
von  Belgica,  wurde  Tac.  durch  Vespasian  trihunus  fnüitum  latidavius; 
in  der  mutatio  ardinis ,  an  welche  sich  die  Übertragung  einer  stelle 
im  vi^miivircUus  durch  den  senat  anschlosz,  bestand  die  hist.  I  1 
erwähnte  dignitas  a  Vespasumo  incohata,  diese  erklärt  ü.  weiterhin 
im  einklang  mit  Borghesi  so,  dasz  Tac.  durch  Titus  die  quaestur  er- 
sieh {di^äcis  a  Tüo  audd),  die  er  am  5n  december  81  antrat,  dann 
durch  Domitian  84  aedil  oder  (10  dec.  83)  volkstribun  und  88 
praetor  wurde  {dignitas  a  Domitiano  longius  proveda).  der  letzte 
puact  steht  bekanntlich  durch  das  eigene  zeugnis  des  Tac.  XI  11 
fest,  ebenso  dasz  er  damals  bereits  ein  sacerdatium  quindecimvirale 
bekleidete ;  für  die  früheren  ämter  sind  wir  bei  der  unbestimmten 
lasuing  der  atelle  hist.  1 1  auf  combination  angewiesen,  für  diese  aber 


72         AEuBsner:  anz.  v.  CLUrlichs  de  vita  et  honoribns  TaeitL 

ist  die  annähme  des  geburtsjahres  und  die  auslegung  von  dignitas 
incohata  entscheidend,  versteht  man  diese  worte  von  dem  ersten 
ma^istratus  senatoriuSj  so  wird  man  mit  Nipperdej,  welcher  be- 
kanntlich 54  als  das  geburtsjahr  des  Tac.  annimt,  auf  das  j.  79/80 
für  die  quaestnr,  81/82  für  das  volkstribunat  oder  82  für  die  aedilitSt 
geführt,  nach  Haase,  der  die  geburt  des  Tac.  in  das  j.  58  seist  und 
bei  dignitas  incohata  an  den  vigintiviratus^  bei  aucta  an  ein  sacef' 
dotium  oder  munus  extraordinarium  denkt,  wäre  Tac.  unter  Domitisn 
84  quaestor,  86  tribun  oder  aedil  und  demnach  ohne  längere  zwi* 
schenzeit88  praetor  gewesen,  ü.  hat  sowol  gegen  Nipperdey  als  gegen 
Haase  gewichtige  bedenken  erhoben ,  seine  eigne  berechnong  aber 
sehr  wahrscheinlich  gemacht,  die  Verzögerung  der  praetor  erklärt 
sich  nach  U.  aus  dem  Verhältnis  Domitians  zu  Agricola:  Tac.  worda 
übergangen,  nachdem  sein  Schwiegervater  in  Ungnade  gefallen  war 
{Ägr*  40) ;  als  dieser  durch  kluge  mäszigung  den  kaiser  sa  besänf- 
tigen wüste  (ebd.  42),  kam  auch  Tac.  zu  ehren  und  erhielt  die  prae- 
tur  für  das  jähr  in  welchem  die  saecularspiele  gefeiert  wnrden. 

Wie  Nipperdej  und  Haase  so  vermutet  auch  ü.  namentlich  im 
hinblick  auf  Plinius  ep,  VI  6,  3.  9  und  auf  die  spuren  im  dialogus  nnd 
selbst  in  den  Annalen  (IV  52.  XIE  3.  XIV  19),  dasz  Tac.  schaler 
Quintilians  war.  das  nach  ep.  VII  20  an  Plinius  geschickte  badi 
des  Tac.  war,  wie  U.  gegen  Mommsen  annimt,  ein  rhetorisches;  das 
ep.  VIII  7  erwähnte  war  vermutlich  der  dialogus  de  araioribH8^  wd» 
eher  beträchtlich  später,  als  er  geschrieben  war,  und  nicht  ohne 
zeitgemäsze  änderungen  veröffentlicht  sein  musz. 

Lange  bevor  Tac.  ^s  Schriftsteller  auftrat,  auch  vor  seinem 
eintritt  in  den  senat  vermählte  er  sich  mit  der  tochter  des  Agricolai 
unmittelbar  nach  dessen  consulat,  das  dieser  am  schlusz  des  ersten 
oder  im  zweiten  ntmdinium  77  erhielt,  und  vor  dessen  abgang  nach 
Britannien,  welchen  Nipperdey  wol  mit  recht  noch  in  den  spätson^- 
mer  des  nemlichen  Jahres  setzt,  gewis  waren  es  die  ersten  redneri- 
schen erfolge,  wodurch  sich  Tac.  dem  Agricola  empfohlen  hatte: 
denn  dasz  er  ihn,  wie  Haase  vermutete,  74 — 77  als  coniubemäUs 
{comes)  nach  Aquitanien  begleitet  habe,  ist  aus  dem  chronologischen 
gründe  nicht  möglich,  weil  das  von  Tac.  nach  dial,  1  angehörte  ge- 
spräch  über  die  redner  zu  Rom  im  j.  76  stattfand  (vgl.  Wflnborger 
festgrusz  s.  1  —  6). 

Nach  der  praetur  gieng  Tac.  in  eine  provinz;  er  selbst  berichtet 
Ägr.  45,  dasz  er  vier  jaiire  von  Bom  abwesend  war.  U.  hält  es  mit 
Borghesi  für  wahrscheinlich,  dasz  Tac  nach  Belgica  kam  and  hier 
auch  manche  künde  über  Germanien  einzog,  jedenfalls  war  seine 
provinz  eine  kaiserliche:  denn  um  senatorische  looste  man  erst 
fünf  jähre  nach  der  praetur ;  um  diese  zeit  aber  kehrte  Tac.  schon 
wieder  nach  Bom  zurück,  wann  er  in  die  provinz  gegangen  war^ 
ist  nicht  sicher.  U.  hat  in  seiner  ausgäbe  (Würzburg  1876)  Agr.  46 
quadriennium  in  triennium  geändert  und  dies  im  rhein.  mos.  ZXXI 
s.  527  f.  begründet:  da  nemlich  die  wünsche  und  ahnungen  Agri- 


AEatmer:  aoz.  v.  CLÜrlichs  de  vita  et  honoribas  Taciti.         73 

Golat  (e.  44),  zu  deren  erläuterung  Dion  LXVn  12  dient,  mit  Trajans 
eonavlAi  während  der  vier  erbten  mpnate  des  j.  91  zusammenhängen, 
so  sei  Tic.  wol  erst  91  in  die  provinz  abgegangen;  bis  zu  seiner 
tpüeatens  im  firtthling  94  erfolgten  heimkehr  seien  also  nur  drei 
jähre  ¥erlaafen.  wenn  Tac.  schon  89  in  die  provinz  abgieng,  wie 
Borgbesi  annahm,  so  wäre  qu4idrienniuin  doch  nicht  richtig,  ü.  er- 
sdilietzt  nemlich  ans  Snet  Dam^  4,  dasz  die  Statthalter  damals  um 
die  Jahreswende  ernannt  wurden,  also  jedenfalls  frtth  im  jähre  ab- 
reisien.  da  nun  Tac.  nach  seinem  eignen  zeugnis  beim  tode  seines 
•ehwiegerraters  am  23  august  93  und  auch  noch  bei  der  später 
erfolgten  yerurteilung  des  Baebius  Massa  nicht  in  Bom  war,  so  wird 
er  eni  am  anfang  94  zurückgekommen  sein,  vom  frttlgahr  89  bis 
daliin  94  aber  sind  nicht  vier  sondern  ftinf  jähre,  ü.  hält  daher 
teifie  äadenmg  triennium  noch  jetzt  für  wahrscheinlich,  wolle  man 
das  flberlieferte  quadriennium  halten,  so  sei  der  abgang  des  Tac. 
TOD  Bom  mit  Nipperdej  jedenfalls  in  den  frfihling  90  zu  setzen,  und 
et  müaee  angenommen  werden,  dasz  Trajan  schon  durch  seinen 
naneh  nach  Germanien  im  j.  88  bei  Agricola  so  glänzende  erwar- 
toBgeB  erregt  habe. 

Daes  Tao.  nach  seiner  rflckkehr  aus  der  proyinz  das  consulat 
Bieiit  erliieit,  erkennt  ü.  wie  Mommsen  als  Zurücksetzung.  Tac. 
teilte  Domitians  nngnade  mit  andern  ausgezeichneten  männem ;  er 
trag  sie  mit  resignation,  indem  er  mehrere  jähre  hindurch  nur  sei* 
neA  Obliegenheiten  als  Senator  und  den  pflichten  seines  priester- 
amtee  aacbkam.  mag  er  dabei  an  centumviralgerichten  thätig  ge- 
weeea  eein ,  so  blieb  er  doch  namhaften  processen  fem ,  wie  seine 
aadentimg  Ägr.  39  (vgl.  3)  über  studia  fori  et  civüium  arttum  decus 
m  süemiimm  acta  zeigt,  wenn  Tac.  diese  durch  den  despotismus 
Domitians  geschaffenen  zustände  beklagt,  so  thut  er  es  nicht  um  bei 
politiachen  gegnera  sein  vieljähriges  schweigen  zu  entschuldigen 
oder  um  (ür  die  unter  dem  gestürzten  regime  genossene  gunst  eine 
nachsichtigere  beurteilung  zu  erlangen,  also  nicht  weil  dies  das  beste 
mittel  zor  gewinnung  der  öffentlichen  meinung  gewesen  wäre ,  son- 
dern einiäch  weil  ihm  jene  zustände  wirklich  beklagenswert  er- 
schienen, hat  sich  doch  sein  freund  Plinius  wiederholt  in  gleichem 
simae  darüber  ausgesprochen  ep,  Vm  14,  8.  pan,  76,  und  zwar  in 
einer  seit  in  der  die  dem  Tac.  untergeschobenen  gründe  ganz  un- 
mO^eh  waren. 

Als  nach  dem  regierungsantritt  des  Nerva  ein  stürm  gegen  die- 
jenigen sich  erhob,  welche  in  den  letzten  jähren  Domitians  eine  rolle 
gespielt  hatten,  da  hielt  Tac.  sich  zurück,  selbst  als  Plinius  den  tod 
des  Helridius  Priscus  an  dessen  ankläger  Publicius  Certus  zu  rächen 
uaiemahm  und  die  Senatoren  zu  geteilten  kundgebungen  hinrisz  (ep. 
DL  13),  schwieg  Tac  standhaft.  Nerva  lohnte  ihm  diese  probe 
staaismianischer  klugheit,  übrigens  nicht  sehr  eilig,  durch  ver- 
leihoBg  des  consulats. 

Als  eonsnl  hielt  Tac.  nach  dem  zeugnis  des  Plinius  ep.  11  1,  6 


74         AEussner:  anz.  y.  CLUrlicbs  de  vita  et  honoribui  TlaeitL 

dem  Yerginios  Bufas  die  gedächtnisrede.  aus  dieser  nachricht  ergibt 
sich  die  Zeitbestimmung  fttr  sein  consulat.  bekanntlich  etarb  der 
greise  Verginius  an  den  folgen  eines  Sturzes  nach  längerer  krankheit 
fiel  sein  tod  noch  in  das  j.  97,  so  gehört  das  consnlat  des  Tac.  dam 
letzten  nundinium  desselben  Jahres  an.  dieser  bisherigen  annähme  hat 
Julius  Asbach  ^analecta  historica  et  epigraphica  latina'  (Bonn  1878) 
s.  16 — 18  die  stelle  aus  Plinius  jpan.  58  erat  in  $enaiu  (er  eonaül^  atm 
tu  tertium  constUatum  recusahas  entgegengehalten,  der  beieiohnete 
consular  kann  nur  Verginius  sein;  da  Trajan  das  consnlat  im  j.  98 
ablehnte,  so  musz  Verginius  dieses  jähr  noch  erlebt  haben;  sonach 
hat  Tac.  als  consul  im  j.  98  den  verstorbenen  gefeierte  nimt  man 
nun  mit  Borghesi  und  Henzen  viermonatliche  nundinia  an ,  ao  filUt 
das  consulat  des  Tac.  in  die  monate  mai  bis  august;  denn  im  «raten 
nundinium  bekleideten  Nerva  und  Trajan  mit  Libo  (oder  Frontiniia?) 
das  consulat,  im  letzten  nach  Mommsen  Proculns  und  Lupus« 

Aus  Plinius  ep.  IV  13,  10.  VI  9  ergibt  sich,  daaz  Tac  im 
winter  102/3  in  Rom  verweilte,  umgeben  von  einer  sciiar  strebsamer 
Jünglinge,  dasz  er  aber  im  j.  106  abwesend  war.  über  die  swisdien- 
zeit  fehlt  jede  künde:  denn  ob  die  andeutung  des  Plinius  ^»  lY  24,  3 
auf  ihn  oder  auf  Pomponius  Bassus  sich  bezieht,  bleibt  zweifelhaft, 
im  j.  106  aber  waren  die  Historien  schon  bis  auf  die  zeit  des  Titos 
fortgeführt,  wie  aus  Plinius  ep.  VI  16,  1.  20,  1  (VII  33)  erhellt; 
sonach  waren  gewis  sechs  bücher  vollendet,  sind  nun  die  Annalen, 
wie  aus  11  61  und  IV  4  hervorgeht,  um  116  herausgegeben,  so  hat 
Tac.  zu  den  letzten  8  büchem  der  Historien  und  zu  den  16  bfloheni 
der  Annalen  zehn  jähre  gebraucht,  nachdem  er  ein  grttaeres  ge- 
Schichtswerk  schon  98  angekündigt  {Agr,  3),  mit  der  ansarbei- 
tung  aber  wol  erst  103  ernstlich  begonnen  hatte,  in  diese  seit  flUlt 
wahrscheinlich  auch  der  abschlusz  seiner  rednerischen  sdhriften* 
diese  waren  es  wol,  die  er  an  Plinius  zur  durohsicht  schickte,  wie 
auch  ihm  der  freund  seine  arbeiten  dieser  art  vorlegte  und  sich  sei- 
nes beifalls  freute.  Tac.  war,  wie  U.  vermutet,  jener  gelehrte  be- 
urteiler,  dessen  Plinius  ep.  VIH  3,  1  gedenkt,  ob  Tac.  die  frtthen 
bücher  der  Historien  den  freunden  mil^eteilt  oder  öffentlich  vor^ 
getragen  hat,  was  Mommsen  für  wahrscheinlich  hftlt,  Iftszt  ü.  m- 
entschieden,  die  ergreifende  Vorlesung,  von  welcher  Plinios  qi. 
IX  27,  1  berichtet,  hat  nach  der  ansieht  von  ü.  nicht  Tac.  gehalten, 
sondern  'Rtinius  Capito,  der  nach  ep.  VHI  12,  1.  4  vortrSge  Aber 
exitus  inlustrium  virorum  angekündigt  hatte,  wenn  aber  Plinius 
die  Historien  nicht  gehOrt  hatte,  gelesen  hat  er  sie  gewis  nm  das 
j.  108  oder  109;  denn  sein  damals  geschriebenes  briefchen  IX  16 
enthftlt  eine  frische  reminiscenz  an  eine  Historienstelle,  die  wir  ans 
Orosius  Vn  10  kennen. 

Die  Vertiefung  in  seine  historischen  arbeiten  war  ohne  sweifal 
ein  beweggrund  fir  Tac.  sich  von  den  geschftften  snrficksnaiehen. 
doch  erschien  er  gewis  noch  bisweilen  in  der  stadt  und  in  der  enrie; 
die  Senatsprotokolle,  deren  benutzung  er  selbst  XV  74  bezeugt, 


AEiwner :  ans.  ▼.  CLÜrlichs  de  Tita  et  honoribiu  Taciti.         75 

konnte  er  nur  in  Born  studieren,  wie  einst  Sallustius  seinem  groszen 
werke  zwei  monographien  vorangehen  liesz,  so  hat  auch  Tac.  zwei 
kleinere  aobriften  als  vorlftufer  der  Historien  und  Annalen  veröfFent- 
lieht.  man  hat  noeh  eine  weitere  Ähnlichkeit  gesucht:  wie  Sallustius 
ans  persönlicher  Terstimmung  vom  öffentlichen  leben  zurücktrat,  so  soll 
Tae.  sieh  zurtlckgezogen  haben,  weil  ihm  die  durch  die  vUa  Agrioolae 
beabsichtigte  capUUio  henevolefUiae  des  Trajan  nicht  geglückt  sei 
and  weil  auch  die  Germaima  seinen  stolzen  träum,  für  Germanien  zu 
werden  was  Agricola  für  Britannien  geworden,  nicht  erfüllt  habe. 
dagegen  seigt  ü.  dass  es  einer  captatio  des  Tngan  nicht  bedurfte. 
als  nemlich  Tac.  zwei  jähre  nach  dem  erscheinen  seines  Agricola 
Marina  Priscus,  den  gewesenen  proconsul  von  Africa,  im  auf  trag 
dce  Senates  anklagte,  zeigte  Trajan,  der  dem  anftrag  selbst  gewis 
nicht  fem  stand,  als  Vorsitzender  consul  rege  teilnähme  an  der  Ver- 
handlung und  hat  sich  dem  beifall,  welchen  der  senat  zollte  ^  nicht 
entsogen«  wie  man  aus  Plinius  ep.  11  11,  10  ersieht  dem  Schwie- 
gervater des  Tac.  aber  war  Trojan  einst  nicht  nur  bekannt,  sondern 
befreundet  gewesen,  wie  sich  aus  Ägr.  44  ergibt,  wenn  man  nicht 
Tae.  der  lüge  zeihen  will,  und  wozu  hätte  Tac.  Tngan  geneigt 
stuBmen  wollen?  ein  commando  für  sich  zumal  in  Germanien  konnte 
er,  der  nicht  einmal  eine  legion  befehligt  hatte,  von  dem  kriegs- 
knndigen  kaiser  nicht  erwarten,  eine  cura  consularis  aber,  eine 
seaalsprovinz  oder  die  fünfzehnjährige  anwartschafb  auf  ein  procon- 
solat  wird  Tac.  der  für  sein  lebenswerk  nötigen  musze  kaum  vor- 
gezogen haben. 

Noch  bevor  Tac.  diese  genosz ,  schrieb  er  den  Agricola  und  die 
Gerwkmia.  wenn  die  beiden  erstlingsschriften  des  Sallustius,  der 
doch  bereits  als  Privatmann  schrieb,  zur  politischen  tendenzlitteratur 
gerechnet  worden  sind,  so  lag  es  noch  näher,  in  jenen  kleinen  ar- 
beiten, welche  Tac.  kurz  vor  seinem  consulat  und  gleich  nach  dem- 
selben erscheinen  liesz ,  eine  politische  tendenz  zu  suchen,  hat  doch 
Tac.  nicht  nur  Agr.  17  den  Frontinus,  welcher  damals  gerade  wie- 
der consul  war  oder  zwischen  seinem  zweiten  und  dritten  consulate 
stand,  als  groszen  mann  gepriesen,  sondern  ebd.  c.  3  die  regierung 
des  Nerva  und  Trajan  offen  gefeiert  und  die  unvollständigen  erfolge 
Tngans  in  Germanien  wenigstens  durch  eine  andeutung  Germ.  37 
erklärt,  namentlich  aber  bat  er  Agr,  42  am  schlusz  der  erzählung 
von  dem  lebensgange  seines  Schwiegervaters  die  merkwürdige  nutz- 
anwendung  ausgesprochen :  posse  etiam  suh  malis  prindpibus  magnos 
viro$  esse,  nach  Walchs  Vorgang  sind  diese  mit  dem  nachdrucks- 
vollen 9ciani  eingeführten  worte  von  mancher  seite  als  ausgangs- 
punct  für  die  Würdigung  der  vita  Agrioolae  gewählt  worden,  wer 
aus  ihnen  auf  einen  tendenziösen  Charakter  dieser  biographie  schlieszt, 
Büste  immerhin  auch  das  berühmte  maneat  quaeso  duretque  usw. 
Gtrm.  33  als  ein  zeichen  betrachten,  dasz  diese  geographisch-ethno- 
graphische Studie  eine  politische  tendenz  habe,  natürlich  nimt  U. 
weder  jenes  noch  dieses  an;  er  erinnert  an  das  von  Livius  XXVI 


76         AEnsener:  aoz.  v.  CLÜrlicbs  de  yita  et  honoribTU  TadtL 

22,  14  gebrauchte  dudant^  worin  übrigens  die  ironifiche  fftrbimg  un- 
verkennbar ist,  und  an  das  Taciteische  maneani  ann.  m  55.  die  be- 
treffenden Worte  Ägr.  42  verteidigen  den  standpnnct  des  Agricola 
gegen  die  stoiker,  welchen  Tac.  auch  an  andern  stellen  derbiogn^hie 
gegenübertritt,   was  Tac.  aber  hier  ausgesprochen  hat,  das  steht  in 
vollem  einklang  mit  allen  stellen  seiner  spätem  werke,  in  denen  er 
seiner  Überzeugung  über  den  wert  einer  zeitgenössischen  Persönlich- 
keit werte  leiht    daher  weist  ü.  übereinstimmend  mit  Andresen 
entschieden  die  annähme  zurück,  dasz  Tac.  einen  speciellen  oder  per- 
sönlichen grund  gehabt  habe,  die  haupttugend  der  mSszigung  an 
Agricola  so  hSufig  hervorzuheben,  in  der  that  hatte  weder  Tac.  nodi 
sein  Schwiegervater  etwas  gemein  mit  den  unterthänigen  hOflingen 
Domitians  und  seinen  angebem.   ihm  konnte  keine  besondere  gnnst 
des  kaisers  vorgeworfen  werden,  von  dem  er  nicht  einmal,  wie  doch 
selbst  ein  Helvidius  Priscus,  das  consulat  erlangt  hatte,  indem  Tao. 
den  von  Agricola  eingenommenen  standpunct  vertritt,  gibt  er  nur 
den  wahren  ausdruck  seiner  auffassung ;  er  müht  sich  nicht  als  ad- 
vocat  einen  dienten  zu  verteidigen;  er  verfoszt  keine  anklage,  weder 
gegen  Domitian  noch  gegen  die  republikaner  der  Opposition ;  seine 
Schrift  ist  auch  nicht  eine  in  buchform  gebrachte  leichenrede;  ebenso 
wenig  ein  mittelding,  das  einen  gemischten  Charakter  hat  nnd  der 
historischen   und   rhetorischen  kunstgattung   zugleich    angehOrea 
möchte :  Tac.  schrieb  den  Agricola  als  ein  historisches  werk,  zu  den 
bisher  zusammengestellten  gründen  hierfür  fügt  ü.  noch  den  hinwM 
darauf,  dasz  die  römischen  Verluste  in  der  Schlacht  am  beige  Oranjnns 
im  Agr,  mit  der  genauigkeit  des  historischen  berichts  angegeben  wer- 
den,  in  diesen  jahrb.  1875  s.  348  sind  gegen  Andresens  hTpotbese 
manche  momente  dafür  angeführt,  dasz  Agricola  auch  in  der  er- 
zfthlung  von  den  thaten  seiner  Vorgänger  in  Britannien  den  mittel- 
punct  der  darstellung  bildet;  auch  diese  gründe  werden  nntentfltit 
durch  die  beobachtung  von  ü.,  dasz  die  wichtigen  erfolge  des  Fron- 
tinus  gegen  die  Silurer  nur  kurz  berichtet,  die  thaten  des  Snetonins 
Paulinus  viel  ausführlicher  erzählt  sind ,  weil  Agricola  unter  diesem 
als  tribun  stand  und  weil  dessen  Unternehmungen  gegen  die  ineel 
Mona  und  gegen  die  truppen  der  Boudicca  zur  vergleidiong  mit  der 
besetzung  derselben  insel  durch  Agricola  und  mit  dessen  sieg  über 
das  britischcaledonische  beer  dienten,    dasz  Tac.  mündliche  mit* 
teilungen  seines  Schwiegervaters  für  dessen  biographie  verwerten 
konnte,  ist  selbstverständlich  und  wird  c.  4  und  24  noch  ausdrück- 
lich bezeugt;  dasz  ihm  auch  aufzeichnungen  Agricolas  zu  geböte  stan* 
den,  schlieszt  U.  nach  den  berichten  aus  dem  kriegsrathe  o.  25  und 
27,  über  den  gang  der  hauptschlacht  und  die  in  derselben  erlittenen 
Verluste,    auch  die  ethnographischen  und  geographischen  angaben 
hat  Tac.  wol  nicht  allein  den  gangbaren  hilfsmitteln  der  damidigen 
künde  entlehnt,  sondern  vielleicht  aus  schriftlichen,  jedenfalls  aber 
aus  mündlichen  notizen  Agricolas  geschöpft. 

Wenn  Tac.  seinem  Schwiegervater  ein  biographisches  denkmftl 


AEuMner:  aoz.  t.  CLÜrlicbs  de  vita  et  honoribus  Taciti.        77 

setxte,  80  entsprach  er  einem  brauche,  ftir  welchen  U.  eine  reihe  von 
beiapielen  aofouzfthlen  weisz,  obwol  Plinioe  ep.  YII  31,  5  f.  das 
Ubrmm  de  vUa  aUeuius  edere  slspulchrum  et  rarüate  ipsa  prohandum 
bexeicbnet  hat  solche  lebensbeschreibungen  rechneten  die  Bömer 
mm  getma  Umdatwumy  gewis  aus  dem  von  ü.  angegebenen  gründe, 
weil  die  bei  Qnintilian  II  4,  20  besprochene  schulübung,  laudare 
daros  viras  et  vittiperare  inprobos^  auf  die  litterarischen  erzeugnisse 
Sure  Wirkung  hatte,  aber  gewis  nicht  aus  diesem  gründe  allein,  viel- 
mehr hingt  dies  mit  der  den  Bdmem  geläufigen  auffassung  von  dem 
weeen  der  historischen  darstellung  zusammen,  wie  sie  in  den  bair. 
gjmnaaialblftttem  Xm  s.  167  mit  absichtlicher  beschränkung  er- 
örtert ist.  ne  viriutes  süeantur  ist  ja  nach  Tac.  ann.  in  65  die  vor- 
ndbmate  aufgäbe  nicht  nur  biographischer  sondern  überhaupt  histo- 
rischer werke. 

ü.  vergleicht  die  vita  Agricdae  mit  der  vita  Attici  des  Cornelius 
Kepos«   neben  auffallenden  berührungspuncten  kommt  hierbei  auch 
die  abweichende  composition  des  Atticus  zur  spräche,  auf  welche 
sdum  imphiloL  anz.  H  s.  214  hingewiesen  wurde ;  in  mehreren  vitae 
des  NepoB  sind  nemlich  die  teile  nicht  in  chronologischer  Ordnung 
oder  nach  dem  innem  zusammenhange  der  historischen  facta,  son- 
dern nach  den  rhetorischen  gesichtspuncten  des  autors  an  einander 
gereiht,  welcher  einem  vorausgeschickten  tugendregister  die  belege 
{testimonia)  einzeln  folgen  läszt  hält  man  daneben  die  sachgemäsze 
anordnung  im  Agricola^  so  zeigt  sich  deutlich,  wie  viel  bestimmter 
Tac  den  historischen  Charakter  seiner  aufgäbe  erkannt  und  ausgeprägt 
hat.    dasz  er  dabei  jene  rhetorische  fSrbung,.die  selbst  in  seinem 
spätesten   und  reifsten  geschichtswerke  nicht  abgestreift  ist,  im 
Agricda^  dessen  abfassung  der  zeit  seines  rednerischen  berufes  am 
nächsten  liegt,  am  wenigsten  vermieden  hat,  dies  findet  auch  U. 
natürlich,    übrigens  ist  die  uns  besonders  auffallende  rhetorische 
schluszapostrophe  im  Agriccla  auch  andern  Schriften  der  Bömer  keines- 
wegs fremd;  schon  EHoffinann  hatte  den  schlusz  bei  Yellejus  ver- 
glichen, weitere  ebenso  schlagende  belege  führt  U.  an.  der  historische 
Charakter  des  Agricda  ist  dadurch  nicht  beeinträchtigt;  deutlich  er- 
hellt er  aus  den  von  Tac.  gewählten  Vorbildern  für  seine  darstellung, 
LiviuB  und  besonders  Sallustius.    indem  sich  Tac.  diese  historiker 
zum  muster  nahm,  zeigt  er  dasz  er  ein  historisches  buch  schrieb,  denn 
es  handelt  sich  nicht  um  eine  anzahl  ähnlicher  ausdrücke,  die  etwa 
zoflülig  in  die  feder  laufen,  wie  wenn  Plinius  im  panegyricus  einige 
reminiscenzen  aus  dem  Ägricola  aufweist;  die  durchgreifende  ana- 
logie  in  werten  und  Wendungen ,  in  der  composition  einzelner  teile, 
ja  der  ganzen  schrift  verräth  absichtliche  entlehnung,  bewuste  nach- 
bildung  der  anerkannten  meisten    zu  den  von  Wölfflin  and  Teuffei 
gesammelten  beispielen  aus  Sallustius  hat  U.  wiederholt  sein  scherflein 
nachgetragen ;  ein  beleg  aus  Livius  ist  in  den  bair.  gymnasialblättern 
xm  s.  156 — 159  geliefert,  ebd.  s.  165  ist  angedeutet,  dasz  derein- 
gang  des  Agricota  im  wesentlichen  den  einleitungen  zu  den  histori- 


78         AEoBsner:  anz.  y.  CLÜrlichs  de  vita  et  honoribiu  TadtL 

sehen  monograpbien  deu  Sallustius  gleicht,  schon  früher  hatte  Tenfiel 
dieselbe  bemerkung  gemacht;  aber  da  der  Sachverhalt  aaoh  spftter 
noch  verkannt  wurde,  erscheint  eine  ausfUhrong  nioht  überflünig. 

Das  wesentliche  in  den  einleitongen  des  Sallnstias  ist  das  poli* 
tische  und  persönliche  moment:  denn  die  allgemeinen  philosophisöhen 
betrachtungen  stehen  in  so  lockerm  Zusammenhang  mit  dem  histori» 
sehen  inhalt  des  Catüina  und  lugurtha^  dasz  Qointilian  an  der  oft 
citierten  stelle  III 8,  9  von  Sallnstias  sagen  durfte:  mkü  ad  hiatariam 
pertinentibus  principiis  orsus  est,  vergleichen  wir  also  den  wesent- 
lichen teil  jener  prooemien,  die  principia  ad  hisiariam  pertmenUa» 
in  den  auf  alte  Überlieferung  zurückgehenden  Pariser  excerpten  bei 
Halm  Rhetores  latini  s.  588  heiszt  es:  principiorum  ad  higtariam 
pertincfUium  species  stmt  tres:  de  histaria^  de  persona^  de  matma, 
aut  enim  historiae  honum  generalüer  commendamus  .  .  aui  pro  per- 
sona scribentis  rationem  eius  quod  hoc  officium  adsu/mpserit  reddkmis 
.  .  aut  eam  rem  quam  relaturi  sumus  dignam  quae  et  scrtbatur  et 
legatur  ostendimus  usw.  Tac.  hat  im  Ägr,  die  beiden  letzten  pimete 
behandelt,  den  zweiten  in  c.  3  professione  pietatiSt  den  dritten  doreh 
das  ganze  c.  1.  ebenso  deutet  Sallustius  im  prooemimn  zum  lug. 
seine  persönliche  Stellung  an  in  c.  4,  3  und  spricht  von  der  Wichtig- 
keit seines  stofifes  c.  5,  1.  weiter  erstreckt  sich  die  ähnlichkeit  der 
prooemien  des  Agr,  und  des  Cot.  hier  spricht  Sali.  c.  4,  2  von  der 
frühem  Unterbrechung  seiner  historischen  neigungen  und  der  spfl- 
tem  wiederaufnähme  derselben;  fthnlich  spricht  Taa  c.  3  von  der 
Unterbrechung  des  geistigen  lebens  und  von  dessen  wiedererwachen. 
Sali,  klagt  c.  3,  3 — 5  über  die  schlimmen  Zeiten,  ebenso  Tac.  c.  2. 
mit  Sali.  4,  1  animi4S  .  .  requievit  ist  zu  vergleichen  Tac.  c.  3  nunc 
demum  redü  animus.  Sali,  gibt  zunächst  eine  weitere  ankündigung 
seiner  beabsichtigten  geschichtswerke  c.  4^  2  Statut  res  gestas  jpc^ptfZt 
Bomani  carpthn  .  .  perscribere  und  spricht  erst  nachher  von  dem  vor- 
liegenden buche  de  CatiUnae  coniuratione  c.  4, 3 ;  ebenso  schickt  Tac. 
c.  3  die  ankündigung  der  von  ihm  geplanten  gröszem  geschichts- 
werke voraus :  non  tarnen  pigehit .  .  memoriam  prioris  servUutis  ae 
testimonium  praesentium  bonorum  composuisse^  und  läszt  dann  die 
den  Agricota  betreffenden  werte  hie  interim  Über  usw.  folgen.  BalL 
motiviert  die  wähl  seines  gegenständes ,  indem  er  c.  4,  4  das  zu  er- 
zählende factum  als  memorahile  bezeichnet;  ähnlich  Tac. ,  indem  er 
c.  1  den  helden ,  dessen  leben  erzählt  werden  soll ,  zu  den  dari  viri 
rechnet.  Sali,  beginnt  sodann  seine  darstellung  c.  5,  1 :  L.  Catüina^ 
nobüi  genere  natus;  ähnlich  Tac.  c.  4:  Cn.  luiius  Agricota^  vettere  ei 
ifüustri  Foroiuliensium  colonia  ortus. 

Dasz  die  composition  der  ganzen  biographie  des  Agricola  mit 
ausnähme  des  epilogs  den  beiden  historischen  monograpbien  Sallusts 
genau  nachgebildet  ist,  hat  ü.  durch  eine  tabellarische  Übersicht 
schlagend  erwiesen,  eine  bestätigung  für  den  historischen  Charakter 
des  Agricola  ergäbe  sich  femer  aus  der  vergleichung  mit  den  Historien 
und  Annalen.  so  hat  ü.  schon  früher  sehr  schön  gezeigt,  dasz  in  den 


AKwuier:  uii.  v.  CLUrlichs  de  Tita  et  honoribns  TacitL        79 

prooemien  des^^.  nnd  der  hist.  des  Tac,  wenn  man  den  unterschied 
des  planes  beachtet,  der  gedankengang  derselbe  ist;  und  hftlt  man 
xb.  die  rede  des  Calgacns  Affr.  30  ff.  neben  die  skizzierten  ansprachen 
des  (STilia  kisL  Y  17  nnd  des  Arminins  ann.  II  15,  so  findet  man 
berfihnmgspimcte  genug. 

Niebnhr  bemerkt  in  den  kl.  sehr.  I  s.  335  über  eine  der  beiden 
fon  Tac  Agr,  2  erwähnten  lebensbeschreibungen :  dasz  die  schrift 
des  Herennius  nur  eine  biographie  war,  schliesze  ihren  Verfasser  doch 
wol  nicht  Yon  den  historikem  aus.   ähnlich  betont  ü.,  dasz  seine 
beseicfanung  des  Agricola  als  eines  historischen  Werkes  die  anerken- 
nnng  desselben  als  einer  biographie  einschliesze.  allerdings  hat  Tac. 
das  lebensbild  seines  Schwiegervaters  nicht  in  einen  möglichst  engen 
rahmen  gefaszt ,  sondern  ihm  einen  breiten  historischen  hintergmnd 
gegeben,   die  gebiete  der  allgemein  historischen  und  der  speciell  bio- 
graphischen darstellung  sind  ja  nicht,  um  ein  wort  von  Lukianos  zu 
gebrauchen,  durch  eine  hohe  mauer  geschieden.  LBanke  sagt  in  der 
f orrede  zu  seinem  Wallenstein :  ^indem  eine  lebendige  persönlichkeit 
dargestellt  werden  soll ,  darf  man  die  bedingungen  nicht  vergessen, 
anter  denen  sie  auftritt  und  wirksam  ist .  .  .  die  biographie  kann 
lieh  dann  und  wann  zur  geschichte  erweitem.'    wie  Bänke  so  ist 
Tae.  'auf  den  versuch  einer  biographie  geführt  worden ,  die  zugleich 
gtsehichte  ist';  wollte  man  hierin  eine  grenzverletzung  erblicken,  so 
encheint  diese  jedenfalls  bei  Tac.  viel  unbedeutender,  da  sein  held 
Tid  weniger  weit  und  tief  gewirkt  hat.   den  rahmen  einer  biographie 
bat  Tac  nicht  gesprengt;  dies  zeigt  U.  kurz  und  klar,  indem  er  daran 
erinaert,  dasz  ein  rhetorischer  epilog  bei  römischen  litteraturwerken 
der  Terschiedensten  gattungen  vorkommt  (s.  oben  s.  77),  dasz  der 
iiutorische  rOckblick  sich  eng  an  die  lebensbeschreibung  anschlieszt 
and  dasz  die  nur  leise  andeutung  solcher  zttge,  welche  das  bild  des 
beiden  trflben  musten,  einem  gesetze  der  antiken  biographie  ent- 
spricht,    wie  Ranke  die  angeftlhrte  äuszerung  an  eine  stelle  bei 
PloUrch  (Alex.  1)  angeknüpft  hat,  so  schöpft  U.  die  ausdrückliche 
bebtitigung  dieses  durch  die  biographische  litteratur  der  Griechen 
und  Römer  vielfach  illustrierten  gesetzes  aus  Plut.  Kimon  2,   auch 
^er  Torwurf  wurde  erhoben,  dasz  Tac.  nicht  ein  detailliertes  bild 
gegeben,  dasz  er  mit  ausnähme  der  jähre  der  Verwaltung  Britanniens 
<iie  hauptmomente  in  Agricolas  leben  nur  mit  kurzen  Worten  dar- 
gestellt habe,   zur  rechtfertigung  des  von  Tac.  befolgten  Verfahrens, 
^  dem  antiken  begriffe  der  biographie  angemessen  ist,  kann  die 
tiieoretische  bemerkung  bei  Nepos  Pelop.  1,  1  dienen:  cuius  de  vir- 
^^ihus  dubUo  quem  ad  modum  exponam ,  quod  vereor^  si  res  explicare 
^^äpiam^  ne  non  vitam  eitis  enarrare^  sed  historiam  videar  scribere: 
^  tantum  modo  summas  aitigero,  ne  .  .  minus  düucide  appareat  quan- 
'M  fuerit  lue  vir. 

Indem  so  U.  die  schrift  des  Tac.  als  ein  nach  den  besten  mustern 
gat  componiertes  historisches  werk  über  das  leben  und  den  charakter 
des  Agricola  erweist  und  bezeichnet,  legt  er  den  benennungen  des- 


80         AEuBsner :  anz.  y.  CLUrlichfl  de  yita  et  honoribiu 

selben  als  %\oge  historique'  oder  ^historische  lobschrift'  kein  gewicht 
bei.  der  leser  erfährt  aber  gelegentlich,  dasz  die  benennang  all 
^historische  lobschrift'  von  Gottlob  Friedrich  Artzt  herrflhrt,  wel- 
cher den  Agr.  übersetzt  und  erläutert  hat  [(Meiszen  1800),  die  be- 
zeichnung  als  ^61oge  historique'  von  MThomas.  im  ersten  bände  dei 
Oeuvres  (Amsterdam  1774)  von  Thomas  findet  sich  der  interessant! 
'essai  sur  les  öloges,  ou  histoire  de  la  litt^rature  et  de  l'^loquence 
appliqu6es  ä  ce  genre  d'ouvrageV  chap.  XV  handelt  über  Tadtna 
hier  liest  man  s.  183:  .  .  'le  chef-d'oeuvre  et  le  modMe  de  toas  1« 
61oges  historiques ;  c*est  sa  vie  d'Agricola.'  dieser  auffassong  ent- 
sprechend hat  Thomas  eine  lange  reihe  griechischer  und  rOmischei 
litteraturwerke ,  darunter  auch  die  biographien  des  Plutarch,  ah 
^^loges  historiques'  charakterisiert;  das  sind  die  notwendigen,  bti 
lieh  nicht  eben  empfehlenden  consequenzen  seiner  theorie. 

Schlieszlich  wendet  sich  U.  noch  gegen  die  meinung ,  daas  dei 
Ägricola  nur  eine  kühle  aufnähme  gefunden  habe ,  wofür  das  gSnZ' 
liehe  stillschweigen  der  alten  autoren  über  die  schrift  und  beinahe 
auch  über  den  beiden  bürge,  diese  meinung  widerlegt  sich  in  ihres 
letzten  teile  durch  die  rühmliche  hindeutung  auf  Agricolaaerfolgi 
in  Britannien ,  wie  wir  sie  bei  Dion  LXVI  20^  Quintilianus  YII  4,  \ 
und  Martialis  de  sped.  7,  3  finden,  dasz  aber  auch  die  biographie  dei 
Ägricola  nicht  ignoriert  worden  ist,  zeigt  U.  an  den  spuren  ihrei 
ein  Wirkung  auf  den  panegyricus  des  Plinius  (vgl.  oben  s.  77).  un< 
Hertz  erinnert  in  den  'analecta  ad  Hör.  carm.  bist.'  III  s.  16,  das 
des  Pacatus  paneg.  Theodosio  d.  2  reminiscenzen  an  den  Agr.  xeige 
man  vergleiche  nur  Pac.  2,13  pii  labaris  offidum^^  Tac  3, 19  liber  • 
professione  piäatis  .  .;  2,  16  dtias  res  diversissimas  fMfia»,  mehum  t 
temeritatem  «=  3,  1  qvuxmquam  .  .  res  oUm  dissodabües  miaeuerU 
principatum  ac  libertatetn;  2,  8  ah  ultimo  GaUiarum  recessu  ■»  30 
12  nos  . .  extremes  recessus  .  .  defendit;  2,  10  deficientibus  terris  ^ 
30,  17  postquam  .  .  defuere  terrae;  2,  7  cum  admiratione  virMm 
tuarum  .  .  ad  coniuendum  te  .  .  properassem  =»  46,  3  nosque  .  •  a 
infirmo  desiderio  .  .  ad  contemplationem  virtutum  tuarum  voces;  1 
20  rüdem  hunc  et  incuUum  Transalpini  sermonis  horrorem  «»  3,  1< 
vel  inc<mdita  ac  rudi  voce,  anklänge  an  Agr.  begegnen  auch  sonsi 
zb.  ine.  paneg.  Constantino  Aug.  d.  9,  3.   lordanis  de  rebus  Ott.  9 

Hiermit  sei  geschlossen ;  auch  der  unvollständige  und  ongleidi 
mäszige  bericht  läszt  wol  den  reichen  ertrag  der  besprochenen  all 
handlung  für  die  kenntnis  des  lebensganges  des  Tacitus  ahnen,  nidi 
alle  ergebnisse  derselben  sind  gleich  fest  begründet;  U.  selbst  hi 
den  verschiedenen  grad  der  gewisheit  in  den  einzelnen  Allen  ang« 
deutet,  dasz  aber  Tacitus  kein  tendenzschriftsteller  war,  dasx  seil 
Ägricola  ein  historisches  werk ,  und  zwar  eine  biographie  ist «  da 
steht  fest. 

WüRZBURQ.  Adam  Eusshuu 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HSBAC8GEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKBISEN. 


11. 

PBOTAGOREA.     ZU  DEN  VÖGELN  DES  ABIST0PHANE8. 


In  den  Vögeln  des  Aristophanes  v.  1071  ff.  sagt  der  chor: 

diefer  Uge  hört  aof  allen  g^assen  man  den  heroldsnif: 
hSrtI  wer  yon  den  bürg^em  totochlftg^  Diagoras  den  Melier, 
der  toll  ein  talent  erapfang^n;  ond  wer  ans  der  tyrannenbmt, 
der  Terttorbnen,  einen  totechUg^,  ein  talent  empfängt  anch  der. 
aUo  wollen  denn  auch  wir  dies  lant  rerkünden  jetEt  bei  ans: 
hSrt!  wer  yon  den  bfirgern  totschlagt  Philokrates  den  Vogeler, 
•in  talent  soll  der  empfangen;  wer  ihn  lebendig  liefert,  Tier.* 

^baidi  bfttten  also  die  Athener,  wie  die  meisten  ausleger  annehmen, 
nicht  lange  vor  der  anfftthniDg  der  Vögel,  gegen  den  bekannten 
fttbeisten  Diagoras  den  Melier,  der,  wie  Drojsen  sagt,  nach  dem  fall 
Ton  Melos  sich  gen  Athen  gewandt  und  dort  zu  lehren  begonnen 
^tbe,  eine  achtserklSrung  ergehen  lassen,  nachdem  er  sich  dem  in 
folge  der  mj&terienproccsse,  wie  es  scheine,  gegen  ihn  ausgespro- 
chenen todesurteil  durch  die  flucht  entzogen  gehaht.  dies  ist  mit 
cüiigen  erweiterungen  den  scholien  entnommen,  der  erste  scholiast 
n  unserer  stelle  sagt:  Mieser  Diagoras  lebte  seit  der  einnähme  von 
Velos  in  Athen ;  er  verspottete  die  mjsterien  und  hielt  viele  davon 
^  sich  weihen  zu  lassen,  deshalb  ächteten  ihn  die  Athener  und 
Btbrieben  das  decret  auf  eine  eherne  seule,  wie  Melanthios  in  seinem 
buche  Aber  die  mjsterien  berichtet.'  ein  zweiter  scholiast  sagt  un- 
gefihr  dasselbe,  nur  dasz  er  hinzusetzt,  die  Athener  hfttten  dem  der 
ihn  töte,  ^in  talent,  und  dem  der  ihn  lebendig  liefere,  deren  zwei 

'  T^öc  M^vToi  Q^^lpc^  ^dXicT*  ^TravayopcucTai' 
i^v  dtroKTcivi}  TIC  i)\iujv  Aiatöpav  t6v  Mi^Xiov, 
Jla^ßdv€lv  TdXavTov,  i\y  t€  tüjv  Tupdwiuv  t(c  Tiva 
Turv  T€0viik6tu)v  diroKTcCvi],  xdXavTov  XoMßdvciv. 
ßouX6^€c6*  oöv  vOv  dvciTTctv  toötA  xi^i^t^c  ^vOd6€' 
fjv  diroKTcivT)  TIC  6mü)v  OiXoKpdTT]  Töv  CTpoOeiov, 
Xnycxat  TdXavTov,  f^v  bi  CCbvr*  &yr}  Tic,  T^TTapa. 

iftkrMckrr  Hir  c\ä»%.  phitol.  1880  hfl.  2.  6 


82     HMüUer-Strübing:  Protagorea.  zu  den  Vögeln  de«  Aristophanek 

Yersprochen,  und  dasz  er  sich,  statt  auf  Melantbios,  auf  Eraieros  be* 
ruft,   ein  drittes  scbolion,  das  in  der  bs.  von  Ravenna  fehlt,  gibt 
dann  noch  an:  £iCK€KrjpUKTai  hk  ^äXicra  öirö  t^v  fiXuiciv  Tf)c  MiiXou* 
ouö^v  bk  (so  Bergk  comm.  s.  176  statt  des  überlieferten  fäp)  kuiXuci 
iTpörepov.  MeXävGioc  bk  dv  ti^  irepi  jiiucTfipduv  irpocp^perot  tf^c 
XaXxfic  CTTiXiic  ävT(Tpa90V,  iv  fj  i'neKr\pvlay  xal  aÖTÖv  Kcd  touc 
pf|  (die  in  den  bss.  fehlende  negation  ist  von  MHEMeier  eingeftgt^ 
8.  den  artikel  Diagoras  in  der  al]g.  encjkl.  I  bd.  24  s.  443  anm.  65) 
dKÖibövrac  TTcXXrjveic  (TTcXXavcTc  Meier  ao.) ,  iv  ^  T^pairroi  ical 
TttöTtt  •  ddv  bi  TIC  dTTOKTelvij  AioTOpav  TÖv  Mr^Xiov,  Xapßäveiv  dp- 
Tupiou  TdXavTOv,  f|v  bi  Tic  dxdTiJi  Xaßeiv  buo.   auch  der  Bcholiast 
zu  den  Fröschen  v.  320  sagt  von  Diagoras:  oi  'ABiivatoi  die  biaxXcu- 
dJlovTOC  TOUC  Geouc  KaTa\|ir)9icäM€voi  dvcKrjpuSav  Tip  \ikv  dvatpif)- 
covTi  dpTwpiou  TdXavTov,  Ttu  bk  Iwvja  KO^icavTi  buo.  ^ttciOov 
bk  KQ!  ToOc  dXXouc  TTeXoTTOvviiciouc ,  ibc  icropei  KpdTCpoc  £v  Tf 
cuvaxwTQ  TUJV  i|iii9tC|LiäTU)V.    man  sieht,  die  scboliasten  berufen 
sich  hier  auf  gute  autoritäten,  sogar  auf  die  abschriften  von  volks- 
beschlüssen,  wobei  es  freilich  auffallend  ist,  dasz  der  eine  scholiast, 
der  sich  doch  den  anschein  gibt  das  ächtungsdecret  wenigstens  in 
einer  abschrifk  selbst  gelesen  zu  haben ,  über  die  zeit  der  abfassnng 
desselben  unsicher  ist,  was  der  zusatz  oäb^v  bk  KUiXöei  iTpdT€pov 
(oder  oibky  fäp  KeXeuet  TTpÖTCpov,  wie  Bergk  ao.  auch  yorschligt) 
deutlich  verrätb.     übrigens  wird  ihre  angäbe  auch  durch  Diodor 
bestätigt,  der  XIII  6  erzählt,  unter  dem  archontat  des  Cbabrias 
hätten  die  feldherren  in  Sicilien  nach  der  flucht  des  Alkibiades  am 
Verstärkung  und  um  geld  nach  Athen  geschrieben  und  ihr  gesuch 
sei  bewilligt  worden,  was  sachlich  richtig  ist  (vgl.  Thuk.  VI  74.  93) 
und  diesmal  auch  chronologisch  (vgl.  CIA.  I  n.  183  —  das  geld  ward 
in  der  achten  prytanie  unter  Chabrias  bewilligt).   Diodor  f&brt  dann 
fort:  TOÜTUJV  bk  irpaTTOM^vuiv  Aiaropac  ö  KXriGek  dGeoc  biaßoXfic 
Tuxuüv  ^tt'  dceßeiac  koI  9oßr)9€ic  töv  bfjiiov  ^9ut€V  ^k  Tf^c  'Atn- 
Kf)c*  ol  bk  *A9iivaioi  tiu  dveXövTi  Aiaröpav  dpTupiou  TdXocvrov 
ineKr\pvlav.    ähnliche  angaben  finden  sich  dann  noch  bei  Saidaa» 
bei  einigen  kirchenvätem  und  anderen  christlichen  polemikem  (man 
findet  die  stellen  in  Meiers  schon  erwähntem  aufsatz  über  Diagoras 
fleiszig  gesammelt),  die  aber  nichts  wesentlich  neues  bringen  und  die 
eingehend  zu  besprechen  ich  ftlr  verlorene  mühe  halten  musz. 

Denn  nach  meiner  meinung  hat  schon  Fritzsche  (in  seiner  aus- 
gäbe der  Frösche  zu  v.  320)  mit,  wie  mir  scheint,  unwiderleglichen 
gründen  nachgewiesen,  dasz  dieser  [angebliche]  volksbeschlusz ,  be- 
treffend die  ächtuDg  des  Diagoras,  von  dem  die  scboliasten  usw. 
reden ,  unmöglich  in  die  zeit  kurz  vor  der  aufführung  der  Vögel  ge- 
setzt werden  kann,  der  bekannte  gottesleugner  Diagoras  der  Melier, 
der  Zeitgenosse  des  Pindaros  und  Bakchylides,  der  nach  EusebioB 
und  Sjnkellos  in  der  78n  Olympiade  (468  —  64)  blühte,  müsse, 
sagt  er,  viel  früher  aus  Athen  geflüchtet  und  dann  geächtet  wor- 
den sein,   lange  vor  dem  ausbruch  des  peloponnesisohen  krieges; 


HMfiUer-Strfibing:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  des  Aristophanes.     83 

auch  sem  TerbSltnis  zu  Nikodoros,  dem  Bjnoikisten  und  gesetzgeber 
Ton  Mantineia,  dessen  thätigkeit  viel  früher  zu  setzen  sei,  beweise 
dies,  auch  passe  der  umstand ,  dasz  die  Athener  von  der  achaischen 
Stadt  Pellene  die  auslieferung  des  flttchtlings  verlangt  hfttten ,  nicht 
in  die  aeit  des  peloponnesischen  krieges:  denn  die  Pellener  seien 
bondaagenossen  der  Lakedaimonier  gewesen,  an  sie  hätten  also  die 
Atheaar  sieh  nicht  wenden  können  und  ebenso  wenig  an  die  übrigen 
Pelopoiinesier ,  um  sie  zu  überreden  *ut  in  huius  ipsius  psephismatis 
tocietatem  venirent',  wie  doch  Erateros  berichte.  Md  quidem  hello 
«MTiente  fieri  nequaquam  potuisse  etiam  caeco  apparebit'  [darüber 
bin  ich  anderer  meinung ,  wie  ich  weiter  unten  entwickeln  werde.] 
Fritttche  lieht  dann  aus  allem  diesem  den  schlusz,  dasz  Diodor  sich 
geirrt  und  dasz  er  den  Diagoras  mit  Protagoras  verwechselt  habe, 
von  dem  es  bekannt  sei  dasz  er  gerade  um  diese  zeit  ('illo  ipso  tem- 
pore') wegen  seiner  impietät  aus  Athen  vertrieben  sei,  wenn  er  nicht 
gar  leichtfertiger  weise  die  angelegenheit  des  Alkibiades  und  seiner 
genossen  auf  Diagoras  übertragen  habe :  denn  von  diesem  sage  Thu- 
kjdides  (VI  60)  ausdrücklich :  Tiov  bk  btaqpUTÖVTUiv  Gdvorov  KQTa- 
TVÖVTCC  iirovcTiTOV  dpTupiov  v^  äiroKTeivavn ,  also  ganz  dasselbe 
was  Diodor  von  Diagoras  sage,  [eine  solche  abenteuerliche  über- 
tragoog  ist  sicherlich  nicht  anzunehmen.]  Diagoras  aber  sei  wirk- 
lich, nnr  in  viel  firüherer  zeit,  aus  Athen  nach  Pellene  in  Achaia 
geflüchtet,  und  da  die  Pellener  seine  auslieferung  verweigerten ,  so 
bitten  die  Athener  ihn  selbst  und  die  Pellener  dazu  geächtet,  hätten 
anch  die  anderen  Peloponnesier  überredet  ihrem  psephisma  beizu- 
treten. —  Fritzsches  auffassung  unserer  stelle  in  den  Vögeln  gebe 
ich  nun  der  kürze  wegen  mit  ThKocks  Worten  in  seiner  ausgäbe  der 
Vögel,  der  sich  ihr  anschlieszt:  ^Aristophanes  meint  also  hier:  die 
neulich  beschlossene  ächtung  der  entflohenen  Hermokopiden  und 
mjsterienschänder  ist  eben  so  vernünftig,  wie  wenn  man  auf  des 
längst  entwichenen  (oder  gestorbenen)  Diagoras  köpf  einen  preis 
setzen  oder  die  gleichfalls  längst  toten  Peisistratiden  (das  sind  die 
Tupowoi  V.  1074)  für  vogelfrei  erklären  wollte,  der  ausdruck  ist 
abäichtlich  und  aus  gutem  gründe  etwas  zurückhaltend  und  ver- 
sdileiert/ 

Diese  interpretation  halte  ich  für  durchaus  verwerflich,  sie 
trägt  etwas  in  die  stelle  hinein ,  was  nicht  darin  liegen  kann,  sie 
ist  dem  geist  der  komödie  und  der  weise,  wie  sie  die  Wirklichkeit  in 
ihr  phantastisches  spiel  hineinzieht,  durchaus  widersprechend,  denn 
der  zweite  teil  des  decrets  <^v  T€  tujv  Tupdvvujv  Tic  Tiva  (tüüv 
T€OviiK<iTuiv)  diTOKTcivri,  TCtXavTOV  XaMßdv€iv  enthält  doch  trotz  des 
äpaezhaften  Zusatzes  tüüv  TcOvriKÖTOJV  ganz  unzweifelhaft  die  be- 
ziebung  auf  die  durch  Thukydides  beglaubigte  thatsache,  dasz  auf 
die  mtung  der  des  Hermen-  und  mysterienfrevels  beschuldigten,  die 
»ch  der  Untersuchung  durch  die  flucht  entzogen  hatten,  ein  preis 
gesetzt  war,  und  zwar,  wie  das  den  Zeitverhältnissen  nach  gar  nicht 
uiders  sein  kann ,  nicht  lange  vor  der  aufführung  der  Vögel ,  etwa 

6* 


84     HMüller-Strübing:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  des  AxittopliMiat. 

zu  der  zeit  da  der  dichter  noch  mit  der  letzten  darcharbeitong  seiner 
komödie  beschäftigt  war.  mit  dem  spöttischen  Zusatz  T<&v  T€Ovf)KÖ- 
TU)V  hat  er  natürlicher  weise  die  Peisistratiden  im  sinne,  wie  ja  «ich 
das  Volk  durch  diese  frevel  an  das  emporkommen  und  die  herschaft 
dieser  familie  erinnert  ward ,  nach  Thukjdides  (VI  60)  luv  iv6u- 
Moüpevoc  ö  br\[iOQ  ö  tuiv  *AGiivaiujv  Kai  pifivtiCKÖfievoc  fica  dicoQ 
iTCpi  aÖToiv  (TTeiciCTpdTOu  kqi  tijüv  iraiöuiv  c.  53,  3)  i^nCcTaTO, 
XaXenöc  ^v  t6t€  . .  xal  irävra  auTOic  £bÖK€i  in\  guvui|AOcfa|i  AXt- 
tapxiK^  Kai  TupavviK^  TrCTrpäxOai.  mit  dem  spöttischen  tuiv  reOvri- 
KÖTUiv  sagt  also  der  dichter  den  Athenern  nicht  eben  zurttckhalteiid 
und  verschleiert,  sondern  sehr  verständlich :  'ihr  seid  thöricht  diese 
leute  des  strebens  nach  der  iyrannis  zu  beschuldigen :  denn  tyrannen, 
oder  solche  die  es  werden  wollen,  gibt  es  nicht  und  hat  es  nicht  mehr 
gegeben ,  seit  Peisistratos  und  seine  söhne  tot  sind.'  es  ist  das  in 
demselben  geist,  in  dem  er  auch  früher  (Wespen  483  £)  den  wahr* 
lieh  nicht  ungerechtfertigten  argwöhn  des  Volkes  (die  folgezeit  hat  das 
bewiesen)  gegen  tyrannisch  oligarchische  gelüste  verspottet  hatte. 

So  gewis  nun  in  den  werten  f|v  tuüv  Tupdvvuiv  t(c  nva  diro- 
KTeivr)  die  anspielung  auf  einen  wirklichen  und  zwar  ganz  vor  kur- 
zem erlassenen  volksbeschlusz  liegt,  eben  so  gewis  musz  auch  in  dem 
ersten  satz  f|v  äiroKTeivr)  Tic  u^iüv  Aiaxöpav  töv  MrjXiov,  Xofxßdvciv 
TdXavTOV  die  beziehung  auf  eine  neuerdings  (das  beweist  schon  das 
T^Ö€  Oi^fLi^pqi)  erlassene  achtserklärung  gegen  eine  bestimmte  person 
liegen ,  entweder  gegen  Diagoras  selbst  oder ,  wenn  dieser  schon  tot 
oder  nicht  in  Athen  war  oder  aus  irgend  einem  andern  gründe  nicht 
gemeint  sein  konnte  (wie  ich  das  mit  Fritzsche  annehme)  dann  gegen 
einen  mann,  der  durch  den  namen  des  Diagoras  von  Melos  für  jeden 
Zuschauer  unmittelbar  verständlich  bezeichnet  wurde. 

Dieser  mann  nun  war  nach  meiner  meinung  in  der  that  niemand 
anders  alsProtagoras,  dessen  name  auch  in  der  oben  angeführten 
stelle  bei  Diodor  nach  Fritzsches  ganz  richtiger  Vermutung  durch 
den  des  Diagoras,  auf  welche  weise  es  sei,  verdrängt  sein  wird. 

Dem  steht  nun  freilich  schon  die  gewöhnliche  annähme  ent- 
gegen, die  anderweitig  wol  beglaubigte  anklage  des  Protagoras,  seine 
flucht  aus  Athen,  seine  ächtung  und  sein  auf  der  flucht  erfolgter  tod 
sei  später  zu  setzen ,  in  die  zeit  der  herschaft  der  vierhundert ,  also 
in  das  j.  411.  aber  worauf  stützt  sich  diese  annähme?  so  viel  ich 
ermitteln  kann,  einzig  und  allein  auf  die  werte  bei  Laertios  Diogenes 
(IX  8,  5)  über  ihn:  xaTTiTÖprice  ö'  auToO  TTuOöbujpoc  TToXuZ^XoUt 
elc  Tüüv  T€TpaK0ciu)V'  ^ApiCTOTAric  b*  €0aGX6v  qpiiCL  aus  die- 
sem beisatz  elc  toiv  T€TpaKOciujV  will  man  schlieszen,  Pjthodoros 
habe  die  anklage  zu  der  zeit,  als  er  mitglied  des  rathes  der  vier- 
hundert war,  erhoben,  also  im  j.  411,  in  den  letzten  monaten  des 
archon  Kallias.  aber  kann  dieser  zusatz  nicht  einfach  als  eine  nähere 
bezeichnung  des  Pythodoros  gemeint  sein?  etwa  um  ihn  gans  im 
allgemeinen  als  zur  oligarchischen  partei  gehörig  zu  bezeichnen«  und 
auch  das  nicht  einmal,   wie  oft  wird  Kritias  als  ö  Tupawoc  ange- 


Hlflin«r*8trilbing:  Proiagorea.   zn  den  Vögeln  des  Aristophaoes.     85 

ftthrt,  auch  wenn  gar  nicht  von  seiner  siellang  und  thStigkeit  zur 
xeit  der  dreiszig  die  rede  ist!  man  gibt  denn  auch  wol  zu,  Krüger 
zb.,  daaz  jener  znsatz  eine  Zeitbestimmung  nicht  notwendig  enthalte; 
aber  diese  aofTassung,  als  habe  Pythodoros  in  seiner  eigenschaft  als 
mitglied  des  raths  der  vierhundert  gehandelt,  sei  doch  die  am  näch- 
sten liegende  und  wahrscheinlichere. 

Der  meinung  bin  ich  durchaus  nicht,  schon  aus  einem  sprach- 
lichen gründe,  denn  hfttte  Laertios  Diogenes  sagen  wollen ,  Pytho- 
doros  habe  als  mitglied  der  vierhundert  gehandelt,  oder  hatte  er  eine 
Zeitbestimmung  geben  wollen,  so  würde  er,  denke  ich,  gesagt  haben 
KoniTÖfincc  b'  aijToO  TTuOöbuipoc  TToXuZrjXou,  uüv  (oder  vielleicht 
cic  &v)  Tuiv  T€TpaKOCtu)V.  das  war  das  natürlichste  und  dann  war 
kein  misverständnis  möglich. 

Aber  abgesehen  davon  passen  auch  die  ausdrücke ,  die  wir  bei 
den  alten  schriftsteilem  in  bezug  auf  die  anklage  und  Verurteilung 
des  Protagoras  gebraucht  finden ,  entschieden  nicht  zu  den  zustän- 
den in  Athen  unter  der  herschaft  der  vierhundert,  schon  das  Karfi- 
j6fn\c^  bei  Diogenes  nicht ,  und  noch  viel  weniger  der  bericht  des 
Pbiloetratos  (VS.  s.  13  Kayser)  b\ä  ixkv  toOto  (tö  dTTOpcTv  9dcK€iv 
€tT€  cicl  0€oi  cTtc  oök  cld)  ndciic  yf^c  änö  'ABiivaiuiv  i^XäGr],  (bc 
idy  Tivcc,  KptOcic,  dic  bk  £v(oic  bOK€t,  ipricpou  ^ircvcxOcktic 
pj|  icpi0^VTi.  wir  wissen  ja  dasz  unter  der  herschaft  der  dreiszig 
keine  gericbtssitzungen  in  Athen  gehalten  wurden  (Isokrates  g. 
Euthynos  §  7  npöc  bfc  toutoic  äKoracTdruiV  dx^^VTUJV  xdiv  Iv  Tf| 
wöXei  Kod  biKuiv  OUK  oöcwv),  und  nach  allem  was  wir  über  die  vier- 
hundert wissen  oder  mit  Sicherheit  vermuten  können  wird  es  unter 
ihrer  gewaltherschaft  wol  ebenso  gewesen  sein,  gewis  keine  gerichts- 
Sitzungen  über  capital verbrechen,  dann  konnte  also  weder  Pytho- 
doros  noch  der  von  Aristoteles  genannte  Euathlos  als  öffentlicher 
anklfiger  auftreten ,  was  doch  in  dem  ausdruck  KaTT]YÖpilC€V  auToO 
bei  Diogenes  liegt,  solche  kleinigkeiten  wie  Verbannung,  tötung, 
iehtung  machten  die  vierhundert  brevi  manu  unter  sich  ab  —  man 
erinnere  sich  nur  an  die  bekannten  Tpia  9ripafi^vouc  in  dem  frag* 
ment  des  Aristophanischen  Triphaies  bei  Suidas  und  in  dem  Demo- 
tyndareos  des  Polyzelos.  und  so  würde  auch  Cicero  schwerlich  ge- 
ngt  haben  (de  nai.  deor.  I  23),  Atheniensium  iussu  sei  Prota- 
goras ausgetrieben  worden :  denn  als  ein  unterrichteter  mann  muste 
er  doch  wissen  dasz  unter  den  vierhundert  das  athenische  volk  gar 
nichts  zu  befehlen  hatte,  er  würde  sicher  die  vierhundert  in  irgend 
einer  weise  bezeichnet  haben. 

Am  wenigsten  aber  passt  der  ausdruck  bei  Philostratos ,  d)C  bk 
ivioic  bOKCi,  i|iri(pou£Tr€V€xO€icr)Cseier  verbannt  worden  (oder 
wie  Minucius  Felix  Od,  8, 3  sagt  in  contion€\  auf  die  zustände  unter 
den  vierhundert:  denn  seine  gewährsmänner  werden  doch  unter- 
richtet g<*nug  gewesen  sein  zu  wissen ,  dasz  unter  den  vierhundert 
keine  volksversamlungen  abgehalten  wurden,  und  wenn  es  dann  bei 
demselben  Philostratos  weiter  heiszt,  Protagoras  habe  sich,  um  den 


86     HMüller-Strübing:  Proiagorea.   zu  den  Vögeln  det  AriitopfaiBM. 

trieren  der  Athener ,  von  denen  damals  alle  meere  flbersfti  gewesen 
seien,  zu  entgehen,  auf  einem  kleinen  nachen  eingeschifft  und  sei  er- 
trunken, so  passt  das,  die  Übertreibung  in  anschlag  gebracht,  sdir 
wol  in  das  j.  415,  aber  sicherlich  nicht  in  das  j.  411 :  denn  damals 
war  es  mit  der  seeherlichkeit  der  Athener  schlecht  bestellt  und  die 
meere  wimmelten  nicht  mehr  von  ihren  kriegsschiffen.  dasi  aber 
die  nachricht  wenigstens  von  dem  ertrinken  des  Protagorae  keine 
erfindung  ist ,  darüber  werde  ich  weiter  unten  zu  reden  haben. 

Und  endlich,  um  es  gerade  herauszusagen:  di^enigen  verken- 
nen die  geschichtlichen  zustände  und  die  politischen  yerhftltniste  in 
Athen  gründlich,  die  da  meinen,  die  vierhundert  h&tten  wfthrettd 
ihrer  kurzen ,  von  anfang  an  durch  das  beer  in  Samos  bedrohten,  in 
ihrem  eignen  innem  zwiespältigen  gewaltherschaft  zeit  und  luat  ge- 
habt, sich  um  die  philosophen  und  ihre  theorien  Trcpl  Ti&v  Oeiuiv 
Kai  TTcpi  TÜJV  fAerapciuiv  zu  kümmern :  sie  hatten  mit  den  dingen 
dieser  weit  mehr  als  genug  zu  thun.  mit  Sokrates  zur  leit  der 
dreiszig  stand  die  sache  anders ,  und  Sokrates  war  eine  andere 
natur.  er  sprach  rund  heraus ,  was  er  über  das  treiben  der  dreiasig 
dachte ,  er  agitierte,  aber  Protagoras  war  nach  allem  was  wir  von 
ihm  wissen  ein  viel  zu  weltkluger  mann,  als  dasz  er  sich  nicht  ge- 
hütet haben  sollte,  noch  dazu  als  fremder,  gerade  in  solchen  Zeiten 
die  dürre  haide  der  speculation  zu  verlassen  und  durch  beteiUgang 
an  der  besprechung  politischer  tagesfragen  die  mächtigen  zu  reisen. 

Anders  lagen  die  dinge  ein  paar  jähre  vorher. 

Laertios  Diogenes  erzählt,  Protagoras  habe  sein  buch  nfpl 
G€U>v  öffentlich  vorgelesen  oder  vorlesen  lassen,  nach  einigen  im 
hause  des  Euripides ,  nach  andern  in  dem  des  Megakleidee,  nach  an- 
dern im  Lykeion,  und  wegen  der  anfangs  werte  desselben  (diee  lind 
vielleicht  die  oben  schon  angeführten  werte  irepi  6€U)V  jüiiv  oäx 
Ix^  elb^vai  oub '  (bc  eidv  oub  *  ibc  ouk  elciv)  sei  er  ausgetrieben 
und  seien  seine  bücher  auf  dem  markte  verbrannt  worden,  wann, 
zu  welcher  zeit  sollen  nun  diese  Vorlesungen  (denn  es  werden  wol 
mehrere  gewesen  sein ,  wie  auch  Meier  annimt  ao. ,  und  wie  die  er- 
wähnung  der  verschiedenen  örtlichkeiten  in  der  that  vermuten  länt) 
gehalten  worden  sein?  nach  den  processen  wegen  des  Hennen- 
frevels und  der  mjsterienschändung?  das  ist  schwer  zu  glauben: 
denn  die  reizbarkeit  in  bezug  auf  religiöse  dinge ,  die  das  atheniache 
Volk  damals  an  den  tag  gelegt  hatte,  wird  die  wandernden  philo- 
sophen bei  ihren  öffentlichen  vortragen,  im  Lykeion  zb.,  wton  sie 
dergleichen  überhaupt  noch  zu  halten  wagten,  doch  wol  etwae  kopf- 
scheu gemacht  haben,  wenn  aber  vor  dem  Hermenfrevel  und  der 
mysterienschändung ,  wäre  es  dann  zu  verwundem,  wenn  die  dnxdi 
dieselben  hochgesteigerte  religiöse  aufregung  des  Volkes  einen  innem 
Zusammenhang  zwischen  dem  öffentlich  ausgesprochenen  theoreti- 
schen zweifei  an  der  existenz  der  götter  und  der  dc^ia,  die  in 
jenen  vergangen  sich  praktisch  geltend  gemacht  hatte,  zu  erkesneo 
glaubte?   mich  dünkt  vielmehr,  es  wäre  im  gegen  teil  fast  nnbegreif- 


HMfllkir-SIrtbing;  Protagorea.    za  den  VOgeln  des  AristophanM.     87 

Ueh,  wann  der  fremde  Bophbt,  der  dooh  seiner  lehrthätigkeit  in 
Aftken  anf  jeden  fall  schon  mehrere  jähre  obgelegen  hatte ,  und  der 
iptgra  deraelben  schon  von  der  bdhne  herab  so  zu  sagen  denuntiiert 
worden  war,  wfthrend  jener  zeit  der  religiösen  anfregang  keine  an- 
fechlong  erfahren  hAtte.  dasz  es  dann  gerade  ein  mann  war,  der, 
im  benen  der  oligarehischen  partei  angehOrig,  wenn  er  auch  gerade 
damals  nach  aoszen  hin  wahrscheinlich  ganz  anders  auftrat ,  unter- 
slfltst  von  einem  gewerbmäszigen  sjkophanten  (Euathlos)  die  initiA- 
tive  gegen  ihn  ergri£P,  zum  teil  um  sich  populftr  zu  machen  und  auch 
um  die  anfmerksamkeit  des  Volkes  von  andern  dingen  und  persOn- 
lidikeiten  abzuziehen  und  auf  eine  falsche  spur  zu  leiten  —  das  ist 
dorchaas  charakteristisch  sowol  ftlr  den  geist  jener  tage  des  künst- 
lich immer  von  neuem  aufgeschflrten  fanatismus  der  massen  wie  für 
das  perfide  gebahren  der  verkappten  oligarchen.  man  denke  nur  an 
Peisandros,  auch  Charikles.   und  dabei  war  ihr  verfEÜiren  durchaas 
geaetzlich ;  denn  das  von  Diopeithes  durchgebrachte,  ursprttnglich 
gegen  Anaxagoras  gerichtete  psephisma  cicaTT^XXecOai  toöc  rä 
teki  jjJ\  voMUIovrac  f|  Xötouc  Trepl  TUiv  M^Tapciuiv  biöocKOVTac 
war  noch  rechtskräftig  und  liesz  sich  ohne  weiteres  auf  Protagon» 
anwenden,  da  ja  in  der  anschauung  des  Volkes  ein  mann,  der  öffentlich 
erklirt,  Ober  die  götter  wisse  er  nicht  zu  sagen  ob  sie  existieren  oder 
nicht,  zu  allen  Zeiten  nicht  etwa  blosz  als  ein  Zweifler  an  der  existenz 
der  götter,  sondern  kurzweg  als  ein  directer  leugner  derselben  aufjge- 
fasct  werden  wird,  so  spricht  denn  auch  Aristophanes  ganz  im  sinne 
des  Volkes  und  fClr  das  volk,  wenn  er  von  Euripides  sagt,  dasz  er  iy 
Touc  TporfUibiaic  ttoiuiv  touc  dvbpac  dvaTr^ireiKCV  oük  elvai  6€0uc, 
und  wenn  er  den  Sokrates,  um  von  andern  stellen  zu  schweigen, 
durch  die  blosze  bozeicbnung  Cu)KpdTiic  ö  MrjXioc  für  einen  gottes- 
leogner  erklärt:  denn  ftlr  einen  atheisten  war  der  name  AiQTÖpac 
ö  MrjXioc  längst  zu  einem  jener  gattungsnamen  geworden ,   deren 
m  to  viele  bei  den  Griechen  gab,  und  diesen  gattungsnamen  fOr 
einen  gottesleugner  hat  meiner  meinung  nach  Aristophanes  auch  an 
onaerer  stelle  der  Vögel  benutzt,  um  den  Protagoras  zu  bezeichnen, 
nicht  dasz  ich  meinte,  Aristophanes  habe  den  zuschauem  zugemutet, 
bei  den  werten  fiv  dTTOKTcivi]  Tic  ufxtjüv  Aiayöpav  töv  MrjXiov  ohne 
weiteres  an  Protagoras  zu  denken,  o  nein,  zwar  würden  sie  es  viel- 
leicht gethan  haben,  aber  das  war  doch  nicht  sicher :  denn  es  gab  ja 
Mch  noch  andere,  die  wenn  auch  nicht  als  speculative  gottesleugner, 
to  doch  als  praktische  frevler  an  der  gottheit  geächtet  waren  — 
bn,  die  bezeichnung  des  Protagoras  als  Aiatöpoc  ö  MrjXioc  wäre 
oidit  individuell  genug  gewesen,   ich  meine  daher,  wir  verdanken 
<ÜeM  bezeichnung  der  correctur  eines  grammatikers ,  der  das  was 
Amtophanes  geschrieben  nicht  verstanden  hat. 

Was  könnte  nun  aber  Aristophanes,  vorausgesetzt  dasz  meine 
Termutung  richtig  und  dasz  wirklich  Protagoras  gemeint  ist,  hier 
güchheben  haben?  ich  meine,  zweierlei,  erstlich  f\y  dnOKTcivi]  Tic 
ü|ittfv  TTpuiTaTop^^v  töv  MrjXiov.  dann  war  die  sache  allerdings  sehr 


88     HMfiller-Strübing:  Proiagorea.   zu.  den  Vögeln  det  AiMopliMMt» 


Terständlich,  sehr  handgreiflich,  so  sehr  dasz  ich  glaabo,  kein  gram- 
matiker  würde  daran  anstosz  genommen  und  sich  xu  einer  comctnr 
veranlaszt  gesehen  haben,  denn  einerseits  war  der  name  des  Pro- 
tagoras  als  eines  Sophisten  und  Zweiflers  am  dasein  der  gOtter,  und 
anderseits  die  sprichwörtliche  Verwendung  des  namens  des  Diagoras 
von  Melos  für  einen  gottesleugner  jedem  grammatiker  ao  wol  be- 
kannt und  geläufig ,  dasz  wol  schwerlich  einer  von  ihnen  den  sinn 
der  bezeichnung  TTpu)TaTÖpac  ö  MrjXioc  misverstanden  haben  könnte. 
sie  würden  sich  begnügt  haben  derselben  eine  fthnlicbe  erkllning 
beizufügen ,  wie  sie  der  scholiast  zu  Ar.  Wo.  835  dem  CuiKpdTi|C  ö 
MrjXioc  beigegeben  hat,  an  eine  änderung  würden  sie  nicht  gedacht 
haben,  aber  das  ist  nur  ein  äuszerer  grund,  die  rttckcorrectnr  des 
Atatöpav  in  TTpuJTaTÖpav  töv  MrjXiov  abzulehnen ;  ich  habe  daf&r 
auch  einen  sachlichen,  innem,  aus  dem  wesen  und  dem  geist  der 
komödie  hergenommenen  grund.  nicht  zwar  dasz  ich  auf  den  ver- 
stosz  gegen  das  metrische  gesetz  des  trochäischen  tetrameters  gerade 
gewicht  legen  möchte :  denn  über  dieses  gesetz  haben  sich  die  komi- 
ker,  auch  Aristophanes,  in  der  not,  dh.  wenn  sie  es  mit  eigennamen 
zu  thun  hatten,  wol  hinweggesetzt';  aber  mich  dünkt,  der  in  der  be- 
zeichnung npuiTatöpac  ö  MfjXioc  liegende  spasz  würde  den  zn* 


'  80  in  den  Rittern  326,  denn  ich  bin  entschieden  der  meimuir 
OScIineiders  (jahrb.  1877  8.  307),  dasz  in  dem  verse  irp(bTOC  d^v*  ö  q 
'inifob&nov  XcißeTQi  Oeiiificvoc  ein  eilbe  hinter  'lirirobdfAOU  aasgefaUea 
ist;  er  führt  dort  auch  mehrere  beispiele  an  für  den  gebrauch  das 
dactylus  im  trochftiscben  tetrameter  bei  eigennamen.  aber  seiner 
emendation  6  6*  'liriroMfiou  ^oi  XcCßcrai  Ocdi^cvoc  kann  ich  nicht  lu- 
atimroen.  daa  wäre  im  griechischen  gerade  ao  nnerträglieh,  wie  es  Ib 
seiner  deatschen  überaetsung  ist:  'doch  Hippodams  aprötsling  sieht'» 
mit  an  und  härmt  sich  mir.*  um  es  knrz  an  sagen,  ich  schlage  vor 
SU  schreiben  6  6'  *\nnobd^o\)  SuXXeCßcTat  dedi^evoc  —  nach  der  analogie 
Ton  cuv6aKpO€iv,  wenn  ich  auch  für  dies  compositum  kein  beispiel  aatu- 
führen  weisz.  der  sinn  der  stelle  gewinnt  aber  entschieden  dadurch:  dena 
nun  wird  darin  auf  eine  den  Athenern  natürlich  bekannte  und  sogleiek 
verständliche  beziehung  zwischen  dem  von  Kleon  chicanierten  reicbea 
fremden  und  dem  söhn  des  Hippodamos  hingedeutet,  und  der  letstere 
flennt  dann  nicht  mehr  blosz  theoretische  thränen  über  Kleons  schleeh* 
tigkeit,  sondern  er  wird  in  mitleideuschaft  gezogen  und  hat  prakttsehea 
grund.  man  könnte  sogar  auf  die  Vermutung  kommen,  er  sei  mit  den 
malträtierten  fremden  verwandt  gewesen,  da  ja  der  scholiast  sagt, 
Aristophanes  meine  hier  den  Archeptolemos,  den  söhn  des  berfilimtea 
architekten  Hippodamos  aus  Milet.  ich  habe  aber  kein  satranen  la 
dieser  angäbe:  denn  ich  glaube  nicht  dasz  dieser  Hippodamos  jemals 
das  athenische  bürgerrecht  erhalten  habe,  da  er,  wie  auch  andere  ange- 
sehene fremde,  Herodotos  sb.  und  Ljsias  mit  seinem  bruder,  im  j.  44K^ 
nach  Thurioi  auswanderte,  weshalb  er  auch  häufig  ein  Thurier  genannt 
wird,  von  seiner  rückkehr  nach  Athen  verlautet  nichts,  hiess  der  an 
unserer  stelle  als  Hippodamos  söhn  bezeichnete  wirklich  Archeptolemes» 
so  halte  ich  ihn  für  identisch  mit  dem  im  j.  411  zum  tode  verartellten 
Verräter  Archeptolemos,  Hippodamos  söhn  von  Agrjle  (Plat.  X  erat. 
Antiphon  §  23),  und  für  den  söhn  des  im  j.  460  im  kriege  gefallenen 
Strategen  der  phjle  Erechtheis^  zu  der  Agryle  gehörte,  Hippodaaies: 
s.  CIA.  I  n.  433. 


HMflUtr-Strflbing:  Protagorea.    lo  den  Vögeln  des  Aristophanet.     89 

kOrem  sdion  wegen  des  gewis  allgemein  bekannt  gewordenen  nnd 
gebliebenen  Cuiicpdnic  ö  M/jXioc  als  verbraucht  erschienen  sein,  zu- 
mal  da  er  dort  in  den  Wolken  (die  stelle  wird  wol  aus  den  wirklich 
anfgefHbrten  Wolken  bein),  wo  es  sich  darum  handelt,  den  Sokrates 
knn  nnd  schlagend  mit  einem  einzigen  jedermann  yerstftndlichen 
und  zugleich  scherzhaften  wort  als  atheisten  zu  bezeichnen,  vortreff- 
lich an  seinem  platze  war,  hier  aber  nicht,  dort  sollte  der  zusatz 
ö  MifjXioc  die  hQrer  überraschen;  das  konnte  er  hier,  sobald  Pro- 
tagoras  bei  seinem  eignen  namen  schon  genannt  war,  nicht,  da  die- 
ser ala  atheist  schon  verurteilt  war,  und  so  wäre  nach  meinem  ge- 
f&hl  der  ansdmok  plump  gewesen,  ich  möchte  sagen  hausbacken  und 
der  feinem  würze  aus  der  küche  der  komödie  ermangelnd,  hier 
konnte  die  Überraschung,  und  auf  die  geht  Aristophanes  immer  aus^ 
nnr  erreicht  werden,  wenn  er  dem  schon  unerwartet  eingeführten 
namen  Diagoras  einen  ebenso  unerwarteten  und  zugleich  das  räthsel 
der  Überraschung  über  diese  einführung  gleich  lösenden  beinamen 
gab ,  freilich  wieder  in  einem  leichten  räthsel.  und  das,  so  vermute 
icbi  bat  der  dichter  gethan,  indem  er  schrieb: 

f^v  äTTOKTeivi]  TIC  ufAiIiv  Aiatöpav  töv  Triiov. 
jedermann  wird  sich  hier  sofort  der  verse  aus  den  'Schmeichlern^ 
des  Eupolis  erinnern,  denen  ich  eben  diese  meine  conjectur  ent- 
nehme :  £vbo&t  ^iv  Icn  npuiTOTÖpac  6  Trjioc ,  |  Sc  dXa^ov€U€Tai 
p^,  dXinfjpioc,  I  TTcpl  Tuiv  p€T€dipuiv,  rd  bk  x^^M^^v  icOici.  aus 
diesem  fragment  erfahren  wir  mit  völliger  Sicherheit,  dasz  Prota- 
goras  unter  dem  Spitznamen  ö  Ti^toc  in  Athen  bekannt  war,  wenig- 
stens dasz  Eupolis  ihn  so  nennen  durfte  mit  der  gewisheit ,  die  Zu- 
hörer würden  sämtlich  (die  KöXokcc  wurden  bekanntlich  an  dea 
groesen  Dionjsien  aufgeführt)  die  beziebung,  die  anspielung,  kurz 
den  grund  weshalb  er  den  sehr  bekannten  sopbisten  aus  Abdera 
gerade  als  Teier  bezeichnete,  sofort  verstehen,  und  dann  kann  man 
aach  sicher  sein ,  dasz  diese  bezeichnung  —  wir  dürfen  zu  Eupolis 
wol  das  vertrauen  hegen,  dasz  sie  eine  witzige  war  —  als  bleibender 
Sfiitzname  an  ihm  haften  blieb. 

llan  könnte  nun  fragen ,  woher  ich  denn  so  gewis  wisse ,  Pro- 
Ugoras  sei  aus  Abdera  gewesen  und  nicht  vielmehr  wirklich  aus 
Teosy  wie  ja  schon  im  altertum  hie  und  da  angegeben  werde,  zb. 
bei  Stephanos,  bei  Suidas,  bei  Eudokia,  die  es  zweifelhaft  lassen,  ob 
er  Abderite  oder  Teier  gewesen  sei  (s.  Frei  quaestiones  Protagoreae 
i.  2).  aber  diese  letztere  annähme  wird  gerade  durch  die  stelle  des 
Eupolis  entschieden  widerlegt,  denn  das  ö  Tiiioc  dort  kann  nichts 
inderes  als  eine  scherzhafte  bezeichnung  sein;  es  wäre  durchaus 
gegen  die  weise  der  komödie  gewesen,  hätte  Eupolis  dem  wirklichen 
namen  des  mannes  den  namen  seiner  wirklichen  beimat  hinzugefügt. 
das  thun  die  komiker  nur,  wenn  sie  einer  Verwechselung  mit  einem 
gleichnamigen  vorbeugen  wollen,  und  auch  dann  thun  sie  es  in 
komisch  umschreibender  weise,  zb.  Aristophanes  Ach.  855  AucicTpa- 
TX  XoXapT^uiv  6v€iboc  statt  ö  XoXapTCÜc,  damit  er  nicht  ver- 


90     HMflUer-Strübing:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  dea  AxiiiopluuiM. 

wechselt  werde  mit  dem  Lysi»tratos  von  Pallene,  der  im  folgenden 
jähre  Schreiber  der  Schatzmeister  der  gOttin  war,  ¥rie  ieh  schon  an- 
derswo bemerkt  habe  (Aristoph.  u.  d.  bist,  kritik  s.  339).  fthnlieh 
Frö.  501  ouK  McXinic  pacTiTiac,  wo  ohne  zweifei  dem  reichen  Kal- 
liaa,  der  wirklich  aus  dem  demos  Melite  war,  ein  hieb  Tersettt  wer- 
den soll,  und  so  wie  Aristophanes  wird  auch  wol  sein  geistvoller 
rival  Eupolis  verfahren  sein ,  denn  es  liegt  dies  im  wesen  und  im 
geist  der  komödie.'  einer  Verwechselung  des  berühmten  sophidien 


'  die  stellen  bei  den  komikern,  die  man  mir  f^egen  diese  behaup- 
tuDg  anfüliren  könnte,  bilden  entweder  nur  eine  scheinbare  aaanahne, 
oder  aie  sind  misverstanden ,  oder  sie  sind  verdorben,  als  beispiel  für 
den  ersten  fall  (es  ist  aach  der  einzi^^  den  ich  bei  Ar.  kenne)  ffihre 
ich  V.  81  der  Wespen  an:  NiKÖcrparoc  S*  aO  q>r)civ  ö  CKa^ßuivttw|C  usw. 
hier,  glanbe  ich,  ist  beides  richtig,  der  name  und  das  demotikon:  denn 
die  spitze  des  Scherzes  liegt  hier  nicht  in  dem  spiel  mit  dem  namen, 
lind  das  demotikon  wird  hinzugefügt,  vielleicht  um  einer  verwechselang 
vorzubengen,  vielleicht  (denn  auch  das  ist  möglich)  aus  höflicher  ge- 
"wohnheit  einem  angesehenen  manne,  einem  Strategen  gegenfiber,  der 
dann  mit  leiser  neckerei  als  q>iXo60Tr)C  Kai  q>iXöS€voc  bezeichnet  wird, 
ganz  harmlos,  und  eigentlich  nur  um  den  angriff  auf  den  liederlichen 
Philoxenoa  einzuleiten:  £ir€l  KarairOTUiv  ^ctIv  6  T€  <t>iX6S€voc,  denaelben 
von  dem  Eupolis  in  einem  fragment  der  TT6X€ic  sagt:  £cTi  bi  TIC 
Or)X€ia,  0iX6E€voc  Ik  Ato^ciuiv,  gewis  nicht  weil  er  wirklieh  aus  dem 
demos  Diomeia  war,  auch  nicht  weil  das  bekannte  collegiam  der  aecbiig 
apaszmacher  dort  seinen  sitz  hatte  (denn  von  denen  findet  sich  metnai 
Wissens  im  fünften  jh.  noch  keine  spur,  man  müste  aie  denn  in  den  Aio- 
^€iaXa2[6v€C  Ach.  605  erkennen  wollen),  sondern  um  ihn  noch  einmal 
als  cinaedus  zu  bezeichnen,  da  ja  der  eponymos  des  demos  als  amasios 
des  Herakles  bekannt  war  (seh.  Ar.  Frö.  651).  so  ist  auch  die  stelle 
io  den  Wolken  6S6  f.  zu  verstehen,  deren  ohnehin  kümmerlicher  aals- 
gehalt  durch  die  annähme  von  OSchneiders  Vorschlag  0iX(ac,  se^ioc 
zu  schreiben  statt  OiXöEcvoc  Oabrb.  1879  s.  342)  gänslich  verloren  gehea 
würde,  denn  der  ganze  spasz  der  stelle  besteht  ja  darin,  dass  otrep- 
siades  den  entschieden  männlichen  namen  OiXöEcvoc  mit  den  weiblieh 
anklingenden  namen  McXrjdac,  *A^uv(ac  zusammen  nennt  and  dass 
Sokrates  erwidert:  dXX'  dl  irovqp^,  raOrd  t'  oOk  £cT*dpp€va,  natürlich 
Auch  Philoxenos  nicht  —  das  ist  kein  mann.  —  Doch  zurück  zu  meiner 
behauptung.  ähnlich  wie  mit  dem  Skamboniden  Nikostratos  Terhält  es 
sich  auch  mit  der  leider  verdorbenen  und  noch  nicht  geheilten  stelle 
aus  dem  Monotropos  des  Phrynichos  (seh.  Ar.  Vö.  997  und  Soldat  a. 
M^TUJv)  t(c  b*  icTlv  6  |i€Td  TaOra  raOrric  (ppovrülujv;  M^tuiv  ö  Acu- 
Kovoeuc,  6  Tdc  Kpnvac  ärfwy.  auch  hier  wird  die  uns  freilich  nicht  mehr 
erkennbare  spitze  anderswo  zu  suchen  sein  als  in  dem  spiel  mit  dem 
namen:  denn  Meton  soll  auch  nach  Philochoros  wirklich  aus  Leakonofi 
gewesen  sein,  so  dasz  die  andere  abweichende  angäbe,  er  sei  aus  Ko« 
lonos  gewesen,  wol  auf  die  misverstandene  stelle  in  den  Vögeln  997 
tAlTOjy  6v  ol^ev  '€XXdc  x^  KoXujvöc  zurückzuführen  ist.  ganz  eat- 
Mchieden  auf  misverstaud  beruht  es  auch,  wenn  der  freund  des  Sokratat 
Ohairephon  überall  in  den  Wörterbüchern  udgl.  als  Sphottier  angegeben 
wird,  blosz  weil  er  in  den  Wolken  v.  167  von  Aristophanes  so  genaaal 
wird,  aber  wie  soll  der  dichter. dazu  gekommen  sein,  ihm  hier  im  emai 
ein  demotikon  beizufügen,  da  er  ihn  ja  schon  vorher  v.  106  als  ge- 
nossen düs  Sokrates  bei  seinem  bloszen  namen  eingeführt  hat:  TOOC 
dXaZövac,  toCic  dixP^oOvtac,  toOc  dvuiroby)Touc  X^yctc,  uiv  6  Kaico6a(|uuv 
C\UKp&xr\c  Kai  Xatpccpdiv?  dies  waren  ja  Stadt- und  landbekannte  figorea 


HMflUer-Stritbing:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  des  AriBtophanes.     91 

fliit  eiBem  andern  Protagoras  aber  wollte  Eupolis  gewis  nicht  zu- 
vorkommen, dA  er  ihn  darch  das  folgende  öc  dXaIov€Ü€Tai  uew.  ja 


BAiDMi.  das  richtige  hat  hier  Eustatbios  (znr  II.  I  180)  schoD  er- 
kaaat:  AiSunrcic  öiiMÖrai  *AttikoI  CKUiirrÖMevoi  üic  KaKoXöroi,  Ka6*  d 
«al  C<pf|moi  txX  dTpi6TT)tt'  ÖOcv  6  XaipcqxXiv  C(pf)TTioc  ^CKUiirrai,  dh. 
'weshalb  aneh  Chairephon  zum  spott  ein  Spbettier  genannt  ¥rird'  (ygl. 
seh.  Ar.  Piatos  720).  Aristophanes  charakterisiert  ihn  also  hier  gans  in 
derselben  weise  wie  Piaton,  bei  dem  Sokrates  (Charmides  sa.)  von  ihm 
sagt:  XoupcqM&v,  drc  Kai  ^aviKÖc  uiv  dvairii6ncac  nsw.,  und  (Apol.  s.  23) 
«al  (CT€  of|  oloc  fiv  XaipcqxJbv,  «bc  ctpohpöc  iqt'  &n  6pfAif)CCic,  nnd  man 
kann  sicher  sein,  dass  Piaton,  der  gerade  solche  scherze  liebte  (man 
denke  aa  Lacbes  den  Aizoner)  sich  die  anspielnng  anf  den  rnf,  in  dem 
die  Spbettier  standen,  nicht  hitte  entgehen  lassen,  wenn  Chairephon 
ia  wMlichkeit  zu  ihnen  gehört  hätte.  —  Endlich  will  ich  hier  noch 
tiae  stelle  in  den  Thesmophoriazusen  t.  161  besprechen,  die  ich  für 
fsffdorhea  halte: 

n^KOC  ^K^voc  Kdvaicp^ujv  6  Tf)IOC 
KdAxaloc,  oYircp  &p^ov(av  ^x^M^cav, 
^fUTpo<pöpouv  T€  Kai  6i€kX<Dvt'  NujviKdic. 
wie  HberflÜssig,  ja  mehr  als  das,  wie  abgeschmackt  ist  hier  die  angäbe 
itr  heimat  des  AnakreonI  man  denke  nur,  wenn  jemand  dentsche 
dichter  so  aofs&hlen  wollte:  Klopstock  und  Qoethe  der  Frankfurter  und 
\  Schiller  —  würde  man  das  nicht  albern  finden?  ich  schlage  vor  zu 
Kkreiben  icdvoKp^uJV  xd)  KViioc,  db.  Simonides  von  Reos,  der  bei  die- 
L  ttr  aofslUnng  der  eleganten  lebemEnner  unter  den  dichtem  ohnehin 
[  hMMMk  fehlen  durfte,  dasz  er  dann  verschieden  von  den  andern  dich- 
ten bleez  nach  seiner  heimat  bezeichnet  wird,  das  findet  darin  seine 
reebtfertignng,  dasz  es  noch  eipen  andern  dichter  Simonides  gab,  und 
dssi  man  sich  wol  gewöhnt  haben  wird  in  litterarischen  besprächen 
Qti^I.  beide  blosz  bei  ihrem  heimatsnamen  zu  nennen:  zb.  sagt  Theo- 
kritoa  (16,  44)  blosz  6  Ki^toc  doi66c,  Athenaios  32«  blosz  6  Kcloc  iroir)Tf|C 
oa^  ebenso  460^  blosz  6  'AfiöpTtoc  iroinTnc  durch  diese  meine  ände- 
niag  wird  dann  der  feine  politische  spott,  der  im  nächsten  verse  liegt, 
erat  fühlbar  und  verständlich:  denn  so  wie  der  dichter  sagt  ö  Kf^ioc, 
tritt  ihm  ein  damals  viel  berufener  Athener  lebendig  vor  die  seele,  der 
«ntweder  wirklich  von  Keos  gebürtig;  war,  oder  dem  man  es  wenigstens 
uehsagte  —  Theramenes.  die  dadurch  hervorgerufene  ideenassociation 
»Ott  sich  laft  machen  (das  ist  echt  Aristophanisch),  und  sie  tliut  es  in 
der  tpöttischen  färbune,  die  hoffentlich  jeder  aus  den  nächsten  werten 
kertoffinden  wird:  oiirep  dpMOviav  ^x^^tcav  (oder  vielleicht  besser 
^Xäbcav,  wie  Meineke  vorschlägt),  denn  Theramenes  hatte  wirklich 
Bicbt  lange  vor  aufführung  des  Stücks  die  harmouie  unter  den  bürgern 
torecht  requacksalbert.  —  Nachträglich  finde  ich,  dasz  schon  Fritzsche 
vorreschiagen  hat  zu  schreiben  xd'  Keloc,  aber  nicht  statt  6  Tf^ioc, 
Msdem  statt  des  darauf  folgenden  KdXKQloc.  dadurch  kommt  zwar  der 
kicr  fast  unentbehrliche  Siroonides  in  die  stelle  hinein,  aber  der  nner* 
tiifiiehe  'Avaxp^uiv  6  Tf|ioc  bleibt,  dasz  Alkaios,  der  erzgerüstete 
tiager,  nicht  hierher  gehört,  darüber  sind  wol  alle  ausleger  einig,  aber 
eeiacr  meinnng  nach  ebenso  wenig  der  tragische  dichter  Achaios  aus 
uboia,  den  man  ihm  hat  substituieren  wollen,  ich  möchte  folgendes 
vcnnnten.  Aristophanes  ist  der  aufzählnng  der  dichternamen  müde  ge- 
sardca,  aneh  drängt  es  ihn,  den  bei  der  erinnerung  an  Theramenes  in 
*^B  anfsoekenden  spettblitz  einschlagen  zu  lassen,  und  so  vermute  ich 
4ait  tr  kurz  abbrechend  genchrieben  hat:  xdvaKp^ujy  xdi  Ki^ioc  xol 
HXet,  ofircp  &pM0viav  ^x^^tcav.  bei  diesem  ol  dXXot  denkt  dann  der 
<iicht4:r  kaum   noch   an   andere  ionische  poeten,   die  er  allenfalls  noch 


92     HMöUer-StrübiDg:  Proiagorea.    zu  den  Vögeln  det  Amtophiiiei. 


genugsam  kenntlich  macht,  es  ist  daher  auch  falsch  zu  sageB, 
Vitringa  thut  (de  Protagorae  vita  s.  15),  Eupolis  habe  ein  gewiuet 
recht  gehabt  ihn  einen  Teier  zu  nennen ,  da  Abdera  eine  colonie  der 
Teier  war.  das  zieht  nicht,  auch  dann  wftre  der  zusatz  nichts  änderet 
als  eine  noch  dazu  mit  übel  angebrachter  gelehrsamkeit  beigefügte 
statistische  notiz ,  gänzlich  witzlos,  es  wird  also  wol  dabei  bleiboit 
dasz  Protagoras  ein  Abderit  war,  wie  Piaton,  der  sein  Taterland 
kennen  muste ,  ihn  nennt ,  und  zwar  in  einer  weise  bei  der  an  euMs 
scherz  schlechterdings  nicht  zu  denken  ist ,  und  auf  Piaton  werden 
auch  die  übereinstimmenden  angaben  bei  Cicero,  G^UiuSi  Apnleju» 
Ammianus,  Sextos  Empeirikos  usw.  (s.  Vitringa  s«  14),  Protagoni 
sei  aus  Abdera  gewesen ,  zurückzuführen  sein. 

Aus  welchem  gründe,  auf  welchen  anlasz  hin  nun  Eupolis  ihn 
als  Teier  bezeichnet  hat  (etwa,  wie  Vitringa  meint,  um  an  die  üppige 
lebensweise  des  Teiers  Anakreon  zu  erinnern?  schwerlich),  das  wvd 
sich  mit  unsem  jetzigen  hilfsmitteln  wol  nicht  mehr  ausmachei 
lassen ,  und  darauf  will  ich  also  nicht  eingehen,  wenn  aber  Enpolii 
wegen  eines  uns  unbekannten,  seinen  zuhörem  aber  sehr  wol  et' 
klärlichen  umstandes  den  Spitznamen  ö  T^jicc  für  Protagons  mit 
genialem  griffe  schuf,  oder  den  vorhandenen  blosz  benutzte,  so  wiid 
derselbe  zur  zeit  der  auffahrung  der  Vögel  wol  noch  im  schwiags 
gewesen  und  an  unserer  stelle  der  Vögel  von  Aristophanes  zur 
nähern  bezeichnung  des  wirklich  gemeinten  dem  allgemeinen  gil- 
tungsnamen  für  einen  gottesleugner  Diagoras  hinzugefügt  sein. 

Dasz  diese  bezeichnung  in  unserer  Überlieferung  des  textes  sich 
nicht  findet,  das,  dächte  ich,  ist  leicht  erklärlich,  die  grammatikv 
lieszen  natürlich  einen  solchen  Schnitzer,  der  den  ihnen  so  wol  be- 
kannten atheisten  Diagoras  zum  Teier  machte,  nicht  durdtgeheOi 
sondern  beeilten  sich  ihm  sein  wirkliches  Vaterland  zu  restitmera^ 
wobei  ihnen  der  vers  glücklicher  weise  kein  hindemis  in  den  weg 
legte ,  was  bei  einem  ähnlichen  versuch  zu  gunsten  des  Abderitea 
Protagoras  in  der  stelle  bei  Eupolis  allerdings  der  fall  gewesen 
wäre,  und  von  dieser  correctur  der  grammatiker  AiQTÖpac  6  M^ 
Xioc  schreibt  sich  denn  nach  meiner  meinung  auch  die  verweck* 
seiung  desselben  mit  Protagoras  bei  Diodor  her.  Ephoros,  ans  dem 
Diodor  wahrscheinlich  auch  hier  geschöpft,  hatte  sicherlich  selbit 
das  richtige  geschrieben TTpurratöpac  ÖKXriOelcäOeoc  (unddais 
diese  bezeichnung  auch  auf  den  mann ,  dessen  buch  verbrannt  war» 

hätte  anfsfthlen  können  —  diese  sind  für  ihn  und  seine  snhörer  durch 
die  lebendige  gestalt  des  Theramenes  in  den  hintergmnd  gedrängt,  nad 
die  'andern',  die  ^|yitTpoq[>öpouv  xal  öickXOjvt*  (oder  öi^kXuiv,  wie  Bergk 
vorschlägt  statt  des  6t€K{vo\JV  der  hss.)  MuiviKi&c  sind  vorzugsweise  die 
politischen  genossen  des  Theramenes.  was  sonst  noch  für  anspielnngen 
in  diesen  letzten  Worten  liegen,  das  zu  entwickeln  mosi  ieh  mir  Ar 
einen  andern  ort  aufsparen,  wo  ich  zunächst  werde  nachzuweisen  habea» 
dasz  die  Thesmophoriasusen  nicht  im  j.  411  unter  dem  archon  Kallias, 
wie  gewöhnlich  angenommen  wird,  aufgeführt  worden  sind,  sondern  410 
unter  Theopompos. 


HMfiUflr^irillniig:  Protagorea.  za  den  Vögeln  des  Amtophanes.     93 

rtfl  er  darin  gesagt  hatte,  er  wisse  nicht,  ob  die  gOtter  existierten 
der  sieht  9  ebenso  gnt  passte  wie  auf  Diagoras,  das  wird  man  mir 
rol  angeben);  dass  dann  Diodor  diese  correctur  in  Diagoras  selbst 
ergenommen  haben  sollte,  das  glaube  ich  nicht,  schon  weil  er,  nach 
■B  eindrack  den  sein  werk  macht,  viel  su  flachtig  dafür  arbeitete, 
nd  dann  auch,  weil  er  die  stelle  bei  Aristophanes,  die  denke  ich  zu 
ier  verwechaelnng  anlass  gegeben  hat,  schwerlich  selbst  gekannt 
nt  aber  konnten  nicht  dieselben  grammatiker,  die  die  correctur 
m  Aristophanes,  wahrscheinlich  sehr  früh,  vorgenommen  haben,  es 
Ir  ihre  pflicbt  halten,  sich  auch  der  handschriften  des  Diodor,  viel- 
liciii  schon  des  Ephoros  zu  erbarmen  und  auf  die  autoritftt  dieser 
üristophanes-stelle  hin  auch  dort  den  ihrer  meinung  nach  richtigen 
tarnen  Diagoras  herzustellen? 

Anf  sie  fnszen  denn  auch  die  scholiasten  zu  den  Diagoras  be- 
itffmden  stellen  des  Aristophanes.  wie  wenig  auf  ihre  genauigkeit 
ad  Sachkenntnis  zu  geben  ist,  das  erkennt  man  sofort  zb.  an  dem 
enhang,  in  den  sie  die  dc^ßcia  des  Diagoras  mit  der  erobe- 
ron  Melos  bringen  (zu  Wo.  830),  oder  an  der  angäbe,  Dia- 
goras sei  der  lehrer  des  Sokrates  gewesen  (ebd.);  und  in  den  scho- 
ien  zu  VG.  1072  und  zu  FrO.  320  werden  fortwährend  angaben  über 
>iagora8  mit  solchen,  die  nur  auf  Protagoras  passen,  durcheinander 
geworfen,  allerdings  berufen  sie  sich  dabei  auf  die  psephismensam- 
mg  des  Krateros,  aber  gelesen  haben  sie  diese  gewis  nicht,  kennen 
ie  vielmehr  nur  aus  dritter  band,  vielleicht  aus  dem  buche  des  sonst 
mbekaonten  und  der  zeit  nach  unbestimmbaren  Melanthios  Tiepi 
iucii)piuiv ,  auf  das  sie  sich  ja  auch  in  erster  stelle  berufen,  wie  oft 
kber  bei  solchem  citieren  auf  hörensagen  sich  die  grösten  albern- 
leiten  einschleichen,  und  wie  wenig  auf  solche  angaben  wie  ujc  (pT]Ct 
hXöxopoc  oder  outujc  OouKubibiic  oder  'ApiCTOTAr)C  verlasz  ist, 
las  ibt  ja  genugsam  bekannt  so  ist  es  auch  mit  den  angaben  über 
IcD  anfentbalt  des  Diagoras  in  Athen,  der  nirgends  glaubhaft  be- 
isogt i»t:  denn  die  nachrichten  der  spätem  Schriftsteller,  nament- 
ich  der  chriätlichen  theologen,  zb.  Kjrillos  adv.  lulian.  VI  189 
Migne  IX  s.  789),  Chrj80»tomos  hom.  IV  in  ep.  ad  Cor.  c.  5  s.  30 
Krähen  alle  auf  Verwechselung  mit  Protagoras.  wenn  zb.  der  letz- 
ers sagt :  Kai  Aiayöpac  ö  MiXrjcioc  (ein  irrtum  der  sehr  oft  in  den 
iSB.  vorkommt)  Koi  ö  Geööuipoc  ö  XeTÖfxevoc  dOcoc  xaiTOi  cpiXouc 
Ixov  Kai  bOva^iv  Tqv  dirö  tuüv  Xötujv  koI  im  (piXoco(pi(]i  dOau- 
id^vTO,  dXX'  6^uiC  ovbky  toutu;v  outouc  divticev,  so  passt  das 
Oftrefflich  auf  Protagoras ,  der  bekanntlich  viele  und  vornehme 
reonde  in  Athen  hatte  (denn  nur  solche  kann  Chrjsostomos  hier 
■  tinoe  haben),  der  auch  sehr  pas^^end  mit  Theodoros,  seinem  auch 
piter  noch  in  Athen  anwesenden  freunde  und  schüler  (s.  Piaton  im 
rheaitetos),  zusammen  genannt  wird,  aber  gewis  nicht  auf  Diagoras. 
litte  dieser  berüchtigte,  sprichwörtlich  gewordene  atbeist  sich  län- 
gere z«it  in  Athen  aufgehalten ,  wäre  er  dort  sogar  verurteilt  wor- 
len ,  10  müßten  sich  schon  in  den  fragmenten  der  komiker ,  ganz  ge- 


94     HMüller-Strübing :  Protagorea.   zu  den  Vögeln  det  AriitoplMUMs. 

wis  aber  bei  Platon  anspielongen  darauf  finden,   war  Diagoras  aber 
nicht  in  Athen,  so  konnte  auch  kein  ihn  betreffendes  psephiama  des 
athenischen  volkes  in  der  samlung  des  Krateros  aufnähme  finden, 
auch  dies  psephisma  musz  sich  auf  Protagoras  bezogen  haben  md 
ist  von  den  scholiasten  irrtümlich  auf  Diagoras  flbertragen.  freilich 
kann  es  nicht  aus  der  zeit  der  herschaft  der  vierhundert  sein:  denii 
damals  wurden  keine  volksversamlungen  gehalten  ond  also  anck 
keine  psephismen  erlassen,  wol  aber  aus  der  zeit  kurz  vor  aaflUh 
rung  der  Vögel,   damit  steht  aber  der  zusatz  Kai  iicVjpuSav  cnMv 
Kol  Touc  fjif|  dKbibövTQC  HeXXiiveic  und  weiter  fTreiOov  bfe  Kod  toAc 
dXXouc  neXoTTOvvnciouc  durchaus  nicht  in  Widerspruch,  wie  Fritnebe 
behauptet  (s.  oben  s.  83).  denn  Fritzsche  geht  von  einer  fabchen  vor- 
ausseüung  aus,  wenn  er  sagt,  auch  ein  blinder  müsse  sehen  dasi  Um 
im  j.  415  'hello  saeviente*  nicht  habe  geschehen  können,  damals,  im 
j.  415,  wütete  der  krieg  nicht,  vielmehr  war  Athen  mit  den  Lake* 
daimoniem  und  deren  bundesgenossen,  dh.  d6n  bundesgenoesen  die 
dem  im  j.  421  geschlossenen  50jährigen  vertrag  beigetreten  wam, 
nach  giiechischem  Völkerrecht  in  friedensstand.  denn  diese  yertrtlgv 
waren  noch  in  voller  rechtskraft,  wenn  sich  auch  die  Athener  m 
j.  418  den  spasz  gemacht  hatten,  auf  die  seule  zu  schreiben,  die 
Lakedaimonier  seien  ihren  eidlichen  Verpflichtungen  nicht  naehge« 
kommen  (Thuk.  V  56).   erst  als  ein  athenisches  beer  im  spitheitet 
414  das  eigne  gebiet  der  Lakedaimonier  verletzte,   da  waren  die 
spenden  gelöst  (Thuk.  VI  105  vgl.  mit  c.  18).   bis  dahin  hatten  sleo 
die  Athener  das  volle  recht  alle  leistungen,  zu  denen  die  helleniiebao 
Staaten  im  frieden  unter  einander  verpflichtet  waren ,  von  den  Fel- 
lenem  zu  beanspruchen,   namentlich  scheint  dies  in  bezng  aof  reli- 
giöse dinge  der  fall  gewesen  zu  sein. 

Isokrates  (tt.  toG  l€\)fo\)C  §  9)  erz&hlt,  Alkibiadea  sei  Bid 
seiner  flucht  von  Thurioi  nach  Argos  gegangen  und  habe  sich  dort 
ruhig  verhalten;  ol  hi  (die  feinde  des  Alkibiades)  ic  TOCOÖTOV  J|l^- 
Oov,  üjct'  ^TTCicav  ufiäc  dXauveiv  qutöv  £k  Trdcric  Tf)c  '€XXdboc 
Kai  CTr)XiTnv  ävoTpacpciv  kqI  irp^cßeic  Tr^iincvTac  £iaiT€iv  mp* 
'Apt€iujv.    dadurch  sei  er  gezwungen  worden  nach  Sparta  zu  geben. 
man  sieht  also,  die  Athener  glaubten  auch  in  dieser  zeit,  *beUo  bm- 
viente'  wie  Fritzsche  sagt,  das  recht  zu  haben,  nach  einem  fnvA  ai 
den  allen  Hellenen  gemeinsamen  heiligtümem  auch  die  mitwirkoBg 
aller  Hellenen  zu  dessen  bestrafung  in  anspruch  zu  nehmen,    em 
anderer  verfall  aus  dieser  zeit ,  den  wir  aus  Andokides  rede  von  den 
mysterien  erfahren,  beweist  das  noch  schlagender.     Teukros,  der 
metoike,  war  nach  den  ersten  denuntiationen  über  den  Hermenfrevd 
von  Athen  nach  Megara  geflohen  und  schrieb  von  dort  aus  an  den 
rath,  wenn  ihm  Straflosigkeit  zugesichert  werde,  so  wolle  er  Aber 
die  mysterienschändung  und  die  Verstümmelung  der  Hermen  aus- 
sagen was  er  wisse;  bei  der  erstem  sei  er  selbst  beteiligt  gewoai; 
und  dann  heiszt  es:  Hin<Pic<XM^vric  bi  Tf\c  ßouXnc  (fjv  T^P  aÖTO- 
KpdTUjp)  (Ijxovtg  in'  aÖTÖv  Metapdbe,  xai  K0|biic6€ic,  dbciav 


Ihr-MriUnng:  PxtyCiigona.  iq  dm  Vagibi  d«  AikioplMatt.    95 

tvec,  diraTP<fap€t  toOc  ^€e'  ^ouioO.  nim  waraii  aber  die 
«r  nit  Atben  nicht  im  friedenaetuide,  sie  waren  den  Ter- 
1  Trau  j.  421  nicht  beigetreten,  aoeh  sagt  Thukydidee  kein  wort 
U  daas  sie,  wie  die  Boioter  (Y  26, 2),  etwa  walTenstiUetand  aof 
Igig»  kflndig^g  mit  Athen  gesdiloseen  bitten.  Megara  war 
UMh  Tknkydidee  darstellung  reohtlich  in  kriegssostand  mit 
I,  wenn  aach  die  fnndseligkeiten,  namentlieb  die  jlhrliohen 
le  der  Athener  in  Megara,  zn  denen  die  Strategen  Ak  eidlich 
iehten  mnsten,  wahrscheinlich  eingestdlt  waren,  und  dennoch 
i,  wie  wir  sehen,  der  rath  eine  ans  seinen  mitgtiedem  be- 
idie  commission  nadi  Megara  —  man  sieht  nicht  recht  wamm, 
dem  Tenkros  anf  sein  sdiriftliches  erbieten  ja  auch  schrifttich 
1  antworten  kdnnen,  wenn  nicht,  um  für  den  fall,  dass  er  trota 
»  erbietens  etwa  seinen  sinn  inderte  oder  sonst  sdiwierigkmten 
;a,  seine  anslieferang  sn  Tcrlangen,  wie  mir  denn  aach  in  dem 
udc  KO^tcScic  sn  liegen  scheint,  dass  er  schon  in  Mi^iara  den 
lachen  commissarien  förmlich  ttbergeben  war.  mit  Pellene  nnn 
die  Sache  gans  anders,  dieser  stsat  war  damals  mit  Atben 
idi  und  f actisch  im  frieden :  denn  durch  die  episode  des  Man« 
eben  krieges  ward  ja  der  Tcrtrag  swischen  Athen  und  Sparta, 
Bine  gegenseitigen  gebietsverletsungeii  yorgekommen  wareui 
als  gelöst  angesehen,  wenn  es  lüso  nach  dem  Öffentlichen 
unter  den  hellenischen  Staaten  Qblidi  war,  sieh,  wenigstens  iid 
in,  Terbrecher  aossuliefem,  die  nicht  bloss  gegen  die  geeelM 
eignen  stadt,  sondern  gegen  das  was  allen  Helloien  heilig  war 
pdt  hatten :  so  konnten  die  Athener  die  anslieferang  des  Prota- 
Ton  den  Pellenem  mit  recht  verlangen,  and  dies  in  diesem 
nmten  falle  vielleicht  mit  am  so  grösserer  aussieht  auf  erfolg, 
ir  gott  Hermes,  gegen  den  der  erste  frevel  in  Athen  gerichtet 
in  Pellene  besonderer  Verehrung  genos2.  man  feierte  ihm  xu 
.  dort  kampfspiele,  bei  denen  ein  mantel  der  siegespreis  war. 
elleniscben  mftntel  waren  weit  berOhmt  nach  Strabon  VIII 8  §  5 
iem  scboliasten  za  Ar.  Vö.  1421.  in  diesem  verse  wird  nem- 
'ellene  erwSbnt.  es  ist  ein  athenischer  sjkophant  in  der  vogel- 
angelangt and  wflnscht  befiedert  zu  werden;  Peithetairos 
t  sich  Aber  sein  fadenscheiniges  gewand  lustig  and  fragt  ihn 
»r  begebra  der  sjkophant  versetzt:  itTCpuiv,  irrcpurv  bei'  Mf| 
TÖ  bcÜTCpov.  Peithetairos:  MUiv  €Ö00  TTeXXifjvTic  it^T€c6ai 
ki;  'hast  da  im  sinne  spornstreichs  nach  Pellene  zu  fliegen?' 
versteht  man  so,  dasz  Peithetairos  andeuten  wolle  *um  dir 
einen  neuen  mantel  anzuschaffen?'  dies  wird  nun  wol  so  sein, 
wenn  weiter  nichts  darin  liegt,  so  ist  es  doch  ein  recht  fader, 
lalzener  spass.  einen  viel  pikantem  und  zugleich  zeitgemftszen, 
lie  wirklichen  zustftnde  hindeutenden  inhalt  gewinnt  diese  an 
sykophanten  gerichtete  frage,  wenn  wir  annehmen  dasz  da- 
gende  diplomatische  Verhandlungen  mit  Pellene  Aber  die  aus- 
ung  des  Protagoras  geführt  wurden  oder  kurz  voriier  stattge- 


96     HMüller-Strübing :  Proiagorea.    zu  den  Vögeln  des  Aristoi^iMiflt. 

fanden  hatten,  dann  erhält  auch  die  antwort  des  sykophanten  einan 
viel  prägnantem  inhalt:  )bid  Ai\  dXXd  KXT]Trip  eijui  vnctumKdc  Kd 
cuKoqpavTT]C.  'das  nicht,  meiner  treu !  ich  bin  kein  diplomat :  mein  Jagd- 
gebiet liegt  anderswo :  ich  bin  ein  rabulist  für  die  inseln.'  mich  dflnkt| 
das  liegt  sehr  yerständlich  angedeutet  in  dem  füd  Ai*  dXXa  iiaw. 

und  haben  denn  die  Athener  nicht  wirklich  den  Pelleneni  viel- 
ieicht  80  zugesetzt,  dasz  Protagoras  es  für  räthlich  hielt,  gich  dnrdi 
die  flucht  zu  retten?  nach  dem  scholiasten  zu  Fr6.  320  haben  sie 
sich  an  die  Peloponnesier  überhaupt  gewendet  (f ireiBov  bk  Kcd  TOUC 
dXXouc  neXoTiovvnciouc,  ibc  kropei  KpdTcpoc),  dh.  an  die  Lake- 
daimonier  als  die  Vorsteher  der  peloponnesischen  symmachie.  mög- 
lich war  das:  denn,  wie  gesagt,  Athen  und  Sparta  waren  damals 
rechtlich  nicht  in  ki'iegsstand.  freilich  musten  sie  dann  apecielle  in 
Athen  selbst  vorgefallene  thatsachen ,  teilnähme  an  der  mysterien- 
entweihung  zb.,  vorzulegen  haben,  nicht  blosze  äuszeriingeii  imd 
irrlehren,  oder  solche  frivole  schnurren,  wie  sie  die  legende  von  Dia- 
goras  berichtet,  das  mag  den  armen  Protagoras  in  angst  gesetst 
haben:  denn  dasz  er,  der  fremde  ionische  sophist,  von  d^  Lakonm 
keine  rücksicht  noch  Schonung  zu  erwarten  hatte,  das  muste  er  wol 
wissen,  so  hat  er  sich  denn  heimlich  davon  gemacht,  auf  einflm 
kleinen  fahrzeuge ,  und  ist  auf  der  fahrt  ertrunken,  denn  dasz  dies 
«ine  tbatsache  ist,  dasz  er  wirklich  ertrunken  ist,  dafür  habeich 
einen  bessern  gewährsmann  als  Philostratos ,  und  selbst  als  Philo- 
choros  bei  Laertios  Diogenes  {(pr\c\  bk  0iX6xopoc  TrX^ovTOC  auToO 
[toC  npwTaTÖpou]  ic  CiKcXiav,  Tf)v  vaCv  KaTaTrovTic6f)vat  xal 
toOto  aiviTTecGai  EupiTiibriv  iv  tiij  li(ovi)  —  keinen  geringem 
als  Piaton,  der  in  solchen  dingen,  namentlich  in  gelegentlichen  an- 
spielungen  und  charakteristischen  zttgen  (nur  nicht  in  chronologi- 
öchen  dingen)  durchaus  zuverlässig  ist.  denn  im  TheaitetoSy  in 
dem  sich  bekanntlich  Sokrates  mit  Theodoros,  dem  freunde  des  ver- 
storbenen Protagoras  (164^),  über  dessen  philosophie  unterhälti  sagt 
ersterer  (171«):  cIköc  T€  dpa  dKeivov  (ITpwTaTÖpav)  TrpccßuTcpov 
ävTa  co(piüT€pov  f))biu)v  eTvar  kqI  ei  auTiKa  ^vreOBev  dvaKui|i€i€ 
ji^XPi  'ToO  aux^voc,  TToXXd  dv  iixi  t€  dX^T^ac  XripoCvra,  d)c  t6 
elKÖc,  Kai  c^  ÖMoXoToGvTa,  KOTabuc  dv  oIxotTO  dTroTp^x^*^* 
die  ausleger  und  Übersetzer,  die  mir  bekannt  sind,  gehen  an  dieser 
stelle  ohne  bemerkung  vorüber,  oder  sie  vertuschen  den  sinn,  wenn 
sie  nicht  gar  die  stelle  ich  möchte  sagen  foltern ,  bis  sie  etwas  an* 
deres  aussagt  als  sie  meint,  ich  will  den  neuesten  englischen  Über- 
setzer Palej  als  charakteristisch  dafür  anführen,  der  die  stelle  so 
gibt:  ^suppose  he  were  at  this  very  moment  to  raise  bis  head  and 
Shoulders  up  from  the  floor'  (dazu  die  anmerkung:  *as  aghostfirom 
the  dvQTriecfJia  of  a  theatre,  or  a  spirit,  conjured  up  by  necromanqy') 
^he  would  very  likely  scold  as  roundly  •  .  and  suddenly  disappear, 
and  be  of ,  before  we  could  stop  him.'  das  nenne  ich  die  prägnante 
bedeutung  der  beiden  werte  auf  die  es  hier  ankommt  vertuschen : 
dvaKUi|iac  (s.  Plat.  Phaidon  109"^  o\  Ik  Tf)c  OaXdccnc  ixBOcc 


Hülkr-StrQbiog:  Protagorea«    zu  den  V6geln  des  AristophaneB.     97 

KUHiQtVTCC  Tgl.  109*)  und  Karabuc  'auftauchend  ans  der  see'  and 
iertaochend'.  diese  worte  enthalten  doch  ganz  ofiTenbar  eine  an- 
ilong  auf  die  weise ,  in  welcher  Protagoras  ums  leben  gekommen 
und  Yitringa  (ao.  s.  54)  hat  ganz  recht  zu  sagen ,  sie  könnten 
nicht  verstanden  werden,  wenn  man  sie  nicht  erkläre  'de  homine 
i  aqom  submerso  caput  ex  undis  extoUente  ac  mox  itemm  in  alto 
ri  evanescente*.  auch  ABKrische  hat  schon  früher  (1840)  'fbr- 
ongen'  I  s.  141  die  stelle  richtig  erklärt  den  erlftuterern  wird 
9  bolche  spöttische  anspielung  auf  die  klftgliche  todesart  eines 
mera  unangenehm  gewesen,  sie  wird  ihnen  unzart,  wie  wir  das 
neu,  vorgeJEommen  sein,  sie  wollen  sie  nicht  erkennen  und  huschen 
«r  meistens  mit  geschlossenen  äugen  daran  Yorflber.  aber  das  ist 
I  weise  mit  den  alten  umzugehen,  gegen  die  ich  immer  von  neuem 
ine  stimme  erhebe ,  so  wenig  gewicht  sie  auch  haben  mag.  wir 
fen  nicht  unsere  anschauungs-  und  geftthlsweise  in  die  betrach- 
g  der  antiken  weit  hineintragen,  wir  sollen  sie  nehmen  und  zu 
ennen  suchen,  wie  sie  ist,  nicht  wie  wir  sie  gern  haben  möchten, 
1  vor  allem  dürfen  wir  nicht  an  einem  schriftsteiler,  der  uns  lieb 
rorden  ist,  das  was  uns  im  einzelnen  misfftllt,  ja  unser  gefühl 
leiit,  vertuschen  und  durch  die  Schönfärberei  der  erklftrung  föl- 
en.  und  so  wollen  wir  auch  aus  dieser  stelle  das ,  was  wir  frei- 
1  schon  wissen,  wieder  erkennen,  dasz  ein  Grieche,  auch  der 
Isie,  wenn  er  einmal  haszte,  es  gründlich  that,  über  das  grab 
ans,  und  dasz  er  dessen  kein  hehl  hatte  —  so  Achilleus  bei 
mer,  so  Aias  bei  Homer  und  bei  Sophokles,  so  bei  demselben 
!ktra  und  der  sterbende  Oidipus;  so  in  der  wirklichen  weit  Aristo- 
UMi»,  so  Thukydides,  so  Piaton.  man  erinnere  sich  wie  der  letz- 
9  im  Gorgias  von  Perikles  spricht  und  von  Aspasia  im  Menexenos 
wenn  nemlich  dieser  dialog  von  ihm  herrührt. 

So  viel  zur  begründung  meines  Vorschlags  in  den  Vögeln  v.  1073 
schreiben : 

nv  diTOKTeivri  nc  upiüv  Aiatöpav  xöv  Tniov, 
Xapßdvciv  idAavTOv,  f{V  t€  tujv  xupdvvwv  xic  nva, 
Turv  leOviiKÖTujv  äiroKTtCvri  — 
1  nun  weiter?  ich  will  es  nur  gestehen,  meine  feder  sträubt  sich 
t  fortzufahren  rdXavTOV  Xa)bißdv€iv.  diese  lahme  Wiederholung 
rdirbt  mir  die  stelle,  und  die  reflexion,  der  dichter  wolle  hier  den 
I  des  psephisma  wiedergeben,  kann  mich  nicht  über  die  unkünst- 
iMhe  mattigkeit  trösten,  wenn  ich  dann  das  darauf  folgende  pse- 
laima  der  vögel  ansehe,  das  doch  dem  athenischen  genau  nach- 
^üdet  ist,  in  dem  die  vögel  als  preis  für  den  lebendig  eingebrach- 
i  Philokraten,  der  den  gegen.satz  zu  den  toten  tjrannen  bildet, 
r  talente  versprechen,  so  bin  ich  stark  versucht  auch  dort  zu 
ireiben  tuiv  tcOvhkötwv  dTTOKTcivri,  ToXavTQ  T^rrapa.  denn  der 
itz  soll  doch  nicht  etwa  darin  besteben,  dasz  die  vögel  die  Athener 
rcfa  einen  hohem  preis  überbieten  wollen?  das  hätte  gar  keine 
tze.   befriedigt  bin  ich  zwar  dadurch  noch  keineswegs,  wiewol 

J\Jkib«rh«r  fir  cla»».  philol.  18S0  nft.  8.  7 


98     HMfiUer-Strabing:  Protagorea.    zu  den  Vögeln  des  AziitopliaiieiL 

mir  die  stelle  durch  diese  ftnderung  zu  gewinnen  scheint,  imd  sa 
will  ich  denn ,  zumal  da  ich  mir  selbst  nicht  erklftren  kann,  wie  die 
änderung ,  wenn  es  eine  ist ,  entstanden  sein  soll  (die  gnunmatiker 
müsten  denn  in  einem  wirklichen ,  einem  athenischen  psephiama  die 
summe  von  vier  talenten  für  zu  hoch  gehalten  haben),  mich  bei  der 
stelle  nicht  weiter  aufhalten  (mein  sträuben  gegen  die  wiederholong 
des  TdXavTOV  Xajiißaveiv  ist  ja  ohnehin  eine  undiscntierbare  gefUib- 
nnd  geschmackssache) ,  will  vielmehr  nachzuweisen  versuchen,  dan 
Protagoras  und  seine  beteiligung  an  den  religiösen  freveln  dieser 
zeit  auch  sonst  noch  gegenständ  des  spottes  der  komödie  gewesen  iti. 

In  den  scholien  zu  dem  bekannten  CuDKpdnic  ö  MifjXioc  Wo. 
830  heiszt  es:  irap'  IcTOpiav  'AOnvaioc  faß  ö  CwKpdTTic.  dXX* 
iizeX  Aiatöpac  MrjXtoc  ui  v  bießdXXeio  d)C  Geopdxoc,  xal  töv  CuiKpdni 
bk  ibc  dOeov  biaßdXXci,  bid  toCto  MrjXiov  aöröv  £(pn-  ''AXXuic* 
6  MrjXioc  dvTl  toG  dccßrjc.  'AptCTatöpou  Tdp  toO  Mf|Xiov 
fia6T]Tf|c  ö  CuDKpdTiic.  bi€ß^ßXiivTO  hk  in\  dOetqi  o\  M/jXioi  dwd 
Aiaröpou,  6c  xpnM^Ta  TrapaO^füievöc  nvi  kqI  diT0CT€pT)6€lc  de 
dOeiav  ^TpdTni.  f|  biÖTi  MfiXov  bierroX^pncav  'AmKoi*  ol  hk 
dTT€ibr)  TIC  'ApicTatöpac  biOupafüißoTroiöc  Üuipxi^caTO  lä 
*6X6ucivia-  ol  bfe  MriXiov,  töv  KQTaTTpauvovTa  t^  biöaxQ  tdc 
i|iuxdc  Tuiv  MiiXiujv.  o\  bfe  töv  KOfniüVTa,  töv  bacuv.  ''AXXuic*  6 
MriXioc]  Tiv^c  ^Ecb^EavTO  töv  Tdc  tüüv  eiciövTuiv  i|iuxdc  öEuvovra 
Trplv  eiceXGciv  i^  i  piuJM^vac  *  dirö  fueTacpopac  tujv  dXÖTuiv  Or|p(ttiv. 
ixf\\a  Tdp  Td  Op^MjLiaTa.  o\  bi  elc  tö  bacu  kqI  aöxMHPOv  vooOav 
auTÖ  usw.  weiter  brauche  ich  zum  glück  nicht  abzuschreiben,  aber 
eine  stelle  aus  Suidas  (u.  CuiKpdTTic)  musz  ich  doch  noch  hersetien: 
£t^v€to  bk.  kqI 'ApicTatöpac  Mr|Xioc,  biOupa^ßonoiöc,  Sc  li 
'EXeucivia  fnucTiipia  ££opxncd)bi€voc  kqI  iEeiiruiv  äccß^CTOTOC 
^KpiOn,  Kai  &JX*  dKeivou  touc  MnX(ouc  in*  dceßciqt  KUl^^lteOa 
TdrreTai  bi  Kai  im  tuüv  ßXacqprJMUiV. 

Was  ist  das  nun?  hier  haben  wir  auszer  dem  Diagoraa  noch 
einen  zweiten  Melier,  ebenfalls  biGupapßOTTOiöc ,  wie  ja  auch  Dia- 
goras  ursprünglich  gewesen  sein  soll,  ebenfalls  gotteslengner  nnd 
entweiber  der  mysierien,  ebenfalls  verurteilt,  ebenfalla  von  der 
koraödie  als  gottesleugner  verspottet,  und  doch  o£Fenbar  nicht  dnrdi 
Verwechselung  mit  jenem  entstanden,  wie  GHermann  meinte,  der  in 
den  scholien  zu  der  Wolkenstelle  zweimal  'Apicratöpac  in  AtOTÖpOC 
änderte  —  beiläufig  gesagt,  ein  seitenstück  zu  dem  verfahren  das  mei- 
ner meinung  nach  die  alten  grammatikor  eingeschlagen  haben,  ab 
sie  in  der  oben  bebprochenen  stelle  der  Vögel  töv  Trjiov  in  TÖv  M/jXioV 
änderten,  aber  hier  ist  das  durchaus  unzulässig :  denn  die  acholiaaten, 
und  ebenso  Suidas ,  kennen  ja  beide,  Diagoras  und  Aristagoraa,  nnd 
nennen  sie  neben  imd  nach  einander,  zunächst  fällt  dann  in  beiden 
stellen  das  seltsame  wort  ^Euipxrj^^TO  und  £Eopxilcdjui€VOC  auf,  dem 
man,  dünkt  mich,  doch  auf  den  ersten  blick  ansieht,  in  weloher 
münzstätte  es  geprägt  ist,  nemlich  in  einer  komödie,  and  wahr> 
scheinlich  in  d6r  komödie,  in  welcher  nach  Suidas  jener  Aristagoraa 


HMflllar-Strilbuigi  Protagorea.   zu  den  Vögeln  des  Ariitophanes.     99 

samt  den  Ifeliern  in*  dc€ß€fa)i  verspottet  ist.  dasselbe  wort  finde 
ich  nun  wieder  bei  Saidas:  ^wpxncdMTiv  *  irpöc  öv  £Euipxri<^<iMilv 
T&  T^uic  dv^KmKTa  (dies  ist  ein  citat  aus  Sjmesios),  dEeqpauXica,  kot- 
<irai£cL  kqI  auOtc*  ö  bi  fncOucOelc  £v  t^  olKiqi  IToXuTiuJvoc 
ToO  irapaciTou  Td  pucTiflpia  dEuipx^caTO*  ävTl  toG  £E€)biu- 
KTVjpiccVy  ficinicra  dnoiiiC€V.  dies  ist  offenbar  eine  von  Soidas 
oder  von  dem  den  er  anaschrieb  ans  dem  gedftchtniä  citierte  stelle 
einer  komödie ,  yermutlich  der  ersten  in  der  das  wort  vorkam ,  und 
diese  komOdie  wird  wol  ziemlich  in  dieselbe  zeit  zu  setzen  sein  wie 
die  VOgel,  vielleicht  in  die  Lenaien  414:  denn  in  dem  hause  des 
Polyttovi  oder  Pnlytion  waren  ja  der  denuntiation  des  sklaven  An- 
dnmuichos  infolge  die  mysterien  verspottet  worden,  nicht  Einmal, 
softdem  öfters,  von  Alkibiades  nnd  vielen  anwesenden,  darunter 
■etoikan  nnd  andern  fremden,  halte  ich  nun  die  beiden  stellen  bei 
BnidaSi  in  denen  das  wort  vorkommt,  zusammen,  so  ist  es  mir 
wahrscheinlich  dass  der  mann,  der  betrunken  im  hause  des  Puljtion 
die  mjBterien  verspottete,  eben  der  von  Suidas  in  der  ersten  stelle 
genannte  Aristagoras  der  Melier  ist,  und  dann  möchte  ich  auch 
femer  dies  komödienfragment  in  Verbindung  bringen  mit  folgendem 
andern  fragment  bei  Photios  s.  626,  9 

oux  öp^c  Tf|v  oiKfav 
•rt|v  TTouXirriuivoc  Keip^viiv  ÖTr/jßoXov ; 
dies  letztere  nun  ist  ans  einer  komödie  des  Pherekrates,  betitelt 
lirvöc  f\  TTavvuxic,  also  Mer  backofen  oder  die  nächtliche 
fesifeier'  —  ist  man  da  nicht  förmlich  gezwungen  an  die  nttcht« 
liehe  mjsterienfeier  im  hause  des  Puljtion  zu  denken?  man  könnte 
sich  die  sache  so  vorstellen ,  dasz  in  dieser  nttchtlichen  festfeier  der 
dichter  eine  andere,  den  Athenern  weniger  heilige  mysteriöse  fest- 
feier parodiert  habe  (wie  denn  Aristopbanes  meiner  meinnng  nach 
in  den  Vögeln  ähnliches  gethan  hat ,  wovon  weiter  unten),  etwa  die 
Adonien,  auf  die  die  dichter  dieser  zeit  wegen  der  rolle,  die  sie  bei 
den  Vorbereitungen  zu  dem  zuge  nach  Sicilien  gespielt  hatten  (s. 
meine  schrift  'über  die  schrift  vom  staat  der  Athener'  s.  79),  ja  sehr 
leicht  verfallen  konnten,  in  diesem  falle  würde  dann  der  vers  des 
Pherekrates,  den  Suidas  (u.  'Abübvia)  anführt:  'Abu)vr  äTOM^V  Kttl 
tAv'AIhuviv  KXdopev,  zu  dieser  TTavvuxic  zu  ziehen  sein;  und  ebenso 
beste  sich  das  scheinbar  dumme  zeug ,  das  der  eine  scholiast  zu  der 
Wolkenstelle  in  bezng  auf  Aristagoras  über  die  besänftigten  seelen 
der  Melier  sagt,  vieUeicht  durch  den  inhalt  der  komödie  erklären, 
die  Melier  waren,  was  nicht  zu  übersehen  ist,  ja  erst  kurz  vorher 
sahireich  in  den  Hades  hinabgestiegen,  das  thema  war  also  zeit- 
gemlss  —  und  von  politischem  mitleid,  von  Schonung  eines  ge- 
Mlenen  wüsten  die  athenischen  komiker  nichts,  man  denke  an  den 
'melisehen  hunger'  bei  Aristophanes  Vö.  181.  von  dem  Schicksal 
der  Melier  konnte  also  sehr  wol  in  dem  stücke  die  rede  sein. 

Man  könnte  dann  sogar  in  Versuchung  gerathen  die  beiden 
fragmente,  das  bei  Suidas  und  das  bei  Photios,  in  Verbindung  zu 


'?4w 


100     HMaller-Strübing:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  das  Aristophaim. 

bringen,  und  anzunehmen  dasz  von  der  groszen  mysterienaohlndaiig 
im  8tück  die  rede  war,  und  dasz  dann  ein  interlocutor  sagt:  'dw 
strafe  ist  aber  auch  nicht  ausgeblieben:  siehst  da  nicht  dasi  dM 
haus  des  Pulytion  unter  Sequester  liegt?'   also  etwa  so: 

A.  'ApiCTOTÖpac  6  MriXioc, 

öc  TroT€  )bi€6uc8eic  TTouXutCuivoc  iv  oIki^ji 
Tct  raiv  Geaiv  Mucnipi*  dSwpxi^cdTO. 

B.  TTj  Toö  irapaciTou;  dp*  oöx  öpäc  Tf|v  oiKfov 
Toö  ITouXuTiujvoc  KeiM^viiv  uitfißoXov;* 

wenn  mir  dann  jemand  einwirft,  das  sei  Spielerei,  bei  der  doch  nichts 
herauskomme,  so  will  ich  dagegen  nicht  eben  protestieren,  wogegen 
ich  die  Verbindung,  in  die  ich  jenen  Aristagoras  mit  dem  banse  des 
Pulytion  und  dann  auch  mit  den  religiösen  freveln  des  j.  415  ge- 
bracht habe,  flir  ziemlich  sicher  halte,  weiter  kommt  man  ja  in 
diesen  dingen  nicht,  und  dann  brauche  ich  wol  kaum  noch  hi^ita- 
zuftigen,  dasz  ich  Aristagoras  den  Melier  für  dieselbe  person  hält«, 
die  Aristophanes  AiaTÖpav  töv  Trjiov  nennt,  also  ftir  Protagoras. 
wir  haben  dann  hier  ganz  dasselbe  spiel  der  komödie,  den  in  be- 
zeichnenden durch  Spitznamen  j  hier  sogar  durch  zwei ,  kenntlich  xa 
machen,  wie  sie  es  überhaupt  liebt,  immer  mit  leicht  zu  lösenden 
rftthseln  zu  spielen  statt  den  namen  unverblümt  herauszusagen. 

Oder  sollten  die  beiden  dichter,  sowol  Pherekrates  hier  wie 
Aristophanes  dort  in  den  Wolken ,  doch  gerade  zur  seit  der  anfRlh- 
rung  ihrer  stücke  noch  einen  besondem  grund  gehabt  haben,  mit 
dem  namen  des  geächteten  Protagoras  hinter  dem  berge  tu  bidten? 
natürlicherweise  denke  ich  hierbei  an  das  sog.  psephisma  des  Syn- 
kosios ,  auf  das  ich  mich  vorhin  bei  der  besprechnng  des  AiOTÖpoC 
ö  Tiiioc  nicht  berufen  habe,  weil  ich  es  nicht  brauchte,  da  ich  mir 
das  spiel  das  Aristophanes  mit  dem  namen  treibt  ohnehin  ans  dem 
wesen  der  komödie  genügend  erklttren  konnte,  ausserdem  wissen 
wir  ja  so  gut  wie  gar  nichts  über  dies  angebliche  psephisma:  denn 
der  scholiast  zu  Vö.  1297,  unser  einziger  gewfthrsmann,  sagt  Aber 
den  Sjrakosios  ausdrücklich  nur,  er  scheine  ein  psephisma  erlassen 
zu  haben,  in  dem  die  namentliche  Verspottung  verboten  ward,  was  er 
nur  aus  den  werten,  die  er  dann  citiert,  schlieszt  —  so:  boxel  Vi  tA 
iprjqpic^a  reOeiK^vai  \ii\  Kuj)biipb€ic6at  övo^acTi  Tiva ,  die  <t>pi)vixoc 
iv  MoVoTpÖTTip  (pT]ci '  i|iuüp  *  f x^  CupQKÖciov '  dTTiqKivfic  T&p  adnR& 
KOI  ]xi'^a  Tuxoi.  äqpeiXero  Tctp  Kw^ipbeTv  oOc  ^ttcOOmouv.  bto 
iTiKpÖTcpov  auTdj  Trpocqp^povrat.    das  ist  nun  freilich 


^  Puljtion  könnte  wirklich  ein  irapdaTOC  in  dem  ftltern,  dem  reli« 
giösen  sinne  gewesen  sein,  nemlich  ein  beisitzer  der  priester:  denn  ei 
wird  ja  behauptet,  dass  der  gebrauch  des  wertes  im  sinne  von  KÖAoE 
erst  der  sp&tem  komödie  angehört,  möglich  wKre  es  aber  anoh,  dass 
Saidas,  der  aas  dem  gedftchtnis  citierte,  oder  sein  gewfthrsmaaa  das 
ihm  in  diesem  sinne  sehr  geläufige  wort  dem  köXoE  des  dichtere  snb- 
stituiert  und  dasz  dieser  geschrieben  habe:  tQ  toO  köXqkoc;  dp'  (oder 
Mdiv)  oOx  6p4ic  tV|v  oiK(av  usw. 


HlUUkr-Strfibiiig:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  des  Aristophanes.   '  101 

doiikel  imd  offenbar  verdorben.  Heineke  begnügt  sieb  zu  sagen: 
«mihi  nihil  prorsns  liquet,  nisi  scäbiem  imprecari  poetam  Syracosio. 
aam  illnd  i|idip*  ix^  nibil  aliud  est  quam  i|iaipa  ^X^^'  (^^^  ^^^^ 
Dindorf  meint),  'andere  gelehrte  sind  weiter  gegangen  und  haben 
henteUangarerBUche  gemacht,  so  schreibt  GHermann  (bei  Fritzsche 
qnae«i  Aristoph.  I  s.  307) : 

qxlip  *  ix<H  CupaKÖciov  * 
KdTTMpavfjC  T<^* 

Kaim|i  Ti  Tuxoi  M^T  \  äq>€iX€T0  T^p 
Kui^cpbcTv  oOc  ^TreOupouv. 
Cobei  dagegen  restituiert,  wie  er  selbst  sagt  (comm.  ad  Plat.  com. 
reL  8.  38),  mit  einiger  kflhnheit  die  stelle  so: 

i|iu>pa  hk  CupaKÖciov  kot^xoi  ,  TpirfiKoTc  £<pdvii  fäp  &natxy 
piiya  id\^a  xopoiciv,  dcpciXcTO  fäp  Kui/yiuibciv  ot)c  ^ireOuMOuv. 
die  Üingt  gewis  sehr  stattlich,  höchst  schwungvoll;  nur  fdrchte  ich, 
die  beiden  gelehrten  herren  haben  dem  scholiasten  die  unverdiente 
ehre  angethan  seine  bescheidenen  Zwischenbemerkungen  in  ihre 
sdiOnen  verse  hinein  zu  verarbeiten,  denn  nach  meiner  meinung 
iidit  der  acholiast  hier  ganz  auf  dem  standpunct  Meinekes  und  Din- 
dor£s,  dh.  er  weisz  selbst  nicht,  wie  er  sich  die  angeführten  werte 
erkliren  soll,  sein  gedankengang  ist  folgender:  Sjrakosios  scheint 
ein  psephiama  gegen  das  övopacTl  KUJ/yiipbciv  durchgesetzt  zu  haben, 
aadi  den  werten  des  Phrynichos  ipuip'  ^x^  CupaKÖciov,  denn  das 
beiszt  angenscheinlich ,  es  möge  ihm  ein  groszes  unbeil  zustoszen : 
diiMpavic  TÖp'  axnw  KaKÖv  piifa  tuxoi  (denn  so  wird  wol  zu 
schreiben  sein  statt  ein<pavf)C  und  Ka\  m^tgi)*  oxid  selbst  der  un- 
lengbar  anapästische  rhythmus  der  folgenden  werte  ä9€(X€T0  irdp 
Ku^ipbciv  oOc  iiTcOu^ouv  könnte  nur  ein  werk  des  zufalls  sein. 
ich  ^ube,  der  scholiast  fährt  fort:  denn  (wenn  es  mit  jenem  pse- 
phisma  seine  richtigkeit  hat,  so)  hatte  er  ihnen  die  entzogen ,  die  sie 
in  verspotten  wünschten,  weshalb  sie  ihn  denn  auch  mit  bitterkeit 
angreifen,  doch  ist  es  ja  immerhin  möglich ,  dasz  diese  anapästisch 
klingenden  werte  wirklich  an  das  vielleicht  verdorbene  ipdip '  f x^ 
CupOKÖciov  sich  in  irgend  einer  weise  anschlössen,  und  dasz  sie  die  in 
jenen  werten  doch  gewis  ausgesprochene  Verwünschung  motivierten. 
darana  folgt  aber  noch  lange  nicht,  dasz  der  scholiast  mit  seiner  ver- 
mntong,  Syrakosios  habe  gerade  ein  psephisma  beantragt  und 
durchgesetzt  (boKCi  5^  KaV iprjcpic^a  TeOciK^vai) ,  das  richtige  ge- 
troffen habe,  es  wäre  zb.  auch  möglich,  dasz  Syrakosios  den  rath, 
der  noch  dazu  in  bezug  auf  die  religiösen  frevel  unbeschränkte  voll- 
machl  hatte,  veranlaszt  hätte  von  dem  ihm  ohnehin  zustehenden  auf- 
liditarecht  über  die  sceniscben  aufführungen  strengem  gebrauch  zu 
mafhen  als  sonst ,  und  die  dichter  zu  verwarnen ,  sie  möchten  sich 
der  namentlichen  Verspottung  der  angeklagten ,  der  gefangenen,  der 
geichteten  nsw.  enthalten,  denn  es  ist  allerdings  auffallend,  wie 
schon  Droysen  bemerkt  hat,  dasz  wir  in  den  stücken  aus  dieser  zeit, 
den  Aristophanischen  Vögeln,  dem  Monotropos  des  Phrynichos,  den 


102     HMüUer-Strübing:  Protagorea.   zu  den  YOgeln  dei 

namen  von  mftnneni,  die  bei  der  ftthrang  der  prooesse  besonden 
thätig  waren,  zb.  des  Peisandros,  des  Kleonymos  onverhflllt  beg^gBsn, 
und  ebenso  in  dem  fragment  der  anonymen  komOdi«,  die  Plataich 
im  leben  des  Alkibiades  c.  7  anführt,  denen  der  denuntiaiitai  Tea- 
kros  nnd  Diokleides,  dasz  wir  aber  mit  ausnähme  des  Pnlytioii  nach 
den  namen  der  uns  so  zahlreich  bekannten  dennntiierten  vergebeni 
suchen,  dies  mag  nun  in  der  that  auch  daher  rtthren,  dasi  die  komiker 
selbst  eine  gewisse  Sympathie  für  diese  letzteren  hegten,  wenigstena 
Aristophanes,  aber  dann  gewis  nur  für  ihre  verfolgten  athenieobeii 
landsleute ,  nicht  für  die  ihnen  von  jeher  verhaszten  fremden  Sophi- 
sten, die  ihnen  als  Verführer  und  als  die  eigentlichen  nriieber  des 
ganzen  Skandals  erscheinen  musten.  die  einführung  des  ProtagOTH 
unter  den  namen  Aristagoras  und  Diagoras  würde  sich  also  mit  der 
Schonung,  die  die  komiker  den  verfolgten  sonst  angedeihen  lassen, 
ganz  wol  vertragen  und  würde  zugleich  ein  beispiel  dafttr  abgebsBi 
wie  leicht  es  war,  ein  so  albernes  verbot  wie  das  des  övofiocri 
KUJ^(}Jb€lV,  wenn  es  wirklich  existierte,  zu  umgehen. 

Was  ich  so  eben  angedeutet  habe,  werde  ich  sogleich  etwu 
weiter  ausführen;  doch  musz  ich  zuerst  auf  eine  frage,  die  man  mir 
entgegen  halten  könnte,  antworten,  auf  die  nemlich,  wie  Pherekzvtss 
darauf  gekommen  sein  soll,  den  Protagoras  die  mysterien  betrau» 
ken,  ^eOucOcic,  entweihen  zu  lassen,  es  scheint  aber  wirklich,  dssi 
die  komiker  ihn  als  einen  freund  des  weins  dargestellt  haben:  denn 
wenn  Eupolis  in  den  Schmeichlern  in  bezug  auf  Kallias  sagt: 
Tiiveiv  TÖp  auTÖv  TTpurrorröpac  ixik^v  \  fva 

^  TTpd  TOO  KUVÖC  TÖV  TTVCUjülOV*  fKIcXuCTOV  qpOpQ, 

80  meint  er  doch  wol,  Protagoras  habe  ihm  gerathen  sieh  die  goxgd 
mit  wein  und  nicht  mit  wasser  auszuspülen,  upd  will  doch  sidier- 
lich  insinuieren,  Protagoras  sei  ihm  darin  mit  gutem  beispiel  voran- 
gegangen, wie  auch  Athenaios  (s.  22  ^j  die  sache  verstanden  bat: 
€CnoXic  Te  töv  KaXXiav  cpiiciv  dvorrKdZecOai  t^ö  TTpurroröpou 
iriv€iv. 

Und  nun  zu  der  Sympathie  die  Aristophanes  für  die  beschul* 
digten  gefühlt  haben  soll,  und  der  er  in  einer  hauptstelle  der  YdgA 
meiner  meinung  nach  den  denkbar  stärksten  ausdruok  gegeben  hak 
ich  habe  dabei  die  ganze  stelle  von  v.  865  an  im  sinne:  cCx^cBc  tQ 
*£cTiqi  T^  öpvi6€i(}j  usw. ,  und  glaube  in  dieser  ganzen  litanei  des 
priesters  und  den  einfallenden  responsorien  des  chors  nicht  Uoas 
eine  spottende  parodie  solcher  religiöser  ceremonien  im  allgemeinen, 
was  sie  doch  ohne  allen  zweifei  ist,  sondern  mit  bestimmtheit 
handgreifliche  Verhöhnung  der  mysterien  zu  erkennen ,  nicht  i 
der  eleusinischen  —  denn  so  weit  in  der  keckbeit  hätte  bei  der  imim» 
tisch  aufgeregten  Stimmung  der  massen  damals  wol  kein  mensoh  an- 
gestraft  gehen  dürfen  —  wol  aber  der  samothrakischen ,  der  myste- 
rien der  Eybelci  der  groszen  göttermutter.  darauf  bringt  mich  nicht 
blosz  die  stelle  in  der  litanei  des  priesters,  v.  875  'betet  sa  dem 
finken  Sabazios  und  der  strauszin,  der  groszen  mutter  der  gOtter  ond 


MfilWr-SMbiiig:  Protagorea.   za  den  Vögeln  des  Aristophanaa.     103 

mensehen'  (cCxccOe  Kai  (ppuriXqi  CaPoZiip  Ka\  CTpouOip  ^€T<iXQ 
lurrpl  dciiiv  Kcd  ävOpuiiruiv),  sondern  mehr  noch  die  einfallende  re- 
■ponaion  der  gemeinde :  'o  herrin  Kybele,  strauszin,  mutter  des  Kleo- 
kritoe'  —  b^cnoiva  Kuß^Xiii  CTpouO^,  M^T€p  KAecKpiTOU.  denn  wer 
ist  dieser  Kleokritos,  das  einzige  menschliche  wesen,  das  nnter  all 
den  komisch  travestierten  göttem  plötzlich  auftritt?  *ein  schlechter 
•ekaospieler  mit  putenfüszen'  sagt  Droysen,  der  mutmaszang  des 
seholiasten  folgend,  der  selbst  offenbar  gar  nichts  weisz  und  nur 
hcramritli:  Kuß^Xiiv  <paci  Tf|v  *P^av  .  .  tö  54  Mt)t€P  KXeoKpiTOu 
miQ*  öifövoiav  iirrJTCiTCV,  ßouXö|yi€VOC  auröv  biaßdXXciv  dic  crpou- 
Miroba,  TouT^cnv  |yi6T€tXönouv.  £KUl^c4lb€lT0  bi  die  ^^voc  Kai  buc- 
Tcv^  .  .  ö  b^  Aibu|Lioc  MTiT^pa  KXeoKpiTOu ,  ort  diC  T^vaiKiac  Kai 
uvoibocKuijüiuibeiTai*  £vbi  toic  /yiucriipioicTficP^acMaXaKoi 
irdpcici.  Kai  icuic  Ircpoc  &v  €Xr\  toG  irap  *  GunöXiboc ,  iv  Aifj/yioic 
Ktti  KöXaB.  man  sieht  also,  Didymos  hat  es  auch  nicht  abweisen 
kflanen,  dabei  an  die  mysterien  der  Bhea,  dh.  an  die  samothrakischen 
zu  denken,  aber  wie  störend  wftre  eine  solche  Unterbrechung  des 
feierlichen  hohns  der  ganzen  scene,  die  gerade  wegen  der  streng 
durchgeführten  travestierung  des  ernsten  liturgischen  stils  so  hoch- 
komisch  wirkt ,  durch  die  anspielung  auf  einen  menschen ,  der  gar 
nichts  mit  dem  gedankeninhalt  derselben  zu  thun  hat,  wie  matt  das 
hereinzerren  eines  sonst  unbedeutenden  menschen  blosz  um  seiner 
grooen  fttsse  oder  seines  weibischen  wesens  willen  in  den  kreis  der 
travestierten  götter,  wenn  er  gar  keine  beziehung  zu  ihnen  hätte! 
und  so  halte  ich  denn  diesen  Kleokritos  für  identisch  mit  dem  Kleo- 
kritos,  der  zehn  jähre  später  von  Xenophon  (Hell.  II 4, 20)  als  ö  tujv 
^UCTUIV  KfjpuE  bezeichnet  wird,  der  mit  Thrasybulos  im  Peiraieus 
war  und  der  gleich  nach  dem  falle  des  Kritias  in  Munychia  die  be- 
kannte patriotische  rede  hielt,  welcher  geweihten  herold  soll  dieser 
nun  gewesen  sein?  gewis  nicht  der  herold  der  eleusinischen  myste- 
rien, wie  Grote  annimt  denn  dieses  amt  war  ja  erblich  in  der  familie 
Leagoras-Andokides,  wurde  also  zur  zeit  der  dreiszig  von  dem  be- 
rflchtigten  denuntianten  Andokides  bekleidet,  oder,  da  er  damals 
wahrscheinlich  nicht  in  Athen  war,  von  einem  nahen  verwandten; 
bitte  aber  Kleokritos  in  so  naher  beziehung  zu  ihm  gestanden,  so 
würden  wir  ihn  wol  gelegentlich  in  seinen  reden,  in  denen  er  ja  so 
viel  von  seinen  familien Verhältnissen  spricht,  genannt  finden,  mich 
dOnkt,  die  beiden  stellen,  die  in  den  Vögeln  und  die  bei  Xenophon, 
ergänzen  und  erläutern  sich  gegenseitig  und  machen  es  höchst  wahr- 
scheinlich, dasz  der  dort  und  hier  genannte  6ine  und  dieselbe  person 
ist  (das  nimt  auch  Benseier  in  dem  Wörterbuch  der  griech.  eigen- 
namen  an,  der  ausser  dem  archon  von  oL  91,  9,  der  sehr  wol  mit 
dem  ansem  identisch  sein  kann,  nur  noch  einen  Kleokritos  iE  Oiou 
bei  Demosthenes  kennt ^) ,  und  dasz  wir  also  dort  in  den  Vögeln  den 

*  doch  findet  sich  noch  ein  TTcpiT^vv^c  KXcoKpitou  als  a^onothet  nnter 
des  Areboo  Diophobos,  dessen  name  bei  Uenseler  fehlt:  s.  CIG.  n.  803. 
ich  habe  diese  Weisheit  ans  Kohls  index  sam  CIO.  entnommen. 


104     HMflUer.Strübing:  Protagorea.   zu  den  Vögeln  dei  AristopliMiee, 

herold  der  samotbrakischen  mysierien  der  groszen  mntter  d«r  gOtter, 
deren  erw&hnung  sich  ja  auch  sonst  bei  Aristophanes  findet  (FrL 
277;  vgl.  We.  9.  120),  vor  uns  haben,  als  solcher  wird  er  dann  im 
die  litanei  mit  ganz  anderm  gewicht,  mit  ganz  anderer  bedeatHun* 
keit  eingeführt  als  jener  angebliche  Schauspieler  mit  den  etrannes- 
fUszen  oder  als  irgend  ein  beliebter  Hans  Liederlich,  er  wird  auf- 
fallend grosz  und  stark  gewesen  sein ,  was  ja  anch  durch  den  spwi 
in  den  Fröschen  (1437)  bestätigt  wird  und  wozu  die  erwlhnmig 
seiner  mächtigen  weitschallenden  stimme  bei  Xenophon  aehr  wol 
stimmt,  so  dasz  er  um  so  angemessener  als  söhn  der  Btraoszin,  der 
groszen  göttermutter ,  bezeichnet  werden  konnte.* 

Sind  meine  combinationen  nun  richtig,  dann  ist  in  dieser  gan- 
zen stelle  doch  wol  eine  sehr  entschiedene  Parteinahme  flLr  die  der 
religiösen  frevel  angeklagten  zu  erkennen,  es  ist  ja  als  rufe  der 
dichter  den  Athenern  zu :  'was  macht  ihr  denn  so  viel  anfhebens  von 
diesen  mysterlenentweihungen?  seht  ihr,  dergleichen  kann  ich  andi, 
euch  ins  gesiebt,  und  ihr  sollt  darüber  lachen'  —  was  sie  denn  auch 
ohne  zweifei  gethan  haben. 

Oder  wird  man  etwa  sagen,  das  sei  doch  nicht  anzunehmen, 
eine  solche  herausforderung  der  religiös  aufgeregten  gefUile  des 
Volks  hätte  der  dichter  doch  nicht  wagen  können,  räthselhaft  iat  es 
mir  freilich  auch,  dasz  er  es  wagen  durfte,  aber  er  hat  es  ja  in  die* 
sem  selben  stücke  auch  sonst  noch  gethan,  und  nach  meinem  gefllhl 
in  noch  stärker  provocierender  weise,  denn  in  keinem  seiner  atOdc» 
geht  der  Übermut  des  dichters  in  der  Verspottung  alles  dessen,  was 
den  Athenern  sonst  das  heiligste  war,  so  weit  wie  in  den  VögefaL 
selbst  ihre  heilige  Jungfrau,  die  stadtschirmerin,  die  er  sonst  nur 
selten  und  dann  in  harmloser  weise  in  den  kreis  seiner  schene  sieht 
(zb.  in  den  Bittern,  in  der  scene  wo  der  Demos  von  seinen  leuten  ge- 
füttert wird,  1168  ff.)  —  in  diesem  stück  läszt  er  sie  am  achlass  in 
person  auftreten,  als  braut,  als  neuvermählte  eines  alten  athenischen 
Windbeutels,  denn  die  Basileia  (v.  1536)  ist  ja  niemand  anders  alt 
Pallas  Athena,  die  der  dichter  zwar  nicht  övo^acTl  zu  komodieren 
wagt  —  das  möchte  denn  doch  dem  fasz  den  boden  ausgeachlagen 
haben,  gerade  damals  —  die  er  aber  in  absichtlichster  weise  so  deni* 
lieh  kennzeichnet,  dasz  keinem  Athener  das  richtige  Verständnis  Ter» 
borgen  bleiben  konnte,   die  ausleger  sehen  das  nicht  (oder  wollen 

*  ThKock  sagt  la  dieser  stelle,  nicht  der  stranss,  der  bei  Arittoph. 
nicht  vorkomme  (denn  We.  207,  Vö.  678  und  Lys.  723  seien  die  crpoudoi 
Spatzen,  was  gans  richtig  ist),  sondern  der  npats  sei  hier  gemeint,  ieh 
glaube  das  nicht  das  kqXöv  y€  Kai  XeuKÖv  t6  Tf)c  CTpou8oO  irrcpdv 
auf  dem  heim  des  Lamachos  (Ach.  1106)  ist  doch  sicher  eine  skravn- 
feder,  nicht  die  eines  weiszen  Sperlings,  ob  in  den  Worten  Kai  crpouS^ 
^6TdXi)  \iiyrpi  6€d)v  kqI  dvOpUiirujv  das  ^eTdXq  grammatisch  sa  |ii|tpi 
gehört,  wie  Kock  meint,  oder  zu  crpouBlp,  wie  schon  der  seholiast  ond 
fast  alle  altern  aasleger  annehmen,  lasse  ich  dahingestellt;  dem  sinne 
nach  gehört  es  sa  beiden,  oder  vielmehr  es  gehört  su  CTpoDOf*  nad 
wird  vom  hörer  sa  ^nrpi  ergänzt. 


UMfiller-Sbübug:  Proiagorea.   za  den  Vögeln  des  Amtopbanes.     105 


sie  es  aidbi  sehen?),  sie  sprechen  von  einer  Basileia,  tochier  des 
XTrsBOS  und  der  Oe,  die  sie  in  einer  stelle  bei  Diodor  (III  57)  auf- 
gespürt haben,  and  der  scboliast  sagt  gar,  sie  sei  die  personifi- 
eierte  nnsterblidhkeit.  das  ist  falsch :  der  dichter  hat  vielmehr  dafür 
gesorgt,  dasz  die  zaschaaer  an  solchen  entlegenen  mythologischen 
kram,  an  soldie  abstraction  nicht  denken  konnten,  was  sie  ohnehin 
schwerlieh  gethan  haben  würden,  ich  wiederhole  es,  er' sagt  ihnen 
mit  abeichtlichster  dentlichkeit,  wen  er  meine,  denn  wozn  sonst  die 
frage  des  Peithetairos  an  Promethens:  *wer  ist  die  Basileia?'  der 
didiier  konnte  ja  die  sache  im  donkel  lassen  und  seinen  zohOrem 
ftberlassen,  was  sie  sich  bei  dieser  zunächst  abstracten,  allegorischen 
beteichnnng  etwa  vorstellen  mochten,  aber  nein :  er  will  sie  zwin* 
gen  ihn  ganz  zn  verstehen,  an  Pallas  Athena  und  nur  an  diese  zu 
dsakon,  daher  die  antwort  des  Prometheus:  KoXXicTii  KÖpti,  ^iT€p 
TOfiicuci  tAv  K€pauvöv  ToOAiöc.  Aristophanes  setzt  bekannt- 
lieh in  allen  seinen  stücken  eine  genaue  bekanntschaft  mit  den  tra- 
giseben  diditem  voraus ,  namentlich  mit  Aischylos,  und  hatte  sicher 
ein  volles  recht  dazu :  denn  die  ganze  Vorbildung  der  Jugend ,  der 
schnlonterricht,  an  dem  so  gut  wie  alle  Athener  teil  nahmen,  be- 
ichitakie  sich  ja  auf  die  beechäftigung  mit  den  dichtem,  es  ward 
viel  auswendig  gelernt,  wie  Piaton  Prot.  325*  sagt:  irapaTtO^aciv 
(ol  bUklQcaXoi)  auTOic  (toic  naidv)  im  toiv  ßdOpuiv  dvaTiTVubcKCiv 
noofVüjfV  draCKiPV  irotrJMaTa  Kai  £K|yiav0dv€iv  dvaTKoZcuci ,  und  in 
den  gesetsen  810*  sagt  er,  die  knaben  h&tten  6Xac  ^rjcctc  der  poeten 
auswendig  gelernt  —  und  unter  diesen  f^iic€ic ,  wenn  irgend  eine, 
dann  gewis  die  herliche  schluszscene  aus  den  Eumeniden  des  Aischy- 
los, in  der  die  geliebte  Vaterstadt  mit  begeistertem  schwung  verher- 
licht  wird,  wir  heutiges  tages  können  sie  nicht  ohne  bewegung  lesen^ 
und  die  sollte  ein  Athener  nicht  gekannt  oder  sollte  sie  vergessen 
haben?  Aristophanes  wüste  also,  muste  wissen,  dasz  bei  den  worten 
des  Prometheus  *die  schönste  maid,  die  den  blitz  des  Zeus  bewahrt' 
sofort  jedem  Athener  die  rede  der  Pallas  Athena  in  jener  schlusz- 
seene  (v.  813  H.)  lebendig  vor  die  seele  treten  muste,  in  der  sie  sich 
beaeachnet  als  'die  einzige  unter  den  göttem,  die  den  Schlüssel  kennt 
zu  dem  gemach  in  dem  der  blitz  verwahrt  wird' : 

KQi  KXi^bac  olba  buü^aToc  ^öv^  ^^y  > 
ly  dl  K€pauvöc  dcriv  dc9paTiCM^voc. 

durch  jenes  wort  also  *sie  verwahrt  den  blitz  des  Zeus'  ist  Basileia 
fflr  jeden  Athener  unwiderruflich,  wie  durch  einen  hammerschlag, 
mit  Pallas  Athena  identificiert.  will  man  nun  sagen,  dem  sei  wol  so 
(denn  leagnen  wird  man  es  nicht  kOnnen)^  aber  Aristophanes  habe 
das  nicht  beabsichtigt ,  so  erklärt  man  ihn  dadurch  für  den  grOsten 
dnmmkopf,  der  je  existiert  hat  —  wozu  man  doch  schwerlich  geneigt 
»ein  wird,  da  gilt  kein  federlesen.  Aristophanes  weisz  was  er  thut. 
er  llszt  Peithetairos  in  den  himmel  hinaufsteigen,  um  mit  Zeus  alles 
zu  ordnen  und  sich  die  braut  zu  holen ,  und  dann  erscheint  der  alte 


106         HFlacli :  noch  ein  wort  zu  den  SibyllenTertmnlmitiWi 

Sünder  von  ihr  begleitet  wieder  auf  der  bühne,  den  bliU  sohwhigaid, 
den  sie  ihm  als  mitgift  zugebracht  hat: 

ndXXuiv  Kcpauvöv,  irTCpoqxSpov  Ai6c  ß^oc, 
und  führt  schlieszlich  Pallas  Athena,  die  jangfrftnliohe  toehtflr  dei 
Zeus,  in  sein  brautgemach. 

Das  ist  nicht  wegzudeuten,  daran  ist  nicht  zu  rütteln,  ond  dia 
Athener  haben  das  ruhig  hingenommen,  wer  weisi  freilich  1  Tiel« 
leicht  doch  nur  so  lange  als  sie,  die  Zuschauer  wie  die  riohter,  nodi 
unter  dem  unmittelbaren  zauber  der  dichtung  standen,  aber  wie 
das  wol  geschieht:  tnedio  de  fönte  leporum  surpU  anuari  äUqmä  — 
ein  bitterer  nachgeschmack  mag  geblieben  sein  und  dann  bei  nfldi* 
temer  reflexion  auf  die  preiserteilung  eingewirkt  haben,  denn  ist 
es  nicht  höchst  auffallend,  aus  innem  gründen  kaum  erkllrlich,  das 
der  dichter  mit  seinem  schönsten,  herlichsten  werke  nicht  denenta 
preis  errungen  hat? 

Ich  breche  hier  ab.  vielleicht  bietet  sich  mir  sp&ter  in  andeim 
Zusammenhang  die  gelegenheit,  auf  den  eigentlichen  eponymos  im 
gottesleugner,  den  wirklichen  Diagoras  von  Melos  und  dessen  schiA« 
sale  näher  einzugehen. 

London.  Hermann  MOLLEB-BTRÜBUia. 


12. 

NOCH  EIN  WORT  ZU  DEN  SIBYLLENVERZEICHNISSEN. 


In  einer  vortrefflichen  arbeit  hat  Ernst  Maass  'de  SibyUamm 
indicibus'  (Greifswalder  diss.  1879)  mit  Scharfsinn  und  genaoigkeü 
TMm  ersten  mal  in  der  groszen  masse  der  Überlieferung  licht  und  Ord- 
nung hergestellt,  und  die  meisten  seiner  resultate  werden  daher  bii 
auf  weiteres  angenommen  werden  müssen,  nur  in  Einern  puncte  hat 
Maass  die  Untersuchung  falsch  angegriffen ,  xmd  diesen  erlanbe  ich 
mir  noch  einmal  zu  behandeln :  ich  meine  die  artikel  bei  Soidaa.  ich 
unterscheide  in  unserm  Buidas  folgende  teile  bei  dem  Sibjllenartikel: 
1)  die  vita  einer  Sibylla,  2)  das  gedrängte  verzeichnia  von  seoha 
Sibyllen  \  3)  die  vita  der  chaldäischen  Sibylla,  4)  eine  scholienartige 
(ÖTi  usw.)  bemerkung  über  die  eitern  der  chaldftischen  Sibylla  (aus 
Paus.  X  12),  5)  eine  ähnliche  über  die  zehn  Sibyllen  (das  Varroniadie 
Verzeichnis;  s.  Maass  s.  32  ff.),  6)  eine  scholienartige  bemerkung 
über  den  römischen  Ursprung  des  namens,  von  diesen  teilen  bal 
Eudokia  s.  383  den  ersten  in  zusammengezogener  gestalte  den  swei- 
ten  im  ganzen  (mit  einigen  auslassungen)  und  ganz  kurz  den  dritten, 
nach  dem,  was  ich  ^untersuch,  über  Suidas  und  Eudokia'  s.  78  ana* 
geführt  habe,  sind  also  1 — 3  die  artikel  des  Hesychios  Mileeioai  der 
zuerst  ausführlich  die  hauptschriftstellerin  behandelt  hatte  (in  der 

>  denn  die  GßuXXa  AeXq>(c,  die  bei  Bekker  daran ter  steht  und  die 
bei  Eadokia  fehlt,  gehört  nicht  sn  dieser  reihe  (s.  nnten). 


HFlach :  noch  ein  wort  m  den  Sibjlleoyerzeichniisen«        107 

iUerdings  die  einen  die  erythrftiache,  andere  die  sicilische,  noch  an- 
dere die  eamische  nsw.  erkannten) ,  dann  kurz  eine  reihe  von  unter- 
geordneten Sibyllen',  endlich  wieder  ausführlich  die  chaldäiache 
BibjllA.  die  teile  4 — 6  also  Bind  znthaten  des  Suidas  oder  eines 
uiterpolators.  Ton  den  artikeln  des  Hesychios  steht  auszerdem  der 
dritte  wOrtlich  bei  Gramer  anecd.  Par.  I  s.  332  f.  Maass  ist  an  die 
nlaraaGbong  des  Yerwandtschaftlichen  Verhältnisses  bei  diesen 
artikeln  herangetreten ,  ohne  Ton  den  arbeiten  über  Hesychios  Mile- 
sioe  eine  deutliche  Torstellong  zu  haben,  was  er  ttber  Hesychios 
sagt  (zb.  a.  10  'Suidae  in  biographids  fontem,  qui  aetate  Hadria- 
■ea  paucis  ante  Pansaniam  annis  floruit';  s.  45  'sed  Sibyllarum 
catalogo  Heeychiano  Hadrianea  aetate<^nfecto,  eodem  qui  per- 
nmi  in  Soidam'),  klingt  meist  wie  ein  dunkles  gerficht  das  ihm  zu 
ehren  gek<mimen.  er  Terschmftht  ee  mit  m&nnlichem  stolz  noch 
über  die  quellen  des  Suidas  zu  sagen  (s.  54  anm.  113),  aber 
nnch  der  gegenwftrtig  herschenden  ansieht  (s.  54)  die  Hesychios- 
ao  sich  Torstellt,  dasz  alles  in  den  vitae  desselben  auf  Dion. 
BaL  kropia  ^oucuafj  und  Hermippos  Berytios  ir€p\  ti&v  biorrpc- 
ip6vTunf  iy  iraibeiqi  boüXujv  zurückgeht,  der  thut  wol  nicht  viel  da- 
von so  sagen,  oder  sind  M.  die  Untersuchungen  DVolkmanns  über 
Demetrios  Magnes,  Bohdes  über  Porphyrios  und  Philon  von  Byblos, 
die  meinige  über  Laertios  Diogenes  und  Damaskios  unbekannt  geblie- 
ben? hat  er  niemals  eine  vita  gelesen,  in  der  Hesychios  noch  andere 
gewlhrsmftnner  citiert?  was  für  eine  Vorstellung  hat  er  vom  inhalt 
der  aehrifl  des  Hermippos?  wer  aber  von  einer  frage  nichts  vor« 
it^t,  der  sollte  nicht  absprechen  ohne  zu  prüfen  und  zu  begrün- 
den,  wie  es  M.  wiederholentlich  getban  bat  in  einer  allerdings  jetzt 
modern  gewordenen  art,  und  sollte  nicht  mit  grosser  Sicherheit  so 
naive  ansichten  vorbringen,  wie  über  das  heidentum  des  Hesychios 
(t.  65  anm.  117)  oder  die  abhängigkeit  der  Eudokia  von  einem  voll- 
lUndigem  (so)  ezemplar  des  Suidas  (s.  56).  also  was  Maass  über 
das  anecdotum  Parisinum  als  quelle  des  Suidas  sagt  (s.  47  u.  53), 
ist  natürlich  unrichtig.  Suidas  schöpft,  wie  Eudokia,  aus  Hesychios, 
und  dieser  mag  dazu  Joannes  Lydos  benutzt  haben ,  was  sehr  viel 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat  (Maass  s.  46  f.),  wenn  man  die  grosze 
Übereinstimmung  des  letzten  stückes  bei  Gramer  mit  Lydos  de  mens. 

*  natürlich  nur  diejenigen,  welche  als  Schriftstellerinnen  galten. 
ICoJU>9urvia  fehlt  bei  Eudokia  und  war  deshalb  möglicher  weise  bei 
Hesychios  nicht  aufgenommen.  Maass,  der  im  Suidas  den  Hesychios  bei 
K^^fh^v  Occirpurric  aufhören  läszt,  hat  lu  groszen  respect  vor  der  thörich* 
tarn  aag abe  des  Suidas,  dasz  Hesychios  beide  gewesen  sei.  allerdings  halte 
ick  ts  auch  nicht  f&r  ganz  gewis,  dasz  auch  8  aus  Hesychios  stamme, 
ab«r  dann  nur  deshalb,  weil  der  artikel  eine  wörtliche  entlehnung  ist 
(wie  aaecd.  Par.  beweist),  was  mit  dem  sonstigen  verfahren  des  Hesy- 
chsoe  aic^t  baffnooiert,  und  weil  er  nicht  die  gewöhnliche  reihenfolge 
der  darstellaog  bietet,  aber  der  artikel  steht  Überhaupt  einzig  in  seiner 
art  da.  s«hr  zweifelhaft  aber  scheint  mir,  dasz  die  quelle  üher  die 
iliCTpUi  der  verse  Juttinus  cohort.  ad  Qraecos  sei,  wie  Alexandre  ezc. 
ad  Sib.  s.  430  und  Maass  s.  48  anm.  97  annehmen. 


lOS         HFlach:  noch  ein  wort  zu  den  Sibyllenveneichiuneii« 

8.  70  (ed.  Bonn.)  vergleicht.  Suidas  hat  dann«  wie  er  das  nmililige 
male  anch  sonst  gethan  hat  (bei  Laertios  Diogenes,  Philoatnitoe, 
Damaskios  nsw.) ,  aus  der  ihm  bekannten  quelle  (die  wabndieinlieh 
in  der  epitome  am  rande  bemerkt  war)  weiter  abgeechriebeo ,  und 
so  werden  auch  die  artikel  5  und  6  bei  Suidas  aus  loanneaLydos  ttam- 
men,  während  4  wahrscheinlich  von  lesem  oder  interpolatoren  her- 
rOhrt  (aus  Paus.  X  12;  s.  Maass  s.  3  anm.  7).  .der  sohreiber  der 
anecdota  hat  weder  Hesychios  benutzt  noch  Suidas*,  sondern  ihn 
gemeinschaftliche  quelle,  ebenso  wie  der  anonyme  yerfasser  der  pn^ 
fatio  ad  Sibyll. ,  die  TyMommsen  mit  guten  gründen  in  das  Anftt 
jh.  nach  Ch.  gesetzt  hat,  der  demgemäsz  etwas  jfinger  als  Lydos 
sein  muste.  schon  ein  flüchtiger  blick  lehrt,  dass  bald  Suidas  ToU- 
ständiger  ist,  bald  jener  Schreiber  der  anecdota,  allerdings  meisiMt 
der  letztere.  ^  Suidas  hat  namentlich  fast  alle  (von  Varro  und  Feas* 
Stella  herrührenden)  citate  ausgelassen,  die  vergleiohung  bewMifc 
aber  gleichzeitig,  dasz  Suidas  nur  excerpierte  Tpiri)  AcXfpk  fj  bt 
A€Xq)oic  T€x6€ica,  so  dasz  die  zweite  vollständigere  vita  derselbflo 
(CißuXXa  AcXcpic,  i^v  kqi  ''ApTC^iv  irpociiTÖpcucav.  T^ovc  bt  aOiq 
iTpö  T(£iv  TpuiiKoiv  Kai  ^Tpai|i€  XPHCMOUC  b\*  inibv) ,  die  in  den  hM. 
des  Suidas  allen  vorangeht  (s.  Bemhardy  II  s.  739) ,  ans  derselbflo 
quelle  (nemlich  wahrscheinlich  Lydos)  von  einem  leser  zngeschrielMa 
worden  ist.  dasz  diese  quelle  noch  ausführlicher  war,  beweist  dsr 
Schreiber  der  anecdota  (Maass  s.  44). 

Schlieszlich  vermisse  ich  in  der  sonst  so  vollständigen  sdurift 
von  Maass  die  angäbe,  dasz  auch  Lehrs  über  den  einen  der  BibjIlM- 
artikel  gesprochen  hat  (Pindarscholien  s.  163  f.),  und  die  behandloBg 
des  pseudo-Hesychios  (s.  50  Or.;  vgl.  meine  untersuch,  s.  73  annu  1); 
femer  zu  s.  13  f.  über  die  ägyptische  Sibylla  das  Zeugnis  des  Hamsr- 
tolos  8. 141  (Muralt)  Kai  ßaciXicca  Caßä,  ^tic^^tcto  CfßuXXanop* 
*€XXrjvuiv  usw. 

'  insofern  hat  auch  Alexandre  ao.  s.  426  unrecht:  'et  anonymi  f^a^ 
mentum  de  Sibyllis,  item  ex  Suida  deoerptum.*  *  wol  nur  dwea 
ein  versehen  fehlt  bei  Maass  s.  45  der  satt  TeTdpTT)  'ItoXikA,  tf^  Iv 
Ki)Li^€p{(2b  Tf)c  MraXCaCi  wodurch  dann  die  folgende  'EpuBpoia  die  sali 
TCTdpTrj  für  ir^fiiTTr)  erbalten  hat. 

Tübingen.  Hahs  FkiAOH. 


13. 

QUAE8T10NES   AROHIMEDEAE.     SORIPSIT  J.  L.  HeIBEBG.     XllBST  DB 

AREMAE  NUMERO  LiBELLus.   Hauniac  sumptibus  Bndolphi  KleiniL 
MDCCCLXXIX.    205  b.  8  mit  einer  steiodmcktafel. 

Keine  classe  der  griechischen  schriftsteiler  ist,  was  die  iaxtkritik 
angeht,  bis  in  die  neueste  zeit  hinein  in  so  hohem  grade  Teraash- 
lässigt  worden  wie  die  mathematiker.  und  wenn  auch  in  den  letstsn 
Jahrzehnten  männer  wie  Friedlein,  Hoche  und  namentlich  Hnltsdi 


HMenge:  anx.  y.  JLHeibergs  quaestiones  Archimedeae.        109 

das  crgibige  feld  mit  nnennfidlicher  aasdauer  zu  bearbeiten  begonnen 

I,  wenn  anch  insbesondere  der  zuletzt  genannte  gelehrte  in  sei- 
llber  alles  lob  erhabenen  Papposausgabe  eine  oase  geschaffen, 
iOr  die  ihm  der  Wanderer  durch  das  ko  wenig  angebaute  gebiet  nicht 
dankhr  genog  sein  kann :  so  befinden  &ich  doch  die  werke  des  princeps 
inathrmatieomm  in  dem  unertrftglichen  zustande  arger  Verwahrlosung 
od  tzmarigster  entstellung.  diesem  zustande  durch  eine  neue ,  den 
bMtigen  aaf(»derungen  der  kritik  entsprechende  ausgäbe  der  sftmt- 
hAm  Schriften  des  Archimedes  ein  ende  zu  machen  und  die  schmach, 
diamdiGomperx'  treffendem  urteil  auf  den  philologen  so  lange  lasten 
wird,  als  die  Torellische  ausgäbe  die  jüngste  ist,  zu  tilgen,  scheint  der 
iL  dar  Torstehend  genannten  Inauguraldissertation  gesonnen  und, 

man  hinxnfttgen  kann,  durchaus  befähigt  zu  sein;  es  dürfte  da- 
filr  die  leser  dieser  Zeitschrift  nicht  uninteressant  sein ,  über  die 
wrt  als  Toriftoferin  einer  kritischen  ausgäbe  des  Archimedes  zu  be- 
tfichlcnde  schrifl  und  die  hoffnnngen,  die  sie  erwecken  musz,  etwas 
Blheret  sa  erfahren. 

Von  den  sieben  abschnitten,  in  welche  die  diss.  des  hm.  H.  zer- 
ikUt,  bdiandeln  die  drei  ersten  das  leben,  die  Schriften  und  die  mecha- 
erfindungen  des  Archimedes.  die  quellen  und  hilfsmittel  sind 

mit  grossem  fleisz  und  rühmenswerter  umsieht  benutzt;  dabei 
tritt  übenll  Selbständigkeit  der  forschung  und  des  urteile  deutlich 
JierTor.  mit  dem  Tierten  abschnitt,  der  einen  wertvollen  beitrag  zur 
yachichte  der  griechischen  arithmetik  enthält,  schlieszt  der  histo- 
riacbs  teil  der  schrift,  und  der  vf.  geht  nunmehr  zu  philologisch- 
kritischen  Untersuchungen  über,  die  er  selbst  als  den  wichtigern  teil 
aeiner  aufgäbe  bezeichnet. 

Mit  scharfem  blick  und  überzeugender  gründlichkeit  wird  in 
dem  'de  dialecto  Archimedis'  betitelten  capitel  zunächst  nachgewie- 
sen, dasz  die  bücher  irepi  cqnxipac  Kai  KuXivbpou  und  die  kukXou 
^^TprfCiC  nicht  nur  von  einem  unwissenden  abschreiber  weit  späterer 
xeit  ans  dem  dorischen  dialekt  in  den  allgemein  üblichen  umgeschrie- 
ben^ sondern  auch  durch  manigfache  interpolationen  ihres  eigentüm- 
lidien  sprachlichen  gewandes  entkleidet  und  der  geistvollen  kürze 
der  beweisführung  beraubt  worden  sind,  aber  auch  die  übrigen 
Schriften  des  Archimedes  sind  in  der  uns  vorliegenden  Überlieferung 
voll  von  dialektischen  inconsequenzen.  in  dieser  beziebung  bedarf 
es  nun  vor  allem  einer  durchgreifenden  remedur,  und  mit  recht  for- 
dert hr.  H.,  dasz  diejenigen  dorischen  formen,  welche  sich  nur  6in- 
odcr  zweimal  in  den  hss.  finden ,  überall  restituiert  werden,  um  die 
erfüllang  dieser  forderung  zu  erleichtern,  gibt  er  eine  dankenswerte 
Übersicht  über  die  betreffenden  formen,  die  ohne  zweifei  an  Vollstän- 
digkeit und  genauigkeit  noch  gewonnen  haben  würde,  wenn  dem  vf. 
sorgfiütige  ooUationen  der  hss.  zu  geböte  gestanden  hätten,  die  in 
dem  folgenden  abschnitt  enthaltene  geschichte  der  textüberlieferung 
▼errtth  unbedingte  Selbständigkeit  der  forschung;  hr.  H.  hat  hier 
in  einer  methodisch  geradezu  mustergültigen  Untersuchung  den  wert 


110        HMenge:  anz.  y.  JLHeibergB  quaettiones  ArchinadeAe, 

der  einzelnen  hss.  und  der  sonstigen  textquellen  geprflft  sowie  dm 
gegenseitige  Verhältnis  der  erstem  festzustellen  geencht  und  damit 
den  weg  betreten,  der  allein  zu  einem  gesicherten  text  lUiren  kaiUL 
wenn  das  urteil  des  vf.  trotz  seines  kritischen  Bcharfblickt  in  vuibr 
reren  puncten  als  ein  endgültiges  nicht  betrachtet  werden  kaaii,  nad 
wenn  einzelne  seiner  angaben  der  berichtigung  bedürfen,  so  ist  dim 
hauptsächlich  dem  umstände  zuzuschreiben,  da«z  ihm  das  t  ollst  im* 
dige  handschriftliche  material  nicht  bekannt  war  nnd  ihm,  wie  schon 
oben  bemerkt,  genügende  collationen  nicht  zur  Verfügung  standsn. 

In  dem  betreffenden  abschnitt  wird  nun  znnftchst  kon  erwihnti 
dasz  der  pabst  Nicolaus  V  eine  aus  Constantinopel  erhaltene  hs.  dsi 
Archimedes  von  Jacobus  Cremonensis  ins  lateinische  hat  flbcrrsetiai 
lassen  und  dasz  Regiomontan  in  Rom  eine  abschrift  dieser  Aber* 
Satzung  genommen  hat.  darauf  bespricht  hr.  H.  eingehend  die 
erste  (lateinische)  ausgäbe  des  Archimedes  von  Tartalea  (Yensdig 
1543)  und  weist  zur  evidenz  nach  dasz,  wenn  auch  Tartalea  sno 
von  der  familie  der  übrigen  hss.  verschiedene  hs.  gehabt  hat,  doch 
aus  seiner  Übersetzung  wenig  hilfe  zur  restituierung  des  teztes  n 
holen  ist,  weil  diese  hs.  offenbar  stark  interpoliert  war  nnd  weil  er 
wahrscheinlich  in  der  Übersetzung  an  nicht  wenigen  stellen  eignes 
hinzugefügt  hat.  dem  griechischen  text  der  eigentlichen  ed.  prinosps 
(Basel  1544)  liegt  eine  hm.  H.  offenbar  nicht  bekannte,  in  der  Nün- 
berger  stadtbibliothek  (cent.  V  app.  n.  12)  befindliche  hs.  m  grundSi 
die  ursprüngliche  lesart  dieser  hs.  läszt  sich  jedoch  an  vielen  stelkn 
aus  der  ed.  pr.  nicht  ersehen,  da  der  hg.  Venatorius  eine  grosse  in- 
zahl  von  emendationen,  die  in  der  hs.  auf  papierstreifen  nnd  aof 
dem  rande  stehen,  ohne  weiteres  in  den  text  aufgenommen  hat.  ss 
ist  demnach  die  ansieht  Torellis ,  dasz  die  ed.  pr.  handschriftliehen 
wert  habe,  entschieden  irrig,  und  der  künftige  herausgeber  des  Anh. 
wird  den  Norimbergensis  (N  *) ,  über  den  ich  in  dem  nächsten  pio* 
gramm  des  Ologauer  kath.  gymn.  näheres  mitzuteilen  gedenke,  dnreh- 
aus  nicht  unbeachtet  lassen  dürfen,  hinsichtlich  der  lateinisohsB 
Übersetzung  der  Bas.  vermutet  hr.  H.  ganz  richtig,  dasz  sie  die  vea 
Begiomontan  leider  emendierte  des  Jacobus  Cremonensis  seL  die 
betreffende  hs.  (N  ^)  befindet  sich  ebenfalls  in  der  Nürnberger  stadt- 
bibliothek (cent.  V  15) ;  auf  dem  untern  rande  der  ersten  seite  stehen 
die  Worte  ^Thomae  Venatorii  sum  ego',  während  auf  der  letiisB 
Seite  geburts-  und  Sterbejahr  und  -tag  Regiomontans,  offenbar  von 
der  band  des  Venatorius,  angegeben  sind. 

Nach  einer  kurzen  besprechung  der  verdienstvollen  fibersetsii^g 
Commandins  und  der  für  die  kritik  wertlosen  Rivaultschen  ansigabe 
hebt  der  vf.  bezüglich  der  Torellischen  ausgäbe  mit  recht  herTOr, 
dasz  das  naive  Selbstgefühl,  mit  dem  Torelli  sagt,  es  werde  sich  nim» 
mehr  in  den  Schriften  des  Arch.  nichts  finden  *quod  geometriae  peri- 
tum  morari  possit'  (praef.  s.  XIY),  des  reellen  bodens  ginslicb  ent- 
behrt, auch  die  in  der  Torellischen  ausgäbe  gegebenen  collatioBeii 
von  vier  Pariser  hss.  (Par.  ABCD)  sind,  wie  ich  mich  dnrtb  eigne 


HMcnge:  aas.  y.  JLHeibergs  quaestiones  Archimedaae.        111 

Ters^chnng  flbenengt  hal)e,  mit  goradezu  gewissenloser  nachlftssig* 
hat  angefertigt  und  daher  für  die  textkritik  absolut  unbraachbar. 
iadeaaen  geht  so  Tiel  hervor,  dasz  diese  hss.  ans  derselben  quelle 
wie  ein  Ton  Tordli  benutzter  Venetus  (V)  und  ein  für  die  ausgäbe 
edlationierier  Florentinus  (F)  geflossen  sind,  der  anfiang  des  ersten 
hoches  ii€pl  cipaipac  ical  KuXivbpou  ist  nemlich  in  sftmtUchen  seohs 
bsi.  Tentflmmelt;  aber  aueh  an  manchen  andern  stellen  zeigen  sie 
dieaelben  lücken.  recht  bezeichnend  ist  auch  der  umstand  dasz. 
a.  19,  37  ed.  Tor.,  wo  auch  hr.  H.  eine  lüoke  vermutet,  in  allen 
■iehi  nnr  irori  rdv  6H  (Tor.  nori  t&v  AZ)  steht  und  dann  die 
werte  oihuic  6  BZ  worl  t&v  6H  fehlen,  sondern  auch  nach  6H  4,5 
€m  unbeschrieben  sind. 

Was  das  verhftltnis  der  Torellischen  hss.  zu  einander  betrifFt^ 
m  gelangt  der  vf.  durch  eine  ebenso  scharfsinnige  wie  gründliche 
«ntnrvuchung  zu  dem  ergebnis ,  dasz  F  die  quelle  der  fibrigen  hss» 
irt  und  dasz  sowol  V  als  auch  Par.  B  und  C  von  F  abgeschrieben, 
wllizend  Par.  A  und  D  abschriften  von  V  sind,  wiewol  die  beweis- 
Mining  im  allgemeinen  Überzeugend  ist,  so  musz  man  doch  wieder- 
koH  bedaoem,  dasz  es  hm.  H.  nicht  vergönnt  war  seine  behauptun- 
gen  durch  genauere  coUationen  zu  stützen. 

Dasz  YAD  eng  zusammengehören  und  eine  besondere  gruppe 
bilden,  scheint  mir  keinem  zweifei  zu  unterliegen,  namentlich  spricht 
dafür  der  umstand  dasz  diese  hss.  an  vielen  stellen,  wo  in  den  übri- 
gen nichts  fehlt,  dieselben  lücken  und  auslassungen  haben,  auszer 
den  von  hm.  H.  angeftihrten  beispielen  fehlt  zb.  s.  28,  6.  s.  31,  4. 
s.  32,  18  ed.  Tor.  in  VAD  fcrai;  an  der  ersten  und  dritten  stelle 
ist  in  allen  drei  hss. ,  an  der  zweiten  nur  in  V  ein  entsprechender 
raom  gelassen,  s.  25, 17  haben  VAD  hinter  AZ  2,4  cm  unbeschrie- 
ben, s.  23,  31  fehlen  die  werte  itotI  tÖ  A  .  .  {\tt€P  nicht  nur,  wie 
hr.  H.  voraussetzt,  in  D,  sondern  auch  in  V  und  A.  zu  den  VAD  ge- 
meinschaftlichen, in  keiner  der  übrigen  Torellischen  hss.  sich  finden- 
den lücken  kommt  noch  eine  grosze  anzabl  von  Varianten  (in  dem 
TCTpoTuiviCjüiöc  TTQpaßoXfic  mehr  als  12),  in  denen  VAD  ausschliesz- 
Uch  übereinstimmen,  dasz  A  eine  abschrifb  von  V  ist,  kann  nicht 
bezweifelt  werden,  schwieriger  ist  die  entscheidung  der  frage,  ob 
D,  wie  hr.  H.  meint,  von  V  oder  von  A  abgeschrieben  ist.  für 
die  erstere  ansieht  sprechen  stellen  wie  s.  21,  3,  wo  VD  (auch  C) 

TpiTuivui  haben,  und  s.  29,  31,  wo  die  werte  bid^€Tpov  .  .  iini|iau- 
oucov  in  A  allein  fehlen,  femer  ist  nicht  zu  übersehen ,  dasz  A  nur 
anf  den  ersten  blAttem  figuren  hat  und  weiterhin  nicht  einmal  räum 
für  solche  gelassen  worden ,  wfthrend  in  D  die  schwerlich  nachtrftg- 
lieh  hinzugefügten  figuren  nicht  fehlen,  aber  wie  soll  auszer  den 
von  hm.  H.  angeführten,  AD  ausschlieszlich  gemeinschaftlichen 
ditlographien  die  entstehung  der  zahlreichen  Varianten  erklärt  wer- 
den» in  denen  A  D  allein  übereinstimmen  und  die  kaum  auf  von  ein- 
mabhlngige  'conjecturen'   zurückgeführt  werden  können? 


112        HMeDge:  anz.  y.  JLHeibergs  quaestiones  Archimedeae. 

zb.  haben  s.  23,  22  AD  allein  b€txOi^C€Tai  (V  b^bcucTOu),  8.  24,  12 
AD  allein  die  Wortstellung  toGtov  dx^TU)  TÖv  XÖTOV,  8.  25,  16  AD 
AAP.  das  Verhältnis  wird  wol  erst  dann  endgültig  festgestellt  wer- 
den können,  wenn  durchaus  zuverlässige  coUationen  der  ganien  has. 
vorliegen,  dasz  D  höchst  nachlässig  geschrieben  und  voller  Iflcken 
ist ,  liegt  auf  der  band ;  freilich  finden  sich  unter  den  von  hin.  H. 
erwähnten  lUcken  einige  (zb.  s.  23,  31.  s.  27, 13)  auch  in  VA. 

Den  von  dem  vf.  s.  141  angeführten,  bisher  noch  nicht  benntttan 
hss.  wären  zwei  andere,  in  Rom  befindliche  hinzusufügen,  die,  weu 
sie  auch  der  familie  der  besprochenen  angehörend  wol  kanm  neoehiUh 
mittel  für  die  gestaltung  des  teztes  bieten,  doch  bei  der  prflfongdei 
kiiti&chen  apparats  nicht  übersehen  werden  dürfen,  die  eine  ist  sin 
Vaticanus  (cod.  Beginensis  16  Pii  II  saec.  XVI),  der  noir  eine  ab- 
Schrift  von  F  zu  sein  scheint,  der  andere  ein  Angelicns  (C  2,  6), 
welcher  in  der  engsten  Verwandtschaft  mit  Par.  B  steht,  ioh  habt 
beide  hss.  bei  einem  kurzen  aufenthalt  in  Italien  für  den  tCTpa- 
TUivicjüiöc  TrapaßoXf]C  verglichen  und  werde  ao.  weiteres  über  die- 
selben mitteilen. 

In  dem  letzten  cap.  gibt  der  vf.  eine  reihe  von  emendatioMi 
zu  sämtlichen  Schriften  des  Archimedes.   er  zeigt  sich  hier  ebeiio 
wie  in  der  als  ^specimen  novae  operum  Archimedis  editionis'  beige» 
gebenen  recension  des  ipamLiiTnc  in  dem  vollen  besitze  der  erforder 
liehen  sach-  und  Sprachkenntnis  und  darf  ohne  Widerrede  das  VB^ 
dienst  für  sich  in  anspruch  nehmen,  durch  methodisch  geübte,  dnich* 
gehends   recht  glückliche  conjecturalkritik  eine  grosze  anzahl  ent- 
schieden corrumpierter  stellen  geheilt  zu  haben,   hie  und  da  hätte 
hr.  H.  der  Überlieferung  gegenüber  sich  etwas  conservativer  verhal- 
ten können ;  die  besprechung  von  einzelheiten  mosz  ich  mir  leider 
des  beschränkten  raumes  wegen  versagen,     schlieszlich  füble  idi 
mich  verpflichtet  noch  zwei  Vorzüge  der  vorliegenden  schrift  beson- 
ders zu  betonen ,  nemlich  die  sorgfältige  latinität  und  den  rohigen, 
man  möchte  fast  sagen  bescheidenen ,  die  Sicherheit  und  bestimmt* 
heit  des  urteils  durchaus  nicht  beeinträchtigenden  ton  der  kritik. 

So  berechtigt  denn  die  dissertation  des  hm.  H.  ku  der  snver- 
sichtlichen  boffnung  dasz,  wenn  der  vf.  die  absieht,  welche  er  ofbn- 
bar  hegt,  zur  ausführung  bringt,  demnächst  die  Schriften  eines  der 
grösten  genies  aller  Zeiten  endlich  in  einer  würdigen,  den  anfords- 
rungen  der  modernen  kritik  entsprechenden  gestalt  vorliegen 
den.  das  hindemis,  welches  zur  zeit  des  Wallis  die  herausgäbe 
chiscber  mathematiker  erschwerte,  dasz  nemlich  sich  nieht  leiolit 
jemand  fand,  der  Mmpressionis  sumptus'  zu  Übernamen  geneigt 
war,  besteht  heutzutage  in  Deutschland  nicht  mehr,  da  wir  ja  nut 
rere  buchhändlerische  firmen  besitzen,  deren  Inhaber  es  sieh  war 
ehre  anrechnen,  auch  ihrerseits  zur  herstellung  nnd  verbrettuag 
möglichst  reiner  und  lesbarer  texte  der  Schriftsteller  des  ftlassisch 
altertums  einen  beitrag  liefern  zu  können. 

Gbosz-Glooau.  HfiiKBiOH  Mbvgb* 


JHChSdiiibart:  über  zwei  stellen  dee  Pausaniai.  113 

14. 

ÜBEE  ZWEI  STELLEN  DES  PAUSANIAS. 


Tielbesprochene  stellen  des  Pausanias  ihrer  erledigang 
wo  möglich  näher  zu  bringen  und  zugleich  eigne  frühere  irrtümer  zu 
benötigen  ist  der  zweck  dieser  seilen. 

Panaanias  erzählt  7,  5,  5  die  interessante  legende  über  einfüh- 
nmg  des  tyriachen  Heraklescultns  in  Erythrai  in  lonien.  das  bild 
(trfüikiUi)  des  gottes  gleicht  weder,  sagt  er,  den  sog.  aiginetischen 
■och  des  ältesten  attischen,  sondern  es  ist  wenn  irgend  eins  ägyp- 
ÜtA'i  alsdann  erzählt  er  die  legende  wie  das  ätctXfia  nach  EryÜirai 
|A<minien:  cxebfa  fäp  SuXuiv  kqI  in*  ainfji  ö  6€Öc  iK  Tupou  Tf)c 
#Ofviicnc  ä^nXeucc  usw.  die  Verbindung  mit  ydp  gibt  allerdings 
der  erzählnng  etwas  abgebrochenes,  erregt  aber  dodi  eigentlich  kein 
bedenken,  da  sich  der  sinn  leicht  ergänzen  läszt  und  auch  das  fol- 
goide  sn  bedenken  kaum  anlasz  geben  sollte,  am  ausführlichsten 
behandelt  AdSchOU  (arch.  mitteilungen  aus  Griechenland  s.  33  ff.) 

stelle,  er  behauptet,  das  bild  in  Erjthrai  sei  nicht  eine  statue 
ii  wie  manche  archäologen  gegen  die  werte  des  Pausanias  ge- 
glaobt,  und  übersetzt  nun  die  stelle :  *es  gleicht  weder  den  aigine- 
ÜadieB  nodi  den  ältesten  attischen,  sondern  wenn  irgend  eines,  so  ist 
es  geoan  ägyptisch :  denn  es  ist  ein  holzflosz.'  'er  fügt  nicht  bei' 
fittnrt  8ok0ll  fort  'wie  jene  archäologen  hinzugedacht  haben,  dasz 
dae  ftatue  auf  dem  holzflosz  gestanden  und  diese  so  streng  ägyp- 
tiaeben  Charakters  gewesen,  sondern  dasz  der  gott  —  nach  der 
legende  der  wirkliche  gott  Herakles  —  auf  diesem  flosz  aus  Tyros 
ausgefahren.  .  .  wiederholt  spricht  er  nur  vom  flosz ,  nirgends  von 
einer  statue.  das  flosz  selbst  nennt  er  das  bild ,  mit  dem  ausdruck 
itttV^a,  der  bekanntlich  jedes  heilige  und  geweihte  Symbol  oder 
gerlth,  gleichgültig  von  welcher  form,  ebenso  gewöhnlich  bezeichnet, 
wie  er  von  statuen  gebraucht  wird.'  hier  ist  alles  erst  richtig  zu 
stellen,  dasz  Pausanias,  wenn  er  von  einem  flosz  spricht,  dieses  flosz 
neoni,  ist  doch  eben  nicht  verwunderlich;  dasz  er  nirgends  von  einer 
•tatne  spreche,  beruht  auf  einer  irrigen  Unterstellung;  wiederholt, 
wo  es  erforderlich  war,  erwähnt  er  das  är^X^a.  freilich  gibt  Scholl 
dieaem  werte  'ab  bekannt'  eine  bedeutung,  die  keineswegs  so  all- 
gemein bekannt  ist  und  wol  erst  einige  belege  verdient  hätte;  für 
Paoaanias,  und  auf  diesen  kommt  es  hier  doch  allein  an,  ist  dieselbe 
dorehaua  unanwendbar;  bei  ihm  heiszt  dyaXfia,  was  ja  hinlänglich 
bewiesen  ist,  nur  'statue',  namentlich  eines  gottes,  unmöglich  ein 
floaz ,  selbst  wenn  dieses  ein  geweihtes  war.  auf  dem  heiligen  Sym- 
bol des  floszes  läszt  nun  Scholl  den  leibhaftigen,  'den  wirklichen 
gott  Herakles'  aus  Tyros  ausfahren,  auch  dies  beruht  auf  der  irrigen 
aoffassnng  der  worte  des  Paus.  kqI  in  *  auT^  ö  Oeöc.  als  die  Chier 
und  Erythraier  sich  vergeblich  abmühten  das  flosz  zu  gewinnen,  war 

Jährlicher  f»r  cIam.  philol.  IMO  hft.  8.  8 


1 14  JHChSchubart:  über  zwei  atellen  des  PaoMUÜM. 

es  ihnen  doch  wol  mehr  um  den  gott  zu  thun  als  um  das  heilige 
Symbol,  was  that  denn  indes  der  leibhaftige  Herakles  auf  am 
flosze  ?  sah  er  dem  fruchtlosen  hin-  und  herziehen  als  rabiger  lu« 
schauer  zu ,  bis  der  blinde  fischer  der  not  ein  ende  machte?  nein, 
nicht  der  wirkliche  Herakles  war  auf  dem  flosze,  sondern  sein  bild, 
äY^^MGi-  ^^^^  heiszt  ö  0€ÖC  nichts  anderes  als  TÖ  fiTOiXfia  TOO  dcoC, 
so  gewis  wie  zb.  5,  11,  1  KaO^£€Tai  ö  9€6c  iv  Opövip  nicht  bedenteti 
der  leibhaftige  Zeus  habe  auf  dem  throne  gesessen,  sondern  t6 
dTaX^a  toO  6€oC. 

War  femer  das  vielumworbene  flosz  wirklich  das  dToXfiOf  dessei 
kunststil  Paus,  mit  dem  aiginetischen  und  altattisohen  Yergleieht, 
und  in  welchem  er  ganz  vorzüglich  den  ägyptischen  stil  erkennt,  so 
wird  man  nicht  in  abrede  stellen  können ,  dasz  die  yergleichung  — 
nun  dasz  sie  eine  unmögliche  ist.  in  einem  flosze  konnte  Paus.  nkU 
nach  aiginetischem  oder  attischem  stile  suchen,  in  einem  flösse  nieU 
Ähnlichkeit  mit  ägyptischen  götterbildem  erkennen,  doch  das  wagt 
auch  Scholl  nicht  zu  behaupten,  er  findet  die  ttbereinsümmong  ii 
der  yergleichung  des  heiligen  floszes  mit  der  ägyptischen  baris  uid 
den  heiligen  processionen  der  Aegypter  auf  diesem  fahneoge.  ai 
handelt  sich  aber  lediglich  um  den  kunststil:  was  geht  ans  da  dis 
ägyptische  baris  an  (welche  ein  frachtschiflf  war:  Herod.  2, 96}  und 
die  angeblichen  heiligen  processionen? 

Wie  ist  nun  Scholl  zu  seiner  wunderlichen  ansieht  gekommen? 
ohne  zweifei  lediglich  dadurch  dasz  er  hinter  £uXuiv  stark  intsr- 
pungierte.  das  gibt  also  einen  selbständigen  satz  cx€bta  täp  SäXinv, 
ohne  subject  und  ohne  verbum,  welcher  den  sinn  habensoll,  das 
cultusobject  der  Erythraier  sei  ein  holzflosz  gewesen,  hätte  Paus. 
eine  so  höchst  sonderbare  erscheinung  berichten  wollen ,  so  hätte  er 
sich  zweifellos,  bei  all  seiner  nicht  eleganten  spräche ,  anders  ans« 
gedrückt,  sollte  es  auch  nur  etwa  tö  bk  ärfokiia  cxcbla  £uXu)V  icA 
oder  ähnlich  gewesen  sein,  freilich  sagt  auch  H Hitzig  in  seiaeB 
^beitragen  zur  tezteskritik  des  Pausanias'  (Heidelberg  1873}  s.  6: 
'die  Worte  können  unmöglich  anders  yerstanden  werden  als  dasz  das 
bild  ein  flosz  war ;  eine  solche  darstellung  des  Herakles  aber  wirs 
ebenso  sonderbar  [nur  sonderbar?]  als  unbekannt.'  er  yermatei  des- 
halb|  hinter  EuXuiv  sei  £9^ctiik€  oder  £it€CTI  ausgefallen,  cxcbif  in 
datiy  zu  schreiben  und  fiyaXfia  als  subject  zu  supplieren,  dh«  doch 
man  müste  das  hauptwort  supplieren ,  wenn  man  es  nicht  etwa  be- 
quemer im  folgenden  ö  8€Öc  finden  will,  gegen  Hitzig  erklärt  sieh 
Pf(undtne)r  in  den  (Königsberger)  wiss.  monatsblättem  I  s.  159. 
dieser  findet  den  ausdruck  des  Paus,  zwar  zu  kurz  und  ungenaa,  aber 
immerhin  ohne  ergänzung  verständlich,  'wer  verbindet  hier  nioht 
unwillkürlich  in  seiner  Vorstellung  das  flosz  mit  dem  Herakles? 
sagt  sich  nicht.  Paus,  habe  hier  nur  das  abweichende ,  das  origi 
an  der  technik  des  bildes  [aufstellung  des  bildes?]  kurs  herausheben 
wollen  ?  .  .  und  das  ist  ein  holzflosz  als  basis.  die  figur  des  Herakles 
an  sich  war  nicht  merkwürdig;  so  yergasz  er  sie.'   sonderbar I  iidi 


JfiChSebubart:  über  zwei  stellen  des  PaüBaniae.  115 

gestehe  dsez  ich  diesen  sinn  in  den  worten  des  Paus,  weder  finden 
noch  mach  hineinlegen  kann. 

Merkwürdig  erscheint  es  mir,  dasz  eine  stelle  so  misverstanden 
werden  konnte,  die  durch  richtige  interpunction  oder  nnr  durch  be- 
acbtimg  des  ganzen  kurzen  satzes  die  einfachste  erkl&rung  findet. 
man  tilge  das  komme  hinter  EOXujv  oder  behalte  es  bei  und  inter- 
pnngiere  ench  nach  Ocöc,  oder  man  interpungiere  gar  nicht,  so  liegt 
ja,  ohne  dasz  man  irgend  etwas  zu  erg&nzen  braucht,  der  passendste 
nattlrliche  sinn  vor  äugen :  *ein  flosz  nemlich,  und  auf  ihm  der  gott, 
sehÜfte  Yon  Tjros  in  Phoinike  aus.' 

Sollte  fibrigens  noch  ein  zweifei  bleiben,  dasz  das  erythrftische 
enltbild  nicht  ein  flosz  war ,  nicht  ein  bild  auf  einem  flosze ,  ja  nicht 
einmal  einPatäke,  sondern  eine  wirkliche,  freistehende  statue,  so 
bieten  die  münzen  von  Erjthrai  den  unwidersprechlichen  beweis. 
Baonl-Bochette  gibt  uns  in  seinen  reichen  *m6moires  d'arch^ologie 
eompar^e,  asiatique,  grecque  et  6trusque'  in  den  ^m^moires  de  Tacad. 
d.  inecr.  et  BL.'  XVII  2  s.  175  nach  den  medaillen  von  Erythrai, 
deren  abbildung  pL  m  n.  9.  10.  11  steht  (n.  13,  auf  welche  sich 
S.  B.  anch  beruft,  fehlt  auf  der  tafel)  folgende  beschreibung :  ^e 
tjpe  de  oes  medailles  consiste  en  une  ngure  d'Hercule,  nu,  debout, 
düs  nne  atütude  droite ,  les  jambes  et  les  pieds  rapprochös  Tun  de 
Tantre,  tenant  de  la  main  droite  sa  massue  ^lev^e,  et,  dans  la  gauche 
nn  trait.'  dieser  nachweis  ist  dankbar  anzunehmen  und  gibt  der  stelle 
des  Paus,  eine  sichere  unterläge,  wenn  aber  auch  B. -B.  s.  173  sagt: 
*eette  statue  ^tait  6rigee  sur  un  radeaudebois,  oü  eile  avait  6t^ 
tnuisportee  directement  de  Tyr  sur  les  cötes  de  Tlonie',  so  findet 
dies  weder  in  den  worten  des  Paus,  noch  in  den  abbildungen  der 
medaillen  bestätigung. 

Ohne  mich  in  Untersuchungen  der  'arch^ologie  et  mythologie 
eompar^e*  einzulassen,  glaube  ich  doch  mir  einige  bemerkungen  ge- 
statten zu  dürfen  über  die  art  wie  Baoul-Bochette  die  von  Paus,  er- 
zfthlte  legende  behandelt,  er  spricht  s.  173  f.  von  einer  'particularite 
rapport^  par  Pausanias  celle  du  culte  qui  se  pratiquait  dans  le 
sanctuaire  d'Erythres,  et  qui  consistait  en  ce  que  des  femmes  de  la 
elaase  servile  sacrifiassent  leur  chevelure  en  Thonneur  du 
dieu ;  ear  c'est  la  un  trait  du  culte  ph^nicien ,  qui  avait  lieu  aussi  a 
Byblos  en  Thonneur  d'Adonis :  Lucien  de  dea  Syr.  §  6.'  fast  könnte 
manglevhen,  Baoul-Bochette  habe  einen  eignen  Pausanias ;  mit  einer 
io  mien  behandlung  der  mythe  l&szt  sich  alles  machen,  spricht 
denn  Pausanias  von  einem  'culte?  qui  se  pratiquait?  qui  se  prati- 
quait dans  le  sanctuaire'?  weihten  (sacrifiaient)  die  Sklavinnen  ihr 
haar  dem  gotte  zu  ehren?  ist  ^femmes  de  la  classe  servile'  die  rich- 
tige Übersetzung  von  öiröcat  ^bouXcuov  Kai  oöcaic  cq)iciv  ^XcuO^paic 
^  ^VToOOa  ßioc?  ist  der  doch  wol  bedeutungsvolle  zusatz  toG 
Spondou  T^vouc  so  ganz  überflüssig?  namentlich  wo  es  sich  um 
Verbreitung  des  Heraklescultus  handelt?    der  gebrauch  in  Byblos 

8* 


116  JHChSchubart:  Ober  zwei  stellen  dei  Pi 


hat  mit  dem  von  Paos.  erzfthlten  keine  andere  Shnlichkeit  als  daai 
in  beiden  haare  abgeschnitten  werden. 

Auch  Movers  scheint  von  Wortlaut  und  sinn  der  legende  ab- 
zuweichen, wenn  er  sagt:  'Erjthräer  nahmen  ein  PatÜcenbOd  (?) 
des  Herakles  von  Tyros  auf  ihrem  schiffe  mit  in  die  heimat  und 
verehrten  von  da  an  den  tyrischen  gott  nach  phOnizischer  weiae' 
(die  Phönizier  I  52).  liegt  nicht  die  Vermutung  nfther,  dasi  die  ein- 
führung  des  fremden  gottes  am  widerstände  der  conservativeii  bfi^ 
gerinnen  hindemisse  fand  und  nur  mit  hilfe  der  Thrakerinnen  ttber^ 
wunden  wurde  ?  warum  aber  der  Thrakerinnen  ?  eher  hfttte  maa 
PhGnikerinnen  erwartet,  doch  das  hat  die  mjthologie  compar60  n 
untersuchen. 

Eine  vielbesprochene,  richtig  gestellte  und  doch  noch  beanitift- 
dete  stelle  ist  1,  27,  4  irpöc  bk  tuj  vaip  Tf)c  'ABiivfic  icny  cAf)pic 
TrpccßCrtc ,  öcov  t€  Trrjxeoc  ^dXicrot ,  q)a|bi^vn  bidKOVOC  cTvcn  Ana- 
M^Xn-  ^^r  haben  hier  einen  merkwürdigen  fall ,  wo  die  hsa.  nieUi 
entscheiden  und  die  kritik  lediglich  von  der  interpretation  abhlngig 
ist.  denn  darüber  ob  €uff pic  oder  €uff pic  zu  schreiben ,  geben  die 
hss.  gar  keine  auskunfb;  ob  Aucijbidxil  oder  Aucijbidxiji  die  jflngeiea  M 
gut  wie  keine,  und  doch  liegt  im  letztem  die  entsdieidong. 

Vor  dem  tempel  der  Athena  stand  ein  figttrchen,  etwa  eine  eUi 
hoch,  vermutlich  wol  von  marmor,  eine  alte  frau  vorstellend ,  ndt 
einer  inschrift  am  sockel.  dieses  ist  das  feststehende,  die  alte  hat 
das  prSdicat  €uffpic,  ein  überhaupt  seltenes  wort,  welches  im  aprack- 
schätze  des  Paus,  nicht  weiter  vorkomii)t|  so  oft  sich  ihm  anoh  ge- 
legenheit  bieten  muste  es  anzuwenden,  was  soll  denn  nun  aber  das 
wort  bedeuten?  'affabre  elaborata,  wol  gearbeitet,  wol  gefügt,  wol 
angefügt,  handlich,  bequem'  sind  nichts  weiter  als  mehr  oder  we- 
niger unglückliche  Vermutungen.  0  Jahn  in  den  berichten  der  k.  sloha. 
ges.  d.  wiss.  1858  s.  112  anm.  5  sagt:  Mer  poetische  ansdmck  c0f)pic 
erklärt  sich  .  .  durch  die  annähme,  dasz  Pausanias  das  epigramm 
der  statue  benutzt  hat.'  ihm  beistimmend  ttuszert  sich  3Gchaelit 
in  den  mitteilungen  des  arch.  Inst,  in  Athen  II  s.  33 :  *an  €iWipi|C| 
wolgefügt,  nehme  ich  keinen  anstosz,  indem  ich  den  aosdrook  mit 
Jahn  für  der  metrischen  inschrift  entlehnt  halte.'  ich  bedaore  dan 
ich  der  ansiebt  meiner  hochverehrten  freunde  nicht  beitreten  kann. 
wie  sollte  denn  das  wort  in  der  inschrift  einen  platz  gefunden  haben? 
mag  es  bedeuten  was  es  will,  so  würde  es  ein  prftdicat  der  atatiie 
sein;  in  der  inschrift  spricht  aber  die  dargestellte  person;  aolllfcesa 
etwa  sagen:  ich  bin  eine  wolgefügte  alte,  etwa  eine  eile  hoch?  nein« 
die  Worte  €uf)pic  TrpecßuTic  sind  eben  so  wol  werte  des  Paoa.  wie  die 
sich  anschlieszenden  öcov  T€  Trrjx^oc  jbidXiCTa.  die  vorschlftge  statt 
des  lästigen  €uf)pic  zu  schreiben  etwa  €UTr)pu)C  (Benndorf  in  den 
mitteilungen  des  arch.  Inst,  in  Athen  I  s.  48 — 50)  oder  ömip^TIC 
(ü[riichsV]  im  philol.  anz.  VIII  [1877]  s.  418)  wird  wol  niemand 
für  glückliche  halten ,  am  wenigsten  vielleicht  die  Urheber. 


iHGUBcbnbart:  über  zwei  stellen  des  PaasaDias.  117 

EiB  weiterer  anatosz  ftlr  die,  welche  in  unserer  Statuette  eine 
Ubenle  der  hochgeehrten  priesterin  Ljsimache  erkennen  wollen, 
Idet  das  wort  bidKOVOC  dasz  dieses  schlechtweg  nicht  priesterin 
deute  und  *erst  durch  einen  limitierenden  zusatz  leicht  verstand- 
li  aetn  wfirde',  spricht  Benndorf  ausdrflcklich  aus;  wie  er  diese 
bwierigkeit  beseitigt,  werden  wir  unten  sehen. 

Daaz  die  von  Paus,  beschriebene  Statuette  die  priesterin  Ljsi- 
lebe,  also  Aucijbidxn  zu  schreiben  sei,  ist  die  am  meisten  verbreitete 
dcht :  *nomen  huius  ministrae  fuit  Ljsimache'  sagt  Siebeiis ;  'nomen 
inistrae  fuit  Lysimache',  also  mit  denselben  worten  Walr ' ;  ebenso 
>Ueii  Jahn,  Benndorf,  Michaelis,  wie  es  scheint  auch  Stephani,  ob- 
ntk  dieser  Auci^äXQ  schreibt,  'der  Zusammenhang  der  stelle 
icht  unzweifelhaft,  dasz  es  sich  um  eine  Poliaspriesterin  handelt, 
kd  als  solche  ist  Ljsimache  bekannt  aus  Plut.  de  vit  pud.  14.  VIII 
4  Beiake'  sagt  Benndorf.  eine  solche  art  von  beweisgrflnden 
Die  man  doch  vermeiden,  was  ist  denn  das  für  ein  zusammen- 
kBg,  der  die  sache  unzweifelhaft  macht?  es  ist  hinlänglich 
zeugt,  dasz  es  eine  hochgepriesene  Poliaspriesterin  Lysimache  gab ; 
darf  auch  angenommen  werden ,  dasz  die  an  unserer  steUe  ge- 
mite  Ljsimache  eben  diese  Poliaspriesterin  ist:  es  folgt  aber  daraus 
dit,  dasz  ihr  die  fragliche  Statuette  geweiht  war,  und  zwar  vor 
m  tempel  in  welchem  sie  priesterin  gewesen,  das  leise  angedeutete 
denken ,  dasz  eine  etwa  eine  eile  hohe  Statuette  für  eine  so  bedeu- 
ide  person  etwas  auffallendes  habe,  flült  doch  schwerer  in  das  ge- 
idii  aU  dasz  es  mit  der  bloszen  andeutung  erledigt  werden  könnte, 
■dieint  bedeutend  genug,  um  die  ganze  sache  zweifelhaft  zu 
aeben. 

Alle  diese  Schwierigkeiten  und  bedenken  werden  beseitigt,  wenn 
in  mit  Toup'  6unpic  (ECripic)  schreibt;  dies  nahm  schweigend 
kker  an  und  Dindorf;  AuciMdxr),  was  ohnehin  schon  einige  ältere 
Bgaben  und  eine  hs.  haben  statt  Auci^äXHi  ergibt  sich  dann  von 
Ibat.  Benndorf  meint  freilich :  'ein  eigenname  €uf)pic  scheint  über- 
opt  nicht  vorzukommen',  und  auch  Jahn  spricht  sich  zweifelnd 
a.  aber  wie  viele  namen  sind  nur  Einmal  bezeugt,  wie  viele  erst 
rch  inschriften  bekannt  geworden,  wie  viele,  namentlich  fdr  die 
sderen  stände  und  die  dienende  classe,  mögen  uns  verloren  sein ! 
i  form  des  namens  hat  durchaus  nichts  anstösziges ;  die  männliche 
rm  kommt  zb.  wiederholt  bei  ApoUodor  vor,  6urjpiic ;  und  gibt  es 
r  die  dienerin  €unpic  eine  bessere  analogie  als  die  vermutlich 
en&Us  dienende  Aucripic  bei  Anakreon  (Bergk  PLO.  n.  120. 
Ih.  gr.  ed.  Bergk  n.  109)?* 

'  in  äW.  anm.  20;  im  texte  lilszt  er  jedoch  Auo^dxu  itehen.  für 
rM  Bote  loboe  ich  alle  yerantwortung  ab.  '  Siebelis  and  SW. 
ieren:  Tonp.  ad  Said.  II  155.  ich  6nde  die  itelle  nicht.  '  wenn 
in  philol.  ans.  ao.  sagt:  Cwir  denken  wie  Tonp  und  Bekker,  welche 
OM^XU  craendieren,  an  eine  dienerin  and  lachen  in  dem  verdorbenen 
f^nc  . .  da«  wort  OirT)p4Tic»,  so  hat  er  die  haoptemendation  fiberiehen : 
o^dXU  f*i>d  fich  ichon  vor.    aber  öm^p^Tic  oidKOVoc? 


118  JHChSchubart:  über  zwei  atellen  dei  Pmii 

Also  vor  dem  Athenatempel  sah  Paus,  eine  stataette,  etwa  an* 
eile  hoch;  aus  der  inschrifb  erfahr  er^  dass  dieselbe  eine  fineiiiy 
dienerin  bei  der  Lysimache,  yorstellte.  hier  ist  alles  klar,  aneh  die 
kleine  figur,  welche  vielleicht  dem  Paus,  gerade  am  dieeereigeB- 
Schaft  willen  auffallen  mochte,  damit  könnte  vielleicht  filr  Paos.  die 
Sache  erledigt  sein ,  da  tritt  störend  die  oben  angefahrte  etelle  d« 
Plutarch  entgegen;  er  erzählt  eine  hübsche  anekdote  von  einer  Ltsi- 
mache,  welche  ji\c  TToXidboc  Wpeia  war.  *mit  gatem  gronde  hat 
man  daher'  sagt  Benndorf  'die  angäbe  des  Plinius  34,  76  Demehrm 
Lysimachen  (fecit)  quae  sacerdos  Minervae  fuü  LXIVanms  mit  dar 
nachricht  des  Paus,  identificiert  (?),  obwol  in  dieser  letitem  dar 
name  des  künstlers  nicht  enthalten  ist.'  auch  die  bezeiduinag  all 
priesterin  der  Polias  und  die  64  diensijahre  sind  nicht  darin  ca^ 
halten ;  es  bleibt  also  nur,  dasz  in  beiden  eine  Lysimache  vorkomHti 
bei  Plutarch  und  Plinius  übereinstimmend  eine  priesterin  der  PoUii, 
bei  Pausanias  eine  dienerin  möglicherweise  derselben  prieeterin.  dar 
gute  grund  mit  seinem  'daher'  dürfte  also  eigentlidi  nnr  eine  ui- 
begründete  Vermutung  sein. 

Betrachten  wir  die  stelle  des  Plinius  näher.  Stephani  (mömoirei 
de  Tacad.  de  S.  Petersbourg,  s^rie  VI:  sciences  politiqnes,  hlstoire» 
Philologie,  t.  VIII  s.  486)  findet  die  notiz  über  die  dauer  der  amti- 
verwaltung  der  Lysimache  in  diesem  Zusammenhang  auffallend: 
'gewis  fand  er  in  seiner  quelle,  wahrscheinlich  Heliodor,  die  ineehrift 
jener  statue  angegeben  [dh.  der  statue  des  Demetrios],  and  diee  ver* 
anlaszte  ihn  zu  dieser  gar  nicht  zur  sache  gehörenden  erwihnnng/ 
übrigens  soll  man  über  diese  priesterin  Pausanias  und  Platarch  Ter- 
gleichen,  er  bezieht  sich  also  lediglich  auf  die  inschrift  an  der 
statue  des  Demetrios;  über  das  Verhältnis  zu  der  von  Fans,  er- 
wähnten statue  spricht  er  sich  wenigstens  nicht  bestimmt  aoe.  aneh 
Benndorf  und  Michaelis  sagen  nicht  ausdrücklich,  dasz  sie  die  beiden 
kunstwerke  für  identisch  halten;  der  Zusammenhang  führt  aber  daranf 
hin,  indem  sie  den  text  der  bei  Paus,  angegebenen  inschrifb  ans  der 
stelle  des  Plinius  ergänzen  und  damit  zugleich  die  bidKOVOC  rar 
priesterin  machen.  Benndorf  meint,  die  angäbe  des  Plinius  gehe  in 
letzter  instanz  'ohne  zweifei'  auf  das  epigramm  zurück,  welches 
Paus,  oder  sein  gewährsmann  anderstatueder  [vermeintliehea] 
Lysimache  las;  er  ergänzt  daher  die  stelle  des  Pausanias  etwa  so: 
qKX^^VT]  <bid  T€ccdpu)V  xal  dSrJKovTa  ^tiI^v  Tf)c  'AOnvfic>  bitkovoc 
etvai  Auci^dxTl*  ganz  ähnlich  Michaelis  q>a|bi^VT)  (b\ä  ib'  iriby  t^ 
0€oG>  bidKOvoc  cTvai  AuciMdxr).  wenn  ü.  im  philol.  ans.  ao.  siÄ 
dahin  ausspricht,  das  mittel  werde  sich  wegen  seiner  gewaltsamkeit 


*  Benndorf  sagt  'Pausanias  oder  sein  gewährsmann'.'  wozu  branehle 
er  denn  einen  gewährsmann  für  etwas  was  er  selbst  sah?  tat  es  da 
nicht  das  einfachste,  mit  Wüamowits  sa  erklären,  Paasaaias  beriehte 
nicht  aus  antopsie,  sondern  er  schreibe  ältere  periegeten  aaa  (sitsmg 
der  arch.  ges.  cu  Berlin  6  juIi  1876)?  ich  leugne  nicht  dass  mit  bis- 
weilen der  'recensent'  von  Goethe  einfällt,  wenn  auch  ohne  den  seUnss. 


JHChSchnbart.'Jlber  zwei  stellen  de»  Paaaanias.  119 

M  empfehlen,  80  glaube  auch  ich  dasz  eine  unbefangene  kritik 
h  entBchieden  dagegen  erklären  musz.  sehen  wir  auch  ab  davon 
B  diese  ergftnzung  nur  auf  unsichem  combinationen  beruht,  so 
rf  sich  ein  anderes  bedenken  gegen  die  form  der  ergftnzung  geltend 
«hen.  Michaelis  nimt  an,  die  inschrift  bei  Paus,  sei  metrisch, 
■adorf,  sie  sei  ^augenscheinlich'  metrisch  abgefaszt  gewesen;  es 
irs  nicht  uninteressant  zu  erfahren,  wie  diese  werte  in  das  metrum 
igefUgt  werden  sollen. 

Demetrios  arbeitete  doch  wol  eine  ehrenstatue  auf  bestellung, 
B  der  ehrwttrdigen  priesterin ,  welche  64  jähre  bei  der  Polias  ihre 
iesterlichen  Verrichtungen  besorgt  hatte,  die  statue  muste  unter 
B  konstwericen  ruf  haben ,  da  Plinius  sie  ausdrttcklich  anführt 
ir  Ar  diesen  zweck  ein  figürchen  von  der  hOhe  etwa  einer  eUe 
isend?  verlangte  nicht  schon  der  anstand  eine  entsprechende, 
■igstens  die  natttrliohe  grösze? 

Zum  schlusz :  ich  glaube,  nicht  ohne  zweifei,  nicht  augensohein- 
h,  nicht  unzweifelhaft,  nicht  gezeigt,  sondern  mit  gründen  in  hohem 
ide  wahrscheinlich  gemacht  zu  haben : 

1.  die  stelle  des  Plinius  ist  ohne  belang  für  die  des  Pausanias. 

2.  das  statuettchen  welches  Pausanias  beschreibt  ist  mit  der 
lioe  des  Demetrios  nicht  identisch. 

3.  die  aus  Plinius  hergeleiteten  ergttnzungen  im  texte  des  Pau- 
ftiBS  entbehren  jedes  sichern  grundes. 

4.  die  statue  bei  Pausanias  war  nicht  die  der  Lysimache,  son- 
rn  die  ihrer  alten ,  treuen  dienerin ,  vielleicht  von  der  herrin  ihr 
«eilt 

5.  ob  die  inschnft  metrisch  war,  bleibt  unentschieden,  da  jeder 
bftlt  fehlt,  wenn  ich  als  möglich  hinstelle,  dasz  die  inschrift  ganz 
ifach  gelautet  habe :  €uf)p(c  eifii  Auci^dx^l  bidKOVOC,  so  ist  dieses 
m  80  beliebig  wie  jede  mögliche  andere. 

Kassel.  Joh.  Heinrich  Ch.  Schubart. 


15. 

ZU  lüLIANOS. 


Rede  VI  s.  203*  wird  von  Diogenes  gesagt:  ^KdOcubcv  dvf)p 
1  cnßaboc  iy  toi  niOifj  ßeXiiov  ^  m^toc  ßactXeuc  uird  toic  im- 
ucoic  öpöqK)ic  iv  Tiji  fiaXOaKq  kXivij,  i^c6i€  t^v  ixaZay  i^biov  t\  cu 

V  Toc  CiKcXtKQC  icOieic  TpaiT^2[ac,  £XoueTo  OepMoi  tö  cufjbia  irpöc 

V  d^pa  Eiipatvuiv  ävTi  tuiv  ö6oviu)v,  olc  cu  diroibidTTri,  q>iXoco- 
(rroTC  hier  musz  es  anstatt  Ocpjbiiu  gerade  im  gegenteil  heiszen 
iXPH**  darauf  f^lhrt  sowol  der  Zusammenhang  in  unserer  stelle 
I  auch  besonders  der  anfang  der  rede  s.  180^  dvf)p  kuviköc  Aio- 
¥r\  ^ci  K€vö5o£ov,  Kai  i|iuxpoXouTeiv  oö  ßouXcTai,  cq>6- 
a  ^ppui^cvoc  TÖ  ctüfia  kqi  C9piTtüV  xal  Tf)v  f^XiKiav  dK^dluiv, 
L  &v  MH  "^  KQKÖv  Xdßr),  kqi  raOra  toG  6€oG  rate  OcptvaTc  TpoTiaTc 


120      RAraoldt:  zu  lulianos.  —  FRühl:  zu.  Athenaioi  [V  196  •]. 

fibr\  npociövTOC.  solche  vertauschungen  entgegengeeetster  b^griffi 
wie  hier  Varm'  und  *kalt'  s.  bei  Lobeck  Agkoph.  8.  358:  fiaOr|Ti/jc 
und  bibdcKaXoc,  MifJTTip  und  OirfdTTip,  draOöc  und  koköc  oam. 

Bede  VII  s.  220^:  Semele  bat  den  Zeus  sie  m  besuchen ,  wie 
er  zu  seiner  gemahlin  zu  kommen  pflege.    cTra  odx  ävacxöpcvov 

TÖ    &U)|biaTlOV    Sv   TOIV  KTimdlUiV  TOO  AlÖC  ÖTTÖ  TOC  KCpOUVOO 

KaT€q)X^if€TO.  zu  diesen  werten  setzt  Spanheim  an  den  rand :  *YOoan 
istam  (KTTiMdruiv)  non  satis  con venire  suspicor,  an  KurijidTUiv?*  das 
ist  offenbar  nichts,  aber  auch  die  vM^suche  Yon  Beiske  Iv  iCTÖmma 
TUJV  .  •  und  BFriederich  TÖ  cui^OTiov  £v  tujv  KTUTnm&TUiv,  weldiea 
letztem  Vorschlag  auch  Hertlein  unter  beseitigung  von  £v  billigt^ 
kOnnen  nicht  zur  heilung  der  steUe  genügen  und  klingen  in  Ak 
wenig  probabel,  ich  glaube ,  man  hat  statt  £v  Tulv  KTrmdniiv  n 
schreiben  £vcKlii);avTOC.  dieses  verbum,  von  HeayehioB  dwxA 
£q>op|iäv  erklärt,  steht  besonders  gern  mit  KCpauvöc  verbanden  nd 
ist  ftlr  den  im  blitz  und  donner  hemiederfifthrenden  und  einedüagoi* 
den  gott  (Zcuc  KaTaißdTT]c)  gewis  recht  angemessen. 

ebd.  s.  224^:  die  maulthiertreiber  fürchten  euch  kyniker  beveiti 
mehr  als  die  Soldaten:  XP^^^^^i  Tdp  aÖTOic  dKOÜui  Ttvd^  fipdhf 
XaX€iT((iT€pov  f\  ToTc  £iq)€Civ  dK€ivoi.  hier  ist  aÖToTc  unzweifdhift 
verdorben  und  vielleicht  durch  abirren  des  auges  zu  den  anmittd' 
bar  sich  anschlieszenden  werten  inTV€C0€  oOv  aÖTOic  cIkAtiK 
q)O߀puiT€pot  in  den  text  gekommen,  auch  Hertlein  bemerkt:  *oppo- 
sitionis  ratio  requirit  TOic  £uXoic  vel  simile  quidpiam.'  das  richtige 
wort  wird  TOtc  ßdKTpotc  sein,  kurz  vorher  ist  erwfthnt  f|  ^lOflr 
vouc  ßaKTTipCa  und  dann  noch  einmal  ßaicTT]pia  als  kenneeichen  im 
kynikers.   und  s.  225  ^  folgt  alsbald  wieder  ßaKT1lpic^  Tpfpuiv.  k6|II|. 

EÖNiaSBERG.  BlOHABD  AbIIOLDT. 

16. 

zu  ATHENAIOS. 


V  196»  wird  gelesen:  irpoc^BriKev  6  Macouptoc  ircpl  Tf|civ 
'AXe^avbpeiqi  T€T€vti|li^vtic  uttö  toO  ndvi*  dpicrou  TTToX€|Liaiou  toO 
4>iXabA90u  Kai  ßaciX^ujc  iio|biTn)c  KaXXiScvov  töv  Pöbiov  tcio- 
poGvTa  iv  Tip  T€TdpT4i  TTcpl  'AXe£avbp€(ac.  was  die  werte  ihiA 
ToO  Trdvr'  dpicTou  TTToXejbiaiou  tou  4>iXab^q)0u  xal  ßaaX6uc 
heiszen  sollen  ist  nicht  abzusehen;  die  Übersetzer  haben  sie  auch 
nicht  verstanden :  denn  weder  des  Casaubonus  Ttolemaei  PhiladdpU 
regis,  principis  undecunquo  optimi'  noch  Müllers  (FHO.  Xu  8.  68) 
*a  Ptolemaeo  Philadelpho  rege  undecumque  praestantissimo*  gibi 
das  griechische  wieder,  zu  schreiben  ist  TTToX€|uia(ou  ToO  4hXa- 
b^X90u  KaXou^^vou  ßaciX^uüC:  vgl.  Ath.  IX  887«  KcdiXfEcvoc 
h '  6  Töbioc  i\  T€TdpTT|  iT€pl  'AXcEavöpciac,  biaTpd(pu)v  Tflv  tcvo- 
jbi^viiv  TTOjbiTrfiv  iv  "AXeSavbpeiqi  TTToX€Ma(ou  toO  OiXabAqpou  ko- 
XouM^vou  ßaciX^iuc. 

EÖNIOSBERG.  FbAVZ  BOHL. 


EBaehrens:  tarn  Curculio  des  Plautus.  121 

17. 

ZUM  CÜRCÜLIO  DES  PLAÜTÜS. 


Ein  paar  randbemerknngen,  welche  die  durcbsicht  der  neuesten 
ansgmbe  des  Curculio  von  GGötz  ergab,  mögen  hier  ein  plfttzcben 
finden: 

V.  3 — 6  quo  Venus  Cupidoque  inperant  suadetque  Amor: 
si  media  nox  esi  sive  est  prima  vespera^ 
si  sUüus  condidus  cum  hoste  inter cedit  dies^ 
iamen  est  eundum  quo  inperant  ingratiis, 
die  lesarien  der  Plantus-bss.  quo  Venus,  des  Nonius  quod  Vent{8  und 
des  Senrina  quem  Venus  scheinen  mir  s&mtlich  die  gewohnten  cor- 
Toptelen  de^enigen  wortes  zu  sein,  welches  hier  etwas  mehr  flusz|in 
die  rede  bringt:  quam  Venus  Cupidoque  inperant  suadetque  Amor, 
$i  fnedia  usw. 

T.  56  ergibt  sich  aus  dem  sauius  von  £  und  sauuis  der  ersten 
band  Ton  B  die  form  sauieis. 

T.  76  onus  hie  seiet  cubiiare  custos  ianitrix,  die  betrachtung  der 
Tarianten  leitet  auf  eine  andere  Schreibung.  B  gibt  cubiiare  (i  ex  a 
Qt  Tid.)  sölet ,  E  von  erster  hand  arecuhat  sdet  {recubate  die  dritte 
band) ;  daraus  ist  in  den  übrigen  gegenüber  B  und  E  zurücktretenden 
hta.  reeubare  sdet  gpmacht  worden,   mir  scheint  die  erste  hand  von 

are 

B  cUbaiare  sdet  und  E  arecuhat  seiet  zu  weisen  auf  cubat  sdet  als 
lesart  des  archetjpus :  das  dem  folgenden  sdet  fälschlich  assimilierte 
cubat  war  in  cubare  corrigiert  worden,  also  ist  cubare  sdet  die  alte 
Überlieferung,  zu  deren  heilung  es  der  Umstellung  sdet  cubare  bedarf. 

T.  77  liegt  in  dem  nomeni  est  von  B  wol  namen  eist:  also  mit 
Fleckeisens  Umstellung  nomen  Leaenae  eist. 

V.  219  schlage  ich  vor:  vcdeiudo  dum  decrcscit^  adcrescit  labor, 

V.  33 1  gibt  £  von  erster  hand  nebst  J  und  den  übrigen :  scires 
ueües  gratiam  tuam  noluit  frustrarier^  nur  B  hat  uelle,  ich  glaube 
nicht  dasz  dieser  und  der  folgende  vers  mit  Guyet  zu  streichen  sei, 
sondern  bin  der  ansieht ,  dasz  man  mit  leichter  wortänderung  aus- 
kommt: sei  res  helles t^  grdtiam  tuam  ne  volit  frusträrier:  'stände 
es  gut  mit  seinem  vermögen,  so  möchte  er  nicht'  usw.  sei  est  in  in- 
directer  rede,  wie  gleich  334  quod  tibi  est  und  öfters,  die  form  volim 
für  veiim  bezeugt  bekanntlich  Priscianus  I  s.  456  H. 

Y.  343  et  pro  his  decem  accedunt  minae.  die  wunderliche  cor- 
rnption  der  hss.  coaccedunt  vermag  ich  mir  nicht  anders  zu  erklären 
als  durch  eo  accedunt, 

▼.  350  halte  ich  für  eine  ungeschickte  paraphrase  von  351, 
welche  zu  streichen  ist. 

T.  612  redde  eiiam  argenium  aut  virginem  erblicke  ich  en  in  eii  und 
aut  in  am^  wonach  zu  lesen  wäre :  redde  en  aut  argentum  aut  virginem. 

Groninqen.  Emil  Baeukens. 

JtkrMcb«r  flr  clMt.  pKilol.  1880  hfl.  8.  ^ 


122  AFleckeisen:  zam  Curculio  des  Plautns. 

Hieran  mögen  sich  einige  andere  randbemerkangen  anreihen, 
die  auch  keinen  andern  ansprueb  erheben  als  aus  der  Einmaligen 
durchnähme  der  neuen  ausgäbe  mit  bcnutzung  älterer  auüseichnangen 
hervorgegangen  zu  sein. 

Zu  V.  73  hat  Götz  allerdings  das  citat  dieses  verses  bei  Nonias 
8.  126,  10  beigebracht,  aber  ohne  die  Varianten  der  maszgebendea 
handschriften,  die  aus  Quicherats  ausgäbe  zu  entnehmen  waren,  aus 
dieser  ersehen  wir  nemlich  dasz  dieselben  fast  durchweg  nicht  ietäare 
ientaculum  bieten,  sondern  ieientare  ieientaculum^  nnd  dam 
diese  forpien  fdr  die  alte  spräche  berechtigt  waren ,  haben  Bibbeck 
und  Vahlen  erkannt,  ersterer  in  den  ^comicorum  Rom.  iragmenta^ 
s.  143  der  ersten,  s.  167  der  zweiteu  ausgäbe,  letzterer  in  den  *eon- 
iectanea  in  Varronis  saturarum  reliquias'  s.  220,  und  Marquardt  in 
beiden  bearbeitungen  der  röm.  privataltertümer  (von  1864  I  8«  271 
anm.  1700,  von  1879  I  s.  258  anm.  1)  stimmt  bei.  überblickt  man 
nun  die  von  Nonius  auszer  dem  Curculioverse  beigebrachten  firag- 
mente  des  Afranius  und  Varro: 

ieientare  nüUa  invitat  — 

ha^c  iciuna  Uientavü  — 

üt  cat  ac  rem  pühlicam  administret,  ptdli  quöd  ieientenit 
so  wird  man  wol  nicht  zweifeln  dasz  nicht  allein  im  Curculio  v.  72 
und  73  dieselbe  foim  herzustellen  ist: 

me  inferre  Veneri  vom  ieientäculum. 
IT  quid?  te  äntcpones  Veneri  ieientdculo? 
sondern  auch,  um  das  hier  beiläufig  zu  berühren,  in  dem  bei  Isidoroa 
XX  2,  10  erhaltenen  fragment  des  ]Nigidius  (vgl.  Hertz  de  P.  Nigidio 
Figulo  s.  44):  nos  ipsi  ieiunia  ieienfaculis  levibus  solvimus.  nach 
Varro  verschwindet  das  wort  aus  der  litteratur,  bis  es  bei  MarÜalia, 
Suetonius  und  Apulejus  in  der  form  ientare  ientaculum  wieder  anf- 
tritt.   ohne  zweifei  hängt  es  etymologisch  mit  ieiuntis  zusammen. 

Einige  verse  weiter,  78  f.,  ist  es  Götz  leider  entgangen,  dasa 
schon  Bitschl  eine  emendation  der  Überlieferung  seinem  damaligen 
Bonner  coUegen  OJahn  mitgeteilt  und  dieser  dieselbe  in  den  be- 
richten der  k.  sächs.  gcs.  der  wiss.  1857  s.  205  veröffentlicht  hat: 

quasi  tu  lagoenam  dicas,  uhi  Chiüm  sölet 

inesse , 
also  mit  Streichung  von  vinum  und  ergänzung  des  esse  zu  inessez 
namentlich  die  letztere  änderung  scheint  auch  mir  durch  den  Sprach- 
gebrauch geboten  zu  sein,  dasz  die  Schreibung  lagaena ,  die  ich  um 
des  gleichklangs  mit  Leaena  willen  in  den  text  zu  setzen  mich  Ter« 
führen  liesz,  eine  undenkbare  sei,  bemerkt  Jahn  ebd.  mit  recht :  nur 
die  formen  lagocna  und  lagona  sind ,  wie  ich  ^fünfzig  artikel'  8.  20 
nachgewiesen  habe,  in  der  litteratur  gebräuchlich  gewesen,  daneben 
erscheint  auf  einigen  inschriften  der  kaiserzeit  laguna. 

Zu  V.  121,  einem  iambischen  septenar,  bemerkt  Mohr  mit  reoht« 
der  ausgang  prolue  propere  sei  wegen  des  dactjliscben  wortfoazea 
£tatt  eines  trochaeus  sehr  bedenklich;  dazu  kommt  dasz  die  hss. 


Aileckeisen:  znm  Carcolio  des  Piautas.  123 

ffopere  prciue  haben,   ich  schlage  deshalb  jetzt  vor  v.  120  und  121 
ZQ  immbiacben  octonaren  zu  machen: 
at  idm  bibes.   T  diu  fit,  IT  em  tibi  höc^  anus  lepida.   IT  sälve,  homo 
oculissume,   f  oge  ecfunde  höc  cito  in  bdrathrum :  propere  prölue 
doäcam  — 
und  die  septenare  erst  mit  v.  122  beginnen  zu  lassen. 

Zu  V.  162  ist  nachzutragen  dasz  die  in  den  jungem  bss.  und 
den  ftltesten  ausgaben  hinter  diesem  yerse  überlieferten  und  bis  jetzt 
als  glossem  angesehenen  werte  ubi  tu  es  qui  me  libeUo  Veneria 
eOamsii  (ecee  me  sisto  ades  contra)  (die  eingeklammerten  worte  fehlen 
in  F),  die  erst  durch  ein  sehr  tiefes  einschneiden  mit  dem  kritischen 
zu  einem  verse  gestaltet  werden  können,  in  neuester  zeit 
Vertreter  ihrer  echtheit  gefunden  haben:  Karl  Wieding  'der 
Jiistinianeische  libellprocess'  (Wien  1865)  s.  572 — 578  sucht  aus 
jnriatiachen  gründen  nachzuweisen  dasz  ^der  vers  von  einem  echten 
BOmer,  von  Plautns  selbst  herrühre;  kein  Jurist  und  kein  philologe 
des  fünfzehnten  jh.  habe  ihn  verfaszt,  keiner  ihn  eingeschoben'. 

Wenn  man  sich  dessen  erinnert,  was  Varro  bei  Oellius  Xu  10, 1 
and  dieser  selbst  über  das  Verhältnis  der  formen  aedüuus  und  aedi- 
tmmus  {aeditimus)  berichten,  dasz  jenes  sU  recenti  novitate  fictum^ 
aedUumus  dagegen  antiqua  origine  incorruptum^  eine  bemerkung  die 
Varro  in  dem  werke  seines  greisenalters ,  rerum  rust.  I  2,  1  wieder- 
holt in  jener  gemütlichen  erzählung:  sementivis  ferOs  in  aedem  Tel- 
htrig  peneram  rogatus  ab  aeditumo,  ut  dicere  didicimus  a  patribus 
fMMirw,  ut  carrigimur  a  recentibus  urbanis,  ab  aedituo  (vgl.  Wil- 
manns  de  Yarronis  libris  grammaticis  s.  179  f.,  wo  die  grammatiker- 
zeogniase  zusammengestellt  sind):  so  wird  man  es  geradezu  un- 
giaoblich  finden,  dasz  Plautus  in  v.  204  aedituom  geschrieben  habe ; 
auch  ohne  jeglichen  hsl.  anhält  wird  man  aeditumum  corrigieren 
dürfen,  die  abschreiber,  meinetwegen  schon  im  ersten  nachchrist- 
lichen jh. ,  setzten  die  ihnen  geläufige  wortform  an  die  stelle  der 
Ütem  V  immer  mehr  auszer  gebrauch  kommenden. 

Schade  dasz  Büchelers  aufsatz  ^glossemata  latina'  im  rhein. 
maseum  XXXV  s.  69  ff,  nicht  einige  monate  früher  erschienen  ist: 
dann  würden  wir  die  capitale  emendation  von  v.  31S  grdmarum 
kabfo  d^es  plenoSy  Uppiunt  fauc68  fame  im  neuesten  texte  lesen. 

V.  395  ist  ein  häszlicher  druckfehler  stehen  geblieben:  apud 
Sinfonem  statt  apud  Sicyonem, 

V.  424  zu  dissicit  verweist  Götz  auf  Ribbeck  com.  Rom.  fragm.* 
praef.  p.  XIV  (nicht  14),  hätte  aber  auch  nicht  unerwähnt  lassen 
•ollen,  dasz  Ribbeck  ebd.  aus  dem  dessicit  des  B  (und  £)  Auf  dis- 
iecit  als  ursprüngliche  lesart  schlieszt,  und  mit  recht:  es  war  eben, 
wie  so  oft,  die  ablautung  des  stammvocals  unterblieben. 

V.  459  quid  quöd  iuratus  süm?  IT  quid  id  refM  tua?  ein  vers 
Ton  abscheulichem  rhythmus,  den  der  dichter  selbst  sicher  nicht  ver- 
ftchuldet  hat.   dieser  hat^  denke  ich,  vielmehr  geschrieben :  quid  quöd 
tgo  8um  iurätus?   f  quid  id  refM  tua?   denn  dasz  der  vers  in  halt- 
st 


124  AFleckeisen:  zum  Curculio  des  Plantos. 

lieh  corrampiert  sei,  wie  üssing  vermatet,  der  mit  recht  bemerkt: 
*haec  formula  {quid  quod  —  ?)  non  assentientis  est .  .  sed  contra- 
dicentis  aut  aliquid  obicientis ,  qui  propter  iusiurandom  ae  id  quod 
postulatur  facere  posse  negat'  und  deshalb  vorschlagt :  ^^fido  hoc 
iuratus  sum?  oder  quid?  id  iuratu^s  sutn?  oder  ähnlich  —  davon  kann 
ich  mich  nicht  überzeugen,  wenn  auch  im  vorhergehenden  nicht  aus- 
drücklich davon  die  rede  gewesen  ist,  so  setzt  doch  der  dichter  offen- 
bar voraus  dasz  Cappadox  dem  Phaedromus  eidlich  zugesagt  hat, 
ur  wolle  seinen  vertrag  mit  Therapontigonus  als  nicht  vorhanden 
ansehen  und  die  Planesium  ihm  verkaufen,  sobald  er  den  kanfpreii 
baar  zahle,  es  ist  dies  nicht  die  einzige  und  schlimmste  incon- 
gruenz,  die  in  den  Plautinischen  comödien  vorkommt:  vgl.  6QU 
in  Bitschis  Acta  VI  s.  310  ff.  —  Uebrigens  ist  ein  zwillingsbroder 
dieses  wcchselbalges  vers  750  der  Menaechmi:  negds  navisae  mi'i 
negas  patr4m  meutn  ?  wo  der  trimeter  wenn  auch  nicht  durch  Per- 
sonenwechsel, 80  doch  durch  starke  interpunction  gleichfalls  in  zwn 
gleiche  hälften  zerfällt  ist.  dazu  kommen  noch,  um  diesen  vers  la 
verdächtigen,  die  zwei  schlieszenden  iambischen  wortformen,  nnd 
um  dieser  willen  haben  Luchs  und  Brix  änderungen  vorgeschlagen, 
die  man  in  des  letztem  kritischem  anhang  zu  seiner  zweiten  ausgäbe 
8. 9 1  verzeichnet  findet,  diese  scheinen  mir  aber  sämtlich  zu  gewalt- 
sam ;  ich  möchte  nichts  hinzufügen  als  den  subjectsaccnsativ  hinter 
negas:  negds  teme  novisse?  negas patrdm  meum?  wegen  des  neben- 
einanderstehend von  te  me  (subject  und  object)  vgl.  zb.  Tmc  II  6, 
48  f.  nunc  experi6re^  niea  Phrondsium^  m4  te  amare,  Most.  1005 
ad  ccnam  ne  mete  vocare  cdfiseas.  Amph.  22  f.  qui inUHUxerat  vtriri 
vos  se  et  mauere^  und  andere  stellen  die  wen  danach  verlangt  sich 
aus  dem  Verzeichnis  in  der  vortrefflichen  Oreifswalder  diss.  von 
Anton  Mahlcr  Me  pronominum  personalium  apud  Plautam  collo- 
cationc'  (Cöslin  1876)  s.  27  ff.  zusammensuchen  mag,  wo  der  naek- 
weis  geführt  ist  dasz  in  solchen  fällen  allemal  der  subjeotsaoca* 
sativ  den  übrigen  pronominalformen  voranstehen  musz.  ttbrigens 
bleiben  allerdings  auch  so  die  beiden  iambischen  wortformen pairem 
meum  am  versschlusz ,  aber  —  und  das  ist  für  den  rhjtbmos  sdir 
wesentlich  —  es  gehen  zwei  kürzen  voraus,  und  n^ga^  pätrim  kommt 
einem  vierten  paeon  gleich ,  in  welchem  falle  die  kürze  in  der  visri- 
letzten  silbe  des  trimeters  nicht  zu  beanstanden  ist. 

V.  547  hat  Brix  ^emendationes  Plautinae'  (Hirschberg  1854) 
s.  15  vorgeschlagen :  n^c  müii  quidem  libSrtus  uHlust,  f  K,P^  fods 
sapientius  (und  zwar  uUust  mit  B),  um  die  zerschneidung  von  «Ou»  | 
est  durch  die  verscaesur  zu  vermeiden,  dasz  von  Brix  ebd.  die  nn- 
echtheit  von  v.  545  unabhängig  von  Weise  nachgewiesen  wordm 
ist,  hätte  auch  nicht  unerwähnt  bleiben  sollen. 

Dresden.  Alfred  FLEoa:Bi8EH. 


KPSohulxe:  anz.  ▼.  Catalli  über  iterom  rec.  REllis.  125 

18. 

CaTÜLO  YBRONBM81S  LIBER.    ITERUM  RECOOMOVIT  APPARATUM  CRITI- 
CUM    PROLEOOMENA    APPENDI0E8    ADDIDIT    R.    £llIS    COLLBGII 

TRIMITATI8  APüD  0X0NIEN8ES  socius.    Oxonü,  Macmillon.    1878. 
LXXVII  o.  410  8.    gr.  8. 

Baehrens  hat  es  stets  verstanden  durch  seine  arbeiten  für  die 
'von  ihm  neu  herausgegebenen  Schriftsteller  neues,  lebhaftes  Interesse 
za  erwecken,  so  namentlich  Hlr  CatuUus  und  Tibullus.  er  geht  sei- 
nen eignen  weg  und  dringt  mutig  auf  ihm  vor,  oft  über  die  grenzen 
des  erlaubten  hinaus,  viele  tadeln  seine  allzukühne  kritik;  die 
meisten  folgen  ihm  aber  doch,  wenn  auch  halb  widerwillig,  eine  gute 
strecke  aof  dem  neuen  wege  nach,  so  hat  er  auch  in  seiner  CatuU- 
kritik  viele  anhänger  gefunden,  wenn  ihm  auch  nur  wenige  so  ge- 
treu, wie  Munro  dies  gethan,  auf  alle  Seitenwege  nachfolgen  werden, 
so  hat  er  doch  ftlr  die  hauptpuncte  seiner  ansieht  die  allgemeine  Zu- 
stimmung tu  gewinnen  gewust.  man  ist  darin  einig,  dasz  G  und  0 
die  wichtigsten  hss.  für  die  constituierung  des  textes  sind;  ferner 
dasz  O  den  vorzug  vor  Q  verdient,  wo  beide  von  einander  abweichen. 
aoch  Schwabe  wird  sich  wol  inzwischen  hierzu  bekehrt  haben ;  dasz 
O  von  hohem  werte  sei,  gab  ja  auch  er  bereits  zu.  nur  in  einem 
poncte  weicht  man  von  Baehrens  ab:  während  dieser  alle  sog. 
Codices  deteriores  (dh.  alle  auszer  0  und  G)  als  unnütz  für  die  kritik 
bei  Seite  wirft ,  da  sie  sämtlich  aus  G  stammen ,  behauptet  man  auf 
der  andern  seite^  diese  Codices  seien  zwar  vielfach  interpoliert,  ver- 
dienten aber  dennoch  da,  wo  G  und  0  nicht  übereinstimmten,  volle 
beachtung,  da  sie  nicht  alle  auf  G  zurückgiengen ;  einige,  so  nament- 
lich der  Datanus  (D),  stammten  aus  einer  andern  quelle,  so  schroff 
hier  die  ansichten  einander  entgegen  stehen ,  scheint  mir  der  ganze 
streit  doch  nur  ein  streit  um  des  kaisers  hart  zu  sein,  ein  eigen- 
sinniges festhalten  an  der  tbeorie,  während  in  praxi  alle  darin  einig 
sind,  dasz  doch  allein  GO  maszgebend  seien,  welche  lesarten  ver- 
danken wir  denn  den  übrigen  hss.?  wo  hat  man  das  von  ihnen  über- 
lieferte in  den  tezt  aufgenommen  ?  warnen  nicht  vielmehr  alle  aus- 
drücklich, den  deteriores,  die  man  noch  so  eben  gelobt  bat,  ja  nicht 
zu  sehr  zu  trauen?  dies  thut  Bonnet,  und  Bernhard  Schmidt  meint 
geradezu,  es  sei  sicherer  alle  diese  hss.  über  bord  zu  werfen,  D  nicht 
ausgenommen,  als  sie  über  gebühr  zn  berücksichtigen,  nun,  und 
dies  hat  Baehrens  eben  gethan.  wie  verhält  sich  nun  Ellis  in  der 
zweiten  aufläge  seiner  CatuUausgabe  zu  dieser  frage?  was  ant- 
wortet er  auf  die  von  Baehrens  und  von  anderer  seile  gegen  ihn  ge- 
richteten angriffe? 

In  der  vorrede  zur  neuen  aufläge  (s.  V — XVII)  beschäftigt  sich 
EUid  fast  nur  mit  Baehrens.  hier  tritt  uns  gleich  zu  anfang  das 
wichtige,  ehrliche  Zugeständnis  entgegen:  'vidit  quod  alios  fefellerat, 
in  Catulliana  crisi  summam  auctoritatem  esse  Canoniciani  codicis, 
nee  ad  emendandum  quemquam  quicquam  profecturum,  nisi  hunc 


126  EPSchulze:  anz.  v.  Catulli  über  itemia  reo.  REllis. 

librum  diligentissime  examinasset',  und  ^Baehrenaias  Canonidaiio 
primus  Germanorum  preüum  suum  posuit.'  mit  diesen  Worten 
deutet  E.  die  Streitfrage  an,  die  sich  darüber  erhoben  hatte,  wem 
das  verdienst  gebühre  den  wert  von  0  zuerst  richtig  erkannt  n 
haben,  eine  frage  die  £.  bereits  in  einem  briefwechsel  mit  Nettleship 
(Academj  1876),  der  jenes  verdienst  Baehrens  zuerkennen  wollte^ 
erörtert  bat.  er  betont  dasz  er  bereits  in  der  ersten  aufläge  (s.  XXXVI) 
gesagt  habe:  ^hunc  codicem  aut  antiquissimum  habeo  omniurn 
qui  nunc  supersunt,  aut  uno  Germanensi  inferiorem\  und  daaz  or 
auch  jetzt  0  noch  nicht  so  viel  wert  beimesse  wie  Baebrena.  die 
werte  ^primus  Germanorum'  sollen  offenbar  eine  einschrfinkung  ent- 
halten, während  E.  sich  überhaupt  für  den  primus  hftlt,  der  den 
wert  von  0  richtig  erkannt  und  gewürdigt  habe ,  sei  Baehreni  nur 
der  erste  Deutsche,  der  nach  ihm  und  seinen  fuszstapfen  folgend  der 
ansieht  von  £.  in  Deutschland,  wo  Haupt  und  LMülier  ihr  keine  be* 
achtung  geschenkt  hatten,  bahn  gebrochen,  sie  aber  zugleich  ins 
extrem  übertrieben  habe,  ob  Baehrens  und  sein  rechtsanwalt 
Nettleship  sich  hiermit  begnügen  werden,  weisz  ich  nicht.  Tielleieht 
aber  machen  sie  für  ihre  ansieht  geltend ,  dasz  in  Ks  2r  anflaga  0 
eine  viel  bedeutendere  rolle  spielt  als  in  der  ersten ,  wo  dieselbe 
ziemlich  untergeordnet  war.  man  vergleiche  nur  die  stemmata  codi- 
cum  in  den  beiden  ausgaben,  und  man  wird  finden  dass  0,  der  in 
der  ersten  ganz  bescheiden  tief  unten  stand ,  inzwischen  su  hohen 
ehren  emporgerückt  ist.  auch  ist  0  die  auszeichnung  zu  teil  gewor- 
den, dasz  von  einer  seite  von  ihm  ein  fascimile  beigefügt  ward; 
während  in  den  prolegomena  der  In  aufl.  0  nur  nebenbei  erwähnt 
ward,  handeln  in  der  2n  viele  Seiten  nur  vou  ihm ;  endlich  sind  dies- 
mal die  lesarten  von  0  fast  vollständig  angegeben ,  während  in  der 
In  aufi.  nur  eine  auswahl  aus  ihnen  geboten  ward,  daran  dürfte 
doch  wol  Baehrens  schuld  sein,  auf  das  nachdrucksvollste  betont 
E.  sodann ,  dasz  man  neben  GO  auch  den  übrigen  hss.  aufmerksam- 
keit  schenken  müsse,  da  sie  nicht  alle,  wie  Baehrens  meint,  aus  0 
stammten,  ich  habe  aber  nicht  finden  können,  dasz  im  teit  lesarten 
dieser  deteriores  aufnähme  gefunden  hätten,  abgesehen  von  einigen 
geringfügigen  orthographischen  eigen tümlichkeiten;  selbst  D,  den  £• 
sehr  hoch  hält  (auch  er  ist  im  neuen  stemme  bedeutend  emporgerflokt), 
teilt  dies  Schicksal,  noch  andere  von  Baehrens  aufgestellte  ansichten 
werden  hier  bekämpft :  Cat.  sei  allerdings  zwischen  1375  und  1485 
gelesen  worden,  was  B.  geleugnet  hatte ;  es  sei  nicht  erweislich,  dasi 
der  text  des  Cat.  zur  zeit  des  Gellius  von  einem  grammaÜker  inter- 
poliert worden  sei  (einen  der  von  B.  hierfür  geltend  gemachten 
gründe  hatte  ich  bereits  im  Heimes  XlII  s.  52  ff.  bekämpft);  mit 
unrecht  habe  B.  ihm  unzuverlässigkeit  und  mangel  an  Sachkenntnis 
bei  den  angaben  über  die  lesarten  von  0  vorgeworfen.  E.  gibt  swar 
zu  dasz  er  sich  mehrfach  geirrt  habe;  aber  auch  bei  B.  hätten  sich 
versehen  genug  eingeschlichen,  leider  sind  selbst  in  der  2n  aufl.  die 
lesarten  von  0  noch  nicht  überall  vollständig  undcorrect  angegeben. 


KPScbolie:  ans.  t.  CatoUi  über  iteram  rec.  BEIHb.  127 

•0  dasx  jeder,  der  hierüber  genaue  auskauft  haben  will,  immer  noch 
auf  B.  mit  Zuhilfenahme  der  von  mir  im  Hermes  (ao.  s.  50  fiP.)  ver- 
öffentlichten correcturen  zurückgreifen  musz.  ich  werde  im  folgen- 
den wiederholt  auf,  wie  es  mir  wenigstens  scheint,  irrtümliche  oder 
onterlaaaene  angaben  hinweisen  und  bitte  E.  die  betreffenden  stellen 
Bocfamale  zu  prüfen,  zum  scblusz  dankt  er  Arthur  Palmer  für  einen 
ihm  zur  TerOffentlichung  überlassenen  codex ,  den  £.  für  den  cod. 
Caiacii  des  Scaliger  hält;  fürCatull  ist  derselbe,  um  das  gleich  hier 
ZQ  erwfthnen ,  wertlos. 

Indem  ich  die  erste  aufläge  der  Catullausgabe  von  E.  als  be- 
kannt yorauseetze,  erwähne  ich  hier  nur,  was  neu  hinzugekommen 
iat.  zn  diesen  Zusätzen  gehört  zunächst  die  angäbe  der  prolegomena 
(s.  I — LXXVII),  daez  Cat.  gegen  das  ende  des  dreizehnten  jb.  von 
«iaem  gewissen  Hieremias  de  Montagnone  aus  Padua  in  einem  *com- 
pcadinm  moralium  notabilium'  siebenmal  citiert  wird,  von  ganz 
besonderem  interesse  aber  sind  s:  XXI  ~  XXIX,  welche  von  dem  ver- 
hiltais  von  0  zu  0  und  von  dem  werte  der  übrigen  hsä.  handeln. 
hier  trägt  £.  zugleich  eine  von  seiner  frühem  abweichende  ansieht 
über  das  Verhältnis  von  D  zu  0  und  zum  Veronensis  (V)  vor:  dies 
ist  der  wichtigste  teil  der  neuen  ausgäbe,  und  ich  wende  mich  nun 
gleich  zo  den  hier  behandelten  fragen. 

Zunächst  stellt  £.  die  stellen  zusammen,  an  denen  GO  die  rich- 
tige lesart  im  gegensatz  zu  den  geringem  hss.  bieten;  sodann  die- 
jenigen, an  denen  0  den  Vorzug  vor  Q  verdient;  hierzu  gehören 
aoch  vereinzelte  spuren  älterer  Orthographie  in  0 ,  namentlich  aber 
die  verse  92,  3  und  4 ,  die  sich  in  keiner  andern  bs.  finden,  merk- 
wflrdigerweise  rechnet  er  die  lesart  64,  139  blanda  für  nohis  nicht 
mit  zu  den  Vorzügen  von  0,  wie  sonst  allgemein  geschehen  ist;  er 
behält  vielmehr  das  nobis  von  G  bei.  hierauf  geht  er  zu  einer  be- 
sprechung  der  sog.  biTT0Tpci90U^€va  über,  der  variauten  die  sich  in  G 
in  groszer  anzahl,  in  0  nur  vereinzelt  finden,  während  Baebrens  und 
wol  alle  übrigen  kritiker  der  ansieht  sind,  dasz  sie  zum  grösten  teil 
bereits  in  V  standen,  eine  ansieht  der  Ellis  früher  selbst  zustimmte, 
ieagnet  er  dies  jetzt  und  stellt  eine  neue  hypothese  auf.  er  meint: 
die  Schreiber  konnten  viele  werte  in  V,  den  G  'corruptissimum 
exemplar'  nennt,  nicht  lesen,  man  dürfe  nun  wol  annehmen,  dasz 
der  sorgfältigere  abschreiber  die  schwer  zu  entziffernden  werte  ein- 
fach nachmalte  und  dann  die  nach  seiner  meinung  richtige  lösung 
des  rätbsels  darüber  setzte,  da  nun  der  Schreiber  von  0  der  ge- 
wissenhaftere ist,  so  sollten  derartige  dittographlen  sich  namentlich 
in  0  finden ;  sie  stehen  aber  gerade  in  G  in  grösserer  anzahl.  daraus 
iblgort  nun  E.,  G  und  0  seien  überhaupt  nicht  direct  aus  V  geflossen, 
es  seien  vielmehr  zwischen  beiden  liegende  mittelglieder  anzunehmen, 
die  in  die  zeit  zwischen  1300  (da  V  bekannt  ward)  und  1375  (aus 
welchem  jähre  G  stammt)  fallen;  und  zwar  sei  0  *ex  simpliciore', 
G  'ex  recentiore  apographo'  abgeschrieben,  zu  demselben  resultate 
kommt  er  durch  folgende  betrachtung:  in  G  fehlen  92,  3  u.  4,  und 


128  EPSchulze:  anz.  y.  CatuUi  liber  itemm  rec  BEUia» 

67,  21  u.  68,  16  finden  sich  je  zweimal;  so  habe  es  offenbar  der 
Schreiber  in  dem  ihm  vorliegenden  codex  gefunden,  da  O  92,  8  a.  4 
hat,  67,  21  u.  68,  16  sich  nur  Einmal  und  zwar  an  falscher  stelle  in 
ihm  finden ,  so  wird  auch  der  so  gewissenhafte  Schreiber  Ton  0  dies 
so  in  seiner  vorläge  gefunden  haben,  also  stammen  0  und  Qt  ans 
zwei  verschiedenen  abschriften  von  V.  diejenige,  aas  der  0  herYor- 
gegangen,  habe  nur  wenige  doppellesarten  gehabt,  92,  3  n.  4  noch 
nicht  weggelassen,  67,  21  u.  68,  16  nur  Einmal  überliefert,  kan  sei 
die  zuverlässigere;  die  aber,  aus  der  Q  stamme,  habe  viele  varianteBv 
dh.  conjecturen  des  Schreibers  gehabt,  92,  3  u.  4  weggelassen,  und 
die  verse  67,  21  u.  68,  16  an  zwei  stellen  überliefert,  kurz  sei  ein 
jüngerer  und  weniger  zuverlässiger  codex  gewesen,  zwischen  0  und 

V  seien  mindestens  6in ,  zwischen  G  und  V  zwei  mittelglieder  anza- 
nehmen  (Academy  1876  s.  465).  —  Ich  glaube  diese  erscheinnngen 
vielmehr  folgendermaszen  erklären  zu  müssen,  der  Schreiber  von  0 
verstand  sehr  wenig  latein,  wie  auch  E.  zugibt  (s.  XXV  'qni  in  fine 
codicis  scripsit  Finito  Libro  referamus  grada  Christo ,  is  Latini  ser- 
monis  paene  rudis  fuit,  nee  quicquam  potuit  de  suo  immutare*).  er 
malte  also  ruhig  ab  was  dastand ,  mochte  es  sinn  geben  oder  nicht, 
und  schrieb  keine  entzifferungsversuche  darüber,  wol  aber  tbat  diea 
der  viel  gewandtere  und  des  latein  kundige  Schreiber  von  G.  ich 
glaube  also  dasz  die  Varianten  zum  teil  schon  in  V  standen,  dasz  0 
aber  viele  derselben  als  unnütz  wegliesz ,  indem  er  in  der  regel  nur 
das  im  text  selbst  stehende  (vgl.  E.  s.  XXVIII)  abschrieb,  wShrend 
G  umgekehrt  neue  Varianten  aus  eigner  erfindung  hinzufügte,  hfttten 
die  meisten  doppellesarten  nicht  schon  in  V  gestanden,  wie  sollten 

«f.  nee 

sonst  0  und  G  zu  denselben  Varianten  kommen?   wie  10,  9  fkegue\ 

al,  »alsum  al.  iubet  al,  neque 

12,  4  fdlsum  ;  15,  11  lihet  ;  23,  2  nee  ;  30,  3  und  36, 10 
müssen  me  und  se  bereits  in  V  fälschlich  im  text  gestanden  haben. 
hierzu  rechne  ich  auch  64,  145,  wo  offenbar  bereits  in  V  (idipisci  mit 
darüber  geschriebenem  apisd  stand.  Hieremias ,  der  in  seinem  com- 
pendium  die  stelle  citiert,  gab  das  im  text  stehende,  besser  Ter- 
ständliche  adipisci]  G  hat  apisci^  das  aber  erst  aus  adipisd  corrigieri 
ist.  der  Schreiber  erkannte  also ,  da  er  bereits  das  im  text  stehend» 
adipisd  hingeschrieben  hatte,  den  fehler  uud  corrigierte  nach  der  in 

<p  adipisd 

V  befindlichen  Variante.    0  aber  hat  adipisd.    Ellis ,  der  die  stell» 

s.  XXII  bespricht,  gibt  als  lesart  von  0  noch  immer  adipisd  an,  ob- 
gleich ich  das  richtige  bereits  im  Hermes  ao.  veröffentlicht  habe,  er 
fügt  dann  in  den  ^corrigenda'  s.  360  hinzu :  'sub  adipisd  qnae  puncta 
sunt  in  0  recentioris  manus  videntur.'  derartige  correcturen  und 
randglossen  in  0  sind  zwar  mit  kleineren  buchstaben  und  etwas 
blasserer  tinte  geschrieben ,  scheinen  aber  doch  zweifellos  von  der- 
selben band  herzurühren  wie  der  text  selbst,  man  vergleiche  nur 
die  buchstaben  die,  wo  am  anfang  eines  neuen  gedichts  die  anfangs* 


KPSehuIie:  tut.  t.  Catolli  liber  iteram  rec  BEllis.  129 


bunt  gemalt  werden  sollten,  am  rande  stehen,  auoli  diese 
nid  kki&er  und  mit  blasserer  tinte  geschrieben,  und  können  doch  wol 
mr  TOB  demselben  Schreiber  wie  der  text  herrühren,  ich  halte  es 
■idit  für  statthali  in  0  eine  erste  und  zweite  band  za  unterscheiden» 
ivBer  haben  O  und  0  dieselbe  glosse  |>ufera  zu  hdla  (3,  14);  beide 
teaeii  an  drei  stellen  falsch  ab  (37^  17;  53,  4;  54,  6),  und  endlich 
sohreibt  Pistrengicus  (1295—1360)  s.  18*»:  'Catullus  Yeronensis 
poeta  Ciceronis  eoetaneus  libmm  vario  metrorum  genere  ezaratum 
rnpiUa  ioeosa  et  placita  continentem  scolasticis  legendum  tradidit.** 
dies  stammt  ans  derselben  quelle  wie  die  glosse  zu  o.  2  in  0  *com- 
plsio  prohemio  opus  suum  inchoat  quod  vario  metrorum  genere  pro* 
ssqnitor;  materia  tamen  fere  omnis  est  comica  ut  inferius  demon- 
stntar*  ond  die  ttberschrift  in  0  *0atullu8  Yeronensis  poeta':  und 
MmB  gemeinsame  quelle  war  eben  V  (vgl.  Hermes  XIII  s.  56  E). 
matt  konnte  fragen ,  warum  der  Schreiber  Yon  0  dann  nur  einige  der 
in  ▼  befindlichen  Varianten  mit  abgeschrieben,  die  meisten  aber  un- 
bflrtekaichtigt  gelassen  habe.  0  nahm  im  allgemeinen  nur  das  im 
tszi  selbei  stehende  aus  Y  herttber.  am  anfang  begann  er  auch  rand- 
gioMSB  mit  abzuschreiben;  dies  ward  ihm  ab^  bald  zu  viel,  so  dasa 
er  ea  nach  den  ersten  gedichten  vorlftufig  aufgab,  um  es  etwa  spftter 
■adizntragen«  0  macht  Überhaupt  einen  unfertigen  eindruck.  die 
lilel  Milen,  ftlr  die  doch  platz  gelassen  ist;  die  grossen  anfangs- 
baehstaben  sind  meist  nicht,  wie  beabsichtigt,  in  bunter  färbe  aus» 
gefUirt  und  stehen  nur  klein  am  rande  daneben. 

ICt  den  vielbesprochenen  versen  92,  3  u.  4;  67,  21;  68,  16 
wird  ea  sich  aber  folgendermaszen  verhalten  haben.  92,  3  u.  4  stan- 
den in  Y  (schon  Lachmann  meinte ,  sie  hfttten  in  Y  am  rande  ge- 
stuiden,  weshalb  er  sie  bei  berechnung  der  zeilen,  die  auf  einer  seile 
gestanden  haben  sollen,  nicht  mit  ztthlte);  0  bringt  sie  demgemäsz; 
der  Schreiber  von  O  aber  irrte  von  amai  (y.  2)  auf  amo  (v.  4)  ab, 
flbersah  also  y.  3  n.  4.  der  vers  67,  21  stuid  in  Y  zweimal:  hinter 
64,  386  und  an  seiner  richtigen  stelle.  0  schrieb  ihn  beidemal  bin ; 
der  bedächtigere  Schreiber  von  0  erinnerte  sich  wol  den  vers  bereits 
geachrieben  zu  haben  und  liesz  ihn  das  zweite  mal  weg,  unglücklicher- 
weise gerade  an  der  richtigen  steile,  dasz  er  aber  in  seiner  vorläge 
sland ,  beweist  das  kreuz  das  er  an  den  rand  malte ,  zum  zeichen 
dasz  ein  vers  fohle,  auch  68,  16  wird  in  Y  zweimal  gestanden 
haben:  an  der  richtigen  stelle  und  68, 49.  G  hat  ihn  beidemal;  der 
Schreiber  von  0  hat  ihn  das  erste  mal  übersehen  (vielleicht  stand  er 
am  ende  einer  seite) ,  malte  aber  wiederum  an  den  rand  ein  kreuz, 
ab  seichen  dasz  ein  vers  von  ihm  ausgelassen  sei.  E.  orwfthnt  diese 
sskhen  auch  in  seiner  zweiten  ausgäbe  nicht,  obwol  ich  ao.  s.  58 
darauf  aufmerksam  gemacht  habe.  —  Ich  meine  also ,  dasz  es  nicht 
B0tig  ist  irgend  welche  mittelglieder  zwischen  00  und  Y  zur  er- 
klamng  der  vorliegenden  erscheinungen  anzunehmen,  glaube  viel- 
mehr dass  00  direct  von  Y  abstammen. 

Gegen  die  annähme  von  E.  spricht  femer  das  ausdrückliche 


130  EPSchnlze:  anz.  t.  Catulli  über  itemm  rec  REUia. 

Zeugnis  des  Schreibers  von  G :  'non  enim  quodpiam  aliud  (ezemplar) 
«xtabat  unde  posset  libelli  huius  habere  copiam  exemplan^';  erhe^ 
die  hoffnuDg,  dasz  er  seine  schlechte  abschrift  einst,  wenn  er  ein« 
andern,  bessern  Catullcodex  finde,  werde  verbessern  kOnnen.  es  war 
ihm  also  damals  trotz  aller  bemtthungen  unmöglich  einen  aolchoi 
ausfindig  zu  machen,  wir  haben  kein  recht  diese  ausdrttckliclie  an» 
gäbe  einer  hypothese  zu  liebe  einfach  in  zweifei  zu  ziehen.  E.  hilt 
es  zwar  für  unwahrscheinlich,  dasz  zwischen  1300  und  1375  keine 
Abschrift  von  V sollte  genommen  worden  sein;  doch  wird  dem  ao  ge- 
wesen sein,  bestätigt  wird  dies  dadurch,  dasz  Catull  in  der  seit  von 
Petrarca  bis  1374  nicht  erwähnt  wird,  in  diesem  jähre  erbittet 
ein  gelehrter  Florentiner  Coluciue  Salutatus  (E.  e.  XVIII)  von 
freunde  in  Verona  einen  Catullcodex.  man  beachte  hierbei ,  dan  er 
einen  solchen  in  einer  stadt  wie  Florenz  nicht  haben  kann;  und  wo- 
hin wendet  er  sich?  nach  Verona,  es  heiszt  in  dem  briefe  vonPto- 
pertius  und  Catullus  ausdrücklich:  *quorum  mihi  nil  paene  'niei 
nomen  innotuit.'  in  einem  andern  briefe  schreibt  derselbe:  *CatnUam 
<iuem  credo  parvum  libellum' ;  er  kennt  ihn  also  nicht,  auch  Petrarca 
hatte,  wie  aus  demselben  brief  hervorgeht  und  wie  Schwabe,  Baeli* 
rens  (s.  XI)  und  £.  (s.  XIX)  bereits  richtig  erkannten,  keinen  Catnll- 
codex;  Colucius  erbittet  sich  nemlich  aus  der  bibliothek  dee  Te^ 
storbenen  Petrarca  eine  Properz-hs. ,  erwähnt  jedoch  keinen  Catnll- 
•codex.  Petrarca  wird  vielmehr  den  Catull  zu  Verona  selbst  in  der  ein- 
zigen damals  bekannten  hs.  gelesen  haben,  aus  der  auch  Paatrengicus 
seine  kenntnis  des  dichters  schöpfte  (Baehrens  s.  X).  Ellia  fthrt 
femer  selbst  aus,  wie  Cat.  erst  spät  und  nur  langsam  bekannter  ge* 
worden  sei.  im  Philobiblion  des  Ricardus  Buriensis  wird  er  niäit 
>er wähnt,  noch  1428  konnte  Matthaeus  Palmerius  schreiben,  Cat.  ad 
1425  wieder  aufgefunden  worden;  Raphael  Volaterranus  (1450— 
1520)  sagt:  Tatulli  liber  repertus  est  aetate  nostra  lacinioau 
mendosusque',  und  Avancius  schrieb  um  1530:  'magno  pignore  eon> 
tenderim  hodie  non  inveniri  ullum  Catullianum  codicem  ecriptom 
ante  octuaginta  annos,  hoc  est  ante  Guarini  aetatem,  ig  enim  ad 
patriam  rediens  Catullum  diu  multumque  desideratum  Italiaa 
restituit,  sed  depravatum.'  dies  alles  spricht  gegen  die  ^»^^hmi^ 
mehrerer  abschriften,  die  zwischen  V  und  00,  sowie  auch  swiaehen 

V  und  den  übrigen  hss.  stehen  sollen. 

Auch  Max  Bonnet  (revue  critique  1877  n.  4)  und  Bernhard 
Schmidt  (Jenaer  LZ.  1878  n.  14)  nehmen  an  dasz  auszer  O  oad  0« 
die  direct  aus  V  stammten,  eine  dritte  oder  mehrere  jüngere  ab- 
Schriften  von  V  vorhanden  gewesen  seien,  ersterer  meint  in  Q  meh- 
rere correctoren  unterscheiden  zu  müssen  (0,  0^  usw.),  von  denen 
namentlich  einer  wertvolle ,  von  0  und  0  übersehene  Varianten  nnd 
conjecturen ,  sowie  die  Überschriften  aus  einer  andern  abschrift  tob 

V  in  0  nachgetragen  habe;  zwischen  0  und  0'  liege  eine  ieit|  in 
welcher  man  recht  wol  mehrere  copien  von  V  hätte  anfertigen  kOnnen. 
während  Baehrens  und  Wölfiflin  glauben,  daaz  alle  variae  lectiones 


EPSehnlxe:  ans.  t.  Catulli  liber  iterum  rec.  BEUis.  131 

in  G  von  derselben  band  herrOhren,  und  Dübner  dies  für  die  meisten 
nigibt,  meint  aocb  BScbmidt,  man  müsse  mindestens  6inen  corrector 
in  O  annebmen«  der  aus  einer  dritten,  mit  der  zeit  stark  interpolierten 
abecbrift  Ton  V  seine  Varianten  geschöpft  und  in  G  nachgetragen 
babe.  es  ist  sebr  xu  bedauern,  dasz  Ellis  auf  diese  wichtige,  von 
Bonnet  und  Schmidt,  deren  abhandlungen  £.  nicht  gesehen  zu  haben 
•cbeint  (wenigstens  erwähnt  er  sie  nicht),  angeregte  frage  nicht 
Biber  eingegangen  ist.  er  schreibt  in  der  2n  aufl.  hierüber  nur 
wOrtlicb  dasselbe  wie  in  der  In:  *codex  G  varias  lectiones  multas 
babei«  partim  supra  scriptas,  partim  in  margine,  plerasque,  ut  mihi 
com  Woelfflino  et  Duebnero  yidetur,  non  solum  eodem  tempore,  sed 
eadem  mann  exaratas.'  also  die  meisten  Varianten  seien  von  dem- 
sdben  Schreiber  wie  G  selbst,  aber  nicht  alle,  woher  stammen  nun 
die  fibrigen  Varianten  und  welche  sind  es? 

Eine  zweite,  ebenso  wichtige  frage  ist  die,  in  welchem  Verhält- 
nis 6  zn  den  übrigen  hss.  auszer  0,  den  sog.  deteriores  steht,  wäh- 
rend Baebrens  diese  sämtlich  auf  G  zurückführt,  da  sie  alle,  wie  G, 
die  Terse  92,3  n.  4  weglassen,  67,  21  u.  68, 16  zweimal  überliefern, 
und  bei  in  G  vorkommenden  Varianten  bald  die  eine  bald  die  an- 
dere bringen,  glauben  Ellis,  Schwabe ,  Bonnet  und  BSchmidt  viel- 
mehr für  viele  dieser  hss.  eine  andere  quelle  als  G  annehmen  zu 
mflaaen.  £.  meint,  aus  den  von  Baebrens  geltend  gemachten  grün- 
den folge  nicht  dasz  alle  deteriores  aus  G  stammten,  sondern  nur 
data  0  und  diese  hss.  auf  eine  gemeinschaftliche  abschrift  von  V 
mrackgiengen  (BSchmidt  führt  sie  auf  eine  dritte,  mit  der  zeit  stark 
interpolierte  abschrift  von  V  zurück ,  aus  der  auch  die  Varianten  in 
G  berrdhrten;  ein  teil  möge  direct  aus  0  hervorgegangen  sein),  so 
erkläre  es  sich,  dasz  einige  dieser  hss.  an  vielen  stellen  mehr  mit  0 
ab  mitG  giengen.  wäre  G  die  quelle  dieser  hss.,  wie  käme  es  dann 
dasz  sie  oft  bessere  lesarten  bieten  als  G  selbst?  niemand  könne 
glauben  dasz  D  aus  G  stamme;  obwol  er  erst  1463  geschrieben  sei, 
»cbeine  er  ^multis  locis  propius  ad  originem  accedere  quam  0  vel  G 
vel  qoi  bis  non  multo  posterior  est,  B' ;  dasselbe  gelte  von  dem  1460 
geschriebenen  cod.  a,  einem  codex  des  britischen  museums ,  der  eng 
mit  D  verwandt  und  von  hohem  werte  sei  (*ex  eodem  codice  ductus 
est  ac  Datanus,  ad  quem  proxime  accedit.  hunc  codicem  maximi 
babeo').  woher  kommen  nun  derartige  spuren  alter  lesarten V  hat 
e«  anszer  V  noch  einen  andern  codex  gegeben ,  aus  dem  einige  hss. 
und  namentlich  a  und  D  stammen?  während  E.  in  der  In  aufl.  dies 
annehmen  zu  müssen  glaubte,  lindert  er  jetzt  seine  ansieht  dahin, 
duz  aD  und  G  aus  V  stammen ;  aD  seien  abschriften  einer  altern 
copie  von  V,  G  das  apographon  einer  jungem  copie.  dasz  auch  aD 
auf  V  zurückgiengen,  beweise  die  auslassung  von  92,  3  u.  4  und  das 
xveimaiige  vorkommen  von  67,  21  u.  68,  16.  dies  haben  alle  hss. 
aotzer  0  mit  G  gemein.  *codex  is,  unde  hi  tres  (D,  a,  und  als  dritten 
rechnet  E«  den  Biccardianus  hierher)  originem  ducunt,  a  sinceriore 
S{«grapho  et  antiquitatis  plus  retinente  venit,  Gcrmanensis  ab  eo 


132  KPSchalze:  anz.  t.  Catulli  liber  iterum  rec.  REUii. 

quod  moltifariam  iam  immutatum  ac  correotum  esset*' 

gebe  es  auch  in  D  interpolationen ;  aber  'illad  nnnqnam  satis  ad- 

severandum  dueo,  Dat.  Rice,  a,  quoquo  modo  ad  nos  penrenerint,  ea 

habere  expressae  sinceritatis  signa  quae  non  possint  fiotorum  ölen 

officinas'  (s.  34) ,  während  Baehrens  D  für  völlig  wertios  erkllrt 

hatte. 

Welches  sind  denn  nun  jene  vorzüglichen  lesarten  der  deteriores» 
auf  welche  £.  seine  behauptung  stützt  ?  wir  trennen  bei  dieser  b^ 
trachtung  D  ('qui  inter  g  libros  insignem  sane  locnm  opünet'  sagt 
auch  Baehrens)  von  der  masse  der  übrigen  hss.  und  handeln  sa- 
nächst  von  diesen,  s.  XXIX  hat  E.  eine  reihe  von  beispielen  n* 
sammengestellt,  in  denen  die  geringeren  hss.  eine  bessere  lesart  ib 
G  haben,  mir  scheinen  die  hier  gebotenen  Varianten  teils  einfiuht 
Schreibfehler ,  teils  interpolationen  des  in  G  vorliegenden  texies  n 
sein,  eine  offenbare  interpolation  ist  15, 1-6  nostrorum^  wfthrenddM 
richtige  nostrumy  wie  es  vom  metrum  verlangt  wird,  in  G  stellt 
der  Schreiber  verstand  das  nostrum  nicht,  da  vorher  der  dichter  ia 
der  ersten  person  sing,  von  sich  spricht  (me,  mihi^  excipio^  P^\  uA 
änderte  deshalb  in  nostrorum.  desgleichen  sind  correctoren  «tarmf 
für  anuit  (67,  35),  Epitalamion  tethidis  et  Pdei  für  Ej^alamim 
Thetidis  et  FeleL  einfache  Schreibfehler  sind  PaHea  st.  Peiea,  ta- 
tinxerat  st.  incinxerat,  Danilas  st.  Baitüas^  sublamia  st  subUwua, 
pace  st.  parce,  treronensum  st.  Verohensum  ua. ;  hierher  gehOrt  inA 
multo  "me"  Ua  nee  im  Colb. ,  wo  die  striche  vor  und  hinter  wie  bs- 
deuten  sollen,  dasz  das  wort  me  an  falscher  stelle  steht:  in  G  stdit 
nemlich  multo  ita  me  fiec  (72,  6).  findet  sich  dieselbe  lesart  in  0, 
so  zeigt  dies  nur,  dasz  zwei  verschiedene  Schreiber  denselben  fehkr 
machen  oder  auf  dieselbe  correctur  verfallen  können,  dergleiohai 
fällt  doch  gegenüber  der  schwerwiegenden  thatsache,  dan  diflH 
sämtlichen  hss.  die  oben  bereits  mehrfach  erwähnten  verse  92, 3  a.4 
usw.  in  schroffem  gegensatz  zu  0  genau  in  derselben  weise  über- 
liefern wie  G,  gar  nicht  ins  gewicht. 

Und  verhält  es  sich  mit  D  und  seinen  genossen  anders?  priUei 
wir  die  eigentümlichkeiten  dieser  hs. ,  wie  sie  von  £.  s.  "X^xx  £  n- 
sammengestellt  sind. 

1 )  D  läszt  mehrere  verse  aus ,  so  39,  4  u.  5  (aber  sie  stehen  ia 
a  und  Rice.);  42,  12  (vorhanden  ist  er  in  a  und  Rice);  62,  64a.U 
(sie  stehen  in  Rice. ;  wenigstens  gibt  E.  nur  an  dasz  sie  in  D  a  fehlen); 
64,  258  (er  steht  in  a,  in  D  ist  er  am  rande  nachgetragen);  64,  862 
u.  363  (Rice.  u.  a  haben  sie,  in  D  stehen  sie  am  rande);  c.  69  (in* 
steht  das  gedieht);  98,2 — 5  (Rice.  u.  a  haben  die  verse).  wir  a/ehm 
also  nichts  weniger  als  eine  Übereinstimmung  zwischen  den  drei  eng- 
verwandten hss. ,  und  doch  sollen  sie  aus  einer  gemeinsamen  qne^ 
stammen,  in  dieser  müssen  also  doch  wol  die  in  D  fehlenden  verte 
gestanden  haben ,  nur  der  Schreiber  liesz  sie  aus  nachlässigkeit  wog. 
£.  (s.  XXXII)  sagt  selbst:  'ab  omissis  in  D  versibns  non  multoia 
coUigitur:  omnes  enim  praeter  64, 362  sq.  propter  repetitum  aliqnod 


XPBdmlia:  ans.  t.  Catolli  über  itemm  rec.  fiSUis.  18S 

Mftimliiin  Tideiitor  excidiflse.^  dergleichen  kommt  ja  auch  in  an- 
«B  Ims.  Tor:  so  fehlen  64,  384—337  in  D  a  Bicc.,  aoszerdem  aber 
■eh  Doeh  in  B,  der  nach  E.  eng  mit  G  verwandt  iat,  und  andern 
»•  hierans  hat  man  also  nicht  auf  eine  besondere  alte  quelle  des 
^  xa  sdiliessen ,  sondern  nur  auf  die  nachUssigkeit  des  Schreibers. 

8)  D  hat  vielfach  spuren  alter  Orthographie,  so  gut — guoi,  peremme^ 
NHiif ,  pasquam  usw.  dergleichen  spuren  finden  sich  aber  auch  zu- 
'mktk  in  sonst  vOllig  wertlosen  hss. :  so  steht  gut  <»  quai  in  A  La* 
'V;  fascemkw  (61,  120)  haben  HVh*d;  B  hat  fascennim  und 
fauunt  doeh  nach  £.  mit  0  aus  6iner  quelle,  Q  aber  hat  feacenmna'^ 
Umio  (61,  127)  haben  auch  H  La  Y  ausser  B  C  0  0  D.  es  w&re 
iB^ich ,  dasi  der  Schreiber  von  D  andere  filtere  lateinische  hss.  ab- 
isvdnrieben  und  hierbei  sich  die  alten  formen  angerignet  habe. 
itni  verstand  er  ja  ziemlich  vieL  doch  sagt  E.  (s.  XXXII):  'nee 
wo  diversa  ratio  scribendi  tantum  valet  ut  duplicem  originem  de- 
watret  oodieum  DO.'  dazu  kämen  Schreibfehler,  die  sich  aus  fal- 
flksr  aaflGsung  von  abkttrzungen  und  buchstabenverwechslungen, 
fit  110  beim  abschreiben  aus  einem  sehr  alten  codex  leicht  mit  unter- 
isin,  «rklSrten:  sojpmnce  si.pmmce^  lU st. i&t,  cUo  st  oäo^  fineatra 
L  mmJBira^  aranatrum  st.  anmearum  ua.  aber  dies  sind  ofifenbar 
feehtigkeitsfehler,  wie  sie  bei  jedem  leichtfertigen  abschreiber  vor- 
•Dy  und  rechtfertigen  die  annähme  einer  lüten  vorläge  nicht. 

3)  Es  finden  sich  in  D  lesarten  die  er  allein  oder  höchstens  mit 
oder  dem  andern  codex  gemein  hat,  und  hierauf  legt  E.  das 
Tüste  gewicht,  so  hat  D  improba  st.  impia^  Thessäla  st.  Saäaha^ 
daim  st  süvestria,  Ubrabat  vertice  st.  versdbat  turbine^  bacchantia 
L  eummiis,  pudor  st.  ruhar^  canciliasset  st.  pacificasset^  deos  st.  focas : 
!k  habe  gerade  diese  als  die  auffälligsten  aus  den  von  E.  aufge- 
Unten  beispielen  ausgewählt,  aber  diese  Varianten  weisen  offenbar 
nf  einen  sdireiber  hin,  der  sich  nicht  immer  bemühte  sorgfältig 
biziischreiben  was  in  der  vorläge  stand,  sondern  der  mehr  dem 
inne  nach  als  wortgetreu  den  codex  abschrieb  und  dabei  mit  seiner 
egen  phantasie  hie  und  da  selbst  zum  dichter  wurde,  dasz  er  das 
liditen  verstand ,  beweist  der  vielleicht  von  ihm  selbst  erfundene 
ers  65, 9 ;  es  sind  zum  teil  interpolationen  der  schlimmsten  art,  wie 
w^roba  ftUr  tnipia,  hacchantis  fttr  euanlis^  pudor  fdr  rubar  ua«  E. 
•gt  zwar,  er  halte  dies  nicht  für  interpolationen,  da  im  allgemeinen 
)  frei  von  solchen  sei;  dies  ist  aber  sicher  nicht  der  fall,  wie  die 
abricierten  verse  65,  9  u.  68,  47,  von  denen  der  eine  ?on  Thomas 
iiecB  aus  Ancona,  einem  Italiäner  des  15n  jh.,  verfertigt  ist,  femer 
lie  Worte  monumenia  laharis  (95,  9),  dann  der  name  Q.  Caiulus  (mag 
lieser  aus  Plinius  entnommen  sein  oder  nicht)  schlagend  beweisen. 
vcui  aber  65,  9  zwischen  tua  und  loquentem  ein  wort  fehlt,  so 
ipridit  dies  nicht  fttr  die  redlichkeit  des  Schreibers,  sondern  wie- 
l«um  nur  fttr  seinen  leichtsinu  oder  seine  Unkenntnis  der  metrik. 
IS  finden  sich  vielmehr  unzählige  und  sehr  starke  interpolationen  in 
D:  so  gleich  die  erste  der  von  E.  angeführten  lesarten  6,  8  sertisqu^ 


134  KPSchulze:  anz.  v.  Catulli  über  iteram  rec.  BEUit. 

assyrioque  st.  sertis  Assyrio.  der  Schreiber  kannte  den  dichterischoi 
gebrauch  von  -que  -que  und  wandte  ihn  hier  an,  um  das  ihm  aufftUige 
asyndeton  zu  vermeiden,  übersah  aber  dabei  dasz  das  zweite  -qite 
metrisch  unmöglich  ist;  daran  ist  ja  bekanntlich  schon  8o  manche 
conjectur  gescheitert.  E.  sagt  s.  XXV  anm.  selbst:  'fiusile  inter- 
polatur  que^  ut  ex  bis  locis  apparet:  6,  15  Ixmiqfie  mäHquei  15,  10 
Jxmisque  malisqtie;  45,  22  Syriasque  BrUanniasqtte'^  11, 11  AorrtMes- 
gue  uUimosque.*  ThessaXa  war  dem  Schreiber  gelttnfiger  als  SadahOy 
darum  substituierte  er  es  nach  seiner  kühnen  weise,  es  ist  ein  kenn- 
zeichen  der  interpolation ,  dasz  sie  das  üblichere  an  stelle  des  selt- 
neren setzt,  dergleichen  interpolationen ,  flüchtigkeiten  und  ortho- 
graphische eigentümlichkeiten  können  uns  nicht  hindern  O  alsqndle 
von  D  anzunehmen,  worauf  die  gleiche  behandlung  der  schon  oft 
citierten  verse  92,  3  u.  4;  67,  21  u.  68,  16  uns  naohdrücklidisfc 
hinweist. 

Ich  bin  also  mit  Baehrens  der  ansieht  dasz  0  und  0  ans  öiaer 
quelle  stammen,  und  dasz  die  deteriores  sämtlich  auf  G  zurückgehen 
und  deshalb  die  ihnen  eigentümlichen  lesarten  nur  den  wert  von 
conjecturen  haben,  übrigens  sind  die  lesarten  des  für  die  theorie 
von  E.  nicht  unwichtigen  Rice,  (in  der  bibL  Biccardiana  zu  Florenz) 
noch  nicht  vollständig  veröffentlicht  worden.  E.  hat  ihn  1876  bis 
c.  66  verglichen  und  bringt  in  der  2n  aufl.  die  bemerkenswerteren 
Varianten. 

In  dem  übrigen  teil  der  prolegomena  finden  sich  nur  geringe 
änderungen ;  es  fehlt  weder  die  berechnung  der  im  archetjpoa  be- 
findlichen Seitenzahl  noch  unter  den  excursen  die  abhandlnng  *de 
aequabili  partitione  carminum  Catulli',  in  welcher  fast  sftmtliche 
gedichte  in  bestimmte  arithmetische  Schemata  zergliedert  werden« 
dies  ist  das  extrem  der  neuerdings  von  mehreren  begonnenen  arith- 
metischen methode  und  zugleich  die  beste  Widerlegung  derselben : 
das  hiesze  denn  doch  die  poesie  zu  einem  rechenexempel  erniedrigen. 
in  den  excursen  fügt  er  der  In  aufläge,  ohne  sich  für  oder  wider  zo 
entscheiden,  fast  nur  angaben  über  conjecturen  Munros  hinzu,  .welohe 
dieser  in  seinen  ^criticisms  and  elucidations'  in  reicher  menge  Ter- 
Öffentlicht  hat;  auch  läszt  er  hin  und  wieder  noch  eine  eigene  yer* 
mutung  mit  nachfolgen,  interessant  ist  der  zusatz  zu  64,  287,  in 
welchem  er  seine  frühere  conjectur  {Magnesson  Unquens  Doris  eeb- 
branda  cfioreis)  als  unhaltbar  bezeichnet;  er  gibt  jetzt  zu  dasz  Ikm» 
unmöglich  sei,  während  er  es  in  seinem  commentar  noch  za  Ter* 
teidigen  versucht  hatte,  statt  der  frühern  conjectur  schlägt  er  jetzt 
vor  Aemanisin  linquens  Chlori  cekbranda  choreis^  indem  er  auf  Stepb. 
Byz.  A^MOvia;  f)  derraXta,  dirö  AtVovoc  At/iuiv  hk  utöcjüi^v  XXidpou 
ToC  TTeXacToG,  Trarfip  hk  deccaXoü;  ibc  Tiavöc  xal  dXXoi  hinweist; 
vielleicht  habe  Cat.  die  entlegene  gelehrsamkeit  dem  Bhianos  ent- 
lehnt zu  0.  66  hätten  die  ansichten  von  OSchneider  und  Biese  be- 
sprochen werden  sollen,  neu  ist  ein  alphabetisches  register  aller  bei 
Cat.  vorkommenden  wortformen« 


MNietdd:  %n  CatuUos  [56,  11].  135 

)  vergleichimg  des  texfces  der  2n  anfU  mit  dem  der  In  weist 
wenige  änderungen  auf,  und  diese  beireffen  fast  ausschliesz- 
»rthographie,  in  der  £.  sehr  willkürlich  zu  werke  gegangen 

dmckfehlem  habe  ich  im  text  nur  Menscie  (105,  2)  st. 
Mnerkt.    die  angaben  über  G  und  0  müsten  vollstSndiger 

fehlen  sb.  an  folgenden  stellen:  23,  15  ^  0  31,  3 
r  O  35,  10  inities  0  (nicht  iniiiens)  43,  6  prawncia 
19,  7  paironus  0  61,  46  anuiHs  (nicht  amüas) 
mlchar  00  62,  44  eosdem  00  63,  42  Samnm  O 
88  eofipUxu  0  t.  158  ommMa  00  ▼.  339  haud  OO 
22  sed  00  105,  2  eHäufU  O.  warum  fehlt  zu  61,  46 
snde  conjectur  Bergks?   zu  97,  3  bemerkt  E.:  'seripsi  näo 

hoCy   nüoque  inmundius  ülud:  idemque  Video  recepisse 
ium.'   Baehrens  hat  aber  diese  lesart  nicht  in  den  text  auf- 
n.   zn  den  fragmenten  ist  n.  15  neu  hinzugekommen;  doch 
I  mir  zweifelhaft,  ob  mit  recht. 
lebr  auch  EUis  die  lesarten  des  D  und  der  übrigen  libri 

zur  beachtung  empfiehlt ,  er  selbst  hat  sie  in  seiner  neuen 
ast  gar  nicht  berücksichtigt   der  text  ist  auch  bei  ihm  auf 
Indet  —  und  mit  recht. 
:«iM.  Karl  Paul  Bohülzr. 


19. 

ZU  CATÜLLÜS. 


1 1  f.  haben  nach  Baehrens'  angäbe  der  Oxoniensis  und  der 
inensis,  abgesehen  von  unbedeutenden  kleinigkeiten : 

qu€iedam  inquä  nudum  reduc 

en  hie  in  raseis  lotet  papülis. 

nudum  eine  lücke  in  den  hss.  sei ,  wird  nicht  angegeben, 

man  bisher  stets  eine  solche  angenommen.   Avantius  er- 

dum  sinum  reducens;  ihm  folgten  die  meisten  hgg.  Baehrens 

7dum  sinu  reducenSy  Schwabe  (Dorpater  lectionsverz.  1864 

kim  reduc  pueilum.  Scbwabes  conjectur  wird  sicher  keinen 

er  finden,  aber  auch  die  anderen  scheinen  mir  durchaus  un- 

weil  sie  dem  Sprachgebrauch  widerstreiten :  reducere  heiszt 

ta  ziehen ,  nach  hinten  ziehen',  aber  niemals  ^zurückführen 

nr  vorbringen,  öffnen',   wie  Avantius  gemeint  zu  haben 

auch  wird  es  nie,  wie  Baehrens  will,  mit  dem  bloszen  ab- 

>unden-   mir  scheint  die  richtige  ergänzung  zu  sein :  nudum 

'ecludens.    redudere  heiszt  gerade 'erschlieszen.  Offnen': 

Tac.  Äi^.  II  77  conieda  vulnera  redudere.  Verg.  Äen,  lU  92 

Husis.   IV  63  redusis  pedaribus.   Hör.  epist.  I  5,  16  operta 

fosBERO.  Max  Nibtzki. 


136  WHRoBcbcr:  zu  Caesarg  bellum  oiTÜe  [III  88,  8]. 

20. 

ZU  CAESARS  BELLUM  CIVILE. 


III  32,  3  fwn  solufn  urhibus,  sed  paene  vicis  castdUsque  smgyUs 
aum  i mp erio  praeficiehantur.   Kraner-Hofmann  gibt  zo  den  leisten 
Worten  cum  imperio  praeficiehaniur  die  erkllirung:  'wurden  «leate 
mit  dem  imperium»  vorgesetzt.'   äbnlicb  sagt  Doberenz:  'ctfUitMi- 
perio :  dh.  leute  mit  dem  oberbefebl,  militärgouvemeore/   daei  diei 
der  richtige  sinn  der  stelle  ist,  bezweifle  ich  nicht;  doch  scheint  mir 
der  ausdruck  eine  wenigstens  bei  Caesar  unerhörte  hSrte  sa  enthal- 
ten ,  zu  deren  rechtfertigung  sich  meines  wissens  weder  aas  diesem 
noch  aus  irgend  einem  andern  Schriftsteller  ein  völlig  enteprecheadei 
beispiel  beibringen  läszt.   die  belege,  welche  Nftgelsbach  lat.  stiL' 
s.  203  für  die  erscbeinung,  dasz  mitunter  prttpositionalansdrfiek% 
auch  wenn  sie  ganz  ohne  beisatz  und  stütze  waren,  snbstantivierti 
als    stände   der   griechische  artikel  davor  (vgL  Nigeli* 
bach  ao.  s.  22),  für  subjecte  oder  objecto  gebraucht  wurden,  am 
Sallustius,  Livius  und  Tacitus  gesammelt  hat,  sind  insofern  v« 
unserer  Caesarstelle  verschieden,  als  sie  die  Umschreibung  dud 
einen  mit  is  qui .  .  gebildeten  correlativsatz  zulassen,  was  bei  ds 
Worten  cum  imperio  entschieden  nicht  möglich  ist.  zb.  Sali.  CaL  3,  S 
quae  sibi  quisque  facüia  faduputaty  aequo  animo  accipü;  n^pmti 
[s=  ea  quae  supra  ea  sunt  oder,  wie  Nägelsbach  erklärt,  Ta$i^ 
ea]  vduti  ficta  pro  fdlsis  ducit.    aus  diesem  gründe  halte  loh  ein 
emendation  des  ausdrucks  singulis  cum.  imperio  praefidebaiviiMf  ftr 
notwendig  und  schreibe  einfach  mit  einschiebung  eines  hinter  Mi- 
gulis  wahrscheinlich  ausgefallenen  singulii  paene  vicis  oasUBitpt 
singulis  singuli  cum  imperio  praeficiehantur.   für  diesen  BpaA' 
gebrauch  berufe  ich  mich  auf  folgende  stellen :  Caesar  &.  ä^.  I  48, 5 
ex  omni  copia  singuli  singulos  suae  sälutis  causa  ddegeranü.  ebd. 
II  20,  3  ab  opere  singulisque  legionibus  singulos  legatas  Cwm 
discedere  .  .  vetuerat     Cic.  de  kg.  II  12  singuli  singuloru^ 
[deorum]  sacerdotes.  p.  S.  Rosdo  32  in  singulis  rebus  ems  msM 
materies  est^  ut  dies  singulos  possis  consumere*  in  Verrem  1158 
discribebat  censores  binos  in  singulas  dvUaies.  de  lege  agr.  1131 
duodena  discribit  in  singulos  homines  iugera.    Gate  rerumnKL 
148  vini  in  cuüeos  singulos  quadragenae  et  singulae 
dabuntur  usw. 

Mbiszen.  Wilhelm  Hbimricb  Bosch: 


WFriedrich :  la  CiceroB  BrutoB  und  Orator.  137 

21. 

ZU  CICEROS  BRUTUS  UND  ORATOR. 


Die  einleitung  sowie  der  schlusz  des  Brutus  widmet  Ciceros 
grosiem  vorg&nger  und  Zeitgenossen  eine  pietätvolle  erinnerung. 
neidlos  preist  Cic.  das  andauernde  glück  des  dahingegangenen  im 
leben  i§  4  n.  820)  und  im  sterben  (§  4.  5.  329,  vgl.  dazu  9  und  mit 
diesem  de  ar.l  l  sowie  III  8) ,  er  beklagt  aber  den  staat,  der  in  sol- 
cher leit  (§2  magna  sapientium  civium  bonorumque penuria) 
ioklier  minner  verlustig  gehe,  deren  einsieht,  ansehen  und  klugheit 
rar  reiiong  des  Vaterlandes  diesem  wafifen  stellen  könnte,  wofern 
Bur  dasselbe  bedttrfnis  danach  zeigen  wollte,   und  ein  solcher  mann 
war  ihm  sein  politischer  Parteigenosse  Hortensius  gewesen:  §  2  t?tr 
9grtgm8  contundissimusque  mecum  consiliorum  omnium  sociäaU 
.  .  ei  auetoritatis  d  prudentiae  suae  triste  nobis  desiderium 
rdiquerai.  329  saepe  enim  inter  nos  vmpendentes  casus  deflevtmus^ 
mm  heUi  civüis  eausas  in  privatarum  cupidüatibus  indusas^  pacis 
$pem  apublieo  consilio  esse  exclusam  videremus.  in  §  6  nun 
schliesst  sich  an  die  werte  etenim  si  viveret  Q.  Hortensius  ^  cetera 
fartoB&e  desideraret  una  cum  reliquis  honis  et  fortibus  civibus, 
kune  vd  (vgl.  jahrb.  1873  s.845)  praeter  cderos  aut  cumpaucis  susti" 
merel  dolorem^  cum  forum  populi  Bomam^  quod  fuissd  quasi  theatrum 
illius  ingenii^  voce  erudita  d  Bomanis  Graecisque  auribus  digna 
jpoltaftim  atque  orbatum  viderd  unmittelbar  folgendes  an  (§  7):  equi- 
dem  angor  animo,  non  consilii,  non  ingenii,  non  auetoritatis 
annis  egere  rem  publicam^  quae  didiceram  tradare  quibusque  me 
assuefeceram  quaeque  erani  propria  cum  praestantis  in  re  publica 
viiri  tum  bene  moratae  d  bene  constitutae  civitatis,    allein  1)  nicht 
nur  der  innere  Zusammenhang  von  §  7  und  329  ist  klar,  sondern 
anch  im  ausdruck  gleicht  sich  das  im  folgenden  satze  stehende  cum 
patrocinium  pacis  exclusum  est  dem  pacis  spem  .  .  exdusam  an, 
und  in  letzterm  §  sehen  wir  durch  inier  nos  deflevimus,  videremus 
den  Hortensius  mit  eingeschlossen.     2)  legt  Cic.  in  den  oben  ange- 
fahrten stellen  auf  das  consilium^  ingenium,  die  audoritas  des  Hor- 
tensius ein  ganz  besonderes  gewicht.    3)  ist  der  Übergang  von  Hor- 
tensius auf  die  eig^e  person  Ciceros  an  unserer  stelle,  wie  wir  sie 
jetzt  lesen,  nur  ein  latenter  —  denn  allerdings  sind  es  die  arma 
(onsUüy  ingenii^  audoritatiSj  die  er  mit  jenem  gemeinsam  haben  will 
—  und  daher  vor  allem  in  einer  laudaiio  Hortensii  ein  harter,    kurz, 
die  urbanitftt  Ciceros  kann  von  dem  groszen  meister  auf  sich  selbst 
nur  mit  den  werten  übergeleitet  haben  quae  didicerat  ille  tradare 
quibusque  me  assuefcceram  quaeque  usw.    so  gewinnen  wir  zugleich 
eise  angemessene  gliederung   zu  vier  teilen,   nemlich  Hortensius, 
Cicero,  der  praestans  in  re  publica  vir  überhaupt  und  dann  als  breite 
gnmdlage  die  auf  einer  sittlichen  Ordnung  beruhende  civUas, 

9,  36:   Cic.  unterscheidet  zwischen  solchen  rednem  die  ihre 

ifthrbwhcr  für  clatt.  philol.  1880  hH.  2.  10 


138  WFriedrich:  zu  CiceroB  Brutus  und  Oralor. 

hauptthätigkeit  in  die  ausarbeitung  von  reden  für  andere  seilen,  und 
solchen  die  ihre  reden  auch  selbst  halten ,  ja  sie  meist  erst  nachdem 
sie  gehalten  waren  ausarbeiten  (91).  zur  erstem  classe  gehörte  zb« 
Lysias  .(vgl.  auch  32.  48.  206),  zur  letztem  Demosthenes  (289). 
von  jenem  sagt  Cic.  zu  anfang  unseres  cap.:  tum  fuU  Ljfsias^  ipse 
quidem  in  cattsis  fcrensihus  non  versatus,  sed  egregie  suhHUs  seriptor 
atgue  degans  usw.  rücksichtlich  des  Demosthenes  aber  fUfart  der 
text  fort:  nam  plane  quidem  perfeäum  et  cui  nihü  admodum  desit 
Demosthenem  facüe  dixeris.  nihil  acute  inveniri  potuü  tu  eis  canuis 
quas  scripsit,  nihil  ut  iia  dicam  sübdöle^  nihü  peraute^  quod  üie  non 
viderit  usw.  zu  den  zahlreichen  glossemen,  die  im  Bmtos  constfttiert 
sind,  füge  ich  noch  aus  dem  letzten  satze  folgendes  hinzu :  m  eis  eausis 
quas  scripsit:  denn  1)  liegt  der  hauptnachdmck  bei  Demosthenei 
nicht  auf  dem  scribere^  sondern  auf  dem  dicere  (vgl.  de  ar,  m  213), 
man  müste  daher  für  scripsit  ein  dixU  einsetzen  (vgl.  de  er.  1  5). 
2)  folgerte  jemand  aus  scripsit  ^  was  allerdings  kaum  denkbar  ist, 
den  Zusatz  'und  die  daher  uns  überliefert  sind'  (vgl.  de  or.  III  71), 
so  müste  an  stelle  des  potuit  wol  das  praesens  potest  stehen.  3)  aber 
wird,  was  die  hauptsache  ist,  das  urteil  über  den  araior plane pet" 
fectus  in  seiner  allgemeinheit  durch  diesen  zusatz  beschrftnkt:  es  darf 
dasselbe  über  ihn  hier ,  um  das  hohe  lob  zu  rechtfertigen ,  nur  ein 
allgemein  gültiges  sein,  ich  setze  daher  die  angeführten  worte  is 
klammem  und  meine  dasz  sie  vielleicht  durch  das  vorausgehende 
seriptor  sowie  durch  den  §  36  folgenden  Zwischensatz  is  cuius  nuOa 
exstant  scripta  veranlaszt  als  randbemerkung  entstanden  und  so  in 
den  text  gekommen  sind. 

10,  40  neque  enim  iam  Troicis  temporibus  tantum  laudis  m  di- 
cendo  Vlixi  trihuissä  Homerus  et  Nestori^  quorum  aUerum  vim  habere 
voluii,  aUerum  suavitatem,  nisi  iam  tum  esset  honas  eloguentiae; 
neque  ipsepoeta  hie  tam  idem  ornatus  in  dicendo  acpHane  araHor 
fuisset.  nach  HAKochs  Vorgang  streichen  idem  Piderit  und  £be^ 
hard,  ersterer  mit  dem  zusatze  dasz,  wie  schon  seine  seltsame  Stel- 
lung beweise,  idem  vom  rande,  wohin  es  von  einem  glossator  zur  er« 
klärung  von  poeta  hie  gesetzt  worden,  unrechtmäsziger  weise  in  den 
text  aufgenommen  worden  sei.  dieser  versuch  zur  erklärung  ist  ge- 
waltsam, sie  selbst  wenig  glaubhaft  vielmehr  ist  vor  idem  der  ans* 
fall  voii  zwei  worten  zu  constatieren.  durch  Ulixes  und  durch  Nestor 
werden  zwei  hervorragende  Seiten  der  beredsamkeit  reprftsentieri: 
vis  (gravUas)  und  suavitas.  beide  musz  der  dichter,  welcher  diese 
personen  vorführt,  selber  umfaszt  haben :  wie  das  ornatus  in  dieendo 
auf  suavitas  zurückweist,  so  wird  auf  vim  ein  gravis  zurückgewiesen 
haben,  man  lese  daher  poeta  hie  tam  gravis  aut  idem  omahu  tu 
dicendo,  woran  sich  das  abschlieszen de  urteil  knüpft:  aepkme 
orator  fuisset :  denn  worin  besteht  denn  die  aufgäbe  des  redners  au* 
ders  als  ut  probet  {doceat%  ut  delectä,  ut  flectat?  vgl.  185.  or  69.  de 
opt.  gen.  die.  3.  das  fleäere  wird  hier  nun  durch  gravis^  das  ddeeUure 
und  probare  durch  ornatus  in  dicendo  näher  bestimmt    man  lese  sa 


WItiedrich:  za  Cicerot  Bratas  und  Ontor.  139 

Stella  nach  Quintilian  X  1, 46  coe^uri  ah  Hamero  videmur.  hie 
m  .  •  omniht  eloquentiae  partibus  exemplum  et  ortum 
dit,.  idem  laäus  aepresms,  iueundus  et  gravis j  tum  capia  tum 
miaie  würabüis  uaw.  zur  yerbindang  tob  grapis  und  amahu  gebe 
I  noch  folgende  stellen  an:  or.  22.  29.  dear.l  42.  54.  81.  II 34. 
Mir*  n  50.  51.  —  Noch  Iftszt  sich  hier  rttcksichtlich  des  dritten 
Mneriechen  helden,  den  Cicero  spftter  nennt  ^  die  bemerkung  an- 
tflpfen,  dass  §  50  bei  den  werten  Mmdaum  ^p9um  dukem  ülum 
iiem  tradü  HomeruSy  sed  pauea  dicetUem  seinem  gedäohtnis  wol 
kUK^uic,  nicht  XiT^uK  vorschwebte,  werte  die  fdr  dias  gehör  leicht 
ferwechseln  sind,  daher  die  wiedergäbe  dnrch  dideem^  wfthrend 
ir  bei  Homer  f  214  iraöpa  m^v  dXX&  jüi&Xa  Xtf^uic  lesen,  indcbsen 
dl  Qointilian  sagt  XII 10, 64 :  fwm  etHcmerus  hrevem  qu/idem  cum 
cunditate  .  •  doquenibiam  Mmdao  dedU,  and  Hesychios  inter- 
•tiert  XiT^uK*  ÄE^uic.  f|b^uic  rax^uic. 

34,  130  haben  die  hss.  aique  etiam  ingemo  et  sermane  degtmHy 
letudime  ineammoda  C,  Sextius  Cähinus  fidt.  die  anfangsworte  des 
tsea  aique  etiam  oder  doch  etiam  Tcrwirft  Jahn,  weil  das,  was  yon 
iTinns  aasgesagt  werde,  in  keinerlei  weise  mit  dem  stimme,  was 
c  Ton  dem  Torhergenannten  Fimbria  sage.  Piderit  schreibt  atqua 
n  ond  legt  aaf  d^anii  als  kennbare  Signatar  der  zeit  den  haapt- 
Adrack.  Kayser  fühlt  dasz  zu  ingemo  ein  a^jectivischer,  eine  seite 
SMlben  näher  bezeichnender  begriff  nicht  entbehrt  werden  kann, 
e  deatlich  aas  der  fortsetzung  des  satzes  hervorgeht:  qui  etsi^  cum 
fmi§eraut  dolares  pedum,  non  deerat  in  cauaiSj  tamen  id  non  soipe 
ätibat;  itaque  consilio  eius,  cum  vckbant^  Jiomines  utebantur^ 
^trodmo ,  cum  licebat.  kamen  sie  doch  nicht  in  sein  haus ,  um  das 
fcnium  elegans  zu  bewundem,  sondern  um  von  dem  scharfsin- 
gen mann  einen  guten  rath  einzuheimsen,  wol  von  einem  sei- 
en gedanken  geleitet  schrieb  Kajser  acute  etiam  ingenio.  Eberhard 
bt  atque  et  ingemo.  das  iam  ist  entweder  der  rest  eines  ac^ecti- 
ms  oder  aus  einem  solchen  verlesen,  ich  halte  nach  dem  gesagten 
jme  et  acri  ingemo  et  sermone  deganti  fUr  das  richtige:  vgl.  282. 
61,  220:  am  ende  der  Charakteristik  des  Curie  schlieszt  Cic  sein 
teil  Aber  ihn  dahin  ab  dasz,  wenn  auch  derselbe  nur  ttber  eine  kleine 
tahl  dienten  verfügen  konnte,  er  doch  immerhin  als  orator  wegen  der 
te  seiner  sprachlichen  form  {eius  orationes  adspiciendas  tamen 
%$eo)  zn  den  besten  seiner  zeit  zählte,  die  werte  daselbst  lauten: 
Uar  autem  vivis  eius  aequaUbus  praximus  eptimis  numeräbatur 
ipter  verborum  bonitaiemy  ui  ante  dixi^  et  expeditam  ac profluentem 
odam  modo  ederitaiem.  anstosz  erregten  die  werte  vivis  eius  aequa^ 
U8j  welche  Kayser  in  klammem  setzte,  fttr  die  Piderit  aber  a  suis 
fuaiibus  schrieb  mit  der  bemerkung :  'war  einmal  ASVI8  verlesen 
d  VIVIS  daraus  gemacht,  so  erklärt  sich  weiter  die  einschiebung 
n  eius  leicht*  allein  abgesehen  davon  dasz  die  änderung  eine  den 
L  ztigen  fem  liegende  ist,  so  ist  sie  auch  nicht  einmal  richtig: 
nn  Coric  ist  ja  gar  nicht  von  seinen  Zeitgenossen,  die  als  grosse 

10* 


140  WFriedrich:  zu  Cicero«  Bnitas  und  Orator.   . 

zubörcrmasse  stets  nur  den  erfolg  ins  aage  fassen,  unter 
die  optimi  gezählt  worden,  sondern  nur  von  einigen,  and  doeh  wol 
nur  von  solchen  die  einen  unterschied  zwischen  dem  pairamus  und 
dem  orator  zu  machen  und  die  verbantm  honüas  zu  wfirdigen  verstan- 
den. §  2 1 0  erafü  tarnen  quibus  videräur  ülius  adoHs  tertius  Ourio  sagt 
Cicero  mit  rücksicht  auf  das  207  vorausgehende  his  duobus  eiuadem 
aetatis  adnunierahatur  nemo  tertius  ]  vgl.  auch  183.   die  xeitperiode, 
von  welcher  Cic.  hier  spricht,  umfaszt  eine  reihe  von  rednem,  an 
deren  anfangspuncte  Crassus  und  Antonius  stehen,  an  deren  ans* 
gangspuncte  (229  u.  230)  aber  Hortensius  wie  ein  leuchtendes  ge- 
Stirn  aufgeht:  vgl.  301  u.  303.  de  or.  III  228—230.   in  die  blttte- 
zeit  des  Crassus  und  Antonius  fallen  Philippus  und  Julius,  aber  ob- 
gleich jünger  an  jähren  gehören  hierher  auch  noch  Cotta,  Sulpioius, 
Yarius,  Pomponius,  Curio  nebst  einigen  andern:  182  Udem  fere tem- 
poribus  aetate  inferiores  paülo  quam  lulius^  sed  aequales  prapemth 
dum  usw.    von  letzteren  tragen  nach  allgemeinem  urteil  (183  am 
meo  iudicio  tum  omni  um)  den  preis  Cotta  und  Sulpioius  davon 
(207  nemo  tertius) ,  nur  Curio  schien  manchen  würdig  der  dritte  in 
diesem  bunde  zu  sein  (210  tefiius)  um  der  gute  seines  sprachliehen 
ausdrucks  willen ;  doch  als  Sachwalter  hatten  nur  zulauf  Antonius, 
Crassus,  Philippus,  Caesar  (Julius) ,  Cotta,  Sulpioius  (207),  nicht 
Curio,  was  §  214  —  220  seine  begründung  findet,  an  deren  anCmg 
wir  deshalb  auf  eine  vergleichende  Zusammenstellung  des  Curio 
mit  Crassus  und  Antonius,  Sulpioius  und  Cotta  treffen,  deren  ab* 
schlusz  aber  itaque  cum  ei  nee  officium  deessd  et  floffrarei  shtdk 
dicendi ,  perpaucae  ad  eum  causae  deferebantur  zu  der  incriminiertfls 
stelle  hinüberleitet,     hat  man  diesen  faden  aus  der  von  excnrMD 
durchflochtenen  darstellung  herausgezogen,  so  können  wir  vielleicht 
die  ursprüngliche  lesart  herstellen,    mit  aequalibus  kann  niemand 
anders  als  die  zeitgenössischen  redner  gemeint  sein  und  zwar  die 
genannten :  denn  in  ihre  periode  ist  er  hineingesetzt  {de  or,  TL  96), 
und  zweitens  kommt  Curio,  obwol  er  dieselben  noch  lange  (bis  tum 
j.  53)  überlebte,  in  einem  buche  über  die  redner  nur  für  die 
zeit  in  betracht ,  wo  er  als  solcher  auftrat,  also  für  seine  jugendseit: 
denn  schon  vom  j.  90  ab ,  wo  ihn  das  publicum  während  einer  reds 
verliesz  (192),  war  er,  wie  Cic.  sagt,  yerstnmmt  {30b  süebai).  femer 
lesen  wir  für  die  jähre  87-82  in  §  227:  fuü  et  sine  tOla  digniMle 
res  publica;  hoc  etiam  magis  probabatur,  quod  erat  ab  orataribus  qMOi^ 
dam  in  foro  solitudo:  Sulpioius  occiderat^  Cotta  aiberat  et  Ckma^ 
vivebat  e  reliquis  patronis  eius  aetatis  nemo  praeter  Carbanem  et 
Pomponium  usw.    307  aber  occiderat  Sulpicius  HHo  onfio  treeqM 
proximo  trium  aetatum  oratores  erant  cruddissime  interfecti^  Q.  Ca- 
tulus  M,  Antonius  C.  lulius,   den  Crassus  hatte  schon  im  j.  91 
ein  Schlaganfall  dahingerafft,   auch  der  als  Sachwalter  gesuchte  Phi- 
lippus, welcher  bei  dem  im  j.  86  spielenden  processe  des  Cn,  Pom- 
pejus  (230)  als  iam  senex  bezeichnet  wird,  mag  lange  vor  Curio  ge- 
storben sein,     kurz  wir  finden  von  den  bedeutenderen  rednem. 


Wjnriidrieh:  in  Cicerot  Braias  und  Orator.  141 

flül  dcaen  Ciirio  lusammeagastellt  war,  nur  noch  Cotta  am  leben, 
weldier  tos  90  ab  im  exil  82  mit  Sulla  zurackkehrte,  75  consnl 
war  und  fitar  seine  nach  dem  consulat  in  Gallien  yorgeblich  aasge- 
IIIhHeii  kriegaüiaten  mit  der  ebre  des  triumpbes  belohnt  noch  plOts- 
lieh  Tor  emiebtem  siel  starb  (m  Fis,  62).  es  darf  nach  dem  ge- 
mgtm  also  aadi  vim$  wol  als  gesicherte  Überlieferung  angesehen 
wmdem.  nnn  aber  fiUlt  in  die  weitere  lebensperiode  Curios  bis  zu 
aeinem  todeijahre  53  noch  eine  reihe  anderer  zun&chst  anbedeuten- 
dar  rednmr,  dann  aber  Hortensius,  ja  Cicero  selbst,  es  Terlangt  da- 
her das  a$9mUhmSy  eben  weil  Curio  nicht  mehr  mit  ihnen  zusammen 
ab  radnar  anftrat  (305),  eine  durch  meine  obige  ausführung  gefor- 
deria  beachrinknng,  nnd  diese  wird  gewonnen,  wenn  man  hinter 
auf  ein  w<^  einschiebt,  Aber  welches  das  äuge  leicht  zu  aequaHUms 
hinwegeilen  konnte,  i^  meine  aetaiis^  wobei  vwis  ema  aeUtiis 
aemaKgim  durch  seine  Stellung  henrorgehoben  eines  vd  wol  ent- 
behren kann. 

62,  225  lautet  der  text:  quos  Sex.  TUius  (xmseeuius^  hämo  hquax 

ei  saiis  aeuius^  sed  tarn  solutus  H  mcUis  in  gestUy  ut  saUatio 
moicerehtry  eui  säUaUom  Tüius  nomen  esset.  Ua  cavendum 
est  me  quid  in  agendo  dicendove  fadas^  cuius  imitatio  rideaiur. 
daa  Torausgehende  beispiel  sowie  de  opt.  gen.  die.  4,  11  verlangen 
statt  fideahur  das  compositum  irrideatur.  an  letzterer  stelle  lesen 

aolif  enim  eia  res  ipsa  reapondet,  cum  aiut  non  adhibeaniur  ad 
aut  odhibiH  derideantur;  nam  si  riderentur^  esset  id  tpsum 
(Tgl.  216.  226.  326.  Tusc.  II  3.  QuintU.  VI  3,  7).  denn 
movere  gehört  zu  den  wirksamen  hilfsmitteln  der  rede- 
ist bedingt  durch  den  witz  {irridere)  resp.  den  spott  {de* 
ridert)  des  redners ,  welcher  das  admurmurare^  adridere^  ridere,  risu 
moceri  bzw.  obrui  der  zubörer  zur  folge  haben  soll:  Tgl.  or.  87  f. 
de  or.  n  217—290.  Petronius  61.  Hör.  sat.  I  7,  22.  Plautus  capt. 
481.  zum  unterschied  von  ridere^  irridere  und  deridere  lese  man  nach 
DOderlein  lat  sjnon.  III  s.  251  usw. 

82,  283  eröffnet  Cic.  im  anschlusz  an  die  Charakteristik  des 
Calrua  einen  lebhaften  angriif  auf  die  sog.  Neuattiker  seiner  zeit, 
die  er  auch  sonst  mitzunehmen  liebt  (vgl.  Jahn  einl.  zum  or.  s.  14  /.) 
und  als  deren  vorzüglichster  Vertreter  in  Rom  Licinius  Calvus  galt. 
Ton  den  Attikem  selbst,  die  jenen  vorgeblich  als  vorbild  dienen, 
finden  wir  vier  ihrem  stile  nach  mehr  oder  minder  verschiedene 
gmppen  an%ezlhlt:  a)  Thukydides,  h)  Ljsias,  Demosthenes,  Hjpe- 
ratdes ,  Aischines  (Demetrios  Phalereus) ,  c)  Charisios ,  Demochare?, 
d)  Begeaias,  und  mit  beziehung  auf  diese  vier  gruppen  lesen  wir 
§  287  folgenden  vergleich:  ut  si  guis  Falemo  vino  ddeäetur^  sed  eo 
mee  Üa  novo  ut  proximis  consuUbus  natum  velit,  nee  rursus  ita 
veiere  ui  Opimium  aut  Anieium  consukm  quaerat  —  atqui  hae 
noiae  sunt  opümae,  credo^  sed  nimia  vetustas  nee  habet  eam  quam 
fumerimms  suavUatem  nee  est  iam  sane  tolerabüis  —  num  igitur  qui 
koe  seniiatf  $i  is  potare  vditf  de  dolio  sihi  hauriendum  putet? 


142  WFriedrich:  zu  Ciceros  Brutas  und  Ontor. 

fninime;  sed  quandam  sequatulr  aetatem,  sicegoidis 
et  novam  istam  qt/Uisi  de  musto  ac  lacu  fervidam  arationem  fugiendam 
nee  iUam  praedaram  Thucydidi  nimis  veterem  tamquam  Ämciamam 
notam  persequendam.  den  vier  angegebenen  gruppen  Ton  Schrift- 
stellern entsprechen  im  bilde  richtig  die  vier  Sorten  wein  in  folgen- 
der weise :  a)  vetere^  h)  quandam  aetaiem^  c)  novo^  d)  de  doUo*  dem- 
nach kann  in  der  schluszfolgerung,  die  aus  dem  bilde  gesogen  wird, 
nicht  c  und  d  in  eins  gezogen  werden,  da  das  novum  vmum  {pro- 
zimis  oonsulibus  natum)  eben  etwas  anderes  ist  als  das  de  deUo 
hauriendum  (mustum) ,  ebenso  wie  sich  auch  zeitlich  und  dem  stUe 
nach  in  etwas  die  gruppe  Charisios-Demochares  von  Hegesias  (286, 
vgl.  auch  or.  226  u.  230)  scheidet,  es  ist  ohne  zweifei  za  lesen  et 
novam  aut  istam  quasi  de  musto  usw.  sohlieszlich  halte  idi  noch 
hinter  suavitcUem  nee  den  ausfall  des  Wortes  nova  (sc.  oetaf)  flUr 
nicht  unmöglich ,  wobei  dann  hoc  in  dem  folgenden  satze  auf  dm, 
beiden  weinsorten  (vetus^  novum)  gemeinschaftlichen  begriff  der  nn- 
schmackhaftigkeit  hinweisen  würde. 

Cicero  geht  bekanntlich  in  seinem  Orator  aus  Yon  der  Pla- 
tonischen ideenlehre  und  bewegt  sich,  wenn  er  auch  dieselbe,  wie 
Jahn  einl.  s.  26  richtig  bemerkt,  nur  oberflttchlich  kennen  gelerat 
hat,  hier  in  folge  dessen  in  reiferer  anschauung,  als  sie  zu  an£uig  dei 
2n  buches  seiner  allerdings  vierzig  jähre  früher  geschriebenen  sdirift 
de  inventione  zu  tage  tritt.  §  8  lautet  der  text:  sed  ego  sicsMiu^ 
nihil  esse  in  ullo  gencre  tarn  pulchrum,  quo  non  ptdchtius  id  sU,  umie 
iUud  ut  ex  ore  aliquo  quasi  imago  exprimatur^  quod  negue  ocUUs  negm 
auribus  neque  ullo  sensu  percipi  potesty  cogüatione  tantum  et  metik 
compiectimur ,  ein  satz  in  dem  Cic,  um  seine  anschauung  vom  ideil 
zu  verdeutlichen,  mit  zwei  relativsätzen  anknüpft,  deren  ersterer 
'wie  das  ideal  in  die  sinnliche  erscheinung  tritt'  am  bilde  versini- 
liehen,  der  zweite  das  wesen  desselben  erklären  soll,  daran  fügt 
sich  der  schlusz  (itaque)  sowie  seine  begründung  (nee  i?ero) ,  endlidi 
die  recapitulation  des  gesagten  mit  vergleichsweiser  anwendung  auf 
die  beredsamkeit  {ut  igitur  . .  sie),  nun  knüpft  in  unserm  satse  umde 
an  id  an,  iUud  weist  Axif  tam pul<^rum  zurück  und  quod  nimt,  gleich- 
wertig  gestellt  mit  unde^  wiederum  id  auf.  allein  das  nnin- 
reichende  in  dem  durch  ut  ex  ore  eingeleiteten  vergleiche  mnn 
Cic.  selber  gefühlt  haben,  er  konnte  ihn  nur  für  solche  wfthlen,  die 
von  der  Platonischen  ideenlehre  nicht  die  leiseste  ahnung  hatietti 
und  dasz  er  es  gefühlt  hat,  ergibt  sich  aus  dem  begründenden  satM 
nee  vero  üle  artifex^  cum  faceret  levis  formam  aut  Minervae^  ooniem 
plabatur  aliquemy  e  quo  simüUudinem  duceret^  sed  ipsius  in  memte  im- 
sidebai  species  puichritudinis  eximia  quaedam,  quam  inhtens  in  eaque 
defixus  ad  illius  similitudlnem  artem  et  manum  dirigebai.  die  gleich- 
ste 11  ung  also  der  beiden  durch  unde  und  quod  eingeleiteten  sati- 
glieder  «ist  ansiöszig ;  man  erwartet  vielmehr  das  zweite  dem  ersten 
gegenübergestellt,  und  so  setze  ich  nach  quod  vor  neque  ein  tarnen 


WFriedrioh:  so  Cicerot  Brotat  und  Oxator.  148 

um  80  notwendiger  enoheint,  als  o$  aU^tuod  ja  eben  in  den 
benieh  der  sinnlichen  anschanong  iSllL 

31,  111.  darch  die  ganze  schrift  hindurch  klingt  der  gedanke: 
^meinem  ideale  vom  redner  steht  der  am  nSchsten,  der  in  ^len  drei 
jogwianntmi  stUgattongen  meister  ist  (101),  wie  Demosthenes  (23), 
daher  Demosthenes  mein  vorbild.'  der  beweis  ftlr  diese  meister- 
aehalt  desselben  wird  von  §  110  ab  geAihrt:  Demosthenes  gibt  dem 
Ljsias  sMüäate  nichts  nach  (mM  cedU)^  arguiiis  et  acumme  dem 
Hypereides,  ImtaU  et  eplendare  verharum  dem  Aischines.  dann  fUurt 
€ie.  fort:  muliae  emU  ems  taiae  aratianes  subtüet^  tU  conira  Leptmem^ 
wmltae  Mae  gravee^  ui  quaedam  FMUppkaet  imäiae  variae,  tU  eonira 
■dnribiiiewi  /bfaae  legaüams^  tU  ccmira  eundempro  ^se  in}  eausa  CItest- 
pkgmfii.  iam  ühid  medium^  quotiens  vuU^  arr^  et  a  grmnssmo 
dmeeiemi  eo  poiißsmum  deUUnhur.  in  letzterm  satze  finden  wir  die 
anweadong  des  medimm  gema  durch  eopatisemiiim  stark  betont,  eine 
rsdegsattong  die  Cic  als  nnzwedkm&szig  fftr  den  redner  des  fomms 
{eprehum  a  eutiOiüma^  repiüaum  a  grapQms)  den  Sophisten  zuweist 
(91 — 96),  wfthrend  wir  den  Demosthenes  sonst  mehr  als  den  craicr 
§f99is  war*  ^xnv  gefeiert  zn  sehen  gewohnt  sind:  vgL  136.  234. 
dear.l  89.  m  28.  Qnintü.  VI  2,  24.  X  1, 108.  wie  hätte  er  auch 
aoswt  fortliJiren  können:  damares  tarnen  tum  movet  et  tum  m 
dktndü  plmrimum  efficU^  cum  gravitatis  locis  utUur?  denn  das  ist 
die  red^gattnng,  die  von  jeher  den  beifiallssturm  der  menge  henror- 
fief  (97),  wofern  nur  der  redner  (99  gravis^  acer^  ordern)  sie  mit 
beiden  andern  harmonisch  vereinigte  {euam  copktm  cum  ülii 
generihuB  temperavit).  femer  widerspricht  diese  starke  be- 
tommg  des  fiie(lti«fii  dem  Torausgehenden  satze.  hier  lesen  wir  nnuUae 
subÜke^  muUaegraveSy  beide  durch  tatae  hervorgehoben,  wfthrend  von 
dem  w^edifum  nicht  die  rede  iät,  vielmehr  dafür  variae  eintritt ,  also 
reden  in  denen  alle  drei  stilgattungen  zur  anwendung  kommen  (26. 
^  or.  m  177).  drittens  erwartete  man  bei  unserer  lesart  nicht  dda- 
Mmt,  sondern  rtldbUur  oder  ein  anderes  mit  re  gebildetes  verbum 
compositum,  demnach  kann  eo  potissimum  nicht  die  richtige  lesart 
sein,  auch  iam  im  fortschritt  der  rede  als  *  femer,  weiter*  zu  fassen 
verbietet  die  hinzufügung  und  Stellung  von  iUud^  welches  auf  schon 
vorhandenes  und  bekanntes  hinweist,  und  dieses  ist  eben  die  in  den 
poriae  mit  enthaltene  dritte  redegattung.  ich  schreibe  daher,  indem 
ich  den  satz  als  begrOndung  für  variae  fasse,  nam  iüud^  und  nicht 
eopatiesimum^  sondern  ad  lenissimum^  wodurch  wir  für  die  cra^ 
Oanee  variae  alle  drei  Stilgattungen  erhalten:  das  medium^  weil  es 
in  jene  mit  eingeschlossen,  aber  bis  jetzt  noch  nicht  erwähnt  ist,  an 
€nter  stelle,  dann  gravissmumy  dann  lenissimumy  welche  drei  be- 
zeichnnngen  den  im  voraufgehenden  satze  entsprechenden  drei  variae 
—  graves  —  euhtHes  chiastisch  gegenübergestellt  sind:  denn  mit 
knie  bezeichnet  Cic  ebenfalls  eine  seite  dos  aratar  $u$Mmssu8  et 
hrnmäiM  und  verbindet  es  mit  diesen  ac^ectiven  im  gegensats  zu 
frmriey  mtper  und  /brfts,  sowie  lenire  dem  indtare  gegenüber  steht. 


144  WFriedrich:  zu  CiceroB  Brutas  and  Orator. 

er  wählte  aber  dieses  adj.,  welches  nach  einer  seite  hin  auch  an  da» 
genus  suave  anklingen  mag,  und  nicht  suhtüis^  humiUs  oder  ann- 
missus ,  um  einen  passenden  gegensatz  zu  gravis  zn  erhalten.  TgL 
53.  56.  99.  106.  127.  132.  Br,  164.  177.  204.  aactor  ad  Her.  I II. 
de  orat.part.  71.  deor.U  129.  182—184,  vor  allem  aber  §  218, 
dann  Quintil.  XI  3.  97.  XU  10,  66. 

51,  170  hie  enim  invidiosus  numerus  nihil  affert  aUud^  msi  fä 
sU  apte  verhis  camprchensa  sentetUia:  quod  fit  etiam  ah  a/mtiqim^  std 
plerumque  casu,  saepe  natura;  et  quae  vaHde  laudaniur  api$d  ittos^  ea 
ferey  quia  sunt  condusa^  laudantur,   diese  stelle  steht  im  engen  za- 
sammenhange  mit  Br.  §  33  ante  hunc  {Isocratem)  enün  verbanm 
quasi  siructura  et  quaedam  ad  numerum  candusio  nüUa  erat^  om^,  m 
quando  erat,  non  apparebat  eam  dedüa  opera  esse  quaesUam:  guae 
forsitan  laus  sit^  verum  tarnen  natura  magis  tum  casuque  «oiMHfm- 
quam  ^quam^  aut  ratione  aliqua  aut  observatione  fiebai,  beide  stellai 
einzeln  für  sich  betrachtet  scheinen  einen  annehmbaren  sinn  m 
bieten,  mit  einander  verglichen  aber  ergeben  sie  einen  offenbaroi 
Widerspruch ,  und  in  beziehung  gesetzt  zu  dem  was  Cic.  ttberhanpt 
vom  numerus  sagt  enthalten  beide  offenbare  Unrichtigkeiten,   denn 
im  Br.  lesen  wir  dasz  rhythmische  abrundung  bei  den  alten  naktra 
casuque  sich  finde ,  im  Or.  aber  plerumque  casu^  saepe  naiura,   hier 
liegt  der  hauptnachdruck  auf  casu^  dort  auf  nafura ,  de^plerumqus 
der  stärkere,  saepe  der  schwächere  begriff  ist;  hier  steht  casu  aa 
erster  stelle ,  dort  ordnet  dasselbe  wort  dem  natura  durch  ein  q^ 
sich  unter,  welchem  nannumquam  folgt,  das  schwächer  (or.  221. 224. 
de  or.  II  365)  als  die  beiden  zeitadverbia  plerumque  und  saepe  iit 
zudem  wird  im  folgenden  dann  der  gedanke  durch  nat^mra  alleia 
weiter  geführt,   vom  numerus  aber,  so  weit  sein  wesen  für  nnaer» 
stellen  in  betracht  kommt,  erfahren  wir  von  Cic.  folgendes,    das 
streben  nach  abrundung  des  satzes  beruht  in  der  naturanlage  des 
menschen :  34  ipsa  enim  natura  drcumscriptione  quadam  verherum 
.  .  et  spirüu  quasi  necessitate  aliqua  verbarum  oamprehensio  femitfMk 
tur.    vgl.  de  or.  III  181  f.   or.  168.  172.  173.  177.  178.  183.  208. 
de  pari,  orat.  18,  auch  Quintil.  IX  4,  5  usw.  seine  befriedigung  findet 
dasselbe  zunächst  im  versus  der  dichter  (or.  66.  174),  es  bricht  aber 
hie  und  da  (worin  Quintilian  nicht  beistimmt  IX  4,  16),  schon  bei 
den  alten  Prosaschriftstellern  ans  tageslicht,  bis  endlich  der  mtmemSf 
obgleich  erst  spät  (or.  178.  183.  186),  auch  hier  seine  künstlerisdie 
gestaltung  und  Vollendung  findet  (171.  174  usw.),  und  weil  er,  wie 
Cic.  meint,   zunächst  einem  innem  unbewusten  (186  temere)  vor- 
gange im  menschen  seine  entstehung  verdankt,  so  bezeichnet  er  die* 
selbe  durch  fortuito  oder  casus  in  Verbindung  mit  oder  ohne  nahm 
als  eine  zufällige:  177  cum  ut  fit  fortuito  saepe  —  quod  casus  ^fu^ 
disset  cecidisse  iucunde  usw.  Br.  111  adiuvante  natura  tarnen  id 
quia  fortuito  fit  usw.    allein  niemals  ist  das  zweite  ohne  das  erste 
annehmbar,  eine  gegen  überstellung  daher  von  casus  und  naiuru  in 
der  art,  wie  sie  im  Or.  sich  bietet,  weder  möglich  noch  kann  von 


WFHedrich:  in  Oiceros  BratoB  und  Ontor.  145 

i  pUrwmque  oder  saept  (oder  noniiiiffi^iMim)  des  eineii  oder  des 
n  begrifi  hier  die  rede  sein,  erscheint  eb^  in  der  spräche  der 
Prosaiker  einmal  (51  quando  erat)  jene  riijthmische  abmndung 
itiaa,  so  ist  natura  das  antecedens,  eaans  das  accidens.  and  so 
B  ich  dass,  wie  im  Br.  casus  dem  natura  darch  gue  sich  onter- 
it«  so  im  Or.  dem  nebenbegrifife  easu  der  hauptbegriff  Madira 
durch  Hve  angefttgt  haben  wird,  femer,  wie  schon  gesagt  ist, 
irsache  von  der  entstehung  einer  solchen  periode  liegt  in  der 
Wichen  beanlagnng  des  menschen  zum  rhjrthmus  und  nur  in  ihr 
L,  was  soll  daher  das  plerumque?  das  si  quando  erat  und  tum  im 
owio  eine  stelle  aus  Quintilian  werden  uns  auf  die  ursprfingliche 
i  leiten,   also  nicht  eben  hftufig  gelang  den  alten  (Br.  ante  hune 

Or.  ab  (Hitiquis)  eine  derartige  klangvolle  periodisierung:  wer 
denn  diese  alten?  nun  Cic.  sagt  es  ja  selbst  ar.  186  Uaque 
iaius  ä  eadem  superiorque  aetas  usw.  220  üaque  si  quae  veteres 
•  Herodatum  dico  et  Thucydidem  tatamque  eam  aetatem  —  aple 
roseque  dixerunt  usw.   mit  bezugnahme  auf  diese  mftnner  aber 

wir  bei  Quintilian  IX  4, 16:  neqtte  enim  mihi  quamUbet  magnus 
r  Cicero  persuaserU^  Xjystan,  Herodotum,  Thucjfdiden  parum 
üos  eius  (numeri)  fuisse.  ich  meine  demnach  dasz  auch  an 
«r  stelle  wie  168  sed  parum  tumque  easu  sive  natura  zu 

•ein  wird.  —  Im  Br.  ist  zweifelhaft  die  lesart  quam^  vielleicht 
nonmumquam^  und  aut  unsicher  in  der  Überlieferung,  wenig- 
sagt Orelli :  ^nonnunquam  quam  aut]  varie  hie  turbant  codd. : 
er  cod.  Reg.  A  (et  B)  omnes  omittunt  quam,  post  R  rursus 
Sit  Lambinus.'  allein  Cic.  betont  es  ja  an  anderen  stellen  aus- 
dich ,  dasz  an  dieser  bei  den  alten  sich  findenden  periode  die 

keinen  an  teil  bat:  or.  183  esse  ergo  in  oratione  numerum  quen- 
non  est  difficHe  cognoscere.  iudicat  enim  sensus;  in  quo  imquum 
}aod  acddit  non  agnoscerCj  si  cur  id  acddat  reperire  nequeamus. 
%e  enim  ipse  versus  ratione  est  cognitus^  sed  natura  at^ 
sensuj  quem  dimensa  ratio  docuit  quid  acciderit.     186  eadem 

mumero  caruii  nisi  quando  temere  ac  fortuito.  es  kann  daher  von 
s  durch  diesen  comparativischen  satz  ausgedrückten  mehr-  oder 
ermasze  dieser  sich  hier  vielmehr  gegenüberstehenden  begriffe 
r0,  easu  und  ratio^  ohservatio  nicht  die  rede  sein,  zudem  würde 
ron  Lambin  gewünschte  sinn  auch  ohne  quam  erreicht  ganz 
K)  finden  wir  magis  und  non  sich  gegenübergestellt  de  or.l  30, 

man  nachlese  was  Sorof  sagt  ist  aber  nun  nicht  ratio  {obser- 
)  der  mit  natura  (easu)  verglichene  gegenständ,  wo  werden  wir 
tnden?  denn  magis  im  sinne  yon  potius  zu  fassen  verbietet  der 
;bgebrauch  (vgl.  Reisigs  vorles.  §  226).  die  Stellung  von  non 
apparebat  eam  dedita  opera  esse  quaesitam  führt  auf  das  richtige: 

so  im  satze  gestellt  ist  nicht  jegliche  artthtttigkeit  ausge- 
tfsen,  vielmehr  übt  der  mensch  in  seinem  dunkeln  dränge,  der 
treibt  dem  naturgesetze  zu  folgen ,  eine  solche  bei  der  periodi- 
ttg  der  rede  selbstthätig  mit  aus,  die  opera  ist  demnach  vorhan- 


146  WFriedricli :  zu  Giceros  Brutus  und  Oraior. 

den,  und  da  diese  tbätigkeit  in  ihm  eben  eine  unbewotta  ist,  so 
halte  ich  opera  für  den  an  natura  verglichenen  gegenatand,  woni 
aich  casuque  explicativ  anschlieszt.   aus  dem  bisher  gesagten  ergibt 
sich  dasz  in  unserm  satze  nannumguam  keine  stelle  mehr  finden 
kann,   zieht  man  es  zu  casu  und  übersetzt  'mehr  in  folge  der  natflr- 
liehen  anläge  und  bisweilen  durch  zufall',  so  sage  ich:  'dan  ndi 
rhythmische  abrund  ung  des  satzes  bei  den  alten  prosaikem  findeti 
ist  in  keiner  andern  Ursache  als  in  der  natürlichen  anläge  des  men- 
schen zum  rhythmus  begründet,  dafür  zeugen  die  oben  aageftUirtfli 
stellen  aus  unserm  Schriftsteller,  femer  der  umstand  dasa  Cic  trob 
unseres  nonnumguam  so  häufig  im  Verhältnis  zu  der  zahl  der  ateUn 
die  entstehung  dei*  periode  bei  den  alten  ohne  hinzu ffignagdai 
nach  seiner  auffassung  selbstverständlichen  natura  dem  eatua  Or 
schreibt,  und  zwar  an  stellen  wo  von  einem  solchen  casus  ansiflk 
«Hein  nicht  die  rede  sein  kann.'   hielte  man  an  dem  Lambinisehea 
quam  als  correlativer  conjunction  des  magis  fest  und  zöge  es  dna 
in  seiner  nachschleppenden  Stellung  zu  natura  und  casu  gleiok* 
mäszig ,  so  wäre  es  weiter  nichts  als  eine  Üble  Wiederholung  des  im 
Torausgehenden  satze  si  quando  erat  ausgesprochenen  gedankeai. 
auch  die  auffassung  Eberhards,  der  mit  beziehung  auf  111*  donh 
nonnumguam  den  gedanken  ausgedrückt  wissen  will,  dasz  die  gleidi- 
mäszige  Vollendung  gefehlt  habe,  erscheint  mir  aus  diesem  werte 
heraus  schwer  definierbar,  wenigstens  konnte  nonnumguam  dann,  ds 
durch  ihn  ein  neuer  gesichtspunct  eröffnet  wurde,  sich  dem  easuqiu 
nicht  so  nackt  anfügen,   kurz ,  zwei  fälle  der  entstehung  dieser  tot- 
derbnis  sind  denkbar,   entweder  nonnumguam  quam  entstand  dudi 
doppelschreibung  aus  numquam^  oder  die  zu  guando  beigeschriebeas 
glosse  nonnumguam  verlief  sich  vor  non  in  den  text  und  absorbierti 
dasselbe,  während  ein  abschreiber  das  folgende  guam  aus  dem  m- 
hergehenden  ergänzte,  um  zu  dem  misverstimdenen  magis  das  eondft* 
tivum  zu  gewinnen,   ich  werfe  demnach  die  werte  numquam  quam 
aus  und  lese  non  (ßuty  ratione  äligua  aut  ohservatione  fiebat. 

56,  186:  metapher,  wort-  und  satzbildung  sind  das  firtthersii 
der  rede,  der  numerus  dagegen  hat  keine  unmittelbare  verwaadi* 
Schaft  mit  dem  wort,  er  ist  erst  ein  späteres  und  zwar  in  seiner  toUp 
endung  ein  product  künstlericher  beobachtung:  numerus  andern  fMi 
domo  depromehatur  negue  hahebat  äliguam  necessitudmem  aui  cogm- 
tionem  cum  oratione  sagt  Cicero,  ist  die  lesart  von  Lambin  nad 
Victorius  domo  statt  des  hsl.  modo  richtig,  wie  wahrscheinlich,  so 
leitet  sie  auf  die  emendation  der  verderbten  stelle  im  folgend« 
satze:  itaque  serius  aliquante  notatur  et  cognitus  quasi  guandimpth 
laestram  et  extrema  lineamenta  orationi  attuUt.  man  hat  bei  Kfiaa- 
menta  an  die  umrisse  in  der  Zeichnung  gedacht  allein  wenn  andi 
Cic.  hie  und  da  vergleiche  aus  der  maierei  nimt,  zb.  §  65,  ao  wllrds 
doch  an  unserer  stelle  die  herbeiziehung  eines  solchen  ohne  nenBong 
des  verglichenen  gegenständes  kaum  verständlich  sein,  anderseits 
zwei  bilder  vermischt  werden,  die  von  einander  fem  abliegen, 


FRfihl:  Porda.  147 

k  ringidiiile  und  ei  gat  aber  kann  i       bei  U    s- 

«to  an  die  pei_._  jeiDst  < n    idefin^UIlb  I     s- 

Mto  mmU  p¥ikkriora  quam  eorpo     ,  und  le  cb     oi  i        zu- 

ebat  der  aoadrnck  paHaestra^  a      i«      doh  t      vergw     ne  ^r 
ad  TOB  aelbet  ergibt,  fsmer  <      ui  <        b  ■  in 

■  rlieloriadieB  Schriften  Cicer  naai     r  nn       ais         der 

!•  mit  dem  menschlichen  k0rper.  aer  1  iele  im  '  es  nicht, 
liiii  was  soll  dabei  exktma  bed         ?  die  i  sind 

m  «Bgeschnlten  kOrper  ebenso  gut  eigen  a<  |  ini'  •  nun 
hsB  unserm  satie  die  worte  ii      di       v(x  diei    *  seiost  hebt 

ü  im  eondosiTen  co^junction      <    m        a«      ach  ^  ich 

sa  dem  domo  gegensfttzliche  11        bei  2  ,1 

la  aotehe  enthilt  externa,  denn  wie  uiC  gym  tik  ei  als 
was  ftnsserliches  an  den  menschlichen  k0r]  1  intritc,  ihm 
f  90pi%^  fonn  und  geechmdc  igkeit  (228.  dear.ih  })  verleiht, 
iMe  in  den  achOngeschwung«  1  linien  des  ftusiern  zum  ans- 
•A  kommen,  im  gegensatz  zu  der  eckigen  erschdnung  des  dnd- 
■Cipoc  (229.  Quintil.  IX  4,  56),  die  kunst  Ton  auszen  her  die 
ipmüche  form,  eine  gäbe  der  natur,  Tcredelt:  so  gewinnt  auch 
m  anasen  her  die  rede  ihre  schöne  und  geschmddige  form  durch 
31  rh jthmua* 

MOHLHAuami  in  THOniafOBN.  Wilhslm  Fribdrioh. 


22. 

POECIA. 


Theodor  Mommsen  bat  im  Hermes  XV  s.  99  ff.  die  aufdeckung 
tendenziösen  geschichtsftlschung  unternommen,  welche  sich 
I  rtaiischen  republikaner  der  Augustischen  zeit  sollen  haben  zu 
Hilden  kommen  lassen,  es  bandelt  sich  um  nichts  geringeres  als 
1  den  nachwds,  dasz  Porcia,  die  gefeierte  gattin  des  M.  Brutus, 
^t  die  tochter  des  Cato  von  ütica  gewesen  sei ,  sondern  sdne 
iwesier,  und  dasz  sie  bereits  in  den  ftlnfzigem  gestanden,  ab  de 
k  mit  Brutus  vermählte,  der  beweis  stützt  d<^  im  wesentlichen 
f  eise  stelle  des  Appian,  welche  Porda  als  Kdruivoc  äb€X9f| 
0  vcurr^pou  bezeichnet,  und  auf  eine  chronologische  erOrterung, 
dehe  die  gewöhnliche  flberlieferung  als  unmöglich  darthun  soll, 
r  aloezen  zwar  auf  mancherlei  Seltsamkeiten  in  dem  aufsatze ,  wie 
>.  dan  Appian  aus  Pollio  schöpfen  und  die  rdne  tradition  bewahren, 
ler  doch  in  demselben  satze  ein  anderes  republikanisches  tendenz- 
Irehcn  erzählen  soll,  oder  dasz  Nikolaos  von  Damaskos  geschichten 
rtedten  soll^  die  von  der  anticaesarischen  partei  erfunden  worden 
tfen;  aber  dergleichen  sind  wir  jungem  längst  gewohnt  mitstum- 
ir  bewundemng  von  dem  altem  forscher  hinzunehmen,  was  wir 
er  nicht  bei  Mommsen  gewohnt  sind  ist  die  art  wie  er  diesmal  die 
ieDcn  aagesehe  hat.  es  erscheint  zwar  auffallend,  dasz  Appian, 
m  onseip  compendien  ftlr  höhere  tOchterschulen,  nur  zwd  Catone 


148  FBühl:  Porda. 

unterscheiden  soll ,  den  Censorius  und  den  üticensis ,  aber  wu  lagt 
er  denn  eigenüicb?  er  föngt  freilich  an  wie  Mommsen  citiert  (b.  ei?. 
IV  136)  TTopKia  f|  BpouTOu  jii^v  TV'vrj,  Kdruivoc  bt  äbcXqpfi  toG 
veiUT^pou,  aber  er  föhrt  auch  fort:  diT€(T€  djüKpoiv  dib€  äirotavdv- 
Tujv  diTuOcTO,  (puXaccojidvii  Trpöc  tu)V  oIkciuiv  ndvu  ^T^pank 
dcxdpoc  iTupöc  dvexOeioic   dpirdcaca  tCsv  dvOpdicuiv  Koräncv. 
und  unmittelbar  vorher  hat  er  erzählt  dasz  Brntns  und  Kdnuv  & 
KdTU)voc  (nemlich  des  üticensis  söhn)  bei  Philippi  gefidlen  wemL 
unsere  Überlieferung  ist  also  einstimmig  über  den  Titer  dat 
Porcia.   wir  haben  demnach  genau  zu  prüfen,  ob  die  daten,  wflUw 
ihre  richtigkeit  ausschlieszen  sollen,  wirklich  so  zwingend  sind,  m 
so  mehr  als  nach  einer  ausdrücklichen  angäbe  des  Plntarch  (Gri» 
minor  c.  1)  der  üticensis  nur  eine  einzige  Schwester  besan,  wilehi 
bekanntlich  an  L.  Domitius  Ahenobarbus  verheiratet  war.  MommsM 
argumentiert  so :  Porcia  hatte  aus  ihrer  ehe  mit  Bibulus  einen  loki, 
der  um  691  Boms  geboren  war,  folglich  fällt  ihre  eigne  gebarl  ^ 
testens  ins  jähr  673,  und  damals  stand  Cato,  der  659  geboren  warf, 
im  14n  lebensjahre.    leider  hat  sich  Mommsen  dabei  nicht  eriaiirti 
wie  früh  die  Römerinnen  zu  heiraten  pflegten  (vgl.  besonders  Fmd- 
länder  Sittengeschichte  I^  s.  549  ff.);  er  wird  bei  näherer  ttberlegaf 
zugeben,  dasz  wir  noch  ein  übriges  thun,  wenn  wir  Porcia  beider 
geburt  ihres  sohnes  15  jähre  alt  sein  lassen,   und  warom  ist  diegt- 
burt  des  jungem  Bibulus  um  691  zu  setzen?   weil  er  709  in  Atkii 
studierte,  sagt  Mommsen.   ob  er  das  wirklich  gethan  hat,  wissen  wir 
zwar  nicht,  Cicero  {ad  Att.  XII  32)  sagt  blosz  dasz  er  damals fO^ 
hatte  nach  Athen  zu  reisen,   aber  wie  dem  auch  sei ,  zu  denrtigei 
Studienreisen  brauchte  man  als  adlicher  Bdmer  noch  nicht  im  lli 
lebensjahre  zu  stehen,  man  entschlosz  sich  wol  auch  schon  im  Ite 
dazu,   den  Bibulus  aber  damals  so  jung  wie  mOglich  ansnndunm 
haben  wir  allen  grund ,  wenn  wir  bedenken  dasz  Platarch  (Brntsi 
c.  13)  ihn,  wie  Mommsen  meint,  beim  tode  seines  vaters  (TM),  «it 
nach  dem   Wortlaut  wahrscheinlicher,  bei  der  vennählong  ssinsr 
mutter  mit  Brutus  (709)  ein  iraibiov  |LiiKp6v  nennt*    wir  kiflMB 
damit  für  das  geburtsjabr  der  Porcia  etwa  auf  679,  und  es  süads 
nichts  im  wege  es  noch  später  anzusetzen,   die  chronologische  mOf^ 
lichkeit  dasz  Cato  von  ütica  ihr  vater  gewesen  sei  iSsst  siehalss 
nicht  wol  leugnen ,  auch  ohne  dasz  wir  gegen  die  Überliefemng  ?«■ 
dem  alter,  das  Cato  erreichte,  ähnliche  zweifei  geltend  zu  maohM 
brauchten,  wie  sie  Mommsen  bekanntlich  hinsichtlich  Caesars  fttr 
durchaus  statthaft  erklärt  hat.    bei  ihrer  Vermählung  mit  BmtBI 
wäre  demnach  Porcia  nicht  einige  fünfzig,  sondern  höchstens  dreisiig 
jähre  alt  gewesen,  womit  das  KÖpiiv  ciücav  lix  bei  Plutaroh  (Bnitos 
c.  13)  wol  übereinstimmt. 

*  das  zweite  kind  der  Porcia  von  Bibalas  (Plut.  Cato  minor  e.  S5, 
der  aber  Dicht  sagt  dasz  es  ein  knabe  gewesen  sei)  muss  nach  dieser 
stelle  zu  urteilen  vor  709  gestorben  sein. 

Königsberg.  Fbaxs  BOhl. 


BDombut:  in  Augutiiiiit  de  cWitiite  deL  148 

23. 

ZU  AUGUSTINUS  DE  CIVITATE  DEL 


,  1  in  qua  Joquendi  oonguetudine  faäum  est  ut  et  deus  ipse 
pms^  quem  sane  Oraeä  nuUo  euo  sermams  usu  €iic€!f^f\  vooant. 
bUheren  ausgaben  stand  euceßeiv  statt  eöceßf).  die  hss.  bie- 
0bef»;  dafür  schlug  Dübner  in  den  anmerkongen  seiner  ans- 
iCۧft  vor,  das  ich  aufnahm,  ich  that  dies  mit  unrecht,  die 
•  form  ist  €uc€ßf)v  (eöceßifiv?):  vgl.  Winer  neutest  sprach- 
(  9  amn.  3;  epist  Bom.  4,  5  dceßifjv  (so  Tischoidorf  nach 
pist  I  Clementis  14  dccßrtv  (so  cod.  AJez.,  w&hrend  die  neuem 
irichtig  dceßft  schreiben). 

,  11  . .  non  inpartune  neque  inoangrue  arbUrar  aeoidisH,  et» 
fmana  industria^  iudicio  fartasse  dwino^  ut  hoe  verbum  quod 
rUur*  in  Latina  lingua  nee  grammaHci  deeUnare  poiueritU  ea 
qua  cetera  iäUa  decUnantur.  namque  ab  eo  quod  est  *airitur*  fit 
praetenii  tempern  ^ertus  est* ,  et  siqua  sknUia  sunt^  per  tem- 
ueteriii  partieipia  decUnantur.  ab  eo  vero  quod  est  *moriiuir^  si 
MUS  praeterUi  temporis  verbum^  responderi  adsotet  ^morhims 
Utera  geminata,  sie  enim  dieitur  mortuus^  quo  modo 
r,  arduus,  conepieuus  et  si  quasknUia^  quae  non  sunt 
H  temporis,  sed,  quoniam  non^na  sunt,  sine  tempore  dedmam- 
)sd  autem,  quasi  ut  decUnetur,  quod  dedinari  nonpotest^  pro 
•0  praeterUi  temporis  ponitur  nomen,  in  der  aufstthlung  der 
anf  'Uus  findet  sich  in  dem  ftlr  die  mittlem  bücher  masz- 
en  Veronensis  (6s — Ts  jh.)  Carduus  nach  arduus  eingefügt, 
im  anstand  dasselbe  in  den  tezt  zu  setzen ,  weil  mir  der  zu- 
ihang  eine  reihe  von  adjectiven  zu  erfordern  schien,  ich 
3  mir  die  entstehung  des  Carduus  durch  eine  dittographie  von 
mit  hinzunahme  des  anfangsconsonanten  c  vom  nttchsten 
dasz  aber  auch  hier  die  lesart  des  Veron.  völlig  richtig  sei, 
iberzeugt  mich  eine  andere  stelle  des  Augustinus  (gramm.  lat. 
.  V  s.  520,  28),  auf  welche  mich  JNOtts  treffliche  recension 
wes  Prodromus  (jahrb.  1878  s.  421)  aufmerksam  machte, 
isxtes:  faiuus  ingenuus  arduus  Carduus  exiguusbf^^M,  ut 
Uxä,  et  talia. 

;,  23  (I  Cor.  15,  47—49)  primus  hämo  de  terra  terrenus,  se- 
hämo  de  cado.  qualis  terrenus,  totes  ä  terreni;  quaUUs  cadestis, 
cadestes,  et  quo  modo  induimus  imaginem  terreni,  induamus 
«nein  dus  qui  de  cado  est.  so  lautet  dieses  apostolische  dtat 
einer  zweiten  aufläge;  die  erste  hatte:  secundushomo  de  cado 
s].  LZiegler  stellt  in  seinen  Italafragmenten  s.  27  die  for- 
D  welchen  sich  das  obige  citat  bei  Capreolus,  Augustinus  ep. 
i  und  im  Amiatinus  findet,  zum  vergleich  nebeneinander,  zu 
tat  Augustins  aber  bemerkt  er  unter  dem  texte  bei  cadestis : 
e  civit.  dei ,  wo  caelestis  von  Dombart  ohne  grund  verworfen 


150  BDombart:  zu  AugustiiiUB  de  ciTitate  äeL 

wird.'  ein  so  kurzer,  bestimmter  satz  ohne  angäbe  der  nlhem  nm^ 
stände  macht  dem  leser  den  eindruck  der  nnwiderlegliehkeit  und 
unumstöszlichen  gewisheit.  sehen  wir  zu,  ob  dieser  eindrack  hier  der 
Wirklichkeit  entspricht. 

Zunächst  hätte  erwähnt  werden  sollen ,  daez  das  gleiche  citat 
abgesehen  von  andern  stellen  Augustins  sich  in  der  oiTiiaa  dei  aelbat 
noch  zweimal  findet,  nemlich  13,  24  und  18,  11.    auch  an  dieeea 
beiden  stellen  hatte  ich  cadestis  eingeklammert,   ttber  bereofatigaiig 
oder  nichtberechtigung  dieses  verfiE^rens  musten  natflrlieh  mniehst 
die  hss.  entscheiden,   da  stand  es  nun  auf  den  ersten  blick  achlima 
für  mich:  denn  13,  23  sprach  für  die  weglassung  dea  eadutu  keiM 
der  hsl.  autoritäten  die  mir  damals  zur  Verfügung  standen;  18,  84 
fehlt  cadestis  in  F,  während  A  es  hat;  dagegen  fehlt  es  an  der  dritt« 
stelle  18,  11  nicht  nur  in  den  beiden  besten  Pariser  haa.  eg,  iOB- 
dem  auch  in  der  besten  der  von  mir  für  die  erste  anagabe  nr 
glichenen,  dem  R,  der  an  den  ersten  beiden  stellen  nicht 
werden  konnte,  weil  er  nur  die  letzten  acht  bttcher  enthilt. 
ist  es  bekannt  und  von  Ziegler  selbst  wiederholt  hervorgehobeii 
dasz  vulgatalesarten  in  Jüngern  hss.  oft  an  stelle  der  ftlteni  M» 
Übersetzung  getreten  sind,    dies  ist  auch  bei  A  der  fall  (vgl.  a.  VIJU 
der  praefatio  meiner  neuen  ausgäbe);  nicht  aber,  oder  wenigttflu 
äuszerst  selten,  bei  B.   da  nun  dessen  autorität  18,  11  durch  eggt* 
stützt  wurde  und  13,  24  auch  F  cadestis  wegläszt,  so  schien  mir  &- 
ses  auch  13,  23  verdächtig,   dazu  kamen  aber  noch  weitere  gewioh* 
tige  thatsachen.   das  dem  cadestis  entsprechende  oöpdvtoc  fehU  im 
Sinaiticus  und  Vaticanus;  auch  der  Amiatinus  hat  es  nicht  (dag^jsa 
steht  es  im  Fuldensis).   endlich  fehlt  es  bei  TertuUian  und  CjpriiB, 
bei  dem  erstem  an  drei ,  bei  dem  letztem  an  vier  stellen  nach  doi 
besten  hss.   sehr  instructiv  für  unsem  fall  ist  es,  dasz  an  einer  dv 
CTprianstellen  (de  zelo  et  livore  14)  der  interpolierte  M  die  Variante 
caelestis  hat.    nach  dieser  läge  der  dinge  war  es  gewis  nicht  *<diiie 
grund'  geschehen,  wenn  ich  cadestis  einklammerte. 

Aber  vielleicht  konnte  man  es  wenigstens  für  zu  kühn  haiton, 
wenn  ich  dies  auch  13,  23  that,  wo  mir  gar  keine  hsl.  autoritiU  nr 
Seite  stand,  doch  das  glück  war  diesmal  der  kühnheit  hold,  als  idi 
die  bemerkung  bei  Ziegler  ao.  las,  hatte  ich  bereits  die  collation  des 
Veronensis  in  bänden,  derselbe  gehört  mindestens  dem  sieben- 
ten jh.  an,  und  in  ihm  findet  sich  keine  spur  einer  interpolation«  ieh 
kann  nicht  leugnen  dasz  ich  neben  dem  vergnügen  eine  eigene  Ver- 
mutung bestätigt  zu  sehen  auch  einige  Schadenfreude  hatte,  als  ich 
fand  dasz  in  dieser  ehrwürdigen  hs.  auch  13,  23  und  13,  24  das 
cadestis  fehle  (das  18e  buch  findet  sich  in  dieser  hs.  nicht  mdir). 
so  strich  ich  es  denn  an  allen  drei  stellen  im  texte  und  begründete 
dies  durch  die  hinweisung  auf  die  hsl.  lesarten.  von  Zieglers  ana- 
stellung  schwieg  ich  in  der  Voraussetzung,  dasz  ein  einziger  blick  in 
die  neue  ausgäbe  ihn  von  seinem  irrtum  gründlich  heilen  werde,  um 
so  mehr  war  ich  überrascht,  als  ich  in  seiner  neusten  achrift  % 


BDombtri:  sa  AQgaflinni  de  dvitate  dei«  151 

kt  bibelflbem  ogen  vor  Hieronymns'  8.  47  folgende  bemerkong 
Im:  ^eaduüi m  i  de  cado  hat  Dombart  an  obiger  stelle  sowie  13,  24 
■■d  18,  11  ohne  ausreichenden  gnmd  (!)  in  klammer  gesetzt  (so)/ 
anbBgs  glaubte  ich.  Ziegler  habe  meine  neae  aasgabe  gar  nicht  an- 
geachen:  dann  in  der  ersten  hatte  ich  das  wort  in  klammer  ge- 
atlst,  in  der  sweiten  steht  es  im  texte  gar  nicht,  doch  ans  an» 
dvB  stellen  ersah  ich  dasz  er  die  zweite  ausgäbe  auch  kennt  wie 
bsgriliidet  er  nun  seine  behauptung?  ^dasselbe'  {eadestia)  so  fthri 
m  fort  'steht  nicht  nur  an  den  purallelstellen  bei  Aug.,  sondern 
sadk  b«i  Capreolns  von  Karthago,  der  denselben  bibeltezt  benützt 
kift;  Tg^.  meine  Italafragmente  der  Paulinischen  briefe  s.  27.  vgl. 
weh  &,  oöpavoö  6  oöpdvioc  FO.'  um  den  letzten  punct  richtig  za 
vlrd]g«n,  muss  man  wissen  dasz  F  und  G  sehr  nahe  verwandt  sind 
ttd  Anr  ab  4in  zeuge  gelten  kennen,  und  dasz  der  sonst  mit  ihnen 
&  KOtvfi  &bocic  repräsentierende  Claromontanus,  mit  dem  der 
Kbdtext  Augnstins  wie  überhaupt  der  alten  lat  Übersetzungen  so 
vial&cii  stimmt,  hier  von  F6  abweicht  und  mit  Sin.  Vat  Alex,  und 
%kraaii.  zusammengeht  doch  freilich  eadestia  findet  sich  ja  anck 
'iB  den  parallelstellen  bei  Augustin'  und  'bei  Capreolus*.  es  ist 
riaa  d«r  eigentümlichkeiten  Zieglers ,  welche  der  klttrung  dieser 
Khwiengen  fingen  nicht  eben  fOrderlidi  ist,  dasz  er  den  begriff  der 
bSKiMidentitftt  bezüglich  der  alten  lat  bibelübersetzungen  übertreibt, 
se  «Ulrt  er  auch  den  text  der  Freisinger  fragmente  ftr  identisch 
mit  dem  Augustins.  richtig  ist  dasz  der  bibeltext  des  Capreolus  und 
dar  Freisinger  fragmente  dem  Augustins  sehr  nahe  verwandt  ist; 
Biber  verwandt  sogar  als  irgend  ein  anderer,  von  einer  identit&t 
im  eigentlichen  sinne  kann  aber  schon  deshalb  nicht  die  rede  sein, 
weil  sogar  die  citate  bei  Augustin  selbst  oft  in  auffallender  weise 
differieren,  um  dies  zu  belegen  will  ich  bei  unserm  citat  bleiben. 
nach  Aug.  ep.  205,  12  lautet  es  so:  primus  hämo  de  terra  terrenus^ 
ieeumd%is  komo  de  caelo  caelesiis.  quaUs  terrenus,  tcdes  et  terreniy 
et  qualis  caelesiis,  idUs  et  cadestes.  sicut  portavimus  imaginem 
krrem,  portemus  et  imoffinem  eius  qui  de  caelo  est.  dagegen  nach 
dv.  dei  13, 23 :  primus  homo  de  terra  terrenuSy  secundus  Jiomo  de  cado. 
pMs  terrenuSy  tales  et  terreni\  qualis  cadestiSy  tales  et  cadestes.  et 
quo  modo  induimus  imaginem  terrenij  induamus  d  imaginem 
em$  qui  de  cado  est.  wir  sehen  wie  wesentlich ,  abgesehen  von  cae- 
letiis^  hier  die  abweichungen  sind,   es  sind  folgende: 

ep.  205,  12  civ.  dei  13,  23 

d  qualis  qualis 

sicut  portavimus  d  quomodo  induimus 

portemus  induamus 

über  dieses  itir  unsere  stelle  höchst  wichtige  Verhältnis  bleibt  aller- 
dings völlig  im  unklaren,  wer  nur  das  kennt,  was  Ziegler  in  seinen 
lulafiragmenten  s.  27  bietet  dort  steht  nemlich  nur  bei  sicut  die 
bonerkung:  'dagegen  quomodo  de  civ.  dei  13,  23.'   von  dem  vorher- 


152  BDombart:  zu  Augastinus  de  civitate  dei. 

gehenden  et,  welches  an  der  andern  stelle  fehlt,  und  dem  nachfolgen- 
den induimus  statt  portavimus ,  von  dem  vor  qualis  weggelassenen 
et  \  von  induamiis  statt  portemus  sagt  er  kein  wort,   es  war  dies  um 
so  unvorsichtiger,  da  er  sich  dem  schein  aussetzte,  als  habe  er  that- 
sachen  verhüllen  wollen ,  die  mit  seiner  identitätstheorie  schwer  la 
vereinbaren  waren,   bei  seiner  neigung  biblische  stereotjptexte  her- 
zustellen ist  es  übrigens  nicht  unmöglich ,  dasz  er  an  unserer  stelle 
am  ende  auch  diese  differenzen  durch  einen  gewaltact  beseitigen  will, 
dem  steht  aber  im  wege,  dasz  auch  in  Augustins  werk  de  genesi  ad 
litteram  6, 19  der  wichtigere  teil  derselben  wiederkehrt,  dort  heisxt 
es :  primus  hämo  de  terra  terrenuSy  secundus  ?u>mo  de  caelo  caelesiis, 
qualis  terrenusy  täles  et  terreni,  et  qualis  cadestis,  taUs  et  cadestes, 
et  quomodo  induimus  imagmem  terreni,  induamur  (?)  et  tmo^ 
nem  eins  qui  de  caelo  est.    hier  haben  wir  freilich ,  wie  an  anden 
parallel  stellen  Augustins,  cadestis.*  wie  kann  man  aber  beidemb]^ 
herigen  zustand  der  texte  darauf  gewicht  legen  ?   Tor  allem  gilt  es, 
wenn  die  schwierigen  fragen  über  die  ältesten  lat  bibelübersetsongn 
gelöst  werden  sollen,  handschriftlich  gesicherte  texte  herzustelkB. 
wie  grosze  änderungen  dabei  gerade  in  den  bibelcitaten  notwendig 
werden ,  das  geht  wol  für  einen  unbefangenen  am  klarsten  aus  dem 
umstand  hervor,  dasz  in  dem  von  uns  behandelten  citat  die  frflhenn 
ausgaben  der  civitas  dei  dreimal  cadestis  bieten  (ohne  zweifei  nadi 
der  spätem  vulgata),  während  es  an  diesen  drei  stellen  in  den  besten 
hss.  fehlt,  dasz  ich  es  also  nicht  *ohne  grund'  oder  'ohne  ausreichen« 
den  gprund'  verworfen  habe,  wird  nach  dem  gesagten  einleuchten. 

Ich  bedaure  wegen  eines  einzigen  wertes  zu  einer  so  langen 
erörterung  genötigt  worden  zu  sein,  tröste  mich  aber  damit,  dasz  sioh 
daraus  vielleicht  manches  für  die  behandlung  der  bibelcitatebeiden 
lat.  kirchenvätem  abnehmen  läszt. 


*  dieses  et  steht  allerdings  bei  Ang.  civ.  13,  24.  '  doch  fehlt  w 
nn  einer  stelle  iu  den  sermoDen,  wovon  Ziegler  keine  notiz  nimt,  obwol 
schon  Sabatier  darauf  hingewiesen  hat. 

Erlangen.  Bernhard  Dombabt. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

hkbausqeT^sbkn  von  Alfbed  Fleckeisxn. 


24. 

BHENDATIONUM  ABISTOPHANE/LBUM  DECAS  ÜNDECIHA 

ET  DUODSGIMA. 

(cf.  aanmlei  1876  p.  83—48.  1877  p.  289—818.   1878  p.  87—119.  687—686. 

1879  p.  821-84d.) 


CI.  Achamenaiam  25 

oäb'  o\  irpurdvcic  {(kouciv,  dXX'  duipiav 

fiKOVT€c,  cTra  b*  ibcnoCvrai  iriSic  6ok€ic 

tt  iXOövT€€  äXXnXoici  irepl  irpiirrou  SOXou, 

fiOpoi  Kcrrapp^ovTec' 

•nustris  avibuB,  si  quid  rideo,  hunc  quidem  locmn  aggressoa  est 

OEtchnuumos  in  coniect.  obseryationainqae  Aristophanearom  speci* 

ftiae  primo  ceteroqnin  landabüi  scripto  diligeniia  p.  5  sq.,  quattuor 

eoBiectnris  locom  infestans,  quarum  tres  sunt  minime  necessariae, 

^Qirta  antem  loco  sane  vitioso  parum  dextre  medetur.  primom  enim 

ftoa  intellego  cur  participiom  f^KOVT€C,  cui  proxime  anteoedat  f|KOU- 

ctv,  d  diiplicuerit.   nam  com  Dicaeopolis  questos  prytanes  nondam 

ideue  ad  ordiendam  contionem ,  animo  sibi  finxerit  qaid  fiat  si  tan« 

dem  prytanes  adsint,  quidni  eodem  quo  in  prima  enuntiationis  parte 

vtrbo  i^KCiv  usus  sit,  sed  novum  adbibere  debueht  äuipiav  dX6övT€C? 

iciade  Bachmannus  cTO'  oYbe  scribendom  censebat  idque  maiore 

etiam  fiducia  proposuit  duabns  de  caosis,  qaoniam  Soidas  11  p.  1293 

iialMat  oib'  uiCTioOvTai,  et  qaoniam  Aristophanes  post  participiom 

eoBtUnter  intolerit  ilia  (£iT€iTa),  nusquam  elra  bL    at  Soidas, 

quem  meliores  qoam  nostri  sant  Aristopbanis  Codices  haboisse  nemo 

tffirmare  Teilt,  poetae  locum  talem  ascripait:  otb'  dicnoCvrai  injuc 

bOKCic,  ircpl  ToG  irpuiTOu  EuXou,  quo  docuit  locom  in  brevios  contra- 

bere  se  volaisse  effecitqoe  ot  parom  dignos  esset  fide.   quod  autem 

BacbmannoB  ad  Aristopbanis  consoetodinem  provocat,  qois  non 

landet  eins  in  constipandis  locis  Aristophaneis  operosam  diligentiam, 

IsUrMrber  flr  cUt«.  philol.  1880  hfl.  3.  11 


154  OSclineider:  emendationeB  AriBtophaneMi 

modo  ubique  accedat  accurata  disqnisitio  sitne  aliquid  oasa  fiusbim 
an  ratione.  ratio  autem  non  improbat  hie  poni  particolam  b^  quam 
post  nominativum  absolutum  positam  etiam  Pluti  v.  278  habränt : 
iv  ifji  copiii  vuvi  Xaxöv  tö  yp&yiyiOL  cou  biKdZeiv,  |  cu  b*  od  ßabiZctc; 
et  saepius  post  genetivum  absolatum  vel  in  pedestri  oratione  l^gimus, 
de  quo  vide  Maetznerom  ad  Antiph.  p.  136.  et  Bachmannns  ri  oob* 
cessit  saepius  dici  K&ra  pro  cTra  simplici  per  anacoluibiam  qoandam, 
cur  anacoluthia  xai  excuset  additum,  bi  non  excnset?  et  aaaeo- 
luthiam  docet  etiam  i^KOvreC,  quod  ita  positum  est  ac  ü  dieen 
voluerit  f^KOvrec  iroirjccuciv  ujctc  ubcTioCvrai.  ac  nulla  foit  caun 
cur  interrupta  per  prytanum  memoriam  narratione  Dicaeopolis  in- 
dicaret  ad  demotarum  suorum  memoriam  se  redire.  nam  ipsa  quiboi 
utitur  verba  manifesto  hoc  docent,  ut  ne  levissima  qoidem  novi  suIh 
iecti  mentione  opus  fuerit.  tum  Bachmannus  part.  £X06vT€C  aptoa 
esse  negat,  eademque  mea  quoque  iam  dndum  fiiit  sententia,  nt  foit 
etiam  BSdmiidtii  sententia  musei  Ehen.  t.  XXXIV  (1879)  p.  107, 
item  MHauptii  opusc.  m  p.  543.  et  me  quidem  semper  male  habebit 
quod  sentiebam  vocem  ^6ÖVT€C  plane  otiosam  esse,  nam  qnonam 
tandem  venerint  ?  num  in  forum  ?  at  ibi  iam  yersantea  eo8  Dicaeo- 
polis  finzit  V.  21  —  an  in  ipsam  contionem?  at  ita  non  dX6övt€C 
dicendum  erat,  sed  dpxö|Li€VOi,  ut  recte  de  eadem  re  statim  dicitnr 
äOpoi  Karapp^cvTec  praesentis  participio,  iuxta  quod  nuUus  nsns  est 
participii  £X6ÖVT€C.  hinc  iam  diu  est  ex  quo  Aristophanem  scripsitse 
mihi  persuasi 

uiCTicOvrai  ttuic  boKCic 
^6ovT€C  dXXrjXoici  ircpl  irptbrou  EuXou. 
probe  quidem  scio  Atticum  esse  non  £8€iv,  sed  €iui6^vai,  vemm 
illud  puto  Aristophanem  sumpsisse  ex  Homeri  IT  260  cqMliKCCCiV 
toiKÖTCc  äex^ovTO  eivobioic,  oOc  naibec  ^pib^aivouav  CdovTfC 
(adde  I  540),  ut  alia  quoque  vocabula  ex  Homero  Aristophanet  ii 
usum  suum  convertebat,  ut  bcbicKOjiiai  Lys.  564.   atque  hoo  ncoa 
£6ovT€C  etiam  nunc  teneo,  postquam  cognovi  BSohmidtinm  L  L 
coniecisse  &  tt  a  v  T  €  c  dXXrjXoici  —  quod  certe  aliquid  commendatioBis 
habet  ex  v.  42,  ubi  eandem  sententiam  Dicaeopolis  protolit  (cic  Tf|V 
7rpoebp(av  irdc  dvr)p  (bcriZcTai)  —  aut  Bachmannum  commendm 
ut  legatur  ^Xkovt€C,  quod  parum  firmatur  locis  a  Baohmaano  allaftii 
Av.  365.  Lys.  459.  Pluti  955  aliis.    quis  enim  sibi  fingat  animo  de- 
motas,  qui  in  id  solum  intenti  erant  ut  sedem  aptissimam  qnaaiodus 
sibi  caperent,  moram  facere  voluisse  manus  sibi  invicem  inidentasf 
sed  yeri  similem  correctionem  yocis  cormptae  nondnm  se  inTcniise 
Hauptius  1. 1.  professus  reiecit  oblatam  sibi  ab  auditore  aliquo  loo 
dvoxXoOvTCC.    postremo  Bachmannus  probavit  irepl  toO  irpdrrou 
EuXou    a  Suida  subministratum ,    cuius  hie  subleetam  fidem  mm 
monuimus.  ac  Suidae  tum  quidem  immemor  Meinekios  quoque  Vind. 
p.  2  articulum  addendum  censebat,  quod  aliter  fieri  non  potait  nisi 
dXXrjXoici   mutato   in   dXXrjXoic.    tametsi   autem  Meinekio  etiam 
Hauptius  1.  1«  assensus  est,  nego  tamen  necessarium  artionlam 


OScImeider:  emendationee  Amtophaneae.  165 

fttqiie  eo  quidem  illam  finnari,  quod  Dicaeopolis  v.  42  habet  eic  ii\y 
npO€bpiav.  Aam  irpurra  EuXa  plura  sunt,  si  quidem  o\  dvoßaO^oi 
ui  plnret  partes  vel  ibdiXux  (cf.  Pollux  IV  121,  ubi  additur  £bui- 
Xi^^Civ  TÖ  €UTKa6U[€iv)  diyidont,  onde  perspicitor  vel  in  primo  or- 
dine  ploirn  foiase  EuXa  sive  scamna.  at  Trpo€bp(a  una  est  eorumque 
OBUÜom  qoi  in  ono  aliquo  primi  ordinis  £üX(|i  sedent.  onde  patet 
oor  hnic  qoidem  nomini  articulus  accedere  potuerit. 

üna  igitor  correcta  voce  iX6öVT€C  in  £6ovt€C  reliqua  omnia 
potamoB  recte  habere  nee  opus  esse  aliis  viroram  doctorum  con- 
iectoris,  velnt  BSchmidtii  1. 1.  temptantis  ▼.  23  dudpioi  (etsi  duipiav 
optime  Tindicavit  Dindorfius  in  ed.  Oxon.),  Hauptii  1. 1.  qoi  v.  24 
•eribere  malebat  i^KOUciv,  eha  b*  uicnoOvrai,  Dobraei  ibidem  corri- 
giBtis  cIto  biuicnoCvTat,  quod  Meinekius  probabat,  WBibbeckii 
Ar.  Aeham.  p.  103  qoi  yel  inter  ▼.  23  et  24  vel  post  f|KOVT€C  v.  24 
lacDnam  statuebat  esse,  nam  mihi  rectissime  prooedere  sententia 
videtor,  qoae  talis  est: 

die  prjtan«n  sind  aaoh  nicht  da;  doch  sind  sie  verspätet  da, 
daan  aber  werden  sie  drüngen  and  stosseD,  wer  weiss  wie  sehr, 
einander  hin  sn  *oer  ersten  baok,  wie  es  ihre  art, 
in  wirrem  sehwarm  anströmend. 

CII.  Thesmophoriazusarum  24 

TTÜuc  &v  oiüv 
irpdc  TOic  dyaOoic  toutoiciv  iieipoi^*  önuic 
£ti  irpoc^dOoi^i  xuiXdc  elvai  tui  ck^Xt)  ; 
Thesmophoriazusarum  unus  hodie  superstes  fons  est^  codex  Bavennas. 
nam  codicem  Urbinatem,  ex  quo  Thesmophoriazusas  una  cum  Lysi- 
sünata  primum  edidisse  se  in  luntina  altera  Bemardus  lunta  memoriae 
prodidit,  a  Bavennate  non  diversum  esse  liquide  demonstravit  Vel- 
ttnua  'aber  den  codex  Urbinas  des  Aristophanes',  et  ex  Bavennate 
soeoratiasime  descriptus  est  Monacensis  n.  492.  quo  maior  reverentia 
debetnr  Bavennati,  qui  hoc  loco  habet  in  altero  versu  £ti  Trpoc- 
pdBoi  fi^  x^^öc  elvai  Tvb  c%{kr\^  in  illud  quod  nunc  editur  mutatum 
a  Dindorfio  in  ed.  a.  1830  et  a  Wellauero  probantibus  praeter 
Fritxachium  editoribus  qui  postea  fuerunt,  etiam  Velseno.  quod  si 
deüaiigatns  errando  Mnesilochus  ab  Euripide,  multa  habere  se  dioente 
digna  scitu,  hoc  quoque  petit  ut  discat,  quo  modo  sit  pedibus  clau- 
dnt ,  hoc  plane  absurdum  esset  vel  tum ,  si  additum  esset  (quod  non 
est  additum  nee  ullo  tamen  modo  sileri  potuit)  putare  Mnesilochum 
etiam  claudum  se  coactum  iri  Euripidem  comitari.  sed  etiam  irpoc- 
lioBoi  ^i\  xu>Xöc  elvai,  ut  Bavennas  habet,  aperte  falsum  est,  quoniam 
de  ae  ipso  loquitur  Mnesilochus.  hoc  qui  ita  correxerunt  ut  iTpoc- 
MdOui  scriberent,  velut  Brunckius  et  Fritzschius,  parum  tribuebant 
codicis  auctoritati,  cuius  sequenti  paulo  pressius  vestigia  sine  dubio 
locus  ita  censebitur  in  integrum  i*estituendu8  esse : 

Ö1TUJC 

fxi  Trpoc^äOoiv  ^i\  xuiXöc  elvai  Tib  cKi\r]\ 


156  OSchneider:  emendationeB  Aristophaneae. 

fugit  omnes  rarior  optativi  forma  jiidOoiv  (pro  ^dOoi^i),  quaiui  enat 
Cratinus  in  Drapet.  fr.  VI  ouk  fiv  djiidpTOiv,  et  EuripideB  fr.  896  N. 
ei  Tp^90iv  Td  tiüv  ixikac ,  nuperrime  illa  a  nonnnllis  reatiiata  aliis 
alibi  atque  vel  ipsi  Homero :  cf.  quae  diiimus  in  Callim.  toL  II  p.  513. 
admodum  autem  memorabile  Bavennatis  est  scribendi  geniu  irpoc- 
jidOoi  *  |Lif| ,  ubi  quod  interpositum  est  punctum  cum  non  poitii 
Signum  interpunctionis ,  eo  librarius  defectum  unins  litterae  i 
voluisse  videtur.  quamquam  nescio  quid  significare  Toluerit  t.  77 
diTÖXuiX'  -  EupiiriÖTic ,  v.  88  rpaTipöobibdcKaXov  *  £k  6€C|Lioq>6potv, 
y.  98  jLieXiubeiv-  dv  irapacKeudZerai  et  alibi. 

Haec  dudum  scripseram,  cum  affertur  Blaydesii  editio  Thei« 
mophoriazusarum,  quae  Halis  Saxonum  prodiit  ex  librario  OrpbaiMH 
trophei,  ut  omnium  Aristopbanis  comoediarum  editionem  i«m- 
nuntiaret.  quasi  vero  Anglo  homine  opus  esset  nobis  (JermaniSf  qoi- 
bus  in  ipsa  patria  pararetur  nova  editio,  nee  baberemns  Timm  ezimie 
idoneum  ad  illud  negotium  faciendum.  atque  Velseni  nostratif  m 
nomen  quidem  cognovisse  videtur,  cuius  iam  ante  duos  hos  annoi 
Thesmopboriazusarum  editio  prodiit  et  vel  ante  annos  deoem  editio 
£quitum ,  quam  tamquam  promulsidem  novae  AristophaaiB  reoei- 
sionis  esse  volebat.  itaque  certe  non  vitio  vertet  nobis  Blaydesioi, 
quod  de  Velseno  ei  narravimus. 

CHI.  Thesmopboriazusarum  289 

KQi  TÖv  0uTaT€poc  xoTpov  dvbpöc  jLtoi  TuxcTv 
itXoutoOvtoc,  äXXu)c  b'  i^Xi6(ou  KdßeXr^pou , 
Kai  TTOcOaXicKOv  voOv  ^x^iv  jiioi  Kai  9p^vac. 
in  Bavennaie  est  Kai  Tf)V  Oirrar^pa  xoipov,  ab  uno  seryatomfieigkio, 
qui  nihil   tamen  monuit  quo  illud  interpretaretur.    reliqai  antttn 
critici  praeter  BThierschium ,  Fritzschium ,  Engerum  iure  sibi  vide- 
bantur  pro  OuT^tT^pot  genetivum  restituisse  alius  aliud  commendaBi. 
quorum  conamina  recensuit  Engerus,  post  quem  Meinekios  ToO 
Ourarpiou  xoipov  edidit,  Kockius  autem  Verosim.  p.  221  iffc  Oirpi- 
Tpöc  TÖV  xoipov,  Velsenus  töv  OirraTpiou  xoTpov,  nnperrime  Bl^ 
desius,  etsi  codicis  scripturam  retinuit,  tamen  vel  tres  protnlit  eon- 
iecturas:  Kai  xoipCov  (vel  xoipCbiov)  Tfiv  Ourcnr^p*  —  auticaltjjv 
^^f|V  xoipibiov  —  aut  Kai  ti?|V  0uTaT^pa  xoipibiov  dvbpdc  Tuxciv, 
quorum  nihil  probabile.    verum  enim  vero  istius  modi  emendatiow 
ex  eo  emendationum  genere  mihi  videntur  esse,  quae  &oiliorea  Bont 
quam  probabiliores.  quis  enim  hoc  loco  scriba  umquam  tam  inaipidus 
fuerit,  ut  genetivum  mutaret  in  accusatiyum?    hunc  igitur  OMum 
iure  putabimus  ab  ipso  Aristophane  profectum  esse,  vitinm  antam 
latere  in  xoTpov.  quo  concesso  statim  prodibit  facilis  loci  emendatio: 
Kai  Tf|v  GuyaT^p'  eöxoipov  dvbpöc  jüioi  tuxciv, 

mag  meine  tochter  kriegen  als  Schönheit  ^nen  ehemann, 
der  reich  und  sonst  ein  dummcrjahn  und  pintel  ist. 

quam  nemo  nimis  violentam  mutationem  appellabit,  qui  a  et  €U  saepe 
confusa  esse  meminerit,  de  quo  identidem  in  comm.  palaeogr.  Bastius 


OSchneider:  emendationeB  Arisiophaneae.  157 

admoBuitf  inprimis  p.  706.  ita  autem  simul  recuperabimus  vocem 
qomm  aeque  qoia  deaideraverit  nam  pulch ram  demum  snam  filiam 
mantnm  diTitem  facile  inventuraxn  esse  sperare  Mnesilocho  licait. 
pülchram  igitar  filiam  esse  nt  indicet,  non  appellat  euTTpöcturrov  vel 
cAcoXiTOV  vel  in  universnm  koXiiv,  sed  eöxoipov,  qaod  cum  re  quam 
isdiemtams  est  coninnctissimum  esse  patet.  ne  quis  autem  miretur 
a  me  restitui  vocem  cuius  alibi  nnllum  vestigium,  nolim  obliviscatur 
hoius  modi  adiectiva ,  quae  ex  coninnctis  voce  eO  et  substantivo  ali- 
quo  orta  sunt,  usitatissima  Graecis  fuisse.  nam  ut  simillima  tantum 
afferam ,  quae  et  ipsa  sunt  a  nominibus  partium  corporis  compoeita, 
saÜB  mnnita  habemus  eörXuiTTOC  eJhcvTDiioc  (euKvrjiiiic)  eÖKoXTroc 
€<i|iTtf>oc  €uöq)6aX)Lioc  euTrpöcturroc  eäidXevoc,  quibus  usi  sunt  scrip- 
tores  antiqui  et  probi,  partim  ipse  Aristopbanes  (cCtXuittoc  €U- 
trpöcunroc) ,  qui  etiam  ex  di versis  generibus  alia  habet  cum  aliis : 
dS^coc  cÖK^ctboc  eCicuKXoc  efiXupoc  eöjiioucoc  cCorrXoc  eÖTrrepoc 
cfiqnmoc  cCqMuvoc  eiixpouc,  ne  dicam  de  pervulgatissimis  istis  €Ö- 
Xoit>c  cCpuOiLioc  €Öq)pu)V.  quidni  igitur  Aristophani  licuerit  eu- 
XOipoc  vel  ad  tempus  fingere?  at  fortasse  alicunde  coniecturae 
BOttTBe  periculum  imminet.  fortasse  enim  dixerit  aliquis,  ita  dicen- 
dnm  fuisse  t?|v  €Öxoipov  OuTor^pa  vel  t?|v  OuTOT^pa  Tf|V  cöyoipov. 
at  monendum  cfix^ipov  non  cum  OuTOiT^pa  iungendum  esse,  sed 
sententiae  vi  ad  sequentia  referri.  de  qua  re  cum  nemo  dubitaverit 
in  eins  modi  verborum  coUocatione  qualis  est  in  Eq.  1367  töv  jiiicOöv 
dno^uKUJ  'vreXfi  aut  in  Ach.  1216  Ijiioö  b{  T€  ccpd)  toC  tt^ouc 
d|iqNU  p^cou  rrpocXdßecOe ,  tamen  adiectivum  etiam  proxime  ap« 
poaitom  est;  quamquam  ad  verbum  potius  pertinet:  Ach.  447  toöc 
b'  aö  xop^^TOic  i^XiGiouc  Trap€CTdvai.  Eq.  528  dqnSpei  rdc  bpOc  Kai 
TOC  TrXcrrdvouc  koi  toüc  dxOpouc  TTpoöcXujiVOUC.  ibd.  1 106  (iropiui) 
Kai  TOÖ\|;ov  ötttöv.  Nub.  230  Tf|V  q)povTiba  X€7TTf|V  Kara^iEac. 
ibd.  264  8c  ^x^ic  Tf|V  ff\v  ^ei^iüpov.  Av.  1254  xfic  biaKÖvou  irpui- 
TTjc  dvoTcivac  Tvb  ck^Xti.  Eccl.  63  dX€ii|ia^^VTi  tö  cili^'  öXov  coli. 
Ach.  138  Kcrr^viipe  xiövi  Tf)v  Gpaiciiv  öXtiv.  ibd.  160  KcrraiTeXTdcov- 
Tm  Tf|v  Boiurriav  ÖXtiv.  Eq.  681  t^v  ßouXf)v  öXtiv.  Av.  224  Kare- 
ucXiTuice  Tf|y  Xöx^nv  ÖXriv.  Pluti743Tf)vvux6*6XTiv  ^TpilTÖpccay. 
EccL  39  T#|v  viixO*  öXtiv  fjXauvdjLie  ibd.  1123  eiKppdvei  Tf|V  viixO* 
öXiTV  (contra  ÖXriv  Tf|V  vuktq  Nub.  75.  Eccl.  1099.  öXnv  Tf|v  fm^pav 
Plvü  1015).  his  satis  mihi  videor  emendationem  meam  firmasse. 
rtfltat  ut  moneam  Fritzschium  edidisse  xai  Tf)V  Oirfar^pa  Xoipiov, 
qnod  ineptnm  vocat  Engerus  ipse  tamen  edens  xai  T^v  OirfOT^pa 
XOipiov,  de  quo  explicando  ne  verbum  quidem  addidit. 

Quem  autem  iure  desiderabant  ante  xoTpov  articulum ,  eundem 
non  miramur  omissum  esse  v.  291  ad  vocem  TT0c9aXicK0V  (sie  enim 
Dindorfius  acutissime  correxit  oodicis  scripturam  irpöc  GdXriKOV  nee 
praefero  Bothianum  irpöc  tö  XilKäv).  neque  enim  certum  aliquem 
nocOaXiCKOV  intell^o,  nedum  mariti  a  matre  filiae  expetitum ,  sed 
eum  quem  ipsa  filiae  mater  (i.  e.  in  feminam  transforroatus  Mnesi- 
locfans)  6  i  b  i  optat.  certe  lepidissimum  est  dici  Mnesilochum  adeo  in 


158  OSchneider:  emendationes  Axistophaneae. 

mulieris  naturam  se  insinnasse,  ut  penem  aliquem  invenire  eopiat, 
qai  sui  coram  habeat  (npöc  aÖTÖv  ^x^i  voöv  xal  q>p£vac).  itaqva 
non  puto  probandum  esse  neque  Kockii  1.  1.  irpocOoXkicov  voOv 
f XOVTOC,  neque  Muelleri-Struebingii  * Arisi  a.  die  hist.  kritik*  p.  695 
Trpöc  qpdXiiTa  voOv  ^x^vroc,  qui,  ut  versus  de  filiae  maritoiB- 
tellegi  posset,  et  v.  282  rescripsit  OuTCtTpöc  et  v.  288  ^x^vroc 

CIV.  Tbesmophoriazusarum  162 

""IßuKOc  dKcTvoc  KdvaKp^uiv  ö  Tf^ioc 
äpxaioc,  ofrrep  dpjiioviav  ^x^M^cav, 

£lLllTp09ÖpOUV  T€  Kai  bl€KXa»VT'  'luiVlKtllC 

raro  accidit  ut  vel  ad  periclitandam  coniecturam  usus  non  sit  Bt- 
vennate ,  quoniam  quid  multis  saeculis  ante  scriptum  hone  codioan 
in  libris  circumferri  consueverit  aliunde  constat.    velat  de  ▼.  161, 
ubi  dpxotioc  Hermanno  debetur,  iam  olim  est  a  grammaüoit  in  di* 
versas  partes  disputatum.    refert  enim  Sjmmacbus  —  nam  ii  siie 
dubio  in  scbolio  loquitur  —  in  libris  manu  scriptis  legi  'Axcoöc 
(Kdxoiiöc),  quod  Aristopbanes  Bjzantius  (cf.  Nauckius  p.  64)  primn 
mutaverit  in  'AXkqToc  (KdXKaToc),  non  probatum  tarnen  Didjmo 
dicenti :  ouK  ^TTiiToXäZeiv  bia  Tf)v  bidXeicTOV  rd  'AXxaiou.   qaod  ze- 
futasse  sibi  visus  est  Sjmmachus  monens  poetam  in  Av.  1410  et 
Vesp.  1227  Alcaei  locos  respezisse.  quod  etsi  verum  est,  non  nüa- 
bimur  tamen  quod  Didjmus  Alcaeum  lyricum  memorari  hoc  looo 
potuisse  negavit.    quis  enim  credat  Alcaeum  illum  fortisaimnm  et 
bellicosissimum  virum  inter  emollitae  poesis  auctoree  nominari  po- 
tuisse?   id  adeo  incredibile  visum  est  Didjmo,  ut  dXXaxoö  (^VT^ 
KtujiiKQ  X^Eci,  ut  suspicor)  coniecerit  certe  cogitandum  faiase  de  alio 
Alcaeo,  citbaroedo  cuius  etiam  Eupolis  memor  fuerit.  quam  sentMi*' 
tiam  recte  reiecit  Sjmmachus :  poetae  enim  requiri  memoriam ,  noa 
citharoedi.    nihilo  tamen  minus  praevaluisse  videtnr  Aristophaail 
grammatici  sententia.    nam  in  Bavennate  quoque  est  KdXicaiOC,  ui 
nunc  ediderunt  etiam  Botbius,  Bergkius,  Engems,  BThienöbini, 
sed  iure  xdxaiöc  revocarunt  Meinekius  et  recentissimua  editor  Vol- 
senus,  non  quod  hoc  a  poeta  scriptum  videntur  putasse,  aed,  nt  ondi 
par  est ,  ne  emendandi  viam  obstrueront.    et  emendandi  perioolnm 
fecit  Fritzscbius,  qui  x\i)  Keioc  edidit  (receptum  nonc  a  Blaydetio). 
quo  multo  verecundior  Meinekius  suam  coniecturam  (xal  Adcoc) 
Vindiciarum  fines  transgredi  nolebat.   equidem  Hermanno  aaeentior, 
non  nomen  proprium  aliquod,  sed  adiectivum  quaerendom  esse,  quod 
tale  fuerit  necesse  est  ut  vel  Aristophanem  grammaticnm  facile 
fallere  potuerit,  utpote  non  tritum  et  usitatissimum,  ut  Hermannia- 
num  illud,  sed  paulo  insolentius.    quäle  fuerit  xalxoidc,  inqne 
oculos  incurrit  quam  facile  iam  antiquissimis  temporibua  KAIXAIOC 
abire  potuerit  in  K AXAIOC ,  cum  legentium  animi  extemplo  md  ao* 
tissimum  nomen  'Axoiiöc  abierint.    nota  autem  ea  vox  ex  ipso  Aristo- 
pbane  est,  Ljs.  90  xoua  val  tu)  ciui,  KopivOia  b'  oO,  ubi  Lacaeua 


OSchneider:  emeadatdones  Aristophanefte.  159 

loqniimr  (ut  Laco  in  eadem  fabula  1157  oCirui  Tvvauc'  öiruiTra 
XCUUiWpov).     atqoe  illum  priorem  Lysistratae   locom   respexisse 
Hesyehinm  IV  p.  267, 12  facile  concedo  Ahrensio  de  dial.  Dor.  p.  76 
«t  MSchmidüo,  qaamqoam  codex  non  X^^^y  ^^  ^^^i  volebant,  sed  xctid 
habet,    eed  quod  Hesjchius  moz  y.  12  a£fert  X^^^^c»  ^oc  non  aeque 
&cUe  cum  Ahrensio  et  Schmidtio  in  x^^oc  mutandom  censeo,  prae- 
•ertim  nbi  conceesum  mihi  erit  altero  hoc  Hesychü  loco  intellegi 
ipenm  hone  versom  Aristophanis  ubi  nunc  legitar  'Axctiöc.   sed  si 
coneessnm  erit,  coniecturam  nostram  egregie  stabiliri  senties.   ez- 
tabat  autem  praeter  x^tta  et  Xtti<^  (cuius  accentum  firmant  Xaiöc 
^oiöc  ßoiöc  CKQidc  apad  Herodianum  I  p.  109,  9  et  II  p.  423,  26) 
ctiam  tertia  Tocis  forma,  de  qua  disputat  schol.  Ambros.  222  ad 
Theocriti  YII  6  (iste  enim  codex  paulo  plenior  est  oeteris) :  x^uiv 
mv  drciGuiv.  X'O^OL  Top  irapä  toic  Aaicebai^ovioic  rd  dTaOa.  x^öv 
bi  TÖ  €UT€vic  Kai  dpxaTov*  ö^oiuic  xal  tö  X'O^  ubi  extremae  litterae 
adieeta  est  lineola,  ut  quae  integra  vox  fuerit  inoertum  sit.   potuit 
«ne  xo^k,  sed  potuit  etiam  x<S^cioc  (Hesych.  IV  p.  276  x^cioc 
drodöc,  xpnCTÖc)  vel  xoXictöc  (Hesych.  IV  p.  268  xotXiCTÖv  *  cxaiöv  * 
ik  droOöv  xai  biKQiov) ,  quorum  tarnen  neutrum  satis  expedio.  non 
magis  ab  omni  quidem  parte  ezpeditum  Hesychianum  I  p.  341 
'Axcrfa '  ^itfOcTOV  Ati^irrpoc  dirö  tou  nepl  tP)v  Köpriv  dxouc,  ÖTrep 
teotciTo  dvaZr)ToOca  auri^v.  AdKUJvec  tk  dyadd,  oi  tk  £pia  ^oXaKd. 
eertior  antem  res  est  de  significatione^  quam  irfoB&c  fuisse  ubi  tra- 
ditor  LaoonibuSy  ii  sine  dubio  ea  voce  significabant  yiros  nobiles  et 
in  ciritate  potentiores,  optimates  (cf.  Welckerus  ad  Theognidea 
p.  XXI  sq.).   atque  hanc  significationem  Aristophanem  h.  1.  in  animo 
haboisse  censeo,  ut  Anacreontem  Teium  ex  nobili  genere  ortum 
significaret.    fortasse  autem  XQ^dv  ipsum  se  Anacreon  vocabat  eo 
loco  (fr.  117  =  130),  ubi  patriam  urbem  appellabat  'A6a^avTiba, 
ot  quam  prior  condidisset  Athamas.    cuius  ex  comitum  aliquo  si 
Anacreon  originem  repetivit,  iure  se  potuit  x^^^^  ^^"^^  nobilem 
Tocare.    nam  eam  vocem  per  se  parum  credibile  est  usitatam  fuisse 
ioliB  Laconibns.    quamquam  Atticiä  certe  non  fuit  usitata,  etsi 
Aeschylus  Suppl.  825  dixit  ßaOuxdi'oc  i.  e.  valde  nobilis,  neque 
poetea  magis  increbuisse  videtur  apud  alios,  nisi  quod  Parthenium 
poetam,  qui  genus  suum  ab  Homero  repetebat,  hinc  Xaöv  cogno- 
minatom  fuisse  non  iniuria  statuit  Meinekius  Anal.  Alex.  p.  270,  et 
quod  in  Alexandri  Aetoli  fragm.  p.  247  Mein.  x^tioG  Valckenarius 
reetüoit  pro  vitioso  dpxaiou. 

CV.  Thesmophoriazusarum  236  et  239 

€Y.  dvlcrac*,  iv'  dcpcucuj  c€,  KdTKÜipac  fx^- 
MN.  oT^oi  KaKobai^u)V;  b€Xq)dKiov  T€vr|C0^ai. 
€Y.  dv€TKdTU)  TIC  £vbo6eM  bdb*  f\  Xuxvov. 

iTriKinrrc*  Tf|V  K^picov  q)uXdTT0u  vuv  dKpav. 
haec  faieor  non   ab  omni  parte  satis  me  intellegere,    nam  Euri- 
pides  ut  Mnesilochum  etiam  similiorem  mulieri  reddat,   crines  in 


160  OScbneider:  emendatione»  AriBtophaneae. 

pube  natos  ambusturus  ei  est,  quos  mulieres  ibi  non  probabanti  ted 
amburendo  tollere  solebant  (cf.  Eccl.  13  Xd|AiT€ic  dcpciiuiv  Tf|v  in- 
avOoCcav  Tpixot  coli,  schol.  ad  Ran.  öl 6).  Teram  hoc  si  in  Iümbi- 
lochi  corpore  Earipides  facere  volebat,  non  potait  ei  imperare  ntpro* 
cumberet  et  in  terram  versas  corpus  verteret  (id  enim  signifioil 
^TKUTTTCiv:  cf.  Nub.  291.  Tbesm.  790.  Ban.  238.  425.  804);  led 
qao  facilior  sibi  ad  istos  crines  aditos  esset,  iubere  debebat  Mnen- 
locbum  reclinato  corpore  recnmbere,  quo  magis  pnbes  proatant 
itaqae  cum  contraria  voce  ei  quae  nunc  legitar  opus  dt ,  non  dnU« 
tamus  quin  haec  fuerit  KdKKi3i|iac  ^x^  (auswärts  gebeugt  du  hatte 
dicb).  verbum  dKKi3iTT€iv  legitur  Eccl.  1052,  sed  paolo  alitoribi 
dictum,  mox  quod  sequitur  ▼.  239  verbum  diriKuirreiv  apparet  noa 
posse  aliud  quid  significare  atque  ipsum  illud  dfCKUTTTCiV.  idom  enim 
denuo  Euripides  inculcat,  protenta  pube  recumbere.  at  hoo  im- 
KU7TT61V  non  magis  significare  potest  quam  dYKuirreiv,  nt  nnaeom 
hoc  verbo  etiam  ImKÜTTreiv  mutandum  sit.  et  ubi  scripaerimoa  hl 
KU1TT6  (noch  weiter  beug  dich),  nihil  impedit  quo  minus  denno  ii- 
tellegamus  verbum  dKKUTTT€iv.  nam  ubi  verbum  compositum  rep^ 
tendum  erat,  saepe  videmus  non  hoc,  sed  simplex  verbum  repetitnn, 
id  ut  compositi  significationem  babeat:  cf.  bos  annales  1877  p.  897, 
ubi  adde  Eq.  706  Ti  coi  btS)  KaTaq)aT€iv;  dirl  TiiD  q)dTOic  ifbtcr'  dv; 
Vesp.  1334  sq.  TTpocKaXoujiievoc  .  .  KaXou^evou  Paeis  878  sqq. 
biaq)uXdE€i  .  .  (puXd£u)v.  de  xdpKOV  q)uXdTTOU  vuv  dicpctv  A 
Welckeri  librum  de  trilogia  Aesch.  Prom.  p.  186  ann.  281.  oetemffl 
neque  KdTKUipac  neque  IrTiKUTTTe  Blaydesio  offensioni  fail 

GVL  Thesmophoriazusarum  101 

l€pdv  x^oviaic  bcEdjiievai  Xainirdba  KoCpai 

^wiws^i-w  xopeucacOe  ßodv. 
ita  haec  Dindorfius  edidit  eiectis  ex  altero  versu  verbis  bis  Euv  Acu- 
Odpa  iraTpibi,  ut  de  emendando  leni  mutatione  loco  desperaase  vi- 
deatur,  in  quo  sane  non  metrum  solum,  sed  etiam  sententia  vaeillat 
et  prius  ut  de  sententia  dicam ,  Agathen  tragoediam  faotnroa  Mnsai 
(nam  hae  sunt  KoOpai,  ut  rectissime  Engerus  statuit)  invocat  nt  siU 
propitiae  sint.  quae  ubi  icpdv  x^viaic  bcEajüi^vac  XafLiicdbo  dieiti 
aperte  nihil  aliud  dicit  nisi  hoc,  Musas  Gererem  et  ProaorpiBam 
celebravisse ,  i.  e.  carmina  in  laudem  Cereris  et  Proserpinae  ThiBt' 
mophoriazusis  commodavisse.  quid  igitur  est  quod  Agathon  mme 
quidem  nihil  rogat  nisi  ut  canant,  non  addit  autem  quibus  cani  Telit, 
quo  non  addito  Musae  de  solis  tantum  illis  deabus  cogitare  poterant, 
quibus  denuo  canant.  at  ipsae  tamen  Musae  statim  intellegnnt  aliis 
iam  deabus  sibi  canendum  esse,  quaeruntenim  v.  104  rivi  boi^OVl 
ö  Koi^oc,  unde  manifestum  est  Agathonem  ipsis  suis  verbis  indicare 
debuisse ,  velle  se  nunc  iam  alioi  deos  carmine  celebrari.  de  qao 
cum  in  Agathonis  oratione  nuUum  nunc  sit  vel  levissimnm  vestiginm, 
locum  patet  corruptum  esse,  deinde  facile  demonstrari  potest  etiam 
metrum  vitiatum  esse,  nam  choriambos  si  Aristophanes  repetit,  quod 


OSchneider:  emendationeB  AriBtophaneae.  161 

hat  8aepi8sime  (sive  pnros  volebat  esse  sive  imporos,  h.  e.  hie  illie 
cboriambo  sabstittita  dipodia  iambica),  hac  uti  seiet  versus  clansnla: 
«.  .  o.  velat  in  dimetris,  sive  illi  recurrunt  saepins  Korä  cx^civ 
poaiti^  ut  in  Aeolosic.  fr.  XI  ouk  iiöc,  A  T^vaiKCC,  |  iräci  KaKoTciv 
fgific  I  qiXuKtv  äcdcTor"  ävbp€C  eqs.,  Pacis  785  sq.  806  sq.,  sive  sunt 
in  fine  systematum  ut  Eq.  555.  558.  585.  588.  Nüb.  565.  597. 
Veap.  528.  633.  638.  641.  648.  item  in  tetrametris  (nam  trimetros 
choriambicos  ab  omnibus  vitatos  esse  dicit  Christius  de  re  metr.  ^ 
p.  465):  Ach.  1154.  1165.  Nub.  567.  600.  955.  956.  1024.  1025. 
1031.  Lys.  319.  320.  326.  327.  340.  341.  Georg,  fr.  Vm  v.  2  et  4. 
tum  in  pentametris :  Ach.  1150.  1155. 1162. 1166.  Lys.  328  (hexa- 
metnxm  ohoriambicum ,  vel  si  qui  etiam  plures  choriambos  con- 
lanxerint  versus,  Aristophanes  quidem  non  videtur  fecisse,  nisi  huo 
referendi  sunt  loci  aliquot  ubi  nunc  eduntur  dimetri).  hinc  patet 
nihil  impedire  quin  in  Thesmophoriazusarum  quem  cummaxime 
tneftunoB  loco  Aristophanem  usum  esse  pentametro  choriambico 
paiemns.  ita  metrum  summam  habebit  similitudinem  cum  Lys.  328 
(nisi  qnod  ibi  deest  basis,  quae  tamen  in  hoc  metro  invenitur  sae- 
pittime:  cf.  Christius  1. 1.  p.  467  sq.): 

fiöXtc  dirö  Kprjviic  tjn'  öxKov  xal  Oopußou  xal  irardnrou  xuTp€(ou, 

bouXatov  dicnZo^^vii , 
nbi  qoi  saquitur  dimeter,  is  in  Thesm.  loco  censendus  est  nna  cum 
loBgioris  versus  fine  vitium  traxisse.    et  ad  illius  loci  normam  hie 
ha\i  nagotio  potest  in  integrum  restitui : 

kpav  xOoviatc  bcEd^evm  Xa^ndba,  KoOpai,  Eöv  dX€u8^p()i  t^? 

IbiQv  xopeucacOe  ßodv. 
atqne  ita  propter  metrum  correcto  loco  iom  inerunt  etiam  quae 
hodie  desiderari  propter  sententiam  supra  significavimus.  nam  Musas, 
quae  antea  assumptis  facibus  cum  Tbesmophoriazusis  publice  deas 
celebraverant,  nunc  Agathen  adbortatur  ut  sibi  privatim  gratifican- 
ies  chomm  cantantes  agant,  in  laudem  ApoUinis,  Dianae,  Latonae, 
qnoe  quaerentibus  Musis  mox  appellat.  quod  autem  in  ultimo  ver- 
sicnlo  anapaesti  formam  admisi  pro  iambi ,  eum  legimus  etiam  Lys. 
346  (iToXioCx€,  cdc  fcxov  ^bpac),  ut  tribracbys  pro  iambo  est  Lys. 
324.  325.  328.  deinde  quod  t4>  i^ioiv  scripsimus  pro  Trarptbi, 
prvfecto  postquam  semel  AN  casu  evanuit,  facile  sane  TAI  potuit  in 
TIATPIA  depravari.  sed  sur  Attica  vocetur  iXeuO^pa  ifd  incertum 
eiL  equidem  crediderim  Atticam  xar'  dSox^v  ita  vocari  ut  quae 
focrii  libertatis  studiosissima.  sed  Velsenus  de  liberata  a  MeiU)rum  vi 
Atlkaeogitabat,  cum  quo  die  Thesm  opboria  celebrarentur,  in  memo- 
riam  victoriae  Marathoniae  festi  dies  agerentur,  quod  tamen  e  vv.  337. 
365.  806.  1143  quos  affert  evinci  nequit.  ac  vide  de  isto  die  potius 
AMommseni  Heortol.  p.  212.  —  lam  tempus  est  videre  quid  recen- 
tiora  cnüd  de  hoc  loco  statuerint.  ex  quibus  Bothius,  Fritzschius, 
BThienchins,  Bergkius,  Yelsenus  nihil  quicquam  de  verborum 
•eriptora  mutarunt,  Hermannus  autem  in  censura  Fritzscbianae 
editionis  conomendavit  dXciiOcpiq  irarpibi,  Engerus  coniecit  TraTptbi 


162  OSchneider:  emendationes  Ariitophaneaa. 


TTpoxop€ÜcacO€  ß.,  Meinekius  edidit  dXeuO^pqi  |  itdrpia  X-  ßo^ii 
ultimam  vocem  coDiimgens  cum  dXcuO^pqi ,  WeddeiniuB  in  oensim 
Velsenianae  (Jenaer  LZ.  1878  p.  729)  pro  TroTpibi  malebat  irpaicibi. 
novissime  Blaydesius  etsi  in  poetae  verbis  edendis  Dindorfinm  fae 
sequitur,  in  notis  tamen  hanc  coniecturam  protnlit:  Upiii  x^ovioic 
b€Ed^€vai  Xa^Trdba  KoOpai  |  xop€ucac6€  ßodv.  reetat  at  lod  seii- 
tentiam  brevissime  ezpediam  patrio  sermone  usus: 

X 

die  ihr  |  fackeln,  geweiht  göttern  der  erd*,  nähmet,  o  jongfraan,  mit  dem 

freiheitslande , 
ein  pri7ate8  lied  singt  mir  im  chor. 

de  xopeueiv  vide  Christium  1.  1.  p.  587  sq. 

CVII.  Thesmophoriazusarum  136 

TTobaTTÖc  6  Twvvic;  Tic  irctTpa;  t(c  f|  CToXrj; 
neminem  fore  puto  quin  semel  monitus  mecum  mireturi  quodMned- 
loch  US  de  patria  Agathonis  bis  quaerat.  nisi  quis  forte  nesoiat,  u 
quis  TTObaTTÖc ;  quaerat,  nihil  aliud  scire  eum  velle  nisi  eius  quae  lil 
patria.  nam  Trärpa  est  patria  sequiturque  in  his  tragiconun  usum 
Aristophanes:  cf.  Ach.  147  et  Ban.  1163. 1427.  an  praestet  negleeto 
plane  Atticorum  usu  irdrpav  putare  sjnonjmum  esse  vocis  t^voc 
ut  apud  Homerum  N  354,  aut  sjnonjmum  vocum  q>paTp(a  et9uXiv 
de  quibus  narrat  Dicaearchus  apud  Stephanum  Byz.  p.  öll,  18,  eai 
certe  ita  assentiuntur  schol.  ad  Ar.  £q.  255  et  ad  Find.  Nem.  8, 5S, 
ut  q)pdTpiiv  interpretentur  q)aTpiav?  qui  dicendi  usus  oom  Atticb 
vindicari  nequeat,  retinenda  hie  erit  vulgaris  vocis  significatio,  ipsi 
autem  vox  ita  immutanda,  ut  non  iam  habere  possit  illam  quam  dizi 
dubitationem.  putamus  autem  Aristophanem  scripsisse 

TrobaTTÖc  6  tu  wie;  iflc  irdtpac  Tic  fi  CToXifj; 

wes  lands  der  weibling?    ist  das  *ne  yaterlttnd^sche  traeht? 

(Blajdesium  nihil  hie  offendit.)  at  graviora  restant.  quaeritor  enim 
quo  usque  Aeschjli  verba,  quae  Mnesilochum  in  usum  snam  eon- 
vertentem  Aristophanes  facit,  pertineant.  ab  Aeschylo  quod  peiitam 
sit  scholiasta  ad  h.  1.  nihil  affert  nisi  verba  nobaTröc  ö  pivvic ;  totum 
versum  Aesch jli  esse  coniciunt  GHermannus  a9  Aeschylam  11  p.  3M 
et  Nauckius  trag.  gr.  fragm.  p.  16.  at  aliquanto  ulterins  progreni 
Welckerus  Aesch.  trilog.  app.  p.  106  atque  Bothius  et  Fritiaohiai 
ad  h.  1.  versus  136 — 140  totos  ex  Aeschylo  sumptos  esse  opinati  siuit, 
Blaydesius  autem  adeo  usque  ad  v.  143  Aeschyli  versus  oitari  abi 
persuasit,  si  non  integres,  at  certe  napuibim^vouc.  verum  enim 
vero  si  Aristophaneus  Mnesilochus  Aeschyli  de  Dionyso  verba  tnuit- 
ferre  ad  Agathonem  volebat,  curare  debebat  ne  inde  afferret  res  qvas 
in  Agathonis  thalamo  suis  ipse  oculis  non  oonspiceret.  num  antem 
credibile  est  eum  ibi  vidisse  praeter  ßdpßiTOV  etiam  XOpov  (▼.  187), 
tum  conspezisse  ibi  etiam  Hiq>oc  (140)?  ob  earundem  autem  renim 
commemorationem  ne  hoc  quidem  credibile,  ipsum  Aristophanem  hos 
versus  narrationi  interposuisse.   quid  igitur?  neque  Aeschyli  aeqiia 


OSchneider:  emendationet  Aristophaneae.  168 

Aristophania  iatoa  yeniis  ease  existiiDO,  sed  Eabuli  oomici,  qui 
lii  tyramii  in  aedibus  multas  conapici  rea  contrariaa  narraverat 
eognorainia  comoediae  initio.   sed  ne  qois  putet  totam  hoc  a  me 
ex  yano  hanstam,  animum  adyertenduin  esse  dico  ad  verba 
idiolimatae  qaae  haeo  snnt  ad  ▼.  137  ascripta:  ^VTcOGev  Tf|V  äpx^^v 
EfißouXoc  iirotrjcaTO  toO  Aiovuciou,  rd  ävöjüiota  tu»v  ^v  tQ  Aio- 
vuciou  oixiqi  kotoX^t^v,  iiA  ttX^ov  ^^vtoi.    ubi  ivreOOev  signi- 
fieat  Ajristophanis  verba  (y.  141 — 143)  in  causa  fuisse,  ut  Eabulos 
£ü>a]am  Dionjsium  ordiretur  ab  enomeratione  renim  coniraiiarum 
quae  in  Dionjsii  domo  conspicerentor.   nimirum  Aristophanes  dixe- 
rät  in  Agathonis  thalamo  conspici  complures  res  quae  aut  vironun 
etaent  ant  mnlieram,  desiderari  autem  alias  quas  et  ipsas  adesse  opor- 
teret,  si  unius  eiosdemqne  sezos  hominem  ibi  habitare  credi  posset. 
hunc  igitnr  Aristophanis  locom  scholiastadixitEabnlumita  imitatum 
esse,  ut  quae  utriusque  sexns  essent  res  eodem  loco  coniunctas  esse 
diceret.    iam  apparet  locorum  Aristophanis  Eubuliqne  et  similitndo 
et  diaaimilitudo,  ut  digni  Eubuli  versus  viderentur  docto  scholiastae 
qooe  in  margine  notaret.    ac  ne  omnes  quidem  ascripsit.    nam  si 
ipee  dizit  KcrraX^T^v,  ^TrlirX^ov  ^^vroi,  aperte  dixit  etiam  plura 
memctfsri  ab  Eubulo  ävö^oia  potuisse,  quam  quot  scholiasta  memo- 
rare  Toloisaet  omnia.  ascripti  autem  in  margine  Eubuli  versus  quo 
modo  inde  in  Aristophanis  verborum  ordinem  irrepere  facile  potn- 
€nnt  palet,    quod  tarnen  factum  iam  antiquiorum  grammaticorum 
tcmporibns  nego.   nam  inter  Aristophanis  verba  iam  receptos  Eubuli 
vertna  com  prodat  demum  voci  ßdpßiTOC  ascripta  glossa  fi  KiOäpo, 
item  voei  CTpöq)iov  apposita  glossa  Zu)vdpi0V|  eius  modi  interpretandi 
ratio  vd  recentissimis  scribis  convenit.  vix  autem  opus  est  ut  moneam 
ioter  vv.  136  et  141  nunc  ne  minimum  quidem  senteniiae  hiatum 
Mosurum  quem  quam  esse,  sed  aptissime  ilH  versus  cohaerent. 

CVIII.  Tbesmophoriazusarum  366 

ÖTTÖcai  b* 


f\  Mribouc  dirdTouci  irjc 

Xuipac  [ouv€K '  im  ßXdßri] 

dceßoöc',  dbiKOÖci  t€  Tf|V  ttöXiv. 
loeom  aperte  comiptum,  in  quo  emendando  inter  recentiores  criticos 
^  dnoe  inter  se  consentire  videas ,  sie  puto  lenissima  opera  emen- 
dttdun  esse: 

ÖTTÖcai  b* 


f\  Mnbouc  dirdrouci  tflc 

Xiupac,  f)viK*  in\  ßXdßij, 

dccßoOc',  dbiKoOci  t€  -rfiv  nöXiv. 
quid  enim  o6v€k'  dnl  ßXdßi]  sibi  velit,  nemo  facile  dixerit.  fallitur 
vitem  IXobraena,  qui  verba  oöv€K*  £tt1  ßXdßri,  ut  quae  sensu  cassa 
^ist,  e  V.  360  arcessita  esse  credidit  omnia.   tantum  enim  abest  ut 


164  OSchneider:  emendationeB  Aristophaueae. 

quae  ibi  necessaria  sunt  verba  ^ttI  ßXdßq,  hie  plane  sint  otiosa,  nt 

iure  idem  utroque  loco  legatnr  suo  modo,    eodem  enim  inre  quo 

V.  360  mulieres  dicuntur  Trapaßaivoucai  .  .  in\  ßXdßg,  eaedem  in- 

telleguntur  tum  studentes  vÖMOV  dvTt^eOicrdvat  (v.  362),  tom  pro- 

dentes  räTröpptiTa  toTc  dxOpotc  (363),  tum  advocantes  in  patriam 

Medos  (365).  nam  hoc  quoque  faciunt  inX  ßXäßi],  idqne  sicnbi  apte 

dici  poterat,  aptissime  repetitur  in  fine  sententiae.   at  certe  ofivoca 

sane  concedendum  ex  illo  versu  male  repetitum  esse  simaly  qaod  ibi 

quidem  recte  refertur  ad  praecedentia,  hie  autem  eo  referri  non  posM 

patet.  itaque  quoniam  re  vera  solum  illud  oüv€k'  sententiam  tnrbat^ 

cavendum  ne  plura  quam  opus  est  in  suspitionem  Yocemoe,  nnoque 

illo  oiiv€k'  mntato  in  f|viK*  omnia  nobis  videntur  plana  et  per 

spicua  esse: 

. . .  die  . .  • 
auch  hermfen  die  Meder  ins 
laDd  uns,  thun  sie  es  schadenfroh, 
o  die  sünd'gen,  und  frevlen  am  Vaterland. 

apodosis  incipit  ab  äceßoGc',  videturque  hoe  ipse  poeta  indiein 
voluisse  metro  post  longiorem  gljconeorum  usum  repente  mutalo  la 
aliud. 

lam  videamus  priores  criticos,  quo  modo  ex  hie  difficnltatibu 
se  expediverint.    quorum  ultra  quam  licebat  progressns  Dindorfim 
verba  ouv€k'  in\  ßXdßq  e  v.  360  eum  Dobraeo  eredidit  huc  illiti 
esse  et  ne  sequentia  quidem  verba  äc€ßoCc*,  dbiKoOd  T€  Tf|V  iröXiv 
Sana  putavit.  nee  modestiora  sunt  aut  probabiliora  reoentiomm  criti- 
corum  eonamina,  de  quibus  Engerus  rettulit,  velnti  Beiaigii,  qai 
praeter  alia  delevit  etiam  verba  oöv€k'  M  ßXdßg,  id  quod  etjam 
Meinekius  fecit  Vind.  p.  363  in  marginem  versus  reiciens,  cnm  Hedi 
ineptissime  commemorentur,  unde  olim  tentasse  se  dicit  i\  |Ao(xouc 
dnaTOUct  T^ic  deleto  proximo  versu.    quamquam  eur  taedio  hie 
fuerint  Medi  non  perspicitur,  praesertim  cum  vere  a  scholiaata  me- 
morari  videatur:  dvTi  TOÖ  cIttciv  7roX€jilouc  eine  M/iöcuc.    kot' 
dEox^v  bk  eipriTat.    ac  vide  Pacis  108  tpduio^at  M/jbotciv  oAt&v 
Trpobibövai  Tf)v  '€XXdba.    sed  aliquante  immodestior  Bothios  fuit, 
qui  w.  365.  366.  367  ita  decurtavit:  {)  M^ibouc  dirdrouci  X^^^V^i 
dceßoGci  re  Tf)V  ttöXiv  . .  dXX".  nee  multum  profecemnt  Hermanniu 
et  Fritzschius  praeter  unam  vocem  nihil  mutantes,  quorum  illextdpOC 
transmutavit  in  ^x^P^c,  hie  in  Apac,  quod  quid  sibi  velit  non  a- 
pedio.    novissime  autem  Velsenus  edidit  f|  Mf^bouc  ^irdrouo  t4 
Kepbdiv  ouv€k'  in\  ßXdßq,  ubi  Kcpbujv  Reiskio  debetur.   sed  nihu 
mutarunt  neque  BThierschius  neque  Bergkius.  nuperrime  Blaydeaiiu 
in  Aristophanis  verbis  edendis  Dindorfium  secutus  est,  in  notis  tarnen 
indicabat  legendum  sibi  videri  t^  X^P^i^  Taürr)  iix\  ßXdßg. 

CIX.  Thesmophoriazusarnm  400 

ofiroc  £b(boE€V  Kaxd 
Toüc  dvbpac  fjiLidiv  i&ct',  iäv  \i6vov  nXiKi) 
Tuvf|  CT^q)avov,  ipdv  boK€i. 


OSchneider:  emendationes  Ansiopkaneae,  165 

lie  Dmdorfiiis  edidit  versum  qui  in  codice  6dt  claudus  pede  dimidio : 
Touc  &vbpac  i\p&v.  diCT '  i&v  Tic  ttA^kq.  quod  damnum  resarcire  alü 
aUier  oooati  sunt,  sed  omnes,  si  quid  video,  param  prospero  eventa 
(etiaiii  BlajdesiiiB  cui  yerum  videtor  i&y  Tic  Tip  irX^iog) ,  si  quidem 
ita  non  apparet  simnl  depravationis  caasa ,  quae  statim  apparebit 
feno  olim  sie  acripto: 

TOUC  fivbpac  fmiÄv  i&cT*  ddv  ?va  Tic  nXiKQ 
(L  0.  £va  luSvov).    nam  in  i6y  ultima  syllaba  producitor:  cf.  Din- 
dorfins  ad  Veap.  228. 

Numerale  cic  itidem  ezddit,  nisi  egregie  fallor,  in 

CX.  Yesparuia  22 

(SL  oub^v  äpa  Tpi^pou  bioup^pei  KXeuivu^oc. 

£A.  iruic  bifj;   Co.  TTpOTCvei  Tic  ToTci  cu^TrÖTaic  X^tu)V 

*Ti  TttUTÖv  ivyfjiT*  diT^ßaXev  Kdv  oupavifi 

xdv  T^  BoXÄTTTj  Oripiov  Tfjv  dciriba ; » 
obi  Soaiaa  allatums  aliqnid  qaod  et  ipsam  TauTÖv  Ti  sit  ita  loquitur : 
irpOT€V€i  —  Iv  ffjir*  än^ßaXcv  Kdv  oupaviXi  Kdv  t^  OaXdmj  Oiipiov 
Tfjv  dciribcu  at  aperte  non  tqutöv  ti  affert,  id  est  aliquid  quod  in 
terra  mariqne  et  in  mari  sit,  sed  potias  quod  idem  ibi  sit  excidit 
igitor  Tox  qua  hoc  significetur,  quod  gravissimum  est  unde  cer- 
tiauma,  si  quid  sentio,  coniectura  rescribendum  arbitror : 

TTpOC€p€l  TIC  TOTCI  CU^TTÖTaiC  X^TUiV 

«TI  TttUTÖv;»  ?v  T^  t'  dTT^ßttXev  Kdv  oupavoi 

Kdv  T^  OaXdTTij  Onpiov  Tf|v  dcntbo. 
nam  Tocem  t4  praepositionem  carere  posse  docent  Ach.  633  ^rJTe  T^ 
pff\j'  iy  dropd  nrJT'  dv  GoXdTTi]  iir\x*  dv  i^Treipip  ji^veiv  et  Eq.  610 
MITTE  t9  MH^*  dvOiaXdTTri  biaq)irr€iv  touc  liTTitec,  ubi  Kockius  etiam 
Timocreontis  fr.  8  memor  fuit.  praeter  hanc  autem  mutationem  sane 
lenianmam  nihil  mutandum  duxi ,  etsi  non  defuerunt  quibus  aliter 
Tideretur.  velut  Cobetus  in  oratione  de  arte  interpretandi  p.  65 
Aristophanem  non  aliter  quam  sicscribere  potuisse  edixit:  irpoT€vei 
nc  T.  c.  X^Tuiv,  ÖTi  TttUTÖv  iv  ffji  etqs.,  assentatorem  nactus  praeter 
Uirsdiigiam  etiam  Dindorfium,  partim  etiam  Meinekium  et  Bergkium, 
nisi  quod  ex  codice  Veneto  pro  TTpocepei  receperunt  TTpoepei ,  quod 
non  intellego.  videtur  autem  ad  infestandam  vocem  TTpocepei  per- 
moTiase  criticos,  quod  non  apparet,  cui  tandem  vel  rei  vel  homini 
aliqoid  additum  sit.  sed  tamen  quäle  sit  puto  demonstrari  posse. 
de  symposiis  Sosias  cogitat,  ubi  convivis  TP^90i  proponebantur  ex 
eorum  genere,  quorum  initium  erat  Ti  TttUTÖv  dcri;  quoniam  con- 
fereba&tur  inter  se  res  quae  in  maxima  dissimilitudine  tamen  ali- 
qnam  similitudinem  habere  iocanti  videbantur.  quäle  aenigmatum 
genus  nostris  quoqne  hominibus  perplacet,  babemusque  duos  certe 
cuins  generis  Tpi<pouc  apud  Atbenaeum  X  p.  433  **,  alterum  ti  TttU- 
TÖv ouöofiou  Ktti  TTttVTttXOu;  alterum  ri  TttUTÖv  dv  oupavi^  Ktti  i\ 
T^  Ktti  ^v  OoXdTTq;  fueruntque  sine  dubio  eiusdem  generis  alia 
{•luhma  aenigmata  ab  aliis  excogitata,  sed  nota  omnibus  ut  in  sym- 


166  OSchneider:  emendationes  AriBtophaneM. 

posiis  freqnentata.    isla  enim  inprimis  sibi  vindicabant  Gdvh)una 
vel  Tpi^pouc  (cf.  Welckerus  ad  Theogn.  p.  C  ann.).  hino  non  nunim 
quod  Sosias  totum  iUud  genus  breyiter  indicare  ¥olait  ferUa  ti 
laÖTÖv ;  bis  antem  gripbis,  quos  Sosias  in  symposiis  uauipaie  qnani- 
piam  significat,  putat  eum,  qui  Xantbiae  somninm  andiwrit«  iam 
alium  novnm  adicere  (TTpocepeTv)  posse,  cui  argnmentam  praadiniiim 
praestet  illnd  somninm,  fonnam  antem  praebero  poterat  alter  griphns 
ab  Atbenaeo  memoratus,  qui  sine  dubio  vetustissimns  erat  omaibn»' 
qne  notus.   ad  cuius  normam  convivarum  aliquis  puleherrimnmi  li 
dis  placebat,  gripbum  fingere  poterat  talem :  riraördv  Or|p{ov£vT4 
Kdv  oupavifi  K&v  tQ  6aXdm)  äir^ßoXe  Tf|V  dciriba;  qno  sogillani 
Cleonjmum  t6v  ^(^laciriv  (cf.  Bibbeckius  ad  Acb.p.  198),  qni  poiU 
quam  terra  marique  miles  clupeum  abiedsset,  tnne  etiam  £v  oupovi^ 
videretur  Tf|V  dcTr(ba  dTroßoXetv.  boc  igitur  Aristopbanem  arbitnr 
dicturnm  fuisse,  si  popnlaris  noster  fuisset: 

So.    für  ein  räthsel  passt  Kleonymos  g^anz  und  g^ar.  Xa«   wie  so? 

S  o.    zusetzen  wird ,  wer  seinen  zechg^enossen  sagt 

'was  gleicht  sich?'  dieses  neue  noch,  dasz  sn  land  und  mesr 
und  am  himmel  auch  ein  thier  hinweg  warf  seine  wehr. 

Paulo  aliter  numeralo  elc  corruptum  est 

CXI.  Equitum  1263 

Ti  KdXXiov  dpxo^^voiciv 

f\  KaTairauo^^voictv 

f\  Ooav  Yttttujv  dXaTf)pac  deibetv,  \xr\biy  ic  AucicrpaTOV, 

\ir\bk  6ou^avnv  t6v  dv^cnov  aüi  Xuireiv  ^kouci}  Kapbfa|i; 
equites  celebrans  chorus  quod  Lysistratum  et  Tbnmantem  (de  qoi- 
bus  yide  Muellerum-Struebingium  de  Aristoph.  p.  339  et  p.  342  aim.) 
immisceat  Equitum  memoriae  ipse  improbat,  quamqnam  in  nnifenoffl 
non  vituperandum  esse  indicat  v.  1274,  bomines  nequam  inparabiÄ 
vellicari.    sed  offendit  in  bis ,  quod  ne  verbum  quidem  qnod  aptum 
Sit  additur  (nam  Xutt€i  e  v.  1264  suppleri  nequit).  praeterca  ad* 
versativa  particula  non  videtur  abesse  posse ,  cuius  vim  non  snppkt 
quod  nunc  legitur  ^r^b^v.   itaque  iure  factum  arbitror  quod  de  oon- 
ruptela  Kockius  cogitavit  coniciens  \xr\b*  d€t  AucicTpcrrov,  in  quo 
sine  dubio  verissimum  est  ^ilb*,  sed  de  dcl  dubito  videorqne  mihiift- 
venisse  quae  facilior  medela  sit.    nam  cum  cborus  talem  demom  ii 
equites  hymnum  iure  pulcherrimum  praedicet,  in  quo  non  memonB:- 
tur  simul  bomines  nullius  pretii,  cogitari  coepi,  sitne  duaboa  tiani- 
positis  syllabis  locus  boc  modo  sanandus : 

f{  Oodv  iTTTTUiv  ^Xarf^pac  d€ib€iv,  iir\b *  icty  AuctcrpoTOV, 
ut  ad  ^rib'  ic  Hv  (de  quo  diximus  in  bis  annal.  1877  p.  290)  anp- 
pleatur  deibeiv ,  quod  etiam  ad  iir\bk  6ou^avnv  supplendom  ont| 
nisi  poetae  placuisset  mutata  constructione  (quae  erat  finbi  Soti« 
fiavTiv  deibetv  Xuttouvti  vel  d.  XuttoCci)  novamexordiriaententiam. 
Sed  magnopere  vereor  ut  hac  emendatione  persanatna  hie 
locus  sit.    nam  cum  scboliasta  teste  prima  verba  expreasa  sint  ez 


OSehiieider:  emendaüones  Axistophaneae.  167 

i  qaodam  prosodio  (fr.  66  Bgk.)  t(  xäXXtov  dpxofi^votctv  i^ 
suoM^votciv,  f\  ßaOuZiuvöv  re  Aordi  ical  Ooäv  Timu)  v  iXdrreipov 
;  (cf.  Sande  Bakhqjrzen  de  parodia  in  com.  Aristoph.  p.  38), 
loenm  eüam  Dionjsins  Cbalcus  (fr.  6  Bgk.)  Imitator:  t( 
IV  dtncixivoiay  \  f^  Korairauoii^voic  i\  tö  TroOcivdrorov ; 
rmirom  est  Aristophanem  ita  imitari  volnisse,  nt  chomm 
m  dioeret  KOrcnTauöfievov,  qui  neqnaqnam  iam  nonc  desinit 
•naa  agere,  sed  postea  qnoqne  agere  pergit,  non  tantnm  nsque 
LSS4,  sed  naque  ad  finem  comoediae,  ei  qnidem  post  Bergkiom 
xitiei  atatannt  tütimos  Eqoitom  versus,  qui  et  ipsi  essent  chori, 
omm  incuria  evanoisse.  qao  modo  igitnr  de  talibos  poeta 
poterat  KOTairauoiA^voict,  qui  non  iam  nonc,  sed  postea 
Q  deeinebant?  nonne  igitur  veri  simillimum  Aristophanem 
läse:  i^  idxa  nauojui^votctv  — ?  sed  KaTOTrauofi^voiciv  unde 
t  facile  inteUegetur,  si  recte  statoit  Ooettlingius  in  pro- 
uate  qao  scholas  hibemas  lenenses  a.  1857  indixit.  persnasnm 
habebat  illos  versus  usque  ad  iXorrftpoc  deibciv  ab  ipeo  poeta 
0  loco  repetita  esse  in  fine  comoediae,  ubi  sane  Karairauo- 
:iv  nihil  offensionis  haberet.  illis  antem  emendationibus  re- 
tali  rersione  locum  explanabimns : 

^höneres  gibt  os  sa  anfang 
ro  *8  ende  bald  naht,  als 

1er  roMe  lenker  besingen,  doch  dabei  nicht  sngleieh  Lysistratos, 
lern  hangerleider  Thumantis  ein  schwer  leid  wieder  anUitin  hen- 

lich  gern? 

CXn.  Equitum  555  et  558 

TTöceibov,  dl 

.    dvbdv€i, 

kqI  Kuav^^ßoXoi  Ooai 
^tc6o(pöpoi  Tpiripeic , 
^eipaKiujv  6'  ä^iXXa  Xa^- 

Kai  ßopubai^ovouvTU)v. 
am  sint  pic6o(pöpoi  rpii^peic  nemo  satis  ezpedire  potuit,  ut 

qui  de  scripturae  veritate  dubitarent  et  profecto  non  video 
iodo  aliter  explicari  possint  nisi  lucro8ae(ut  novimus  oixiav 
qpopoücav,  ävbpäTToba  |Liic6o(popo0vTa) ,  id  quod  ab  hoc  loco 
im  est.  et  quam  vis  sciam  victoribus  in  navium  certamine 
mi  in  honorem  acto  praemium  datum  esse  (cf.  Schoemanni 
gr.  11^  p.  512),  vel  sie  parum  perspicuum  dicendi  genus  est. 
ior  igitor  Velseno  et  Kockio  qui  corruptum  locum  pronuntia- 

at  quod  alter  lcToq)öpoi  in  Aristophanis  verba  intulit,  alter 
^öpoi  commendavit,  minus  haec  mihi  probarunt,  qui  etiam 
D  (Ooai  ICT.  vel  Ooai  dOXo<p.)  verear  admittere.  ac  facilius 
i  videbatur  restitui  posse  hoc  modo:  fiicOoq)öpUJV  Tpirjpeic. 
jnen  nolim  quis  cogitet  de  militibus  mercennariis  undecumqae 


168  OSchndder:  emendationes  Ariatophanete. 

fuit  conductis,  quorum  post  Aristophanis  demum  aetatam  aana  fire- 
qnentissimus  erat  (cf.  Weberi  proleg.  in  Dem.  Aristocrat.  p.  JULU  aq.), 
sed  intellegendi  sunt  civea  Attici  qui  triipemibns  in  bellnm  miiiia 
stipendia  merebant  et  tone  certe  jLiicOo(popoOvT6C  dicebantnr  ioie 
(cf.  Av.  1367  CTpareuou,  fiic6oq)Opuiv  cauröv  Tpitpe).  itaqno  fucSo- 
q)öpuüv  Tpirjpeic  sunt  'schiffe  mit  Soldaten*,  estqae  iUe  ganetivi  naiii 
Graecis  frequentissimus  inde  ab  Homeri  tempoiiboa,  qni  icivaxfc 
Kpeiuiv,  dcKÖc  {binac ,  KpiiTrip ,  ttiOoc)  oIvou  habet  (of.  Kpcnfip  j& 
XaKTOC  Theoer.  5,  53.  baiiöc  ^bk  ttotoTo  TcruTM^va  Tcöxca  OipL 
Argon.  1245  coli.  323).  alia  plnrima  attolit  Bemhardjr  BynL  p.  163, 
qui  Aristophanis  quoque  memorat  Tdipivov  TCuOibuiV  Eq.  929,  dp* 
Tupiou  ßctXXdvTia  £q.  1197,  olvou  cra|iv{ov  Lys.  196,  X^Tpoc 
£tvouc  Ecd.  845,  ßoXßuiv  x^Tpav  Eccl.  1092. 

Non  minus  corruptum  puto  quod  ibd.  v.  558  legitnr  Xa|yinpUVO- 
fi^vujv  i\  äp^aciv  Kai  ßopuöaijiOvouvTUüv«  quid  enim?  oommnaini 
fuerit  omnium  istorum  certaminum  eventus,  ut  qui  in  onniba 
splendebant  etiam  excuterentur  et  pessum  darentur?  saepina  hoe 
factum  fuisse  quis  neget?  at  sollenme  si  fuisset,  non  dnbinmeit 
quin  leges  usum  interdicturae  fuerint.  atque  vereor  ut  mnltonuD 
assensu  Kockius  pronuntiaverit,  Aristophanem  pro  ^^a  €Öboi|iD- 
voCvTec  (tales  enim  habebantur  qui  in  illo  certaminum  genere  emine- 
bant)  TTQp'  uTTÖvoiav  dixisse  ßapubai^ovoOvT€C.  quasi  veroierio 
cummaxime  agenti  et  deum  precanti  poetae  licuerit  eios  modittti 
comoedico  artificio.  quodsi  leni  aliqua  mutatione  usi  hancsoUemsMi 
certatoribus  ToO  ßapubat|Liov€iv  consuetudinem  sustulerimus  etni 
semper  factae  substituerimus  rem  nonnumquam  usu  venientem,  in 
lucro  hoc  deputabitur.  conicio  autem  ab  Aristophane  scriptum  bäm 
K&v  ßapubat|LiovoüvTUJV,  ut  loci  sententia  haec  sit: 

jüngerer  männer  wettkampf  auch, 
die  auf  den  wagen  prangen,  viel- 
leicht  auch  ins  ungl&ok  stürsen. 

Käv,  i.  e.  Kai  ^dv  aut  Kai  äv,  Aristophani  interdum  placebat  absolote 
ponere,  ut  Ach.  1021  jn^TpriCGV  elprjvTic  tI  fioi,  kSv  tt^vt*  ftn. 
Pluti  126  iäv  dvaßX^^iqc  cu  k&v  ^iKpöv  xpdvov.  Eq.  621  t[(b 
^01  bOKU)  K&v  jLiaKpdv  öböv  bieXOeiv.  frequenti  autem  nsn  moz 
factum  ut  K&v  ei  fere  pro  Kat  el  diceretur,  quode  accnratissime  ex- 
posuit  Suidopius  observ.  Lucian.  spec.  III  p.  12. 

CXIIL  Equitum  1230 

XpncMÖc  icjx  TTuOiKÖc 
(ppälwv  uq) '  QU  xp€(bv  £jli  '  f|TTac6at  fiövou. 
una  et  consentiens  codicum  lectio  est  (ppaZjujv  iHp*  oiS  bci^CCl  p 
nTTdc6ai  ^övou  (nam  quod  tres  habent  b€/)C€iv  f|TTäc6ai,  id  ipsa» 
ab  illo  non  diversum  est),  at  undecim  loci  corruptissimi  emendatioBfi 
a  criticis  prolatas  Bibbeckius  diligenter  enumeravit,  qnibns  bobC 
duodecima  accedat  Kockii:  q)pd2[ujv  uq)'  ou  btKii  'cri  ^' f|TTfic60t 


i 


OSehneider:  emendationet  Aristoplianeäe.  16& 

lae  qnantmnvis  sit  elegans,  oeteris  tarnen  meo  quidem 
n  est  probabilior.  nam  si  Homerica  significatione  (cf. 
Um  theoL  Hom.  p.  282)  positam  esse  fonnnlam  bba\  icn 
tmt,  quae  senrata  est  etiam  in  Aeschyli  loeis  a  Kockio  pro* 
nt  fere  idem  sit  qnod  £6oc  iciif  hoc  sententiae  quo  modo 
non  Video,  sin  aatem  de  institia  cogitabat,  non  intellego 
homo  impadentissimos,  putare  potaerit^  iure  se  ab  aliqno 
sid  de  statu  sno.  immo  de  nna  fati  necessitate  qua 
qneri  poterat  tenenda  igitnr  necessitatis  notio,  qnod  qoi 
tt  nt Yocibos  beVjcet  \i^  sabstitnerent  XP^tiiv  i}i*  vel  xpftcrcK 
lonstrandnm  eraty  cnr  qnis  notissimae  voci  bctv  aKam  snb- 
iterpretando  volnerit  Bergkii  antem  q)pdZuiv  öq>*  oiS  b€* 
in  quo  duae  priores  verbi  syllabae  sjnizesi  ita  eiferendae 
aa  fiant,  neque  Homeri  loco  II«  C  100  £qi6iT*,  £|i€fo  bk. 
c  dXiCTf)pa  T€V^c6at,  neque  comiconim  £&v  b^  (cf.Lobeekii 
nn.  I  p.  243. 11  p.  130)  satis  defendi  potest.  at  si  bd/jcci 
kristophanis  fuit,  non  est  sane  eo  versus  loco  nnno  positam, 
satisfaciat,  lioebitque  suspicari,  sitne  a  sno  loco  depulsnm 
e,  quae  aliunde  sinistris  avibus  in  verbomm  ordinem  im* 
qualis  vox  videatur  esse  q)paZu)V,  quod  et  statim  v.  1231 
est  et  in  v.  1230  facile  abesse  potnit  nam  com  etiam  6 
ivoc  pro  6  xpiic^öc  ir€p(  nvoc  recte  dici  potnerit  (nt  in 
Top^UJV  i|irjq)tc^a  Tbuc.  1 140,  quod  ibidem  1 139  est  tö 
ip^urv  i|irj(pic^a:  cf.  ßcbaeferus  ad  Soph.  Ant.  11),  atten- 
aidem  hominem  non  offendet  talis  oratio:  XPH^MOC  ictl 
iövou,  u(p*  ou  berjcet  |li*  firräcOm  (ex  bac  enim  forma 
tari  in  illam  potuit  nomine  ad  quod  relativum  pertinet  in 
mtiationem  relativam  recepto),  sed  minus  attendentem 
de  sententia  admonere  apposita  voce  q)pd2[uiv.  qua  voce 
m  8U0  loco  positum  apparebit  berjcet  jli\  et  video  ita  olim 
:erum  btatuisse ,  cuius  vestigiis  inscius  insÜtit  Anzius  in 
iolstad.  1871  p.  12.  uterque  enim  versum  ita  emendare 
q>*  DU  bef\ce\  bf\Tä  |li*  f)TTäcOai  |li6vou,  mirabili  consensu, 
sque  est  bf]Ta  post  berjcet  interpositum  ad  restituendum 
.  at  de  hoc  quidem  dubito,  praesertim  cum  f|TTäc0ai  per 
tenue  videatur.    aliquanto  autem  fortius  evadet  bac  inter- 

ucp'  ou  berjcet  )li*  fiiTav  firräcOm  fiövou. 
V  fiTTdcOai  erit  vere  f^TtäcOai  (im  vollsten  sinne  des 
{iegt  werden) ,  qua  ratione  Anstopbanes  Eq.  487  Kpdtov 
i,  Av.  42  Töv  ßdbov  ßabiZ:o)Li€V  et  Tbesm.  880.  Pluti  517 
3€ic  dicit,  de  quibus  cum  similibus  (etiam  Aristophaneis 
r€ic  Ach.  299,  dpxnv  fipEai  Vesp.  Ö57,  (pöpov  q)^pujctv 
subtiliter  Lobeckius  egit  in  doctissima  dissertatione  de 
mologica  (Paralip.  p.  501  sqq.)  p.  506. 


T  für  cUm.  philol.  18Su  hri.  S.  18 


170  OSchneider:  emendationes 

CXIV.  Nubium  382 

dTop  oub^v  TTiu  TTcpl  ToO  Trardtou  kqI  Tf)c  ßpovTf)c  ^'  ^blbaEoc. 
non  iniuria  in  bis  offendit  Eockius.  nam  com  Socimtat  dt  origine 
tonitrus  satis  exposuisset  v.  376  sqq. ,  Strepsiadas  dioere  non  pols- 
rat:  nondum  quicquam  de  tonUru  me  docuisH,  minime  enim  ocedi- 
bile  est  quod  TeujBTelias  sibi  persnasit,  Strepsiadem  primis  Soenlit 
verbis  (dvaTKacOuici  q)^p€cOai)  inbaerentem  fogiase  qaaepbilosoplnu 
de  tonitrus  origine  doceret.  etsi  autem  ille  de  necessitate  quaeran 
coepit  V.  379,  quam  Socrates  et  ipse  in  orationis  initio  attig«n( 
(y.  376),  tarnen  sequentia  eius  verba,  quae  snnt  de  tonitra,  8ti»> 
psiades  aut  non  audire  aut  audita  statim  obliyisoi  potoiL  andivit 
sine  dubio  et  etiam  nunc  memoria  tenet ,  et  si  repetitae  Soeratia  de* 
monstrationi  subicit  (v.  385)  verba  TOirrt  Tqi  XP^  ntcreiietv;  —  haee 
indioio  sunt  Strepsiadem  non  statim  ubi  audivit  Soeratia  da  tonitn 
doctrinam  probasse,  sed  dubitasse  etiamnnm,  nt  et  ipse  denno  de  et 
re  quaereret  et  Socrates  denuo  rem  ezponeret  addito  exemplo  aliqno, 
quod  e  communi  vita  petivit  et  quo  sperare  poterat  persnaaumm  tu- 
dem  se  Strepsiadae  (v.  386  sq.)*  ergo  v.  382  narrari  non  potnit  de 
tonitru  nihildum  ezpositum  esse,  sed  potius  boc,  nondum  eatiaid 
persuadendum  prolatum  esse,  ut  quae  adhuc  de  ea  re  a  Socrate  pro- 
lata  sint,  fere  pro  nibilo  haberi  debeant.  itaque  versom  sio  oorri- 
gendum  censeo : 

irapd  b'  oub^v  ttuj  irepl  toC  irordTOu  ical  Tf)c  ßpovTf)c  fi'  ibi- 

bofac» 

doch  so  s»ut  noch  wie  nichts  übers  donnergekrach  tmgtt  Tor  da  sa 

meiner  belehmns^. 

nam  id  fere  significat  Trap*  oub^v,  ut  Sopb.  El.  1327  irÖTCpa  irap* 
oublv  ToC  ßiou  KrjbecO'  ^ti.  cf.  Blomfieldii  gloss.  in  Aescb.  Agam. 
221.  —  Longe  alia  autem  Eookii  de  boc  loco  sententia  est,  qu 
utriusque  Nubium  editionis  vestigia  hie  latere  sibi  persoaait.  at 
mihi  quidem  inde  a  v.  374  usque  ad  v.  388  omnia  tam  arte  oohaerere 
videntur,  ut  quid  in  altera  editione  omissum,  quid  in  altera  adiectom 
sit  distinguere  nequeam. 

CXV.  Nubium  963  sqq. 

TTparrov  }xkv  (hex  Traiböc  q)ujvf)v  TP^HavToc  fiiib^v'  dKoOcar 
eha  ^bxUiy  iv  raiciv  6boTc  eurdKTujc  £c  KiOapicroO 
Touc  KUj|LirJTac  T^MVOuc  dOpöouc,  Kci  KpijLivuibT]  KaTavi90L 
veterisne  Atheniensium  educationis  fuerit  assuefacere  pneros,  ne  qnii 
eos  summissa  voce  loquentes  prae  pudore  audiret?  hoc  enim  TPuZctv 
significat:  cf.  Vesp.  741  ciTqi  Koublv  fP^^^t.    Pacis  96  cöqin|i€tv 
Xpf)  Kai  ^r)  q)XaGpov  jLiiibiv  y^iUiy.    Eq.  294.    Lys.  509.  656. 
Thesm.  1095.  Pluti  454.  599.   atque  non  dissentinnt  veteres  gram* 
matici,  ut  Hesjchius  I  p.  447  tP^^Ieiv*  ^O^TT^cOat,  X^T^iv,  qni 
tamen  mox  paulo  accuratius  interpretatur  TpüCat '  i^jüia  KpdEat  f^ 
i^p^jLia  q>8^t^<^c6ai.    at  convenienter  priori  Hesychii  loco  Snidaa 


08chn€ider:  emendationee  Aristophaneae.  171 

Ip.  1148  acripeit  TpuSou'  q^ifacOai,  KpdtSai.  £tjm.  Oud.  p.  128; 
S8  difö  ToO  fpvUxv  ToO  omaivovTOc  rfji  <pu»v^  önoKXaiui  f\  Trapa- 
XfldUXi,  ubi  qnod  praeter  irapaXaXciv  etiam  {moKÄ^ctv  vocem  signi- 
dkai,  coDsentit  quidem  Soidas  1. 1.  TpuZuj  *  8piivu),  sed  hoc  non 
quam  Hesychianom  1. 1.  Tpv^Eoi  •  •  f\  äXaiCTf)CQi,  aut  Zenodoti 
apud  Valckenariam  animadv.  ad  Anunoniam  p.  174  f  puZciv*  TP^XXi- 
{€iv,  ad  noatmm  loeom  perünet,  in  quo  nemo  oogitare  velit  de  pneris 
eaanm  vel  suam  modo  latranübus  aut  gronnientibue.  quod  si  tp^- 
&IV  fiiit  Afii^a  <p8^€c6ai,  tom  verum  non  est  ^iib^va  diKoGcat 
qMiivftv  ircuböc  tP^ovtoc,  quod  si  veteres  volebant,  poeros  debebant 
cnpera  mntos.  atqui  vel  sine  testimonio  libenter  concedimns  Athenis 
qsoqne  parentes  domi  inira  privatos  parietes  aut  si  qua  alibi  occasio 
«aty  nonnnmqoam  Inbeniissime  andivisse  pueros  loqaentee.  qaam* 
quam  foit  fine  dubio  ubi  pueros  nudlent  silere,  velut  si  quando  alii 
hominai,  aeniores  inprimis  et  severiores,  adessent  aut  si  pueri  essent 
in  pnblieo.  eiue  modi  igitur  aliqaid  addendum  erat  loco,  utintellegi 
leeta  poiaet.  et  re  vero  olim ,  siquid  video ,  additnm  fuit ,  etsi  quod 
fiut  olim,  mmo  librariorum  incuria  alieno  i^paret  loco.  nam  cer- 
tiieimnw  mihi  eet  ipsum  Aristophanem  scripsisse : 
wpuiTov  iktv  £ö€t  Tratb6c  q)ujvf|v  tp^Zovtoc  fiT]b^v ' äicoCcai 
iv  rate IV  öboic*  cTra  ßabiZctv  eördicTuic  tc  KiOaptcroO 
Touc  Kuifi/jrac  äOpöouc  t^MVOüc,  K€t  Kpifivibbii  xoravicpoi. 
timnl  enim  TpiUlovTOC  reposui.  quis  enim  um  quam  suis  ipsius  auribus 
sodivit  vocem  hominis  1  o  c u t  i?  nam  ceteri  omnes  audimus  1  o  q  u  e  n  - 
tes.  tom  T^MVOUC  et  diOpöouc  suum  qui  hucusque  fuit  locum  com- 
motare  insai,  ne  fufivouc  ab  iis  verbis  divellatur  quibuscum  artiusime 
cdiacrei,  ei  Kpifivübbii  KaTaviq>oi.  postremo  verba  iv  raiciv  öboic, 
qoaa  ad  primam  sententiam  retrazimus,  huic  sunt  necessaria,  at 
fuperflua  in  altera,  oeterum  etiam  Lycurgus  Spartiatarum  pueros 
^v  TaTc  öboic  . .  cit4  TTopeuecOai  voluit,  ut  Xenophon  de  rep.  Laced. 
3,  4  memoriae  prodidit. 

CXVI.  Nubium  542 

oubt  TrpccßuTTic  6  X^T^v  Tdnn  t^  ßaKxnpiqi 
Tuniei  TÖv  TTapövT\  dqKxviluJV  iroviipd  CKu^myLora, 
oub'  €iqjE€  bqJt>ac  £xo^\  oub'  loO  lou  ßoqi. 
ntminem  criticorum  in  bis  offendisse  miror.   nam  cum  Aristopbanes 
demonstraturus  sit  musa  sua  comica  quam  cu)q)pujv  semper  fuerit,  ut 
qua»  aversata  sit  aliorum  comicorum  scurriles  facetias,  quales  enu- 
mermt  singulas  quasdam,  non  potuit  hie  praesenti  tempore  uti  tutttci 
et  ßoq,  sed  debebat  praeterito,  ut  fecit  in  reliquis  exemplis  (fjX6€, 
laaij^߀ ,  €iXkuC€V,  cici^Ee).    et  ßoa  quidem  facile  in  ordinem  cogi 
potMt  Bchbendo  oub'  iou  iou  *ßöa,  sed  alteri  vitio  ut  occurraiur 
Yelim  ab  aliis  inveniri  facilius  remedium  quam  hoc  est  meum : 
TdvnapövT'fTüTTT*,  dqKxviluiV  Tioviipd  CKuimLiaTa. 
cbittr  de  totius  loci  sententia  dicendum  mihi  esse  video ,  in  quo  de 
aaioi   alicnios   comici  poetae  insulsitate  agi  patet.    aliter  tarnen 

12» 


172  OSchneider:  emendationes  Aristophaneae. 

scholiastae  sentiebant,  siquidem  ad  verba  0Ö5^  Trp€cßuTi)C  6  V^TUIV 
adnotatam  est :  (bc  GuttoXic  iv  TOtc  TTpocTroXTioic  *  fj  die  de  tqOto 
TÖ  jLi^poc  €ue7ri90pov  övia  "GpiiimTTOV  —  sed  ad  verba  Tuirrei  t6v 
Trapövia  baec :  toOto  eic  "€p)yiu)va  (C^pjLiuiva  cod.  V,  CtfA^pjuuuvQ 
Dindorfius)  \ife\  töv  uiroxpiTriv.  Ka\  Tcip  £k€ivoc  toO  T^Xfiv  xipiv 
Touc  ^TT^c  ^CTÜJTQC  Ituhtc  tQ  ßaicnipi<)i.  et  EapolidU  quidtm  me- 
moriam  Meinekius  cum  aliis  ad  Prosp.  fr.  II  (com.  gr.  11  p.  633  sq.) 
rettulit,  ubi  tarnen  nibil  nunc  legitur  quod  comparari  possit  nid  boe: 
TÖ  CKU)|Li^'  dceXT^c  Kai  MexocpiKÖv  Kai  cq)öbpa  i|iuxpöv.  nee  multnin 
fidei  scboliastae  bic  quidem  babebimus,  quoniam  statim  Hennippnm 
quoque  nominat.  quod  autem  de  Hormone  tradit,  nibil  yalet  ad  de- 
monbtrandum  in  aliqua  eius  comoedia  fuisse  Trp€cßuniv  TUTCTOVra 
TÖV  irapövra.  nam  ipse  scboliasta  bunc  Hermonem  appellat  öiro- 
KpiTiiv,  non  poetam  comicum,  qualem  bic  desideramus.  niai  Hermoa 
sive  Simermon  etiam  poeta  comicus  fuit,  quae  admodnm  incerta  Din- 
dorfii  coniectura  est.  cum  igitur  scboliastae  adnotatio  nihil  niii 
auTOCX€biac|Lia  esse  videatur,  ex  ipsis  tamen  Aristophanis  verbis 
certum  est;  novisse  eum  comoediam  auctoris  nunc  incogniti,  in  qua 
senex  aliquis  erat  verberandus  non  lingua,  sed  baculo  —  hoc  enim 
valent  verba  6  X^T^v  Itth  tQ  ßdKTiipiqi  —  quo  effecit  ut  plane  omitti 
possent  irovT]pd  CKOüjLijLiara,  quae  propter  baculi  strepitom  et  YWpOr 
lantis  hominis  clamorem  nemo  auditorum  audivisset. 

CXVII.  Lysistratae  173 

oux  ac  iröbac  k'  fx^vii  Tai  Tpifjpiec. 
sie  Lampito  Lacaena  respondet  Ljsistratae  quae  dixerat  malierei 
Atticas  persuasuras  esse  civibus  ut  pacem  facerent.  quae  recte  inter- 
pretatur  scboliasta:  ouk  &v  dTOiev  oi  *A6iivaioi,  Suic  &v  OaXocco- 
KpaTÜJCiv.  unde  primum  patet  oux  ei  totius  cnuntiationia  inatar 
fuisse  (ou  7T€ic€T€).  quod  si  verum  est,  ut  est  sane,  commate  inter- 
posito  negationi  accentus  concedendus  est  ut  Lys.  208.  Ecd.  1078 
et  alibi  saepissime.  sed  quod  idem  scboliasta  de  Atheniensinm 
6aXaccoKpaTi()L  dicit,  etsi  sine  dubio  verum  dicit,  tamen  nimis  libere 
poetae  verba  interpretatus  est,  unde  ipsis  verbis  poetae  corniptis 
auxilium  peti  nequeat.  et  emendare  conatus  est  Valckenarius  Dia- 
tribes  in  Eurip.  p.  235,  cui  quod  placuerat  äc  TTÖbac  f*  Ix^VTi  re- 
ceperunt  Engerus  et  Meinekius,  iröbac  intellegentes  funes  qnibns 
tenduntur  vela  {schoten:  cf.  Boeckbii  Urkunden  über  das  seewesmi 
p.  153  sq.)«  quae  sane  non  inepta  emendatio  est.  nam  si  iröbac 
istos  naves  babent,  simul  paratae  sunt  ad  navigandum  mariaqne  Im- 
perium tenendum.  sed  non  minus  apta  et  acuta  Bergkil  est  emen- 
datio ac  CTroXdc ,  quae  ab  ipso  tamen  auctore  in  editione  spreta  est, 
otsi  etiam  ab  Abrensio  de  dial.  Dor.  p.  109  est  facta,  neqne  ad« 
versatur  nee  Doriensium  consuetudo  saepe  cir  pro  CT  substituentiam 
(cf.  Abrensius  1. 1.)  nee  sententia.  nam  si  CToXdc  suas  babent  naves, 
sane  sunt  ad  navigandum  paratae.  itaque  alterutrum  si  eligendnm 
esset,  difficilis  esset  optio.    at  neutrum  tamen  verum  esse  arbitror. 


OScluieider:  emendatiofaes  Aribtophaneae.  173 

BAm  codax  BaTennas ,  a  qno  solo  in  Ljsistrata  emendationem  pen- 
den  ooBstati  ciroubac  habet,  qnod  cnm  in  tertia  versus  sede  longam 
Tocalem  habeat  plane  illegitimam,  tali  vitio  laborat  quäle  vel  librarii 
rix  admittere  potuisse  videntur,  ut  Laconismum  potius  quendam  ab 
Ariaiopbane  consulto  admissum  quam  librarii  vitdum  subesse  credas. 
atqne  Aeolom  et  Dorum  communis  haec  fuit  consuetudo,  ut  in  multis 
Tocabnlia  u  sonaret  iis  non  y,  sed  u  (ou) ,  sive  id  longum  erat  sive 
brere:  cL  Ahrensius  de  dial.  I  p.  180  et  II  p.  124  sqq.  ita  K0ÖV€C 
dieebant  pro  kOvcc,  et  Priscianus  Inst.  I  36  scriptum  alicnbi  esse 
refert  KaXXtxöpui  x^ovöc  Oöpiac  OouTorrcp,  quem  Corinnae  versum 
patant,  enios  poetriae  etiam  aliunde  novimus  versus  hosce :  irpo9a- 
vdc  T^oimou  Sei  Tic  dtbiuv  (fr.  17),  XiTOupoKUüTiXiic  ivöinic  (fr.  20), 
^^iqx>|iii  bk  KiP|  XiTOUpäv  Mouprib'  luivfa  (fr.  21).  ad  hanc  igitur 
Dormam  qnae  formata  sit  vox  requiritur,  cuius  priorem  syllabam  per 
u  Tiilgo  pronnntiatam  Lampito  suae  dialecto  convenienter  pronun- 
tiaverit  per  breve  ou.  suspicor  autem  hanc  vocem  fuisse  tuXt), 
pnlvinna,  quam,  ubi  quidem  KV^q)aXov  significet,  Atticam  esse 
atgant  Atticistae  Moeris  p.  229,  Pbrynicbus  p.  173.  adde  Herodia- 
nom  ircpl  ^ov.  n  p.  944,  23.  quamquam  Eupolidem  (KoX.  fr.  21)  ita 
intelleziaae  vooem  tdZovra  monet  PoUnz  VII  39,  item  Sapphonem 
Herodianna  L 1.  nee  magis  Attica  videtur  ea  significatio  friisse  quam 
hie  fltatuoy  ut  significaret  pulvinum,  quem  in  transtro  sedentes 
remiges  natibus  subiciebant.  nam  Attici  hoc  vocabant  äTn]p^ciov 
teste  laoerate  de  pace  48  (cf.  Sintenis  ad  Plut.  Them.  4  p.  30).  non 
vereor  autem  ne  quis  arbitretur  nimium  mihi  concedi,  dum  Lampi- 
tonem  ttatuo  TuXiiv  quam  norat  suam  ad  rem  navalem  ita  rettulisse, 
ot  dieeret  Athenienses  nunc  semper  habere  triremes  ad  navigandum 
paratas.  nam  si  inerant  TuXai,  id  indicio  erat  naves  paratas  esse, 
qooniam  qui  naves  relinquebant  remiges  i/nrip^Cia  secum  deportare 
mrsua  solebant,  ut  patet  ex  loco  Isocratis.  iam  quantum  satis  est 
eommendatum  putaverim  hunc  emendandi  conatum : 
oöx,  dcTOÜXact'  ^X^vti  lal  rpii^piec, 

gewis  nicht,  so  lang*  auf  den  schiffen  ruderkissen  sind. 

poterat  autem  ex  de  ad  TOuXac  facile  c  repeti,  et  TT  et  T,  item  A  et 
A  quotiens  male  confusa  sint  nemo  nescit.  sed  quod  Bergkius  et 
Meinekina  pro  t'  scribi  k'  iubent,  ego  non  improbaverim  omissam 
«aae  particulam  condicionalem,  non  magis  quam  Pacis  32  t^ujc  £(jüC 
coutÄv  Xd0r)C.   ac  vide  Hermannum  de  part.  &v  p.  109  sq. 

CXVIII.  Lysistratae  664 

dXX*  fiT€T€,   XcUKÖTTObeC,    OlTTCp  d7T\  Aci^lUbpiOV  flX90)Ll€V,   ÖT* 

fj^ev  Jti, 

vuv  b€i  vOv  dvrißf^ai  TtdXiv  KävanTCpoicat 

iräv  Td  cüüfia  Kdiroceicacdai  tö  T^pac  TÖbc. 
primuj  versus  admodnm  suspectus  est,  quem  qui  Hermanni  recipien- 
tes  conieetnram  XeuKÖnobcc   Botbius,   Meinekius,  Engerus  (nam 


174  OSchneider:  emefidationes  AriatopliLaaete. 

Bergkius  nihil  monito  lectore  vulgatum  XuKdrrobcc  retiniiit)  per- 
sanatum  credidisse  videntar,  yereor  ut  quantum  saus  fit  looom  «i* 
pediverint.  nam  etsi  recepto  XeuKÖTTObcc  metricnm  Titimn  raUstam 
est  (in  antistropha  enim  legitur  y.  690  vOv  Trpdc  fy*  Itui  Tic  Iva 
piP|  etqs.) ,  non  perspicitur  tarnen  quo  iure  Tel  ex  oaiiuiiHn  higtoriae 
fide  XeuKÖTTobac  ipsi  sese  appellent  senes,  qni  dam  bortaatar  se ad 
acropolim  mulieribus  eripiendam,  eins  texnporis  meminenmt  quo 
Athenienses  Lipsjdrium  profecti  eint,  nihil  enim  proficit  a  Pseoda- 
nacreonte  31  memoratus  XeuKÖTTOUC  'Op^cnic,  quem  Mehlhomiiu 
p.  56  Euripidis  quendam  versum  secntns  interpretator  'fiorore  eor- 
reptum',  Bergkins  autem  PLG. '  p.  1051  proprio  XuKÖifOba  nomi- 
nandum  fuisse  contendit ,  cum  exales  et  eztorres  cum  lapis  aolüoi 
esse  comparari  JGrimmius  in  Antiq.  iuris  Oerm.  p.  733  probayerit 
quod  autem  maiimum  est,  XuKÖrrobec  non  solum  Bayeniuui  tonst 
cum  ÜB  qui  accurate  eum  codicem  descripsemnt,  sed  etiam  gnuDma- 
tici  ita  tuentur,  ut  Aristophanis  loco  ad  antiquissimam  Attioae  biito- 
riam  revocato  yocem  XuKÖirobec  inde  apte  interpretentnr.  et  piinuim 
audi  doctum  ad  h.  1.  scholion  quod  tale  est:  XuKdirobac  ^KdXouv, 
ibc  \iky  'ApicTOT^Xric,  touc  tuiv  Tupdvvuiv  bopiKpöpouc  xoöc  yip 
äK)Lid2[ovTac  tiDv  oIkctüüv  ItA  t^  toO  cdifioroc  (puXaicQ  £paXXov 
(f  Xaßov  reete  ex  uno  aliquo  Suidae  codice  Duebnerus  p.  bQS  oor- 
rexit,  itemque  Valentinus  Böse  Aristotelis  pseudepigrs^hi  p.  417). 
XuKÖTTobec  bk  ^KaXcOvro,  6ti  h\ä  Travröc  cTxov  toöc  iröbac  Xukuiv 
b^pILiaci  TT€ptK€KaXu|Li^^vouc  ijJCT€  M^  iniKaiccOat  Ik  toO  itepUxov- 
Toc  (corrigendum  yidetur  ^TTiKvaiecOat ,  ne  laederentnr  pedes 
hoc  tegumento  defensi).  nv^c  hi  XuKÖirobac  bia  TÖ  (X€\y  iiA  vSn 
äcTTibuiv  ^iriciiiyiov  Xukov.  6  bk  *ApicToq>d[Viic  i(pr\  toOc  vGv  Xero* 
^^vouc  'AXK)iaiuivi&ac.  outoi  fäp  iröXeiiiov  dpd^evoi  irpöc  ^lintfaiv 
TÖv  Tupavvov  Kai  touc  TTeicicrpaTibac  ^reixtcav  tö  Aetipubpiov 
—  et  ad  V.  666  Aei^iubpiov  x^ipiov  xfic  *ATnid)c  ircpl  ifjv  ITd^ 
VTiGov,  €lc  ö  cuvfjXOöv  Tiv€c  4k  toO  ficT€oc,  djc  qniav  ^Apicrorfi^iic 
£v  'AOrivaiuiV  iroXiTcia  —  quae  in  usum  suum  Suidas  11  p.  633 
convertit  verba  singula  describens,  nisi  quod  in  initio  Aristotelis 
memoriam  omisit.  ex  eodem  fönte  sine  dubio  ea  quoque  mananut 
quae  Photius  lex.  p.  235  (Cantabr.)  habet:  XuKÖTTObac  *ApiCTO- 
qxiviic  AucicTpÄTri  touc  irpöc  Imtlav  dtuivica^^vouc  itti  Actiini- 
bpiip  djc  T€vva{ouc.  fXcTov  t^ip  toöc  bopuq)öpouc  T(&v  rupdvwiv 
biä  t6  xaTetXeTcOai  b^p^aci  (adde  XuKurv)  toöc  Ttöbac  koI  Xuicd- 
TTobac  elvai  •  t\  b\ä  tö  Xukov  ixew  iTricrwiov  in\  Täte  dciriav  dnrA 
Aiovuciou  TTpd)T0u.  sed  etiam  ditior  Apostolius  X  91  p.  512  ad. 
Oott.  est  (quem  sequitur  Arsenius  Viol.  34,  24):  XuKÖirouc  €?*  f{TOW 

TÜÜV  TUpdvVUJV  oIk^TIIC  TOUC  Täp  bOpUfpÖpOUC  TUiPV  Tupävvuiv 
OÖTU)C  dxdXoUV  bld  TÖ  TOUC  ÄK/LlälCVTaC  TUJV  oIk€tuiv  irti  Tfll  TOO 

cu))LiaTOC  (puXaicQ  ßdXXctv  (scribe  Xaßeiv  com  Leutschio).  Xukö- 
TTobec  bi  dxaXouvTo,  6Tt  bid  iravTÖc  cTxov  touc  itöbac  XAcurv 
b^p^aci  xcKaXuMp^vouc ,  djcT€  ^f|  dniKaiec^at  (imicvalecdai?)  tK 
Tou  TTcpi^xovTOC    f{  bld  TÖ  ^x^^v  iiA  Tf|v  dcniba  ^Triouuiov  Xikov. 


OSehiitider:  emendationes  Arittophaiiete.  175 

OQBÜr»  iMüBorai  est  Hecyehü  loons  quem  HSobmidtiiiB  m  p.  66  ita 
adiAt:  Ainc6iioiycc*  o\  'AXiquiatuivibai,  o\  fiiv  Tivec  biA  Tf|v  i&i^ 
«oMbv  kcuKÖnrra  ....  fjcov  T&p  de!  öirobcbcfi^vot ,  ego  »atedi 
«Harn  in  fiae  laoenim  indicaTerim.  nam  qni  a&tea  dixerat  ol  ^ 
ttvcc,  ia  aliomm  qooqne  ae  adiectnmm  esse  aenteiitiaia  promittity 
ftalam  rriiqui  gFammatiei  babent.  eademqne  lacuna  fortassebaiutQm 
«at  atiam  enios  mentioiie  ad  intellegendam  aantentiaiit  Tel  matime 
epoa  eat,  pellia  hipmae  (ÖTrobcbc^^ot  b^pjiact  XäKuiv*  o\  bi 
TIV6C  •  .  O)  >^  altimnm  boc  in  priore  lacuna  dieiom  fiiiaae 
Bdiondtioa  atatnit,  qnae  tarnen  nnlla  foit,  si  concedatur  olim  scrip- 
tm  ftnaae  bi&  rfjv  tfSv  irob<&v  XuKÖTtiTa  (i.  a.  wegen  der  wolfe- 
artigkeit  der  fttaäe,  eoUatis  anVstantivis  dv8pum6TT|C,  9f\fn&n\Cf 
veoviötTiCt  irotTpdnic,  'AOnvcetörr^c  aliiaqne  mnltia  apnd  Lobeokinm 
ad  Buttinanai  graaun.  gr.  II  p.  418  sq.)«  eed  boc  ntat  est,  nemo  carte 
ex  Heajebii  boc  loco  Hermanni  coniectnrae  XcuKÖirobec  aoxiliam 
aiiqiiod  qoaeeiTerit.  immo  Hesycbins  cnm  eeteris  grammaticiB  et 
aAoliaatis  adloa  noTerat  XuKÖiroboc 

Conatabat  igitnr  ex  Aristotelis  teetimonio,  qni  de  bao  re  egit 
if  t4  'A8i|vcrfuiv  TroXtreff,  veteres  Athenienses  appellayisae  Xuk6- 
ncbac  eoa  qni  tjrannonun  miniatri  esaent,  eoaqne  nomen  babniase 
aanm  a  peltibna  Inpinia  qnibna  tectos  baberent  pedea,  ne  in  yiia 
laaderentnr.  neqne  minim  cniqnam  Tideator,  quod  acboliasta  et 
Photiaa  atqae  Heajchius  Alcmaeonidaa  admiacent,  qni  et  ipsi  prope 
Irinm  fortiaaime  dimicabant.  bonun  enim  grammaticorum 
iabaerebat  proverbinm  illud  irA  A€ti|nibp(qi  fidxv)  (Apoato* 
Kna  Vn  p.  414  cnm  ann.  Lentacbii),  qnod  ln\  Tfbv  dvbpeCuic  icfiXh 
viCo^Vttiv  valebat.  Alcmaeonidamm  igitur  mentio  soll  debetnr 
acboliaatae  et  Photii  Hesychiique  memoriae.  et  sane  Aristopbanes 
qnoqoe  yiros  fortissime  prope  Lipsjdrium  pngnantes  indicare  vole- 
bat,  qni  tmcidari  in  proelio  malebant  quem  loco  cedere.  qni  unde 
Xuicdirobcc  appellati  fuerint,  ita  affirmant  testes  onmes,  ut  dubitari 
neqneat  quin  a  XOkoic  nomen  acceperint  baec  autem  voz  cum 
priorem  ayllabam  nbique  brevem  babeat;  ubi  longa  opua  est,  apparet 
abeaae  nnam  ayllabam  brevem,  qnae  facillime  ita  restituta  erit:  dXX' 
dTCT*  It€  XuKÖTTObec,  oTir€p  etqs.,  ut  totius  loci  baec  sententia  sit : 

wolft/Bssige,  marsch !  wie  wir  ^en  Leipijdrion  sogen  hinauf  dasumalf 

als  waren*«  wir  noch. 
jtlst  BUts,  jetst  erblühen  wieder  neu  und  aaf  sich  aehwingen 
der  leib  nnd  abgesohtttielt  werden  soloh'  alterslast. 


de  dfET '  (tc  cf.  Nub.  860  dXX*  {Ol  ßdbtie ,  ubi  aimilis  pleonaamus 
est  aed  paulo  obscurins  dictum  St'  fijüiev  ^Tt,  ad  quae  ezplicanda 
acboliasta  ad  y.  667  bariolatur  affirmans:  Xciirei  vei(»T€poi.  at 
haee  qnidem  voz  ita  omitti  non  potuit  debebatque  potius,  hoc  si 
ageretnr,  scboliasta  dioere,  verbum  elvm  bic  cum  empbaai  esse  po- 
aitiim  prägnanter;  ut  significaret  vere  esse,  i.  e.  viventes  vires 
habere  soas,  quemadmodum  a  Demostbene  de  cor.  p.  348  dicitur 
UrvTiuv  *A6r|vafuiv  KCd  6vtuiv,  etsi  gens  illa  nondum  erat  extineta, 


176  OSchneider:  emcndationeB  Aristophaneae. 

aut  Eur.  Hec.  282  ^iva  etiamtum  Hecuba  de  se  praedicat:  KÖrph  xdp 
fjv  ttot',  dXXd  vOv  ouk  cTfix'  £ti,  aut  Aristophanes  Ach.  1185  6cpd- 
TTOVTa  facit  dicentera  ouk^t'  €1^'  if\Sj,  Av.  577  autem  hominet  diät 
putare  se  cTvai  tö  ^iib^v  (de  boc  vide  Matüiiae  gr.  gr.  II  p.  817). 
at  quid  Tetat  quominus  ex  superiore  enuntiationis  parte  subintelle* 
gamus  6t'  i'i^cv  £ti  XuKÖirobec  i.  e.  quando  eramas  etiam  iyxan- 
norum  imperio  subiecti  ?  —  lam  de  metro  restat  dispntatio,  qaod  ia 
Yulgata  scriptura  violatum  esse  nemo  iam  negaverit.  negat  tamea 
Bergkius  ad  PLG.  p.  1051 :  'apud  Aristopbanem  in  Lys.  667'  inqnit 
*Hermannus  praeter  metri  necessiiatem  censuit  XcuKÖifoboc 
scribendum.'  videtur  igitur  Bergkius  statuisse  primam  vocis  aylla- 
bam  natura  longam  esse ,  quod  vereor  ut  alia  ulla  vocis  XdKOC  com- 
positione  demonstrari  possit.  mihi  multo  credibilius  Yidebator  sti- 
tuere,  ante  primam  brevem  vocis  syllabam  excidisse  alteram  brevem, 
ut  duobus  primis  creticis  qui  sunt  in  antistropha  v.  690  (vOv  irpdc 
^p'  Ttuj  TIC  Iva)  hi  respondeant  in  stropha:  -v^wv^s^o^^ww.  quim- 
quam  aliud  in  promptu  non  babeo  exemplum,  ubi  in  antistrophids 
carminibus  sibi  respondeant  cretici  diverse  modo  soluti  nid  At. 
1065  sq. 

dx  xdXuKoc  auEavö)Li€va  t^vuct  TioXuq>dTOic 

b^vbpeci  T'dq>€2[ö)Li€va  KapTiöv  dnoßöcKCTat, 
quibus  respondent  in  antistropha  v.  1095  sq.: 

flvlK*  Sv  6  GecTT^cioc  6Eu  \xiKoc  dx^rac 

6dXiT€Ct  peciiMßpivoic  f)Xiopavf|c  ßo$, 
quamquam  non  dissimulabo  in  Avium  versibus  nuperos  criticoe  de 
£criptura  dissentire.     at  in  Lysistratae  loco  nescio  an  metri  in- 
solentiae   excusatio   peti   possit  ex  nomine,  quod  quodam  modo 
proprium  est. 

CXIX.  Lysistratae  723 

Tf|v  M^v  T€  TTpiüTTiv  biaX^TOucav  Tfjv  dirfiv 
KQT^Xaßov  5  ToO  TTavöc  icix  TaöXlov, 
Tf|V  b'  Ik  TpoxiXioc  aö  KaT€iXuc7ruJM^vi1v, 
Tf|v  b'  auTopoXoOcav,  Tf|v  b'  inX  CTpou6ou  >i(ov 
fJbTi  TT^T€c8ai  biavooup^viiv  Kdriw 
€lc  *OpciX6xou  etqs. 
baec  ab  ipso  Aristophane  ita  scripta  esse  ut  putem  non  videor  ad- 
duci  posse.   narrat  enim  Lysistrata,  mulieres  quae  secnm  aoropolim 
occupaverint ,  iam  aegre  ferentes  virorum  absentiam  stadere  at  de* 
mum  refugiant  atque  ad  vires  redeant,  etiam  maximeinsolitafngieadi 
ratione  utentes.   qua  in  re  permirum  accidit,  quod  tertia  mnlier  sim* 
pliciter  dicitur  auTopoXeiv.  quasi  vero  prima,  secunda,  qnarta  mnlier 
non  item  dici  debebant  transfugae ,  sive  iis  contingebat  at  domnm 
venirent,  sive  ex  fuga  retrahebantur.    quoniam  igitar  de  proprio 
mulierum  ordine  quae  simpliciter  auTopoXoöcat  appellantar  nanari 
nequit,  non  novum  bic  genus  intellegi  debet,  sed  aöio^oXoOcav 
referendum  est  ad  eam  mulierem,  quam  Lysistrata  modo  narraverat 


OSchneider:  emendationes  AriBtophaneae.  177 

bi  rpoxiXtac  kotciXuciiui^^viiv,  ut  eadem  femina  hao  ratione  etiam 
tnatfagere  Tolaisae  dicator.  quod  si  est,  non  iam  tenendum  erit 
tJtv  b*,  aad  eorrigi  debet  T^b'  auTopoXoCcav,  i.  e.  hac  via  auTO- 
^oXoöcov.  offendit  autem  aÖTOpoXoOcav,  ut  nunc  demum  video, 
eüam  alios,  velut  Baohmannum  coni.  in  Aristoph.  spec.  p.  56,  qui 
raeeio  illo  Terbo  novom  procudit  versum  hunc :  Tf|V  b'  au  T€  MÖXtc 
ivO^vb'  in\  CTpouOou  ^tav.  atque  aliud  quid  haerere  in  isto  verbo 
eüam  Herwerdenus  stud.  crit.  in  poet.  scen.  p.  54 ,  sed  quid  lateat 
non  reperire  se  faasus  est.  [ceterum  Herwerdeni  neque  'studia  cri- 
tiea'  neque  ^appendicem  ad  studia  critica'  neque  ^adnotationes  criti- 
caa  ad  Tbucydidem  .  .  Aristopbanem'  meis  ipse  oculis  usurpaveram, 
com  in  bis  annal.  1878  p.  644  scribebam,  Vesp.  1373  mihi  videri 
leg«ndnm  esse  £c<ptTM^VT^v,  quod  et  ipse  Herwerdenus  app.  p.  7  con- 
ieeeimt.  eaius  coniecturae  laudem ,  si  qua  est ,  libenter  doctissimo 
Tiro  ooneedo.  sed  non  item  probo  quas  alias  ibi  profert  coniecturas, 
Teint  quod  stud.  crit.  p.  49  commendat  töv  btvov  Ach.  1137  pro 
TÖ  bciitvov,  ubi  quod  ipse  1. 1.  1878  p.  107  commendaveram  tö  V 
hrviov  etiamnunc  magis  placet.] 

CXX.  Ecclesiazusamm  951  sqq. 

bcOpo  bf|  bcOpo  brj , 

<piXov  £möv,  bcGpö  poi 

npöceXOe  Kai  £uv€uvoc, 

Tf|v  €uq>pövTiv  q>(Xoc  öttuic  Trjvb"  icex. 
in  corrigendo  boc  loco  corrupto  Dindorfius  Hermannum  elem.  doctr. 
metr.  p.  202  secutus  est.  incipit  autem  ab  bis  verbis  Carmen  puellae, 
coi  mox  iuvenis  respondet.  sed  quamvis  initium  et  finis  utriusque 
carminis  ipsis  verbis  repetitis  manifesto  doceant  poetam  operam 
dedisse  ut  accurate  alterum  alteri  responderet,  tarnen  non  ea  re- 
sponsio  est,  ut  pes  pedi  congruat.  velut  v.  953  q)iXov  £^öv,  beCpö 
MGI  boic  respondet  antistropbae :  kqI  cu  ^oi  KaTabpa^oO(ca) ,  ubi 
Hermannas  1.  1.  dubitari  posse  dicit  an  q>iXov  i\i6\  et  beupö  ^ot 
rectius  locum  commutent,  sed  ego  quidem  non  item  dubitaverim, 
com  alibi  quoque  in  bis  carminibus  videam  pedum  formam  solutam 
re«pondere  fonnae  integrae.  haec  igitur  incongruentia  ipsi  debetur 
poetae.  sed  alibi  congruentiam  pessum  dederunt  librarii  vel  omit- 
tendo  Tel  addendo  vim  orationi  facientes.  ac  v.  953  librarii  depra- 
Tanmt  onins  cretici  maiorem  partem  omittentes,  ut  docet  versus 
aotialropbicus  963  (Tf|vb*'  ei  bi  ^rj,  KaTanccibv  KeicoMOiO*  ^^^^ 
damaun  Hermannus  resarcivit  inter  öttuic  et  €c€t  infarciens  Trjvb', 
ego  aatem  probabilius  resarciri  posse  censeo  hac  ratione : 

T^iv  €Öq>pöviiv  €Öq)povdT*  öiruic  &€i. 
aam  cum  in  voce  e^kppövii,  ubi  noctem  significat,  primitiva  Tocis 
Botio  fere  delitescere  soleat  (proprio  enim  est  quae  laetUiam  afferty 
quod  facit  nox  praebens  vel  corpori  defatigato  requiem  et  somnum 
Tel  amstori  gaudia  amoris) ,  hinc  non  est  mirum  quod  puella  hanc 
Doctem ,  quae  quidem  amoris  gaudia  ipsi  promittat ,  quasi  napCTU- 


178  EHiller:  zu  den  Vögeln  des  AriBtophanes. 

poXoToGca  appellat  6uq>p6viiv  6Cq>povaeo  dioendi  gmere  ntens, 
quod  docte  Lobeckius  explanavit  in  Paralip.  p.  586,  penmlgmtam 
dicens  et  neque  ioco  neque  serio  quaesitum,  sed  sponte  obortnm, 
inter  alia  afferens  Katp6c  eÖKaipoc ,  €(kK€irroc  CK^iffic ,  Ifioc  c0r|9€C 
et  quod  inprimis  noBtro  simile  est,  eöiropoc  cöiropfo.  atqne  ad- 
notavit  ibidem  etiam  Aristophanicnm  eÖKTaiai  eixjoA  At.  1060. 
quod  si  quis  nostrum  aliquem  histrionem  haec  loqnentam  aadire 
capierit,  hoc  erit  carminis  initiam : 

hier  doch  her,  hier  doch  her, 

liebster  meiHf  her  zu  mir, 

o  komm  und  sei  die  naeht  durch, 

*ne  freudennacht,  jetzo  mein  bettgenoss. 

GoTHAE.  Otto  Sohmudbb. 


25. 

ZU  DEN  VÖGELN  DES  ARISTOPHANES. 

1.  Zu  anfang  des  Stückes  wandern  die  beiden  Athener  in  Oder 
felsengegend,  wo  schlieszlich  jede  möglichkeit  weiterzukommen  auf- 
hört (y.  20  ff.),  rathlos  hin  und  her.  bei  dem  ausruf  des  einen  olpoi 
y.  12  bemerkt  der  andere  cu  ^^v,  dt  TÖv,  Tf)V  btöv  TauTr|V  IBt 
hierzu  findet  sich  in  den  scholien  die  erkl&mng  iroiZiUV  <pT1ci  *  TOU- 
T^CTt  Tf|v  eic  TÖ  oImoi  öböv  ßäbiCe.  diese  auffassong  erscheint 
mir  sinnlos,  welcher  scherz  soll  darin  liegen?  und  wie  ist  et  ftb«^ 
haupt  denkbar,  dasz  aus  einem  so  gewöhnlichen  ausmf  wie  olfioi 
ohne  jede  yeranlassung  ein  «weg  zum  olfiiOi»  gemadit  wird?  das 
wort  öböc  ist  yon  y.  6  an  nicht  mehr  angewendet  worden,  die  mo- 
dernen interpreten  stimmen  der  erklärung  des  scholiasten  bei,  Muh 
Bergler,  wenngleich  derselbe  etwas  yerständiger  umschreibt  'haae 
yiam,  nempe  illam  ubi  oIjLiot  clamandum  est',  das  richtige  liegti  wie 
mir  scheint,  sehr  nahe,  es  ist  einleuchtend  und  auch  bereits  beneikt 
worden,  dasz  Euelpides  oT^ot  ausruft,  nachdem  er  geatolpeit  (oder 
auch  hingefallen)  ist.  bisher  nun  sind,  wie  wir  meiner  meiasag 
nach  anzunehmen  haben,  die  beiden  bei  einander  geblieben;  udi 
diesem  Unfall  aber  trennt  sich  Peithetairos  Ton  seinem  genossen  ndt 
den  Worten  *den  weg  geh  du'  und  yersucht,  wShrend  Enelpidei 
die  yerse  13 — 21  spricht,  sein  heil  auf  einem  andern  teile  der  bOliMi 
aus  y.  21  f.  ergibt  sich  dasz  sie  an  dieser  stelle  des  dialoge  nemlieh 
weit  aus  einander  sind :  ou  j&p  icT*  ^vxaOOd  Tic  öböc.  IT  0  u  b^  |yiA  Äi* 
dviauOd  t'  äipanöc  ouba^ioO.  eine 'directe  beziehung  der  weite 
Tf)V  öb6v  TauTiiv  zur  inteijection  oTpoi  findet  also  gar  nicht  statt 

2.  Beyer  mit  y.  287  der  chor  der  24  yögel  sicht^  wird,  treten 
y.  267 — 286  yier  einzelne  yögel  auf,  deren  erscheinen  dem  Wiedehopf 
und  den  beiden  Athenern  zu  einigen  für  unsem  geschmaek  rseht 
frostigen  und  witzlosen  bemerkungen  anlasrgibt.  hOchst  wahraehein- 
lich  sind  alle  yier,  jedenfalls  aber  die  beiden  letzten  mit  ei&er  srt 


EHiUer:  so  den  Yögebi  des  Axiatophaiief.  179 

\maA  rwnAmki  dcnii  beim  yierten  wird  gefiragt  rk iroO*  f|  Xö<puiac 
Ij  TfBv  öpv^uiv;  (▼.  291),  imd  der  dritte  gleicht  dem  Wiedehopf 
(t.  280  ff«),  welcher  nach  v.  94  eine  TpiXoqpia  hat  ihr  anaeehen  ist 
himtfailiig;  der  entte  wird  ab  xoXdc  ical  qxMVticioOc  (▼•  272),  der 
vierte  ale  ein  ßoirrdc  dpvtc  bei  iohnet  (287). 

Dieae  vier  vOgel  gehören,  i  bereite  der  aoholiaat  bemerkt  hat, 
lieht  som  eher,  dass  sie,  wii  oüTem  meinte  (fiber  AriatoiilMBes 
?flgel  t.  101)  sa  dem  sweeke  aaftreten  'mn  die  aatiriaehen  bemer- 
kimgen,  welche  bei  jedem  von  ihnen  gemacht  werden,  xa  Teranlaiaen', 
oder  daai  iie,  wie  SohOnbom  sagt  (die  skene  der  HeHenen  s.  819) 
bkMs  darum,  weil  sie  'beeonders  prftchtig  aosstaffierf  waren,  den 
machanem  Torgefllhrt  wurden,  ist  kaum  denkbar,  und  ein  gegeosats 
iwisehen  'aristokratenvOgeln'  und  dem  'geeamten  gemeinen  tross 
dsr  übrigen  TOgel',  woran  Wieck  dachte  (Ober  die  VOgel  des  Aristoph. 
1. 12X  mflste,  wenn  er  in  der  al  des  diohters  gdegen  bitte,  viel 

fantlieher  niid  derber  ausgedrfl  ky  >  mit  recht  hat  man  dagegen 

Demiich  allgemein  der  Termutn    :  zugestimmt,  dasz  cUese 

fier  Personen  in  den  nun  folgen<  ig  n  ak  musiker  zu  fungieren 
betten.'    was  SohOnbom  ao.  da(  Toxgebracht  hat,  ist  so  un- 

iogiaeh,  dass  es  keine  widerlegu  y  ot.  unter  den  yenen  aber, 
■elebe  dae  aaftreten  der  Tier  V)  i  9  sind  mehrere,  f&r  die 
nie  befriedigende  erklirung  bw  ji  »  no  nicht  rorgebiaoht  ist.* 
HBe  edlehe  gewinnen  wir  äarch      e  an  welche  mir,  die  rioh- 

feigkeitTon  Wieselers  hjrpothese  ro  heliegend'undnatQr- 

tidi  eraehcint   es  ist  dies  die  an  ^  w      aie  pUUze,  weldie  die 

vier  BQsiker  einnahmen,  e  r  h  0  h  i  war  I  iich  etwa  der  erhOhung 
ud  der  bei  Wieseler  /  theatergebftude  u.  oenkmäler  des  bflhnen- 
veesns'  tf .  lY  6  abgebildeten  vasendarstellung,  wo  wir  auf  der  er- 
löhnng  einen  auleten  erblicken,  ein  solcher  erhöhter  tritt  k<mnte 
idwrzweise  als  ein  'barg'  oder  *htiger,  XöqK)C,  bezeichnet  werden; 
Iie  vOgel  aber  waren ,  wie  bemerkt,  mit  federbttschen  versehen,  und 
10  lieai  sich  die  doppelte  bedeutung  von  Xöqioc  zu  allerlei  Witzeleien 
rerwenden.  dies  soll  im  folgenden  näher  dargelegt  werden. 

Die  Worte,  welche  beim  erscheinen  des  eisten  vogels,  des  901- 
mcöicTCpoc,  gettuszert  werden,  geben  zu  keinen  zweifeln  veranlas- 
n*g.  T.  274  macht  Euelpides  auf  die  ankunft  eines  zweiten  Togels 
nü  den  worten  ^TCpoc  6pvic  oötoc(  aufmerksam,  in  der  bemer- 
long,  mit  welcher  Peithetairos  dies  bestätigt,  verwendet  er  (nach 
Jem  scholiasten)  eine  reminiscenz  aus  einem  verse  des  Sophokles, 
in  wekdiem,  wie  er  auch  sonst  gelautet  haben  mag,  jeden&lls 
Iie  Worte  Sebpov  x^P<xv  ^x^iv  vorkamen.  Peithetairos  sagt  also 
V.  276)  vi\  AC  £T€poc   bf^ra   x^i^o^  «ßebpov  x^P^  Ix^vt. 


*  WSeteler  adrart.  in  Asteh.  Prom.  et  Arist.  Avss  •.  87  ff.  QHer- 
ia  den  Wiener  jahrb.  der  litt.  bd.  100  e.  188.  Beer  Aber  die  sahl 
ler  eehasepieler  bei  Aristoph.  s.  41.  Koek  sa  Ar.  V5gel  808.  Bnrsian 
■  IHt.  eenlralblatt  1878  s.  891.  *  vg^l.  ausser  Koek  intbet.  OHennann 
10.  e.  ItS— IM. 


180  EHüler:  zu  den  Vögeln  des  AriBtophanes. 

die  Sophokleischen  worte  werden  von  Aristoplianes ,  wie  Kock  mit 
recht  bemerkt,  mit  bezug  auf  den  ausländischen  wohnsiti  dei  TOgdi 
—  es  ist  der  hahn  —  angewendet,  aber  nicht  beisiimmfin  kann  idi 
Kock,  wenn  er  aus  diesem  gründe  blosz  die  dürftige  bemerknBg  vij 
AI*  ^Tcpoc  bfyra  dem  Peithetairos  und  das  übrige  dem  Wiedehopf 
zuteilt,  wir  dürfen ,  denke  ich ,  dem  Peithetairos  scharfiunit  genug 
zutrauen,  um  aus  dem  seltsamen  ftuszem  des  nenen  ankOmmluigt  die 
folgerung  zu  ziehen ,  dasz  er  ebenso  wie  der  erste  aas  der  firemde 
stamme,  auch  passt  das  citat  aus  Sophokles  besser  fttr  den  hnmor 
des  Atheners  als  für  die  meist  einfachen  und  schlichten  antwortes, 
welche  in  diesem  gespräche  der  Wiedehopf  erteilt,  ein  citit  mi 
einem  tragiker  enthält  auch  die  frage,  welche  Peithetairos  nun  an 
den  Wiedehopf  richtet,  dieses  mal  ein  citat  aus  Aischylos«  eiBTUB 
dem  scholiasten  angeführter  tetrameter  in  dessen  'Hbuivol  begm 
mit  den  werten  Tic  Tio6'  £ct*  ö  fLiOucÖMavTic ;  die  herstellang  du 
Schlusses  ist  nicht  mehr  möglich,  die  frage  des  Peithetairoe  lautet 
nach  der  Überlieferung  Tic  ttoO'  IcB*  6  MOUcÖMavTic  fitorroc  ipm 
öp€tßdTiic;  statt  des  letzten  dem  metrum  widerstrebenden  wortH 
hat  Bentley  wol  mit  recht  6poßdTT)C  vermutet,  entsprechend  der  tob 
Aischylos  (Sieben  vor  Theben  85)  angewendeten  zusanunenfletsing 
6poT01TOC^  während  das  von  Brunck  geschriebene  öpißdnic  ra  ver- 
werfen ist.^  gewaltsamere  änderungen  sind  Überflüssig:  Porson  (n 
£ur.  Hek.  204)  vermutete  Tic  ttoO'  IqQ*  ö  M0ucd)yuxvTic  dioiroc; 
&p'  6p€ißdiTiic;  mit  unmöglicher  Wortstellung,  Beisig  (zn  Soph.  OK. 
s.  328)  dßpoßdTT)C  statt  öpeißdTrfC.^  in  welcäem  sinne  ^oucö^avnc 
bei  Aischylos  gesagt  war,  wissen  wir  nicht;  dasz  aber  Peithetaira 
das  wort  auf  den  mit  einem  musikalischen  Instrument  versebenMi 
und  daher  als  diener  der  Musen  erkennbaren  ankömmling  ttbertrflgti 
ist  leicht  verständlich,  es  ist  daher  nicht  nötig,  mit  Kock  die  worto 
6  ^oucöpavnc  dem  Wiedehopf  als  antwort  auf  Peithetairos  frage 
Tic  itot'  £cTi;  in  den  mund  zu  legen;  auch  würde  hierdnreh  dsi 
Aischylos-citat  unpassender  weise  zerrissen,  und  die  antwort  des 
Wiedehopfs  wäre  mehr  als  seltsam ;  Kock  sieht  sich  durch  seine  t«^ 
teilung  zu  der  annähme  genötigt,  es  werde  mit  jenem  Aisohylischen 
Worte  *auf  eine  volkstümliche  bezeichnung  des  hahnes  im  sinne  des 
aurora  Musis  ämica  angespielt.'  der  ausdruck  öpoß6TT|C  besieU 
sich  auf  das  besteigen  des  erhöhten  trittes. 

Während  des  nun  folgenden  scherzes  über  den  Meder,  der  ohne 
kamel  hereingeflogen  kam ,  ist  ein  dritter  dem  Wiedehopf  gleiehen- 
der  vogel  aufgetreten  und  hat  seinen  platc  bestiegen«  demgeinisi 


'  vgl.  G Meyer  in  Curtius  Studien  V  8.  67.  *  oöptßdTiic  ist  Über- 
liefert in  dem  einen  der  darch  den  codex  Claromontanns  erhaltoDMi 
fragmente  ans  £aripidet  Phaethon.  vgl.  Lobeck  Paralip.  i.  465  f. 
^  6ßpoßdTr)c  wollte  alsdann  GHermann  in  dem  cormpton  verse  des 
Aischylos  herstellen,  oposo.  V  s.  17;  dasi  dies  indessen  völlig  onsieher 
ist,  erkannte  er  selbst  an,  und  für  die  worte  des  Aristoplianes  darf 
diese  conjectnr  nicht  verwertet  werden. 


SBSUer:  so  den  YOgeln  d«  AriitophaneB.  181 

Peitheti        (t.279)  Srepoc  aO  Xö<pov  KaTCtXviqpidc  Tic 

mc  oihod'  dh. t  *ei-._  hllgel  besetit';  etwas  eaderee  keim, 

m  Koek  riohtig  sagt,  in  den  w orten  nicht  liegen;  indessen  moste 
r  wiachaner  doeh  zogleieh  an  den  federbnsch  denken,  welchen  er 
eh  m  dem  dritten  YOgel  erblickte,  auf  die  yerwuiderte  frage  des 
leipideB  über  die  Ähnlichkeit  desselben  mit  dem  Wiedehopf  ertdlt 
r  hiitere  die  aasknnft,  es  sei  dies  sein  enkel,  nemlich  der  söhn 
m  Philokles  Wiedehopf  (wShrend  er  selbst  nach  ▼•  100  der  wiede- 
i|if  des  Sophokles  ist),  dass  der  jttngere  Wiedehopf  nicht  einfach 
I  des  Philoklee  Wiedehopf,  sondern  ab  dessen  söhn  bezeichnet  wird, 
A  aaeh  der  trefienden  bemerkong  von  Wilamowits  (Hermee  VII 
IM)  nur  den  sweck  die  folgende  vergleichnng  mOglich  zu  machen  * : 
tMBvalar  and  enkel  fahren  denselben  namen,  ebraso  wie  der  name 
iDiae  aowol  dem  groszTater  wie  dem  enkel  zukommt,  nach  der 
pk  der  komOdie  wird  hieraus  die  folgerang  gezogen,  dasz  der 
■gm  wiedehqpf  Kallias  sei,  womit  denn  auch  die  dürftige  befiede- 
ag  (die  schon  beim  ftltem  Wiedehopf  t.  103  Terwanderong  erregt 
itte)  motiviert  werden  kann. 

Es  erscheint  nun  der  vogel  KCtruxpaT&c,  mit  einem  federbnsch 
ndieB  and  von  farbigem  aassehen  wie  die  anderen  (287).  nach 
r  firage  des  Eaelpides,  ob  es  denn  ausser  Kleonymos  nodi  einen 
muqNiTäc  gebe,  liegt  es  nahe  den  Togel  geradem  für  Kleonymos 
I  erUlrai;  bedenklich  macht  den  Peithetairos  nar  der  amstaad, 
Mi  er  seinen  Xthpoc  nicht  weggeworfen,  wie  Kleonymos  den  schild. 
m  fragt  Eaelpides,  was  es  denn  eigentlich  mit  der  'beboschong' 
nr  YQgel  f&r  eine  bewandtnis  habe,  ob  sie  etwa  ein  rennen  im 
iflniXoc  veranstalten  wollten?^  'nein'  erwidert  der  Wiedehopf  (oder 
lithetairos)  'vielmehr  wie  die  Karer'  —  das  publicum  erwartete 
m  wol  eine  anspielung  auf  die  bekannte  meinung,  nach  wei- 
ter die  Karer  er$ndcr  des  helmbusches  waren ;  der  Wiedehopf  aber, 
^puicic  nicht  als  'bebuschung'  sondern  als  'behügelung'  auf- 
BMnd,  fthrt  fort:  —  'wohnen  sie  auf  bügeln  der  Sicherheit 
Igen',  uPCTTcp  ol  Käpec  ^iv  ofiv  inX  XÖ9UIV  oIkoGciv,  iZnrdO', 
l^oXcfaic  elveica  (v.  292  f.).  Karien  ist  allerdings  seinem  weitaus 
'Osten  teile  nach  gebirgig;  dasz  absurder  weise  das  streben  nach 
eheriieit  als  motiv  f&r  die  Karer  bei  der  wähl  ihres  landes  enge- 
»ben  wird,  geschieht,  wie  Hermann  (s.  133)  mit  wahrscbeinlich- 
eit  annahm ,  mit  bezug  auf  den  unmittelbar  zuvor  genannten  feig- 
Bg  Kleonymos. 

Ei  ergibt  sich  hiemach,  dasz  nicht  der  geringste  grund  vor- 
laden ist  mit  Wilamowitz  die  verse  279  und  287  unter  einander 
(  vertauschen,  der  dritte  vogel  musz,  wie  bereits  bemerkt  ist, 
Den  husch  haben  wegen  seiner  ähnlichkeit  mit  dem  Wiedehopf, 
id  ca  ist  daher  ohne  bedenken,  wenn  mit  bezug  auf  ihn  v.  279  ge- 

*  vgl.  Hsapt  oposc  II  8.  453.  ^  es  ist  hieraus  zu  schlietten,  dasz 
cttllafer  im  oiouXoc  damals  mit  ii^end  etwas  versehen  waren,  was  mit 
tm  Xö^wK  der  vögel  einigermaszen  verglichen  werden  konnte. 


182  ThBattDer-Wobat:  zu  GelUai. 

sprochen  wird ;  die  beabsichtigte  komik  dieses  Tenei  liegt  in  dem 
aasdruck  Xöq>ov  KaT€iXiiq>u)C.  und  wenn  es  vom  Tierten  to^  ▼•  287 
heiszt  ^Tcpoc  aO  Tic  ßanTÖc  öpvtc  ouroci,  so  soll  damit  nach  meiner 
auffassong  nicht  ein  vogel  bezeichnet  werden,  der,  anders  als  die 
übrigen,  farbig  ist  (als  ob  der  q>oiviKÖTrr€poc  und  der  Mf^boc  nieht 
farbig  wären),  sondern  ein  neuer  farbiger  vogel,  dh.  einer  der  in 
den  bereits  aufgetretenen  farbigen  vögeki  hinsokommt»  der  beieiU 
von  Rock  in  seiner  frühem  bearbeitung  des  Stückes  geäoaserte  ge> 
danke,  dasz  das  a^jectivnm  ßanTÖc,  dessen  anwendong  an  nnsenr 
stelle  keineswegs  vereinzelt  dasteht,  einen  bezug  aaf  die  Bäirroi  des 
Eupolis  enthalten  solle ,  erscheint  mir  sehr  gesucht  nnd  namentlich 
darum  nicht  glücklich,  weil  das  publicum,  als  der  vers  gesproehai 
wurde,  noch  keine  ahnung  davon  haben  konnte,  dasz  die  beidtt 
Athener  den  neu  aufgetretenen  vogel  mit  Eleonymos  oder  (naeh 
Wilamowitz'  Umstellung)  mit  Eallias  identifioieren  würden. 

Halle.  Eduard  Hnxn. 

26. 

ZU  GELLIÜS. 


IV  1,  1  in  vestibuh  aedium  Palatmarum  amnium  fere 
muUüudo  opperientes  sälut^xtionefn  Caesaria  consHteramt;  atqma  ibi  im 
drcu^  dodorMvm  hommum  Favorino  phüo$opho  praesenU  oHemlabti 
qmspiain  grammaticae  rei  ditior  sckolica  guaedam  nugaUa  usw. 
zu  grammaticae  rei  ditior  bemerkt  Hertz  (vor  dem  Breslaner  wintere 
kat.  1868  8.  9):  'erudüiar  Mommsenus:  düiar  P^unt  diäar  TBe  et 
ex  dicUur  corr.  g  unus.  doctior  g  Aid.  doctar  gd.  scUior  g;  emdihif 
voc.  cum  gen.  non  solet  coniungi ;  apud  ipsum  Gellium  alibi  aco.  inde 
pendet  (U  21,  3.  XTX  12,  9);  erat  igitur  cum  ant  de  dedäim'  (qua 
forma  Eutropius  utitur  X  15)  aut  de  ifuiiUiar  (cum  gen.  imUku  tocl 
coniungit  Sil.  Ital.  XIU  821,  Superlative  apud  ipsum  Gellinm  vtStor 
Cato  lU  7,  19;  cf.  Colum.  I  4,  2;  comparaüvi  exemplum  non  novi) 
cogitarem ;  at  Mommseni  coniectura  per  se  aptissima  et  palseegn* 
phiae  ratione  habita  (eru  ex  litt,  erei  praecedentibus  repetito)  eom- 
mendatur  et  genetivus  per  se  explicatione  atque  analogia  certe  lund 
caret.'  die  Verbindung  von  dives  mit  dem  genetiv  bei  Oellius  ist  gs* 
wis  ungewöhnlich;  mag  auch  in  der  prosa  seit  Livius  XXXY  1,  11 
aptUenttis  mit  genetiv  vorkommen ,  mögen  Vergilius  nnd  Horatins 
öfter  dives  mit  demselben  casus  verbinden  (Kühner  lat.  gr.  II 1 
8.  326)  —  immerhin  bleibt  es  auffallend,  dasz  bei  Oellius  nur 
dieser  stelle  diese  construction  angewendet  ist,  noch  dazu  dem 
des  ganzen satzes unangemessen,  freilich eruditior  wird Oelliusnidit 
geschrieben  haben  (denn  grammaticae  rei  ertidiHor  widerspridit 
seinem  sonstigen  Sprachgebrauch),  wol  aber  peritior,  dieselbe  Ver- 
bindung grammaticae  rei  peritus  hat  Oellius  XVI  10,  2;  palSogra- 
phisch  aber  konnte  abgekürztes  pitior  sehr  leicht  zu  cÜfior  werdtti. 


TlMfttttttwWolwt:  m  GeUiua.  183 

nn  16  wirdn  ans  mm  dem  werk  dei  aogun  Heesalla  an- 
taipftil  an  die  f onnel  m  ^mi  magiatratm  mmor  de  cado  anxme 
MÜ  von  GeUint  Boüieii  aber  den  nntersobied  der  ampicia  dttr  mn- 
Mtoen  itauMhenmagistmte  gegeben,  indemer  aof  dm  Yereehiedenen 
wmi  dm  paietta$  der  einielaen  hinweiBi.  so  werden  denn  die  magi* 
ilnie  in  bttere  (maierei)  und  niedere  {mUwre$)  geteüt  und  ab 
kaniiliiiitiiial  der  erstem  beseiehnet,  daez  sie  in  eentoriatecimitien 
giirlUi  weidai  und  in  denselben  natOrliober  weise  bereits  ihre  po^ 

Fy  ftmOge  deren  sie  mupieia  anstellen,  erhalten,  die  niediem 
jedoeh  bekamen  doroh  die  wähl  in  den  patrieiseb^plelHiji- 
Iribnteomitien  nicht  das  reoht  der  handhabnng  ihres  amtes, 
ea  war  inr  formellen  erglnsung  die  emannnng  von  selten 
das  Üben  magistrats  bei  beaatragung  der  lex  cmriata  notwendig 
(Lange  BA.  V  s.  887.  696).  da  nun  dieeer  sinn  in  den  comipten 
werten  tmmribue  ereaüa  magiäratibue  Mbyüe  eomüüs  imigitinduSf 
sei  iusiue  onrMa  dethtr  lege  stecken  rnnss,  hat  Lange  ao.  flür  mäua 
tergeaehlagen  enis  me.  es  scheint  mir  jedoch  die  cormptel  ac^  die 
leichteate  weise  beeeitigt  sn  werden,  wenn  wir  lesen  m/ogieitratus 
rmiue  ei  mehu^  so  dasz  der  ganse  satz  folgendermaszen  zu  Ober- 
tragen  wlre:  'den  in  tribatcomitien  gewählten  niedem  magistraten 
wird  das  amt  gfiltig  nnd  als  sn  recht  bestdiend  durch  das  coriat- 
geaeti  verliehen,  die  hohem  werden  in  centnrintcomitien  gewfthlt.' 
die  psJiogrH>hische  Wahrscheinlichkeit  leuchtet  ein;  die  Terbindong 
fen  rmimB  ond  meiue  ist  technisch,  wie  Cicero  de  2^.  III  3  qaedgue 
tt  fMi  fteBiMn  gerei  imperaaeeij  iue  raiumque  esto  beweist« 

Xni  16,  1.  in  dem  nadifolgenden  absdmitt,  der  ebenfalls  aas 
Meesalla  entlehnt  ist,  wird  der  unterschied  der  hohem  und  niedem 
■sigistfste  weiter  erOrtert  an  der  band  des  imperium  und  besonders 
die  frage  erwogen,  welche  magistrate  das  recht  besessen,  andem 
g^gviflber  das  Tolk  abzuberafen  (avocare  papuHum).  bei  den  hohem 
■agiatmten  ist  es  einfach,  verwickelter  bei  den  niedem  magistraten. 
«  haiaxt  nun  ttber  letztere :  mincres  magisircAus  nusqmm  nee  camir 
Ütimm  nee  eomiionem  avocare  peeeuni.  ea  re,  qui  eommprimue  voeai 
ed  ojwififliiiwi,  is  rede  agii^  g[uia  bifariam  cumpopuio  agi  nanpoteit. 
nee  avocare  aüue  aUipoeeä^  ei  coniionem  habere  voleuU,  uU  ne  com 
agamiy  qwxmvie  muUi  magistraiue  eimul  coniionem  habere 
•  die  niedem  magistrate  kOnnen  also  niemals  einen  comitiatus 
oder  tino  contio  abbemfen«  deshalb  zergliedert  sich  die  art  und 
weise  des  <i^erc  cum  popylo  —  denn  nur  davon  ist  zunftchst  die  rede 
^  von  Seiten  der  niedem  magistrate  folgendermaszen.  beruft  einer 
Ton  allen  zuerst  den  comitiatus,  so  kOnnen  die  andem  nicht  auch  das 
ndk  nun  comitiatus  rufen,  da  doppelt  nicht  mit  dem  volke  verhandelt 
werdan  kann,  wol  aber  wäre  es  denkbar,  dasz  die  andem  niedem 
■sgistrats  auf  dieselbe  zeit  contionen  berufen  wollten,  da  ja  viele 
nsgistimte  zu  derselben  zeit  das  volk  zur  contio  rufen  konnten, 
diesen  Call  muss  Meesalla  in  dem  letzten  corrapten  satz  im  äuge  ge- 
bebt hnben:  denn  erstens  knOpfb  er  ihn  an  den  vorangehenden  mit 


184  HDeiter:  zum  codex  VosBianut  86  des  Martialii, 

nee  ^und  zwar  nicht'  an ,  wie  im  vorhergehenden  abschnitt  (no8  ht 
temporihus  .  .  veierum  audorit/xtem  sumtis  secuti  neqm  M$  comüii^  m 
auspicio  fmmtis);  zweitens  geht  dies  aus  dem  sdilnai  des  satus 
quamvis  tnuUi  magistratus  usw.  hervor,  der  gegensata  an  demselben 
musz  nemlich  ungefähr  folgender  gewesen  sein :  ^freilich  dflrfen  viele 
niedere  magistrate  zu  gleicher  zeit  eine  contio  abhalten,  aber  ans 
dieser  befugnis  dürfen  sie  nicht  gegenüber  dem  6inen  oollegen,  der 
comitiatus  hält,  das  andere  recht  ableiten,  das  volk  von  dem  eomi- 
tiatus  zu  den  verschiedenen  contionen  zu  berufen.'  demgente 
möchte  ich  vorschlagen:  nee  avoeare  ab  eo  aUi posaunt^  9%  etnäk^ 
nem  habere  volunty  uti  ne  cumpoptdo  agat  usw.:  *(wer  suerst  mm 
comitiatus  ruft,  handelt  gesetzmäszig)  und  die  übrigen  kOnnen  auch 
die  versamlung  von  ihm  nicht  wegberufen,  wenn  sie  in  der  abdekt 
contio  halten  wollen,  jenen  am  agere  cumpapuHo  zu  verhindem,  weaa 
es  auch  gesetzlich  gestattet  ist,  dasz  viele  magistrate  ingleioh  eoatio 
halten.'  der  etwas  ungeschickte  stil ,  besonders  der  sabjectwednel 
findet  sich  ebenso  in  dem  vorhergehenden  fragment  des  Messalla, 
Dresden.  Theodor  Büttnbr- Wobst. 

27- 

ZUM  CODEX  VOSSIANÜS  86  DES  MARTIALI8. 


Eine  nachvergleichung  der  in  dem  Leidener  codex  Yossiaaiis  86 
überlieferten  epigramme  des  Martialis  hat  ergeben,  dasz  die  ooUatkNi 
Schneidewins  zwar  mit  sehr  groszer  Sorgfalt  angefertigt  worden  isti 
dennoch  aber  nicht  nur  einige  fehler  enthSlt,  sondern  auch  einige 
Varianten  unerwähnt  gelassen  hat.  wegen  der  Wichtigkeit  d«r  ba. 
mag  es  berechtigt  erscheinen,  an  folgenden  stellen  die  flberlieftnuig 
teils  zu  berichtigen  teils  zu  vervollständigen,  richtig  nemlioh  lesn 
wir  1 20,  4  buletutn  . .  edit  aedax,  II 72, 1  postume  factum.  UI  SS,  S 
sed  tu  mortua.  IV  62,  1  Tibur  in  ercuteo.  VII  21  AD  LVCANFM 
DE  Eivs  hATALl,  VII  43,  1  pres^es  und  4  i^resto,  Vm  14  JA 
MlCVM  (corr.  AD  AMWVM\  IX  46,  4  €ß\bei  (-=»  qwMMl).  IX 
78  AD  PINCENTINVM,  XIII  87,  2  esca.  XIV  196,  2  c(wta.  ea  fin- 
gen die  Varianten,  welche  Schneidewin  nicht  erwähnt  hat:  11  67,* S 
decies.  III  16,  5  sed  tu  müii.  lU  16,  6  pelUeola.  HI  27, 1  mimguew, 
IV  13,  2  made  ades.  IV  73,  7  largus.  V  7,  4  sumsU.  VI  1«,  4 
pomis.  VI  35,  3  dicis.  YU  10,  2ülasua.  VII  10,  15  qumdeckB . . 
quid  pertinet.  IX  95, 1  cepU.  X  2,  11  od  cartis.  X  66,  5  cyaitos.  XII 
78,  1  bithinice.  XIII  14,  1  eaenas.  Xm  38,  1  edis,  XIH  69, 1  md 
73,  2  numquam,  XIII  96,  1  ciparisse  und  2  cervus.  von  den  ange* 
führten  stellen  kommen  zwei  für  die  kritik  in  betracht.  xoniclMt 
wird  das  lemma  zu  VH  21  nach  dem  Vossianns  corrigiert  werdsii 
müssen;  dann  ist  VI  35,  3  dicis ^  wofür  Schneidewin  ohne  awingsn- 
den  grund  in  seiner  tcxtausgabe  von  1852  mit  dem  Thoanena  diieif 
geschrieben  hat,  als  die  allein  richtige  lesart  beizubehalten. 

Emden.  Heinrich  Dbitbb. 


ATGatschmid :  ans.  t.  WWgrBaudissin  zur  semit.  religionsgesch«  II.    185 


28. 

&TCDICM  ZUR  SEMITISCHEN  RELIQIONSOESCHICHTE  VON  WoLF  WIL- 
HELM GRAF  Baudissin.  HEFT  IL  Leipzig,  Verlag  von  F.  W. 
Grunow.    1878.    VIII  u.  286  s.    gr.  8. 

Das  Torliegende  zweite  heft  zeichnet  sich  durch  dieselben  vor- 
xOg«  aas,  die  dem  ersten  (von  uns  in  diesen  jahrb.  1876  s.  513  ff. 
besprochenen)  nachgerühmt  werden  konnten :  eine  seltene  belesen- 
heit  in  der  altem  und  neuem  litteratur,  völlige  beherschuug  des 
philologischen  und  historischen  beweismaterials,  streng  methodische 
kritik,  die  gäbe  in  dem  gewirr  des  aus  den  verschiedenartigsten  quel- 
len iQsammengetragenen  details  nicht  den  faden  zu  verlieren  und  die 
allgemeinen  gesichtspuncte  fest  im  äuge  zu  behalten,  präcise  formu- 
liening  der  aufgaben  und  der  ergebnisse,  eine  klare  Sauberkeit  in  be- 
griffiMntwicklung  und  beweisfUhrung,  die  auseinander  zu  halten,  ver- 
wirrtes xu  entwirren  versteht,  ttuszerste  vorsieht  und  eine  stets  aus 
den  dingen  heraus,  nie  in  die  dinge  hinein  lesende  unbefiangenheit, 
lauter  eigenschaften  welche  die  frtlhere  forschung  auf  dem  gebiete 
der  semitischen  religionsgeschiohte  nur  zu  oft  hatte  vermissen  lassen. 

Die  erste  abhandlung  ^der  begriff  der  heiligkeit  im  alten  testa- 
ment'  (s.  1 — 142)  ist  mehr  theologischer  und  philologischer  natur; 
sie  f&hrt  erst  mit  gewohnter  gewissenhaftigkeit  die  neuere  litteratur 
Ober  diese  frage  auf  und  setzt  sich  mit  den  ansichten  der  vorgttnger 
anseinander,  unter  denen  namentlich  LDiestel  (*die  heiligkeit  gottes' 
in  den  jahrb.  f.  deutsche  theologie  1859  s.  3 — 63)  verdiente  berttck- 
sichtigmig  gefanden  hat,  und  geht  sodann  auf  grund  einer  möglichst 
f  oUstAndigen  samlnng  der  stellen  des  alten  testaments  zu  einer  selb- 
stindigen  Untersuchung  des  begriffs  über,  welcher  der  vf.  dadurch, 
daez  er  sie  nicht  auf  die  heiligkeit  gottes  beschränkt,  sondern  auf 
die  von  personen  und  Sachen  ausgedehnt  hat,  eine  breitere  basis  und 
gT^üzere  Sicherheit  verleiht,  er  kommt  zu  dem  ergebnis ,  dasz  qddesh 
«eigentlich  'abgesondert,  hehr',  dann  erst  'rein'  bedeutet,  und  ^heilig- 
keit'  bei  Sachen ,  bei  personen  und  bei  gott  das  abgesondertsein  aus 
dem  profanen  ist.  da  der  begriff  im  alten  testament  keine  eigent- 
liche Weiterbildung  erfahren  hat ,  so  hat  der  vf.  bei  der  feststellung 
desselben  von  einer  scheidnng  der  belegsteilen  nach  der  Zeitfolge  ab- 
gesehen und  sich  begnügt  am  schlusz  eine  geschichtliche  Übersicht 
Ober  die  anwendang  des  begriffs  bei  den  einzelnen  alttestamentlichen 
äcfari/tstellem  zu  geben,  von  besonderm  interesse  ist  es,  den  vf. 
fs.  142.  228  f.)  zu  der  frage  nach  dem  alter  des  ersten  Elohisten  (der 
priesterlichen  gesetzesschrift,  wie  er  sie  nennt)  Stellung  nehmen  zu 
sehen ,  welche  durch  Wellhausens  erst  nach  der  vorliegenden  schrifb 
«TKhienene  'geschichte  Israels'  in  ein  neues  Stadium  getreten  ist ; 
2raf  Baudissin  drückt  sieb  ftuszerst  behutsam  aus,  scheint  aber  eben- 
lills  der  annähme  einer  spätem  entstebungszeit  des  buches  zuzu- 
neigen :  'die  entscheidung'  sagt  er  s.  229  *kann  wol  nur  in  seiner 

J»hrb  ichw  für  r!»*«.  ph:Iol.  18>f)   hft.3.  13 


1 86   '  AvGutflchxnid :  ans.  t.  WWgrBaudisun  zur  Bemit.  mligimmtfli.  IL 

Schilderung  des  priestertums ,  zusammengehalten  mit  der  det  Den* 
teronomiums  und  des  Ezechiel ,  gesucht  werden.' 

Die  zweite  abhandlung  'heilige  gewässer,  biume  und  hShen  bei 
den  Semiten,  insbesondere  bei  den  Hebrftem'  (s.  148 — 269),  be- 
spricht die  einzigen  irdischen  naturgegenstftnde,  welchen  die  Semiten 
überhaupt  religiöse  Verehrung  beigelegt  haben ;  die  meteoreteiBe,  mit 
denen  es  als  vom  himmel  gesandten  zeichen  der  gottbeit  eine  andere 
bewandtnis  hat,  sind  von  der  betrachtung  ausgeeehloeeea  worden. 
der  vf.  führt  hier  die  Untersuchungen  über  semitisebe  mythölogie 
weiter,  mit  denen  er  im  ersten  hefte  seiner  stndien  und  in  einar 
reihe  vortrefflicher  artikel  über  einzelne  semitische  gotttieiteB  in  dm 
Herzog-Plittschen  realencyclopädie  den  anfang  gemacht  hatte. 

Die  grundlage  seiner  Untersuchungen  ist  ein  mosaik,  gebildet 
aus  einem  von  allen  Seiten  und  ans  den  entlegensten  wiakeln  d« 
abendländischen  und  morgenländisehen  litterator  herbetgeeohanea 
materiale,  und  hier  durfte  bei  der  grossen  lückenhaftigkeit  der  über» 
lieferung  auch  das  geringfügigste  detail  nicht  vemachlisaigt  wordan; 
diese  mit  erfolg  angestrebte  möglichste  Vollständigkeit  wllide  d« 
arbeit  des  vf.  auch  ohne  deren  sonstige  Vorzüge  einen  hohen  vad 
bleibenden  wert  verleihen,  auszer  der  bibel  gehören  sämtliche  leqg- 
nisse ,  auf  die  hier  gefuszt  werden  musz,  der  hellenistischen  imt  aa; 
Lenormants  assyriologische  enthüllungen  sind  der  vollständigkHt 
halber  zwar  angeführt,  aber  regelmäszig  mit  einer  wamnngttaM 
versehen  worden ,  ein  verfahren  das  von  der  kritiklosigkeit  andenr 
theologen  diesen  ^entdeckungen'  gegenüber  erfreulich  absticht  da 
entsprechendes  mistrauen  war  auch  in  bezug  auf  manchen  gewährt 
mann  aus  dem  altertum  selbst  geboten,  und  der  vf.  hat  gewis  gut 
daran  gethan ,  es  namentlich  dem  unzuverlässigen  notisenreJeMatf 
des  Nonnos  gegenüber  in  anwendung  zu  bringen;  in  einem  der  mI- 
tenen  flUle,  wo  er  von  der  sonst  geübten  vorsieht  abgewichen  ist» 
8.  158,  ist  es  nicht  zum  frommen  der  Untersuchung  aosgeaehlagea: 
seine  Nritc  'Aßapßop^ri  hat  Nonnos  einfach  ans  IL  Z  22.  kaom  liüt 
sich  ein  gröszerer  abstand  denken  als  der  welcher  zwisdien  dem  f( 
und  seinem  hauptvorgänger  auf  dem  von  ihm  bearbeiteten  gebidii 
Movers,  besteht,  bei  dem  im  ersten  bände  der  Phönizier  (freilieh  diB 
schwächsten  teile  seines  Werkes)  sammelfleisz  und  kritik  im  mage- 
kehrten  Verhältnis  zu  einander  stehen  und  bei  dem  unter  drei  citaAtt 
immer  6ine8  schief  aufgeÜEiszt  zu  sein  und  alles  andere  sn  beweiwa 
pflegt  als  das  wofür  es  verwertet  wird,  auf  die  anführungen  det  fL 
und  den  gebrauch ,  der  von  ihnen  gemacht  wird ,  ist  dagegen  nnfat- 
dingt  verlasz;  ich  wüste  nicht,  was  sich  hier  ausstellen  liene,  anaMr 
etwa  die  art  der  benutzung  des  sog.  Skjlaz.  dieser  wird  niclit  nach 
Müllers  geographi  graeci  minores,  sondern  nach  Fabricins  citiert,  der 
den  von  verkehrten  correcturen  wimmelnden  und  bis  zur  nnbrueb- 
barkeit  verfälschten  text  der  älteren  ausgaben  wiederholt  hat;  die  ihm 
entlehnten  notizen  bedürfen  durchweg  erneuter  prfifung,  so  steht  tb. 
von  der  angeblichen  Bf^Xoc  iröXic  (s.  234)  kein  wort  in  der  handadirift. 


TOnhriwiii :  im.  v.  WWgrBandiiim  »nr  teinit  wügioaigudi,  IL    187 

WlhraBd  1  mit  einer  sjnktetistiacheii  gnmduDtfdbauiuig 

m  dar  semitisc  my  dogie  an  die  antersocfaimg  der  einzeiligen 
Hmnlnl  nnd  daher  Ton  yom  herein  aoezer  stände  war  nichtBasam* 
Migeliöriges  richtig  aneeinand  nhalten,  beobachtet  der  ¥f.  eine 
mg  aaaljtiaobe  methode,  dii  jedem  ermöglicht  sich  ein  eignet 
Mi  lu  bilden«  vom  einielne  zum  allgemeinen  aufsteigend  stellt 
K  ▼!•  iest,  dasi  die  Semiten  in  den  irdischen  gewSsaem  nur  ein 
ild  dm  lebenspendenden  kraft  der  himmlischen  gOtter  sehen,  nicht 
MT,  wie  die  Arier,  sich  die  gottheit  in  diesen  gewftsseni  wohnend 
■ünm;  mit  recht  legt  er  (s.  158)  auf  die  erzfthlong  des  Sozomenos 
m  den  feurigen  stem  der  U  ia,  welcher  sich  in  den  Adonis- 
B0  bei  Aphaka  anf  dem  Libaa  >n  senkte,  gerade  der  spiten  besea* 
B^f  wegen  besonderes  gewichi ,  als  fllr  die  lAhigkeit  der  religUtaen 
■ehnnmigen  bei  den  Semiten  beweisend,  auch  den  oultas  des 
PlsaeidoB'  bei  den  PhOnikem  erkennt  er  (s.  172  ff.)  nicht  als  ans- 
ikne  «n  und  betont  mit  fug  c  zeognis  des  Hesychios  von  einem 
1  Bidon  Teiehrten  Zcvc  6aXd(cioc,  eine  ansdrucksweise  die  uner» 
Midi  sein  wftrde,  wenn  es  si<  i  wirklieh  nm  eine  das  meer  ab  ihr 
ismani  bewohnende  gottheit  genandelt  hätte,  wie  den  griechischen 
SimdoB.  noch  in  Melikertes,  was  ja  sicher  Melqart  ist,  sieht  er 
ishl  «nen  eigentlichen  meergott,  sondern  den  mesrbeherschenden 
■Magott  ebenso  wenig  wiU  er  es  troti  seiner  halb«i  fisebgestalt 
m  dam  dialdlischen  Cannes  gelten  lassen;  rielmefar  ist  es  nach 
m  die  a<HUie,  die  am  morgen  aus  dem  die  erde  amgrenzenden  ocean 
A  erkebt  nnd  mit  dem  abend  dahin  znrttoksinkt  (s.  183).  dieselbe 
mlmg  dürfte ,  meine  ich,  der  mythos  von  Melikertes  auch  für  die- 
ai  nalie  legen,  mit  Oannes  berührt  sich  die  auf  den  münzen  der 
)siiachen  stadt  Itanos,  einer  phönikischen  gründang,  dargestellte 
yHheit  mit  menschlichem  Oberkörper  nnd  fischschwanz  (vgl.  s.  180) 
id  der  doch  wol  von  ddg  'fisch'  abzuleitende  nnd  wahrecheinlich 
hon  BAch  den  büchem  Samuelis  mit  einem  fischschwanz  dargestellte 
lilistlische  Dagon;  der  yf.  hält  auch  hier  die  umwandlang  eines 
i^prüiigliehen  himmelsgottes  in  einen  meergott  für  möglich,  gibt 
ler  EQ  dasz  diese  umwandlang  eine  sehr  alte  gewesen  sein  müsse. 
Ute  es  sich  nicht  in  den  letztgenannten  drei  fällen  um  im  meere 
eloMBide  wirkliche  meergötter  bandeln  und  ihre  Verehrung  sich 
inaf  znrOckführen  lassen ,  dasz  der  erdumgürtende  ocean  als  eine 
irtastaing  des  himmelsgewölbes  angesehen  wurde?  auf  die  analogie 
se  Bisehen  Varuna  hat  bei  dieser  gelegenheit  der  vf.  selbst  hin- 
I wiesen  (s.  177).   ähnlich  wie  die  heiligkeit  der  gewässer  ist  die 

V  biome  zu  beurteilen ;  der  einzelne  bäum,  nicht  der  hain,  ist  den 
Muten  gegenständ  der  Verehrung,  und  er  ist  es  als  ofienbarung 
er  in  die  erde  gelegten  lebenskraft,  welche  ausgeht  von  der  über 

V  erde  wohnenden  gottheit  am  directesten  weist  auf  die  himm- 
Mhe  natnr  der  semitischen  götter  die  heiligung  der  berge  nnd  höhen, 
ie  im  alten  testament  eine  so  grosse  rolle  spielt 

Es  stellt  sich  heraus,  dasz  bei  der  heiligung  irdischer  natur- 

IS* 


1 88     AvOuteclunid :  anz.  v.  W WgrBaudisBin  zur  semit.  religionifeich.  II. 

gegenstände  von  den  semitischen  yölkem  nach  dem  geschlechte  der 
gottheiten  unterschieden  worden  ist:  der  männliche  gott  wird  mei- 
stens auf  bergen  verehrt,  bäume  sind  fast  nur  weiblichen  gottheiten 
heilig ;  auch  die  gewässer  sind  nach  der  ansieht  des  vf .  nrsprflnglich 
'nur  gOttinnen  geweiht  gewesen,  was  den  letztem  punct  betrifft,  so 
kann  ich  nicht  finden  dasz  das  behauptete  mit  den  thatsaohen  recht 
in  einklang  steht;  der  vf.  hat  selbst  darauf  hingewiesen ,  dasz  den 
phönikischen  Aussen  ausschlieszlich  männliche  gottesnamen  beigelegt 
werden,  dies  aber  griechischem  einflusse  zugeschrieben,  er  stützt 
sich  für  seine  annähme  s.  167  darauf,  dasz  in  den  Heraklesnlytbeii, 
die  sich  auf  quellen  beziehen,  diese  immer  in  eine  nähere  yerbrndong 
mit  einer  weiblichen  gestalt  des  mjthos  gesetzt  werden;  siebt  mai 
sich  aber  die  s.  166  f.  aufgefUhrten  beispiele  näher  an,  so  beneh« 
sie  sich  auf  Syrakus,  Himera,  Marathon,  lauter  orte  deren  HeraUes- 
cultus  erst  durch  die  Moversschen  reunionskammem  zu  einem  pb5- 
nikischen  gestempelt  worden  ist.  der  vf.  hat ,  wie  andere  Tor  ihoii 
in  der  bekannten  abhandlung  Olshausens  'Ober  phOnikiscbe  Orts- 
namen auszerhalb  des  phönikischen  Sprachgebiets'  eine  binlSnglidie 
Sicherheit  fdr  die  haltbarkeit  der  betreffenden  einfalle  Yon  MoTsn 
gesehen,  aber,  wie  mir  scheint,  nicht  hinlänglich  erwogen,  dasi 
mit  der  von  Olshausen  dargethanen  philologischen  zulässigkeit  noch 
lange  nicht  die  historische  realität  jener  combinationen  erwiesen  ist 
nur  die  autorität  des  bertthmten  Orientalisten  dtlrfte  den  vf.  bestimmt 
haben  hier  ausnahmsweise  beweismittel  aus  gebieten  heranzuziehen, 
^uf  die  phönikische  einwirkung  schwerlich  jemals  stattgefunden  bat; 
WO  er  auf  eignen  füszen  steht,  hat  er  alle  weiteren  excursionen  anf 
die  grenzgebiete  der  griechischen  m3rthologie  sorgfältig  venniedeB) 
selbst  da  wo  ihm  solche  sehr  nahe  gelegt  waren,  wie  bei  dem  Aphro- 
ditecultus,  dessen  vielfache  semitische  beeinflussung  nicht  geleugniBt 
werden  kann,  diese  Selbstbeschränkung  kann  graf  Bandissin  nur 
zum  lobe  angerechnet  werden;  sicher  ist  dasz  sie  seiner  forschiäig 
nicht  zum  nachteile  gereicht  hat. 

Das  endergebnis ,  zu  dem  der  vf.  durch  seine  untersucbimg  ge- 
kommen ist,  hat  er  selbst  s.  146  f.  so  formuliert:  *in  dem  bOhoi* 
cultus  einerseits,  dem  cultus  an  gewässem  und  unter  bäumen  and6^ 
seits  haben  wir  den  gesamtausdruck  des  sehr  einfachen  aUgemoh- 
semitischen  gottesglaubens  zu  finden,  dessen  besonderheit  nur  in  der 
ausschlieszlichkeit  der  beiden  Vorstellungen  von  der  gottheit  ab 
himmlischer  (erhabener)  und  lebengebender  liegt  •  .  die  cultische 
bedeutsamkeit  von  bäumen  und  gewässem  steht  nicht  in  wider 
Spruch  mit  dem  für  die  meisten  fälle  allgemein  anerkannten  astrales 
Charakter  der  semitischen  gOtter,  repräsentiert  nicht  ein  zweites 
(tellurisches)  dement  der  semitischen  gGtterwelt,  welches  —  so 
weit  unsere  kenntnis  bis  jetzt  reicht  —  sich  überhaupt  nicbt  nach* 
weisen  läszt.' 

Tübingen.  Alfred  von  Gutsohmid. 


im«iti]i:  die  TP^mAOT^c  und  dar  dvTtTpoficö^  des  nthet.    189 

29, 

TAMMAT6IC  UND  DER  ANTirPA<l>€YC  DES  KÄTHES 
BEI  POLLUX  UND  HARPOERATION. 


[achdem  die  auf  Attika  bezOglichen  insehriften  deg  oorpna  in- 
oniim  graecamm  durch  neue  fbnde  in  so  ediebliehem  maese 
lirt  worden  and  besonders  seitdem  das  corpus  inscriptionom 
mm  eine  authentische  ausgäbe  des  ftltem  wie  des  neuem  mate- 
n  bieten  angefangen  hat,  durfte  man  erwarten  dasz  die  erfor- 
l  des  attischen  Staatswesens  einen  neuen  aufischwung  nehmen 
.  dasz  diese  erwartung  keine  vergebliche  w:ary  bezeugt  unter 
D  das  fast  gleichzeitige  erscheinen  der  Schriften  von  CSohif  er 
ibis  senatus  populique  Atheniensium'  (Grei&wald  1878). und 
ille  *de  scribis  Atheniensium  publicis'  im  ersten  bände  der 
iger  Studien'  (1878)  s.  203—249  und  vor  allem  WH  arteis 
m  über  attisches  Staatsrecht  und  urkundenwesen'  (Wien  1878), 
leh  ihrerseits  vielfach  denselben  gegenständ  behandeln  wie 
liden  zuerst  erwfthnten  arbeiten,  die  nemliche  veranlassung 
enigstens  indirect  die  miscelle  üvWilamowitz-M0llen- 
•  aber  den  TpopMaTCuc  Tf)c  ttöXcuic  im  Hermes  XIV  s.  14^  ff. 
ich  in  diesen  arbeiten  (bei  der  Hartelschen  sohrift  habe  ich  |iur 
B  schreiberwesen  betreffenden  ausführungen  im  äuge)  B&dkh 
über  ein  fortschritt  zeigt,  ist  unleugbar,  aber  wesentlich  eben 
me  folge  des  so  vermehrt  und  verbessert  vorliegenden  Inschrift- 

materials.  ein  teil  der  erwähnten  abhandlungen,  so  erfreu- 
ir  erscheinen  immer  ist,  hat  jedoch  auch  wieder  die  alte  erfah- 
Mstfttigt ,  dasz  ein  an  sich  richtiges  princip  auf  diejenigen ,  die 
»rhanpt  zum  erstenmal  anwenden  oder  wenigstens  zum  ersten- 
1  bedeutenderm  umfange  anzuwenden  in  der  läge  sind,  einen 
lichtigen  einflusz  ausübt  und  sie  das  gute,  das  mit  den  alten 
n  gewonnen  worden  ist  und  noch  immer  gewonnen  werden 

nberseben  läszt.  jene  arbeiten  nemlich  scheiden  sich  in  zwei 

von  einander  getrennte  gnippen :  Hille  und  Wilamqwitz  be- 
•n  neben  den  insehriften  noch  die  uns  durch  die  alten  lexiko- 
Bn  und  scboliasten  ttberkonmiene  ttberlieferung  als  eine  nutz- 
[uelle  unserer  erkenntnis  und  verfahren  dieser  Überzeugung  ge- 

Schftfer  und  Kartei  dagegen  beschränken  sich  lediglich  auf 
idiriften  und  scblieszen  die  grammatiker  ganz  aus  ihren  nnter- 
Bgen  aus.  dasz  letzteres  verfahren  leicht  verhängnisvoll  wer- 
ins ,  liegt  nur  zu  nahe ,  und  wirklich  ist  es  für  die  beiden  ge- 
»n  nicht  ohne  nachteilige  folgen  geblieben ,  wenngleich  diesel- 
em  hauptgegenstand  ihrer  Untersuchungen  gemäsz  bei  Hartel 
er  hervortreten  als  bei  Schäfer,  die  nichtachtung  der  gram- 
erOberlieferung  hat  nemlich  Schäfer  und  Hartel  dahin  geführt, 
vei  Öffentliche  Schreiber  anzunehmen  und  die  bereits  von  Böckh 
»ugend  dargethane  existenz  eines  dritten ,  des  YP€iHM<XT€uc  Tf)c 


190    FvStojentin:  die  TpafifiaTelc  und  der  dvriTpcupeOc  dm  nlhei. 

TTÖXeuiC,  zu  leugnen,  während  Hille,  der  diesem  Schreiber  ein  ganzes 
capitel  widmet,  in  folge  seiner  anlehnung  an  die  grammatikmr  ond 
Böckh  diesen  fehler  glücklich  vermieden  hat.  in  dieser  beziehong 
hat  daher  Hilles  sjstem  der  Öffentlichen  Schreiber  jene  abmndnng, 
die  bei  der  arbeit  Schäfers  mit  recht  von  Wilamowitz  vermisst  wird, 
der  aufsatz  des  letztem  hat  eben  den  zweck ,  das  Vorhandensein  des 
Tpa]üi^aT€uc  tt^c  iröXcuiC  und  seine  befagnisse  von  neuem  nadun- 
weisen  und  so  die  bei  Schäfer  vorhandene  lücke  anssofüllen.  man 
musz  aber  Wilamowitz  auch  dafür  dank  wissen ,  dasz  er  bei  dieser 
gelegenheit  die  notwendigkeit  einer  berttcksichtigang  nnd  sorgftl- 
tigen  Prüfung  der  grammatiker  nachdrücklich  betont  hat,  ein»  nah- 
nung  die,  wie  wir  eben  sahen,  immer  noch  nicht  überflüssig  ist.  frei- 
lieh  wird  derjenige ,  welcher  die  angaben  der  grammatiker  mit  in 
den  kreis  seiner  Untersuchungen  hineingezogen  hat,  wol  mandinal 
aus  denselben  —  abgesehen  von  dem  bewustsein  nichts  versiamt  la 
haben,  woraus  möglicherweise  ein  nutzen  zu  erhoffen  wäre  —  kram 
positiven  gewinn  ziehen ,  ein  directer  nachteil  indes  ist  ans  der  be- 
nutzung  derselben,  freilich  der  richtigen,  noch  keinem  erwachsen. 
die  von  Schäfer  ausgesprochene  und  von  Hartel  wiederholte  behaop- 
tung,  Böckh  sei  zu  seiner  falschen  identificierung  des  ratbs-  ond  piy- 
t^nienschreibers  in  folge  seiner  berücksichtigung  der  grammatiker 
und  insbesondere  des  Pollux  gelangt,  ist  daher  um  so  weniger  gs> 
rechtfertigt,  als  die  angaben  der  grammatiker  für  Böckh  schlechter- 
dings keinen  anhält  zu  jener  identificierung  bieten  konnten,  im 
gegenteil  hätte  gerade  die  notiz  des  Pollux  über  zwei  vom  rath  be- 
stellte Schreiber  ihn  dazu  bestimmen  können,  ein  nebeneinander- 
bestehen des  prjtanien-  und  rathsschreibers  anzunehmen,  in  der 
weise  wie  Hille  und  Wilamowitz  die  Polluxstelle  wirklich  interpre- 
tiert haben,  ja  Hille  macht  sich  keiner  Übertreibung  schuldig,  wenn 
er  s.  218  sagt,  Pollux  habe  Böckh  gerade  wegen  seiner  über  jene 
beiden  Schreiber  gefaszten  ansieht  Schwierigkeiten  bereitet,  zu  die- 
ser seiner  irrigen  ansieht  ist  Böckh  vielmehr  durch  das  unsnlBng- 
liche  inschriftenmaterial,  welches  ihm  vorlag,  nicht  nur  Teranlaszt, 
sondern  fast  genötigt  worden:  denn  seine  irrtümer  waren,  wie 
Schäfer  selbst  einmal  zugibt,  zur  zeit  als  Böckh  seine  'ataatahans- 
haltung'  schrieb ,  unvermeidlich,  wenn  man  überhaupt  an  der  art 
der  behandlung,  die  Böckh  den  grammatikem  zu  teil  werden  lien, 
eine  ausstellung  machen  will,  so  möchte  es  einzig  die  sein,  daaz  er  in 
der  regel  die  hier  in  betracht  kommenden  grammatiker  mehr  ab  ge- 
lehrte im  modernen  sinne  denn  als  das  was  sie  wirklich  waren  aniah 
und  ihre  angaben  als  selbständige  Zeugnisse  betrachtete  auch  da  wo 
sie  es  nicht  sind. 

Anderseits  ist  auch  Hille  in  einem  wichtigen  punete  gestnu* 
chelt,  aber  für  ihn  wurde  gerade  die  stelle  eines  grammatikers  zum 
stein  des  anstoszes.  jedoch  nicht  die  benutzung  eines  grammatiker- 
zeugnisses  an  sich  hat  ihn  zu  falschen  aufstellungen  veranlaszt,  son- 
dern der  umstand  dasz  er  einen  unrichtigen  gebrauch  von  demzelben 


FrStojeBtiii :  die  fpamumXc  und  der  dvriTpcupeuc  deg  rathea.    191 

iDAclite  und  von  dem  rechten  wege  der  beorteilung,  wie  ich  ihn  Me 
Inlii  PoUacifl  in  publicis  Atheniensiam  antiqaitatibus  enarrandis 
«Bctoritate'  (Breslau  1875)  s.  20  angegeben  zu  haben  glaube,  ab- 
wich, während  nemlich  Hartel  und  SchSfer  (und  zwar  unabhängig 
▼on  einander)  zu  der  erkenntnis  gelangt  sind,  dasz  es  im  fünften  jh. 
▼or  Ch.  nur  ^inen  Schreiber,  den  TpotM|iaT€uc  Tfic  ßouXf^C;  gab  und 
dasi  erst  in  der  ersten  hälfte  des  vierten  jh.  ein  zweiter,  6  TP<^- 
^OTCUC  ö  Korä  TTpuraveiav ,  hinzukam ,  nimt  Hille  das  gleichzeitige 
bestehen  beider  Schreiber  schon  für  das  fünfte  jh.  an ,  wobei  er  sich 
nur  anf  eine  voreukleidische  inschrift  und  Harpokrations  artikel 
TPOfifiaT€dc  stützt,  was  zunächst  die  inschrift  (CIA.  I  61)  anlangt, 
10  beruht  die  erwfthnung  des  prjtanienschreibers  in  derselben  blosz 
aof  einer  ergänzung  Köhlers:  töv  ApötKCVTCC  vö^ov  t6|li  nepl  toO 
9ÖVOU  ävaTpa\|idvTu;v  o\  dvaTpaq>i)c  tuIiv  vöjliujv  napaXaßövrcc 
irap&  ToC  [Kcrrd  npuravciav  ypa^ix]aTliMC  Tf^c  ßouXfic,  welche 
Sdbftfer  Tcrwirft,  weil  sich  bis  auf  die  sechziger  jähre  des  vierten 
jh.  auf  den  Inschriften  keine  einzige  erwähnung  dieses  Schreibers 
findet  ond  weil  die  ergänzung  Köhlers  letzterm  einen  unerhörten 
und  sonst ,  so  oft  er  später  auch  immer  erwähnt  wird ,  nie  vorkom- 
menden titel  gibt.  Harteis  Zustimmung  zu  dem  urteil  Schäfers  ist 
ebenso  in  biUigen,  wie  der  rechtfertigungsversuch,  den  Hille  in  einem 
epinaetrum  gegen  Schäfers  einwendungen  untemimt,  als  verfehlt  an- 
zusehen ist.  *  nächstdem  und  hauptsächlich  beruft  sich  Hille  auf  das 
sengnis  des  Aristoteles  in  Harpokrations  glosse  toaiiiiarevc^  mit 
welcher  ich  der  bessern  Übersichtlichkeit  wegen  die  übrigen  von  mir 
nodi  zn  besprechenden  stellen  hier  zusammenstellen  will : 

Harpokration  u.TpaMMareuc:  At]M0c8^vtic  un^p  KniciqpiüV- 
Toc.  6  TPOWAOTcuc  TToic  T€  KaSicxaTO  Ktti  Ti  f Ttparrev,  die  tuiv  Tpo^- 
MOTUiv  t'  icrX  Kupioc  KQi  id  ipii^icMQ'^^  "^^  T^vöficva  qpuXdrrei  xai 
Td  dXXa  TTdvra  dvTiTpdq>€Tai  Kai  TrapaKdOnrai  t^  ßouXi^ ,  bebr|Xuj- 
K€V  *ApiCTOT^Xric  dv  'A0iiva(u)V  TroXiteia. 

Harpokration  u.  dvTiTpoi<p€uc:  ö  KaOicrd^evoc  im  tu;v 
KcrraßaXXövTUiv  rivd  rrji  nöXei  xpnMct'ro,  &ct€  dvTiTpdq)€c6ai 
toOtq'  AimocG^VTic  ly  tiJ»  kqt'  'AvbpoTiuiVOc  kqI  Aicxivnc  iv  tiu 
«rrd  KTiiciq)divToc.  birrol  bk  fjcav  dvTiTpaq>€Tc,  6  yiiv  ttic  bioi- 
«nccuK,  i&c  q)iici  <t>iX6xopoc,  6  bi  if^c  ßouXf^c,  dic  'ApiCTOT^Xric  iv 
'Mf\ymwy  noXiTeia. 

Pol  lux  VIII  98:  TPOMMOTCuc  6  Ktttd  irpuTaveiav,  kXtipu;6€ic 
imö  tfic  ßouXf\c  im  Tip  rd  TpdM^ctra  qpuXdrreiv  kqI  rd  ipiiqpicMaTa, 
Kai  frcpoc  im  toüc  vö|iouc  uttö  tt^c  ßouXnc  x^ipoTOVOu^cvoc  •  ö 
ö*  uird  Toö  önnou  a\p€0€ic  Tpci|iMaT€uc  dvativiicKei  tuj  t€  bniitu 
wxi  TQ  ßouXi^.  dvTiTpaqpeuc  npÖTcpov  ixkv  a\p€TÖc  aöOic  bi  kXt]- 
purröc  fiv,  Kol  iravta  dvT€Tpdq>€To  TrapaKaOriMevoc  t^  ßouX^j.  buo 

6*  ^CaV,  6  M€V  Tf\C  ßOuXf]C  6  bi  Tf\C  blOlKT]C€U)C. 

>  Schäfer  selbst  ergänzt:  dvatpaifidvTUJv  oi  dvaTpa(pf)c  tuiv  vömujv 
«apoXoßövTcc  trapd  toO  [ßactX^wc  ^€Td  toO  'xfMyiyi]aTiwc  Tf\c  ßouXf^c 
iQTi\kf)  XtOivf]. 


192    FvStojentin:  die  TPO^M^^'^c^c  ^^^  ^®'  dvrtTpo^ciic  des  ntfa«. 

Die  Übereinstimmung  zwischen  den  letEien  Worten  HaqjKdoi- 
tions  über  den  Tpa|4^T€uc  und  denen  des  Pollux  über  den  dvn- 
Tpaq>€uc  war  schon  dem  alten  Harpokrationerklftrer  Valesius  »ge- 
fallen: er  hatte  sich  dafür  entschieden,  dass  bei  Harpokration  am 
irrtum  anzunehmen  sei,  und  dasz  jene  worte  mit  Pollux  anf  den  dvn- 
Tpotqpeuc  zu  beziehen  seien,  diesem  nur  aus  einem  natllrliohen  ge- 
fühl  entsprungenen  urteil  des  Valesias ,  der  Ton  den  wirklich  zwi- 
schen den  grammatikem  obwaltenden  Verhältnissen  selbstrerstlnd* 
lieh  keine  Vorstellung  hatte ,  folgte  Böckh  staatsh.  I  s.  3S4  anm.  Cy 
diesem  im  wesentlichen  ich  selbst  in  der  oben  erwähnten  schrift, 
ohne  dasz  ich  damals  nötig  zu  haben  glaubte  eine  genauere  bogrfla- 
düng  dieser  auffassung  hinzuzufügen.  Hille  begeht  nun  von  vom 
herein  den  fehler  die  stellen  beider  lezikographen  für  richtig  und 
unverdorben  zu  halten,  während  Wilamowitz,  der  im  eingaage  leiBei 
erwähnten  aufsatzes  auch  unsere  stellen  bespricht,  obwol  wir  ikn 
sonst  nicht  frei  von  Irrtümern  sehen  werden,  das  mit  richtigem 
blick  erkannt  hat,  dasz  die  6ine  von  beiden  stellen  fehlerhaft  sain 
müsse,  und  in  der  that  kann  fQr  keinen ,  der  sich  eingehender  mit 
den  grammatikem  beschäftigt  hat,  ein  zweifei  darüber  bestehen,  da» 
die  Übereinstimmung  der  worte  Kai  rd  äXXa  Trdvra  dvTiTpdqKrm 
Kai  irapaKdOiiTai  t^  ßouXiQ  bei  Harpokration  und  xal  irdvra  dvTE- 
Tpdqp€TO  iTapaKa6rJM€V0c  t^  ßouXQ  bei  Pollux  nicht  einem  lufül  n- 
zuschreiben  ist,  sondern  dasz  sie  sich  auf  6inen  und  denselben  beamUn 
beziehen  und  in  der  gemeinsamen  urquelle  beider  lexikographen  von 
diesem  6inen  gebraucht  worden  sind,  aber  auch  für  deigenigeSt 
welcher  diesen  Studien  femer  steht,  wird  die  sache  sofort  klar,  wen 
er  erwägt,  wie  die  auf  Aristoteles  zurückgehenden  ausführnngoi 
Harpokrations  im  übrigen  bei  Pollux,  und  zwar  genau  in  dersdUn 
reihenfolge  wiederkehren  —  dem  iruic  T€  KaGicraTO  HarpokratioBS 
entspricht  das  KXiipui6€lc  xiiiö  Tf\c  ßouXf)c  des  Pollux,  dem  die  TUV 
YpaMMdTWV  T  *  ici\  Kupioc  Kai  rd  i|iiiq)(cMaTa  rd  T€vöfi€va  q)idldmi 
des  erstem'  das  freilich  verwässerte  inl  T(p  rd  TP<WttTa  q)uXdT* 
T€iv  KOI  rd  i|iiiqpic|LiaTa  —  wie  aber  die  fraglichen  worte  iwar  b« 
Pollux  auch  wieder  begegnen,  jedoch  nicht  hinter  jenen  ersten,  wo 
vielmehr  die  besprecbung  des  ersten  Schreibers  abbricht,  aondem  la 
einer  andem  stelle,  beim  ävTiTpa<p€uc.  an  der  richtigkeit  beider 
Zeugnisse  wird  aber  auch  schon  aus  dem  gründe  niemand  festhalten 
können ,  weil  doch  unmöglich  von  zwei  rathsbeamten  zugleich  (und 
um  den  dvTiTpaqpeuc  des  rathes  handelt  es  sich  bei  Pollux  oflbnbar) 
und  in  bezug  auf  die  angelegenheiten  6ines  und  deaselben  rathn 
Trdvra  dvT€Tpdq>eT0  und  rd  dXXa  irdvra  dvTiTpdq)€Tai  auageeagt 

*  sicherlich  ist  dieser  saU  mit  die  ('dasz  nemlich')  nur  eine  weitere 
ausführuDg  des  t(  firparrcv,  aber  auch  in  diesem  falle  hatte  Hille  ktiae 
veranlassung  in  dem  artikel  Harpokrations  denjenigen  teil  der  amtt- 
thätigkeit  des  Ypa^^aT€uc,  welcher  sich  auf  die  herstellung  der  insehrif« 
ten  bezog,  für  unberücksichtigt  zu  halten,  da  doch  der  aoedrook  tÄv 
YpamidTWv  ^ctI  Kupioc  dies  sehr  wol  mit  zu  umfassen  vermag. 


ViMejßmtimt  die  tpaf^iiaTdc  und  der  dvtiTpoipctk  dM  mHHßm*    193 

worden  keim.  w«  wir  <  i  notwendiger  weise  bei  einem  von 
beide«  echrifti  nei  £  annebmen  mOBseni  und  die  frage 
ist  BOT,  bei  welcbem  wir  die  zu  thon  baben.  bfttte  HiUe  dies  ^• 
daebt,  eo  wtirde  er,  da  er  an  d  stelle  des  PoUox  mit  fag  und  recht, 
wie  wir  sehen  werden«  nichts  i  Eosetzen  weiss,  sich  der  Harpokra- 
tjonetelle  gegenüber  jedenfalls  vorsiobtiger  verhalten  haben,  da 
nu  Wilamowits  die  riobtiglieit  der  letztem  allein  bebaoptet  und 
bei  PoUuz  eine  terrflttong  des  arsprOnglicfaen  sosammenhangs  an- 
niflit,  so  wollen  wir  savOrderst  die  Stichhaltigkeit  der  gründe  prQ- 
fim»  die  Ton  beiden  fEbr  den  ar  1  Harpokrations  angeftUirt  werden. 
HiUe  hatte  bemerkt,  dai  m:man^en  insohriften  dem  eigent- 
Ikkttak  praeecript  Toraasgeheni  nnd  mit  demselben  in  keinem  conez 
rtshsnd  ein  s^reiber  wwShnt  werde:  6  bctva  ^TPOMH^f^^^-  ^^ 
wirft  die  frage  auf,  welchen  zweck  seine  erwfthnnng  an  dieser  stelle 
solle,  ob  der  so  beseidmete  selbst  die  inschrifUiche  anfzeich- 
der  psephismen  zu  besorgen  hatte  (dann  wftre  er  fttr  das  ftlnfte 
jb.  und  den  anfrmg  des  vierten  der  rathsschreiber,  dem  in  diesem 
ssilimiun  das  erwtimte  geschäft  allein  zukam),  oder  ob  er  vielmebr 
inreh  seinen  namen  die  richtige  aufreichnung  der  psephismen  be- 
ssheinigsn  wollte.  Hille  entscheidet  sich  für  die  letztere  annähme 
wsd  erkennt  in  jenem  Schreiber  den  TP^MMXTCUC  noou^  vpirravckcv, 
da  ja  TOB  ihm  Aristoteles  bei  Harpokration  diese  function  aossage 
—  in  eben  jenen  oben  besprochenen  worien.  unter  d&ctser  voraus- 
setrang  mnste  er  freilich  den  TPCiPM^^cuc  xorä  irpurovciav  schon 
fltar  das  fünfte  jh.  ansetfen.  aber  gesetzt  auch  dasz  dvTiTpdq|>€cOai 
di»  bedeutung  *  beglaubigen,  die  richtigkeit  bescheinigen*  haben 
konnte,  so  ist  ja  das  von  Hille  in  der  Harpokrationstelle  gesuchte 
daraos  gar  nicht  zu  entnehmen:  denn  nachdem  Harpokration  von 
den  «|if|<pic|iaTa  gesprochen,  fllhrt  er  nicht  fort  Kai  raOra,  sondern 
Nol  TG  fiXXa  Trdvra  dvTiTpaq>€Tat.  auch  wird  von  Hille  zum  be- 
weise dafür,  dasz  dem  prytanienschreiber  wirklich  die  function  des 
dvTrfpdq>€€6ai  oblag,  eine  Inschrift  (CIA.  11  61)  angeführt,  wo  ihm 
in  der  that  ein  solches  fibertragen  wird :  irapcrpr^^Xai  bk  TOuc  Trpu- 
Tiveic  Kai  6uKXei  tiJj  biviociip  f^KCiv  ek^pdrroXiv  tp<xhn^€V0v 
Td  ^v  T^  xo^KoOriKi].  Kol  iTT€ibdv  tö  olioma  dvoixBQ,  ^erdZciv 
ntd  £8voc  {xacra  xai  iiriTpdq>€tv  töv  dpiOfiöv.  ävTiTpdi|i€c6ai 
Vi  xdr  Tpo|4UiT^a  t6t  Kord  irpirraveiav  wA  touc  fiXXouc  Tpo^- 
yavbac  toöc  in)  toic  bnMOcioic  fp&^aciv.  iircibäv  H,  ÜeiacQfji 
vdvni  Kai  ävarpacp^,  tot  TPOMMcrr^  Tf)c  ßouXf)c  dvatpdi|iavTa 
h  cnV^q  Xi0ivg  CTiicai  {^TTpocOev  Tf)c  x^XKoOifnoic.  jedoch  vermag 
diese  inschrift  keineswegs  die  von  Hille  den  werten  Harpokrations 
gegebene  deutung  zu  stützen,  da  sie  das  dvTttpdq|>€c9ai  in  seiner 
gewöhnlichen  und  wol  allein  nachweisbaren  bedeutung  bietet:  der 
prytanienschreiber  sollte  zugleich  mit  den  andern  audi  seinerseits 
ein  veneichnis  anfertigen,  und  zwar  zur  controle  des  von  dem  staats- 
iklaven  aufgenommenen  inventars.  Wilamowitz  beruft  sich  gegen 
BOckh  und  zur  Verteidigung  seiner  ansieht  ebenfalls  auf  unsere  in- 


194     FTStojentin:  die  TPOMM<>'^€^<^  ^^^  ^^  dvriTpaqpcOc  des  flMwi. 

Schrift,   da  ihm  aber  eine  solche  auslegung ,  wie  sie  Hille  der  atoUe 
Harpokrations  gegeben  hat,  fem  gelegen  hat,  so  durfte  er  aoi  dar 
auch  sonst  manches  singulare  und  bisher  unerklttrte  enthaltenden 
inschrift  doch  nur  folgern,  dasz  in  diesem  6inen  falle  deoA  piytaiiifli- 
Schreiber  die   function  des  dvnTP<i(p€c6ai  übertragen  worden  iit 
nach  diesem  6inen  falle  eine  regel  constituieren  sn  wollen  hiesn 
doch  zu  weit  gehen ,  und  um  eine  reguläre  amtstbtttigkeit  handelt 
es  sich  deutlich  bei   Harpokrations  werten  t&  fiXXa  Trdvra  dvn- 
TPttq>€Tai.   noch  weniger  wird  mau  mit  Wilamowitz  in  dem  atuti- 
Sklaven  Eukles  einen  dvTiTpoi<p€uc  zu  erkennen  haben:  denn  ee  wIn 
doch ,  auch  abgesehen  von  dem  noch  weiter  unten  über  den  stand 
des  dvTiTPOtqpcuc  zu  bemerkenden,  geradezu  verkehrte  welt|  w«m 
dem  dvTiTpotqpeuc  ein  YpdcpecOai,  dem  tp^MM^xtcuc  ein  dvTiTp&- 
qp€c6ai  übertragen  würde,   ich  meine ;  man  hat  bei  der  insohriftn 
eine  auszerordentliche  function  des  prytanienschreibers  zu  denken. 
etwas  anders  Schäfer  s.  31  und  39,  welcher  aus  dieser  inschrift  fbi- 
gort ,  es  sei  eine  dem  pfty tanienschreiber  in  den  ersten  jähren  leiMi 
bestehens  (ungefähr  bis  344  vor  Ch.)  übertragene  thtttigkeit  ge- 
wesen,   hiemach  fiele  dieselbe  jedoch  in  eine  zeit  lange  vor  der  ab- 
fassung  oder  schluszredaction  der  Aristotelischen  politien  (s.  hie^ 
über  weiter  unten) ,  und  die  inschrift  gäbe  gleichfalls  keinen  anhält 
für  die  annähme  von  Wilamowitz.  auch  Köhler  hatte  schon  gelegent- 
lich zur  Verteidigung  der  Harpokrationischen  glosse  anf  diese  ii- 
schrift  hingewiesen;  dem  gegenüber  musz  die  untulässigkeit  betoat 
werden ,  die  Zeugnisse  der  lexikographen  und  scholiasten  isoUert  n 
betrachten,     diese  grammatiker  wollen  im  Zusammenhang  und  in 
ihrem  gegenseitigen  Verhältnis  beurteilt  werden,  nach  diesem  gmid- 
satze  handelt  es  sich  daher  in  unserm  falle  nicht  darum,  ob  Harpo- 
kration  recht  hat,  sondem  ob  Harpokration  oder  Pollux. 

Hatte  übrigens  Hille  angenommen,  durch  die  vorseteungeeiflii 
namens  vor  das  praescript  und  somit  vor  die  ganze  inschrift  habe 
der  betreffende  Schreiber  den  text  der  letztern  beglaubigen  welkB| 
so  hatte  er  damit  zweifellos  das  richtige  getroffen,  auch  Hartd  md 
Schäfer,  und  vor  ihnen  schon  Köhler,  vertreten  diese  ansieht,  aber 
sie  sehen  mit  vollem  recht  in  dem  erwähnten  Schreiber  den  TP^' 
MQTeuc  Tfic  ßouXf^c,  der  in  der  altem  zeit  allein  erwähnt  wird,  nl 
in  der  that  wird  sich  kaum  etwas  gegen  die  einrichtnng  Torbringea 
lassen,  dasz  derselbe  beamte,  dem  vom  volke  die  herstellnng  der  in- 
schrift und  die  aufstellung  der  seule  übertragen  wurde,  auch  doreh 
Versetzung  seines  namens  sich  für  die  richtige  ausfQhrung  verborgte. 
dem  zweck  einer  genauem  datierung,  woran  man  im  ersten  ngin- 
blick  denken  könnte ,  besonders  wenn  man  zuweilen  an  jener  atdle 
neben  dem  Schreiber  auch  den  eponymen  archonten  genannt  sieht, 
konnte  jene  masznahme  nicht  dienen:  s.  Hartel  ao.  s.  9. 

Wir  haben  nun  noch  die  momente  zu  prüfen,  welche  Wilamo- 
witz für  die  fehlerhaftigkeit  der  Polluzstelle  geltend  macht  er  atdlt 
die  behauptung  auf,  dasz  wir  in  der  glosse  Harpokrations  dvTlTpa- 


Figmaalui!  die  tP^MMcrrctc  und  der  dvnrpa^pcüc  des  ralhei.    195 

pc4c  dm  echt  A:  icl       beriofat  über  diesen  beamten  besftszen. 

lifTO  dies  richtig,  so  w  <  lit  allerdiDga  bewiesen  sein,  diisz  die 
Miwmfellmft  i^istotelisohen  werte  irdvra  dvTeTpä<p€TO  irapcnca- 
Mjficvoc  t4  ßouX^  auf  einen  andern  beamten,  aleM>  nach  Harpokra- 
MB  den  TpopjyurrcOc,  gehen  m  aber  diese  annähme,  von  wel- 

ter Wilamowiti  als  einer  feste    vo  tzung  ausgebt,  erweist  sich 

ik  irrig,  anf  welcher  erwSgung  dieseioe  beruht,  gibt  Wilamowitz 
nebt  aoB,  und  es  ist  auch  gar  nicht  abxusehen,  worauf  er  sich  gestfltit 
haben  konnte,  sicher  wftre  es  durchaus  unberechtigt,  etwa  daraus 
ian  Haipokration  am  ende  seines  artikels  des  Aristoteles  erwflh- 
laag  thut  jene  folgerung  tu  sieben,  weil  er  swischen  seiner  erkli- 
«lg  des  dvTiYpa^iic  und  der  erwfthnung  des  Aristoteles  nicht 
pssuger  als  drei  andere  autoren  namentlich  anflLhrt:  Demöethenes, 
UaehiBea  und  Philochoros,  von  denen  bei  dem  bekannten  verfahren 
ler  nlten  gnunmatiker  jeder  mindestens  denselben  anspruch  auf  die 
irhebersohaft  der  in  frage  stehenden  erklftrung  erheben  kann.'  Tor- 
iehtiger  wire  jedenfalls  Böckh  Terfahren,  wenn  man  bei  seinen 
vorlen  staatsh.  I  s.  262  Won  ihm  (dem  dvTiTpa<p€ilc  Tf)c  btotKy|C6uic) 
«tte  Philochoros  gehandelt,  und  auf  ihn  scheint  mir,  nach  wieder- 
loltnr  Überlegung,  vermöge  der  Stellung  der  sfttse  bei  Har- 
wkration  die  angäbe  zu  beziehen,  er  sei  angestellt  gewesen  1>ei  der 
iMeiiegung  der  gelder  von  selten  der  einsidilenden,  um  dabei  die 
fOBtiole  SU  itihren'  überhaupt  annehmen  dürfte,  er  habe  zugleich 
fen  Ursprung  dieser  angäbe  aus  Philochoros  im  sinne  gehabt,  aber 
mam  annähme  befriedigte  auch  Böckh  selbst  nicht,  jedenfalls  weni- 
^  als  Hille,  der  s.  233  B(k;khs  Vermutung  ohne  jedes  bedenken  auf- 
Bimt,  und  BOckh  that  recht  daran,  schlagen  wir  nemlich  die  von 
Sarpokration  unmittelbar  hinter  seiner  erklftrung  citierte 
(teile  auf  (Dem.  g.  Androtion  §  70,  denn  diese  stelle  ist  sicher  ge- 
Dtint,  nicht  §  38,  wie  Hille  s.  233  glaubt:  der  letztere  hfttte  daher 
am»  Veranlassung  gehabt  sich  zu  wundem,  wie  Böckh  staatsh.  I 
I.  261  anm.  b  an  der  von  Harpokration  citierten  stelle  einen  unter- 
psordnetem  gegenschreiber  sehen  konnte) :  k^t*  inX  fiiv  raic  eicqpo- 
Mk  t6v  bniiöciov  irap€Tvai  Trpoc^TPOv|i€V  die  bf|  öiKOtoc  i&v,  div 
Iboctoc  dvTiTpacpeuc  fjicXXev  (cecOai  ti&v  €Ic€V€tkövtuiv  ,  so 
svehtet  ein  dasz  in  Harpokrations  erklftrung  nichts  enthalten  ist, 
taa  nicht  aus  der  Demosthenesstelle  gefolgert  werden  konnte,  es 
legi  daher  die  Vermutung  nahe,  dasz  Harpokration  seine  erlftute- 
lediglich  dieser  stelle  verdankt,  und  diese  Vermutung  wird  fast 
gewisheit  durch  die  glosse  des  V  Bekkerschen  lezikon  s.  197 
hmTPO^cik :  boöXöc  Ttc  fi  iXeuOcpoc ,  ö  rd  €ic<p€p6)yi€va  xp^M^Ta 

'  ein  beisptel  mdge  genügen,  am  zu  zeigen  dass  in  den  qnellen 
Urpokratioos  bei  demielben  gegenstände  neben  einem  werke  wie  die 
«liüen  des  Aristotelee  noch  redner«tellen  benntit  wurden:  cTpoTT)To(: 
krmvoc6€vf|C  ^tXiTiinxotc  oi  xoO'  IxacTov  iviouröv  x^^po^ovoO^evoi 
Tpvnrrol  hixa  f^ca^,  Uk  moOcIv  Ccnv  Ik  tc  tiI^v  Tircpci^ou  nax*  Ä<nO' 
A^ovc  KOl  ix  Tf]J€  *AOT)va(uiv  iroXiTciac  'ApicroT^Xouc. 


196    FvStojentin:  die  TP<3tMMaT€lc  und  der  dvTiTpcupctk  des  ntliiB, 

ävTiTpa(po|üi€VOC  TpÖTTOv  ^pa^iiarlMic.  irap&  toOto  bk  waX  ibvo- 
jüidcOr],  ÖTi  im  tu»v  eicqpepojüi^Viuv  ävriTpötcpcTai.  denn  dieie  gloiie 
weist  allein  unter  allen  grammatikernotizen  auf  eine  mit  Hacpobi- 
tion  gemeinsame  quelle  \  und  in  dieser  glosse  nnd  BW«r  nur  in  ihr 
finden  wir  noch  eine  dem  öi^öcioc  des  Demosthenea  entapreohendt, 
den  sklavenstand  des  dvntpaqpeuc  bekundende  angäbe«  aac)!  daria 
schlieszt  sich  diese  glosse  noch  genauer  an  den  text  des  Demosthensi 
an,  dasz  die  speciellen  ausdrüdce  eiccpopai  und  €ic€veTKÖvnuv  du 
redners  in  den  verben  eicqpepöjüicva  und  €icq>€pofA^vuiv  gewährt  er- 
scheinen, den  grad  der  gewisheit 'unserer  yermutong  aberdfirte 
wir  uns  durch  den  weitem  aus  dem  Wortlaut  jener  stelle  nicht  n 
entnehmenden  zusatz  f{  dXeuOepoc  eines  leidlich  kundigen  gramms- 
tikers  oder  lesers  nicht  verringern  lassen,  ebenso  wenig  wie  jemand 
irgend  etwas  auf  die  etymologisierende  zuthat  der  glosse  geben  wiid. 
daher  glaube  ich  auch  dasz  der  schlusz  des  artikels  Harpokratiow 
mit  dem  anfange  desselben  nichts  zu  thun  hat,  und  dasa  sieh  lati- 
terer  auf  einen  jener  untergeordneten  ävTiTPOupcic  bexieht,  von  denn 
Böckh  staatsh.  I  s.  252  spricht,  nicht  aber  auf  den  ävTiTpCupcOc  Tf)c 
ßouXf)c  oder  Tf^c  bioiKfjc€UJC.  diese  beiden  sind  zweifelsohne  mit 
Böckh,  Schömann,  Hille  ua.  als  beamte  von  grosser  bedeatnng  sa- 
zusehen,  der  ävTiTpaq)€uc  tt^c  ßOuXf)c  war  sogar  jedenfalls  sdbit 
rathsmitgUed,  nicht  aber  ein  staatssklav,  wieWilamowitzbehanpiit; 
vgl.  Dem.  g.  Androtion  §  38  f. ,  wo  der  ävTiTpaq>€uc  mit  unter  die 
männer  gezählt  wird,  die  zu  einer  bestimmten  «eit  den  senat  be 
herscht  hätten  (<t>iXiiTiTOC  Kol  'Avtit^vt)c  koI  ö  ävTiTpcupeOc  tfi 
Tivec  äXXoi,  oiTTcp  ^kci  bi*  ^auTwv  cTxov  jüiCTd  toutou  tö  ßouXcu- 
Trjpiov  Kai  TOUTUiV  Tu)v  KaKuiv  eiciv  ahioi  und  weiter  von  ebea- 
denselben:  Tf)V  ßouXf|v,  7)C  ouTOi  irpo^CTacav).  anoh  ist  der  dvn- 
Tpaq)€uc  (nexnlich  tt^c  ßouXf)c),  der  sich  in  den  aus  der  kaissmit 
erhaltenen  Verzeichnissen  der  prytanen  und  ihrer  deiciTOi  unter  die 
letztem  vorfindet,  durch  das  in  der  mehrzahl  der  fUle  hinzngefllgli 
demotikon  (zb.  CIA.  UI  1048  ävTiTpaq)£U€  Idbuipoc  CiDCtpdrou 
Mapa6u)Vioc)  deutlich  als  bürger  gekennzeichnet. 

Demnach  spricht  nichts  für  den  Aristotelischen  Ursprung  dff 
fraglichen  notiz  Harpokrations ,  wol  aber  sprechen  die  von  mir  dtf- 
gelegten,  wie  ich  glaube  sehr  gewichtigen  gründe  dagegen,  daiait 
fkllt  das  einzige  von  Wilamowitz  angeführte  directe  teugnia  gsgan 
die  richtigkeit  der  PoUuistelle,  und  wir  haben  nunmehr  ans  rrin 
inneren  gründen  zu  entscheiden,  ob  das  irdvTa  dvTiTpdq)€c9ai  nad 
napaKaG^cOai  t^  ßouXQ  angemessener  auf  den  TpctMM^^t^^c  (Ha^ 
pokration)  oder  avTiTpaq)€uc  (PoUux)  zu  beziehen  sei,  nun  sagt  tm- 
lieh  Wilamowitz,  beides  ebenso  wie  das  von  Pollux  unmittelbar  vor- 
her überlieferte  npÖTepov  jüi^v  alperöc,  aC6ic  bt  icXiipurrdc  jjv 
gienge  den  rathsschreiber,  nicht  den  dvTiTpaq)€i}c  an.  was  jedodi 
• 

^  die  glosse  dvTiTpacpcOc  des  VI  Bekk.  Uz.  stammt  ans  der  epitone 
Harpokrations. 


:  die  TpaMPOTdc  and  der  dvnrpaipcik  det  rathet.     197 

lie  letctem  worte  betrifft,  so  dflrfte  diese  befaauptung,  besonders  nach 
lern  was  eben  Ober  den  stand  des  ävTiTpaq>€uc  gesagt  worden  ist, 
kh  kaum  irgend  wie  belegen  lassen.'  das  7TapaKa9f)c9ai  n^  ßouX^ 
iber*  scheint  bei  einem  ävTiTpoiq>€UC  des  rathes  nicht  minder 
tatflrlich  voransgesetzt  werden  zu  können  als  bei  dem  rathsschrei- 
wr.  hinsichtlich  des  dvnypdqpecBai  endlich  kann  doch  nnmOglich 
in  zweifei  bestehen,  wem  diese  thtttigkeit  als  gewöhnliches,  ord- 
magsmKsziges  amtsgeschäfb  eher  zukam,  einem  Ypa)yi|üiaT€uc  oder 
inem  ävnTpctq)€UC.  deshalb  musz  ich  mich  BOckhs  ansieht  an- 
ichlieeten,  nadi  welcher  bei  Harpokration  u.  TP^MM^'^'^^c  ein  fehler 
rorliegt,  die  stelle  des  PoUnx  aber  sich  in  Ordnung  befindet,  mit 
lieeer  letztem  stimmt  denn  auch  insbesondere  die,  wie  wir  weiter 
iBlen  bestätigt  finden  werden ,  einer  gemeinsamen  quelle  entstam- 
aende  notiz  des  IV  Bekkerschen  lezikon  s.  185  Tpct^^OTCUC  . .  6  bi 
STOTpflupöpcvoc  TOI  iy  Tf|  ßouXQ  T€VÖ|üi€va  ävTiTpaqpeuc  ikifeio.^ 
las  nach  der  vorhergegangenen  erwähnung  der  TPÖtMMcrra  und  «iir)- 
^orra  nicht  recht  verständliche  t&  fiXXa  irdvra  dvTiTpötqp€Tat 
larpokrations  (Pollux  klar  und  deutlich  nävTa  dvT€TP<icp€To)  läszt 
lieh  aber  auch  jetzt  noch  abweichend  von  BOckh  zu  der  Vermutung 
iaiMfgen ,  man  habe  in  der  fraglichen  glosse  Harpokrations  keine 
OB  dem  grammatiker  selbst  verschuldete  Verwechslung  zu  erkennen, 
radem  eine  den  abschreiben!  zur  last  fallende  Ificke  anzunehmen, 
ie  etwa  folgendermaszen  auszufüllen  wttre:  q)uXdTT€i  xalrd  dXXa 
dvxa  <Ta  ncpi  tuiv  tpomMOT^^v  Kai  ön  Kai  dvriTpaqpeuc  t(c 
CTiv,  8c  iT<ivTa>  dvTiTpicpcTai  usw. 

Den  schlusz  mOge  eine  Vermutung  bilden ,  die  zwar  selbst  wie- 
er  favpothesen  zu  Voraussetzungen  hat,  die  aber  trotzdem  ihrer  be- 
tfchtigung  nicht  ganz  entbehren  dürfte,  durch  dieselbe  erbalten  fei- 
ende zwei  puncto  ihre  erledigung.  erstens  hat  man  schon  ISngst 
«merkt,  dasz  Harpokrations  artikel  fpa^yiaT^vc,  nach  welchem  der 
esprochene  Schreiber  als  Vorsteher  der  kanzlei,  jedenfalls  als  der 
«deutendste  der  Schreiber  erscheint,  sich  genau  genommen  laut  der 
itiert«n  rednerstelle  auf  den  TpafifiaTCuc  rf\c  ßouXfic  beziehen  musz, 
reicher  eben  der  bei  Demosthenes  in  der  kranzrede  §  38  erwähnte 
^t,  während  von  Pollux  die  entsprechenden  worte  ausdrücklich  über 
len  fpaix}iaj€\)C  Kaiä  TTpirraveiav  ausgesagt  werden,    für  Böckh 


^  Wilainowitz  «clbst  nennt  s.  151  die  oben  besprochenen  worte  ^eine 
ifjch  nicht  nnter^brachte  notiz  des  Pollux^.  *  dasselbe  geht  doch 
inr  a«f  die  anwe^enhett  des  betreffenden  beamten  während  der  raths- 
itran^n,  nicht  aber  auf  seine  Zugehörigkeit  znm  rathe,  seine  raths- 
ntgliedfcbaft,  wie  Hille,  nach  seinen  Worten  •.  219  zu  schliesien,  ange- 
oBuneo  hat.  *  von  den  beiden  von  Hille  8.  236  über  diese  glosse  auf- 
•YtoIltcD  Termotungen,  nach  welchen  entweder  KoraypacpdMCvoc  in  dvTi- 
po^pcvoc  zu  verbessern  oder  eine  verwechslang  des  dvTiTpa<p€Oc  nnd 
•yt€rfpaßpLatT€VC  seitens  des  grammatikcrs  anzunehmen  sei,  ist  die  erste 
»i  der  notorischen  nachlässigkeit  dieser  lexika  unnötig,  die  zweite  aber, 
>r  Hille  noch  vor  der  ersten  den  Vorzug  gibt,  geradezu  falsch,  wie  aus 
•m  rr\>en  im  texte  gesagten  hervorgeht. 


198     FyStojenün:  die  TPOMMOTetc  und  der  dvTiTpcup€ik  des  nihet. 

konnte  diese  thatsache  keine  eigentliche  Schwierigkeit  enthaltMi,  da 
er  ja  die  identitSt  der  beiden  Schreiber  vertritt  auch  Hille,  welcher 
eben  in  dem  prytaniensch reiber  den  bedeutendem  sieht,  konnte  die 
vorhandene  differenz  leicht  beseitigen,  zwar  nicht,  wie  er  es  wirklieh 
thut,  durch  die  Vermutung,  Harpokration  habe  die  Schreiber  mit  m^ 
ander  verwechselt,  wol  aber  durch  die  annähme  einer  doch  keines- 
wegs erheblichen  und  leicht  erklärbaren  ungenauigkeit  des  leiiko« 
graphen/  eine  gewisse  bedeutung  aber  gewinnt  die  abweichimg 
beider  lexikographen ,  wenn  man  sieht,  dasz  Hartel  und,  wie  es 
scheint,  auch  Schftfer  den  fpaiiixar^vc  rf^c  ßouXf)c  als  den  banpt- 
schreiber  und  den  TPCiMM<XT€Üc  KCträ  irpuravelav  als  einen  imter- 
geordnetem  betrachten,  denn  wenn  auch  in  den  auaftlhrangen  Hir- 
tels  das  allein  wirklich  zu  gunsten  seiner  ansieht  spricht,  dasx  die 
amtsdauer  des  rathsschreibers  zu  der  zeit,  als  er  nicht  mehr  der  ein* 
zige  war,  ein  jähr  betrug,  die  des  prytanienschreibers  dagegen  lieh 
auf  eine  prjtanie  beschränkte*,  während  eine  genauere  abgrentnng 
der  competenzen  weder  Hartel  noch  Schäfer  möglich  war,  and  wenn 
auch  die  annähme  einer  doch  in  der  that  geringfQgigen  ungenanig- 
keit  auf  Seiten  Harpokrations  durchaus  näher  liegt  als  die  statoiennig 
eines  nicht  unerheblichen  Irrtums  oder  versehene  des  Pollaz:  immer* 
hin  würde  das  Sachverhältnis  geeignet  sein  zweifei  wach  au  erbalton. 
das  zweite  betrifft  die  werte  des  Pollux  ical  £T€poc  inX  ToOc  VÖMOUC 
ijTTÖ  THC  ßouXf)c  X€ipoTOVOUM€Voc,  mit  denen  bis  jetzt  noch  niemand 
etwas  rechtes  anzufangen  gewust  hat.  BOckh  hat  diesen  achreiber 
gar  nicht  unterbringen  können ;  Wilamowitz  hält  ihn  zwar  für  dea 
Tpot^fiaTeüc  rf^c  ßouXf^c,  kann  aber  ein  bedenken  nicht  unterdrttoken; 
Hille  nimt  dasselbe  an,  findet  jedoch  gleichfalls  nicht  alles  damit  he- 
friedigend  erklärt. 

Dafür  dasz  die  ganze  im  anfang  dieses  aufsatzes  abgedmdkis 
stelle  des  Pollux  für  sich  ein  ganzes  bildet,  welches  derlexikogr^ 
derselben  quelle  verdankt,  sprechen  nicht  blosz  innere  gründe,  aoB- 
dem  sichere  indicien.  offenbar  dieselbe  quelle  nemlich  wie  bei  dem 
dritten  Schreiber  des  Pollux  liegt  dem  V  Bekkerschen  lezikon  a.  236 
zu  gründe ,  nur  ist  dieselbe  um  einen  keinen  gelehrten  Urheber  vor- 

^  dieselbe  ungenanigkeit  dürfte  sieh  Harpokratioo  u.  Zi)TV)Tf|C  habca 
zu  schulden  kommen  lassen:  s.  meine  schrift 'de  Pollucis  .  •  anetoritats* 
8.  57.  '  in  der  kaiserzeit  war  auch  dies  nicht  einmal  der  fall,  soB- 
dern  der  prytanienschreiber  jährig,  wie  aus  den  piytanen-  and  aeisitea- 
listen  hervorgeht,  denn  zunächst  ist,  wie  schon  Böckh  erkannt  het, 
der  prytanienschreiber  mit  dem  ircpl  t6  ßf)^a  zu  identifioitren :  nie  er- 
scheinen beide  in  jenen  listen  neben  einander,  wol  aber  jeder  voa  bei* 
den  stets  an  einer  und  derselben  bestimmten  stelle  (in  der  regel  hiatar 
dem  Ypa)üiM<>'^£^c  ßouXf^c  xal  bifmou,  zuweilen  hinter  dem  dvriTpCupcOc). 
der  beamte  ircpl  tö  ßf|^a  aber  ist  jährig,  wie  die  beiden  demselbea 
jähre,  jedoch  verschiedenen  prjtanien  angehörenden  ioschrlften  CIA« 
III  1032  und  1034  darthun:  denn  in  beiden  sehen  wir  denselben  beaah 
ten  als  ircpl  t6  ßf\|ia  fung^ieren.  zu  untersuchen  bleibt  nnr,  wann  die 
amtszeit  des  prytanienschreibers  auf  ein  ganzes  jabr  aasgedehnt  wor- 
den ist. 


fcj^ntin:  die  TP<>MMOT€tc  und  der  dvTiTpa<p€Oc  deg  raüiei.     199 
:enden  zusatz  Termehrt:  "{Qa^^aievc.:  Kai  t6v  ypa^i^xia  ö 

X€ipOTOV€l  äv(rrVUJCÖ|ül€VOV  aUTUJ   Kttl  tQ  ßOuX^.    Kai  OÖTOC 

iC  TÖ  cuvoXov  fiXXou  dcil  Kupioc  f\  TOö  ävatvuivai.  icnv 
ivaTVidcTTic.  diese  glosse  führt  uns  aber  auf  Suidas  u.  TP^tfi- 
(glosse  2),  wo  der  lexikograph  nach  einem  auf  römische  yer- 
86  bezüglichen  eingange  so  fortführt:  kXt]Pu;toI  bt  fjcav  TÖV 
V  Tpcic  Tpaq)ovT€c  ra  biiMÖcia.  oObevöc  bi  fjcav  o\  TPOfi- 
ouToi  Kupioi  äXX'  f\  ToO  TP<i<p€iv  Kai  dvayvuivai.  trotz  der 
»igen  und  fehlerhaften  fassung  verrSth  sich  doch  deutlich  die- 
nelle,  und  hier  haben  wir  wieder  die  drei  Schreiber  des  Pollux. 
ch  jedoch  in  des  letztem  quelle  auch  der  ävTiTpaq>€Oc  im  an- 
an  die  TpotMMOrrcTc  besprochen  fand,  zeigt  das  IV  Bekk.  lex. 
TpaM|üiaT€uc :  ö  ävativwcKwv  tQ  ßouXQ  xal  Tifi  brj)yii|i  t& 
TOTM^va*  KOTd  xpövouc  i^XXdcccTC  6  bi  KaraTpaqHSfyievoc 
T^  ßouX^  T€v6M€va  dvriTpaqpcuc  ^^t^to  ,  wo  dieselbe  auf • 
srfolge  der  beiden  beamten  sicherlich  keine  zufällige  ist.  die 
'oUuxstelle  bietet  nun  im  wesentlichen  Aristotelisches:  den 
r  'de  Pollucis  . .  auctoritate'  s.  20  erbrachten  beweis  halte  ich 
och  bei  der  jetzigen  Sachlage  für  zutreffend;  da  auch  Wila» 
derselben  ansieht  ist  —  die  übrigen  sprechen  sich  über  die- 
net nicht  aus  —  kann  ich  von  einem  nochmaligen  eingehen 
absehen,  in  welche  zeit  fällt  nun  aber  die  abfassung  der 
elischen  politien?  die  beantwortung  dieser  frage  hat  VBose 
teles  pseudepigraphus'  s.  397  f.  zu  geben  versucht:  von  dem 
(396)  ausgehend,  nach  welchem  der  Verfasser  der  politien 
den  namen  'AmiUJVidc  für  das  früher  CotXa^ivia  genannte 
cannte,  setzt  er  die  abfassungszeit  des  fraglichen  Werkes  auf 
,  3— 118,  2  =  318—307  vor  Ch.  an  (Aristoteles  selbst  starb 
rhon  ol.  114,  3  =  322  vor  Cb.).  die  von  EHeitz  *die  ver- 
i  Schriften  des  Aristoteles'  (Leipzig  1865)  s.  230  ff.  hiergegen 
rächten  einwendungen  wollen  wenig  bedeuten,  die  echtheit 
rifl,  die  allerdings  wol  niemand  gern  aufgeben  möchte,  Iftszt 
des  auch  mit  der  annähme  Roses  vereinigen ,  wenn  man  den 
itz  8.  233  ausgesprochenen  gedanken,  man  habe  sich 'unter 
»litien  keineswegs  ein  von  Aristoteles  selbst  zur  veröffent- 
;  bestimmtes  werk  zu  denken,  sondern  einfach  eine  von  ihm 
^e  samlung,  die  erst  von  späteren  ausgebeutet  und  benutzt 
—  wenn  man  diesen  gedanken  dahin  erweitert,  dasz  diese  sam- 
is  zum  zeitpuDct  ihrer  Veröffentlichung  für  weitere  kreise  zu- 
ier  finderungen  erhalten  hat,  durch  welche  die  ursprüngliche 
lung  der  verfassungszustSnde  mit  den  zur  zeit  der  herausgäbe 
nden  in  einklang  gebracht  werden  sollte,  dasz  ein  solches 
>ie  die  politien  ganz  besonders  zu  einem  derartigen  verfahren 
D  muste  und  dasz  dasselbe  gerade  für  die  darstellung  des  athe- 
Staatswesens  am  ehesten  durchgeführt  werden  konnte ,  wird 
um  leicht  zugeben, 
ie  war  nun  um  die  von  Rose  bestimmte  zeit  der  herausgäbe 


200     FvStoj entin:  die  Tpamiorelc  und  der  dvnYpaqpcöc  dm  rathm. 

das  athenische  schreiberwesen  eingerichtet?  Schftfer  8.  31  if.  seigti 
dasz  in  der  zeit  von  ol.  114,  4—115,  3  —  321  —  318  Tor  Ch. 
(möglicherweise  noch  einige  jähre  darüber  hinaus)  in  die  stelle 
des  TPGiMMOtTCuc  tt^c  ßouXf)c  der  dvoTpaqpcuc  getreten  war,  daic 
der  TpotMM^'^^^^  ^^'^^  rrpuravciav  hingegen  weiter  fangierte ,  aber 
nunmehr  als  oberster  Schreiber,  auch  Hille  scheint  diese  ansidit 
zu  teilen,  wenn  er  dieselbe  auch  nicht  klar  und  entschieden  aus- 
spricht: er  fixiert  die  epoche  des  dvaTpaq>€uc  auf  ol.  114,  3—118,8 
=  322—307  vor  Ch.  Hartel  s.  121  f.  dagegen  will  an  die  gla». 
liehe  abschaffung  des  TpciMM^'T^^^  Tffc  ßouXf)c  wfthrend  dieser  seit 
nicht  glauben ,  aber  den  von  ihm  erhobenen  einwendungen  kann  ich 
eine  überzeugende  kraft  nicht  beimessen:  behauptet  doch  Sehlfer 
lediglich  das  was  die  inschrifteh  wirklich  zeigen,  und  ein  TP^^* 
ixajevc  Tfic  ßouXf^c  kommt  seit  dieser  zeit  überhaupt  nicht  mehr 
vor.  auch  sonst  treten  öfter  dvaTpaq>€Tc  auf,  die  ävorfpaqpctc  TUiv 
vöfiUiV,  auszerordentliche  beamte^^  beauftragt  mit  der  wiederaaf- 


^°  solche,  dpxovT€C,  waren  jedenfalls  diese  dvaTpaq>€lC9  nicht  ömjp^- 
rm,  wie  Scholl  in  der  im  texte  genannten  abbandlunfif  s.  461  f.  sn  b«- 
weisen  gesucht  hat.  Lysias  in  der  (XXX)  rede  gegen  Nikomaohos  nennt 
§  2  und  4  die  Stellung  derselben  eine  dpxV).  hierin  mit  Scholl  eine  fiber- 
treibung  zu  sehen  liegt  gar  kein  grund  vor,  im  gegenteil  würde  der 
redner,  wenn  es  irgend  angegangen  wäre,  in  §  5,  wo  er  das  rechen- 
schaftslose dpx€iv  des  dvaTpaq)€uc  der  regelmüszigen  rechensohafU« 
ablegung  der  iibrigen  dpxai  entgegenstellt,  den  das  nnreobt  des  Niko- 
machos  in  noch  viel  grelleres  licht  stellenden  Ausdruck  önripCTcYv  niebt; 
unangebracht  gelassen  haben,  das  eineige  moment  von  belang,  weicht! 
Scbüll  zur  motirierung  seiner  behauptung  anführt,  dasz  nemlioh  der 
dvaYpaq)eOc  Ti5)v  v6^luv  für  seine  dienste  sold  erhalten  habe,  stellt  sieh 
bei  näherer  betrachtnng  als  irrtümlich  heraus,  es  soll  dies  nemlieh  au 
§  2  der  genannten  rede  hervorgehen,  wo  es  von  dem  dvaYpaocuc  Niko- 
machos  heisst:  dvrl  bi  TCTTdpujv  )bir)vijüv  lE^Tr)  ti^v  dpxi^v  £iroi^ato, 
Ka6*  ^KdcTr)v  bi  i^^dpav  dp^Opiov  Aafbißdvujv  ^oOc  v^tv  (sc.  v6|iouc) 
iv^TPUcpc  Toöc  6^  iEfiX€i<p€v.  de  toOto  bi  Kar^cnmev,  ibcrc  tic  xfjc 
toOtou  x^^P^c  TCTafiicO^cda  toOj  vö^ouc.  dies  bedeutet  nach  8eli511, 
der  dvaTpa<p€uc  habe,  um  seinen  täglichen  sold  länger  sa  geniesses, 
betrügerischer  weise  seine  thätigkeit  dadurch  in  die  länge  gesogeOi. 
dasz  er  gesetze  wieder  ausgelöscht  und  dann  von  neuem  geschriebsa 
habe,  allein  dieser  Interpretation  widerstrebt  sowol  der  spraehgebraudi, 
nach  welchem  das  toOc  ^dv  .  .  touc  bi  nicht  auf  dieselben  gesetxe  gehM 
kann,  als  auch  der  Zusammenhang,  trotzdem  Scholl  gerade  den  'neini 
sententiarum'  für  seine  ansieht  geltend  macht,  denn  der  redner  konots 
seine  klage  über  die  tbatsache,  dasz  das  gesetzescorpus  des  athenischen 
Volkes  eine  arbeit  des  Nikomachos  sei,  doch  wol  nicht  in  dem  falle  aai- 
sprechen,  wenn  Nikomachos  blosz  die  Vollendung  desselben  in  Belbstsfieh- 
tiger  absieht  hingezogen  hatte  —  denn  für  das  vollständige  corpus  blieb 
dies  doch  gleichgültig  —  sondern  nur  dann,  wenn  er  willkürlich  mit 
den  gesetzcn  geschaltet  und,  je  nachdem  er  zu  dem  einen  oder,  andern 
zwecke  bestochen  war,  bald  gesetze  veröffentlichte  (ib,  das  gans  aa- 
crhörte  und  einen  gewaltstreieh  ermöglichende  geseti  in  §  11),  baM 
welche  unterschlug,  vgl.  §  6  dXXd  ^övui  cd  tCuv  iroXirdtv  äctvoi  vofii- 
Z€ic  fipx€iv  TToXuv  xP<^vov  kqI  |if|T€  €Ü6uvac  bibövai  |üiAt€  Tok  i|n]9(c- 
naci  ir€{6€c9ai  ^f|T€  twv  vö^iuv  (ppovT(2:€iv ,  dXXd  Td  ncv  ^tTP<^^c  li 
b"  ^HaXeicpeic,  Kai  clc  toOto  Oßpcuic  t^kcic  dkxc  cauroO  voyiiZctc  €Tvai 


FfBtfltjiBtiii:  die  YpOMIurr^  und  der  dvntpdcpcOc  des  nthet.    201 

wUkwmg  Uterer  gesetze.  baue  BSchOll  'de  extriordinarÜB  quibos* 
Im  nagittntil  ua  Atheniensiam'  (in  den  oomme&tationes  Momm- 
Berlin  1877)  s.  462  anm.  23  auf  die  strenge  sonderong 
art  Ton  dvoTPCupetc  von  der  erstem,  den  dvarpoqpefc  ti&v 
[pa|i|idTuiv,  hingewiesen,  so  sucht  Hille  die  Vermutung  ku  begrOn- 
In,  daas  die  ävcrrpacpetc  tijüv  vöfiuiv  fttr  jene  kurze  seit  reguläre 
«aoit«  geworden  seien,  die  gesdiftfte  des  rathsschreibers  neben 
In  ibnen  f  oriier  und  nachher  allein  obliegenden  übernommen  und 
Im  tiiel  AvarpoqKic  tuiv  "fpami&xwy  erhalten  hätten,  und  wirk- 
ich  find  nur  die  objecto  ihrer  functionen  verschieden,  weil  natOiiieh 
kr  rathesdireiber  vorzugsweise  neue  decrete  au&usefareiben  hatte 
im  dar  bereits  erwähnten  inschrift  CIA.  11  61  indes  eiMlt  er  den 
lafkng  abschriften  älterer  stelen  anzufertigen:  Troi/|cacAai  bt  TÖJ 
IfamHaria  Tf)c  ßouXf)c  dvriTpaqHi  ix  tijuv  cttiXuiv  t&  dvaterpOM- 
ifva  iccp)  Tibv  4v  tQ  x<^oOi^xq) ;  die  functionen  selbst  sind  Aber« 
■s  ihalidi:  von  dem  dvorpaqpcuc  tiSiv  vöfyuuv  Nikomachos  heiszt 
a  in  der  XXX  rede  des  Lysias  §  21  t&c  cr/iXoc  de  oütoc  ävi'xpa^e^ 
ran  dem  dvoTpoipcuc  tiaiv  TPCt^Mdruiv  in  den  Inschriften  tö  tk  ^^f\' 
piqia  TÖb€  dv€ETpdi|iai  (oder  rpdMiai)  iv  ct^Xq  XiOivq  töv  dvo- 
ipo^a  Kod  CTf)ccu  usw.;  beide  erhalten  einen  kranz  als  Öffentliche 
■erkimiinng  ihrer  thätigkeit :  der  dvarpcHpcöc  idiv  VÖjLiuiv  Euohares 
keM\  £ircM€XifjOn  Tf)c  dvaTp€tq)f)c  tOOv  vö^u)v,  der  dvorpacpcOc 
nAv  TPOpifidruiv  Kallikratides  ine\hi\  koXia^  xo)  bixaiuK  ^irMiCfMfXn- 
m  rf)c  dvaypoqrfic  n&v  fpa^&xxjjyy  endlich  wird  von  Lysias  ao. 
I  28  das  amt  des  6TtOYpafi)yiaT€uc  als  eine  niedere  Vorstufe  fflr  die 
'nsetion  des  Nikomachos  als  dvatpOKpcuc  tiI^v  vö^uiv  bezeichnet 
in  der  hsl.  überlieferten  Überschrift  der  rede  heiszt  ea  sogar  gerade- 
n  Rcnrd  NiKOjidxou  fpaii^ailiuc).  ja  die  functionen  des  ausser- 
irdsatlichen  dvoTp€tq)€uc  sind  implicite  in  denen  des  regulären  ent- 
lalten,  die  letztem  sind  nur  eine  erweiterung  der  erstem,  dasz  sich 
railich  bei  der  veränderten  Stellung  des  dvaTpoq>€uc  auch  sonst 
Bauches  geändert  hat ,  wird  niemanden  wunder  nehmen,  so  waren 
lia  dvoTpCMpctc  tOuv  vömujv  vom  volke  erwählt ",  der  dvorpcupeuc 
'it¥  jpamx&TWV  jedenfalls  vom  rath,  vielleicht  auch  selbst  mitglied 
lea  raÜM»,  wie  B(k^kh  vermutet,  der  dvaTp€tq>€tc  erster  art  waren 
«weilen  mehrere,  vgl.  CIA.  I  61 ;  der  dvaTpoi<p€uc  tuiv  TP^^A^druiV 
rar  immer  nur  einer,  übrigens  Mit  jenes  einzige  sichere  beispiel 
nriirerer  dvatpcup^tc  gerade  in  die  zeit  nach  dem  stürze  der  vier- 
lundert  und  der  Wiederherstellung  der  demokratie,  in  eine  zeit  also 
wo  dma  titer  des  volkes  für  eine  revision  der  gesetze  ein  einziger 
lyoTpo^cuc  nicht  hätte  genügen  können.  ^'   die  Vermutung  Schölle 

4  Tf)C  «ÖXcuic.  evideot  bestätigt  wird  untere  deatuog  ooch  durch  §  26, 
ro  et  Too  derselben  sache  heiszt:  ^trl  tQ  t<&v  v6muiv  dvaTpaq>(|  Kai 
^  Icpd^  5dipa  Xa^ßdvovTCC.  "   wie  ans  Ljsias  ao.   §  29  folgt. 

**  die  von  mehreren  gelehrten  vorgetragene  ansieht,  Nikomaehc^ 
tabe  aoch  in  seiner  zweiten  amtsperiode  noch  mehrere  collegen  gehabt, 
^•kt  a«s  den  von  Lysias  gegebenen  andeutungen  keineswegs  mit  not- 

Jahrklkeber  f&r  clatt.  pbilol.  »SO  bn.3.  14 


202     FvStojentin :  die  TP<XMMct'r£^c  und  der  dvriTpaqpcöc  dei  nüiM. 

ao.  8.  463 ,  die  arbeit  sei  in  d^r  weise  unter  die  dvOTpcupclc  geteilt 
gewesen ,  dasz  jedes  mitglied  eine  bestimmte  gattnng  Ton  geeetnn 
zur  transcription  zugewiesen  erhalten  habe  ('transcriboadanun  legun 
partes  ab  initio  inter  dvorrpaqp^ac  simili  modo  distribatae  videntiuf 
ac  fiactum  est  a.  403 ,  quo  tempore  Nicomacho  legnm  saoramm  per- 
scriptio  obtigit'),  ist  eine  irrige,  das  gegenteil  beweist  die  oben  be- 
rührte inschrift  CIA.  I  61,  wo  dem  collegium  der  dvoTpcupck  die 
abschrift  des  Drakontischen  gesetzes  über  mord  aufgetragen  wird 
(tov  ApäKOVToc  vöjiov  TOM  '^^9^  1^0^  q)övou  ävaTpaipdvTuiv  oidva- 
Tp0i<pfic  TüüV  vöfiiuv)  und  demnächst  auch  gerade  die  LysiassteDe, 
auf  welche  sich  Scholl  für  seine  ansieht  beruft  (XXX  §  25).  dem 
an  derselben  liegt  durchaus  kein  grund  vor  von  der  gewöhnlichen  be* 
deutung  der  worte  öcia  Kai  Upd  (weltliche  und  religiOee  inetitiitio- 
nen)  abzuweichen  und  in  denselben  Synonyma  zu  sehen,  j«  die  werte 
des  redners  selbst  erheischen  das  gegenteil:  6c  xal  Tliiv  öduiv  icai 
Twv  Icpwv  dvQTpaqpeuc  T^vö^evoc  eic  ä)yiq>ÖT€pa  raCra  fjiidp- 
TT1K6V :  vgl.  bald  darauf  von  derselben  sache  im  jfji  Ttuv  vöftuiv  dvo- 
Ypotqp^  Kol  TU)V  lepuüv.  auch  ist  das  gesetz,  welches  nach  §  11  Niko- 
machos  eben  in  seiner  zweiten  amtsperiode  producierte,  rein  profin. 
Dürfen  wir  demnach  Hilles  combination  unsere  znatimmDag 
geben ,  so  haben  wir  gemäsz  den  oben  besprochenen  Zeitangaben  la 
dem  von  Pollux  an  zweiter  stelle  erwähnten  Schreiber  den  dvaTpft* 
(p€uc  Tuiv  TP^MMdTUüV  zu  sehen,  der  neben  andern  funotionen  in  dm 
that  auch  ^tti  touc  vö^ouc,  den  alleinigen  geschttftskreia  eeiMr 
auszerordentlichen  Vorgänger  und  nachfolger,  bestimmt  war.  anf 
eine  ähnliche  Vermutung  war  schon  Hille  s.  222  gekommen  i  daii 
nemlich  Pollux  den  ävaTpaq)6uc  tuiv  vö^wv  meine,  abernoruB 
dieselbe  sogleich  und  mit  recht  wieder  zu  verwerfen ,  weil  aninneh- 
men  sei  dasz  der  lexikograph  hier  von  ordentlichen  beamten  handlii 
noch  etwas  anderes,  was  Hille  übersehen  hat,  spricht  gegen  jene  ver 
mutung:  der  ävaTpotq)€uc  tuüv  vö^uiv  wurde  vom  volke  gewiUt 
(s.  anm.  11).  in  den  Aristotelischen  politien  war  über  den  dvotTps* 
(p€uc  unzweifelhaft  genügende  auskunfb  erteilt  worden,  die  notii 
des  Pollux  müste  daher  immer  noch,  wie  so  manches  andere  bei  ilnii 
als  durchaus  liederlich  bezeichnet  werden ,  aber  wir  würden  wenig* 
stens  wissen,  woran  wir  bei  seinen  werten  zu  denken  haben,  und 
nunmehr  bei  Harpokrations  glosse  fpa^^ar^vQ  ohne  bedenköi  dio 
oben  besprochene  ungenauigkeit  voraussetzen  können. 

wendigkeit  liervor.  denn  aus  §  28,  wo  anszer  Nikomachos  ngeh  aadtit 
geuaDDt  liDd,  ist  nicht  su  ersehen,  ob  die  letzteren  gleichfalli  dvofpa- 
q>€tc  waren;  wo  aber  der  redner  nur  den  plural  (oOtoi)  anwendet,  gflt 
letzterer  auch  nach  den  eignen  erklärnngen  der  neneiten  interpretea 
verallgemeinernd  von  Nikomachos  allein,  bei  dieser  Gelegenheit  kau 
ich  die  bemerkung  nicht  unterdrücken,  dasz  von  dem  der  Ljslanlsehea 
rede  zu  gründe  liegenden  Sachverhältnis  eine  allseitig  befriedigende  nnd 
sämtliche  bei  der  auffassung  einer  stelle  möeliohen  oeatiiBgeB 
fleichmäszig  berücksichtigende  darstellung  erst  noch  so  erwarten  US. 

Breslau.  Fedor  von  Stojbmtih. 


ThOpits:  zur  kritik  det  Floros.  203 

80. 

ZUR  KRITIK  DES  FL0RU8. 


I. 

irend  OJahn  in  leicht  erklärlicher  freude  flher  die  anffin* 
Bambergensis  dem  Nazarianns  nur  einen  verbftltniamttezig 
einfloBz  auf  die  constitaienmg  des  textes  des  Floms  ge- 
lat  sich  in  neuerer  zeit  das  sehr  gerechtfertigte  streben  ge- 
Q  letztgenannten  codex  wieder  eine  grössere  geltnng  zn  Ter- 
K>  dasz  man  augenblicklich  beiden  hss.  etwa  denselben  wert 
s.  besonders  HSauppe  *comm.  de  arte  critica  in  Flori  bellis 
enda'  (Oöttingen  1870)  s.  17 :  4ta  ut  de  veritate  lectionis 
adicatnri  non  auctoritate  codids  alterius  utrius  confisi,  sed 
I  ubique  rerum  ipsarum,  hoc  est  Tel  sententiarnm  vel  ser- 
icti  deddere  debeamus.*  ein  gesichtspunct  jedoch  scheint 
ei  noch  nicht  mit  der  nötigen  schftrfe  betont  worden  sn  sein, 
mlich,  den  übrigens,  ohne  die  sache  irgendwie  zu  erschOpfeUi 
n  praef.  s.  XII  f.,  Halm  in  diesen  jahrb.  1854  (bd.  69)  s.  181  f. 
flUer  ebd.  1871  s.  570  berührt  haben,  dasz  sich  die  mass- 
Codices  des  Jordanis,  dessen  Florusexemplar  zweifellos  der- 
jnilie  angehörte  wie  der  Bambergensis,  sftmtlich  auf  die 
Kazarianus  stellen,  dann  haben  wir  es  mit  einer  lesart  zn 
i  sich  auf  zwei  hauptvertreter  verschiedener  dassen  stützt, 
hr  gegenüber  die  autoritftt  des  einzigen  Bambergensis  zu- 
ten  hat.  die  Voraussetzung  ist  dabei  natürlich  immer  die, 
,e  lesarten  an  und  für  sich  betrachtet  möglich  sind,  von 
ein  sind  demnach  die  stellen  von  der  betrachtung  ausge- 
,  an  denen  entweder  die  lesart  des  Bamb.  (B)  corrupt  ist  * 
B  auch  ein  paar  mal  vorkommt,  die  Jordanis-hss.  (I)  und 
rianus  (N)  in  einem  offenbaren  fehler  übereinstimmen  (vgl. 
210). 

gebe  zunächst  ein  Verzeichnis  deijenigen  stellen,  an  denen 
hon  die  kritiker  die  lesart  von  IN  der  von  B  vorgezogen 
)  Jahn  9, 1  (6, 19)  nee  diu  in  /ide  IN  nee  desü  deinde  B 
35)  iWo  IN  ülut  B        21, 19  (17,  ^Yconiurant:  erat  terror 

^  coniuranteratteritis  ingens  B  22,  6  (17,  21)  redegü 

git  B  26,  3  (20,  25)  ei  in  hoc  IN*  in  hoc  B  32,  16 
^erisse  I N  *  fehlt  B         1 15, 1 1  (98,  31)  humi  I  huma/no  N 

(.  11,  8  Jahn  (8,  14  Halm)  mouetUihta  B  moKenUbu*  IN;  16,  8 
tduere  B  indueret  1*  induent  IP  induceret  N;  31,  4  (25,  6)  cH- 
ipea  IN;  31,  13  (25,  15)  ipta  B  iptam  PN  ipiumlK  *  Jahn 
1  apparat  nichts  über  I,  doch  beruht  obig^e  angäbe  wie  alle 
im  folfsenden  keineswegs  anf  einem  schluss  ex  silentio,  sod- 
einer  nachcoUation  des  codex  Pollingensis  ond  Heidelbergensia 
lU,  die  ich  für  einige  fragliche  sUUen  der  gute  der  hro.  Barsian 
öll  verdanke. 


204  ThOpitz :  zur  kritik  des  Florus. 

fehlt  B.  2)  Halm  8, 1 7  (6, 3)  hdUindi  I N  debeOandi  B  17, 10 
(13,  17)  adpropinguabant  IN  propinguahafU  B  32,  7  (26,  2) 
contempserat  ibi  IN  contempserat  ab  his  B*  46,  17  (38,  10) 
stuprumpassa  IN  stuprata  B.  3)  LSpengel  (in  den  Abhandlnngen 
der  pbiloB.-philol.  classe  der  k.  bayr.  akademie  der  wies.  IX  8.  327 
anm.  1)  38,  15  (31,  8)  opudorll^  pudor  B.  4)  Köhler  (*ob««- 
yationes  criticae  in  lulium  Floram'  s.  5  and  24)  6,  14  (4,  9)  üben 
admouü  I^N  uberdil^  mauit  ('/  von  2r  band)  I^  über  admouU  B 
39,  9  (31,  34)  cum  eu<i$iss€t  IN  cum  uim  euasisset  B.  5)  Sauppe 
(ao.  8. 12  und  9)  9,  22  (7,  4)  neuius  IN  fMeuius  B  39,  22  (32,  U) 
restüuerü  IN  restitueret  B. 

Es  folgen  nun  zuerst  die  stellen ,  an  denen  die  lesart  von  IN 
eine  besondere  stütze  im  Sprachgebrauch  des  Floms  findet. 

An  fünf  stellen ,  an  denen  in  B  der  aoc,  plur.  der  dritten  decL 
auf  'is  überliefert  ist,  findet  sich  in  IN  die  form  auf -es:  10,90 
(8,  5)  und  31,  24  (25,  27)  hostes,  19,  4  (15,  3)  ornnes,  29,  28  (24,6) 
celeres,  33,  16  (27,  4)  adhaerentes.  was  nun  znnScbst  den  aeo.  vm 
hostis  betri£ft,  so  steht  hostis  nur  2  mal  in  allen  hss.,  nemlich  14, 10 
(10,  35)  und  103;  23  (88,  19),  hostes  dagegen  9 mal:  10,  26  (8,  S); 
13,  16  (10,  12);  30,  16  (24,  25);  32,  2  (25,  34);  69,  22  (58,  27); 
88,  26  (74,  32);  100,  29  (85,  32);  111, 12  (95,  7);  111, 18  (96, 15). 
eine  discrepanz  der  hss.  findet  sich  somit  nicht,  owmis  (vgl.  Mflikr 
in  diesen  jahrb.  1871  s.  571)  steht  auf  grund  einstimmiger  über 
Heferung  6 mal:  10,  25  (7,  38);  22,  17  (17,  33);  53,  12  (44,8); 
64,  28  (54,  18);  68,  19  (57,  28);  93, 11  (78,  30);  amnes  dagegen 
4 mal:  9,  9  (6,  27);  21,  5  (16,  26);  52,  27  (43,  25);  64, 13  (54,1); 
Einmal  76,  20  (64, 33)  stützt  sich  omnis  auf  die  antoritätvon  N  aUeiHi 
ein  anderes  1 15,  7  (98,  26)  nur  auf  die  von  I.  der  acc.  plor.  voi 
celer  und  adhaerens  kommt  sonst  nicht  vor.  wol  aber  leeen  wir 
cadentis  eminentis  patentis  resistentis  (vgl.  unten)  neben  äbimdMki 
audent€sinäantespraäernau4gantes8edefite8uam,  bei  diesem  sohim- 
ken  der  Überlieferung  bleibt  schwerlich  etwas  anderes  übrig,  als  nA 
in  jedem  einzelnen  falle  möglichst  streng  an  diese  zu  halten,  dh.  bd 
den  fünf  vorliegenden  beispielen,  bei  denen  die  beiden  von  einante 
unabhängigen  hss.-classen  I  und  N  übereinstimmen,  ein&oh  diem 
zu  folgen  und  die  gewöhnlichere  bildung  Tiostes  omnes  cderes  ojigfr 
rentes  zu  recipieren.  auszer  den  bisher  besprochenen  beispielen  kom- 
men nur  folgende  sicher  überlieferte  i^-formen  vor:  paientis  51, 15 
(42,  18);  resisterUis  57,  8  (47,  23);  cadentis  66,  12  (65,  29),  ferflsr 
12,  20  (9,  21)  eminentis  aedis  wo  in  B  die  erste  band  is  geschriebcB, 
die  zweite  aber  dies  in  e^  cerrigiert  hat,  und  29,  29  (24,  6)  imIii- 
crisque  hostium  fiauis,  wie  bei  Halm  ohne  weitere  angäbe  steht,  wlb- 
rend  Jahn  uclucres  und  naues  ohne  notierung  einer  Variante 


'  ich  erwähne  hier  anmerkangs weise  84,  21  (28,  2),  da  an  diewr 
stelle  Jahns  angäbe  imperamt  B  imperabat  IN  dorch  Halms  beacr- 
kung  praef.  s.  VII,  dasz  imperauii  auch  die  lesart  vonl^Piat,  corrigioit 

wird. 


ThOpiU:  zar  kriük  des  Floro».  205 

eher  siiid  die  ftUe,  in  denen  die  endnng  -is  sich  nnr  auf  die 
Mi  der  6inen  h88.-clft8fie  stützt:  auf  die  von  B  ßi^rtis  32,  14 
I;  urbis  67,  7  (47,  22)',paludi8  72,  14  (61,  7);  VestäHs  90,  4 
);  auäiaris  96,  18  (80,  31);  fugieniis  103, 16  (88,  9);  auf  die 
land  von  B  A^ns  69, 20  (49,  30)  und  monüs  112, 21  (96, 16) ; 
fugientis  17,  21  (13,  28);  patentis  17,  80  (14,  1);  ptOantis 
(17, 14);  crims  50, 8  (41, 14);  i^fcim  69, 11  (68, 14);  grauis 
(97,  28).  die  hgg.  haben  8ich  diesem  thatbestand  gegenQber 
sonseqnent  gezeigt :  so  schreiben  sie  zwar  mit  N  jpiuris^  aber 
N  graues,  so  nimt  Halm  von  der  ersten  band  von  B  m^onHs 
ber  nicht  Älpis.  es  ist  zwar  nicht  tu  leugnen,  dasz  sich  man- 
1er  angefahrten  accnsative  anf  -is  eine  zum  teil  betrftchtliche 
einstimmig  überlieferter  bildnngen  auf  -es  entgegenstellt,  so 
AlpeSj  3mal  naues,  2mBl  paHudes,  manteSy  fugieniUa^  Imal 
wir  müssen  aber,  denke  ich,  uns  begnügen  dieses  schwanken 
I  zn  constatieren  und  werden  gut  thun  überall  da,  wo  die  ziem- 
eiche  autoritSt  von  N  und  B,  ohne  dasz  zu  N  die  beistimmung 
hinzukommt,  einander  gegenübersteht,  der  gewähltem  form 
rzng  zu  geben. 

^>  6  (9,  5)  populus  Romanus  ad  u^vMcanäum  Ubertaiis  ae 
lae  decus  quodam  quasi  insiinäu  dearum  eancUatus  regem 
f  destituit^  bona  diripit^  agrum  MarH  suo  consecrat^  im- 
\ .  .  frans fert,  mutaio  .  .  nomine,  gutppe  ex perpehto  annuum 
,  ex  singulari  duplex ,  ne  potestns . .  corrumpereiurf  consuHesque 
\uii  pro  regibus^  ut  consulere  .  .  memmissent.  tantumque  Über- 
\(mae  gaudium  incesserat^  ut  uix  mutati  Status  fidem  caperet 
eaperent  IN)  alterumque  ex  consulibus  .  .  urbe  dimüteret 
dimitterent  IN),  der  plural  ist,  als  durch  IN  geschützt,  in 
xt  einzusetzen:  denn  ein  derartiger  Wechsel  des  subjects  und 
tmerus  (erst  populus  Eomanus ,  dann  ein  aus  dem  zusammen- 
u  ergftnzendes  Romani)  findet  sich  mehrfach,  so  gleich  in  dem- 
cap.  13,  3  (9,  32):  mediusque  inier  lAäium  atque  Etruscos 
in  quodam  biuio  cotUocatus  omnibus  portis  in  hostes  incur- 
(sc.  populus  Romanv^) ,  donec  quasi  contagio  quodam  per  sin- 
tum  est  et  proximis  quibusque  correptis  totam  ItaUam  sub  se 
runt  (sc.  Romani)',  oder  22,  20  (17,  36)  ludos  forte  cdebra- 
c  ciuitas  Tarentina),  cum  adremigantes  Utori  Romanas  dasses 
t  (sc  Tareniini), 

6,  2  (20,  24)  SaUentini  Picentibus  addUi  caputque  regionis 
isimm  (so  B,  caputque  his  regionibus  Brundisium  IN),  es  ist 
icht  zu  leugnen,  dasz  bei  Florus  regelmftszig,  sobald  caput  als 
tion  zu  einem  stfldtenamen  dient,  ein  damit  verbundenes  sub- 
r  im  genetiv  erscheint,  wie  20, 17  (16,  8)  caput  urbium  Capua; 
>  (17,  5)  caput  beul  Tarentinos;  22,  14  (17,  30)  Tarentus,  Ca- 
\  quondam  et  Apuliae  totiusque  Lucaniae caput;  26, 22  (20,  21) 
fentisAsculum-,  31, 13  (25, 15)  caput  bdli  Carthaginem;  46, 10 
*)  caput  geniis  Ambraciam\  48,  14  (39,  32)  Soodram  caput 


206  ThOpitz :  zur  kritik  de&  Florus. 

geniis]  51,  7  (42,  9)  Corinthus  Ächaiae  caput]  73,  20  (62, 
heüi  adffressus  urbesy  Auaricum  .  .  Alesiam.  aber  anderaei 
bedenken  daszFlorus  den  abl.  loci  ohne  die  prftp.  in  liebt, 
ich ,  um  nicht  gesagtes  zu  wiederholen ,  auf  Halms  praeC  e 
Baehrens  Uectiones  latinae'  s.  7  verweise,  und  dasz  die  in  d 
führten  beispielen  im  gen.  stehenden  substantiva  liSB/wm  g^ 
gar  nicht  dazu  angethan  sind ,  in  der  Verbindung  mit  capt 
ablativ  gesetzt  zu  werden,  auch  kann  man  mit  einem  gewiss 
die  schon  von  Düker  citierte  stelle  6, 16  (4,  12)  AJba  tum  t 
Caput  in  vergleichung  ziehen,  nach  alledem  scheint  die  c 
gebotene  construction  recht  wol  möglich  zu  sein. 

29,  19  (23,  31)  iUam  ipsam  meniis  aestiis  uiolentiai9, 
üüam  IN),  in  der  aufeinanderfolge  von  Ule  und  ipae  zeigt  e 
consequenz.  wir  lesen  76,  17  (64,  29)  iUa  %psa\  108,  4  (9 
ipso'y  108,  10  (92,  17^  m  ipso,  aber  73,  28  (62, 18)  ipseia 
(79,  31)  ipsum  iüum,  zu  den  stellen  der  zweiten  ort  habe 
mit  die  vorliegende  hinzuzufügen. 

30,  15  (24,  25)  leda  trecentorum  manu  insessum  ofi 
tumuium  occupauü  atque  (so  B,  adeoque  IN)  maratus  hosU$ 
exercUus  omnis  euaderet,  es  hat  sich  zwar  Jahn  praef.  s.  X 
andern  stellen  auch  gerade  dieser  bedient,  um  nachzuwe: 
im  allgemeinen  die  autorität  von  B  über  der  von  IN  st 
werden  aber  nicht  zweifeln,  dasz  adeoque  moratus  hostes 
exerdtus  omnis  euaderet  die  richtige  Überlieferung  ist,  wenn ' 
dasz  Florus  auch  111,  26  (95,  24)  durch  adeo  auf  ein  folge] 
hinweist:  qui  simülato  metu  adeo  passus  est  hostem  castrisi 
donec  ahsumpto  iactus  spatio  adimeret  usum  sagittarum 
kommt  die  ganz  analoge  construction  98,  28  (83,  18)  us{ 
ardentissimi  ducis  consenesceret  impäus\  88,  10  (74,  13)  e 
odiis  saeuientihus peractum  est,  donec  deessent  qui  occiderenl 
die  beiden  unten  (s.  210  anm.  6)  zu  besprechenden  stelle 
(8,  19)  und  44,  1  (10,  25). 

35,  19  (28,  26)  tum  desuper  se  suosque  cum  omml>\ 
suis  ferro  et  igne  (so  B ,  t^m  I N)  corrumpunt.  die  formell 
bindnng  von  ignis  und  ferrum  kehrt  bei  Florus  öfters  un< 
drei  Variationen  wieder :  1)  das  allgemein  Übliche  igni  ferroq 
(44,  23);  63,  17  (53,  10);  69,  15  (58,  20).  da  in  allen  dr 
igni  ohne  Variante  ist,  hat  man  mit  recht  die  gleiche  fo: 
auch  19,  24  (15,  24)  aufgenommen,  während  N  allerdings  ig 
2)  asjndeton:  121,  10  (103,  27]  igne  ferro  {uenenoque)  % 
(14,  5)  igni  ferro,  wo  N  wiederum  igne  bietet,  doch  wird  n 
auf  die  autorität  der  6inen  sichern  stelle  hin  berechtigt  se 
lesart  in  den  tezt  einzusetzen,  da  beide  formen  igni  und  ifff 
halb  unserer  formel  in  zahlreichen  fällen  in  allen  hss.  ohne 
überliefert  sind,  igni  nemlich  lesen  alle  bss.  33,  21  (27,  1( 
(52,  32);  81,  10  (68,  12);  85,  3  (71,  20);  igne  16,  27 


ThOpiU:  snr  kxitik  des  Florai.  207 

$4,  »  («8,  1);  36,  2  (29,  8);  66,  27  (46,  14);  90,  6  (76,  2).* 
S)  Terbiiidiuig  durch  d:  84,  2  (70,  26)  ferro  et  igne.  hierzu  tritt 
b  TCNrliegwide  stelle  mit  ferro  et  igni^  denn  so  ist  bei  der  mOglich- 
hä  beider  formen  auf  gmnd  der  gemeinachaftüehen  ttberliefemng 
f«  IN  zu  schreiben. 

41, 19  (83,  86)  duo  amnium  et  antea  (so  B,  ante  IN)  e^  postea 
Ammi  MttEMie  ditcea,  bei  nftherer  ontersachang  stellt  sich  die  merk- 
«lidige  thatsache  heraos,  dasz  Fioms  als  i^lverbiale  form  einerseits 
Mfe,  anderseits  postea  ^  jedoch  in  beiden  ftUen  mit  ausnähme  einer 
wigea  stelle,  gebraucht.  afUe  steht  21, 21  (17, 7) ;  48, 16  (39, 34) ; 
48, SO  (40,  3);  61,  9  (42,  12);  62,  12  (43,  8),  wo  N  aUerdings 
«te  liest;  73,  19  (62,  6);  82,  21  (69,  19);  96,  24  (81,  36);  antea 
mriS,  22  (84,  36);  anderseits  jpo^ea  6,  19  (3,  21);  6,  24  (4,  20); 
%  18  (6,  87);  26,  6  (20,  8);  42,  7  (34,  18);  42, 24  (36, 1);  66,  13 
(56,  S2);  113,  1  (96,  26);  116, 10  (99, 16);  post  nur  63,  24  (63, 7). 
«a  iweites  beispiel  dafttr,  dasz  wie  hier  beide  werte  neben  einander 
itlBdea,  ist  mir  nicht  bekannt  man  wird  nun  zwar  wol  nicht  so 
w«t  gehen  dflrfon,  an  den  beiden  oben  erwfthnten  stellen  die  formen 
iNfes  imd  post  durch  ante  und  postea  zu  ersetzen,  aber  im  yorli^g^n- 
te  falle  wird  man  doch  gut  thun,  ante  et  postea^  wie  es  in  IN  flber- 
KiCert  ist,  neben  einander  stehen  zu  lassen  und  nicht  mit  B  antea 


In  ein  paar  andern  (ftllen  dient  die  yergleichung  mit  dem  be- 
ridd  anderer  Schriftsteller  oder  der  gedankenzusammenhang  dazu, 
4ii knrt  Ton  IN  besonders  zu  empfehlen,  so: 

6, 11  (4,  7)  Amtdii  regis  imperio  iadatus  (so  B,  äbiectus  IN) 
M  pn^ßuentem  cum  Kemo  fratre  non  potuit  extingtU.  in  einer  ganz 
ttslidben  Terbindung  gebraucht  Floru^abicio  auch  111,  6  (94,  86) 
'Midii  m  wwre  abiedis.  vor  allem  aber  ist  zu  betonen  dasz  sich  auch 
Widere  Schriftsteller  von  derselben  sache,  der  aussetzung  des  Bomu- 
Isiiuid  Bemus,  desselben  Terbums  bedienen,  so  Quintilian  III  7,  6 
^tod  abieetus  in  profluentem  non  potuerit  extingui;  de  viris  iUusiribtis 
h  2  parmdas  in  Tiberim  abiedt.  und  wie  üblich  der  gebrauch  Yon 
<to  in  diesem  Zusammenhang  war ,  sieht  man  auch  daraus ,  dasz 
G^HtoliAus  im  leben  des  Clodius  Albinus  9,  6  (s.  160, 29  Peter)  das 
fÜehe  wort  anwendet,  wo  er  von  der  aussetzung  der  s6hne  des 
AlUans  spricht. 

6,  23  (4,  20)  prius  (prior  'S)  tue  sex  uuUurios  (so  B,  uüUures 
IN),  kie  postea^  sed  duodecim  uidd.  beide  formen  uülturios  und  uuH- 
(mts  sind  an  sich  möglich,  doch  haben  die  verwandten  schriftsteiler 
is  der  erzählung  von  der  römischen  gründungssage  durchweg  utiZ- 
imreSy  so  Livius  I  7, 1  priori  Eemo  augurium  uenisse  fertur,  sex  uuH- 
tures]  Nepotianus  ex  Valerie  Maxime  s.  17,  26  (Halm)  Eemus  prior 

*  «in  Ibnlicbes  schwanken  leigt  sich  bei  nauin  naue  bieten  alle 
Ist.  101,  28  (86,  89),  dag^egren  nmä  B  110,  16  (94,  16)  und  N  96,  SO 
(61,  81),  woselbtt  Halms  bemerkunj^  zu  yerffleicben  ist;  ferner  bei 
papfUi  pmppe  lesen  NB  lU,  14  (97,  87),  M  allein  42,  15  (84,  27). 


208  ThOpitz:  zur  kritik  des  FloruB. 

sex  uMures  auspicatus^  postea  Bomulus  äuodecim;  de  viria  iUuahihiiS 
1,  4  Bemus  sex  uuUures  viderat.  aus  der  yergleicbang  mit  den  entea 
beiden  der  angeführten  stellen  ergibt  sich  zugleich,  dass  ea  sicii 
empfiehlt  die  lesart  von  N  prior  dem  prius  von  B  Tonnziehen. 

41,  21  (33,  38)  sed  et  cofUoquium  fuit  inter  ipsas  (sc  ÄfmRMm 
et  Scipionem)  de  legibus  pacis  et  (fehlt  in  IN)  steterufU  diu  wmhia 
admiratione  defixi.  uhi  de  pace  non  conuenU ,  signa  cecinere.  es  iit 
von  der  schlacht  bei  Zama  die  rede,  die  für  eines  der  wichtigdtMi 
ereignisse  der  römischeh  geschichte  erklKrt  wird,   diese  bedeotoag 
wäd^st  nach  Florus  anschauung  noch  dadurch,  dasz  vor  der  schlacht 
eine  persönliche  Unterredung  zwischen  den  beiden  feldherm  statifiuKL 
diesen  moment  will  somit  der  schriftsteiler  ganz  besonders  herv(n<- 
heben.  daher  wird  durch  et  vor  conloquium  nicht  anfein  folgendeicf 
hingewiesen,  oder  mit  andern  werten,  der  durch  sed  eingeleitete  ttb 
besteht  nicht  aus  zwei  teilen,  sondern  et  bedeutet,  wie  bei  Flonu 
mehrere  dutzend  mal,  'auch',   in  den  werten  steterufU  (also  ohne  ä) 
bis  cecinere  folgt  eine  kurze  hindeutung  auf  die  Unterredung  selbit 
und  deren  miserfolg ,  die  in  sehr  passender  weise  asyndetisch  ange- 
fügt ist. 

Nachdem  es  sich  somit  im  verlauf  der  bisherigen  untersnehiiag 
herausgestellt  hat ,  dasz  in  einer  ganzen  reihe  von  f&llen  die  leuit 
von  IN,  die  schon  von  vom  herein  das  für  sich  hat,  dasz  sie  aaf 
hss.  verschiedener  classen  beruht,  noch  überdies  durch  beweiagrfinde 
verschiedener  art  empfohlen  wird,  so  darf  man  noch  einen  schritt 
weiter  gehen  und  behaupten ,  dasz  auch  in  allen  denjenigen  ftlloit 
in  denen  sich  für  die  lesart  von  IN  kein  besonderes  argument  in 
die  wagschale  werfen  läszt,  diese  doch  den  vorzug  verdient: 

19,  3  (15,  1)  Val^ius  ^insidente  gcdeae  sacra  alUe  adkUus,  htf 
spolia  (so  B,  retülU  IN),  beide  ausdrücke  sind  an  sich  mQglieh,  doch 
ist  aus  Florus  selbst  nichts  zu  entscheiden ,  da  er  an  keiner  andern 
stelle  spolia  mit  ferre  oder  referre,  sondern  mit  andern  verben  ver- 
bindet: 8.  7,  11  (5, 1)  spolia  opinta  de  regeÄgrone  reportauU;  16t  1^ 
(12,  21)  spolia  de  harte  reportata-,  15,  3  (11,  20)  parta  de  Arii» 
spolia, 

23, 13  (18, 23)  unius prohosdde  (so  B,  promascide  l^ prtmuMJk 
I^NB  von  2r  band)  ahsdsa.  die  nebenform  promoscia  oder  jnv- 
muscis  ist  von  WSchmitz  im  rh.  mus.  XXI  s.  142  f.  (■»  beitrigeinr 
lat.  Sprachkunde  s.  137  fif.)  als  gleichberechtigt  neben  J}fo5o0a9  nach- 
gewiesen worden ,  deshalb  hier  in  den  text  zu  setzen. 

23,  21  (18,  32)  nam  proueäis  inprimam  aciem  rursus  depkaiih 
tis^  unutn  ex  eis  (so  B,  ex  his  IN)  puUum  adacti  in  capiU  ttU  grtmi$ 
iäus  auertit. 

36, 31  (29,  35)  eurus  ah  Oriente  semper  quasi  ex  oonsliMo  (so  B, 
ad  constitutum  IN),  der  lesart  ad  constitutum  stellt  sich  eine  ganze 
anzahl  in  gleicher  weise  mit  der  prSp.  ad  gebildeter  redensarten  zur 
Seite,  wie  18,  9  (14,  11)  ad  speciem;  33,  24  (26,  20)  ad  SimOäu- 
dineni]  104,  11  (88,  37)  ad  simulacrumy  und  besonders  das  zweimal 


ThOpits:  itir  kritik  des  Fbnii.  209 

111,  1  (94,  82)  imd  114,  8  (97,  80)  vorkommeiide  ad  afbiirium. 
tadm  beispiele  «i«  versehiedenen  selten  bietet  DrSger  bist,  sjntaz 
I  ft.  538.  aaderseitB  ist  nicht  in  abrede  zu  stellen,  dasz  ex  in  dem- 
MlboB  sinne  hftiifiger  ist,  wie  9,  2  (6,  20)  ex  foedere]  17,  6  (13, 11) 
CK  wäre,  dasselbe  noch  103,  4  (87,  34);  108,  22  (92,  31);  116,  5 
(99,  10);  ferner  33,  19  (27,  7)  ex  oceasUme;  68,  23  (67,  82)  ex 
/UMia;  76,  21  (64,  34)  ex  ordme\  96,  26  (81,  S)exfide\  112, 14 
(96,  7)  und  119,  11  (101,  33)  ex  mprouiso.  aber  gerade  dies  war 
«ol  6mr  gnind,  dasz  ein  absohreiber  das  ihm  gelftufigere  ex^oon^uto 
ttat  das  gewähltere  ad  eanstüulum  einseilte. 

89, 1  (81,  25)  Sardimam  Oraechua  ampuU.  sed  (fehlt  in  IN) 
mU  tZU  gmHum  feritas,  in8afk>rumqite  —  nam  sie  uoea§iiur  —  tm- 
fmmiium  profuere. 

39,  9  (31,  36)  sed  Punieae  insidiae  aUemm  ferro  castra  mäan- 
\,  äUerum  .  .  qppreseerani  (so  B,  qppreeserunt  IN).    iffUur  in 

^dtkmem  paMa  aepahrm  miseus  cum  exercUu  Säpio  nsw.  es  ist  hier 

tasurordentlich  schwierig  eine  definitiye  entecheidong  nach  der 

«Nn  oder  andern  seite  hin  ta  treffen,   denn  die  ganze  stelle  ist, 

WM  schon  Dnker  nnd  Köhler  (obsenr.  s.  20)  erkannt  habend  sehwer- 

Bd  riditig  flberliefert.    namentlich  rufen  die  beiden  unmittelbar 

«feniander  folgenden  mit  eed  eingeleiteten  sttzci  in  denen  beiden 

Iva  itmdiae  Funicae  die  rede  ist,  schwere  bedenken  herror.  eine 

lösung.ist  aber  noch  nicht  gefunden. 

89, 23  (32, 13)  ne  quid  de  uirginitatis  iniegrüate  ddibasse  eaUem 

(mB,  saUem  uel  IN)  oadis  uidereiur.^   es  ist  mir  nicht  gelangen 

öae  ütUm»  ausfindig  zu  machen,  die  im  stände  wftre  die  häufnng 

MJfm  ud  zu  verteidigen  (vgl.  Jahn  praef.  s.  Xm).   es  liegt  dem- 

sieh  iiier  ein  neues  beispiel  f&r  das  von  Jahn  ebd.  s.  XXII  f.  bespro- 

^au  Vorkommnis  vor,  dasz  im  archetypus  eine  Variante  über* 

S^ichrieben  war  scdiem^  und  dasz  die  eine  hss.-familie  die  eine 
l^ürt,  die  andere  beide  bewahrt  hat.  ob  wir  freilich  saUem  oder 
^den  Vorzug  erteilen  sollen,  ist  schwer  zu  sagen,  da  Florus  beide 
^orte  etwa  gleich  oft  gebraucht:  s.  14,  7  (10,  81)  saUim  dornt; 
39,  4  (31,  28)  saUem  desiderio;  70,  3  (59,  2)  soMem  maria;  79,  11 
(66, 13)  saUem  iudiciorum  regno\  87,  28  (74,  2)  mcHi  8aUem\  ander- 
loU  39,  16  (32,  b)udu/mi  äuitas;  50,  6  (41,  n)uelhinc  inUHegi 
pUä]  66,  6  (46,  25)  uel  magis  turbida;  60,  1  (50, 3)  ud  hinc  aesti- 
maripotest ;  98, 22  (83, 30)  ud  süus ;  1 15, 10  (98, 29)  ud  per  mulieres. 

40,  13  (32,  34)  ut  diuiniius  hostem  summauere  non  a  cado^  sed 
üb  mbis  ipsius  nwenibus  et  Capitolio  uideräwr.  fugü  ei  cessü  et  m 

se  lialiae  recepit  sinum  (IN  fügen  vor  fugU  ein  iiaque). 
1 1 6, 6  (98, 25)  Naricis  animos  Alpes  dahant  B,  dahant  Mpes  I N. 


*  BAch  Hains  an^be  in  diesen  jabrb.  1854  (bd.  69)  s.  182  wfirde 
sich  fibrigens  die  beeprechang  der  vorliefrenden  stelle  in  diesen  lu- 
ewBBeahaag  erledigen:  denn  danach  fehlt  uel  ancb  in  I^p.  in  der 
praef.  aber  findet  sieb  darüber  keine  bemerkong. 


210  ThOpitz:  zur  kritik  des  Florus. 

Etwas  zweifelhafter  natur  sind  schlieszlich  drei  stellen,  an  denen 
es  sich  um  die  Orthographie  von  eigennamen  handelt.  1)  22, 26  (18, 7) 
bieten  I N  den  namen  des  Epirotenkönigs  in  der  form  Pfrrus^  wel(die 
auszerdem  noch  in  I  22, 11  (17,  26)  und  in  B  83,  28  (70,  22)  steht, 
während  sonst  der  name  in  allen  hss.  das  h  aofweist  (s.  die  stellen 
in  Jahns  index).  2)  30,  12  (24,  21)  Panharmo  B  Panarmo  IN.  an 
der  andern  stelle,  an  der  der  name  vorkommt,  32,  2  (25, 34)  bieten 
N  B  Pankormum,  I  allein  Panortnum.  Jahn  und  Halm  haben  flberall 
die  form  mit  h  in  den  tezt  aufgenommen.    3)  25, 13  (20, 11)  briUmi 
B  hnUins  Ip  hrattius  l^  Bruttius  Nb.    die  verschiedenen  lessrta 
von  I^IpN  fuhren  &u£ Bruttius,  eine  form  welche  auch  87, 16  (73,25) 
in  B  überliefert  ist  {circa  Bruttium  angulum) ,  wo  N  Brittiitm  lieit 

Zum  schlusz  stelle  ich  diejenigen  beispiele  zusammen,  in  denes 
I  und  N  in  offenbaren  schreibfehlem  übereinstimmen  (vgL  oben 
s.  203),  mag  man  nun  annehmen  dasz  der  leicht  zu  erkennende  fehkr 
bereits  im  archetypus  vorhanden  gewesen  und  in  B  selbständig  cor- 
rigiert  worden  ist,  oder  dasz  die  congruenz  auf  zufall  beruht,  die 
stellen  sind:  6, 19  (4, 15)  face  B  facie  IN  11, 11  (8, 19)  aderä 
B  o6cröf  IN»  20,  15  (16,  6)  Äänaei  B  ethnei  IN  20,  M 
(16,  13)  grassanteni  B  crassaniem  IN  20,  27  (16,  19)  ^  6 
ipsa  IN  31,  24  (25,  27)  carceris  B  carcere  IN  83,  21  (27, 9) 
et  buriates  B  buriate^  IN  35,  9  (28,  14)  in  causam  B  t»  com 
IN  (jedoch  I**  von  2r  band  causa).'' 

n. 

Eine  bemerkenswerte  Verschiedenheit  zeigt  sich  zwischen  den 
beiden  ausgaben  von  Jahn  und  Halm  in  dem  puncto,  wie  weit  eigsB- 
namen  mit  griechischer  casusendung  zuzulassen  seien,  so  lesen  wx 
60;  26  (50,  33)  bei  Halm  mit  den  hss.  Teutonas,  bei  Jahn  TeuMH, 
oder  51,  7  (42,  9)  und  52,  2  (42,  34)  bei  letzterm  mit  N  CoritUkoit 
bei  ersterm  mit  B  Corinthus,  oder  67,  28  (57,  5)  bei  Jahn  nach  N 
Olympon^  bei  Halm  nach  B  Olympum  usw.  an  nicht  wenigen  steHn« 
es  wird  sich  somit  der  mühe  verlohnen ,  einmal  das  ganze  material 
zusammenzustellen. 


®  es  hat  zwar  an  dieser  stelle  Halm  die  lesart  von  IN  in  den  text 
anfgenommeD,   mit  der  bemerkang,  das  voraufgehende  tarn  diu  wmm 
darauf  hin,  dasz  donec  *bo  lange'  heiszen  müsse,    doch  steht  diese  M- 
nuhme  in  grellem  widersprach  mit  dem  Sprachgebrauch  des  Floros,  der, 
wie  Sauppe  no.  s.  9  sehr  richtig  bemerkt,  donec  nur  in  der  bedeatnng 
'bis'  kennt  (auszer  unserer  stelle  10 mal)  und  auch  in  dieser  mit  Imi 
diu  verbindet:   14,  1  (10,  26)  Tarquinii  tarnen  tarn  diu  dimicoHerumi^  dornt 
Arruntem  filium  regia  manu  sua  Brutus  occidit.    demnach  müssen  wir  mit 
B  donec  aderat  lesen  -=  'bis  eintrat'.        ^  das  einzig^e  beispiel  das  ^eh 
etwa  zum  schütze  des  ablativs  beibringen  liesze,  51,  10  (42,  12)  kme 
ante    oppressa   est,  quam  in  numero  certorum  hostium  referretur  (N  liest 
numerum)^  ist  doch  anderer  art,  da  diese  construction  sich  leicht  ans 
der  analogie  von  in  numero  habere  uä.  erklärt.    87,  5  (78,  18)  hat  Jwhn 
selbst  die  im  tezt  nach  den  hss.  gebotene  lesart  in  howore  für  das  allein 
übliche  in  honorem  praef.  s.  XXVl  zurückgenommen. 


ThOpits:  sorkritikdetFlonii.  211 

1)  Nominati?a8  singalaris.  ohne  Tariante  und  ohne  dasz 
I  «ner  andern  stelle  die  hes.  die  form  auf  -t»  einstimmig  Uber- 
sferten,  finden  sieh  drei  Beispiele :  SagtifUos  35,  9  (28,  14),  Oifpros 
X  17  (59,  18),  Thapsas  104,  13  (89,  3).  dagegen  Uest  104,  11 
18,  38)  B  PharoB,  N  Pharus,  umgekehrt  51^  7  (42,  9)  nnd  52,  2 
19, 84)  B  OarifUhuSy  N  Carinthos.  während  Halm  nur  an  der  ersten 
belle  die  griechische  form  aufgenommen  hat,  hat  dies  Jahn  an  allen 
wm  gethan  und,  denke  ich ,  mit  recht,  denn  6inmal  ist  es  von  vom 
erein  wahrscheinlicher,  dasz  die  gewfthltere  form  in  der  einen  hss.- 
iaaae  Terdunkelt  als  dasc  sie  in  die  andere  eingeschmuggelt  worden 
it  und  wenn  man  dieses  princip  ftlr  B  als  richtig  anerkennt,  wird 

es  bei  dem  wert,  den  N  für  sich  beansprucht,  für  diese  hs.  nicht 


gnorieren  dürfen,  aus  diesem  gründe  musc  man  auch  22, 13  (17, 29) 
ns  N  die  form  Tarentos  recipieren,  wfthrend  freilich  39, 29  (32, 19} 
mt  Halm  die  lesart  ?on  B  Tarefiium  (als  nom.)  den  Torzug  Terdient, 
kmä  idem  TarmtHma  (N)  führt  nicht  auf  TarenhtSi  sondern  beruht 
wf  Interpolation,  flbrigens  wird  man  an  dem  nebeneinanderTorkom- 
■«  von  Tixrentos  und  Tarentum  keinen  anstosz  nehmen,  wenn  man 
rick  an  das  oben  (s.  207  mit  anm,  4)  Aber  iffni  und  igne^  nam  und 
asHe,  puppi  und  puppe  gesagte  erinnert  und  steUen  Tergleicht  wie 
es,  16  (58,  21)  Onoson  Eleufhernan  d  ui  Oraed  dkere  soleni 
wMmi  mairem  C^daneam. 

S)  Oenetivus  singularis.  68,  18  (57,  26)  PrapofUidos; 
^  entsprechend  hat  Halm  mit  recht  51,  15  (42,  18)  aus  B  die 
fonn  Elidas  aufgenommen. 

S)  Accusativus  singularis.   übereinstimmend  in  allen  hss. 

oad  ohne  dasz  daneben  an  andern  stellen  die  lateinische  form  über- 

IMert  wire,  finden  wir :  Araxen  1 12, 8  (95,  36)         Ärthocen  66,  27 

(^6, 8)        Horolen  66,  28  (56,  9)        .Orhossen  66,  26  (56,  7) 

Omtm  111,  24  (95,  22)        Bhodopen  63,  16  (53,  5)        Samo- 

^f9em  47,  21  (39,  4)         Tigranen  66,  24  (56,  4)        Xerxen  43, 

15  (35,  24);  44,  21  (36,  26);  111,  2  (94,  33);         Bosparon  66,  16 

{«,  34)         Cnoson  69,  16  (58,  21)        Lesbon  100,  3  (85,  2) 

Ordomtnon  64, 29  (54, 19)        Pharon  100,  24  (85, 28)        Saman 

W,  8  (47,  23)         Thapson  101,  20  (86,  20)         Zacynthon  45,  14 

(37,  13);  CJohphcna  57,  8  (47,  23)  Lacedaemona  42,  29 

(35,  6)        Salamina  44,  21  (36,  27)        Tanam  63,  16  (53,  8). 

WUL  schüeszen  sich  die  eigennamen  EuphraUs  und  Epirus.    wir 

lannaemHch  111,  24  (95, 22);  112,  8  (95,  36)  und  123,  7  (104,  33) 

k  iOen  hss. ,  aber  66,  8  (55,  24)  nur  in  N  Euphraten,  ebenso  98,  9 

83,  14)  in  allen  Epiron,  22,  17  (17,  33)  in  N  Epirum.  hier  steht 

lie  Sache  also  so,  dasz  an  6iner  oder  mehreren  stellen  die  griechische 

onn  ohne  Variante,  an  einer  andern  die  griechische  und  die  latei- 

ische  neben  einander,  an  keiner  aber  die  lateinische  ausschlieszlich 

berliefert  ist.   demnach  wird  man  gut  thun  in  beiden  fUlen  mit 

ahn  der  griechischen  endung  den  Vorzug  zu  geben. 

Es  folgen  diejenigen  substantiva,  bei  denen  nie  die  6ine  oder 


212  ThOpitz:  zur  kritik  des  Floras. 

andere  form  ausschlieszlich,  sondern  an  jeder  stelle  beide  überliefert 
sind.   Jahn  hat  sich  dem  gegenüber  ziemlich  inooneequent  verhalten, 
indem  er  bald  diese  bald  jene  vorzieht,  Halm  hat  meistens  da,  wo 
die  griechische  bildang  sich  auf  N  stützt,  die  lateinische  eingesetrt. 
nach  allem  bisher  erörterten  haben  wir  jedoch  keinen  gmnd  die  ge- 
wählteren griechischen  formen,  auch  wenn  sie  nur  in  N  eriialten 
sind,  zurückzuweisen,   die  fälle  sind  Leucaten  113, 25  (97,  18)  nieh 
B;  Alcibiaden  44,  21  (36,  27)  nach  N;  Segesten  119,  10  (101,  32) 
nach  N;  Myndon  57,  8  (47,  23)  nach  N;  Äegypton  95,  4  (80,  14) 
und  100,  5  (85,  4)  nach  N;  Alhin  und  Ttsurgin  118,  19  (101,  9] 
nach  B;  Athesin^  61,  13  (51,  15)  nach  N;  Maeatin  63,  16  (53,  9 
nach  N;  Phasdin  67,  27  (57,  4)  nach  N;  Sicarin  97,  8  (82, 16] 
nach  N. 

Es  bleiben  noch  zwei  werte  zur  besprechung  übrig,  bei  denen 
die  lateinische  endung  6in  oder  mehrere  male  auf  grund  der  ein- 
stimmigen Überlieferung  feststeht,  während  6inmal  die  eine  der  hss« 
die  griechische  bietet,  so  lesen  wir  63,  11  (53,  2]  und  75, 19  (63, 36) 
Thradam^  aber  66,  16  (55,  35)  in  B  Thracen  (vgl.  das  oben  ange- 
führte Samothracen) ,  oder  46,  12  (38,  5)  Olympum,  aber  67,  28 
(57,  5)  in  N  (Hympon,    consequenter  weise  halten  wir  auch  hier, 
und  zwar  in  Übereinstimmung  mit  Jahn,  an  der  griechischen  bü- 
düng  fest. 

Auszerdem  finden  sich,  aber  nur  in  B,  an  drei  stellen  accusative 
auf -an:  Ikiboean*  44,  6  (36, 9),  Eleutheman  69, 16  (58,  21),  NcUm^ 
86,  22  (73,  2),  über  welche  ich,  da  sich  von  einer  solchen  bildang 
in  N  nicht  die  geringste  spur  findet,  die  entscheidung  doch  dahin- 
gestellt sein  lassen  möchte. 

4)  Accusativus  pluralis  auf  -as.    über  diesen  kann  ich 
mich  kurz  fassen,  da  die  einschlagenden  stellen  sämtlich  von  Halm 
praef.  s.  YIII  (zu  27,  4)  zusammengetragen  sind,    ich  vermag  nüT 
nicht  einzusehen,  warum  120,  5  (102,  18)  die  in  N  erhaltene  fona 
Garamatäas  verworfen  worden  ist,  was  um  so  weniger  hätte  gv* 
scheben  sollen,  als  Halm  selbst  121,  8  (103,  12)  lediglich  auf  di9 
autorität  von  N  hin  Ätttrigonas  liest. 

m. 

10,  27  (8,  2)  in  den  worten  sie  uäUda  oppida  Lotio  capta  MMf, 
Ardeay  Ocri(i>lum,  Gabiij  Suessa  Fometia^  wie  sie  B  bietet,  wählend 
in  I  eine  Umstellung  zu  Lotio  oppida  vorgenommen  und  in  N  die 
präp.  in  eingefügt  ist,  haben  die  hgg.  an  dem  abl.  Lixtio  anstosi  ge- 
nommen und  ihn  mit  Haupt  in  Latii  geändert,  wobei  Halm  übov 
dies  sich  der  Wortstellung  von  I  anschlieszt.  dasz  aber  Floras  nieht 
den  genetiv  gebraucht  hat,  wird,  wie  Köhler  ao.  s.  9  mit  recht  be- 


^  denn  hierauf  führt  adhoitesin  in  N,  während  B  adaeHm  bietet,  die 
gewöbnliche  lesart  ist  des  Salmasins  Atheiim,  *  42,  28  (85,  5)  lesen 
alle  bss.  Euboeam. 


TliOpiti:  inr  kritik  des  Flon».  218 

rkt|  dnrdi  die  vex^eichmig  von  Ororius  11  4  beweiseii :  qppida 
ftalida  t»  LaUo  per  eum  cajpla^  Ardeam  Ocrioohtm  SuessamPömdkm. 
es  ist  jedoch  dorchaos  nicht  nöüg  mit  dem  zuletzt  genannten  kri- 
Üker  ^  offenb«:  interpolierte  prSp.  in  ans  diesem  und  N  aufznneh- 
IMD,  da  der  blosze  ablativ  L(üio  hinreichend  geschützt  wird  durch 
Ttr^eiehung  Ton  110,  6  (94,  5)  ob  haee  tat  prospera  cmium  bufms 
mmtüB  Pdoiro  Utauii. 

12,  18  (9y  12)  coHduIesque  qppeOauU  pro  regtbuSj  ut  eonaukre 

dmlmi  ama  debere  memimsseni.  so  lautet  die  übOTliefemng  von  I B, 

wlhrend  $e  von  Jahn  nach  N  hinter  conauUrej  von  Halm  hinter  suis 

angeschoben  wird,    dasz  aber  dieser  snbjectsacc.  entbehrlich  ist, 

g«ht  hervor  ans  81,  10  (69,  12)  cum  abnuentibus  aqua  et  igni  inier* 

ääufum  rnmaretur^  wo  wiederum  in  N  m  interpoliert  ist,  ohne  dasz 

«Mf  der  neuem  bearbeiter  dessen  au&ahme  für  nOtig  gehalten  hätte. 

ebeaso  fehlt  se  in  allen  hss.  81,  16  (69,  19)  in  eo  tumuUu  regem  ex 

sstdkUbus  suis  appdkUum  laetus  acoepü^  wo  Jahn  es  mit  den  &ltem 

uigaben  hinter  suis^  Halm  hinter  regem  eingefügt  hat 

90, 10  (76,  9)  beruht  die  lesart  der  ausgaben  aiumaduerswmque 
ntmquise  sponte  dediderant  auf  der  autorität  Yon  N,  während  in 
B  le  Unter  sponte  gestellt  und  überdies  zu  me  comunpiert  ist.  diese 
•idlnng  jedoch  scheint  den  vorzug  zu  verdienen,  wenn  man  die  ein- 
ogt  andere  stelle  vergleicht,  an  der  das  reflezivum  in  Verbindung 
Bit^ofrfe  erscheint,  15,  27  (12,  8)  Fälisei  sponU  se  dedideruni. 

Wie  wir  an  den  eben  besprochenen  drei  stellen  auf  grund  de& 
BpnAgebrauchs  der  lesart  von  B  den  vorzug  geben,  so  an  den  fol- 
9Qidai  aus  dem  nemlichen  gründe  der  von  N. 

46,  2  (37,  29)  fuerint  (sc  GaUograed)  inter  auxüia  regia  An- 
'^'  an  futsse  cupidus  triumphi  Mahlius  Vulso  aimidauerit^  dubium^ 
^  certe  negatus  est  uidori  triumphus.   so  wird  jetzt  nach  Jahns  cor- 
'^or  gelesen ,  während  b  hac  perte  negatum  und  B  aperfe  negatus 
^'jv^ ,  N  aber  at  ganz  ausläszt.  anderseits  fügt  I  est  hinter  dübium 
^  auf  gnind  dessen  schlägt  Halm  praef.  s.  X  vor:  dubium  est^ 
^^  negatus  y  eine  lesart  die  schon  die  früheren  ausgaben  bieten. 
^I^fegen  ist  einerseits  zu  bemerken,  dasz  die  autorität  von  I  allein 
tine  ganz  geringe  ist,  anderseits  dasz  Florus  bei  dubium ^  mag  es 
puenthetisch  stehen  oder  nicht,  est  stets  wegläszt,  vgl.  Reber  Mas 
geschichtswerk  des  Florus'  s.  50.    man  sehe  6,  27  (4,  25)  dubium 
Oft  msu  fratris]  7, 14  (5, 4)  dubium  dipeos  an  armütas]  37, 5  (30,  3) 
dMum  uier  maiore  animo\  104,  24  (89,  14)  dvibiuim  an  ipso  uclenie. 
lommt,  wie  an  der  vorliegenden  stelle,  noch  ein  satz  mit  certe  hinzu, 
so  geschieht  dies  stets  ohne  beifügung  von  af ,  so  48,  23  (40,  5) 
dubium  liber  an  seruuSy  mercennarius  certe;  51,  12  (42,  15)  legatos 
Rotnanos  dubium  an  et  manu,  certe  oratione  uiolauUy  wo  also  aus  der 
Variante  in  B  man  et  nicht  etwa  manu  at  herauszulesen  ist;  und  be- 
sonders den  ganz  analogen  fall  61,  1  (51,  2)  consuUoru  id  egerU 
imperator  an  errorcm  in  consHium  uerterU^  dübium;  certe  necessitate 
acta  uirtus  uictoriue  causa  fuit.  hiemach  ist  unsere  stelle  mit  N  fol* 


214  ThOpitz :  zur  kritik  des  Flomii. 

gendermaszen  zu  constituieren :  Manlitts  Vülso  simtdauerü  äulmm 
certe  negatus  est  uiäori  triumphtts, 

66,  21  (56,  1)  Gnaeus  interim  Magnus  rebdUs  Askie  reUquü 
sequens  per  diitersa  gentium  terrarumque  uöUtahai.  nam  sub  orienie 
secutus  Ärmenios  captae  gentis  'Satrapen  {atrapens  B,  die  oorrecti 
rührt  von  Jahn  her)  supplicem  iussU  regnare  Tigranen.  die  achliu! 
Worte  bietet  N  in  völlig  anderer  fassung :  secutus  Armemas  ct^pto  i 
ipso  capüe  gentis  artaxeUis  supplicem  t.  r.  T, ,  woraus  die  leeart  d( 
früheren  ausgaben  captis  ipso  capite  gentis  Artaxatts  entstanden  ii 
es  ist  nun  allerdings  richtig,  dasz  diese  angäbe,  Tigranes  seien 
nach  der  eroberung  von  Artaxata  als  supplex  vor  Pompejus  erachi« 
nen,  mit  den  berichten  der  übrigen  autoren  (vgl.  Plut.  Pomp.  33;  Die 
XXXVI  35  f.,  Appian  b.  Mithr.  104  f.,  Gcero  pro  Sestio  §  58  £) 
im  Widerspruch  steht,  die  von  einer  einnähme  dieser  stadt  nidit 
wissen,  aber  anderseits  macht  der  ausdruck  ipso  capUe  gentis  Arte 
xatis  in  so  hohem  grade  den  eindruck  der  echtheit  (vgl.  die  obe 
s.  205  f.  angeführten  stellen),  dasz  ich  viel  eher  geneigt  bin  eine  d( 
nicht  seltenen  ungenauigkeiten  des  autors  anzunehmen  als  gerad 
diese  werte  für  corrupt  zu  halten,  es  kommt  hinzu  dasz  man  aac 
zweifeln  kann,  ob  der  ausdruck  Satrapen  fOr  Tigranes  passend  ia 
da  die^übrigen  quellen  ganz  besonders  hervorheben ,  dasz  Pompeji 
ihn  wieder  als  könig  einsetzte,  so  Cicero  ao.  insigne  regium^  quc 
tue  de  suo  capite  abiecerat^  reposuit  et  certis  rebus  impercUis  regnm 
iussit  nee  minus  et  sibi  et  huic  imperio  gloriosum  putauii  constituha 
a  se  regem  quam  constrictum  uideri.  nach  alledem  scheint  es  dard 
aus  angemessen  zu  sein ,  die  lesart  von  N  mit  Streichung  von  « 
wiedereinzusetzen,  die  corruptel  erklärt  sich  zudem  auf  eine  red) 
einfache  weise,  offenbar  irrte  das  äuge  des  abschreibers  von  otypti 
nach  capite  ab ,  so  dasz  die  werte  captis  in  ^so  ausfielen,  war  di« 
einmal  geschehen ,  so  wurde  capite  vor  gentis  von  selbst  zu  o^A 
(=  captae).  mit  artaxatis  wasten  die  Schreiber  nichts  anzufangeilt 
und  indem  sie  einfach  die  buchstaben  mechanisch  copierten,  stdlti 
sich  allmählich  die  corruptel  atrapens  ein.  wie  unwahrscheinlich  iii 
es  dagegen,  dasz  artaxatis  in  N  durch  irgend  eine  co^jector  eiiw 
lesers  oder  abschreibers  hineingekommen  sei !  gerade  die  erhaltim( 
dieser  lesart  ist  in  hohem  grade  geeignet  den  wert  von  N  ins  redt 
licht  zu  setzen. 

84,  8  (70,  32)  Fompeius  uero  Strabo  omnia  flammis  ferroqn 
populuius  non  prius  finem  caedium  fecUy  quam  usw.  so  ist  der  tei 
von  Jahn  constituiert  worden,  während  in  B  nur  Pompeius  uero  mi 
auslassung  von  Strabo  ^  in  N  dagegen  Strabo  uero  Pompeku  übet 
liefert  ist.    die  lesart  von  B  ist  offenbar  corrupt,  da  eine  genauer 

*°  am  ehesten  ist  noch  die  anhabe  des  Dion  sa  vergleichen:  incib 
Tc,  ^vavTtwedvToc  ol  ToO  ui^oc,  o0oev6c  lierpiou  Ctuxcv,  dXXd  koI  (tK 
TTo|iTrf|ioc  Töv  T€  'ApdEnv  b\if^Y\  Kai  Totc  •ApraHdroic  iirXncUiccv,  oön 
öi^   Tf|v  T€  ir6Xiv  a<)rCji  irap^&iuK€  Kai  ic  tö  CTpaToiccbov  oöro 

iScXoVTfjC   fJKCV. 


ThOpitz:  znr  kritik  des  Floras.  215 

angäbe  darfiber,  welcher  Pompcjas  gemeint  sei,  nicht  entbehrt  wer- 
den kann,  an  der  von  N  jedoch  anstosz  zu  nehmen  und  somit  beide 
xa  eorrigieren ,  daftbr  liegt  kein  grund  vor.  denn  die  gleiche  wort- 
itellang  finden  wir  2,  15  (6,  1)  Pompüium  Numam,  30,  9  (24,  17) 
Anna  Camdtus]  68,  16  (57,  25)  Varro  Terenims;  119,  3  (101,  23) 
Fori  Quintüü;  vgl.  femer  7,  11  (5,  1)  und  34,  12  (27,  29) 
Ferärio  Itm, 

101, 6  (86, 1)  in  Asia  quoqae  nauiis  rerum  malus  a  Ponto^  quasi 

k  mäustria  captante  fartuna  hunc  Mühridatioo  regno  exüum^  ut  usw. 

!i  schiebt  Tor  quasi  noch  pUme  ein.    wie  bereits  Spengel  ao.  s.  326 

bemerkt,  hat  Florus  eine  ganz  besondere  Vorliebe  fOr  quasi,  in  der 

Tegd  gebraucht  er  es  allerdings  alleinstehend,  mitunter  jedoch  treten 

loch  andere  werte  zur  Verstärkung  hinzu,  so  sie  (s.  Halm  praef. 

i.iUi)  oder  quidam  (s.  Sauppe  ao.  s.  VIU)  oder  auch  plane  ^  wie 

U,  3  (10,  27)  plane  quasi  aduUerum  ad  inferos  usque  sequeräur; 

Uy  17  (11,  7)  pHane  quasi  Stipendium  cammüüonibus  dis;  21,  21 

(17,  7)  plane  quasi  Caledonius  uel  Hercynius-y  35,  24  (28,  32)  quasi 

jkne  sinu  heüum  ferrä]  87,  8  (73,  15)  quasi  jplane  expiaturus  omne 

pnäeriium  dedecus.  demnach  ist  es  auch  an  der  vorliegenden  stelle  \ 

oabedenklich  in  den  text  aufzunehmen. 

102,  6  (86,  38)  positis  apud  Bagraäam  caslris  Vlicam  ueUU 
ittmi  Äfrieae  daustra  seruäbat.  so  Jahn  mit  N,  während  Halm  ueiuii 
Mtt  B  aufgenommen  hat.  der  thatbestand  ist  folgender :  in  völliger 
flbereiiistimmung  der  hss.  ist  überliefert:  1)  uelut  vor  einem  con- 
loninten  5,  19  (3,  21)  consenuerit-,  9,  16  (6,  35)  maritima',  18,  1 
(U,  2)  dws;  36,  4  (29, 5)  caelc,  44,  2  (36,  5)  sidere-,  86, 17  (72,  33) 
Wiitfj  92,  18  (78,  7)  dassico]  107,  12  (91,  23)  faedus;  112,  15 
(96, 8)  iitm&u5 ;  118,  13  (101,  2)  sacramento,  2)  uelut  vor  einem 
▼ocil;  62,20(52,  19)elata',  104,25(89,  ie)infulae:  117,4(100,2) 
^fdenti,  3)  ueluti  vor  einem  consonanten:  22,  11  (17,  27)  ruina', 
^li  12  (51, 14)  ruina  (nach  Jahns  richtiger  conjectur) ;  64, 9  (53,  33) 
^Pceida ;  aber  nie  ueluti  vor  einem  vocal.  demnach  ist  unbedingt  an 
ii>3erer  stelle  mit  N  udtU  altera  zu  schreiben,  zweifelhaft  bleibt  die 
ttcbe  42,  13  (34,  25),  wo  nach  Halms  angäbe  in  BJp  uelut  trium- 
/Am/t  (so  Halm),  in  N  ueluti  triumphanti  (so  liest  Jahn  ohne  angäbe 
einer  Variante)  steht.  ** 

Zum  schlusz  bespreche  ich  noch  112,  26  (96,  22)  dein  rursus 
CMn  se  Bomani  extulissent.    es  ist  dies  die  einzige  stelle  an  der  in 
den  neueren  Florustexten  die  kürzere  form  dein  steht,  die  der  Schrift- 
steller sonst  gerade  so  wie  dehinc  vermieden  hat.   das  vollere  deinde 
dagegen  lesen  wir  16  mal:  9,  12  (6,  30);  12,  28  (9,  30);  20,  4 
.15,  29);  23,  10  (18,  20);  27,  10  (21,  29);  37,  9  (30,  7);  45,  4 
/37,  2),  hier  allerdings  mit  der  Variante  dehinc  in  N;  50, 9  (41,  15); 
51.  20  (42,  24);  52,  3  (42,  35);  54,  24  (45,  16);  58,  4  (48,  15); 

*'  Smal   findet  sich  in  N  ueiui  vor  einem  consonanten  als  Variante 
xa   quasi,   nemlicb   58,  21   (44,  14)   uclui  caelo  und  102,  22  (87,  20)  uelut 


216  CMeiser:  zur  kritik  des  Flonu. 

59,  22  (49,  32);  69,  15  (68,  19);  87,  5  (73,  12);  111,  13  (95, 
anszerdem  gebraucht  Florus  ein  paar  mal  deinceps  6, 2  (3,  29);  1< 
(7,  17);  86,  21  (73,  1).  wir  dürfen  demnach  kein  bedenken  in 
auch  an  der  vorliegenden  stelle  deinde  einzusetzen. 

Dresden.  Theodor  Opits 


I  22  (s.  36,  19—23  Jahn)  wird  von  der  schlacht  am  Ti 
menischen  see  berichtet:  inminentem  temerario  dud  dadem  p 
dixerant  insidentia  signis  examina  et  aquüae  prodire  noUinUs  ä  ( 
missam  adem  secutus  ingens  terrae  tremor;  nisi  ükan  harrarem 
equitum  virorumque  discursus  et  mota  vehemenHus  amui  fecer 
an  equitum  virorumque  (»»  equitum  pedUumque)  kann  man  ans 
nehmen  und  vermuten,  dasz  auch  hier  wie  an  anderen  stellen  eq 
rum  virorumque  zu  lesen  sei.  vgl.  I  13  (s.  22,  26)  F^rrhus^  qu 
cum  totis  viribus  Epiri  .  .  viris  equis  armis  .  .  veniebat.  ] 
(s.  42,  18)  omnia  equis  virisque  quatiebai. 

I  24  (s.  43,  26)  heiszt  es  von  der  gefahr  die  Rom  durch 
Verbindung  Hannibals  mit  Antiochus  drohte :  et  quod  Ulud  fin 
perictUum^  si  se  consüiis  eius  rex  tradidisset^  id  est  si  Asiae  vm 
usus  fuisset  miser  Ännibal !  von  miser  sagt  Jahn  praef.  s.  XX 
mit  recht  ^eo  loco  prorsus  ineptum  est'  und  billigt  Haupts  ' 
mutung  imperator^  die  Halm  in  den  text  setzte,  es  ist  aber  statt 
unpassenden  miser  nichts  anderes  als  Afer  herzustellen:  denn 
sinn  der  stelle  ist :  welche  gefahr  für  Rom ,  wenn  Asien  und  Ai 
sich  gegen  dasselbe  verbunden  hätten !  vgl.  Hör.  cairm.  IV  4. 
d'vrus  Afer  «s  Hannibal. 

Vielleicht  Iftszt  sich  in  ähnlicher  weise  auch  der  verderl 
stelle  I  43  (s.  70,  18)  helfen,  dort  liest  man  von  Ejpros:  ifini 
veteribus  divitüs  ahundantem  et  ob  hoc  Veneri  sacram  Ptökm 
regebat,  in  dem  sinnlosen  ob  hoc  scheint  nichts  anderes  zn  stac 
als  der  name  der  stadt  Paphos:  insvitam  .  .  et  Paphon  Vi 
sacram  'die  insel  und  das  (dort  gelegene)  der  Venus  heilige  Papl 
der  name  Kjpros  führt  gleichsam  mit  notwendigkeit  zur  erwihx 
von  Paphos ,  wie  bei  Tacitus  hist.  II  2 — 4.  man  kann  sich  das 
derbnis  in  der  weise  erklären,  dasz  PapJion  durch  silbentrennoB 
Pap  hon  und  zuletzt  in  ob  Iwc  verwandelt  wurde. 

I  44  (s.  72,  15).  von  dem  schrecken,  den  Caesars  ftbeq 
über  den  Rhein  unter  den  Germanen  verbreitet  haben  toll, 
Florus:  in  salius  ac  paludes  gens  omnis  diffugerat.  tantumpm 
incussit  intra  ripam  subita  Romana  vis,  mit  beibehalinng  des 
subito  dürfte  in  gewählterer  ausdrucksweise  zu  lesen  sein:  im 
pavoris  incussit  intra  ripam  subito  Romanus  Visus,  nachdem 
dem  part.  visus  die  endung  "US  verloren  gegangen  war,  w 
Romanus  fälschlich  in  Romana  verwandelt,  nher  in  subito  ist  i 
eine  spur  des  richtigen  erhalten. 

MüNcnEN.  Carl  Mbiw 


ERSTE  ABTEILUNG 

FUß  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HEBAU80E0EBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


31. 

DAS  VERBUMOPeQ  (HIcDPHNII,  (DPIHMI). 


Das  verbnm  q>p^u)  —  in  dieser  form  verzeichnen  es  unsere 
Wörterbücher  —  liegt  bei  den  Attikem,  dichtem  wie  prosaikem, 
ad  in  der  nacholassischen  grSdtät  an  mehr  als  70  stellen  vor.  in 
hr  ckssischen  zeit  gebrauchen  es  Euripides ,  die  komiker  wie  Kra- 
iioi  Qnd  Aristophanes  (vgl.  Harpokr.  s.  67,  7  ircXu  hk  To(ivo)Lia 
VT^dpxaia  KUifiipbia),  Thokydides,  Xenophon,  Antiphon,  Demo- 
ttienee.  es  scheint  nur  in  composita  üblich  gewesen  zu  sein,  zb.  in 
kq)p^ui  'einlassen',  intrans.  'hineinkommen,  eintreten,  eindringen', 
Md.  'zu  sich  einlassen',  ^Kq>p^u)  'hinauslassen',  die  flexion  dieses 
erbom  ist  eine  höchst  seltsame ,  aus  aller  analogie  herausfallende. 
M  hat  zu  umfänglichen  erörterungen  anlasz  gegeben,  zuerst  suchte 
M  rftthsel  ANauck  zu  lösen  in  der  abh.  'über  das  verbum  OP6Q' 
Qil  de  Tacad.  imp.  des  sciences  de  St.  P6tersbourg,  tome  VI  (1863) 
424—445,  wozu  ein  nachtrag  im  Mexicon  Vindobonense'  (1867) 
ICXVII  f.  er  führt  das  verbnm  nach  dem  Vorgang  alter  grammatiker 
f  TrpoiriMi  zurück,  in  allem  wesentlichen  erklärte  sich  mit  ihm  ein- 
rsUnden  Savelsbergin  der  'sjmbola philol. Bonn.'  s. 523 ff.  und 
KZ.  XVI  416  ff.  gegen  Naucks  Untersuchung  wandte  sich  0 Cur- 
ia 'verbum  der  gr.  spräche'  I  *  155  f.  184  f.  und  verfocht  die  eben- 
Is  alte  ableitung  von  wz.  hher  ((p€p-)  'tragen',  damit  erhob  sich  um 
4w  ein  lebhafter  streit  zwischen  beiden  gelehrten :  jeder  suchte  des 
lern  etymologie  als  mit  den  überlieferten  thatsachen  unvereinbar 
I  die  seinige  als  diesen  gerecht  wei*dend  zu  erweisen,  Nauck  im 
J.  t.  XX  495  ff.  und  XXI 166  ff.,  Curtius  in  den  'studien'  VIII 327  ff. 
rbnm'  V  189  f.  (vgl.  auch  I*  159  f.  11  403  f.).  neuerdings  hat 
in  noch  Joh.  Schmidt  in  kürze  über  q>p^uj  gehandelt  in  KZ. 
JII  301  f.  er  sagt  mit  recht,  einen  befriedigenden  aufschlusz  über 
I  rithselhafte  verbum  habe  weder  Naucks  noch  Curtius'  erörterung 

JtthrMkher  f&r  cIm».  philol.  1880  hft.  4.  15 


218  KBrngman:  das  Terbum  q>piw  (ir{<ppimt  ^piiun). 

gebracht,  selbst  versucht  Schmidt  keine  lösung  des  problemii  und 
80  gilt  noch  heute  was  Nauck  im  j.  1863  schrieb:  ^es  ist  bis  jetit 
noch  keinem  gelungen  die  flexion  dieses  verbum  xn  be- 
greifen.' 

Die  formen,  um  die  es  sich  handelt,  sind  folgende. 

Praesens  und  imperfectum.  dciriqppdvai  Aristotelts  tUflr- 
gesch.  y  s.  541^  11.  €lc€q>poufiiiv  Euripides  Tro.  647;  disMr 
form  schlieszt  sich  das  qppüü  der  alten  grammatiker  an  (s.  die  belege 
bei  Nauck  Bull.  VI  425).  £E€q>piojiev  Aristopbanes  Wespen  ISis 
nach  cod.  Bav.  und  Yen. ,  die  andern  hss.  ä€q>p€io^cV•  ^KWh 
rar  ^Kqpeperai  (cod.  dqp^peTai)  Hesychios.  ob  der  infinitiv  ck- 
qppfjvai  (eicäEai,  £v€TK€Tv  Hes.)  praesens  oder  aorist  ist,  istnidt 
auszumachen ;  dasz  die  form  durch  infinitivi  aoristi  erklftrt  wird,  ent* 
scheidet  nichts  (vgl.  Curtius  ^Studien'  IX  463  ff.). 

Futurum,  -qpprjcu)  Aristopbanes,  Thukjdides,  Antiphon  (nach 
Harpokr.  s.  67,  6)  ua.        eiccppricofiai  Demosthenes  und  Aristeida. 

Aorist,   -eqppiica  Euripides,  Ejratinos  (dirdqppTicav *  dqiflKav. 
KpaTivoc  Opdccaic  Hesychios  \  com.  gr.  II  s.  66)  ua,        elccqifiih 
cdfiiiv  spätere.         dEeqpprjcGiiv  Ailianos.         -^qppriKa  Euripidee  na. 
-qppw  Euripides.   cpp^c  ein  komiker  bei  Herodian   irepl  ^ov^jpouc 
X^EeuiC  s.  24,  24  (II  s.  931,  4  L.),  wo  Nauck  eicqppcc  schreibt;  br 
qpp€C  Aristopbanes  Wespen  162  nach  einer  wahrscheinlichen  emtt- 
dation  von  Buttmann ;  q>p^c  TÖ  qp^pe  Herodian  I  s.  463, 14  L.  ivcic- 
qppeic  Euripides  fr.  781, 46.         durch  wahrscheinliche  emendatioBMa 
Cobets  sind  gewonnen  die  formen  elc^qppevTO  bei  Demosthenes  XX 
53,  ^Treicqpp^ceai  bei  Xenophon  Hell.  1 3, 19  und  VI  5,  43  (s.  Nsnck 
BuU.  VI  433  f.  und  lex.  Vindob.  s.  XXYII);  mit  wahrscheinlichkdt 
vermutet  Nauck  die  letztere  form  auch  bei  Aristeides  bd.  I  s.  18& 
Ddf.  (lex.  Vind.  ao.). 

Nauck  begründete  seine  annähme,  unser  yerbum  gehe  lof 
Ttpo-Yiifii  zurück,  mit  folgendem,  das  o  von  irpo-  sei  zünlehstiA 
den  conjunctivformen  wie  TTpodi  irpoiLci  durch  contraction  fsr» 
schwunden ,  der  Spiritus  asper  sei  dabei  wie  in  qppoi^iov  ■■  irpD' 
oViov,  qppoüboc  =  TTpööboc  auf  das  anlautende  n  übeigespmngsB. 
nachdem  auf  diese  weise  in  einigen  formen  das  0  der  prftp«  in  w«f 
fall  gekommen ,  habe  man  nach  deren  analogie  auch  solche  formal 
gebildet ,  in  welchen  auf  lautgesetzlichem  wege  das  o  nicht  eijßbA 
weggefallen  wäre,  eicqppec  eicqpprjcu)  usw.  die  form  £cmq>pdvai  bei 
Aristoteles,  die  mit  iripi  nichts  zu  schaffen  haben  kann,  komme  darna 
überhaupt  nicht  in  betracht,  weil  die  stelle  an  der  sie  steht  fehkf- 
hafb  überliefert  sei.  €ic€q>poufiiiv  bei  Euripides  sei  in  €lc€q>pt^fll|V, 
dEeqppiojiev  bei  Aristopbanes  in  dEeqppiefiev  abzuftndem.  das  Hety- 
chische  eicqppfivai  sei  €icq>p€ivai  zu  schreiben,  die  form  £iT€tc^9pr|CC 
bei  Euripides  ras.  Her.  1267  wird  nach  El.  1033  in  ^irciC^qpprJKC 


*  Tgl.  dir^q)pr)cav  d<p€tcav  in  Bekkers  Anecd.  ••  483,  28  and  bei 
8alda8. 


KBnigman:  das  verbnm  <pp^ui  (idippiifii  q>pir\m),  219 

rindert,  nacb  Bull.  VI  438  hat  Kratinos  ^nicht  dn^qppiicav ,  son- 
m  allem  anscbein  nach  dir^qppiiKav  geschrieben',  später,  Bull.  XX 
5,  schreibt  Nauck  dTT^qppeicav.  so  sind  alle  bei  Schriftstellern  der 
asischen  zeit  vorliegenden  formen,  welche  sich  gegen  die  herlei- 
ig  von  nQO'ir\[x\  strftuben ,  beseitigt,  für  die  zeit  nach  Alexander 
zt  Nauck  den  zu  fjxa  nicht  stimmenden  aorist  -^(ppi^ca  gelten ;  die 
m  sei  eine  spätere  'nach  falscher  analogie  geschaffene  misbildung'. 
I  Hesychische  ^loppriTai  berührt  Nauck  überhaupt  nicht. 

Hiergegen  wandte  Curtius  zunächst  ein,  wer  so  vieler  durch  die 
orlieferung  an  sich  nicht  gebotener  textkritischer  Operationen  be- 
rfe,  um  seine  etymologische  theorie  durchführen  zu  können,  über- 
oge  von  vom  herein  nicht,  das  Aristotelische  icmqppdvai  einfach 
iimscheiden,  wie  Nauck  thue,  sei  unstatthaft;  das  wort  habe  an 
IT  betreffenden  stelle  die  bedeutung  ^eindringen'  oder  'einlassen', 
e  der  Zusammenhang  unbedingt  fordere ',  es  sei  unmethodisch;  ein 
uelnes  wort  innerhalb  eines  satzes  für  verdorben  zu  erklären,  weil 
« inknüpfung  dieses  satzes  an  das  vorhergehende  nicht  sofort  deut- 
ch  sei;  und  so  habe  die  form  nur  den  6inen  fehlei*,  dasz  sie  mit 
(tncks  theorie  von  dem  Ursprung  des  verbum  absolut  unverträg- 
idi  sei  (s.  Studien  VIII  328  anm.).  hierin  wird  jeder  unbefangene 
lortius  beistimmen  müssen,  wie  es  auch  Job.  Schmidt  thut.  Naucks 
iideniDg  von  €icq>pf)vai  in  clcqppeTvai  bei  Hesychios  ist  um  so  ktlhner, 
veil  dieser  auch  IxqppiiTai  bietet  und  auch  diese  an  und  für  sich  ganz 
QiTerdSchtige  form  abgeändert  werden  müste  —  worein? 

Weiter  meint  Curtius  ao.  s.  332  ff. ,  die  Naucksche  erklärnng 
roB  {(ppi^KQ  qpp^c  aus  TTpo-iiiiii  leide  auch  an  sich  schon  an  nicht 
?cnogf)lgigen  Schwierigkeiten,  erstlich  sei  die  ausstoszung  des  o 
00  npo  in  i(ppr]Ka  cpp^c  qppeic  beispiellos,  zweitens  habe  die 
t«IluDg  des  augments  in  formen  wie  £TT€ic-^q>piiKe  keine  entspre- 
knden  analogien.  drittens  mache  die  völlige  bedeutungslosig- 
<it  der  präp.  TTpö  in  Naucks  *  9piimi  Schwierigkeit,  indem  rrpö  seine 
^Qtong  doch  in  TTpoirmi  sehr  bestimmt  erkennen  lasse,  viertens 
A  die*  ungewöhnliche  conglomeration  von  präpositionen  anstöszig, 
•Iche  stattfinde,  wenn  Iireicqpp^cGai  wirklich  aus  * dTT-eic-irpo- 
6ai  und  6ia9prjcuj  aus  *  öia-TTpo-f^cu)  entstanden  wären,  von  die- 
D  fier  bedenken  kann  ich  keines  teilen. 

Ich  beginne  mit  den  drei  letzten,  wenn  einmal ,  wie  Nauck  an- 
mt,  im  anschlusz  an  9puj  9pdici  =  rrpod)  TTpoObci  die  formen  wie 
^  lq^pr]Ka  ^9piep€V  aufgekommen  waren,  so  empfand  man  das 
rbam  nunmehr  ebenso  als  ein  simplex,  wie  wir  Deutschen  zb.  unser 
$$en  nicht  als  compositum  fühlen,  obwol  es  das  got.  fra-Uan  'ver- 
en'    ist  (schon  gotisch  zusammengezogen  praet.  fret  fräun  und 


!  t\ie  stelle  lautet  io  der  Hekkerschen  ausgäbe  s.  541^:  q)acl  ö^  TÖv 
€va  ^x^iv  a(6otOü6^c  ti  ^v  ^l^  tuiv  irXcKTavuJv,  ^v  ij  6uo  at  {i^nicTai 
uXr)6öv€C   clciv   €Tvai  bi  toioOtov  lücircp  vcupCüöcc,   H^XP*  €lc  }xicr\y 

TiA€KTdvr]v  TrpocTT€q)UKÖc  dTiav  fj  ^ciTtqppdvai  clc  töv  ^lUKTf^pa 
c  8r|X€(ac.    Curtiua  schreibt  mit  Aubert  und  Wimmer  i^v  ^cmqppdvai. 

16^ 


220  EBrugman:  das  verbum  qpp^ui  {vi<ppr\\a  9pCi||u}. 

schon  im  ahd.  frezean).  dann  war  es  aber  ganz  natflrlich,  dui 
bedeutung  der  prSp.  irpö  in  dem  verbum  verblaszte  und  dau  man 
beim  vortreten  noch  anderer  pr&positionen  das  angment  hinfar  diese 
und  vor  qpp-  setzte,  wie  in  direic-d-qppiiKe :  man  vgL  die  stelliuig  das 
praefixes  ge-  in  mtf-ge-fressen.  und  so  hätte  auch  die  ungewOhdidu 
Verbindung  von  präpositionen  in  dneicqpp^cdai  und  biaqppificui  (£ir- 
€ic-7ipo-  und  bia-irpo-)  gar  nichts  anstOsziges.  für  die  welche  ium 
composita  zuerst  aufbrachten  wären  das  keine  andern  oompositioBi- 
bildnngen  gewesen  als  zb.  dTTCic-dpxojbiai  und  bia-ßa(vuj:  entspn- 
chend  bilden  wir  zb.  auffressen  und  eerfr essen,  obwol  es  sonst  keiia 
composita  mit  auf-ver-  und  zer-ver-  gibt. 

Was  weiter  den  ersten  von  jenen  vier  einwänden  betnft,  m 
durfte  nicht  als  eine  'nicht  geringfügige  Schwierigkeit'  vorgefanckt 
werden,  die  ausstoszung  des  o  von  irpö  in  q>p&  qpp/jcui  nsw.  m 
völlig  beispiellos,  statt  q)p^c  erwarte  man  *TrpoCc  oder  *9poOc 
Nauck  hatte  ja  einen  lautmechanischen  wegfiall  des  ovanffk 
überhaupt  gar  nicht  angenommen,  sondern  qppec  durch  formasso- 
ciation  erklärt  und  nach  der  analogie  der  ihrer  constitufioi 
nach  undeutlich  gewordenen  form  q>pu)  =»  irpodi  entstehen  liiiM 
es  handelt  sich  also  lediglich  darum,  ob  die  annähme  sollte 
analogiebildung  für  Naucks  hypothese  ein  hindemis  ist  oder  nicht 
etwas  was  gegen  diese  Naucksche  annähme  spräche  hat  Cortint  war 
nes  erachtens  nicht  vorgebracht,   er  sagt  zwar  s.  333 :  'sollten  ia 
der  that,  wie  N.  vermutet,' zuerst  formen  wie  q>pd^  aus  irpoui,  9Pf&Ci 
für  irpouici  entstanden  und  die  übrigen  deren  analogie  gefolgt  sein, 
so  bliebe  wenigstens  das  Naucksche  *q)piii)Lii  äusserst  auffiillaii. 
denn  dies  setzt  deutliches  bewustsein  des  zusammenhange  mit  Ii|tt 
voraus.'     aber  warum  Naucks  *q)plii|Lii  auffallender  wäre  als  saia 
9p^c  qppeic  nach  qppu)  =»  irpotL ,  verstehe  ich  nicht   ein  gewiaM 
gefOhl  für  den  Zusammenhang  mit  &  et c  müste  ja  unter  allen  ui- 
ständen  auch  für  (ppdc  (ppeic  angenommen  werden :  denn  wenn  diM 
neubildungen  nach  der  analogie  von  qppui  sind,  so  konnten  diese 
doch  nur  so  zu  stände  kommen,  dasz  im  schöpfnngsmoment  im b^ 
wustsein  einerseits  die  conjunctivformen,  anderseits  aber  die  fonnai 
^c  etc  aufstiegen  und  sich  zu  der  neuen  form  vereinigten,   ieh  siki 
also  nicht,  inwiefern  hier  zwischen  *q)p(r))Lii  und  den  aoristforoMn 
ein  unterschied  obwalten  sollte,    durch  die  verundeutlichang  des 
npo-  brauchte  keineswegs  das  gefühl  für  den  Zusammenhang  mit 
Iimi  verloren  zu  gehen,   so  ist  auch  bei  uns  nach  verundentliduiiig 
des  ver-  in  fressen  doch  das  gefühl  für  den  conex  dieses  verbum  mit 
essen  nicht  ganz  erloschen,  so  hatten  ferner  die  unter  uns  DentacheBi 
welche  die  participialform  ge-gessen  für  gessen  (■«  ^^e-essen)  acfaofiBB, 
kein  bewustsein  von  dem  wesen  des  g-  in  gessen,  und  trotzdem  stand 
ihnen  gessen  sicher  im  Zusammenhang  mit  esse  asz.  mit  der  nenbO« 
düng  ge-gessen  liesze  sich  am  nächsten  die  augmentierte  fonn  (rtppffKiat 
vergleichen,  welche  überdies  auch  im  griechischen  analoga  hätte  wie 
das  von  Alkaios  und  Anakreon  gebrauchte  £-cOvnKa  und  £-Ei}viliUlt 


KBragmAn:  du  Terbmn  qipto  {ni(ppltr\^\  ^ir\yLi).  321 

(hbMiZov  usw.  66  ktnn  demnach  nur  däe  in  frage  kommen,  ob  68  an 
sie  h  imwalmcwv^ich  ist,  dass  ein  ans  iTpa>di  contrahieriee  <ppi&  ttber- 
hiopt  den  aniioai  zn  aiwoeiatiTen  nenenmgen  im  syitem  des  Terimm 
ipofami  gab.  das  ist  aber  nicht  unwahrscheinlich,  da  derlei  'falsche 
asMlogiebildnngen'  in  allen  indogermanischen  sprachen,  alten  und 
jmgen,  in  grosser  ansahl  Torliegen.  nicht  unpassend  erinnert  Nanok 
SB  den  opt  XP^fri«  XP^  *m  ist  nötig*  ist  bekanntlich  ebenso  ein  blosses 
•obetHrtivum,  zu  dem  die  copula  icii  zu  erginzen  ist,  wie  ävdricn  'es 
ist  not'  * ;  der  conj.  xpQ  iteht  den  contraotionsgesetsen  nach  fllr  xp^  ^ 
dar  optstiT  aber  ist  eine  associaÜTe  neubildnng,  bei  der  optatiTC  wie 
Acbpr  ßXcfnv  als  muster  Torschwebten,  denn  nach  den  contraotionB- 
geaetsen  bitte  ^XPfP\  entstehen  mflssen.  und  so  wftre  Nancks  hjpo- 

,  hfttte  sie  nichts  anderes  gegen  sich  als  dasz  sie  zur  annähme 
assodativen  neuerungen  nötigt,  nach  meinem  dafiDrhalten  als 

aehr  wahrscheinliche  lOeung  dee  problems  zu  bezeichnen. 

Indeesen  macht  doch  Curtius,  in  anknttpfnng  an  jenes  sein  erstes 
gsgenargument,  der  Wegfall  des  o  Ton  irpö  in  formen  wie  9p^c  sei  bei- 
spiellos, auf  eine  lautliche  sei  prierigkeit  auftnerksam,  cUe  auch  mir 
sine  aolche  zu  sein  scheint,  nei  lieh  dasz  ein  aberspringen  der  aapira- 
ÜOB  auf  das  w  Ton  irpo-,  wie  es  ron  Nauck  in  q>pi&  angenommen  wird, 
soMt  bei  primitiven  Tcrben  nicht  Torkommt,  dasz  es  also  formen  wie 
*9P<n(ii|NAi  "«■  irpoii|iui,  die  zu  ^pp&  ««  irpoOb  analoga  abgeben  wür« 
diB,  nicht  gibt,  den  nachweis  solcher  analogen  formen  zu  fordern 
ist  man  um  so  mehr  berechtigt,  weil  die  Verbindung  der  prttp.  mit 
verbum  in  älterer  griUsität  eine  viel  lockerere  war  eis  die  mit 
nomen  zu  einem  compositum,  wie  in  1Tpoo{^lOV. 

Dies  also  und  nur  dies  fällt  noch  neben  dem  hauptumstand, 
dasz  Nauck  eine  reibe  von  formen ,  deren  flberlieferung  an  sich  un- 
verdichtig  ist,  einfach  ableugnen  musz,  um  seine  bypothese  glatt 
dnrchftihren  zu  können ,  gegen  diese  bypothese  ins  gewicht 

Curtius'  ableitung  unseres  verbums  von  hher  'tragen'  hat, 
was  die  bedeutong  anlangt,  kein  bedenken  gegen  sich,  passend  er- 
iuiert  Curtius  (verbum  I'  189)  an  die  aind.  composita  von  hhar 
mtm-bkar  und  ava-bhar^  von  denen  jenes  'hineinbringen'  (zb.  in  den 
leib),  dieses  'von  oben  her  eindringen  in  etwas'  bedeutet. 

Anch  der  äuszem  bildung  nach  würde  sich  ein  teil  der  formen 
zn  dieser  etymologie  sehr  gut  schicken :  wir  hätten  ein  qppi)-  neben 
9Cp>  anzunehmen ,  so  wie  ßXri-  (ßXf)TO  ßXriTÖc}  neben  ߀X-  (ß^Xoc), 
TVih  (icaci-TVTrroc)  neben  t€V-  (t^voc),  rXä-  (ftXäv  tXötöc)  neben 
kJU  (dva-T^Xui),  CTpui-  (crpdiMo)  neben  CTCp-  (cr^pvov)  steht 
regalrecht  würden  auf  dieses  qppri-  zurückgehen:  fiappHiai  vgl.  dirrat 
■*  ^F^on';  €ic<ppf)vai  vgL  d^von  diro-CKXftvai  cßf)voi;  £tr€icq>p€ic 


*  seiner  bildong  nach  vergleicht  es  sich  mit  6mo-kX^,  mit  aind.  p$d 
f.  'essen,  speise',  ni-drä  f.  «schlaf  und  mit  lat  $pSt  qyU-t,  die  erst 
aaf  itaUseheiD   boden  ihr  nominativ-«  angenommen  haben:    vgl.  mor- 

phoL  unters.  I  64.         <  diiMt   "-  *ä?r\\i\  verhält  sich  snm  aind.  vämi 


222  KBrugman:  das  verbum  q>p^ui  (ir(q>pT)fu  9p{f)Hi). 

vgl.  deic  dno-cßeic;  -q)piJJ  conj.  aor.  fCir  ^-qpprjui  vgL  Homer,  ocng. 
ßXrjerai;  -q)pr)cu)  -q)pif)co)iai  vgl.  -ßXrjcofLUXi  irXVicui;  -Ifpfnfar^ 
lirXiica.   der  passivaorist  d^eqppfjcOTiv  vergliche  sich  mit  £irX/jc6i|V. 
auch  das  Euripideische  6ic€q)pou)iiiv ,  wegen  dessen  ou  aUtt  des  sa 
erwartenden  €0  Kühner  ausf.  gramm.  P  s.  598  za  vergleichen  iit^ 
macht  keine  Schwierigkeit   der  Übergang  Ton  -9pf)^9i  in  -9P^Ofi0 
wäre  derselbe  wie  der  von  *cvy)^i  'ich  nähe'  (das  wol  noch  inf-wq 
nehat  =»  *6-sne4  steckt,  vgl.  morph.  unters.  I  48)  in  v^ui,  tob 
^^TTiTrXtmi  in  d^TrmX^u)  (ionisch ,  vgl.  ao.  s.  45)  att. ,  TgL  Cortioi 
Studien  VIII  331.    endlich  fügte  sich  auch  ohne  jede  schwierigUt 
4cTriq)pdvai.   diese  form  wäre  ebenso  zu  beurteilen  wie  ^mirXdvn 
neben  ttXt]-  mit  urgriechischem  e  (in  TTXf)TO  iTXifjpr)c  usw.)  und  aeWe 
eine  erste  pl.  ind.  -TT(q)pä^€V  voraus,  die  dem  aind.  hihhfimdsvafjd' 
eher  weise  entspräche,  wie  -TriTrXäjiev  dem  aind.  p^^rmia  gMek* 
kommt,   das  indische  hat  hier  wie  auch  sonst  meistens  den  nriado- 
germanischen  r-vocal  (r  sonans)  unverändert  festgehalten,  der  im 
griechischen  regelrecht  als  pä  und  Xä  erscheint    der  altindisehw 
singularform  piparmi  entspricht  das  gr.  -TrinXrmi  nicht  genan,  iiA- 
mehr  würde  ihm  ein  "^'-TriTroX^i^  gleichkommen:  -irhrXriJLii  ist m 
griechische  neubildung  nach  der  analogie  der  zahlreichen  von  nkl)- 
ausgegangenen  formen  (das  genauere  hierüber  morph.  unters.  1 44). 
so  würde  also  dem  aind.  sing,  hibharmi  ein  *TTiq)Opfüii  entepredMiv 
und  es  ist  wahrscheinlich ,  dasz  diese  form  einst  bestand  nnd  dMB 
mit  ihr  ebenso  verfahren  wurde  wie  mit  *7r{iToXfyii,  dh.  dasz  eiae 
neubildung  *TTiq)pimi  sich  an  ihre  stelle  setzte,   zu  iri^trXTpii  habsa 
wir  ein  doppeltes  part.,  TTijiiTrXdc  (att)  und  irifiirXcic  (ni^irXcicai 
Hesiod  theog.  880  vgl.  Bzach  dialekt  des  Hesiodos,  jahrb.  snppl. 
VIII  s.  451),  jenes  zu  Tri^nXd^ev  TTifiTrXäci  (richtiger  iri|yiiTXfia)  ge- 
hörig, dieses  aber  neben  TTijiirXTmi  d|üi-iriTrXr|6i  (0  311)  in  dendbas 
weise  stehend,  wie  deic  devTOC  neben  är\^u  so  wäre  also  zn  iruppd- 
vai  und  ^TTiqppa^ev  als  part  ein  *TTiq)pdc,  zu  einem  *iTi9pryii  mit 
urgriechischem  e  als  part.  ein  *TTiq)p€ic  zu  erwarten. 

Alle  andern  formen  nun  widersetzen  sich  Curtias*  hypcÜMia 
ebenso  entschieden,  wie  wir  die  formen  €icq)pfivai  und  £ciiiq)pdva 
sich  der  Nauckschen  tbeorie  widersetzen  sahen. 

Zunächst  die  aoristformen  -^q)pr]Ka  -q)p^c  -^qppcVTO  -qip^cBcn. 
den  Widerspruch  den  diese  formen  erheben  —  denn  man  erwartit 
statt  ihrer  *  -^qppriv  *-q)pfi6i  *-iq>pr]VTO  *-q)pficOai  —  glaubt 
beseitigen  zu  können  mit  folgender  allgemeinen  bemerkong: 
verba  auf  -^i  sind  sämtlich  mehr  oder  weniger  isolierte  aaiiqnitltM^ 
die  keineswegs  nach  strenger  analogie  durchgeführt  sind.  80  gibt 
es  zb.  kein  einziges  analogen  zu  dem  imp.  böc  oder  dem  inf.  boOvOL 
der  gruppe  B^c,  Oeivai  steht  nur  £c,  elvai  zur  seite.   trotz  der  gleieh 

genaa  ebenso  wie  dv/)p  za  aind.  ndr-,    die  annähme,  äi\\u  stehe  fb 
*FdFimi,  ist  völlig  unhaltbar:  8.  morph.  unters.  I  27  fF. 

^  warum  *-iT(TroXp  und  nicht  *-iTmcXfii,  lehrt  Kluge  beltr.  rar  geaeh. 
der  german.  conjugpatiou  s.  12. 


KBragman:  das  Terbum  qip^ui  {nUpp^ßi  <ppir\in).  288 

nienden  wonel  heiszt  es  zb.  cßf^vai  and  Aristoph.  We.  160 
ocXi^vai.  oder  soll  etwa  auch  hier  *c߀ivat  ^cicXeTvat  corrigiert 
len,  um  gröszeres  gleichmasz  zu  erzeugen?  solcher  dressur  wer- 
Bkh  die  verba  auf  -|yii  yielfach  widersetzen.'  hierbei  ist  eine 
isache  TOllig  übersehen,  der  flexiöhsunterschied  zwischen  verben 
it^t  Ti6ii|üii  bibuiiii  tcn))uii  einerseits  und  solchen  wie  äimt  &KXr)V 
|niv  ^Tvuiv  fbpöv  biZriiLiai  anderseits,  demzufolge  dortstamm- 
tufung  stattfindet,  dh.  der  stamm  der  drei  Singularpersonen 
id*  act.  eine  lautvollere,  der  der  übrigen  personen  des  activs  und 
ganzen  mediums  eine  lautschwächere  gestalt  hat  (zb.  €t-)uii|  aber 
i>;  Tidn-M^  a^>er  Ti0€-Tov  Ti6€-|ui€V  Ti8€-Mat;  •£8r|V,  aber  £0€-|ui€v 
lifiv),  hier  dagegen  keine  solche  Stammabstufung  statt- 
rt  (zb.  äiuüii  är^ACV  är|Tai ,  biZrmai ,  £cicXiiv  £cKXr)fiev,  irXfVro)  — 
nrflexionsunterschied  ist  ein  uralter,  urindogermanischer, 
beweisen  ua.  folgende  entsprechungen  zwischen  griechisch  und 
leh:  cT-pi  l-M€V  wie  ^-fm  i-mäsy  *£8n-v  £8€-to  8^-o  wie  ddhä-m 
4a  dhi'Shvä^  *£öuj-v  £bo-TO  wie  ädä'^n  ädi^üj  und  är|pt  äf^iev 

vd^mi  vdmas^  irXf)-TO  €^-TTXr|co  (imp.)  wie  trä-ähvamträ-sva  (von 
'beschützen,  behüten*);  man  vgl.  auch  die  Verschiedenheit  zwi- 
D  irö-c  «=  t/i-5,  8€TÖ-c  =  dhUä-s  hitäSy  crdci-c  <»  sihUis  einer- 
I  nnd  TVui-TÖ-c  ^^jhä-ta-s^  £r|ci-c  -■  väti-s^  iTXf)ci-c  t^prdH-s 
neits.  vgl.  Studien  lY  113,  morph.  unters.  I  89,  Job.  Schmidt 
Z.  XXni  279.  nur  hie  und  da  ist  durch  Vermischung  der  starken 

der  schwachen  Stammformen  und  durch  übertritt  eines  verbum 
dar  ersten  kategorie  in  die  zweite  und  umgekehrt  eine  trübung 

tlten  abstufungs Verhältnisses  eingetreten,  so  sind  zb.  aind. 
ima  ddhdta  (f6€^€v  fGere)  ncubildungen  nach  der  analogie  der 

singularformen   (ädhäm  ddhds  ddhdt)  statt  ^ädhima  *ddhüa, 

iu  80  wie  sydma  sydta  (el^ev  eTre)  nach  der  analogie  des  sing. 

•  («s  lat.  siem)  statt  *${ma  TsUa  {^=  lat.  simussUis)  eingetreten 
.'  gr.  fcTTi|Li€v  ist  statt  •foä^ev  (Homerisch  noch  fcrdcav,  vgl. 
.  ästhUa  =>  ^  f  craTo)  eingetreten ;  die  intransitive  bedeutung  gab 
anlasz  hierzu  sowie  zu  dem  völligen  übertritt  dieses  aorists  in  die 
ogie  der  zweiten  kategorie  (f ßXr^v  ftpäv),  wonach  sich  die  zu  G^c 
{c  Dud  GeTvai  boOvai  elvai  nicht  stimmenden  formen  CTf)8i  und 
tu  einstellten  (KZ.  XXV  220).  im  allgemeinen  vgl.  hierzu  Job. 
lidt  in  KZ.  XXIV  303  ff.  wir  sehen  also  dasz  das,  was  Curtius  als 
ibos  von  formen  erscheint,  ein  solches  keineswegs  ist,  und  wenn 
lä  etwas  im  gebiete  der  flexion  der  verba  auf  -|ii  sicher  ist,  so 

wir  baten  hier,  beiläufig  bemerkt,  den  äusserst  seltenen  fall,  dass 
»stein  ein  orindogermanisches  stammabstofung^verhältnis  (sing,  sie-m 
tie-i^  aber  plar.  ti-mus)  treuer  festgehalten  bat  als  das  Indische, 
r  freilich  hat  auch  das  Latein  die  eine  von  den  beiden  urindoger* 
ichen  Stammformen  sie-  «i-  verallgemeinert,  und  swar  die  schwache : 

die  formen  sim  sis  tit  sind  nicht  lantmechanlsch  aus  tiem  nsw. 
tnden,  sondern  analogiebil dangen  nach  simu»  $itu. 


224  EBnigman:  das  Terbum  ippiw  (ir(q)pimi  9f>(imi). 

• 

ist  es  dies,  dasz  wir  keine  flezion  wie  -irinXTifAi  * -iriirXcMev  ^-iriirXe« 
\xa\  so  wie  t(0iimi  Ti6€)i€v  Ti8€|Liai  oder  ^^nXiixa  ^£itX€M€V  ^inXi- 
\xr\y  *n\ic  so  wie  iQr\Ka  iQe}iey  iQi^r\y  Bic  Toraiissetien  dflifeu, 
indem  gerade  die  von  stammen  wie  tiXt)-  yvt)-  tXö-  ßXui-  abgeU* 
teten  formen  mit  groszer  regelmäszigkeit  die  nichtabstufeitde 
flexion  haben.  ^  mit  dieser  vertragen  sich  die  formen  £wppiniii 
eicq)pY)vai,  auch  das  part.  -qppcic,  aber  Bchlechterdinga  nicht  j«90 
formen  -^q)pnKa  -q)p^c  usw. 

Cnrtius  vergleicht  verbum  I*  189  den  imp.  -9p^  mit  Cjfjk 
und  4vi-cir€c:  4ch  glaube'  sagt  er  Masz  qpp^c  sich  snqp^genio 
so  verhält  wie  cx^c  zu  ^x^,  ctt^c  zu  (£vv)€Tr€.'   diese  paralUdeiit 
auf  den  ersten  blick  bestechend,  in  Wirklichkeit  aber  unstatthaft,  dk 
aoriste  f-cx-o-v  und  £vi-ctt-o-v  haben  den  worzelvocal  €  veriom 
und  sind  genau  ebenso  gebildet  wie  £-XiiT-o-v  und  £-bpaK-o-v  (« 
aind.  ddrgam) ,  was  heute  wol  niemand  mehr  bezweifelt,   die  form» 
cx^c  und  CTT^c  sind  nun  entweder  erst  in  verh&ltnismäszig  spftter  uit 
nach  der  analogie  von  6^c  ic  statt  cx^  und  ctt^  (irapd-cxc  ivi-cire)flii- 
getreten  ^  oder  sie  sind  ebenso  wie  £t€C  (ät^i  q)^p€  Hesychios)  soge- 
nannte ^unechte  conjunctive'  dh.  augmentlose  indicativformen  mit 
secundärer  personalendung,  so  wie  nach  Benfeys  und  Delbrücks  on- 
zweifelhaft  richtiger  annähme  die  2e  plur.  und  die  2e  und  3e  do.  dff 
gemeinindogermanischen  imperative  (zb.  gr.  q)^p€T€,  9^p€T0V  ipcpj' 
TU)v;  letztere  form  für  *(pep4.Tr\y  durch  einwirkung  von  q)€p^iw 
aind.  hhdratdd)  unechte  coiyunctivformensind';  imletstemfallTer- 
hält  sich  cx^c  zu  £-cx€C  ebenso  wie  cx^T€  zu  f-cxCTe,  cx^TOV  zu  hqit' 
Tov,  *cx^TTiv  (wofür  cx^Twv)  zu  d-cx^Tr|v.'®  mag  nun  die  erste  odbr 
die  zweite  auffassung  von  cx^c  und  dv{-CTT€C  die  richtige  sein,  jadea- 
falls  zerlegen  sich  die  beiden  formen  in  cx-^-c  und  £vi-ciT-€-C  und  das 
-€-  ist  derselbe  vocal  wie  in  ?-cx-€-c  f-Xm-€-c.   und  da  nun  -(pp^C 
nicht  zu  einem  System  *£q)pov  ^qppcTv  ^qppidv  gehört,  sondern  in  d«ift 
System  -^qppriKa  *-q)p€Tvai  -qppeic,  so  hat  das  €  von  qpp^c  mit  dem  € 
von  cx^c  ebenso  wenig  zu  schaffen  wie  zb.  das  der  personalendung 
vorausgehende  €  von  £6€-T€  mit  dem  entsprechenden  von  icjüi-rB^ 
£Xiir€-T€,  dort  ist  es  wurzelvocal,  hier  suffix,  und  so  erweist  sidi  di0 
von  Curtius  gezogene  parallele  q>pic:  qp^pe  <»  cx^c:  ix^  ^  falsA» 

^  wegen  der  scheinbaren  ausnahmen  T^Xä^cv  neben  T^XT)xa  an^ 
T^evS^cv  neben  T^OviiKa  sieh  Joh.  Schmidt  in  KZ.  XXIII  881,  das  vf. 
morph.  unters.  I  61.  ^  dazu  konnte  der  gleichklang  der  übrigen  for- 
men (cx^TUJ,  cx^TC  cx^TUJCav,  qc^TOV  qc^TUiv  wie  OdTUi,  G^c  Mrumv» 
O^TOv  e^Tu>v)  leicht  den  anstoss  geben.  "  s.  Benfey  karse  aanakriV» 
grammatik  s.  89  f.,  Delbrück  synt.  forsch.  IV  68.  119.  '^  auch  Mc 
6^c  £c  sind  nach  meinem  dafürhalten  unechte  conjunctivformeii.  ala 
stehen  für  *öilic  *Qf\c  *f\c  durch  stamm auagleichende  einwirkvag  dar 
übrigen  Imperativformen  mit  kursem  vocal,  ib.  66tui,  bdrc  bdruKM, 
ö6tov  böTUiv.    *bfS)c  und  *6f)c  sind  mit  den  arischen,  ebanfalla  impa* 

rativisch   gebrauchten    formen    das   und   dhää  identisch,    grlaoh.  *bCK 

*67)c  lu  *£bu)C  *£6iic,  wie  aind.  das  dhd$  in  äddi  ädhäi.    genanaraa 
hierüber  an  anderer  stelle  [morph.  unters.  III  1  ff.J. 


Kfiragmaa:  dai  Terbmii  qipto  (ytUppfi\}u  qi|»(i)|iO*  225 

aoristformen  -^ppHKa  -«pp^c  -^9p€VT0  -q>p^cAai  imd  dem* 
Meh  TOB  CortiQS  Biit  seiner  theorie  nieht  in  einUang  gebuMsht.  ne 
Mmb  mit  ^cmq>()ävat  und  mit  €tcq>pftvat  immer  nodi  *in  echreifln* 
dfln  widersprach',  wie  Naook  sich  ansdrflckt. 

Aber  Curtias  webz  auch  mit  der  form  ä€q>p(o|yi€V  (i£eq>p€io* 

)icv^  niehts  anzufangen,  indem  auch  diese  mit  icin9pdvai  und  cic* 

fpffvat  sidi  nieht  Tertrftgi  er  gesteht  das  Studien  YHI 832  selbst  zu. 

Alles  zusammengenommen  mtlssen  wir  Nanck  recht  geben,  wenn 

•rBoU.  XX  497  sagt:  *ich  halte  es  ftlr  unmöglich  aus  den  tob,  Cur- 

fiü  angenommenen  formen  die  flezionsgesetze  des  vermeintlichen 

fpöu  zu  begreifen :  die  von  ihm  aufgefOhrten  formen  vertragen  sich 

indsr  unter  einander  noch  mit  den  von  ihm  nicht  erwfthnten  ttbrigen 

fcom,  die  aus  der  attischen  zeit  sich  nadiweisen  lassen.' 

Was  nun?  hat  man  —  das  ist  der  niohstliegende  gedenke  — 
Nwol  die  Naueksche  ableitung  von  irpo-tii|ii  als  auch  die  Curtiussohe 
voa  M«^  'tragen'  Aber  bord  zu  werfen?  vielleicht  wire  es  ja  m0g- 
bh,  daez  man  eine  andere  wurzel  ftnde,  der  sich  unser  verbum  be* 
(riflidi  fttgte  und  von  der  aus  sich  alle  überlieferten  fonuMi  er- 
Uina  liessen.  eine  solche  wurzel  gibt  es  nieht  nehmen  wir  welche 
vir  wollen  —  immer  der  gleiche  'schreiende  Widerspruch*  zwischen 
Iciifpdvai  €kq>frf)vat  einerseits  und  •9p^c  *^<ppevTO  ££eq>p{o|J€V 
üfaieits.  also  haben  wir  es  wol  Überhaupt  gar  nicht  mit  einem 
üigen  verbum  zu  thun,  sondern  der  eine  teil  der  überlieferten  for- 
■«I  iit  mit  Nauck  von  irpo-Tr^Ai,  der  andere  mit  Curtius  von  ws. 
ttcrbKiuleiten?  das  hiesze  den  knoten  durchhauen,  nicht  lösen, 
tea  as  ist  unglaublich,  dasz  zb.  das  £TT€Cq)pi2^  bei  £ur.  Alk.  1056 
ttlvuk  iiTCCqppdi  Tif|vb€  Tifi  KCivT^  X^x^t;  em  anderes  verbum  sei 
A  dts  £iT€ic^q>pT)C€  bei  demselben  ras.  Her.  1267  £t'  £v  TciXaicri  t* 
ivn  TOpTumouc  ö<p€ic  |  direic^qppricc  cirapTÖivoici  TOic^fioic  | 
4  toö  Atöc  iiiXXcKTpoc,  die  ÖXoi^eOa.  und  was  hätten  wir  mit  den 
faMu  wie  -(pprjcu)  zu  machen,  die  gleichgut  zu  beiden  verba 
Ittogen  werden  könnten? 

Es  bleibt  demnach  nur  noch  ^ine  lOsung  übrig ,  eine  einfache 
»d  gewis  die  richtige. 

Auszugehen  haben  wir  mit  Curtius  von  der  wurzel 
^'tragen',  auf  sie  gehen  in  der  oben  dargelegten  weise  die 
'otMi  &iTuppdvou  fKqppnrai  etcqppf^vai  -q>pificui  -^q>pr|ca  etccqppou- 
W  nrflck.  und  weiter  besaszen  die  Griechen,  von  dem  stamm  qppri- 
■ttngelrecht  gebildet,  einen  aor.  ind.  £9pr|V  £q>pruA€V  3e  pL  fqppcv, 
^W^ViTtv  3e  pl.  £q)pr|VTO,  coig.  q)prjui  qppui,  optat.  q>p€ir|v",  imp. 
WJiiOi,  inf.  9pfivai  9pY)c8ai,  part  9p€ic  9P^VT0C  9pfj^€V0C  in- 
dtft  aun  zwischen  unserm  verbum  und  dem  etymologisch  völlig 
fc^i  liegenden  Tr|fii  einweeits  eine  nahe  bedeutungsverwandt- 


.     "  üb  verk&nrooi^  des  T)  in  dieser  optativform  ist  dieselbe  wie  die 
»vXcUirv  irXcICTOC:  vgl.  morph.  unters.  I  82.  44.  II  68. 


226  KBrugman:  das  verbum  <ppiw  (nUpptwii  q)pir)|yu). 

Schaft  bestand  —  zb.  elcirmi  kaum  verschieden  von  €ic9p{ui  - 
und  indem  anderseits  die  formen  des  aor.  ^<pp€V,  qppiXi  oder  in  tiiert 
form  qpp^u)  (denn  diese  form  mnsz  ja  zwischen  qpprjuj  nnd  q>pui  j 
der  mitte  gelegen  bähen) ,  q)p6iTiv ,  q)p€(c  und  das  fatomm  <pp^ 
den  entsprechenden  formen  von  iT^i,  nemlioh  *£€V  (vgl.  die  de  p 
impf.  i€V  und  die  3e  pl.  aor.  dv-^Oev  fbov,  Cortins  verbum  1 
74 f.),  (I)  oder  in  älterer  form  £u)",  eViiv,  cYc  und  i^cui  auch  ttuszei 
lieh  nahe  standen,  so  associierten  und  verwirrten  sie 
die  beiden  verba  im  bewustsein  der  Griechen,  die  folg 
davon  aber  war,  dasz  man  zu  qppeiriv  qppeic  nsw.  nao 
dem  muster  der  flexion  von  iti|lii  die  formen  qpp^c  9p{ 
c9ai  usw.  schuf. 

Ob  den  sprechenden  sich  beim  gebrauch  der  aus  *  qppi^Ui  *(ppifjuK 
entstandenen  formen  qppüü  qppOuci  (dh.  der  ausspräche  neLch phrö  pkröä 
zu  der  zeit,  als  die  ideenassociation  vollzogen  war,  die  vorstellimi 
der  präp.  irpö  im  bewustsein  regte,  was  wegen  (ppoiMiov  und  <ppoO 
boc  sehr  wol  denkbar  ist,  wissen  wir  nicht,  war  es  der  fall,  so  hfttta 
wir  eine  ähnliche  erscheinung  vor  uns  wie  bei  dem  aind.  vidh^ri 
^witwe',  das  von  wz.  vidh-  ^ermangeln'  kommt,  aus  dem  man  abei 
wie  das  aus  ihm  gebildete  dJunvä-  ^ehemann,  herr'  zeigt,  das  prifi: 
vi'  herausfühlte  (Roth  in  KZ.  XIX  223),  und  bei  dem  vedischfl 
vyadhvarä'  ^anstechend,  bohrend'  (vom  wurm  gebraucht):  Athar 
vaveda  II  31,  4  und  VI  50,  3.  dieses  letztere  ist  von  wz.  vffaA 
^durchbohren'  mittels  des  sufßxes  -vara-  gebildet,  und  es  zeig« 
nun  die  gleichbedeutenden  formen  vyitävarä-  (Qatapathabrfthmaa 
VII  4,  1,  27)  und  fem.  vyddvart  (Atharvaveda  III  28,  2),  dasz  mi 
vyadh-varä'  mit  vi-ad-  ^zer-essen ,  zer-nagen'  associierte. " 

Einer  erläuterung  bedarf  bei  unserer  hjpothese  das  Aristopk 
nische  ^Heqppio^ev  Wespen  125.  man  erwartet  ££€q)pi€^€V;  undi 
schreiben  Nauck  und  Dindorf.  es  ist  das  dieselbe  änderung  die  mi 
Soph.  £1.  596  und  1347.  Ant.  403.  OT.  628  wol  mit  recht  vorgi 
nommen  hat:  statt  der  überlieferten  formen  teic  und  £uvi€ic  sciirdl 
man  hier  \'ric  und  Euviric.  IL  A  273  schwankte  man  im  altertu 
zwischen  Euviov  und  Euviev ,  für  letzteres  entschied  sich  Aristan 
(vgl.  La  Boche  Hom.  unters,  s.  288  f.).  es  ist  also  die  abSndemi 
des  überlieferten  ^E€q)pio|Li€V  in  dEecppiefiev  kein  besonderes  wagni 
wer  sich  gegen  sie  sträubt,  müste  ^Eeqppio^ev  mit  den  indicativfomu 
TTpotei  B  752,  jLieGiei  K  121,  falls  so  und  nicht  irpoiei  ^€8l€T  zu  sehn 
ben  ist,  mit  Euvie  2  sg.  imp.  bei  Theognis  1240  und  den  bekaiu 
ten  optativformen  -ioi^riv  -oTjuiiv  zu  verteidigen  suchen,  vgl.  Savel 

*'  das  Homerische  fji},  dv-f|i3  lasse  ich  absichtlich- bei  seite, 
y^  beachtenswert  ist  auch,  dass  die  form  vyadktarü'  im  padapAtha  (d 
in  dem  die  Wortverbindung  aufhebenden  texte)  in  vi'adhHMta*  larie 
wird,  das  deutet  hin  auf  eine  association  mit  m-adkoan-  'in  der  mit 
des  weges  befindlich'  und  vy-adkoa-  m.  'der  halbe  weg',  also  ebealal 
auf  die  empfindnng  eines  präfixes  an  einer  stelle  wo  in  wirklieliki 
keines  vorlag. 


fi^Brogman:  das  verbom  q>p^ui  (ir(q>piifii  q>p(r)fii).  227 

bog  ao. ,  der  eine  abänderang  der  überlieferten  form  ^Seqppiofiev 
lieht  fdüT  notwendig  erachtet  und  zu  ihren  gunsten  auch  äq)€io)i€V 
(ci»  i)  in  einer  inschrift  von  Ampa  CIG.  Un.  2131^  15  (aus  der 
Kit  des  Tiberius)  anfuhrt. 

Dasz  bei  Euripides  zugleich  £ir€ic^q)pr|C€  und  dTT€ic^q>piiK€ 
forkommen,  findet  Nauck  Bull.  VI  438  so  auffällig ^  dasz  er  die 
entere  form  (ras.  Her.  1267)  in  ^TreiceqppriKe  corrigiert.  man  kann 
immerhin  Nauck  zugeben,  dasz  ein  -€q)piiK€  bei  Euripides  in  späterer 
leit,  wo  -^qpprice  die  geläufige  aoristform  war,  durch  abschreiber 
leieht  in  -^q)piiC€  abgeändert  werden  konnte,  gleichwol  ist  nichts, 
WM  uns  das  überlieferte  dir€ic^q)piiC€  anzutasten  berechtigte,  wenn 
neben  eine  sprachform  sich  eine  associative  neubildung  mit  gleicher 
finetion  stellt,  so  verdrängt  die  letztere  die  alte  form  nicht  sofort 
ni  dem  gebrauch,  in  allen  fällen  gehen  die  junge  und  die  alte  form 
nindeetens  eine  zeit  lang  neben  einander  her,  und  nicht  selten 
itt  der  fall,  dasz  dieselben  indiyiduen  ohne  jeglichen  bedeutungsunter- 
•ehied  bald  die  eine  bald  die  andere  form  gebrauchen,  ich  erinnere 
>b.  an  Cuncpäniv  nach  der  analogie  der  d-stämme  neben  Cu)KpdTT) 
(«B^CuiKpäT€C-a) ;  an  f)biova  f)b(ov€C  nach  der  analogie  der  v-stämme 
(Rvij^iuv  T^KTUiv)  neben  der  altindogerm.  c-bildung  f)öiui  f)blouc  («s 
^^ib-ioc-a  -ioc-c^7  an  qpcuioC^ai  TTXeucoCMai,  die  als  neubildungen 
Meh  dem  muster  von  futurformen  wie  TcXoCfiai  KaOebou)iai  sich 
■eben  q)€u£o|yiai  itXcucoiitai  stellten'^;  an  cTiiM^v  €!r|T€,  Oeiimev 
BcfajiTe  nach  der  analogie  der  singularformen  neben  den  alten  for- 
BttaclMCV  €It€,  6€i|Li€v  6€iT€,  an  fJTC  fiiov  fJTTiv  nach  flimev**  neben 
nCT€  ijicrov  ficTr|V.  dasz  bei  dichtem  der  gebrauch  der  alten  und 
der  neuen  form  neben  einander  nicht  immer  nach  metrischem  be- 
dflrfiiis  sich  regelt,  mag  lehren  kqGticto  Aristophanes  Frö.  778 
neben  dem  ebenso  wie  Kd9r]Tai  (Lys.  597)  nach  der  analogie  von 
W  VcGa  fjcai  f|c9€  usw.  (für  *^c-jiai  usw.)  neugebildeten  im- 
lUidfJTo  Frö.  1046u  es  konnte  also  Euripides,  auch  wenn  er  sich  der 
i^büdong  •iq>pr]Ka  bediente,  darum  doch  zugleich  die  alte  form 
-^^ca  kennen  und  gebrauchen. 

Dasz  durch  -^qppriKa  die  ältere  form  -^qpprica  nicht  allmählich 
ttsdem  gebrauch  verdrängt  wurde,  dasz  diese  vielmehr  in  späterer 
grkität  &st  die  alleinherschaft  hat  (vgl.  Nauck  Bull.  VI  437),  darf 


**  Tfl.  Osthoff  'verbum  in  der  nomiDalcoroposition*  8.  383  ff.  und 
Oiorp^  onters.  II  40  ff.  *^  fj^cv  (dor.  T^ficc)  steht  lautgesetslich 
^  *4^v,  indem  altindogermanisches  t  in  Verbindung  mit  einem 
*^«J  niemals  gewahrt  bleibt,  die  form  ^c^^v  widerspricht  nnr  schein- 
*^f  diesem  gesetz.  die  urgriecbische  form  war  *cm^c  «»  aind.  smds  laU 
'**v,  nod  nachdem  später  nach  der  analogie  der  singularformen  (der 
*H'  starken  formen)  das  l-  wieder  vorgetreten  war,  war  jenes  lant- 
CH«ts,  dem  infolge  *f|CM€v  zu  ^i^^Mcv  ^M€v  und  *ic\ii  zu  *i^yii  (lesb. 
W)  clMi  wurde,  nicht  mehr  in  kraft,  das  dor.  €(fi^c  und  das  ion. 
^v  sind  ebenfalls  neubildungen,  bei  ihrer  entstehuug  schwebte  die  le 
^V  ciiii  als  muster  vor.  dieses  zur  ergänzung  von  Osthoff  in  KZ. 
XÜU  679  ff. 


228  KBrugman:  das  Terbum  q>p^ui  (Tr((ppT)fii  fpftirna)» 

nicht  auffallen,  associativen  neubildungen  begegnet  es  oft,  daei  sie 
gegen  die  alte  form  nicht  aufkommen  und  vor  dieser  wieder  inriick« 
weichen  müssen,  nachdem  sie  eine  zeit  lang  neben  ihr  her  gegangei. 
so  hat  zb.  TiOrmi  dem  aus  ihm  durch  übertritt  in  die  Analogie  der 
yerba  auf  -u)  entstandenen  tiO^uj  und  haben  die  genetive  Y<m  -cc- 
stttmmen  wie  '€TTiKpdTOuc  OeoT^vouc  *ApiCTO<pdvouc  den  nach  der 
analogie  von  masculinen  -d-stttmmen  geschaffenen  formen  'CmicpdTDU 
usw.  **  niemals  das  feld  geräumt. " 

Ist  unsere  erklftrung  von  -^q)pr|Ka  -qpp^c  ä€q>p{€MCV  (odar 
d£€q)p(o^€v)  die  richtige,  so  ist  damit  ein  neues  beispiel  fttr  die 
gattung  der  associationsbildungen  gewonnen,  die  man  Tolksetj« 
mologienzu  nennen  pflegt,  auf  diese  species  associativer  neuena- 
gen  im  leben  der  spräche  ist  in  der  griechischen  grammatik  wie  aiok 
in  der  anderer  älterer  indogermanischen  sprachen  bisher  noch  wenig 
geachtet  worden ,  wie  ja  überhaupt  dem  wirken  der  ideenassociatioa 
in  diesen  sprachen  bis  vor  wenigen  jähren  nor  geringe  aaftnerknn- 
keit  geschenkt  worden  ist.  es  mögen  daher  hier  zum  sehluss  aoeh 
ein  paar  darauf  bezügliche  bemerkungen  folgen,  die  za  gleicher  idt 
zu  festerer  begründung  unserer  hypothese  dienen  werden. 

Ein  von  volksetymologischer  association  betroffenes  wort  bWtt 
seiner  äuszem  form  nach  entweder  unversehrt ,  *zb.  unser  nhd.  fev- 
mund  (ahd.  hlii*fnufU^  aind.  grotnata-^  wenn  es  mit  der  leute  UMiiidiB 
Verbindung  gebracht  wird,  und  unser  die  sucht  (ahd.  suht^  got,  mmMs 
^krankheit%  zu  got.  siükan  'siechen'),  wenn  man  es  mit  aueken  (mhd* 
suochen)  associiert,  wie  in  der  regel  in  Verbindungen  wie  dtemicU 
nach  gold  geschieht  ^^  oder  die  ideenverknüpfung  macht  sich  ingUeb 
durch  Umgestaltung  der  äuszem  sprachform  bemerklioh,  zb.  bei  M/t' 
hom  statt  hifthorn^  leinwand  statt  mhd.  Unwdt. 


**  vgl.  Wecklein  curae  epigr.  8.  22  ff.        *'  analoges  auch  in  tt* 
dem  sprachen,    die  nominativformen  wie  prior  poiterioTy  deren  aasln' 
tendes  r  nicht  laatg^esetzlich  ans  $  entstanden  ist  —  denn  anslantea- 
des«  bleibt  lautgesetslich  vom  rhotacismas  verschont,  vffL  eguM$  ptäß 
pedes  bU  eras  usw.  —  sondern  von  den  anderen  casas  her  ib.  pHof^ 
eing^edruneen  ist  (vgl.  KZ.  XXIV  56),  kamen  in  der  Kitesten  latfnitll 
anch  für  aas  nentrnm,  für  die  alten  lautgesetilichen  bildangen  wie  prta 
posterius  in  gebrauch  {vgl,  Bücbeler  lat.  ded.  hg.  von  Windekilde  a.  10)* 
diese  letztern  wurden  aber  durch  sie  nicht  nur  nicht  verdrängt,  aoadero 
die  neubildungen  musten  wieder  weichen,  und  prius  posteriu$  gewannea 
wieder  die  alleinherschaft.    im  hochdeutschen  zeigt  sich  in  der  In  und 
8n  pers.  sing,  der  starken  praeterita  seit  dem  zwölften  jh.  ein  epitheti- 
sches   -e    zb.  sähe   vande  sehuofe  stuonde.    dieses  -e  trat  an  naeh  der 
analogie  der  schwachen  praeterita  wie  wonte  spitte  hrÜhle  und  ist  Ms 
ins  achtzehnte  jh.  hinein  zu  verfolgen,    es  hat  aber  diese  neabilduc 
den   alten  lautgesetzlichen  formen  ohne  e  niemals  das  terrain  ganz  strti* 
tig  zu  machen  vermocht,  und  die  letztem  sind  jetat  wieder  die  allein 
üblichen,    vgl.  JGrimm   deutsche  gramm.  I*  907  des  nenen  abdfvekSi 
Weinhold  mhd.  gramm.  s.  848.        "  Köne  ^Wertung  der  fremdw8rter  in 
der  deutschen  spräche'  s.  11  schreibt  die  krankheU  an  der  meki  iMfA 
fremdwörtern,    klarer  kann  sich  die  in  rede  stehende  volksetTnologle 
nicht  manifestieren. 


KBragman:  das  yerbum  «pp^ui  (iT{q>pT)fii  <pp(T)Mt).  229 

In  sprachen,  die  uns  nur  durch  das  mediam  der  schrift  zogäng- 
h  sind,  also  in  allen  toten  sprachen,  werden  associationen,  die  sich 
der  Innern  sprachform  vollziehen,  ohne  zu  einer  umbildong  der 
>8xern  zu  führen,  yerh&ltnismäszig  selten,  immer  nur  infolge 
^d  eines  günstigen  zufalls  für  uns  wahrnehmbar,  so  wissen  wir 
.  inf&llig,  dasz  die  Griechen  das  beiwort  des  ApoUon  XuK€ioc,  das 
jrmologisch  feuchtend'  bedeutet  und  mit  äfitqpi-XuiCT]  XeuKÖc  usw. 
isammenhängt,  mit  dem  etymologisch  unverwandten  XuKOC  *wolf' 
srknOpften ,  und  dasz  gewissen  Griechen  bei  TT&v  der  gedanke  an 
u  etymologisch  abliegende  irfic  rravTÖc  kam  (vgl.  Hom.  hy.  19, 47). 
er  günstige  znfall  besteht  meistens  darin ,  dasz  das  umgedeutete 
rort  mlasz  wird  zur  neuschOpfung  eines  andern,  das  nun  seinerseits 
ikr  erkennen  läszt,  dasz  jene  ideenassociation  stattgefunden  hatte. 

0  wire  es  zb.  niemals  zu  ermitteln  gewesen,  dasz  bei  den  Griechen 
Kl  perfectform  T)picTT)Ka  'ich  habe  gefttlhstückt'  das  ähnlich  klin- 
{«de  perfect  &TT)Ka  *ich  stehe'  angezogen  hatte,  wenn  uns  nicht 
Be  formen  i^picTdjiev  i^piCToivai  überliefert  wären,  die  nichts  anderes 
ili  nachahmnngen  von  IcTäfiCV  ^cravai  sein  können.  ^* 

Besser  sind  wir  bei  toten  sprachen  dann  daran,  wenn  die  psy- 
Üacfae  associationsbewegnng  sich  auch  zugleich  an  der  äuszem  form 
kl  Wortes  verleiblicht,  in  diesem  fall  ist  uns  dafür  die  schrift,  das 
tUuld  des  lautes ,  zeuge,  so  bei  der  form  £üpiTnribr|C ,  wie  CIQ.  I 
!•  213  statt  Eupiiribric  geschrieben  steht  mit  offenbarem  anklang  an 
ttmen  wie  Oeiöiniiibric  *^,  und  beim  attischen  dXKuufV,  welches  in 
olge  einer  ideellen  Verknüpfung  mit  &Xc  (■*  *caXc)  'meer'  statt 
IXkvnuv,  wie  die  andern  Griechen  sagten  (vgl.  lat.  alddo)^  aufkam 
^TgL  Förstemann  in  KZ.  III  48.  Curtius  grundz.=^  s.  132). 

Die  letztere  gattung  von  volksetymologischen  neuerungen,  die 
Jch  zugleich  als  eine  Umänderung  der  äuszem  sprachform  darstellt, 
^ABoman  nun  wieder  nach  verschiedenen  gesichtspuncten  gruppieren, 
^nf  gehe  ich  hier  nicht  näher  ein,  sondern  begnüge  mich  damit, 
uiige  specielle  analoga  zu  unserm  -^q)pr)Ka -q)p^c  ^Seqppiefüiev 
imhaft  zu  machen,  dh.  einige  fälle  vorzuführen,  in  denen  ebenso 
ie  dort  ein  nicht  zusammengesetztes  wort  sich  in  seinem  ausgang 

1  den  wnrzelteil  eines  andern  wertes  angelehnt  hat. 


**  wir  kommen  auf  diese  neubildungen  nachher  znrück.  ^  ob  nur 
bmIbc  per0onen  eine  solche  associative  neaerung  vomehmen  oder  ob 
•se  als  die  allgemein  in  der  sprach genossensebaft  gültige  form  er- 
kttat,  ist  für  die  heurteilang  des  psychologischen  prooesses  an 
cb  ganz  gleichgültig,  ein  unterschied  besteht  hier  nur  insofern  als 
r  saften  dürfen:  je  allgemeiner  eine  in  einer  Sprachgenossenschaft 
fkoDinende  neubildang  sich  verbreitet,  nm  so  sicherer  entspricht  sie 
B  allgemeinen  sprachcharakter  der  genossenschaft,  um  so  sicherer 
sie  dem  volk  als  ganzem,  so  zn  sagen,  ans  der  seele  gesprochen, 
1  je  weniger  sie  bei  den  sprachgenossen  verbreitong  findet,  um  so 
berer  wird  sie  nar  ans  solchen  individuellen  neigungen  entsprungen 
n ,  die  mit  dem  sprachlichen  Charakter  der  mehrsanl  der  Stammes- 
loaaen  nicht  harmonieren. 


230  EBmgman:  das  verbum  (ppiw  (Triq>pT)fii  <pp(imi). 

Von  dieser  art  sind  zb.  im  deutschen  die  im  18n  jh.  anfgekoi 
menen  Wörter  ftimmen  flimmer  flimmern,  man  formte  sie  aus  flami 
flammen  und  benutzte  dabei  glimmen  glimmer  glimmem  (vgl.  ao 
Schimmer  schimmern)  als  modell.  für  die  2e  pers.  sg.  imp.  bis  Ui 
(mhd.  und  nbd.) ,  die  ebenso  wie  bin  bist  usw.  zu  wz.  bhü  gehOi 
war  das  gleichbedeutende  ältere  uns  (von  wz.  ves)  das  mnster.  *d 
mhd.  particip  gedröUen^  zb.  zwen  gedroüen  (rund  gedrehte)  knSp 
(Lexer  I  464)  geht  wol  von  drcejen  aus  und  ist  eine  nacbbildang  V( 
geswoUen.  ebenso  ist  mhd.  bedcHhen  vermutlich  nur  ein  abklat» 
von  bevoUien^  eingeführt  durch  leute  denen  betolben,  mitteld.  bedölb 
(Grafif  V  420)  anfieng  ungeläufig  zu  werden'  (Scherer  znr  gesch.  d 
deutschen  spr. '  s.  241  f.).  ahd.  wizagön  ist  zu  weissagen  gewordi 
im  anklang  an  sägen  ^dicere'. 

Gibt  es  von  dieser  species  im  altgriechischen  noch  andere  b( 
spiele  auszer  -^qppriKa?  eines  führte  ich  schon  an,  i^picTQficv  % 
CTävai:  so  sagten  die  attischen  komiker  statt  1^plCT1^Ka^€V  i^picn 
K^vai  und  sie  bildeten  dazu  hinterher  auch  ein  bcbeiirvaiiCV  b€ÖC 
TTvävai  (Kühner  I'  679.  Curtius  vb.  II  171).  indes  ist  auf  di« 
neubildung  als  auf  eine  parallele  zu  unserm  -^qppiiKa  njcht  viel  z 
geben,  wir  haben  es  hier,  wie  auch  Curtius  ao.  annimt,  mit  eis« 
bloszen  wortwitz  zu  thun,  vergleichbar  scherzhaften  bildungenlM 
uns  wie  umgebrungen  für  umgebracht^  gesotzen  statt  gesetzt^  gekn^^ 
statt  gekneipt,  eine  geeignetere  parallele  sind  die  formen  K^XeuOo 
und  dK6Xou9oc,  wenn  sie,  wie  mir  sehr  wahrscheinlich  ist,  unter  eil 
Wirkung  der  wz.  £X€u9-  dXouO-  (d-  ist prothetischer vocal)  zustand 
gekommen  sind,  dasz  in  K^XeuGoc  die  anfangselemente  kcX-  di 
Wurzel  repräsentieren ,  ergibt  sich  aus  den  nächstverwandten  w5i 
tem  KcXeuuj  ^antreiben,  in  bewegung  setzen',  KAofitai,  k^XXui,  kAt)* 
wollten  wir  nun  die  folgenden  demente  -€u6o-  als  suffixale  elemenl 
auffassen ,  so  müsten  wir  eine  suffixcombination  statuieren ,  wie  i 
sonst  im  griechischen  nicht  vorkommt:  denn  das  determinativ'  -< 
(vgl.  zb.  ttXii-6u)  TrXfi-Goc)  zeigt  sich  sonst  niemals  hinter  stamme 
auf  -€u-.  dazu  kommt  dasz  der  ablaut  €u  :  QU,  wie  ihn  KdXeu6< 
dKÖXou9oc  aufweisen,  sonst  nur  in  Wurzelsilben  üblich  ist,  vgl.z 
dXeucojLiai  :  eiXrjXouGa,  cneubu)  :  CTroubrj.  für  das  Sprachgefühl  d 
Griechen  schlosz  also  der  kemteil  des  Wortes  erst  mit  8 ,  so  dasz  i 
—  grammatisch  ausgedrückt  —  xeXeuO-  und  koXguO-  als  warz 
ansahen  (ein  klares  gefühl  für  das,  was  der  grammaticus  wnn 
nennt,  hat  man  beim  gewöhnlichen  sprechen  natürlich  niemal 
demnach  wird  man  annehmen  müssen ,  dasz  der  stamm  kcXcu-  ,  n 
er  in  xeXeuu)  erscheint,  im  bewustsein  der  sprechenden  mit  ^dXeiM 
(dXeuco^ai  ^Xeucic  dXeuOepoc  usw.)  zusammenrann,  dasz  man  so 
einem  *  KeXeuOuj  kam  (vgl.  iTTTro-KAeuGoc  Homer,  beiwort  des  F 
troklos,  eigentlich  *zu  pferde  sich  fortbewegend',  s.  Curtius  gmndi 
s.  146)  und  dasz  dessen  zweite  silbe  nun  ganz  nach  art  der  wn» 
Silben  behandelt  wurde. 

Leipzig.  Karl  Bruomait. 


AViertel:  wiederauffindong  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarca.     231 

32. 

DIE  WIEDERAÜFFINDUNQ  VON  CICEROS  BRIEEEN 

DURCH  PETRARCA. 


ÜBER  DIE  BANDSCHKIPTLICHE  ÜBERLIEFERUNG  VON  C1CBRO8  BRIEFEN. 

VON  Georg  Voigt,  aus  den  Sitzungsberichten  der  k.  aftcbs.  ge- 
sellschaft  der  Wissenschaften  philologisch  -  historische  classe  1879 
I.  41—65.    Leipzig  bei  S.  Hirzel.    gr.  8. 

Die  WIEDERAUFFINDUNG    VON    CiCEROS   BRIEFEN   DURCH   PbTRAROA. 
KINB   PHILOLOGI8CH-KRITI8CHE  UNTERSUCHUNG  VON  DR.  AnTON 

Viertel.  Königsberg  in  Pr.,  Hartungsche  verlagsdruckerei.  1879. 
44  8.    gr.  4. 

Ein  seltsamer  zufall  hat  es  gefügt,  dasz  die  frage,  wann  und 
durch  wen  die  Ciceronischen  briefsamlungen  im  14n  jh.  in  Italien 
der  Vergessenheit  entrissen  sind,  gleichzeitig  von  zwei  selten  einer 
enieoten  prQfung  unterzogen  ist,  von  0.  V  o igt,  dem  vf.  der  Vieder- 
belebong  des  classischen  altertums'  und  dem  unterzeichneten.*  gegen- 
ttbor  der  bisher  herschenden  ansieht,  nach  welcher  Petrarca  beide 
gruppen  der  Ciceronischen  briefsamlungen  gefunden  |  und  zwar  die 
gnppe  der  briefe  ad  M.  Brutum,  ad  Quintum  und  ad  Atticum  zu 
Terona  im  jahi*e  1345,  die  der  briefe  ad  familiäres  später  zu  Vercelli, 
weiten  beide  abhandlungen  Übereinstimmend  nach,  dasz  Petrarca 
flberbaupt  nur  die  erste  gruppe  zu  Verona  1345  gefunden,  von  der 
eiistenz  der  briefe  ad  familiäres  aber  gar  nichts  gewust  hat.  aus 
dieser  erkenntnis  ergab  sich  als  notwendige  folgerung,  dasz  die  an- 
geblich eigenhändige  abschrift  Petrarcas,  welche  sich  in  der  Lauren - 
^itna  zu  Florenz  befindet,  nicht  von  Petrarca  herrühren  könne,  mit 
dieser  bs.  aber  steht  und  fällt  auch  die  andere  angeblich  eigenhändige 
Petrarcasche  abschrift,  welche  die  briefe  an  Brutus,  Quintus  und 
Atticos  enthält;  gerade  die  behauptete  ähnlichkeit  der  schrift  in 
diesen  beiden  hss.  hat  ja  die  meinung  hervorgerufen,  dasz  sie  Pe- 
tnreasche  autographa  seien,  beide  hss.  sind  vielmehr,  wie  die  bei- 
den oben  genannten  abhandlungen  wieder  übereinstimmend  be- 
bten, keine  anderen  als  diejenigen,  welche  der  Mailändische 
^^er  Pasquino  de  Capellis  für  den  Florentinischen  kanzler  Coluccio 
^Qtato  durch  schreiberhand  hat  anfertigen  lassen. 

Die  völlige  Übereinstimmung  der  beiden  abhandlungen  nicht 
nor  in  den  hanptresul taten,  sondern  auch  in  dem  ganzen  gang  der 
^Untersuchung  sowie  in  vielen  einzelheiten  wird  von  vom  herein  die 


'  Voif^t  bat  seine  am  2  juIi  1879  gelesene  abbandlnng  vor  ihrer 
Kblication  in  den  berichten  der  k.  sächs.  ges.  d.  wiss.  in  den  ersten 
^n  des  aagast  in  separatabdrücken  an  freunde  versandt;  meine  ab- 
^tndhoff  ist  am  23  angost  dem  bachhandel  übergeben,  als  mir  ein  ab- 
^k  der  Voigtseben  abh.  sn  gesicht  kam,  war  meine  schrift  schon 
'«ntndt. 


232     AViertel:  wiederaafßndang  von  Cicero«  briefen  doroh  PetniOL 

Vorstellung  erwecken ,  dasz  das  ergebnis  sich  demjenigen ,  wdcher 
das  bezügliche  material  einer  genauem  prüfimg  unterwarf,  mit 
zwingender  notwendigkeit  aufdrängen  muste.  und  so  liegt  die  saefae 
hier  in  der  that.  eine  prüfung  der  schrift  der  beiden  fraglichen  oo* 
dices ,  welche  wol  nicht  mehr  lange  auf  sich  warten  lassen  dürfte, 
wird  denn  auch  lediglich  bestätigen,  was  sich  schon  ohne  autopiie 
mit  völliger  Sicherheit  behaupten  liesz. 

Wer,  wie  der  vf .  der  nachfolgenden  Zeilen,  in  der  läge  ist,  da 
gegenständ  den  er  selbst  behandelt  hat  von  einem  andern  bearbeiM 
zu  sehen  f  wird  sich  gerade  durch  die  ab  weichungen  des  andern  n 
einer  nachprüfung  der  eignen  arbeit  angeregt  fühlen,  auf  einig« 
dieser  ab  weichungen  beabsichtige  ich  hier  näher  einzugehen;  dodi 
hebe  ich  nur  solche  heraus,  deren  erörterung  geeignet  ist  einige 
puncte  noch  klarer  zu  stellen ;  gleichzeitig  benutze  ich  die  gelegen- 
heit,  einige  ansichten,  die  ich  früher  nur  angedeutet,  weiter  aiisiii- 
führen.  zum  schlusz  will  ich  dann  noch  die  consequenzen  bespredMB, 
die  der  nunmehr  ermittelte  thatbestand  für  die  kritik  der  briete  n 
Atticus  hat. 

1.  Ich  hatte  s.  9  if.  meiner  schrift  die  merkwürdige  thatsadM 
constatiert,  dasz  sich  in  briefen  Petrarcas,  welche  vor  dem  j.  1345 
verfaszt  sind,  citate  aus  briefen  Ciceros  finden,  die  Petrarca  vor  134S 
nicht  gekannt  hat.  in  6inem  fall  liesz  sich  der  nachweis  führen,  diis 
das  citat  nicht  direct  aus  Cicero  zu  stammen  brauche,  sondern  mittel- 
bar aus  Seneca  entnommen  sein  könne;  für  den  ersten  brief^  dereitt 
längeres  citat  aus  den  briefen  an  Quintus  enthält,  ist  eine  solche 
mittelbare  Übertragung  nicht  nachweisbar,  und  es  ist  daher  eine  ea* 
dere  erklärung  zu  suchen. 

Es  bieten  sich  zunächst  deren  zwei:  man  müste  annefameDf 
1)  entweder  dasz  das  datum  der  auffindung  von  Ciceros  briefen  Vft 
1345,  oder  2)  das  der  abfassung  des  bezüglichen  briefes  Petraretf 
nach  1345  anzusetzen  sei. 

Das  datum  der  auffindung  von  Ciceros  briefen  beruht  auf  Pe^ 
trarcas  eigner  angäbe  in  dem  brief  an  Cicero,  in  dem  er  seinen fluA 
der  weit  meldet,  er  trägt  das  datum  XVI  Kai.  Quint.  anno  HU» 
der  brief  gibt,  wie  ich  s.  8  f.  nachgewiesen,  den  frischen 
der  ersten  lectüre  wieder;  die  auffindung  musz  nach  den  sonst 
Petrarca  ermittelten  daten  nicht  lange  nach  dem  25  febr.  1845 
stattgefunden  haben,  nun  findet  sich  aber  nach  einer  mitteilong  Toa 
Voigt  ao.  s.  45  in  einigen  hss.  und  drucken  als  datum  des  briefes 
die  zahl  1340  angegeben,  und  diese  Variante  sollte  nach  seiner  an« 
sieht  nicht  ganz  auszer  acht  gelassen  werden,  aber  die  nachweifllieh 
älteste  hs.,  der  Colbertinus  vom  j.  1388,  sowie  die  FlorentinisduB 
sämtlich  haben  die  zahl  1345;  Mehus,  der  die  Florentinisdien  alle 
gekannt  hat  und  in  der  angäbe  der  Varianten  sehr  genau  ist,  gibt 
nur  an,  dasz  in  dem  Wortlaut  der  Ortsangabe  sich  übrigens  für  den 
siim  ganz  unerhebliche  Verschiedenheiten  finden;  in  der  zahl  selbst 
ist  keine  Verschiedenheit,    die  hss.,  welche  das  j.  1340  bieten,  gdien 


AYieiiel:  wiederaafBndang  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarca.     233 

also  keinenfalls  anf  eine  filtere  quelle  zurück,   von  drucken  hat  mei- 
nes Wissens  zuerst  der  Baseler  vom  j.  1554  die  zahl  1340,  wahr* 
ickeinlich  auch  der  zweite  Baseler  vom  j.  1581 ,  der  ja  nur  ein  ab- 
dmck  des  erstem  ist ;  die  Lyoner  ausgäbe  der  briefe  vom  j.  1601 
bat  wieder  die  alte  zahl  1345.  die  zahl  in  der  Baseler  ausgäbe  stützt 
ficb  schwerlich  auf  eine  hsl.  lesart ;  die  ausgäbe  ist  bekanntlich  eine 
der  jSmmerlichsten ,  die  je  gedruckt  worden  sind;  ihre  lesarten  ver- 
dienen nicht  den  geringsten  glauben,     die  zahl  1340  ist  einfach 
zorückzn weisen ;  wäre  sie  richtig,  so  müste  man  die  auffindung  der 
briefe  Ciceros  in  das  j.  1339  oder  in  die  erste  httlfte  des  j.  1340 
letzen,    dies  ist  aber  unmöglich :  denn  in  diesem  jähre  ist  Petrarca 
überhaupt  gar  nicht  in  Italien  gewesen,   an  dem  datum  des  j.  1345 
ttot  sich  also  nicht  rütteln. 

Der  andere  weg  dos  eindringen  des  citates  zu  erklären  ist  der, 
hu  man  die  abfassungszeit  des  briefes  nach  1345  verlegt,  diesen 
.  fennch  einer  spätem  datierung  hat  Voigt  gemacht,  er  sagt  s.  47 : 
*die  ep.  fam.  I  1,  in  der  aus  ad  Q.  fr.  II  15,  2  ciÜert  wird,  stellt 
Fncissetti  allen  andern  briefen  Petrarcas  voran,  weil  sie  aus  Bologna 
datiert  ist,  wo  Petrarca  im  mai  1326  seine  Studien  abschlosz.  wie 
kum  er  damals  schon  Ciceros  briefe  gekannt  haben  ?  das  schreiben 
ft&t  aber  unzweifelhaft  in  einen  viel  spätem  aufenthalt  zu  Bologna : 
dum  Petrarca  deutet  darin  auch  auf  Ciceros  rede  für  Archias  hin, 
die  er  doch  erst  1333  auf  seiner  reise  in  Deutschland  fand.'  wenn 
^oigt  die  chronologische  Schwierigkeit  damit  beseitigt  glaubt,  so 
niut  er  doch  annehmen,  dasz  die  abfassungszeit  des  briefes  nach 
der  toffindung  von  Ciceros  briefen,  also  nach  1345  anzusetzen  sei. 
dies  igt  aber  ein  ding  der  Unmöglichkeit;  der  brief  musz  vor  1341 
geschrieben  sein :  denn  in  diesem  jähre  starb  Thomas  von  Messina, 
•a  den  der  brief  gerichtet  ist. 

Es  bleibt  somit  als  einzige  erklärung  für  das  eindringen  des 
ciUtes  diejenige  übrig,  welche  ich  s.  10  vorgeschlagen  und  mit  Pe- 
trarcas eignen  worten  begründet  habe ,  nemlich  die  einer  nachträg- 
^cben  Überarbeitung  seiner  briefe.  Petrarca  sagt  selbst,  dasz  er  ge- 
istlich der  herausgäbe  seines  epistolariums  zu  manchen  änderun- 
goi  des  textes  gezwungen  gewesen  sei ,  worüber  ich  auf  meine  aus- 
fllluimgen  ao.  verweise. 

Welchen  umfang  diese  nachträglichen  Veränderungen  gewonnen, 
^  lieh  natürlich  nicht  mehr  feststellen ;  jedenfalls  haben  wir  sie 
^  all  nicht  ganz  unerheblich  vorzustellen,  denn  was  hätte  es  sonst 
Ar  einen  sinn,  dasz  Petrarca  seine  freunde,  die  etwa  noch  briefe  von 
Am  aufbewahrt  hätten,  bittet  dieselben  schleunigst  fortzuwerfen, 
damit  sie  nicht  durch  die  änderung,  die  er  in  worten  und  Sachen 
Torgenommen,  gestört  würden?'  so  hätte  er  sicherlich  nicht  gesagt, 
wenn  er  nur  hin  und  wieder  ein  wort  mit  einem  andern  vertauscht 

'  prsef.   s.  so  'si  quid  homm  apad   eos  sabstiterit,  quam  primam 
tbicUnt,  ne  qaa  in  eis  rerum  aiit  yerborum  matatione  tarbeotur.' 

Hkrbachcr  für  clast.  philol.  18SU  hA.  i.  16 


234     AViertel:  wiederaufßnduDg  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarca. 

oder  irgend  eine  persönliche  mitteilang  gestrichen  hätte,  mit  einig< 
freiheit  musz  es  also  bei  der  redaction  schon  zugegangen  sein.  Übr 
gens  liegt  es  in  der  natur  der  sache,  dasz  Petrarca  derartige  ye 
änderungen  im  anfang  häufiger  vorgenommen  haben  wird  als  späte: 
hin :  denn  eine  änderung ,  resp.  Umarbeitung  früherer  arbeiten  hi 
etwas  ermüdendes,  er  gesteht  dies  selbst  in  dem  Rchluszbriefe  d< 
ganzen  samlung  XXIV  13.' 

Die  briefe  nachzuweiseti ,  an  denen  solche  verändernngen  toi 
genommen,  wird  in  den  weitaus  meisten  fällen  ganz  unmöglich  seil 
bei  dem  ersten  an  Thomas  von  Messina  gerichteten  briefe  beweist  e 
das  citat  aus  Ciceros  briefen,  und  ebenso  ist  ein  solches  citat  für  V 1 
beweisend,  auch  bei  den  vier  andern  briefen,  die  wegen  ihrer  cittti 
aus  Ciceros  briefen  hier  in  frage  kommen,  HE  18.  20.  IV  14. 15 
könnten  wir  also  unbedenklich  die  Überarbeitung  annehmen:  dem 
sie  scheinen  doch  vor  1345  verfaszt  zu  sein,  obgleich  es  Schwerin 
über  die  abfassungszeit  gewisheit  zu  bekommen. 

Einen  ähnlichen  anhält,  wie  in  den  obigen  fällen  an  den  citatn 
aus  Ciceros  briefen,  haben  wir  bei  zwei  andern  briefen  an  citaten  aoi 
Quintilian.  wir  wissen  durch  Petrarca  selbst,  dasz  er  den  Quintiliai 
in  einer  freilich  sehr  verstümmelten  gestalt  erst  1350  kennenge 
lernt  hat;  er  erhielt  das  betreffende  exemplar  von  Lapo  da  Caeti 
lionghio  zum  geschenk  und  gab  den  eindrucke  den  er  von  der  lectfln 
Quintilians  gewonnen,  durch  einen  brief  an  denselben  ausdruck,  de 
das  datum  VII  Id.  Dec.  1350  trägt,  aus  Quintilian  finden  sich  citii 
in  zwei  briefen  an  Thomas  von  Messina,  die  vor  1341  verfaszt  seil 
müssen,  nemlich  in  I  6,  wo  eine  stelle  aus  IX  2,  78 ^  und  I  7,  w* 
eine  längere  stelle  aus  X  3,  13  citiert  ist. 

Die  thatsache  der  nachträglichen  Überarbeitung  der  briefe  it 
durch  diese  beispiele  genugsam  festgestellt,  ihre  kenntnis  istfQ 
die  beurteilung  der  briefe  von  Wichtigkeit:  sie  beweist  in  hOchi 
frappanter  weise,  dasz  der  Charakter  der  Petrarcaschen  briefe  soldi 
Umarbeitungen  ohne  weiteres  vertrug. 

2«  Im  Zusammenhang  einer  ähnlichen  erörterung  hatte  ich  d 
ansieht  geäuszert,  dasz  die  Situationen  in  manchen  briefen  ledig^( 
poetische,  durch  eine  bewuste  künstlerische  absieht  gescbsibi 
fictionen  seien ,  und  hatte  daraus  gefolgert ,  dasz  auch  die  orts-  nz 
Zeitangaben  am  schlusz  der  briefe  in  solchen  fällen  nicht  der  ths 
sächlichen  Wahrheit  entsprächen ,  da  sie  sich  den  bedingnngen  d 
jedesmaligen  fiction  zu  fügen  hätten,  ich  will  diese  ansieht  an  eine 
briefe  erläutern  und  wähle  zu  diesem  behuf  einen  solchen  aos^  d 


*  'ne  semel  dicta  repeterem,  bisqne  vel  eaepius  idem  ponerem,  qn 
incipiens  proroiseram,  ad  plenum  praestare  non  potui;  voloi  quidem,  s 
multitudo  rernm  obstitlt  varietasque  ipsa  et  occupati  interim  intentiq 
aliis  animi  violenta  distractio.'  ^  das  citat  lautet:  ^diveriicala 
anfractas  suffugia  esse  infirtnitatis',  nicht  'snffragia',  wie  alle  F 
trarcaansgabeu  noch  immer  haben.  Fracassetti  hat  auch  in  sein 
übersetxong  die  stelle  falsch  wiedergegeben. 


ATiertel:  wiederauffindiuig  von  Ciceros  briefen  durch  Pebrarcit     235 

B  miserm  Uiema  eine  gewisse  beziehung  hat ;  ich  meine  den  viel- 
punnten  brief,  in  dem  Petrarca  von  seinem  Cicerodispat  in  Vieenza 
baiditety  XXiV  2.  eine  nacht,  die  Petrarca  in  Yicenza  zugebracht, 
bt  ihm  angeblich  den  stoff  zu  diesem  briefe  gegeben,  anf  der  reile 
fOB  Padoa  kam  er  gegen  Sonnenuntergang  nach  Yioenza;  als  er 
idiwtnkte,  ob  er  dort  flbemachten  oder  Weiterreisen  solle,  machte 
iir  besuch  des  adressaten  (Pulice  wird  er  genannt)  und  einiger  Ter» 
fkm  allem  zweifei  ein  ende,  und  Petrarca  blieb  die  nacht  AL  nach 
■iiigfsch  wechselnder  Unterhaltung  kam  das  gespiftch  anf  Cicero/ 
iBi  waren  seines  lobes  toII.  da  warf  Pekarca  seine  ketzerischen  an- 
Bchten  ttber  Ciceros  Charakter  in  die  debatte.  als  er  nun  alle  an- 
VMBden,  insbesondere  einen  würdigen  greis  von  dem  überraschen- 
Im dieses  urteils  betroffen  sah,  schien  es  ihm  notwendig,  die  sam- 
kag  seiner  briefe  aus  ihrem  kästchen  hervorzuholen,  die  er  in  oopien 
M  deh  führte,  und  aus  ihnen  die  beiden  briefe  an  Cicero  vorzulesen. 
m  ihaen  entzündete  sich  nunmehr  eine  heisze  debatte,  in  der  beson- 
im  jener  greis  mit  jugendlichem  feuer  für  Cicero  eintrat,  ee  folgt 
■aoiehr  eine  sehr  dramatische  darstellung  jener  Cioerodebatte,  spit 
Vit,  80  fUirt  Petrarca  fort,  erhoben  wir  uns,  und  der  streit  blieb 
matschieden.  zum  schlusz  batest  du  mich,  dir,  was  damals  die 
klne  der  zeit  nicht  gestattete,  eine  abschrift  beider  briefe  zuzusen- 
lai,  sobald  ich  mich  irgendwo  zu  längerem  aufenthaltniedeigelaraen, 
faut  du  die  sache  noch  genauer  prüfen  und  dann  als  friejensver- 
■itUsr  unter  den  parteien  oder  als  lobredner  von  Ciceros  stand« 
Uttgkeit  auftreten  könntest,  ich  übersende  dir  hiermit  die  ge- 
tünchten briefe.  zum  scblusz  versichert  Petrarca  dann  noch ,  dasz 
tt  aieht  Ciceros  staatsmännisches  wirken  angreife ,  sondern  nur  sei- 
MB  Wankelmut  in  der  freundschaft,  seine  Streitsucht  und  die  identi- 
^tisnmg  seiner  persönlichen  interessen  mit  denen  des  Staats;  über 
sUa  diese  puncto  könne  billig  nur  der  urteilen,  der  alle  briefe  Ciceros» 
^  denen  dieser  streit  seinen  ausgang  nähme,  nicht  im  fluge  durch- 
SMen. 

Der  brief  soll  also  ein  begleitschreiben  sein  bei  Übersendung 
fo  beiden  Cicerobriefe ,  von  denen  der  adressat  sich  abschriften  er- 
^^  haben  will,  der  Situation  entsprechend  hat  Petrarca  'ex  itinere 
Ul  Uo8  Maias^  daruntergeschrieben ,  als  habe  er  noch  von  der  reise 
^  den  erstem  langem  aufenthalt  benutzt,  um  den  wünsch  des 
'^loadss  zu  erfüllen. 

PHIft  man  unsem  brief  nach  den  bedingungen  der  Wirklichkeit, 
10  eigeben  sich  gleich  mancherlei  unWahrscheinlichkeiten. 

Wenn  Petrarca  sich  auf  eine  reise  die  copien  seiner  briefe  mit- 
tust, so  kann  man  sich  doch  nur  eine  solche  denken,  die  durch  ver- 
lidemng  seines  Wohnsitzes  veranlasst  war,  bei  welcher  gelegenheit 
V  denn  unter  seiner  übrigen  habe  auch  die  copien  seiner  briefe  mit 
icb  geführt  hätte,  ist  es  nun  glaublich ,  dasz  jemand  bei  gel^^- 
icit  einer  unter  jenen  umständen  geführten  Unterhaltung  kisten  und 
ofkr  oben  wird,  um  briefe  herauszusuchen,  in  denen  nichts  weiter 

16* 


236     AViertel:  Wiederauffindung  von  CiceroB  briefen  durch  Petnorcft. 

steht  als  was  der  Verfasser  derselben  alles  schon  mündlich  gesagt 
hatte  oder  eben  so  gut  sagen  konnte?   wenn  femer  dem  adreiMteii 
so  viel  an  jenen  Cicerobriefen  lag,  warmn  nahm  er  die  ■bschrift 
nicht  gleich,  so  lange  Petrarca  noch  anwesend  war?  die  arbeit  einer 
halben  stunde  hätte  ihn  in  den  besitz  der  gewünschten  sehriftstlleb 
gesetzt ,  und  es  hätte  nicht  erst  einer  unter  den  damaligen  verlillt- 
nissen  unsichem .  und  umständlichen  expedition  eines  briefpackslii 
bedurft,    schlieszlich  ist  auch  die  ganze  so  dramatische  dantelluif 
der  Cicerodebatte,  die  den  hauptinhalt  des  briefes  bildet,  ftlrdfli 
adressaten  völlig  überflüssig:  denn  er  war  ja  bei  jener  debatte  a- 
gegen. 

In  Wahrheit  haben  wir  es  hier  lediglich  mit  einer  poetisehfla 
einkleidung  zu  thun.   Petrarca  wird  in  seinem  leben  oft  genug  fibw 
Cicero  debattiert  haben  und  dabei  auf  solchen  widersprach  gestoBOi 
sein ,  wie  er  ihn  dem  begeisterten  greis  in  den  mund  legt,  die  7«r* 
schiedenen  momente  aus  solchen  erfahrungen  hat  er  nun  ra  eiiun 
gesamtbilde  verarbeitet,  welches  also  wol  poetische,  aber  nicht  ihit- 
sächliche  Wahrheit  hat.    die  bestimmnng  dieses  briefes  wird  idion 
durch  seine  Stellung  angedeutet:   er  steht  auszerhalb  der  chrono- 
logischen reihenfolge  an  der  spitze  der  briefe  an  berühmte  minnsr 
des  altertums  und  soll  auf  die  nun  folgende ,  ebenso  originelle  wie 
sonderbare  species  von  briefen  vorbereiten  *quae  lectorem  non  pn*' 
monitum  in  stuporem  ducant,  dum  tam  clara  et  tam  vetusta  noinn* 
novis  permixta  compererit',  wie  er  selbst  an  einer  stelle  dieses  brie- 
fes sagt,  die  lebendige  darstellung  der  Cicerodebatte,  die  mitteilongw 
dasz  die  Vorlesung  der  briefe  jener  debatte  neue  nahrung  gegebem 
soll  das  Interesse  an  den  nun  folgenden  briefen  steigern  und  airf 
diese  als  etwas  besonderes  von  vom  herein  aufmerksam  machen;  10 
der  schluszwendung  präcisiert  Petrarca  die  streitpuncte  und  si»ieht 
es  gegenüber  der  abföUigen  kritik,  die  bei  der  allgemeinen  CiovO- 
be wunderung  zu  erwarten  war,  sehr  nachdrücklich  aus,  dass  sem  ur- 
teil ein  sehr  wol  überlegtes  sei,  dasz  über  diese  dinge  überhaupt  nnr 
mitreden  könne,  wer  die  hauptquelle  für  die  kenntnis  von  Cieeroi 
persönlichkeit,    seine  briofe  (ein  damals  nur  wenigen  bekaantsr 
schätz) ,  gründlich  durchstudiert  habe. 

Ein  beweis  dafür,  dasz  der  brief  diese  bestimmung  hat,  ist  anck 
der  umstand,  dasz  Petrarca  diese  fiction,  als  sei  der  brief  ein  geWt' 
schreiben  für  die  beiden  abschriften  der  Cicerobriefe,  im  weiten 
verlauf  ganz  fallen  läszt.    *ich  übersende  dir'  so  heisst  es  *die  ge* 
wünschten  briefe  in  der  furcht  zu  siegen ,  mit  dem  wünsche  besiegt 
zu  werden,   aber  6ins  wisse,  wenn  du  siegst,  steht  dir  mehr  arbdt 
bevor  als  du  glaubst,  denn  zu  gleichem  kämpfe  fordert  dich  Sensei 
heraus,  den  der  nächste  brief  angreift.'   was  hat  dieser  hinweia  «of 
den  in  der  samlung  zunächst  folgenden  brief  an  Seneca  mit  dem  Tor- 
geblichen  zweck  unseres  briefes  als  geleitsohreiben  zu  thnn?    der 
adressat  hat  sich  ja  gar  nicht  den  brief  an  Seneca,   sondern  unr 
die  an  Cicero  ausgebeten,    man  sieht  also,  der  adressat  verliert 


▲Viertel:  wiederauffindung  Ton  Cicerot  briefen  durch  Petrarca.     237 

^ötilich  seine  individnalität  und  verwandelt  sich  in  den  'geneigten 
Iner*. 

Ans  dieser  bestimmung  des  briefes  ergibt  sich  auch  seine  ab- 

bisnngsseit.    er  ist  nemlich  geschrieben,  als  Petrarca  sein  episto- 

larinm  zur  herausgäbe  bearbeitete,  dh.  1359 — 1361;  bei  dieser  ge- 

kgenheit  schien  es  ihm  angemessen,  den  briefen  ad  yiios  illustres  un- 

Nn  brief  als  einleitungsepistel  vorauszuschicken,    mehrere  bemer- 

klingen  weisen  ganz  deutlich  auf  diese  zeit,   'es  befinden  sich  unter 

im  vielen  briefen,  welche  ich  an  meine  Zeitgenossen  gerichtet,  auch 

niige  wenige  an  berühmte  männer  des  altertums  .  .  von  diesen 

nid  zwei  an  Cicero  gerichtet.'   an  einer  andern  stelle  verweist  er 

den  leser  auf  den  brief  an  Seneca,  welcher  den  Cicerobriefen  zu- 

lidnt  folge,  und  gegen  das  ende  sagt  er,  dasz  er  die  briefe  ad  viros 

Qhutres  an  den  schlusz  seines  epistolariums  gesetzt  habe,   aus  die- 

Kn  Inszerungen  ergibt  sich,  dasz  Petrarca  das  zur  herausgäbe  be- 

iftimmte  material  seiner  briefe  schon  völlig  geordnet  hatte,  als  er 

naern  brief  schrieb.  ^ 

So  wenig  wie  hier  die  Unterschrift  'ex  itinere'  bedeutet,  dasz 
der  brief  auf  der  reise  geschrieben  sei,  so  wenig  beweist  also  bei  an- 
deren briefen  die  Unterschrift  eines  Ortsnamens,  dasz  der  brief  in 
dem  betreffenden  orte  auch  wirklich  geschrieben  sei.*   dasz  für  die 

*  dies«   abfaseongszeit  wird  bestätigt  auch  darcb  die  ahnlichkeit, 
Vilche  die  redactionellen  bemerkuDgen  unseres  briefes  mit  den  besüg- 
Ückea  stellen   der  beiden  andern  briefe  haben,    welche  gleichfalls  zur 
Orientierung  des   publicums   geschrieben   sind  und    ans    der    nemlichen 
zeit  itammen :  ich  meine  die  praefatio  nnd  die  schluszepistel  XXIV  18. 
■AS  vergleiche  die  folgende  stelle  unseres  briefes  'inter  multas  cnim  ad 
coeetaneos    meos    scriptae    paucae   ibi  .  .  antiquis   illustrioribus   in- 
f^ribantur,     quac     lectorem     non     praemonitnm     in    stuporem 
^BCADt'   usw.   mit   praef.   s.   25   Uemperare   mihi  non  potui,  qnominus 
*>M  (dh.   Ciceroni]    tamquam    coaetaneo    amico  .  .  scriberem.      quae 
aihi   cogitatio    principium    fuit,    ut    eidem    (dh.    Senecae)    quoque    hc 
^trroni  .  .  atque   aliis   scriberem;    e    quibus    aliquas    in    extrema 
parte  huius  operis  inserui,  quaenisi  praemonitum  lectorem 
labita  possent  admiratione  perfundere.'    wenn  er  an  einer  an- 
dero  stelle  unseres  briefes  sagt:   'quamvitf   enim  haec  (diese  briefe 
•d  «iros  illustres)    propter    dissimilitudinem    materiae    ad   ex- 
trema reiecorim,   ante  longum  tamen  tempus  excuderam%  so 
btieichnet  er  dies  XXIV  13  so:  'praeter  has  enim  ultimas  veteribus  in- 
•eriptaa  illnstribus   Wris,   qu*s  propter  similitudinem   novitatis 
<,dk.  ihnlichkeit   ihres   originellen   inhaltes)    sciens   uuum    simul    in 
loeum    contuli  .  .  cetera    paene   omuia    quo    inciderant    scripta  sunt 
ordioe.'     alles  bemerkungen  aus  der  zeit  der  redaction  der  briefe.     de 
8ade  and   nach   ihm  Fracassetti   setzen   den  brief  lediglich  wegen  der 
oatorschrift  'III  Id.  Maias.  ex  itinere'  in  das  j.  1361,  weil  Petrarca  in 
di«9«ai  jähre  von  Padua  nach  Vaucluse  zurückkehrte  und  auf  der  reise 
dahin    Vicenza   berührt   haben   könnte,     sie   haben  die  Unterschrift   'ex 
itiaere^  för   haare  münze  genommen  und  die  bemerkungen,    aus  denen 
•icli  die  abfassungszeit  ergibt,  ganz  ignoriert.         *  dies  gilt  zb.  von  der 
aaterscfarift  des  ersten  briefes  an  Thomas  von  Messina,   der  datiert  ist 
'Boaoniae  XIV  Kai.  Maias'.    anhaltspuncte  für  die  datierung  bieten  die 
Mauerungen  über  den  könig  Robert  von  Neapel,    derselbe  starb  im  jhu« 


238     AViertel:  wiederauMndung  von  Ciceros  briefen  durch 

wähl  des  Ortsnamens  bei  fictiven  briefen  nicht  willkttr  und  laox 
sondern  innere  grClnde  bestimmend  gewesen  sind,  ist  selbstvenÜLii 
lieh ;  diese  gründe  zu  erkennen  ist  schwierig  und  für  uns  oft  u 
möglich ;  wie  denn  diese  ganze  Untersuchung  ihre  besonderen  schwi 
rigkeiten  hat,  welche  durch  den  mangel  eines  kritisch  berichtigt 
textes  noch  wesentlich  erhöht  werden,  denn  so  grosse  verdiena 
sich  auch  Fracassetti  durch  seine  ausgäbe  erworben  hat,  die  tei 
kritische  seite  der  ausgäbe  entspricht  doch  keineswegs  den  anfc 
derungen,  welche  man  an  eine  solche  ausgäbe  stellen  musz.  a 
weisen  läszt  sich  diese  Untersuchung  aber  nicht,  wenn  man  über  d 
ganze  stilgattung  ein  richtiges  urteil  gewinnen  und  vor  groben  mi 
griffen  in  der  benutzung  der  briefe  gesichert  sein  will. 

3«  Die  meinung,  dasz  Petrarca  gerade  die  briefe  ad  famiüm 
gefunden  habe,  hat  bekanntlich  Flavius  Blondus  (Italia  illostni 
s.  346)  aufgebracht,  die  entstehung  dieses  irrtums  ist  von  Voij 
und  mir  übereinstimmend  erklärt  worden,  dagegen  befinde  ich  mie 
bezüglich  der  auffassung  dieser  stelle  mit  Voigt  nicht  in  übereil 
Stimmung.  Voigt  ist  es  nemlich  auffällig  gewesen ,  dasz  dem  mi 
'etsi'  eingeleiteten  satz  ein  passender  nachsatz  fehle,  und  glanbt  ao 
der  thatsache,  dasz  in  dem  Dresdener  codex  des  Blondus,  welche 
unter  leitung  von  Blondus  söhn  Girolamo  geschrieben  ist,  nach  de 
fraglichen  stelle  fast  vier  zeilen  der  hs.  in  energischer  weise  durc 
striche  unleserlich  gemacht  sind,  den  schlusz  ziehen  zu  können,  du 
in  denselben  möglicherweise  die  thatsache  der  findung  bezweiftl 
oder  über  den  verbleib  der  hs.  etwas  vom  vater  ausgesagt  sei,  wi 
der  söhn  lieber  zu  unterdrücken  wünschte,  hier  hat  Voigt  mit  ui 
recht  an  dem  nachsatz  anstosz  genommen,  der  Zusammenhang,  i 
dem  der  fragliche  satz  steht,  macht  einen  gedanken,  wie  ihndi 
nachsatz  enthält,  durchaus  notwendig.  Blondus  sagt  nemlich :  wen 
es  Petrarca  im  lateinischen  stil  nicht  zu  der  eleganz  gebracht  hi 
die  in  Blondus  zeit  erreicht  ist,  so  ist  daran  nicht  sowol  der  mang 
an  talent  als  der  mangel  an  büchern  schuld,  aus  denen  Petrarca  Ai 
hätte  bilden  können :  denn  wenngleich  er  ein  für  die  stilbildung  i 
wichtiges  werk  wie  die  briefe  ad  famil.  schon  gekannt  und  benat 


1343  io  dem  hohen  alter  von  fast  80  jähren,  or  wird  in  diesem  bfie 
als  ein  mann  erwähnt,  dessen  alter  schon  'devexa'  sei  and  der 
längst  verdient  habe  zu  einem  bessern  reioke  einsnf^ehen.  so  spricht  m\ 
nicht  von  einem  sechziger,  sondern  höchstens  von  einem  vorgesohritteB« 
siebziger,  wenn  Petrarca  dann  fortfährt:  'vereorqae  ne  mnltam  ip 
mihi  serae  poenitentiae  materiam  prolatando  quaesierim',  dh.  möglichi 
weise  stirbt  der  köni^,  ehe  ich  seine  gunst  gewonnen,  so  beweist  di< 
dasz  Petrarca  damals  mit  dem  könig  noch  in  keine  besiehangen  g 
treten  war.  diese  wurden  im  december  1839  durch  den  könig  aii| 
knüpft,  man  wird  daher  wol  nicht  irre  gehen,  wenn  man  die  abfatsiui| 
zeit  diesem  termin  möglichst  nahe  rückt,  nun  ist  Petrarca  seit  seia 
Studienzeit  bis  zum  j.  1341  überhaupt  nur  Einmal  in  Italien  gewew 
und  zwar  anfang  1337;  damals  aber  kann  er  in  Bologna  gar  nicht  g 
wesen  sein,  daraus  ergibt  sich,  dasz  die  Unterschrift  Bologna  nifl 
den  ort  beseichnen  kann,  aus  dem  der  brief  geschrieben  ist. 


AYiertel:  wiederauffindang  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarca.     239 

kat  —  er  rühmt  sich  ja  selbst  seines  fundes  —  so  hat  er  doch  so  stil- 
^Udende  bücher  wie  Ciceros  schrift  de  oratore  und  Quintilians  in- 
stitutiones  nur  in  sehr  verstümmelter  gestalt  und  den  Orator  und 
Bmtus  gar  nicht  gekannt. 

Für  den  gedanken  kommt  es  freilich  nicht  darauf  an ,  dasz  Pe- 
tnurca  die  briefe  gefunden,  sondern  dasz  er  sie  gekannt  und  be- 
BQtzt  hat-,  wenn  Blondus  nun  den  ausdruck  'reperisse'  gebraucht, 
M  liegt  darin  allerdings  ein  gewisser  mangel  an  präcision;  auch 
bitte  ein  dem  nachsatz  beigegebenes  ^tamen'  den  gedanken  klarer 
gemacht;  prttcision  und  klarheit  des  stils  sind  überhaupt  nicht  Blon- 
dm  Sache ;  er  hat  'reperisse'  augenscheinlich  gewählt,  um  Petrarcas 
Terdienst  gleichzeitig  mit  hervorzuheben,  es  liegt  demnach  gar  kein 
gnmd  vor,  aus  der  beschaffenheit  des  nachsatzes  auf  eine  Verderbnis 
der  stelle  zu  schlieszen.  die  tilgung  der  vier  zeilen  des  Dresdener 
codex  ist  wahrscheinlich  nichts  weiter  als  die  remedur  einer  nach- 
iftigkeit  des  abschreibers,  der  einige  schon  geschriebene  zeilen  irr- 
tflfflUch  noch  einmal  geschrieben  hatte;  bei  der  revision  des  teztes 
bit  Blondus  der  söhn  das  versehen  bemerkt  und  durch  ausstreichen 
M«  der  weit  zu  schaffen  gesucht,  von  den  worten,  die  Voigt  noch 
mit  einiger  Sicherheit  lesen  zu  können  gemeint  hat,  deutet  kein  ein- 
iges auf  den  inhalt ,  den  er  in  jenen  vier  zeilen  vermutet ;  sollten 
nicht  in  *magis  —  attentumque  (?)  labentia  conamen'  (?)  Blondus 
Worte  'librorum  magis  quam  ingenii  carentiam  defectumque 
<^ttlpamus'  stecken? 

Die  andere  stelle  des  Blondus,  nach  welcher  die  briete  an 
Atticas  um  die  zeit  des  Costnitzer  concils  in  Deutschland  von  einem 
ungenannten  gefunden  seien,  bat  durch  die  lesart,  welche  Voigt  aus 
^^m  Dresdener  codex  beigebracht,  ihre  herstellung  gefunden;  sie 
^tet  nemlich :  'secutaeque  sunt  incerto  nobis  datae  libertatis 
Patron 0  ticeronis  ad  Atticum  epistolae%  nicht  patronae,  dh. 
ohne  dasz  uns  der  finder  bekannt  wäre,  die  auffindung  der  briefe  in 
^gcnd  einem  moderigen  räum  eines  deutschen  klosters  wird  nach 
^m  bei  den  damaligen  Italiänern  beliebten  Sprachgebrauch  als 
«uje  befreiung  aus  dem  kerker  bezeichnet  (*ei  ergastulis  barbarorum' 
^  zb.  Poggio),  und  der  finder  wird  mit  beibehaltung  des  tropus 
<^r 'patronus  datae  libertatis'  genannt.' 

4*  Bei  der  Verehrung,  die  Petrarca  immer  genossen,  und  der 
^g^meinen  teilnähme,  welche  die  humanistischen  Studien  in  Italien 
g^fosden,  ist  es  höchst  auffallend,  dasz  man  bisher  keine  einzige 
lyncht  hat  ermitteln  können,  die  uns  von  den  Schicksalen  der 
Petrarcadchen  abscbrift  der  Atticusbriefe  einige  künde  gäbe,  dieses 
totale  schweigen  hatte  mich  auf  den  gedanken  gebracht,  dasz  diese 
^ächrift  sich  unter  den  bUchem  befunden  haben  könnte ,  die  nach 
Pf^trarcas  tode  vertragsmäszig  nach  Venedig  abgeliefert  und  dort 

*  ich  entnehme  diese  erklärung  einer  gefälligen  'mitteilnn^  von 
MHertz,  der  ohne  kenntnis  der  lesart  des  Dresdener  codex  'patrono' 
4arefa  eonjectur  gefunden  hatte. 


240     AViertel:  Wiederauffindung  von  Ciceroe  briefen  dureh 

mit  den  andern  Petrarcaschen  büchem  elend  zu  gnmde  gegangen 
sind.^  in  Petrarcas  testament  vom  j.  1370  ist  von  seiner  bibliothek 
speciell  gar  keine  rede ;  das  ist  aber  erklärlich :  denn  er  hatte  ttber- 
diese  gar  kein  verftigungsrecht  mehr,  da  er  sich  Venedig  gegenttbei^«- 
verpflichtet  hatte,  die  bücher,  die  er  zur  zeit  seiner  üb^siedelnng^ 
besasz  und  fernerhin  besitzen  würde ,  der  repnblik  zu  überlasten.  ^^ 
es  ist  aber  unzweifelhaft,  dasz  Petrarcas  Schwiegersohn  und  erl^^ 
Francesco  Brossano  sich  nicht  verpflichtet  gefühlt  hat,  die  büch^^ 
insgesamt  abzuliefern,  vermutlich  weil  Petrarca  die  als  gegenleistni^» 
von  Venedig  ausbedungenen  beneflcien  nicht  bis  an  das  ende  sei- 
nes  lebens  genossen  hat.     jedenfalls  ist  die  abschrift  d^r 
Atticusbriefe  bald  nach  Petrarcas  tode  nicht  mehr  in 
Paduagewesen.  es  gibt  einen  brief  Coluccios  an  Petrarcas  freund 
Lombarde  da  Serico,  der  in  den  letzten  jähren  in  Padua  viel  am  den 
alten  dichter  gewesen  und  von  demselben  zum  erben  eingeseilt  war 
für  den  fall,  dasz  Francesco  Brossano  vor  ihm  sterben  sollte.'*  in 
ihn  hatte  sich  Coluccio  gewandt ,  um  darüber  auskunft  zu  erbaltan, 
was  für  Ciceronische  Schriften  sich  in  Padua,  dh.  in  Petrarcas  biblio« 
thek  vorfänden,  und  hatte  ihm  einige  auftrage  auf  abschriften  erteilt«» 
Coluccio  war  mit  der  erhaltenen  auskunft  nicht  zufrieden :  'de 
ronis  voluminibus  miror,  quod  plura  non  sunt  apud  vos;  et 
maxime,  quia  ex  quadam  Petrarchae  epistola,  quae  inoipit  Gemina  ' 
mihi  Parnassus**  etc.    datur  intelligi,  longo  plures  ArpinitL 

^  vielleicht  gibt  hierüber  JPhThomasini  in  seinem  'Petrarca  Tt& 
vivus'    auskunft.     nach   einer   angäbe   bei   Blanc   'Petrarca'  in  Erfef 
und  Gräbers  allg.  encycl.  musz  sich  in  diesem  bach  ein  katalog  d»- 
Petrarcaschen  bücher,  die  nach  Venedig  gekommen  sind,  befinden.  >^^^^ 
selbst  habe  es   leider  nicht  auftreiben  können.        *  'cnpit  Franciiett-^^^ 
Beatum  Marcnm  Evangelistam  heredem  habere  nescio  quot  liballonii 
qnos  nunc  habet  vel   est  forsitan  habiturus'  heiszt  es  in  seiner  of 
an  den  rath  von  Venedig:  s.  Fracassetti  'lettere  di  Petrarca'  V  s.  878. 
^^  dieser  brief  ist  aus  einem  codex  der  Gaddiana,  wie  es  seheint  nick 
ganz  vollständig,  von  Bandini  catal.  III  s.  667  mitgeteilt,    er  ist  datier 
13  juni,  ich  vermute  1876.    ich  begründe  diese  Vermutung  mitderver 
nunft  der  dinge,    wenn  Coluccio  nach  Petrarcas  tode  büoher  ans 
bibliothek  haben  wollte,  so  muste  er  sich  schnell  hinwenden,  ehe  sie 
alle  winde  zerstreut  wurden,    auch  lassen  die  anfangsworte  'nanqi 
litteras  tuas  video,  quin  .  .  subeat  illiusce  divini  viri,  Petrarchae  vidi 
licet    nostri,    lacrjmosi   desiderii   plena  recordatio*    den  noch   frischet 
schmerz  um  Petrarcas  tod  durchklingen.        '■  Coluccio  hat  sich  in  de 
briefe  geirrt,     der  brief  'Geminus  mihi  Parnassns*,  welcher  unter  di 
briefen  sine  titulo  s.  614  der  ed.  Lugdunensis  von  1601  steht,   entUUl 
nichts  bezügliches.    Coluccio  hat  den  brief  'More  meo  nuper  in  Helieon»^ 
transalpinum'    gemeint,    der   unter  den    familiären    briefen  XII  7    der' 
Fracassettischcn  ausgäbe  steht,     in  ihm  schildert  Petrarca  dem  Lapo» 
wie  er  sich  an  den  quellen  der  Sorgue  mit  der  lectüre   von  Cicero^ 
Schriften   di  vertiert;    er  nennt   nicht  die   titel  der  einzelnen  schriftea, 
sondern   er  läszt  die  pcrsonen,  denen  sie  zugeeignet  sind,  oder  die  Lk 
den  dialogen  die  rolle  von  intcriocutoren  haben,  in  Ciceros  bcglaitan^ 
sein:  dem  Cicero,  heiszt  es,  schien  es  bei  mir  zu  gefallen;  er  war  be* 
gleitet  von  unzähligen  berühmten  und  ausgezeichneten  männera.   natar 
diesen   nennt  er  gleich  zuerst  Brutus  und  Atticus,   späterhin  wird  in 


il:  wiedenuiffindiiiig  tob  Cicerot  briefen  durch  Peinuroa.    841 

nd  enm  fiiisae/  er  erbittet  sich  dann  die  abechriften  einiger 
icher  Schriften ,  die  er  entweder  gar  nicht  oder  nur  nnyoU- 
besasz.  anter  diesen  erbetenen  abschriften  befinden  sich  die 
icht.  wenn  man  weisz,  mit  welcher  leidenschaft  Colncoio 
1  die  erwerbung  der  briefe  betrieb,  als  sich  ihm  die  aussieht 
»Iben  zn  bekommen  ^  so  mosz  man  annehmen  dass  er  von 
lo  benachrichtigt  war,  dasz  die  briefe  nicht  mehr  in  Padoa 
1  waren.  **  ebenso  wenig  ist  hier  von  excerpten  der  Cioero- 
briefe die  rede ,  die  Coluccio  aus  Petrarcas  naohlass  konnte 
haben,  dasz  dies  geschehen,  nahm  ich  s.  24  m.  abh.  an,  in- 
Coluccios  werte  in  dem  ersten  brief  von  Pasqnino  'ezoerpta 
e'  auf  ein  solches  heft  mit  excerpten  deutete,  ich  gebe  Voigts 
,  der  unter  'excerpta'  die  citate  aus  Ciceros  briefen  in  Pe- 
«hriften  versteht ,  den  vorzug. 

will  hierbei  noch  mit  ein  paar  worten  auf  die  frage  zurtlck- 
,  ob  Petrarca  sich  die  Veroneser  hs.  ganz  oder  nur  teilweise 
leben,  ich  habe  s.  21  m.  abh.  mich  für  die  Yollstftndigkeit 
hrifi  erklart.  Voigt  hält  es  s.  57  nicht  für  unmöglich,  dasz 
.  nur  eine  ausgewählte  anzabl  von  briefen,  und  zwar  60, 
babe,  und  dasz  eine  solche  von  Petrarca  ausgewfthlte  zahl 
briefen  es  gewesen,  die  Coluccio  Ton  Broaspini  aus  Verona 
und  zugesandt  erbalten  habe,  indes  die  zweifei  an  der  voll- 
:eit  der  abscbrift  Petrarcas  scheinen  mir  ungagrttndet.  einer 
innahme  widersprechen  nicht  nur  ftuszerungen  Petrarcas,  in 
'  seine  abschnft  *liber  magnus'  ep.  fam.  XVIU  8  und  'liber 
ebd.  XXI  10  nennt,  sondern  auch  die  art  der  citate.  be- 
man  nemlich,  wie  Petrarca  zb.  alle  äuszerungen  Ciceros  über 
s  aus  buch  VII  und  VIII  der  briefe  an  Atticus,  über  die  ein- 
auä  XII,  über  Pompejus  herschsucht  und  seine  eignen 
sich  Pompejus  anzu^cblieszen  aus  VIII  bis  X,  über  Caesars 
liebe  slu^  dessen  eignen  briefen,  die  als  beilagen  in  IX  und  X 
zusammengetragen  hat,  so  bleibt  gar  keine  andere  annähme 
,  als  dasz  ihm  die  ganze  masse  der  briefe  vorgelegen  habe, 
er  sieb  das  für  den  jedesmaligen  zweck  notwendige  heraus- 
wie  sich  ein  mann  wie  Petrarca,  wenn  er  den  lange  ge- 
schätz  von  Ciceros  briefen  endlich  gefunden,  gerade  solche 
ir  copierung  hätte  aussuchen  kOnnen  wie  diejenigen,  in  denen 
stellen  über  Labienus  und  die  einsamkeit  befinden,  wäre 
inbegreiflich.  diese  kOnnen  in  der  that  nur  ad  hoc  aus  der 
masse  ausgesucht  sein. 
Ueber  die  erwerbung  der  beiden  gruppen  der  Ciceronischen 

ödem  zusammeobang  auch  Qoinios  erwähnt,    der  brief  ist  aus 

352. 

s  ist  nicht  unmöglich,    dasz  man   aas  einigen  andern  briefen 

•  an  Lombardo,  insbesondere  aus  dem  16n  des  cod.  41  plnt.  90 

idiana  bei  Bandini   III  s.  564  noch  nähere  aufkUrung  erhält. 

nd  diese  briefe  bis  jetxt  noch  angedrackt 


242     AViertel:  wiederaut&idajig  von  Ciceros  briefen  durch  PtefenEOiL 

briefsamlungen  seitens  Coluccios  sind  wir  imterrichtet  durch  einige 
briefe,  die  er  mit  Pasquino,  dem  Mailändischen  kanzler,  und  dim 
dichter  und  humanisten  Antonio  Loschi ,  welcher  in  diesem  handd 
die  rolle  des  Vermittlers  gespielt,  in  den  jähren  1389  bis  1892  ge- 
wechselt hat.  mir  waren  nur  die  an  Pasquino  gerichteten  bekannt, 
welche  Haupt  und  Hortis  publiciert  haben;  dieselben  sind  an  sich 
schon  vollkommen  hinreichend,  das  ganze  sachverhftltnis  auftuklftren; 
Voigt  hat  noch  zwei  andere  an  Loschi  gerichtete  mitbenntzt,  welche 
Schio  Wita  di  Antonio  Loschi*  (Padua  1858)  nach  einem  codex  der 
Ambrosiana  bekannt  gemacht  hat "  auf  grund  dieser  briefe  hat 
Voigt  die  allmähliche  erwerbung  der  beiden  Cicero-hss.  sehr  inter- 
essant dargelegt,  indes  ist  seine  darstellnng  doch  nicht  gans  genau 
den  thatsachen  entsprechend,  weil  er  in  folge  irrtümlicher  datienin- 
gen  auf  die  erwerbung  der  ersten  hs.  bezieht,  was  auf  die  swei  bii 
drei  jähr  später  erfolgte  erwerbung  der  andern  hs.  bezogen  werden 
musz.  sämtliche  briefe  sind  ohne  jahresdaten.  Voigt  setst  vier  von 
den  briefen  in  das  j.  1390  und  bestimmt  ihre  reihenfolge  also: 

1)  'Ibimusne  vir  insignis'   4  juli   1390   bei  Hortis   im  anhang; 
s.  42  meiner  schrift. 

2)  'Gaudeo  dilectissime  fili'  21  juli  1390  bei  Schio  s.  155 

3)  *Nescio  vir  insignis'  24  sept.  1390  bei  Haupt  op.  IE  p.  llS«* 
s.  39  meiner  schrift 

4)  Antequam  ad  illa'  29  sept.  1390  bei  Schio  s.  157 

5)  Tlusquam  sextum'  16  juli  1392  bei  Hortis  im  anhang;  s.  43 
meiner  schrift. 

nach  meiner  ansieht  ist  die  Zeitfolge  der  briefe  eine  andere. 

Der  früheste  brief  ist  der  an  Pasquino:  'Nescio  vir  insignis*; 
er  ist  datiert  24  sept.  auf  das  jähr  der  abfassung  weist  die  Stella 
hin,  wo  er  von  seinem  ^ardenti  mentis  habitu'  spricht  'quem  ism 
sexaginta  annis  tum  ingenitum  tum  excultum  confirmavi.'  da 
Coluccio  1330  geboren  ist,  so  wtlrde  sich  demnach  das  j.  1390  er- 
geben, nun  aber  war  im  sept.  1390  schon  voller  kriegszustand 
zwischen  Florenz  und  Mailand'^;  zur  zeit  aber,  wo  dieser  brief  ge- 
schrieben wurde,  war  der  kriegszustand  noch  nicht  eingetreten ;  beide 
mächte  beschickten  sich,  wie  aus  dem  nachwort  erhellt,  noch  gegen- 
seitig durch  gesandtschaften ,  von  denen  sich  Coluccio  den  besten 
erfolg  verspricht,  daraus  ergibt  sich  dasz  der  brief  schon  1389 
geschrieben  ist,  Coluccio  mithin  erst  im  60n  lebensjahre  stand,  es 
noch  nicht  vollendet  hatte.     5  tage  später,  den  29  sept«,  ist  der 


'*  übrigeos  findet  sich  der  brief  an  Loschi  'Oaudeo  dilectissimt 
fili\  sowie  der  eine  von  Hortis  veröffentlichte  brief  'Plasqaam  •aztnm' 
auch  noch  in  einem  codex  der  Gaddiana,  wie  ans  Bandini  III  t.  670 
erhellt.  ^*  die  kriegserklärung  Galeazzos  ist  datiert  vom  25  april 
1390,  das  von  Coluccio  gezeichnete  gegen  manifest  der  Florentiner  vom 
2  mai  1390;  im  letzten  drittel  des  mai  sind  dann  die  feindseligkaitaii 
eröffnet:  s.  die  annales  Mediolanenses  bei  Mnratori  Script,  rer.  Ital. 
XVI  8.  816. 


▲VkrM:  wiedenunffindaiig  von  Cicero«  briefen  daroh  Petraroa.     243 

Mef  an  Losdii  *Aiiieqaam  ad  illa'  geachrieben;  es  wird  in  ihm  auf 

dm  Torigen  benig  genommen;  er  gehOrt  ako  aach  in  das  j.  1389. 

Mimebr  folgt  der  brief  an  Pasquino :  'Ibimnsne  vir  insignis',  datiert 

im  4  jnli.  ids  Coluccio  ihn  schrieb,  hatte  der  krieg  schon  Iftngere 

wü  gedaaert    wie  könnte  Colnccio  sagen  'wollen  wir  denn  ewig 

Mkweigen?'  wenn  die  correspondens  nicht  einmal  zwei  monate  ge- 

nbt  hatte,  wie  man  bei  Voigts  datiemng  annehmen  müste.   aoszer- 

ten  fernchert  Colnccio ,  dass  er  des  Paaqnino  immer  gedacht  habe, 

dl  dis  kriegsfeaer  noch  heftiger  brannte  ('qnando  magis  ardebat 

UDarn'),  und  ftoszert  gegen  den  schloss  die  bitte,  bei  (äileasto  da- 

km n  wirken  dass,  falls  noch  einige  bitterkeit  vom  kriege  in  den 

iMcm  Eurttekgeblieben  wäre,  diese  sich  mildem  möge,   dies  alles 

gütettet  nicht  den  brief,  wie  Voigt  will,  in  den  anfang  des  krieges 

n  letsen,  sondern  nötigt  eine  Iftngere  dauer  des  krieges  voransia* 

fKhuL   er  gehört  also  in  das  j.  1391.  mit  den  Ciceronischen  brie- 

Ibb,  die  Colnccio  hier  erwfthnt,  können  daher  nur  die  der  Veroneser 

h.  gimeint  sein,   übrigens  sÄgt  Colnccio  ausdrücklich,  dasz  er  mit 

di686m  briefo  die  durch  den  krieg  unterbrochene  correspondenz 

wieder  an&ehme,  ein  neuer  beweis  dasz  der  erste  brief:  ^Nesoio  vir 

iitignis'  nicht  wfthrend  des  krieges,  also  nicht  1390  geschrieben 

MS  kann. 

Der  nftchste  brief  ist  der  an  Pasquino  Tlusquam  sextom', 
^stiert  den  16  juli.  er  ist  nach  dem  frieden,  der  im  januar  1392  zu 
Ocana  geschlossen  war,  geschrieben.  Pasquino  hatte  noch  immer 
^kti  Ton  sich  hören  lassen.  Colnccio  bittet  ihn  nichts  weiter  als 
^i«  twei  werte  Waleo  vale'  zu  schreiben,  auf  dieses  Waleo  yale' 
1^  Coluccio  in  dem  briefe  an  Loschi  'Oaudeo  dilectissime  fili', 
<^tiert  den  21  jali,  deutlich  bezug.  er  teilt  ihm  mit  dasz  er  nicht 
BOT  abermals  an  Pasquino  geschrieben ,  sondern  dasz  er  ihm  sogar 
luyerbis  epistolae  formulam'  gegeben  habe:  ^sufficit  enim  si  scrip- 
i^t:  valeo  vale.'  wenn  Coluccio  in  dem  vorigen  briefe  vom  16  juli 
^  gesandten  spricht  *qui  istuc  veniunt',  in  unserm  vom  21  juli  von 
^^ttndten  'qui  istic  sunt',  so  geht  daraus  hervor,  dasz  die  gesandten 
tt  der  Zwischenzeit  in  Mailand  angekommen  waren,  eine  solche 
^Wentinische  gesandtschaft  im  juli  1392  wird  auch  durch  die  Mai- 
l'&diichen  annalen  bei  Muratori  ao.  s.  820  bestätigt,  es  handelt  sich 
^  QBserm  briefe  demgemftsz  auch  um  die  briefe  des  Veroneser  codex. 

6.  Für  die  kritik  der  briefe  an  Atticus  ergeben  sich  aus 
«em  snnmehr  ermittelten  thatbestande  einige  consequenzen,  welche 
'^'^knre  ansichten,  die  bisher  in  geltung  gewesen  sind,  nicht  un- 
wesentlich modificieren. 

Vor  allem  ist  die  annähme  nicht  mehr  haltbar,  dasz  die  über- 
^''^«nuig  dieser  briefe  auf  italiftnischem  boden  lediglich  auf  dem 
Kediceus  oder  seinem  urvater ,  dem  von  Petrarca  gefundenen  Vero- 
••«»«I,  beruhe. 

Es  gab  neben  dem  Veroneser  archetjpus  noch  eine  zweite  hs. 
^nemlichen  briefe,  auf  welche  Bartolommeo  Capra  den  Leonardo 


244     AViertel :  wiederauffinduDg  von  Giceros  briefen  durch  Petnick 

Bruni  in  Pistoja  aufmerksam  machte.  *^  sie  enthielt  ausser  den  brie- 
fen an  Brutus  und  Quintus  nur  7  bUcher  der  briefe  an  Attieos. 
Bruni  schreibt  über  sie  unter  dem  1  novbr.  1409  an  Niooolo  Nicooli 
nach  Florenz,  es  sei  dies  zwar  weniger  als  er  gewünscht ,  aber« 
würde  sich  doch  wol  einiger  gewinn  für  die  verbesserong  ihrer  teite 
ziehen  lassen,   aus  dem  kleinem  umfang  dieses  ^volumen  antiqaisn- 
mum  sane  ac  venerandum'  —  es  waren  ja  nur  7  bücher  —  scbloner 
dasz  die  bisherigen  texte  aus  diesem  codex  nicht  künnten  abgeeehrie* 
ben  sein.    Hofmann  meint  nun ,  gestützt  auf  Mommsens  annihme^ 
nach  welcher  der  Mediceus  bis  in  das  7e  buch  der  Atticnabriefo 
von  Petrarca  geschrieben  sei,  folgern  zu  können,  dasz  PetnrcM 
archetypus  nicht  im  ganzen ,  sondern  in  einzelnen  stücken  gefondea 
sei ,  und  dasz  der  neue  codex  des  Capra  wahrscheinlich  eines  jeMr 
stücke  des  archetypus  vom  Mediceus  gewesen,  und  schlieszt  dana 
weiter,  da  Coluccio  sein  exemplar  (den  Mediceus),  ^ie  aus  den  tat' 
recturen  am   rande  ersichtlich,  nach  dem  archetypus  bereitB  Ter^ 
bessert,  so  würde  LBruni,  der  nach  Colucdos  tode  in  den  benta 
des  Mediceus  gekommen,  wol  kaum  noch  viel  ausbeute  zur  correctar 
gefunden  haben,    da  aber  die  annähme  von  dem  Petrarcaschen  Ur- 
sprung dieses  teiles  des  Mediceus  nunmehr  hinllLllig  ist  (s.  s.  20^23 
meiner  schrift) ,  so  fallen  mit  ihr  auch  sämtliche  folgerungen  dio 
Hofmann  aus  ihr  gezogen,   beide  Codices,  der  Veroneser  archetjpa^ 
wie  der  Pistojeser  des  Capra,  sind  keineswegs  identisch,  sondertf^ 
durchaus  verschiedene  hss.   nach  den  obigen  äuszerungen  Bnmis  ip' 
anzunehmen,  dasz  er  selbst  den  Pistojeser  codex  zur  oorrecturdi 
Mediceus  benutzt  haben  wird,    demgemäsz  werden  anter  den  oor" 
recturen,  welche  sich  am  rande  des  Mediceus  in  masse  finden, 
solche  enthalten  sein,  welche  diesem  codex  entstammen,    nun  be- 
finden sich  unter  diesen  correcturen  solche  die  mit  oi,  dh.  nach 
gewöhnlichen,  gewis  richtigen  deutung  alias ^  bezeichnet  sind,  ihi 
zahl  ist,  wie  Hofmann  ao.  s.  23  mitteilt,  klein,  noch  nicht  ganz  40^ 
und  nach  dem  8n  buch  hören  sie  ganz  auf.   es  wird  also,  fBhrt 
fort,  die  hs.  der  sie  entnommen  sind  unvollständig  gewesen  sein. 
vermutet  dann,  dasz  diese  mit  al  bezeichneten  lesurten  jenen  60  brie — 
fen,  die  Coluccio  schon  früher  besessen  '*,  und  den  excerpten  Petrazcia-^ 
entnommen  seien,    diese  stammten  aber  beide  auch  aus  dem  Vero- 
neser codex  und  konnten  also  nichts  erheblich  neues  bieten. "  fiel 
näher  liegt  es  anzunehmen,  dasz  diese  lesarten  aus  dem  Pistctjeser"' 
codex  Capras  stammen,    zwar  hat  Bruni  nur  7  bücher  der  Atticas* 
briefe  in  ihm  bemerkt ,  die  mit  al  bezeichneten  lesarten  hören  aber 

'^  8.  Leonard!  Arretini  epistolae  ed.  Mehas  I  e.  89,  FHofmann 
'der  krit.  apparat  za  Ciceros  briefen  an  Attieas'  (Berlin  1863}  s.  06  und 
besonders  s.  60,  Voigt  ao.  s.  63.  >*  s.  Hofmann  s.  4.  "  wenn  diese 
lesarten  auch  aas  den  excerpten  Petrarcas,  db.  den  citaten  aus  Ciceros 
briefen  in  Petrarcas  Schriften  entnommen  wären,  so  würden  sie  nichts 
mit  dem  8n  buch  aufboren:  denn  die  mebrsabl  der  längeren  eitate 
stammt  aas  dem  9n  bacb,  einige  anch  ans  dem  lOn.  s.  die  ttbersiehi.- 
derselben  s.  36  ff.  meiner  scbrift. 


flViertel:  wiederanfßndung  von  Ciceros  briefen  durch  Petrarca.     245 

it  nach  dem  8d  buch  auf;  indes  braucht  uns  dieser  umstand  an 
iserer  annähme  nicht  irre  zu  machen,  denn  Bruni  hat,  wie  aus 
iner  erz&hlung  hervorgeht,  bei  seiner  ersten  besichtigung  den  fund 
ir  oberflächlich  gemustert;  da  er  also  schwerlich  blatt  für  blatt 
Dge wendet  haben  wird,  so  kann  es  wol  sein,  dasz  er  dafijenige  blatt 
erschlagen  hat,  welches  die  Qberschrift  vom  8n  buche  trug,  aus 
MD  inhalt  der  letzten  blStter  mochte  er  wol  nicht  ersehen ,  dasz  sie 
em  8n  buch  angehörten:  denn  er  war  mit  den  briefen  an  Atticus 
odi  nicht  vertraut,  wie  aus  seiner  bemerkung  hervorgeht,  dasz 
ie  briefe  an  Atticus  seines  Wissens  (^opinor')  14  bQcher  umfaszten. 

Ist  diese  deutung  des  Zeichens  al  richtig,  so  ergibt  sich  daraus, 
181  diese  correcturen  nicht  von  Coluccio^  sondern  von  Bruni  her- 
Uuren.  der  umstand ,  dasz  correcturen  von  Brunis  band  nicht  er- 
Khnt  werden,  ist  kein  beweis  dasz  sie  nicht  wirklich  im  Mediceus 
ithalten  sind. 

Ich  kann  überhaupt  nicht  leugnen,  dasz  mir  die  autorschaft  der 
adbemerkungen  im  Mediceus,  wie  sie  Hofmann  annimt,  doch  nicht 
uiz  ausgemacht  scheint,  unter  diesen  randbemerkungen  sind  die 
ichtigsten  diejenigen,  welche  Hofmann  als  correcturen  von  manus  2, 
t.  von  Coluccio,  bezeichnet,  sie  sind  so  zahlreich  und  so  glänzend, 
«  selbst  der  genialste  und  gelehrteste  philolog  sie  nicht  zu  machen 
1  stände  gewesen  wäre,  er  behauptet  daher  gewis  mit  vollem  recht, 
sz  sie  nach  dem  archetypus  gemacht  seien,  demgemäsz  musz  er 
nehmen,  dasz  der  Veroneser  archetypus  nach  Florenz  gebracht 
i,  wo  ihn  Coluccio  zur  correctur  benutzt  habe,  denn  dasz  Coluccio 
n  Pasquino  nicht  um  eine  neue  correctere  abschrift  gebeten  haben 
nn,  nachdem  er  von  demselben  eben  erst  die  kostbare  abschrift 
m  geschenk  erhalten,  bedarf  keines  beweises.  indes  ist  die  an- 
hme  einer  Überführung  des  Veroneser  archetypus  nach  Florenz 
ch  nicht  unbedenklich:  denn  sie  ist  durch  nichts  bewiesen;  ich 
Ute  meinen,  wenn  eine  solche  wirklich  erfolgt  wäre,  so  hätte  sich 
r  codex  in  der  für  derartige  Studien  begeisterten  stadt  erhalten, 
rade  wie  sich  der  Vercellensis  erhalten  hat,  und  wäre  nicht  gänz- 
b  verschollen,  es  wäre  also  wol  die  frage  aufzuwerfen,  falls  nicht 
i  Schrift  die  autorschaft  Coluccios  auszer  zweifei  stellt,  ob  die  cor- 
^tnren  von  manus  2  nicht  vielleicht  von  Antonio  Loschi  herrühren. 
Icher,  wie  wir  jetzt  durch  Voigt  wissen ,  im  auftrag  Pasquinos 
i  copierung  des  Veronensis  betrieben  und  beaufsichtigt  hat;  es 
izt  sich  doch  annehmen,  dasz  dieser,  als  ein  sachkundiger  mann, 
)  abschrift  vor  ihrer  absendung  an  Coluccio  einer  genauen  cor- 
rtnr  nach  dem  archetypus  wird  unterworfen  haben. 

Voigts  Vermutung,  dasz  aus  dem  codex  Capras  die  lücke  ergänzt 
,  welche  sich  im  Mediceus  im  ersten  buch  der  Atticusbriefe  findet 
{  fehlt  fast  der  ganze  18e  und  der  19e  brief  bis  auf  die  letzte  zeile), 
fft  gewis  das  richtige,  dagegen  ist  seine  annähme,  dasz  das  als 
eites  bezeichnete  buch  der  briefe  an  Brutus  vielleicht  diesem  codex 
tstamme  und  von  Bruni  bei  der  ersten  schnellen  prüfung  über- 


246     AViertel :  Wiederauffindung  von  CiceroB  briefen  durcb  Petararca. 

sehen  sei,  unmöglich,  die  briefe  des  jetzigen  zweiten  bucbs  gebOn 
der  abfassungszeit  nach  vor  die  des  jetzigen  ersten  und  haben,  wei 
sie  mit  dem  ersten  zusammen  in  Einern  codex  gestanden  haben,  jedei 
falls  vor  demselben  gestanden,  denn  wie  wir  durch  EFHermann 
wissen ,  gehörte  das  jetzige  zweite  buch  zum  achten ,  und  das  enr 
bildete  das  neunte  buch  der  ursprünglichen  samlung.  Bruni  kenn 
das  zweite  buch  also,  wenn  es  in  dem  codex  mitenthalten  war,  nid 
übersehen,  weil  es  den  anfang  hätte  bilden  müssen,  diese  briefe  d 
zweiten  buches  sind  in  Deutschland  gefunden  und  erst  durch  die  au 
gäbe  Cratanders  (Basel  1528)  in  Italien  bekannt  geworden.  Victorl 
bezeugt  dies  ausdrücklich,  er  sagt  in  den  anmerkungen  zu  diea' 
briefen:  'sex  has  epistolas,  ut  a  Germanis  accepimus  (qui  se 
vetusto  codice  eas  reperisse  testati  sunt),  ita  damus.'  die  falsc 
numerierung  als  zweites  buch  ist  erst  von  Schütz  aufgebracht. 

Der  Mediceus  ist  bekanntlich  auch  am  schlusz  unvollstftnci: 
er  hört  bei  den  werten  non  serventur  magnqm  XVI 16  beilage  B  m 
und  enthält  die  vier  weiteren  beilagen  C  D  E  F  nicht  mehr,  wol 
stammt  der  schlusz?  etwa  aus  dem  Veroneser  archetypus?  wS 
dies  der  fall ,  so  müste  man  annehmen  dasz  Coluccio  seine  abschr 
ohne  die  lücke  bekommen,  durch  einen  unglücklichen  zufall  aber  < 
letzten  blätter  verloren  hätte,  diese  annähme  ist  indes  ganz  unstal 
haft ;  es  ist  ausdrücklich  bezeugt  dasz  Coluccio  seinen  besitzverma 
'Hie  liber  est  Coluccii  Pyeri  de  Stignano'  gleich  unter  die  letzt« 
werte  der  abschrift  gesetzt  hat;  er  hätte  dies  doch  sicherlich  niol 
gethan ,  wenn  er  die  aussieht  gehabt  hätte  die  letzten  blätter  no< 
erhalten  zu  können,  dasz  es  für  ihn  aber  ein  leichtes  war  den  schlai 
zu  bekommen,  wenn  derselbe  im  Veroneser  codex  überhaupt  vo: 
banden  war,  bedarf  keines  beweises.  der  Veroneser  codex  war  all 
selbst  schon  am  schlusz  verstümmelt,  und  die  ergänzung,  welche  8i( 
zb.  in  den  editiones  principes  von  1470  findet,  musz  also  aus  ein 
andern  quelle  stammen. "  Hofmann  nimt  als  quelle  einen  codex  a 
der  von  Poggio  aus  Costnitz  nach  Italien  gebracht  sei  und  zw 
nicht  sämtliche  briefe  an  Atticus ,  aber  doch  den  schlusz  enthalt 
habe,  in  dieser  begrenzung  will  er  die  irrtümliche  nachricht  d 
Blondus  von  der  auffindung  der  Atticusbriefe  bei  gelegenheit  d 
Costnitzer  concils  gelten  lassen  und  combiniert  damit  eine  notix  d 
VespasianOy  der  diese  nachricht  des  Blondus  wiederholt  und  d< 
fund  mit  dem  namen  des  Poggio  in  Verbindung  bringt,  aber  Pogg 
selbst,  der  in  auspreisung  seiner  entdeckimgen  wahrlich  nicht  bl0 
ist,  erwähnt  eines  derartigen  fundes  mit  keiner  silbe.  Hofmanns  a 
nähme  ist  also  unmöglich ;  man  musz  vielmehr  mit  Voigt  die  exisie 
eines  dritten  codex  annehmen,  aus  dem  nicht  nur  der  fehlende  sehk 


"  'zur  recht fertigong  der  echtheit  des  briefwechsels  iwiBchen  Cioc 
und  M.  Bratas',  le  abt.  (Qöttingen  1846)  «.  16.  <•   ob  die  aadi 

Florentinischen  hsf. ,  welche  doch  wol  nach  dem  codex  Colaeeioi  | 
macht  sind,  den  schloss  der  Atticusbriefe  haben,  kann  ich  ana  Baodi 
nicht  ersehen. 


EGlaser:  zu  Vergilius  zweiter  ecloge.  247 

der  AtticQsbriefe,  sondern  gewis  auch  manche  abweichungen  italiä- 
Biseber  bss.  vom  Mediceus  stammen. 

Man  sieht,  auf  wie  schwankendem  gründe  sich  die  kritik  der 
Atticosbriefe  noch  immer  bewegt,  mehr  Festigkeit  würde  er  ge- 
winnen ,  wenn  wir  das  Verhältnis  der  andern  Florentinischen  hss. 
dieser  briefe  (der  codd.  XIX — XXIY  des  plut.  XLIX,  insbesondere 
des  cod.  XXIV,  der  von  Poggios  band  geschrieben  ist)  zum  Mediceus 
ftbersehen  könnten,  aber  es  fehlen  von  diesen  leider  immer  noch  die 
so  notwendigen  collationen.  mancher  zweifei  würde  auch  beseitigt 
werden,  wenn  wir  die  umfangreiche  correspondenz  Ck)luccio8  in 
einer  vollständigen  geordneten  samlung  vor  uns  hätten,  möchte 
der  wünsch  Voigts  bei  den  Italiänem  gewicht  genug  haben ,  um 
endlich  eine  solche  samlung  ins  leben  zu  rufen ! 

KöRiQSBERQ.  Anton  Viertel. 

as. 

zu  VERGILIUS  ZWEITER  ECLOGE. 


Die  folgenden  zeilen  sollen  zur  ergänzung  meines  in  Gera  1878 
gebltenen  Vortrags  ttber  'ecloge  II IV  und  X'  dienen. 

Dasz  Vergilius  mit  der  zweiten  ecloge  weder  eine  einfache  Theo- 
^tstndie  noch  auch  ein  wirklich  tief  und  ernst  gemeintes  liebes- 
gedieht  beabsichtigte,  wird  mir  unzweifelhaft  durch  Propertius  III 
32,  wo  dieser  dichter,  nachdem  er  von  v.  59  ff.  an  in  den  Worten 
tne  luvet  hesternis  posUum  languere  caroUis^ 
quem  tetigit  iactu  certus  ad  ossa  deus  usw. 
sein  tiefgehendes  wirkliches  liebesleid  geschildert  hat,  als  gegensatz 
den  Vergilius  nennt,  von  dem  er  sagt: 

tu  canis  umbrosi  subter  pineta  Gäkiesi 

Thyrsin  et  attritis  Daphnin  harundinibus , 
utque  decem  possint  carrumpere  mala  pueüas. 
^d  ntchher  von  v.  73  an 

felix  intactum  Corydon  qui  temptat  Akxin 
agricolae  domini  carpere  delicias. 
venn  Propertius,  der  den  Verhältnissen  doch  nahe  stand  und  richtig 
urteilen  konnte,  von  einem  intactus  Alexis  redet  und  dabei  den  Ver- 
SJUus  doch  felix  nennt,  so  musz  klar  sein,  dasz  er  jene  Corydon-idjlle 
Qidrt  &ls  den  ausdruck  einer  factischen  unglücklichen  liebe  des  Verg. 
'I*  jenem  knaben  auffaszte,  sondern  als  eine  heitere  fiction,  wie  ich 
^«  aof  der  33n  philologenversamlung  nachzuweisen  bestrebt  war. 
^ch  spricht  die  stelle  des  Apulejus  apol.  10  zu  meinen  gunsten» 
^^Icbe  sa^t  dasz  Verg.  den  Alexis  pseudonjm  in  einem  bucolico 
^^^dicro  gefeiert  habe,  dieses  ludicro  an  jener  stelle  scheint  mir  bis- 
^^^  zu  wenig  beachtet  worden  zu  sein,  übrigens  schlieszt  die  stelle 
^  Apulejus  auch  die  annähme  einer  in  ecl.  2  vorliegenden  puren 
^boUtadie'  oder  besser  gesagt  ^Theokritstudie'  ganz  entschieden  aus. 
GiEszEN.  Emil  Glaser. 


248  JAmoldt:  zu  Vellejui  [U  4^,  1]. 

34. 

ZU  VELLEJÜS. 


II  49,  1  (bei  Haase  und  Halm  48,  6)  nunc  proposUo 
forma  redcUUur^  si  prius  grattüatus  ero  Q.  Catülo^  duobm 
MeteUoque  et  HartensiOj  qui^  cum  sine  invidia  in  re  publica  i 
eminuissentque  sine  periculOj  quieta  aut  certe  nonpraec^ 
ante  inüium  heUorum  civüium  morte  functi  swü.  so  hat  H 
stelle  nach  dem  apographum  Amerbachii  und  der  editio 
Basileensis  drucken  lassen,  während  Haase  zwischen  non  p9 
und  fatäli  die  conjunction  ac  einschaltete  (non  praecipüata  i 
wie  vor  ihm  EFriebel  Oraec.  satjrogr.  fr.  s.  149  sed.  Ma 
bemerkt  dazu  adv.  crit.  U  s.  304 :  ^mortis  genus  uno  adiecl 
ita  definitur,  ut  prorsus  otiosum  sit  ante  eam  quietam  dice 
praecipitatam,  cum  praesertim  quieta  mors  vix  Latine  a 
itaque  recte  iudicant,  qui  haec  adiectiva  alio  trahunt.  se( 
Kritzius  referri  vult  ad  praecedens  rep. ,  id  interpositis  ilJ 
issentque  sinepericulo  fieri  nequit,  ac  ne  ea  quidem  post  q\ 
Lipsio  satis  commode  additur.  verum  ipsum  praecipitata 
contrarium  ponitur  quietae  reip.  scribendum  puto :  quietc 
non  praecipiti  civitafe.  propter  similitudinem  litterar 
civi  duae  vooes  truncatae  coaluerunt.  civitate  Buhnkenius 
bei  dem  allem  glaube  ich  doch  dasz  diejenigen  erklärer  auf 
tigern  wege  gewesen  sind ,  welche  qtnäa  aut  certe  non  pn 
mit  dem  folgenden  morte  verbinden  wollten,  denn  auf  di» 
düng  ftlhrt  der  natürliche  zug  der  worte,  und  bei  derselbe: 
det  jeder  anstosz,  sobald  man  sich  dazu  entschlieszt  6in 
dem  texte  auszuscheiden,  dieses  wort  ist  aber  gerade  das  t 
welches  ich  ftlr  eine  durch  den  ungewöhnlichen  ausdruck  i 
praecipitata  veranlaszte,  später  in  den  text  eingedrungen 
zu  non  praecipitata  halte,  denn  ohne  dieses  fatali  sind  in 
sammenhange  die  worte  qui  •  .  quieta  aut  certe  non  praecip 
initium  heUoriMi  civüium  morte  functi  sunt  ebenso  klar  wi< 
nend,  wenn  man  mors  praecipitata  mit  Kritz  auffaszt  als 
acoelerata,  sive  mors  quam  quis  ipse  sibi  oonscivit'.  nu 
aber,  wenn  es  sonst,  wie  M advig  annimt,  auch  wirklich  i 
kommen  sollte,  dttrifte  hier  schon  deshalb  keinerlei  bed< 
regen,  weil  dem  Schriftsteller  wegen  der  mit  aut  certe  einj 
restriction  ein  bescheideneres  epitheton  wie  ^i^  jedenf 
messener  erscheinen  muste  als  etwa  placida,  nach  meine 
also  ist  an  der  Überlieferung  unserer  stelle  nichts  weiter  i 
als  eben  nur  fatiüi  in  klammem  einzuschlieszen. 

GuMBiNMEN.  Julius  Ar 


Moriz  Schmidt:  zu  HoratiuB  dritter  saure  des  eraten  baclu.     249 

35. 

ZU  HORATIUS  DRITTER  SATIRE  DES  ERSTEN  BUCHS. 


Horatius  hatte  ak  emeuerer  der  satirischen  poesie  einen  drei- 
&cheD  angriff  aaszuhalten,  ein  teil  der  römischen  leserweit  stiesz 
neh  lediglich  an  der  äuszem  form  und  regte,  gewöhnt  an  die  mode 
gvwordene  kunstvolle  nachbildung  griechischer  muater,  den  sweifel 
la,  ob  dies  anspruchslose,  wenn  gleich  an  hexametrischen  rhjthmna 
gebundene  geplauder  wirklich  ansprach  auf  den  namen  einer  poeti- 
lehen  leistung  erheben  dtlrfe.  dieser  angriff  schien  dem  dichter  bei 
Ab&ssung  der  dritten  und  vierten  satire  keiner  augenblickliehen  be- 
gegnung  zu  bedürfen,  alias  qiiaerafn  sagt  er  selbst  sat.  1 4,  63 — 65 
tMtlum  poema  sü  necne.  nunc  iUud  tantum  quaeram,  meritane  hoc 
Kribendi  genus  iibi  suspedum  sU.  mochte  man  doch  immerhin 
dk  form  bemängeln,  wenn  man  nur  nicht  auch  gewagt  hätte  aus 
bieten  dichtungen  ungünstige  Schlüsse  auf  den  adel  seines  gemüts 
ond  die  lauterkeit  seiner  gesinnungen  zu  ziehen,  aber  auch  diese 
Viren  angegriffen  und  in  frage  gestellt  worden,  während  er  selbst  sich 
BOT  der  kleinen  Schwachheit  bewust  ist,  zu  eigner  belehrung  sich  jedes 
tifmm  und  seine  folgen  unter  dem  bilde  einer  bestinmiten  person, 
welche  dadurch  ihren  ruf  geschädigt  hatte,  aufs  papier  zu  fesseln 
(1 4,128a^tef«a  opprobria  saepe  absterrent  tHtiis.  106  exemplis  vUiorum 
9^taeque  naiando.  136  hoc  guidam  non  belle:  numquid  ego  ÜU  im- 
ffvdens  olim  faciam  simüe?)\  während  er  solche  Zeichnungen  selbst 
un  engem  freundeszirkel  nur  auf  besonderes  andringen  (73),  aber 
niemab  vor  einem  gröszem  publicum  zum  besten  gegeben  hatte, 
i^b  dessen  geschmack  es  durchaus  nicht  ist,  sich  bei  allgemeiner 
^tteny erder bnis  einen  sittenspiegel  vorhalten  zu  lassen  (24);  wäh- 
nnd  er  sich  kaum  ernstlich  bewust  ist  den  spöttischen  freimut  wol 
^<ich  zuweilen  zu  weit  getrieben  zu  haben  (104) :  beschuldigte  man  ihn 
^  verletzen  anderer  seine  besondere  lust  und  freude  zu  finden  (78), 
*<^t  ihn  einen  lividus  und  mordax  (93),  einen  niger  (91),  dem  es 
9^  nicht  darauf  ankommen  würde,  seinen  besten  freund  an  den 
prtnger  zu  stellen,  wenn  er  dadurch  die  lacher  auf  seiner  seite  hätte 
(^ö),  weil  er  eben  seine  einfalle  auf  das  gewieher  des  groszen  haufens 
^^hne  (83).  diese  angriffe  gegen  seine  Sittlichkeit  sind  es,  denen 
^  ii  der  vierten  satire  um  so  bestimmter  entgegentritt,  je  laxer  und 
^klarer  die  begriffe  dieser  meiner  gegner  selbst  über  feinen  witz, 
ireimot,  biederkeit  usw.  waren. 

Auszer  diesen  angriffen  hatte  er  sich  aber  noch  eines  dritten 
'^  vrwehren,  welcher  bisher  weniger  beachtet  worden  ist  (wol  weil 
Boratiuö  selbbt  5a/.  II  1  ihn  nicht  weiter  berücksichtigt),  man 
*^tte  meinen  sollen,  gerade  die  stoischen  tugendprediger  hätten 
'^it  dtm  kämpfe ,  den  er  in  seinen  sermonen  gegen  die  vUia  führte, 
Zufrieden  siein  sollen,  allein  es  wiederholt  sich  hier  die  oft  zu 
übende  erfahrung,  dasz  wir  uns  schlieszlich  denjenigen  am  feind- 

Ja^•rb•icher  für  t\%ss.  phiiol.  IMU  hft.  4.  17 


250     Moriz  Schmidt :  zu  Horatins  dritter  satire  des  enten  bnclii. 

seligsten  gegenüberstellen,  welche  in  Verfolgung  desselben  xiel< 
doch  nicht  geneigt  sind  mit  uns  gerade  durch  dick  und  dfinn  i 
gehen,  während  Hör.  der  zweiten  classe  seiner  gegner  schon  zu  we 
gieng ,  gieng  er  den  aretalogen  noch  nicht  weit  genug,  wie  hfttl 
auch  die  prickelnde  fenUa,  mit  welcher  der  Satiriker  leichteren  ui 
tugenden  den  rücken  strich ,  jener  nachsichtslosem  secte  genOgf 
sollen ,  welche  zwischen  verzeihlichen  vergehen  und  strafwürdige 
verbrechen  kaum  noch  einen  unterschied  statuierte  und  statt  d< 
scutica  überall  mit  dem  horrendum  flagdlum  bei  der  band  war?  nu 
hat  die  veranlassung  zu  der  3n  satire  des  ersten  buches  in  dem  b( 
dürfnis  des  dichters  gefunden  Murch  die  mitteilung  seiner  gnmc 
Sätze  über  die  art,  wie  man  die  un Vollkommenheiten  anderer  b< 
urteilen  müsse,  ein  Zeugnis  für  die  freundlichkeit  und  milde  seine 
gemütes  abzulegen  und  den  ungünstigen  eindruck,  den  die  von  ih 
erneute  poesie  auf  seine  Zeitgenossen  machen  muste,  zu  lindem  ot: 
die  besorgnisse  zu  entfernen,  die  eine  so  freie  äuszerung  persönlich« 
Spottes  von  einem  günstlinge  des  Maecenas  im  publicum  erregte 
dabei,  sagt  man,  habe  er  dann  von  v.  76  an  gelegenheit  genomm« 
den  grundsatz  der  stoischen  moral  peccata  fere  paria  esse,  in  welch« 
die  harte  behandlung  anderer  eine  vollkommene  rechtfertigung  fand 
als  philosophisch  unerweisbar  darzustellen,  allerdings,  räumt  man  ein 
bestehe  zwischen  v.  75  und  76  ein  ziemlich  lockerer  Zusammenhang 
allein  es  zeige  diese  satire  den  dichter  überhaupt  noch  nicht  auf  dei 
vollen  höhe  seiner  kunst.  man  würde  über  anlasz  und  kunstwer 
dieser  satire  wahrscheinlich  längst  richtiger  geurteilt  haben ,  wem 
man  sich  eben  jener  dritten  classe  von  gegnera  erinnert  hätte,  an 
deren  angriffe  sie  die  eingehende  erwiderung  enthält :  —  man  wttrd 
aber  dann  auch  gesehen  haben ,  dasz  uns  diese  satire  leider  nur  i 
einem  defecten  zustande  erhalten  ist,  insofern  gerade  derjenige  tei 
welcher  den  Schlüssel  zum  richtigen  Verständnis  enthielt,  die  nicb 
unerhebliche  einbusze  von  genau  18  versen  erfahren  hat.  am  e 
kurz  zu  sagen,  von  allem,  was  Hör.  dem  äliquis  des  19n  verses  i 
den  mund  gelegt  hatte ,  ist  uns  nichts  mehr  erhalten  als  die  zwi 
Worte  quid  tu?  alles  uns  erhaltene  gehört  der  erwiderung  des  Hoi 
an,  welchen  in  dem  verlorenen  stücke  nicht  etwa  der  Vorwurf  eine 
zu  strengen,  sondern  gerade  der  gegenteilige  einer  zu  na  oh 
sichtigen  beurteilung  menschlicher  vitia  getroffen  hatte ,  welch 
mit  viel  schneidigeren  waffen  als  dem  lächerlichen  gertohen  poeti 
scher  satire  zu  bekämpfen  seien. 

Der  beweis  ist  folgender,  die  verse  1 — 19,  die  Zeichnung  des  lai 
nischen,  aus  einem  extrem  ins  andere  Überspringenden  Tigellius  leae 
sich  ohne  anstosz.  ebenso  anstoszlos  ist  das  stück  v.  38 — 72,  über  desee 
Zusammengehörigkeit  schon  die  durchgehende  Verwendung  der  erste 
person  plur.  (jaraevertamurt  erraremus^  debemus^  invertimus^  cupimm 
damus,  versamur^  vocamuSy  inquitnuSy  sancitnus)^  wie  bereits  va 
andern  bemerkt  ist,  keinen  zweifei  aufkommen  läszt.  und  nicht  mia 
der  stetig  schreitet  die  gedankenreihe  in  den  versen  73 — 142  fori 


Mom  Sdmidt:  ni  Homtiiii  dritter  Mftire  dm  entn  lyiidii.    251 

k  dtna  du  i  mg  des  selteunen  grimdsat^  der  etoiseheii 

fUoeophie  i      oer  g\  .  hbeit  aller  fehler  nnd  der  notwendigkeit  eines 

gkiefaeii  stnfimMses  fftr  alle  vergehen  durch  denselben  sati  'dass  bei 

dsr  allgemeinen  nachsichtsbedOrftigkeit  gegenseitige  nachsieht  die 

baais  Ar  ein  behagliches  geselliges  leben  sei'  eingeleitet  nnd  abge- 

schlossen  wird,  dagegen  ist  nicht  sa  leugnen«  dasz  twischen  den  swei 

Istiigenannten  stQckmi  ein  rechter  susammenhang  nicht  stattfinde, 

vongstena  nicht  in  bequemei  weise  fühlbar  werde,  die  versgruppen 

M — 72  nnd  73 — 75  enthalte    swar  jede  für  sich  eine  Tollkommen 

ricUige  bemerkung;  aber  1    n  sidi  füglich  an  den  sats   *wem 

Beine  Tonflge  schwerer  wii         als  meine  unTollkommenheiten, 

fSehler  werden  auch  i      mir  leichter  befunden  werden  als 

TorsOge'  der  nachfolgenae  satz  in  der  fassung  *wer  für  seine 

grtbem  fehler  nachsieht  bcuinsprucht,  wird  sie  doch  kläglich  gegen 

die  geringeren  fehler  anderer  üben'  anschliessend  ohne  die  verkehrte 

wociUllnng  su  erwecken,  dass  sich  Hör.  den  dufeis  amkus  mit  den 

gröberen,  sich  selbst  mit  den  geringeren  mftngeln  behaftet  denke? 

vethngte  nicht  vielmehr  die  gesunde  logik  für  denselben  gedanken 

Uar  die  form  'wer  mir  auch  grObere  versehen  nachsieht,  dem  werde 

idi  doch  billigerweise  seine  kleinem  schwBchen  veneSien'?    man 

lasn  sich  also  durch  die  fntura  panehir  und  ignoioä  nicht  irre  leiten. 

ihn  aadibarschaft  ist  hier  ebenso  verdichtig  wie  die  rasdie  wieder- 

kAr  des  aeqmnnst  in  den  versen  69  und  74. 

Koch  rathloser  aber  stehen  wir  den  18  versen  20 — 37  gegen« 
Ab«,  sowol  was  ihren  eignen  innem  susammenhang  betrifft  als  die 
ttOgfitteit  sie  mit  den  voraufgehenden  und  nachfolgenden  partien 
n  ferfcattpfen.  und  doch  ist  anderseits  in  der  fortlaufenden  an- 
ipndie  einer  bestimmten  fingierten  person  (20  nuUane  habes  vUia^ 
^amtua  pervideas^  27  at  tibi  contra  evenü^  28  viiia  ut  tua^  33  ai 
^  tmicuSy  34  f.  ie  ipsum  eoncute  numqua  tibi)  ein  zu  deutlicher 
%Bneig  gegeben,  dasz  dies  ganze  sttick  notwendig  bei  einander 
^bei  müsse,  als  dasz  der  gedenke,  für  eine  oder  die  andere  vers- 
ttSMe  an  irgend  einer  andern  stelle  ein  vereinzeltes  unterkommen 
n  toehen ,  nicht  von  vom  herein  als  unhaltbar  aufgegeben  werden 
*Uts.  wir  stehen  also  vor  der  altemative,  entweder  das  ganze  stflck 
^leiaer  stelle  zu  belassen,  oder  uns  für  sämtliche  18  verse  nach 
^  sndera  stelle  umzusehen,  da  aber  die  Unmöglichkeit  die  über- 
^^Arsag  in  ihrem  ganzen  umfange  festzuhalten  durch  HMuther  (Co- 
^Bigir  Programm  1871)  aufs  evidenteste  dargethan  ist,  so  bleibt  uns 
^^  sadere  aussieht  auf  herstellung  des  gedankenzusammenhangs 
4  dsreh  das  angedeutete  mittel  der  Versetzung  des  ganzen  stttcks 
*^  lenie  zu  suchende  ursprüngliche  stelle,  es  liegt  nahe  als  diese 
"Wie  eben  den  Übergang  von  v.  72  zu  73  zu  vermuten,  an  welchem 
^  ins  vergeblich  nach  einer  brücke  zwischen  den  68—72  und 
^^76  ausgesprochenen  sfttzen  umsahen  in  der  that  hat  denn  auch 
^b^  10.  den  glücklichen  und  unzweifelhaft  richtigen  gedanken 
8^t,  die  9  verse  29—37  hinter  v.  72  snrückzuversetzen«  wo  sie 


252     Moriz  Schmidt :  zu  Horatius  dritter  satire  des  enton  baolu. 

als  beispiel  ftii;  die  in  y.  70  empfohlene  compensatio  der  vUia  mit 
den  bona  durchaus  am  platze  sind ;  die  übrigen  9  versa  20 — 28  da- 
gegen ihrem  alten  Schicksal  in  der  Verbannung  fortzuexistieEün  nn^ 
weiterhin  gründlich  misverstanden  zu  werden  ttberlassen.   seltsui^ 
genug,  dasz  ihm  nicht  auch  der  so  nahe  liegende  gedanke  kam,  diet^ 
9  fremdlinge  v  o  r  v.  73  einzufügen,  wodurch  mit  einiger  nachhil^' 
das  ganze  wirrsal  sich  in  der  befriedigendsten  weise  lOst«   in 
versen  74.  75  liegt  ein  sehr  fühlbarer  nachdruck  auf  den  woi 
posttdat  und  poscentem.    die  regel  ist,  dasz  der  mensoh  für  seb 
schwächen  die  nachsieht  anderer  in  ansprach  nimt.   sie  bat  al 
auch  ihre  ausnahmen  in  jenen  schamlosen  burschen,  die  sich  den 
lasz  für  ihre  Sünden  selber  erteilen,    eine  solche  ausnähme 
Maenius.   das  qui  des  v.  73  heiszt  also  nicht  einfach  Ver*  sond^ni 
Ver  dagegen'  und  verlangt  dasz  die  verse  21 — 23  ihren  platz    oa- 
mittelbar  vor  v.  73  wiedererhalten,  sobald  sie  aber  aus  ihrer  gegen* 
wSrtigen  Umgebung  herausgehoben  werden,  erhält  dieselbe  folgonde 
gestalt  zurück : 

20  nuüane  hohes  vüia?  immo  alia  et  fortasse  minara, 
24  stulitts  et  improbus  hie  amor  est  dignusgue  notort. 
cum  tua  pervideas  octdis  mala  lippus  inunctis^ 
cur  in  amicorum  vUiis  tum  cemis  aeutumj 
quam  aut  aquüa  out  serpens  Epidaurius?  at  tibi  amin 
28  evenity  inquirant  vitia  ut  tua  rursus  et  HU. 
das  ist  freilich  zunSchst  unsinn ,  läszt  aber  doch  den  sitz  des  fehler^ 
in  vollster  deutlichkeit  erkennen.  '  es  ist  bekannt,  welche  not  dftSi 
Interpreten  daa  pervideas  in  v.  25  gemacht  hat,  dessen  feststehenA^ 
bedeutung  =perspicerey  acute  videre  dem  hier  vermuteten  gedankeft 
nicht  minder  widerstrebte,  als  es  dem  philologischen  bewostsein  ta- 
widerlief,  dem  worte  die  entgegengesetzte  bedeutung  ^übersehen' 
unterzusc^eben.  wie  die  Sachen  jetzt  liegen,  bedarf  es  keines  groszea 
maszes  von  Scharfsinn,  um  die  zwischen  minora  und  pervideai  be- 
stehenden beziehungen  wiederzuerkennen,  und  um  dieselben  wieder 
herzustellen,  keines  gröszem  kritischen  gewaltactes  als  der  Ver- 
änderung von  cum  (quom)  in  quam  (uty^  von  der  die  ausstounng 
des  V.  24  nur  als  die  unvermeidliche  consequenz  zu  betrachten  ist 
der  hauptfehler  ist  hiermit  beseitigt,    die  erkenntnis  und 
der  übrigen  schaden  ist  nun  verhältnismäszig  leicht,  da  nach 
bisherigen  erörterung  für  die  verse  20.  24 — 28  kein  anderer  plati 
übrig  bleibt  als  der  zwischen  37  und  21,  dh.  da  v.  20  den  gedanken- 
gang  von  v.  34 — 37  fortsetzen  musz,  so  ist  vor  allem  ne  ein  unga- 
höriges  frage  wort,   nachdem  der  rath  erteilt  worden  war:  'fiberdies 
klopfe  nur  einmal  dich  selbst  gründlich  aus,  und  sieb,  welcher 
schwärm  von  angeborenen  und  angewöhnten  schwächen  dir  ent» 
gegenflattem  wird',  konnte  nicht  mit  der  frage  fortge&hren  werden: 
'hast  du  denn  keine  fehler?'  die  natürliche  frageform  war  vielmdir: 
'oder  hättest  du  keine  fehler?'  also  nuUa  an  habes  vitia?  feznor  ist 
aber  auch  alia  et  fortasse  minora  unmöglich  band  des  diobtaii. 


Moris  Sohnudt:  in  Hontiat  dritter  tatire  det  entn  Inuhi.    2fi8 

dk  frage  T.  36  f.  *wanim  haet  du  denn  fttr  die  schwlclieii  deiner 
ftümde  aoldien  adlerblick?'  zeigt  deutUoh,  dan  dem  gefragteiii 
ladidem  das  eingeatttndiiii  der  fehlerhaftigkeit  erfolgt  iat«  auch  der 
iviiich  abgeedmitten  werden  sollf  den  mangel  an  grflndüeher  selbat* 
■kanntnia  durch  eine  sckwftchere  geistige  tehkraft  tu  entaebnldigsn. 
im  eingeatlndnie  hat  daher  rundweg  durch  ein  schlichtes  immo  wol 
«folgen,  die  weitere  frage  des  fingierten  Sprechers  aber  hftt  nidit 
im  niedem  grad  (am  allerwenigsten  die  art)  der  fehler,  sondorn 
in  Sehkraft,  den  mangelhaften  blick  für  die  eignen  schwichen  sn 
Mcaeii>  das  aber  wird  erreicht,  sobald  wir  lesen: 

mUa  an  hahes  vitia?  immo;  aciem  at  fartasse  rnmarem^ 
quam  ut  Uta  pervideas  oadis  mala  (nicht  mäk)  Uppus  immcHs? 

dia.  dass  da  keine  fehler  hftttest,  wirst  du  selbst  nicht  sagen  wollen ; 

%l>er  aoch  das  mnsst  da  dir  nicht  weissmachen  wollen,  dasz  dir  der 

^KOgenaoster  Selbsterkenntnis  nötige  Scharfblick  abgehe:  denn  fttr 

^^Us  fehler  anderer  ist  er  ja  im  reichsten  masze  Torhanden.  auch  hier 

Wtdie  indenmg  von  AllAet  in  ACt^T  eine  äusserst  geringfügige,' 

^^nd  die  sweite  Ton  minara  in  mmori  nur  eine  consequenz  der  ersten. 

Es  bleibt  uns  nur  noch  nachsaweisen,  dass  der  gedankengang 

%igen  den  nunmehr  nOtig  gewordenen  anschlusi  des  yerses  38  an 

^1  keinen  Widerspruch  erhebt,    dieser  beweis  ist  leicht  erbracht. 

fler  dichter  sagt  jetzt,  die  sache  vom  nfitzlichkeitsstandpunct  aus  be« 

trachtend :  warum  aber  durch  solchen  Spürsinn  den  Spürsinn  anderer 

gegen  sich  herausfordern?    wir  sind  ja  doch  im  allgemeinen,  fein- 

fttUigir  als  Maenius.   der  wüste  freilich  sehr  gut,  was  für  ein  kerl 

er  war,  machte  aber  auch  gar  keine  ansprfiche  auf  glimpfliche  be- 

nrteünng  durch  andere,  sondern  setzte  sich  über  das  urteil  der  weit 

hinw^  und  antwortete  auf  vorhält  seines  Sündenregisters  mit  dem 

schlechten  witze:  egamet  mi  ignasco.   wir  andern  dagegen,  die  wir 

eine  schonende  beurteilung  unserer  gar  nicht  so  kleinen  schwächen 

ab  eise  wolihat  empfinden  und  wünschen,  werden  uns  dieselbe  wol 

durch  nachsieht  gegen  die  kleinen  Untugenden  anderer  verdienen 

müssen. 

Das  resultat  der  bisherigen  Untersuchung  ist  dasz,  wenn  wir 
anf  die  verse  38—72  zunächst  29—37,  hierauf  20.  26—28.  21—23 
folgen  lassen  und  alsdann  zu  v.  73  fif.  zurückkehren,  die  ganze  partie 
88—143  in  bester  abfolge  der  gedanken  verläuft,  wer  der  Sprecher 
in  dBesen  105  versen  sei,  erfahren  wir  aus  v.  63  f.  quälem  me  saepe 
otiulerim  tibi,  Maecenas,  mit  bestimmtheit.  es  ist  niemand 
als  der  dichter  selbst,  der  sich  in  ihnen  mit  dem  dUqms  des 
T.  19  auseinanderzusetzen  beabsichtigt,  da  nun  aber  v.  1 — 19  eben- 
fiaUs  dem  dichter  gehören  und  dieser  düqms  in  v.  19  noch  nichts  als 
die  warte  quid  tu?  gesprochen  ^at,  in  denen  absolut  nichts  enthalten 
iil,  was  den  dichter  zu  einer  so  ausführlichen  kundgebung  seiner 
aaaehaaangen  über  das  bei  beurteilung  anderer  einzuhaltende  mass 
kälte  veranlassen  künnen,  so  folgt  mit  notwendigkeit,  dass  uns  die 


254     Moriz  Schmidt:  zn  Horatias  dritter  satire  das  enten  bmli«. 

Worte  jenes  aliquis  verloren  gegangen  sind  aach  Mather  ao.  bu 
den  verdacht  ausgesprochen,  dasz  diese  satire  schadhaft  überliefert 
glaubte  aber  die  lücke  hinter  y.  28  suchen  zu  mflssen,  da  es  i 
nicht  gelingen  wollte  zwischen  diesem  und  v.  38  eine  haltbare 
dankenbrOcke  zu  schlagen,  wenn  wir  den  defect  hinter  v.  19  ancl 
60  befinden  wir  uns  in  der  glücklichen  läge  auch  denftaszemnrspr 
desselben  nachweisen  zu  kOnnen. 

Die  von  uns  versetzte  versmasse  beträgt  deren  18.  wir  sa 
uns  aber  genötigt  diese  18  verse  in  d6r  art  zwischen  72  und  73  • 
zuschalten,  dasz  wir  ihre  zweite  hftlfte  (10—18)  an  den  v.  72 
schlössen,  der  ersten  hälfte  dagegen  (1—9)  ihren  platz  vor  v.  73 
wiesen,  dieser  umstand  führt  uns  auf  eine  handschrift,  in  welc 
jede  pagina  9  in  zwei  zeilen  gespaltene  hexameter  enthielt,  so  c 
die  verse  29—37  die  Vorderseite,  die  verse  20.  24 — 28.  21—23 
rückseite  desselben  blattes  füllten,  danach  schlosz  in  dieser  hs.  v. 
die  rückseite  des  voraufgehenden  blattes  (c),  w&hrend  v.  73  die  i 
derseite  eines  blattes  (a)  begann,  zählen  wir  nun  von  v.  72  an  rtl 
wärts,  so  füllen  die  verse  38 — 72  genau  die  yier  Seiten  eines  dop] 
blattes  (Cc),  welches  innerhalb  des  ganzen  fascikela  das  innei 
doppelblatt  war,  während  der  anfang  der  satire  bis  y.  19  und 
verse  73 — 90  ebenfalls  ein  doppelblatt  des  fa8cike]8(ila)flillten. 
nun  zwischen  beiden  ein  drittes  doppelblatt  (jB 6),  dessen  lei 
hälfte  (h}  die  verse  72  und  73  trennte,  so  muste  die  erste  hfti 
(jB)  notwendig  mit  ihrem  texte  die  verse  19  und  37  auseinand 
halten,   sie  ist  aber  verloren. 

Das  nachstehende  täfeichen  wird  diese  Sachlage  klar  machen: 

2—10  ) 
11 — 19  )  lunonis  —  quid  tu? 
neun  verse  | 


neun  verse 
^Q  38—46  I  iUuc  —  maleparvus 
46—64  )  si  cui  —  servat  amicos 
55—63  I  at  nos  —  Itbenier 
64 — 72  i  ohtulerim  —  ponetur  eadem 
29 — 37  I  iracundiar  —  innascüur  agris 


20—28  )  nuUa  an  —  {rursus  et  Uli)  inquU 

73—81  )quine  —  ligurrierü  ius 

82 — 90  )  in  cruce  —  mensave  caiinum 


11—19 
20— 28( 
29—37) 
38—45 
46—54 
55—63 
64—72 
73—81 
82—90 
91—99 
100—108 


Wann  die  trennung  der  blätter  jB&  und  in  folge  dessen  der  ^ 
lust  des  blattes  B  stattgefunden  hat ,  ist  nicht  zu  sagen  und  töI 
gleichgültig;  dasz  er  jedoch  weit  hinter  die  letzte  recension  < 
Mavortius  zurückreicht ,  ist  daraus  klar ,  dasz  unser  gegenwftrtii 
text  nichts  anderes  ist  als  ein  mislungener  versuch  die  zwischen 
und  38  wahrgenommene  lücke  durch  das  lose  blatt  b  zu  ftülen. 
yiel  leuchtete  dem  redactor,  auf  den  unser  text  zurückgeht,  ein,  d 
y.  19  quid  tu?  und  v.  29  iracundiar  est  absolut  nicht  aneinaiM 


Moni  Schmidt:  lu  Hontiat  dritter  utire  das  enieii  bnehi.    S65 

pftsaten ;  wenn  jedoch  der  text  der  rfickseite  von  b  auf  dies  quid  iuf 
folgte,  eich  eher  ein  anschloez  gewinnen  lieez*  die  frageform  nuOa 
JN  hohes  vüia?  paeete  zwar  aach  nicht,  war  aber  leicht  genug  in 
mmUane  za  Terwandeln,  und  nach  dem  spotte  des  Hör.  tLber  das  in- 
eonseqnente  gebahren  des  Tigellins  mochte  die  vorworfsFoUe  frage 
fmid^  tu  nuBane  habes  vüia?  auf  den  ersten  blick  sogar  höchst 
passend  erscheinen,  es  lohnt  der  mtthe  dies  beispiel  redactioneller 
willkfir  etwas  nfther  za  betrachten,  um  denn  doch  nicht  in  allen 
flülen  aus  lauter  respect  yor  der  sog.  fiberlieferung  vor  etwaigen 
aelieinbar  radicalen  heilmitteln  zurttckzuschrecken,  wenn  der  gesunde 
nMBichenverstand  sie  fordert,   in  unserem  fjadle  trage  ich  kein  be- 
dmktak  auszusprechen:  nicht  blosz  die  ganze  fisssung  des  ▼•  20, 
•oadem  die  ganze  fassung  welche  die  yerse  20 — 29  in  allen  unsem 
has.  haben,  ist  das  machwerk  eines  alten  kritikers,  der  sich  in  seiner 
rmthlosigkeit  nicht  anders  als  durch  die  schnödeste  yerunstaltung 
•ÜMs  TöUig  gesunden,  aber  f&r  seine  zwecke  unbrauchbaren  teztes 
za  helfen  wusie.  auf  die  von  ihm  selbst  fiibricierte  firage  mülane 
kaba  vUia?  liesz  er  den  dichter  antworten:  mmo  aUa.  neue  frage: 
€i  (oder  af)  fortaase  minara?  antwort  des  dichtere,  wie  sie,  wenn 
OTBit  gemeint,  nicht  yerrttckier  gedacht  werden  kann:  ich  spreche 
wii  Mienius:  egamei  mi  ignaseo*  dritte  frage  mit  dem  zweifelsohne 
^<Mi  ledactor  beabsichtigten  stich  auf  die  Horasisdhe  lijRpihida:  wenn 
^a  li^ppus  nun  für  deine  fehler  blind  bist,  warum  siehst  du  anderer 
tckwiehen  so  g^t?   aber  die  revanche  wird  nicht  ausbleiben!  —  So 
^gtiehmackt  das  nun  alles  ist,  es  ist  doch  wenigstens  einigermaszen 
ein  nuimmenhang  hinein  zu  interpretieren,  unddieexegese  hat  darin 
das  ffl({glich8te  geleistet,   wenn  der  redactor  aber  weiter  ohne  jede 
▼ennitilung  den  angriff  auf  den  dichter  mit  iraeundhr  est  paulo  fort- 
i^tzen  Iftszt,  so  hat  ihn  dazu  schwerlich  etwas  anderes  bestimmt  als 
die  glazliche  Verlegenheit  diesen  9  versen  ein  anderweitiges  unter- 
bmmen  zu  beschaffen,    denn  so  viel  einsieht  meine  ich  ihm  doch 
^h  iQtrauen  zu  dtLrfen,  dasz  in  der  frage  nuüane  habes  vüia?  längst 
^c&ta  dieselbe  auf f orderung  zur  selbstprüf ung  erfolgt  war,  wie  sie 
direct  in  den  Worten  denique  te  ipsum  cancute^  numqua  tibi  vüumum 
^^9tteht  dim  natura  liegt,   respect  vor  dem  Sprachgebrauch  hatte 
^  frinlich  nicht,   dasz  dieser  pervideas  nur  im  sinne  von  perspicue 
^jdesi  gestattet,  geniert  ihn  wenig ;  warum  soll  es  nicht  gelegentlich 
^^itnil  *tLbersehen'  oder  blosz  'sehen'  bedeuten  ?  und  damit  Maenius- 
^onlios  seinen  gründlichen  rüffel  bekomme ,  wird  er  mit  dem  versa 
^Wffiii  et  improbus  hie  amor  est  dignusque  notari  abgekanzelt,  in 
Welchem  sich  dann  amor  gefallen  lassen  musz  atnar  sui  zu  bedeuten, 
^öder  hat  es  ihm  selbst  JMOesner  geglaubt:  'lippi  sumus  ab  amore 
^iisio  nostri' ;  und  erst  Muther  hatte  den  mut  der  dmcria  und  er- 
^>&]Ue  darin  richtig  eine  misbilligung  der  verliebten  narrheit  des 
^hinus  (ich  hatte  früher  einen  platz  für  ihn  hinter  sat.  12,  110 
8^cht).   auf  der  Vorderseite  des  blattes  C  verlangt  in  der  that  auch 
^  wlenzahl  einen  vers  mehr;  sie  würde  sich  ohne  ihn  nur  auf  8 


256     Moriz  Schmidt:  zu  Horatius  dritter  satire  des  entan  bndn. 

Zeilen  belaufen,   die  Mnihersche  conjectur  ei  9i  für  et  isti  ist  jedoch 
verunglückt,   schreibt  man : 

38  iUuc  praevertamur,  amatarem  quod  amicae 

turpia  decipiufU  caecum  vUia^  atä  etiam  ipsa  haec 

delectant  {vduti  Bälbinum  pdlypus  Hagnae)^ 

vettern  in  amicitia  sk  errareMiis  et  isti 

errari  nomen  virttis  posuisset  honestum? 
43  BS  24  stuittis  at  improhus  hie  amor  est  dignusque  notari. 
so  ist  hier  alles  in  Ordnung,  aber  wahrscheinlich  auf  der  rttckseitt 
yon  h  der  ausfall  eines  verses  anzunehmen. 

Mit  dem  beweise,  dasz  unsere  satire  ursprünglich  160  statt  142 
verse  umfaszte ,  wären  wir  ans  ziel  gelangt,   wie  viele  von  den  18 
abhanden  gekommenen  versen  auf  den  angriff  des  gegners  entfielen, 
wie  viele  davon  noch  auf  die  antwort  des  Hör.  kamen ,  ehe  er  mit 
seinem  iüuc  praevertamur  einsetzte ,  das  müssen  wir  uns  aUerdings 
nicht  zu  wissen  bescheiden,    ist  denn  nunmehr  aber  alles  was  la 
Hör.  entgegnung  gehört  eine  passliche  antwort  auf  den  Vorwurf  n 
groszer  milde  und  auf  die  stoische  Verurteilung  der  satire  als  einer 
für  die  vitia  der  menschlichen  gesellschaft  viel  zu  gelinden  strtf- 
form?    man  sollte  es  meinen:  denn  sie  weist  denselben  energisch 
durch  die  beiden  stltze  zurück,  dasz,  wenn  einerseits  schon  die  n^dttaSt 
dh.  das  eigene  Interesse  der  menschen,  die  doch  nun  einmal' mit  feh- 
lem behaftet ,  aber  auf  einander  angewiesen  sind ,  eine  gegenseitig» 
glimpfliche  behandlung  ihrer  Untugenden  und  fehlgriffe  empfehle, 
anderseits  jenes  schonungslose  stabbrechen  über  alle  pecoaia  aus 
moralphilosophischer  schrulle  der  gesunden  vemunft  zuwiderlaafe, 
und  ebenso  zur  Vereinsamung  des  individuums  innerhalb  der  mensch- 
lichen gesellschaft  führe ,  wie  milde  den  innigem  zusammenschlns^ 
und  intimem  verkehr  befördere,    eine  kurze  wiedergäbe  des  inhalta 
wird  uns  die  sache  deutlicher  machen,   im  ersten  bis  v.  76  reichen* 
den  teile  heiszt  es :  launische  inconsequenz,  die  aus  einem  extrem  in» 
andere  fällt  —  eine  besonders  den  virtuosen  eigne  schwäche  —  würd» 
ich  als  Satiriker  an  dem  gebahren  des  Tigellius  veranschanliohen^ 
also  nicht  einmal  an  einem  lebenden ,  sondern  an  einem  bereits  ver- 
storbenen, den  alle  weit  kannte,   sollte  ein  stoiker  mir  deshalb  dir 
leviten  lesen   wollen  und  behaupten,   dasz  durch  diese  poetischeil. 
mthenstreiche  (die  der  betroffene  nicht  einmal  mehr  fühlen  künna) 
diese  narrheit  nicht  gebührend  gezüchtigt  und  noch  weniger  ans  der 
weit  geschafft  werde ,  so  würde  ich  antworten :  wie  körperliche  ver* 
unstaltungen   der  häszlichsten  art  nur  die  Verblendung  eines  ver- 
liebten  narren  schön  finden  wird ,  so  wäre  es  auch  im  freundschaft- 
lichen verkehr  eine  grobe  verirrung,  gegen  turpia  vitia  ^  moralisch» 
schaden,  des  freundes  die  äugen  zu  verschlieszen.  aber  wie  die  eitern- 
liebe  für  einen  mäszigen  körperfehler  des  kindes  einen  mildem  namea 
findet,  so  darf  und  soll  auch  die  freundschaft  kleinem  schwächen, 
welche  nur  die  richtige  grenze  tugendhafter  fertigkeiten  um  ein  ge* 
ringes  überschreiten,  lieber  den  namen  dieser  tugenden  beileg«a  und 


Mtttt  Sobaidt:  xa  Hoiatiai  dritter  istm  das  enieii  bnehi.    857 

dneh  diese  eehonnng  die  bände  enger  knÜpfiBn,  snetaU,  wie  ge- 
«ttaHdi  geechiebt,  faetiecb  Torbendene  Torzttge  des  frmmdee  sa 
Yvkennen  nnd  dnrob  xweidentige  benennong  zn  feblem  berabza* 
drfloken  and  so  ein  verfsbren  sn  sanotionieren,  das  uns  selbst  sebr 
nbeqnem  werden  könnte,    das  riobtige  verfiihren  ergibt  sieb  ans 
dv  erwigong,  dasz  wir  alle  neben  unsem  Schattenseiten  aacb  unsere 
gitn  Seiten  baben,  welcbe  wir  yon  freunden  bei  nnserer  benrteilnng 
■it  in  die  wagscbale  gel^t  zu  sriien  wflnseben,  znmal  wenn  die- 
ulbm  überwiegen,    stelle  ich  nun  bisrmit  an  meinen  freund  sin 
biDigoB  Terlangen  und  entspricbt  er  demselben,  muss  ieb  ibn  dann 
ikktmit  gleichem  masze  messen,  und  wird  nicht  jeder  billig  denkende 
stm  so  argumentieren :  'NN.  bat  allerdings  die  und  die  Unebenheiten, 
absr  sr  ist  dein  fr-eund  und  ein  sehr  brayer  und  geistreicher  mann« 
ndem  —  wenn  du  dich  selbst  ausscbfitteln  wolltest ,  würden  wahr- 
wbwilieh  auch  alleriiand  natur-  und  gewohnheitsfehler  zu  tage  kom- 
Ma«  odor  solltest  du  deren  nicht  haben?  das  wirst  du  nicht  be- 
iMipIsn  wollen,   oder  gienge  dir  der  nOtige  blick  für  sie  ab?   dafttr 
mM  du  denn  doch  fremde  fehler  zu  deutlich*  und  wtre  dir  vollends 
•agigenseitiges  aufstöbern  deiner  fehler  willkommen?  gewisnidit. 
iUt  jeder  setzt  sich  mit  einem  schlechten  wit»  darttber  so  un?er- 
btna  hinweg  wie  Maenius.    wer  wie  du  für  seine  böcker  freund* 
Mktfthcbe  naohsicht  fordert,  wird  sie  den  Unebenheiten  smnes  fremn- 
fa  lach  den  gesetaen  der  billigkeit  auch  nicht  versagen.'   so  weit 
te  snie  teiL    man  sieht:  iurpia  gibt  der  dichter  seinem  gegner 
ptsii,  flir  einfache  vUia  verlangt  er  milde,    denn  1)  liegt  sie  in  un- 
Mrm  lateresse,  weil  sie  uns  a)  freunde  gewinnt  und  erhilt,  b)  gegen 
OBfromdliobe  beurteilung  anderer  sichert;  2)  ist  sie  eine  f orderung 
dit  recht  und  billigkeit  an  uns  stellen :  denn  a)  verdienen  die  vor- 
zeige eines  jeden  gegen  seine  unvollkonmienheiten  hervorgehoben  zu 
^en,  b)  baben  wir  dieselben  rttcksichten,  welche  wir  für  uns  for- 
^,  andern  zu  gewähren,   wie  nun  dieser  abschnitt  sorgfältig  alle 
Mnsnte  in  betracht  zieht,  welcbe  für  liebevolle  beurteilung  tok- 
dtter  sprechen,  so  beschäftigt  sich  der  zweite  mit  demjenigen,  welcbe 
gegen  die  lieblose  Verurteilung  fehlender  ins  feld  geführt  werden 
^hhOL  'ihr  Stoiker'  sagt  der  dichter  'stellt  freilich  den  satz  von  der 
^^Ktsrsehiedslosigkeit  aller  peccata  auf  und  gerundet  darauf  das  ver- 
^<>9aa  eines  gleich  harten  strafmaszes  für  alle,    aber  dieser  satz  ist 
Pwssphisch  ebenso  unerweisbar  wie  das  Universalgenie  eures  wei- 
tes, denn  vor  allem  lassen  sich  die  vUia  als  in  der  natur  begründet 
^  (MrvfTf,  aber  nicht  exeidere.   zum  andern  fordert  das  natürliche 
ffBhU,  das  recht  und  die  billigkeit  ein  der  höhe  des  vergebens  an- 
gtmessenes  Verhältnis  des  strafmaszes,  dessen  regulierung  sache  des 
^emflnftigen  ermesdens  ist.    der  gesunde  menschenverstand  würde 
*iHn  berm ,  der  einen  sklaven  für  seine  nascfabaftigkeit  kreuzigen 
Sollte,  für  noch  unvernünftiger  als  Labeo  halten;  und  ich  sollte 
^i^eben  freund  für  einen  kleinen  verstosz  meinen  bittersten  faasz 
hUea  lassen?    wenn  mich  ihm  schon  eine  unbedeutende  unschick- 


258     Moriz  Schmidt:  zu  Hora4ia8  dritter  satire  des  enten  badn. 

lichkeit  entfremden  sollte,  wie  sollte  ich  eine  spitsbüberei,  eine 
Vertrauensbruch  udgl.  nach  gebühr  ahnden?  keine  philosophie  kak 
beweisen,  dasz  ein  geringfügiger  felddiebstahl  ein  ebenso  schwer« 
verbrechen  sei  wie  tempelraub,  aber  mögt  ihr  doch  immerhin  fl 
die  langfinger  und  für  die  straszenräuber  die  gleich  hohe  strafe  foj 
dem !  ihr  regiert  ja  glücklicherweise  nicht  die  weit,  und  den  respec 
vor  eurem  eingebildeten  königtum  mögt  ihr  gelegentlich  den  gasm 
jungen  erst  mit  dem  stocke  beibringen,  kurz  —  ich  wiederhole  wti 
ich  oben  sagte :  ich  gedenke  auch  fernerhin  nachsieht  zu  beanspmcfaa 
und  zu  gewähren,  und  hoffe  mir  dadurch  das  leben  freundlicher n 
gestalten  als  ihr  vereinsamten  kOnige. 

Gedichte  der  art  haben  einen  zweck  und  einen  anlass.  iil« 
uns  nun  gelungen  durch  die  voraufgehende  analyse  des  Inhalts  ah 
zweck  dieser  dritten  satire  die  Verteidigung  und  empfehlnng  mm 
gegen  leichte  vUia  wolberechtigten  milde ,  wie  der  dichter  selbst  ne 
zu  üben  sich  bewust  ist,  und  ablehnung  einer  nur  gegen  «oelerti  be- 
rechtigten härte,  mit  der  die  stoische  moral  auch  die  kleinste  ns- 
tugend  verurteilte,  nachzuweisen :  so  kann  der  anlasz  kaum  in  einsoB 
andern  umstände  gefunden  werden  als  in  einem  angriff,  welchen  dsi 
dichter  wirklich  von  dieser  seite  erfahren  hatte,  denn  eine  bloitf 
Studie  über  das  sat.  I  4,  135  aufgeführte  thema  sie  didcis  amkk 
occurram  ist  doch  unser  sermo  schwerlich,  da  ja  nebenher  das  ändert 
über  die  unerweislichkeit  des  stoischen  satzes  paria  essepecoatOf  vm 
dies  bei  weitem  eingehender  behandelt  wird,  wol  aber  treten  beid 
durch  das  denique  des  v.  76  verbundene  teile  der  satire  in  di 
innigste  Verbindung ,  wenn  der  dichter  eine  specielle  veranlassmi 
hatte  nur  den  6inen  satz  auszuführen :  beatiarem  se  vivere  vüüs  gw 
bjAsdam  coniventem,  quam  adversarium  peccata  fere  amnia  paria  c 
fälce  reddenda  esse  statuentem. 

Eine  ergänznng  des  Wortlauts  der  18  verse  versuchen  wir  nichl 
möchten  jedoch  vermuten,  dasz  darin  die  paria peccata  schon  mn 
rolle  gespielt  und  die  Horazischen  mediocria  vitia  quibus  caneed^ 
keine  gnade  gefunden  haben  werden,  vielleicht  trifft  auch  die  bt 
merkung  das  richtige,  dasz  die  Verwandlung  des  ausdrucke  v.  9  M 
aequale  homini  fuU  iUi  in  den  ausdruck  v.  18  f.  nü  fuU  umquam  st 
impar  sibi  eine  beabsichtigte  war,  um  daran  die  frage  zu  knüpfisu 
nun  und  du?  bleibst  du  dir  denn  gleich?  slle pecoata  siad  parii 
wo  bleibt  denn  da  die  consequenz,  wenn  man  die  einen  verseiht,  di 
andern  streng  geahndet  sehen  will?  und  selbst  in  der  strenge  h 
kein  rechter  ernst,  soll  strafe  wirken,  so  musz  sie  fühlbar  sein;  wf 
fühlt  denn  aber  solche  satirische  pritschenhiebe?  nein,  lieber  freonc 
dies  ganze  genus  scribendi  ist  viel  zu  zahm  um  merito  suspeehm 
zu  sein. 

Jena.  Moriz  Sohmiot. 


ABiete:  snr  latciniiohtn  antbologie.  860 

36. 

ZUB  LATEINISCHEN  ANTHOLOGIE. 


Die  nachfolgenden  nachtrftge  zu  den  coUationen  Ton  handschiif- 
Im  in  meiner  ausgäbe  der  anthologia  latina  verdanke  ich  der  freund- 
fichkait  WStudemunds  und  Max  Bonnets,  ersterer  überraschte  mich 
m  einiger  leit  durch  Übersendung  eines  ezemplars  der  Bnrman- 
acka  anthologie,  welches  er  aus  MHaupts  nachlas»  gekauft  und  wel* 
chii  sich  noch  früher  wahrscheinlich  in  QHermanna  besitz  befhn- 
im  hatte,  in  diese  beiden  bftnde  hat  eine  unbekannte  band  eine  an- 
teUaend  sorgftltig  gearbeitete  coUation  der  in  ihnen  enthaltenen 
fvdidite  des  Salmasianus  und  einiger  des  Thuaneus  (Paris.  8071) 
a^fstragen,  welche  in  den  allermeisten  stellen  mit  der  meinigen 
Ikninstimmt.  auazer  den  stellen,  für  die  mir  eine  angestellte  yer- 
ghidmiig  dieses  resultat  ergab  —  es  werden  deren  manche  tauaende 
itt  »  fiyiden  sich  jedoch  auch  an  etwa  360  stellen  (wenn  richtig 
|itfUt)  fiir  den  Salmasianus  (A)  discrepanzeu.  auf  meine  bitte  hat 
itt  XBonnet  mit  gewohntem  freundschaftlichem  eifer  dieee  stellen 
ii  der  hs.  nachgeprüft,  und  das  resultat  seiner  nachprüfung  will  ich 
Imt  mitteilen. 

An  137  Ton  den  360  stellen  sind  meine  angaben  vSüig  richtig. 
im  stellen  hier  aufzuzfthlen  hätte  keinen  zwec£ 

An  einer  andern  reihe  von  stellen  habe  ich  rasuren  entweder 
ttwisbeB  oder  sie  nicht  aus  meiner  collation  in  den  druck  Über- 
zügen lassen,  die  hs.  bietet  nemlich  10,  28  baccf  durch  rasur  aus 
^0«ii^  gemacht        10,  40  am^i^fmo :  ausradiert  scheint  m 
llf  10  ir^o^:  ausradiert  ist  i         11,  115  arant^:  e  war  vorher  u 

11,  71  nulli  (ausradiert  scheint  a)  vor  flexere  11, 100  rdin' 
ftä:  t  steht  wol  auf  radiertem  d  oder  8  11,  128  etrepi^^i  in 
fstor  stand  do  13,  24  con^tun«  14,  11  reHncufU:  c  ist  durch 
nnr  ans  g  gemacht  14,  13  uoü/uU :  ein  l  ist  ausradiert  15, 66 
^N^omia:  ein  drittes  i  ist  ausradiert  ebd.  76  fiuSt^  ebd. 
M  Bach  infelix  ist  ni  ausradiert         17,  335  iM>a^ :  ausnidiert  ist  n 

40,  1  prauexii:  pro  steht  in  rasur  78,  1  amaris:  über  dem 
'^ten  a  ist  0  ausradiert  87,  4  ^o^um^  lux:  von  erster  band  ist 
'  iandiert  und  ein  punct  dafCLr  gesetzt         112,  9  |>res0fi^:  in 

f^itand  e  120,  8  düici%/:  radiert  scheint  a  128,  12 
^t^M^:  $  ist  von  neuer  band  131,  9  duris  //////  resecans:  in  der 
'^^CQr  ist  ca.  ei  erkennbar;  vielleicht  (isceis^  vgl.  v.  8  156,  7 
^"hirfe|<Mig:  in  rasur  stand  8  157,  1  düis:  das  zweite  %  in  rasur 
^(A  m.  pr.  183,  2  pige"^:  o  vielleicht  nicht  m.  pr.  206,  2 
^ls9H  210, 11  rgere  steht  in  rasur  214, 2  flaoranti^ :  in  rasur 
>tft&d  8  223, 18  i>ro/i<^  aus  -sus  226, 1  ifie|in&rir  228,  2 
^'  «e  steht  in  rasur        235,  16  uüea:  über  a  ist    ausradiert 

^  2  mi|«  (in  rasur  ;?)         241,  3  gem%U        244,  20  iaeU:  U 


260  ARieBe:  zur  lateiniBchen  anthologie. 

steht  in  rasur  m.  pr.        248,  1  ptfri:  j^ri  in  rasur  {p  alt^  aber  kaau 
m.  pr.)  253,  54  d^escenter         ebd.  71  sidet:  t  in  rasnr 

254,  14  man?^ :  in  rasur  stand  s        267,  2  reo:  eo  in  rasur  (darin 
stand  i...)  291,  2  paruolv^i  in  rasur  stand  8\  o  aus  i»  wol 

m.  pr.         319,  2  su%peros        320,  4  n^iiranäai  %  war  u. 

Die  correcturen,  welche  von  verschiedenen  hftnden  auMr 
der  ersten  angebracht  wurden,  namentlich  die  modernen,  welebe 
vielfach  nur  die  selbstversttfndlichen  Verbesserungen  geben,  genau 
und  vollständig  zu  verzeichnen  war  für  die  ausgäbe  nicht  meine  ab- 
sieht, doch  will  ich  nachträglich  die  von  Bonnet  verificierten  b^ 
merken,   von  erster  band  ist  7,  8  feruetU  (^  Aber  h)  aus /eruaiv 

8,  40  more  aus  mores        8,  79  uictores  auB  uietures        11,  S 
fecundum  aus  secundum  (so)        ebd.  71  ?^ymenei  aus  hymenii 
ebd.  144  furore  während  des  Schreibens  aus  farari         15,  74  /^ 
aus  flftum^  ebd.  ueriere  aus  uerterä        18,  36  enUet  ans  müä 
35,  3  tiene  während  des  Schreibens  aus  uenu        87,  3  piranMäi 
ans  pirarnUas  (ebd.  4  s.  oben)         88,  8  numeris  aus  numerum 

112,  1  suppositis  im  schreiben  aus  -tus  138,  1  tibi:  dtfor 
2)  ausradiert        145,  1  ignes  aus  ^ni5       151,  5  tdemeniae  ans  -nfi 

175,  2  in  tepidibus  d  aus  &  176,  2  opes  aus  oues  ebd.  IS 
lascibans  aus  laccibans  184,  11  in  oa^u  cos  während  des  sehrei* 
bens  aus  fat  193, 1  pirgus  ebenso  Axiapurgtis  198,  4t53emaii» 
ebenso  aus  scematus  ebd.  81  rediti0n  aus  redditum  und  203, 8 
pa55e^  aus  possü  sind  Vielleicht  erste  band'  209,  4  uesHt  am 

uestis  (210,  11s.  oben)  ^     253,  179  quf  aus  ^td        277,  1  amor 
et  durch  rasur  aus  amor  e  (dh.  est)  et  verbessert. 

Eine  andere  reihe  kleiner  correcturen  schreibt  Bonnet  einer  haad 
etwa  des  neunten  jh.,  vielleicht  seines  anfangs,  zu.  es  sind  fbl* 
gende.  46,  1  und  2  fusisi  jene  band  hat  das  letzte  «  in  v.  1  gestri- 
chen und  in  v.  2  punctiert        49,  1  ist  ewrüiantis  von  ihr  oorngitrt 

50  inscr.  iacindo  ist  von  ihr,  nicht  von  Salmasius  56, 1 
steht  von  ihr  h  ttber  dem  t  von  ftna  68,  1  UJmera :  in  U  hineift 
setzte  sie  klein  u  59  titel :  quigno  et  1/ta  verbesserte  sie  in  dftM 
etlfda  69,  1  ^Zoa;:  5  ttber  2;  74,  1  Joowto :  J  getilgt  7&,S 
ippoäido:  d  in  t  verbessert  104,  3  sokrs  und  lOiB,  4  erat:  dail 
resp.  r  verdoppelt  109,  3  eunucos:  hu  dem  co  ttbergeschriebat 
118,  1  genetrix:   i  auf  das  zweite  e  geschrieben  148,4 

iunem:  ue  übergeschrieben         204,  8  caienis:  h  ttber  t  ('saec.  1?) 

206,  1  ueftnens:  h  ttber  erstem  e. 

Der  altern  zeit,  aber  zweifelhaft  welchem  corrector,  geUM 
noch  an :  83,  34  quid  ttber  quid  geschrieben  133, 1  cderes:  i  Aber 
dem  letzten  e  134,  2  perdedit:  i  ttber  dem  zweiten  e  139, 3 
adspedo:  v  ttber  0  170,  4  anela:  h  ttber  n  182,  4  etM* 
strich  an  t  246,  1  uiros :  v  ttber  0  253,  90  biltiaUs:  jl  vom 
dem  ersten  i        304,  14  e  statu/:  t  ttber  e. 

Einige  correcturen  des  Salmasius  sind:  45  im  titel  Agani 
59,  5  ocia  mulcet  (am  rand),  nicht  otia      86,  5  WMrmareas      117, 1 


ABieee:  rar  l«tmnitoh<!m  aathologie,  861 

ia  mmdus  (Salm.?)  ebd.  4  febru  •  tu]  i  getilgt  (?)  118,  1 
tbtr  e  Yon  uuifiara  (?)  123,  4t  foehe  tue  126,  1 /bebo  statt 
(ob  wirklich  von  Salmaaius?)  139,  2  h  über  e  in  madna,  a 
btf  0  in  sacro  179,  5  p  über  h  in  dubUd  180,  2  h  Ober  t« 
i  OeiMino  212,  11  am  nhdeproperat  214,  9  t;  über  h  von 
}tai  238, 1  8  über  r  in  f/bur  253, 142  in  presMe  das  erste 
gttilgt(Salm.?). 

Fraglich  ob  von  Salmasins,  aber  wahrscheinlich  Ton  neuer 
mi  Tidleicht  schon  des  16n  jh.  stammen:  10,  1  der  ponot  über  s 
1  ams        16,  68  n  über  iq  in  reUguU  (?)        ebd.  162  h  übor  m 

32,  1  0  über  u  in  Urgia        43, 1  u.  2  oredito  für  credümr 
i,4  <y)o]  «  zagefügt  (wann?)  106,  4  ora  für  ore         128,  4 

^  für  eras        162,  1  ptUems:  i  über  e        170,  3  ^]  £^ 
Bl  inscr.  co^fi«]  ea(fo        pka]  pica        197,  20  ore9t<  zagdügt 

198, 6  prohrkm]  proprium        ebd.  24  decU]  deeä        27  mugro] 
mero       38  taceiit]  tocffilt       212,  6  mfa]  nT/a       212, 8  u^güai] 
t§eUU        213,  6  Mora]  9acrä        ebd.  12  fMormpfe]  marmara 
19, 1  omtm]  e  über  t        260,  2  Aoc  übergeschrieben        279,  20 
fü»]  5  angehftngt       282,  2  marsü]  8  angehilngt       284, 1  PmdU 

tmrü]  Fundü  et  hcmrü        330,  2  fOioei  feUä        348  inscr.  8  in 
mdmte8  durchstrichen. 

Von  andern  correcturen  ist  vielleicht  überhaupt  die  leit 
dit  anzugeben,  dahin  gehören  ausser  den  strichen  nach  17,  240 
id  243,  nach  18, 40  und  198,  50:  14, 12  didum]  der  punct  über  m 

26,  7  ceno  canio]  corrigiert  in  cano  caeno  60, 1  Mxi8i  i8 
IS  es  99,  5  leso  aus  lesü  112,  8  per8ecue88ei  daraus  -Missß, 
ler  umgekehrt  116,  3  autumno:  o  aus  u  117,  11  iirfsofi] 
über  u  (s.  unten)  153,  Aplaceat:  t  ans  m  169  inscr.  cUrio 
8  ciiriu  189,  3  hamine:  h  ausgestrichen,  der  strich  dann  wie- 
r  radiert         190,  8  lasciue  aus  -ui        198,  66  oau8'f  aus  causis 

205,  11  grabi:  h  aus  u  224,  7  monstrumi  o  aus  e  236, 
I  amplexus:  p  aus  f  242,  6  ducufU:  t  durchstrichen  250,  1' 
udas  aus  offUia        350,  6  extrueo:  u  wahrscheinlich  aus  o. 

In  der  ausgäbe  sind  die  h&nde  der  correctoren  bisweilen  anders, 
ihrscheinlich  dann  meist  nicht  richtig,  taxiert,    so  erwähne  ich 

eh :  1 7, 44  ^eu :  A  ist  yielleicht  von  erster  band  17, 176  ^erhas : 
ist  wol  nicht  von  erster  band  135,  1  rnensä'. "  ist  eher  neu 
)6, 2  om]  Iwris  ist  nicht  von  Salmasins,  sondern  etwa  saec.  X 
Li,  4  eondeo(mdedü  ist  nicht  von  erster  hand ,  aber  doch  in  alter 
it  eorrigiert  267,  2  casta  ex  ca8ie\  das  letzte  a  ist  von  alter 
«r  nicht  der  ersten  hand  362,  6  gi  über  prodiale  ist  aus  der 
it  der  uncialschrift. 

Von  diesen  correcturen  abgesehen,  welche  genau  anzugeben 
icht  in  dem  zweck  meiner  auf  die  erste  hand  gerichteten  collation 
kg  und  welche  für  die  teztesconstitution  auch  von  keinerlei  bedeu* 
nag  sind;  ebenso  abgesehen  von  bloszen  druckfehlem  (es  musz 


262  ABiese:  zur  lateinischen  anthologie. 

ziemlich  heiszen  11,  3  secundumy  s.  oben  11,  127  ues^at 

u  t 

17,  121  credde         126  denuntias        84,  8  gehört  'corr.   Salma 

zu  lebet  v.  7 ,  wo  Salmasius  levat  gibt         149,  9  animoi        2i 

23  ferum:  über  u  steht  nt^  vielleicht  m.  pr.  ebd.  93  solo 

solum        259,  2  patentis  [r  über  e]         301,  14  nooenie  [i  übei 

e        e 
femer  11,  36  magnim-.  t;  [steht  in  rasur  von  u)  bleiben  i 

noch   folgende  stellen,  an  denen  meine  collation  zu  verbesse 

ist.    man  wolle  lesen  8,  40  anstatt  tum\  tunc  8,  108  ansti 

inplet]  impHet        8,  103  iupittr]  lupüer        11,  9  sowie  13,  8  ni 

16  tyranni]  tyrranni  11,  51  pone\  poene  65  uiramgyi 

utrumque        69  accen$(i\  acensa        95  atqtie]  adq:        15, 19  soat 

tes]  sorades         28  tufn\  tunc         17,  106  flämis]  flämis        21 

ohstruncatus]  ohstruncat         396  amari]  amare         18,  13  sdlii 

solidis        62  subm,']  summittere        58,  2  y  snpra  i]  y  ex  i        63, 
tp^a]  ipse        78, 1  ti&i^]  in  rasur  i?        82, 10  amo/or]  amotor 
83,  2  carmmi^]  carmmmis         13  que]  qu/        18  ^uo^ies]  quotie 
(ebenso  334, 1 ;  338,  5)       83, 7 1  nodis]  ruris       1 15, 7  c^eis]  c^ 

117,  1  atnictus]  amidu,  doch  s.  oben         11  stiba]  fstiba 
119,  1  adspice]  aspice        135,  1  mensam]  mensa^  doch  s.  oben 
131,  8  asciis]  asceis  corr.  aus  ascihus  (erste  band?)        176,  2  tnens 
mens^^     181  inscr.  sptca]  pica  (-a  ist  correctur)         198,  26  lork 
hric/        47  oomm.]  comittere        83  ^ucctf^^ti«]  5ucoe9»5u«       9( 
insc.  crescituro]  crescäuro       216,  2  ^ui^e]  sidera       217, 1  ^uferei 
sideriis  '      ebd.  4  5ati^ui$]  5aft^u^,  spSter  corrigiert        224,  4  4 
^oJutf  (corr.  -et)]  disoluii  (corr.  -€f)       245,  4  uersum  usus  uin  alten 
uersus  usum  (daraus  von  späterer  band  uersum  usus  corrigiert)  « 
ältet^  dh.  älterum  (spätere  band  -os)         253,  94  scutis]  scuto 
95  iure]  iura        138  uiderat]  uderat        254,  7  o^o^]  o^o^ 
.255,  14  qucuf]  que         15  o  eTu]o  exü        258,  1  tifcolur]  fira 
lieh  ob  ne^a/ur        272, 1  ueneri]  ueneris^  später  ist  s  gestrichen 
329,  1  pdas'lpeUas      346,  6  metuuni]  mftunt      348  inscr.  funden 
fundenteSy  später  ist  s  gestrichen  (s.  oben)       352,  2  (ecum]  tf  •  a 
369,  3  frondis]  fondis      373,  7  ea^^i^if]  ea^ie^      384,  1  exesi 
excfpU,   von  diesen  stellen  ist,  von  orthographicis  abgesehen,  ii 
besondere  für  8,  40,  fllr  15,  28,  für  83,  71,  femer  f^  245,  4  n 
253,  94  L  die  angegebene  lesart  für  den  text  wichtig,  die  übri^ 
haben  keine  prt^tische  bedeutung;  in  17,  396  und  83,  13  soi 
216,  2  gibt  mein  text  die  hs.  wieder.   83,  71  wird  nun  wol  ruiris^ 
ministram  .  .  opem  zu  lesen  und  der  sprachlichen  geziertheit  des  { 
dichtes  entsprechend  'ackerpflegende  kraft'  zu  übersetzen  sein. 

ImThuaneus  8071  differieren  die  beiden  ooUationen  an 
stellen,   an  14  derselben  ist  das  richtige  das  von  mir  angegebei 
dagegen  ist  zu  bessern  117,  9  honore  in  honori         192,  d  emtm 
currat        ebd.  4  ist  iuhant  aus  iuuant  wol  sehen  von  erster  hm 


ARiese:  zur  lateinisehen  anthologie.  263 

felndert        217, 1  sidereis]  sideriis        ebd.  16  cemere  possU]  ceme 

.     h 
i0s{8  aus  t  m.  pr.)9i/         ebd.  21  anhdo]  anado        ebd.  23  dolorem^ 

UfM        ebd.  26  nach  pro  (m.  pr.)  eine  rasur,  worin  de  stand. 

igend  welche  bedeutung  haben  diese  &nderungen  nicht. 

Wichtiger  ist  dasz  dieselbe  hs.  zwischen  der  9n  and  lOn  satire 

fnrenals   folgendes   mir  früher  entgangene   einscbiebsel   enthält: 

foLS"")  Judicii  »ignum:  teUus  sudore  madescä^  die  bekannten  27 

ene;  Persios  3,  66—68;  Mayses  primtts  hebreas  txarauü  UUeras 

iTme  des  Engenius,  vgl.  AL.  II  s.  XXXYII;  (fol.  10  0  AL.  392  und 

193;  Dodra  uocor  (Ansonius  ep.  86  f.)  4  verse.   die  lesarten  sind : 

e 

193  ohne  titel  1  uolenia  2  YppolUe  t/f/eatranta  Uce  deonon  obohn 
e fielleicht  m.  pr.)  alce  3  teotranta  4  conus  (l  über  e) 
wlras  5  ///atras,  in  rasur  te  at  C.  heros  fehlt  6  latus^ 
Mus  von  2r  band  in  rasur  teotras  7  fehlt ;  yon  2r  gleich- 
eitiger  band  am  untern  rande:  EpudU  iheotras  daras  doniis  oebälus 
k       8  Ergo  licus  teotras  mesus        393  teon  und  tyrsis  nirgends 

ni  h         1  tysis        pe^lori        2  sahima        3  Vitaesäbina 
it<K  cognita  laurus        5  vor  4         6  pubes]  bes  in  rasur  m.  2 

r 

i^hus    4  tysis        6  mdodus        7  Nays        8  dauce. 

Dies  wäre  also  das  resultat  der  vergleichung  beider  collationen, 
Hr  mich  ein  wie  ich  denke  befriedigendes  mit  berücksichtigung  der 
eringfügigkeit  fast  aller  nachtrage,  mit  berücksichtigung  auch  des 
mstandes  dasz  die  vollständige  angäbe  und  Unterscheidung  der  spä- 
ern  correcturen  des  Salmasianus  (welche  allerdings  auch  eine  inter- 
'ssante  aufgäbe  bildet  and  wenn  auch  nicht  für  die  feststellung ,  so 
loch  für  die  geschichte  des  textes  nicht  ohne  Wichtigkeit  ist)  gar 
liebt  in  meiner  absieht  lag.  für  die  übrigen  tausende  von  stellen 
iber,  an  welchen  beide  collationen  mit  einander  übereinstimmen^ 
^ird  nun  auch  die  Wahrheit  meiner  angaben  um  so  mehr  verbürgt 
icin,  und  diese  Versicherung  ist  es  auch  welche  zur  Veröffentlichung 
iiescr  nachtrage  eigentlich  erst  die  volle  berechtigung  gibt. 

Frankfurt  am  Main.  Alexander  Bibse. 


37. 

ZU  VARRO  DE  RE  RU8TICA. 


In  dem  kurzen  abschnitte  des  ersten  buches  (c.  10),  wo  die 
^zem  ackermasze,  vom  jugerum  aufwärts,  definiert  werden ,  ist 
^Q  der  textesgestaltung,  welche  der  unterz.  in  den  metrologici  scrip- 
^foi  II  8.  52  gegeben  hat,  noch  die  berichtigung  posita  statt |9{>5/ea 
^Dzmufügen.    es  folgen  nemlich  auf  die  definition  des  heredium  als 


264  FHultfich:  zu  Varro  de  re  rostica  [I  10,  2]. 

eines  ackermaszes  im  betrage  von  bina  iugera  die  worte  haec  post 
centum  centuria ;  dann  wird  diese  centuria  näher  erklärt  und  mit  < 
Wendung  haec  porro  guattuor  centuriae  coniundae  die  bestimmu 
des  nächsthöhem  maszes,  des  salius^  eingeleitet,  es  liegt  auf  ( 
hand,  dasz  das  matte  und  auffällige  po^ea  (auffällig  besonders  W6( 
des  schwachen  determinativs  ea  unmittelbar  nach  haec)  nur  notdürf 
durch  die  analogie  des  nachfolgenden  j90ito  erklärt  und  gebalten  w 
den  konnte,  aus  dem  vergleich  mit  der  letztern  stelle  war  vielmi 
der  dem  coniundae  entsprechende  ausdruck  auch  an  ersterer  stc 
einzusetzen,  und  das  ist  offenbar,  wie  schon  bemerkt,  jM)^a.  8t 
centum  lag  nahe  die  Vermutung  centiens,  welche  um  so  weniger  a 
fällig  erscheinen  durfte,  als  man  als  ursprüngliche  Schreibweise  ai 
des  Zahladverbs  das  Zahlzeichen  C  voraussetzen  konnte,  doch  ist  (ü 
änderung  kaum  räthlich.  Varro  schrieb  einfach  haecposita  cetut^ 
centuria  ^diese  doppeljugera  im  betrage  von  100  geset-zt  (er  koni 
auch  sagen  camposUa  dh.  cuvreO^VTa,  summiert)  bilden  eine  centori 

Anhangsweise  sei  es  gestattet  die  bemerkung  beizufügen,  d 
allem  anschein  nach  diese  Yarronische  centuria ,  also  ein  masz  y 
2400  fusz  ins  gevierte,  das  normalmasz  fdr  das  von  Poljbio8( 
27  ff.)  beschriebene  römische  lager  und  nicht  minder  für  das  la^ 
der  kaiserzeit  gebildet  hat.  nach  Poljbios  bericht  ist  dieses  gro 
quadrat  deutlich  in  zwei  hälften  geschieden,  deren  eine  zur  auüaali 
der  legionen  und  socii,  einschlieszlich  der  reiterei,  bestimmt  und 
mit  für  die  gesamtausdehnung  des  lagers  maszgebend  ist.  diese  6 
hälfte  hält  gerade  100  jugera,  sie  bildet  ein  rechteck  von  2400  i 
länge  und  1200  fusz  breite,  indem  aber,  entsprechend  dem  pral 
sehen  bedarf  und  den  groszen  in  betracht  kommenden  dimensioo 
als  einheitsmasz  an  stelle  des  fuszes  die  pertica  decempeda  tritt, 
scheint  die  eine  mit  römischen  und  bundesgenossentruppen  bela 
lagerhälfte  als  ein  groszes  jugerum  von  240  ruthen  in  die  lau 
120  ruthen  in  die  breite,  mit  einem  flächeninhalt  von  288  scrip 
dh.  quadraten  von  je  10  ruthen  ins  gevierte.  nach  der  üblie 
römischen  bruchrechnung  (handbuch  der  griech.  und  röm.  metrolc 
s.  69  f.  304 ,  Marquardt  röm.  staatsverwaltimg  II  s.  47  ff.)  kons 
nun  alle  einzelnen  lagerräume  leicht  und  übersichtlich  bezeicb 
werden,  das  einheitsmasz  für  die  lagerräume  der  hastati ,  prind 
und  equites  Bomani  ist  das  scripuHum  selbst,  für  die  triarii  des  du 
dium  scripulum ,  nach  Columella  der  kleinste  in  betracht  komm« 
teil  des  jugerum.  das  praetorium  umfaszt  genau  4  acripula 
1  sextula,  der  Zeitraum  für  je  2  tribunen  1  dimidium  scr^ndumj  \ 
ähnlich  ordnen  sich  alle  übrigen  dimensionen  in  ungezwungen 
weise  ein. 

Eine  nähere  besprechung  dieser  Verhältnisse  und  der  we 
daran  zu  knüpfenden  berechnungen  folgt  vielleicht  später,  w 
eine  passende  gelegenheit  dazu  sich  bietet 

Dresden.  Fribdrioh  Hultsob 


EBadirenB:  8tudien  rar  Qennania  des  Tacitnt.  88& 

38. 

STUDIEN  ZUB  GERMANIA  DES  TAaTUS. 


I.   DIE  HANDSCHRIFTLICHE  GRUNDLAGE. 

Es  gibt  kein  unangenehmeres  geschäft  für  die  kritiker  als  eine 
nrlorene  alte  hs.  aus  jungen  abseiften  zu  reconstruiereui  wenn 
&  snffindung  und  Vervielfältigung  jenes  archetypus  in  die  spätere 
ttitdes  fünfzehnten  jh.  fällt,  in  welcher  die  lesbarmachung  der  alten 
iBtoren  immer  emsiger  und  geschäftsmäsziger  von  den  Itali  betrieben 
wurde,  hier  durch  den  wüst  von  irrtflmem  einerseits  und  interpola- 
tiooen  anderseits,  wie  sie  jede  neue  classe,  jede  neue  abschrift  mit 
adi  bringt,  sich  hindurchzuarbeiten  zur  erkenntnis  des  echten  alten 
bnes  hat  seine  groszen  Schwierigkeiten ;  und  doch  ist  es  notwendig, 
aoDen  nicht  jene  irrtUmer  und  interpolationen,  indem  sie  zur  grund- 
hfp  der  kritik  gemacht  werden,  neue  und  gröszere  erzeugen. 

Uan  weisz  dasz  die  sämtlich  der  zweiten  hälfte  des  fun&ehnten 
jL  angehOrigen  Codices  der  Germania  des  Tacitus  aus  einer  alten, 
tiut  im  kloster  Hersfeld  oder  in  Fulda  befindlichen  hs.  stammen, 
T0&  welcher  (etwa  ums  jähr  1455)  Henoch  von  Asculum  eine  copie 
iifertigte.  man  hat  in  neuerer  zeit  nach  den  Untersuchungen  von 
R^perdej,  Beifferscheid,  Michaelis  ua.  sich  ziemlich  allgemein  dahin 

K'aigt,  unsere  jungen  hss.  auf  zwei  abschriften  jener  copie  des 
odb  zurückzuführen,  auf  die  eine  abschrifb  gehen,  um  Müllen- 
Mi  bezeichnungen  beizubehalten,  B  (Vaticanus  1862)  und  b  (Peri- 
toaianns),  anf  die  zweite  die  anderen  hss.  zurück ,  unter  welchen  C 
(Titicanus  1518)  und  c  (Neapolitanus)  den  ersten  platz  einnehmen, 
^e  flbrigen  hss.  dieser  zweiten  classe  warf  man  über  bord ,  indem 
sor  hie  und  da  eine,  wie  man  annahm,  auf  coi^jectur  beruhende  les- 
art  108  denselben  acceptiert  wurde,  aber  auch  unter  jenen  vier  aus- 
criesenen  hss.  (deren  Varianten  Müllenhoffs  'Germania  antiqua'  mit- 
^)  fand  die  erste  classe  Bb  in  den  meisten  fällen  den  vorzug: 
eisige  in  die  äugen  stechende  lesarten  derselben  bewirkten  ihre  prä- 
jKttderanz  über  Co,  zumal  es  angenehm  war,  in  den  fällen  wo  aus 
Quieni  gründen  zu  entscheiden  schwer  fiel  sich  einem  erprobten 
^Uirer  anvertrauen  zu  können,  das  hatte  freilich  zur  folge,  dasz  man 
^(lem  auch  da  sich  anschlosz,  wo  bei  vorurteilsfreier  betrachtung 
^^  der  höhere  wert  von  C  c  ergeben  muste,  ja  dasz  manche  hgg.  (zb. 
H«ia  ood  Bitter)  die  zweite  classe  gänzlich  bei  seite  schoben,  da- 
dordi  endlich ,  dasz  man  gelegentlich  auch  die  singulären  lesarten 
füizeher  hss.  zur  grundlage  der  kritischen  Operationen  machte,  kam 
^  die  kritik  ein  völlig  schwankendes  und  imsicheres  element 
kinein. 

Gegen  die  vorbin  erwähnte  Classification  hat  sich  kürzlich  eine 
^^i<m  erhoben,  indem  Alfred  Holder*)  in  seiner  ausgäbe  der 

*  Coroelii  Taciti   de  origine  et  situ  Germanoram  Über,    recensuit 
Alfred  Holder.    Lipsiae  in  aedibus  BGTeubnerL    1978.    56  8.    gr.  8. 

^«brMch-r  Tor  clts».  philol.  1880  hf t.  4.  18 


266  EBaohrens:  fstudien  zur  Germania  des  Tacitai. 

Germania  hauptsächlich  aus  der  schar  jener  vollstftndig  über  bord 
geworfenen  hss.  die  stützen  seines  apparates  hernahm,  er  stellt  m 
die  spitze  den  Hummelianus,  ihm  zur  seife  den  Stutgartiensis  und 
Monacensis,  nur  gewissermaszen  aushilfsweise  werden  Bb  an  dritter 
stelle  herbeigezogen. 

Auf  welcher  Seite  befindet  sich  das  richtige?  haben  wir,  um 
ein  sicheres  urteil  über  die  echte  tradition  zu  gewinnen,  uns  in 
Müllenhoffs  oder  an  Holders  ausgäbe  zu  halten?  die  Wahrheit  scheint 
mir  auch  hier  in  der  mitte  zu  liegen :  durch  die  benutzung  von  bei* 
den  läszt  sich  die  alte  Überlieferung  feststellen,  und  zwar  in  einem 
grade,  wie  es  wol  selten  bei  einem  blosz  in  jungen  hss.  des  Cinque- 
cento erhaltenen  autor  der  fall  ist.  wer  durch  langen  Umgang  mit 
den  italiänischen  hss.  vertraut  den  Hummelianus  (welchen  ich  im  fol- 
genden mit  H  bezeichne)  prüft,  musz  darüber  erstaunen,  dasz  eine 
so  vorzügliche  textesquelle  in  neuerer  zeit  ko  gSnzlich  vernachlässigt 
werden  konnle,  musz  es  Holder  dank  wissen,  dasz  er  durch  seine 
fleiszige  reconstruction  von  H  aus  den  vorhandenen  collationen  uns 
ein  festes  bild  desselben  verschafft  hat.  darin  sehe  ich  das  verdienst 
von  Holders  ausgäbe :  denn  die  art  und  weise,  wie  er  H  benutzt  und 
die  übrigen  hss.  verwertet,  zeigt  mir  dasz  er  das  richtige  verwandt- 
Schafts  Verhältnis  nicht  erkannt  haben  kann. 

Eingehendere  Untersuchung  der  frage  hat  mich  zn  der  Über- 
zeugung geführt,  dasz  H  eine  von  einem  Deutschen  verfertigte  directe 
abschrift  des  alten  Hersfelder  (resp.  Fuldaer)  archetjpus  (0)  ist,  flo 
dasz  H  als  selbständiger  Vertreter  desselben  gegenüber  der  copie  des 
Henoch  (J)  und  somit  allen  übrigen  hss.  der  Germania  dasteht,  de^ 
selbe  fall  findet  sich  bei  den  lateinischen  Panegyrici,  deren  alter 
Maguntinus  zuerst  von  Aurispa  (dessen  copie  die  maijse  der  italittnischen 
hss.  erzeugte)  und  dann  weit  besser  von  einem  (oder  vielmehr  von 
zwei)  Deutschen  abgeschrieben  wurde:  vgl.  die  praefatio  meiner  aui- 
gäbe  und  dazu  rhein.  mus.  XXX  s.  464. 

Um  seine  von  J  unabhängige  provenienz  aus  0  zu  erweiseii 
musz  H  zwei  bedingungen  erfüllen:  erstlich  musz  er  seine  singulflren 
lesarten  haben,  welche  nicht  auf  conjectur  eines  cinquecentisten  be- 
ruhen, sondern  den  stempel  unverfälschter  echtheit  an  sich  trageSi 
da  zwei  copien  stets  an  verschiedenen  stellen  von  einander  ab  weichen ; 
zweitens  aber  musz  er,  weil  bei  weitem  in  der  mehrzahl  der  flU* 
die  beiden  copien  übereinzustimmen  pflegen,  da  wo  die  beide! 
classen  von  J  untereinander  discordieren,  auf  der  seite  derjenigen 
classe  stehen,  von  welcher  man  aus  innem  wahrscheinlichkeiti' 
gründen  annehmen  kann,  dasz  sie  die  lesart  von  J  am  treuesten  vot 
bewahrt  hat.  zunächst  also  für  die  H  eigentümlichen  lesarten  einig* 
beispiele. 

c.  2,  12  Müll.  Mannum  originem  geniis  conditoresque  liest  J 
condiiorisqu€j  woraus  Rhenanus  conditoresque  machte,  nicht  glflcklich» 
da  nicht  beide,  Tuisto  und  Mannus  zugleich,  die  conditores  Bind.  Tor* 
trefflich  bietet  H  conditoremque :  Mannus  ist  nicht  nur  die  origoi^ 


EBaelirenB:  Studien  inr  Germaiiia  de»  TadtoB.  367 

st  Aeneas  bei  Vergilias  Bomanae  stirpis  origo)^  eondem  auch  der 
Uior  des  deutschen  volkes  (so  Vergilius  von  demselben  Aeneas 
umam  condere  gentem).  man  sieht  leicht,  dasz  das  eondiiarisque 
J  nur  eine  irrtümliche  assimilation  des  vorhergehenden  gentis 
mit  recht  hat  Holder  die  lesart  von  H  aufgenommen. 

e.  3, 4  quem  hardUum  uocant.  wenn  hier  die  besten  autoritftten^ 
lenhoff  an  der  spitze,  harditus  nicht  recht  zu  erklftren  wissen, 
n  selbst  der  conservativen  conservativster,  Baumstark,  nach 
fsr  erörterung  sich  dagegen  erklftrt,  wird  man  der  lesart  von  H 
htm  gern  gehOr  geben ,  wie  manche  hgg.  auch  gethan  haben, 
och  selbst  dachte,  als  er  hardUum  schrieb,  wol  an  die  keltischen 
Icn:  den  Aromianus  Marcellinus  hatte  er  noch  nicht  gelesen,  bei 
em  autor  findet  sich  Übrigens  neben  dreimaligem  harritumy  resp. 
r^wm,  auch  Einmal  (XXVI  7,  17)  die  form  uaritum  in  der  masz- 
niden  hs. 

ebd.  13  quod  in  ripa  Bheni  aitum  hodieque  incolUur.  gramma- 
b  correcter  hat  H  incolatury  worauf  indessen  kein  Italiftner  ver- 
tu wftre.   weit  geläufiger  war  es  für  Henoch ,  inoolitur  zu  setzen. 

c.  10,  4  discretos  super  candidam  uestem  temere  ac  fortuiio 
'gunt.  die  an  sich  verständliche  und  nicht  seltene  Verbindung 
iff  ac  fartuiio  bat  etwas  anfallendes,  es  genügfe  fortuUo  spar- 
t;  das  temere  ist  überflüssig,  da  das  9ifie  consiUo  spargere  sich 
selbst  verstand,  die  ganze  sache  darauf  beruhte.  H  gibt  tenetU^ 
nrch  in  diese  detaillierte  Schilderung  ein  neuer  zug  kommt:  sie 
en  (ohne  zweifei  nach  bestimmten  Vorschriften)  die  stäbe  über 
weisses  tucb  hin  und  streuen  sie  aus,  wie  der  zufall  es  gibt,  aus 
Dm  hätte  tenent  nur  durch  einen  sehr  wunderlichen  zufall  ent- 
eo  können ;  weit  mehr  Wahrscheinlichkeit  hat  es ,  dasz  Henoch 
das  nicht  auf  der  Oberfläche  liegende  das  aus  Cicero  ihm  wolbe- 
Qte  fernere  ac  fortuito  einsetzte. 

c.  18,  5  löst  das  mit  recht  von  Holder  aufgenommene  arnlmmt 
H,  welches  für  correctorenweisheit  zu  fein  ist,  alle  bedenken, 
och,  sich  an  das  nächste  haltend  und  non  Uhidinenv^i  beachtend, 
tand  ob  nohiliiatem  amhiunt  nicht:  ihm  schien  amhiuniur  das 
Irlichere. 

c  37,  16  amisso  et  ipse  Pacoro  wird  das  richtige  ei  ipse  H  ver- 
kt:  et  ipso  et  ipse  hat  J.  für  eine  blosze  coiyectur  ist  dies  et  ipse 
{ewihlt,  jeder  Italiäner  würde  das  verständlichere  et  ipso  gesetzt 
en,  wie  in  der  tbat  Henoch,  mit  dem  Sprachgebrauch  des  Tacitus 
ekinnt,  that,  indem  er  über  das  schon  aus  0  abgeschriebene  et 
ab  correctur  et  ipso  hinzufügte,  wie  so  oft,  sind  beide  lesarten 
«0  et  ipse  daraus  in  die  abschriften  geflossen. 

c.  40,  5  hat  H  den  seltenen  völkemamen  Suardones  richtig  auf- 
^rt:  Suarines  schrieb  Henoch  aus  nachlässigkeit.  —  Ich  habe 
<ler  groszen  zahl  von  lesarten,  welche  für  die  vortrefflichkeit  von 
precben,  nur  wenige  schlagende  beispiele  ausgewählt:  das  hier« 

18* 


268  EBaehrens:  Studien  zur  Germania  des  Tacitas. 

durch  gewonnene  urteil  wird  sich  beim  leser  im  folgenden  Yonaelbst 
immer  mehr  befestigen. 

Noch  deutlicher  tritt  die  gute  von  H  hervor  in  seinem  verhUt- 
nis  zu  den  beiden  classen  von  J.  9,  3  liest  Bb  Martern  c.  a>placatit 
et  Ucrcidcm ,  indem  die  zu  anfang  des  Satzes  überschlagenen  worte 
mit  kleiner  Verderbnis  zum  schlusz  beigefügt  worden  sind :  die  lesart 
von  C  c  Uerculein  ac  Martern  c,  a.  placant  bestätigt  H.   die  worte 
25,  9 — 14,  welche  Bb  ans  ende  von  c.  26  stellt,  bat  H  mit  Cc  am 
richtigen  platze,    dagegen  4,  6,  wo  Bb  cenüi  und  Cc  ofo^eruM 
gibt,  bestätigt  H  die  Schreibung  von  Bb,  welche  als  die  seltnere 
und  dichterische  form  bei  Tacitus  auch  die  innere  Wahrscheinlichkeit 
für  sich  hat.   und  ebenso  tritt  er  auf  die  seite  von  Bb  12,  1  con- 
ciJium  (Cc  mit  gewohnter  corruptel  comiliunh)]  22,  9sed  et  {Ccsedj. 
gebt  man  so  den  ganzen  apparat  durch,  so  findet  man  H  stets  in 
Übereinstimmung  mit  derjenigen  classe,  welche  die  vom  4iploma- 
tischen  standpuncte  probablere  lesart  aufweist,  und  es  ist  das  nicht  das 
eklektische  verfahren  so  mancher  italiänischen  hss.,  welches  zwischen 
zwei  classen  hin  und  her  schwankend  bald  aus  der  einen  bald  auB 
der  andern  etwas  nimt.    das  würde  sich  gar  bald  an  unglücklichen 
griffen  zeigen,   vielmehr  beruht  die  Sicherheit,  welche  dabei  in  H 
herscht,  nur  auf  seiner  selbständigen  Stellung. 

Für  jeden,  der  echtes  und  falsches  in  italiänischen  hss.  zu  unter- 
scheiden gelernt  hat,  ist  damit  der  wert  von  H,  wie  ich  glaube,  ent- 
schieden, hierdurch  ist  zugleich  ein  gewaltiger  schritt  gethanziU 
erreichung  des  Zieles,  welches  stets  als  oberstes  vor  äugen  schweben 
musz,  der  Wiederherstellung  von  0.  diese  ruht  jetzt  nicht  mehr  auf 
dem  höchst  unsichem  fundamente  der  beiden  classen  von  J,  darf 
aber  auch  nicht  allein  auf  H  ruhen ,  welcher  naturgemäsz  ebenfalls 
seine  bcdondern  fehler  bat;  sie  musz  vielmehr  das  product  einer 
combination  von  H  und  J  sein,  die  nächste  frage  ist  nun  diese: 
welches  sind  die  treuesten  Vertreter  von  J?  weisen  etliche  sprSst- 
linge  von  J  beeinflussung  vonH  auf?  denn  es  ist  selbstverständlicb, 
da^z  solche  aus  contamination  von  H  und  J  entstandene  has.  al^ 
wertlos  bei  seite  zu  schieben  sind,  eine  darüber  angestellte  Unter- 
suchung hat  zu  folgenden  ergcbnissen  geführt. 

Die  classe  B  b  stammt  aus  einer  zwar  nachlässigen ,  aber  unge* 
trübten  abschrift  von  J,  an  deren  rande  manche  conjecturen  beig^ 
schrieben  waren,  welche  sowol  in  B  als  auch  in  b  teils  in  den  test 
gesetzt,  teils  über  der  zeile  beigeschrieben  sind ;  manchmal  ist  aoch 
die  lesart  des  textes  der  vorläge  in  einem  von  beiden  als  yarianto 
beigefügt.    5,  12  haben  H  und  Cc  haud  proinde  afficiuniur:  b  giW 
pcrinde,  B  perindc  mit  f  pro  über  der  zeile.   es  stand  eben  prokidc 
auch  in  der  vorläge  von  B  b,  dazu  perinde  als  conjectur  am  rafld*' 
G,  14  hat  H  mit  Cc  (=  0)  ita  cuncto  orhc:  B  hat  conmndo  i^ 
texte  und  ctiucto  am  rande,  b  cuncto  im  texte  und  coniuncto  überdar 
zeile :  auch  hier  hatte  die  vorläge  cuncto  im  texte,  dazu  die  randvar- 
mutung  eines  Italiäners  coniuncto,   26,  7  H  nebst  Cc  lahare  content' 


EBaehreiM:  stodien  zur  Gennania  des  Tacitas.  269 

:  80  B  im  texte  und  dazu  am  rande  i  lahorare^  dies  steht  in  b 

im  texte  mit  der  Variante  lahore:  es  ist  dies  läborare  eine  schlechte 

cotü^ctor  der  vorläge,  welche  gar  keinen  kritischen  wert  hat.   so 

sind  öfters  fehler  des  textes  teils  nach  andern  (italiftnischen)  hss.  ver- 

bessert)  teils  durch  conjectnr  umgeändert  worden  in  jener  vorläge ; 

mid  daa  hat  in  den  abschriften  Bb  allerlei  Verschiedenheiten  erzeugt. 

Cwsl  man  dies  richtig  auf,  so  kann  es  für  die  erkenntnis  des  echten 

Wnen  schaden  anrichten:  jene  conjecturen  sind  einfach  als  solche 

xninrfifen.   so  stand  zb.  8,  11  ohne  zweifei  in  0  cmriniam  (wie  H 

md  die  meisten  italiftnischen  hss.  im  texte  haben):  alMniam  (B  am 

nade,  b  über  der  zeile,  c  von  zweiter,  wertloser  band)  ist  itaUftnische 

eei^jeetnr,  welche  für  Wackemagels  Vermutung  Albrunam  gar  keine 

itntie  bietet,  ich  würde  Äuriniam  ruhig  in  den  text  setzen.  —  Nur 

thunal  tritt  der  fall  ein,  dasz  derjenige,  welcher  in  der  vorläge  von 

Bb  leine  conjecturen  beischrieb,  mit  H  übereinstimmt.  22, 15  hatte 

iUemiia  ioei^  H  dagegen  (und  zwar  nach  meiner  ansieht  richtig) 

hBOitia  lod.   und  gerade  dies  loci  finden  wir  in  B  und  b  als  Variante, 

ob»  dasz  daraus  ein  schlusz  auf  contamination  gezogen  werden  kann, 

bbei  in  Bb  eine  leichte  conjectnr  ist.  —  Dasz  die  singulftren  les- 

ttten  von  B  oder  b  (und  gar  dessen  zweiter  band)  an  sich  keinen 

•^kdern  wert  als  coiyecturen  besitzen  (wie  zb.  8,  7  mihäes^  übrigens 

«B6  lehr  glückliche  conjectnr),  springt  von  selbst  in  die  äugen,  ob- 

vol  es  hftufig  vergessen  worden  ist. 

Ich  komme  zur  zweiten  classe,  welche  wie  von  den  früheren,  so 
ndi  ton  Holder  sehr  stiefmütterlich  behandelt  worden  ist.  ihre 
l^^itei  Vertreter  sind  C  c,  welche  trotz  einzelner  fehler  am  treuesten 
ihreTorlage  wiedergeben,  und  diese  vorläge  war  eine  weit  sorg- 
tttigere  abschrift  von  J  als  die  vorläge  von  Bb,  hatte  auch  nur  in 
welligen  fUlen  (wo  C  auf  seilen  von  Bb  gegen  c  steht:  vgl.  unten) 
^dbemerkungen  eines  correctors  (und  zwar  mit  vergleichung  von 
Bb)  erhalten,  aus  dieser  vorläge  sind  neben  Cc  auch  die  noch  übrigen 
^.  der  Germania  in  verschiedenen  abstufungen  geflossen,  darunter 
der  Stotgartiensis  und  Monacensis.  bei  diesen  musz  ich  wegen  des 
wertes,  welchen  Holder  ihnen  ganz  unverdienter  weise  zugeschrieben 
^  etwas  verweilen,  beide  gehen  auf  ein  gemeinsames  exemplar 
^''tfUk^  welches  ich  der  kürze  halber  mit  Holder  durch  T  bezeichnen 
^  der  grundzug  von  f  ist  Übereinstimmung  mit  J,  ppeciell  mit 
Cc  (sitflrlich  hat  er  wieder  seine  eignen  fehler,  ab.  7,  5  uincere). 
'^oMut  waren  in  f  einige  Varianten  aus  der  classe  Bb  am  rande 
*iV<emerkt  (zb.  5,  12  perinde;  38,  12  die  auslassung  von  solo;  38, 
I^  Qrmant%ir  usw.).  so  kam  f  über  die  Alpen  nach  Deutschland,  wo- 
*^bit  sich  jemand  fand,  der  am  rande  die  lesarten  einer  deutschen 
"f*  beischrieb ;  und  zwar  war  dies  keine  andere  als  H.  natürlich  war 
^  collation  keine  so  sorgfältige,  wie  wir  sie  heute  anzustellen 
Pkgen:  zufftllig  und  planlos  wurde  das,  was  an  Varianten  bemerkens- 
wert erschien,  verzeichnet,  gerade  einige  der  bedten  lesarten  von  H 
^^^iengen  dem  vergleicher,   die  sprOszlinge  dieses  so  beschaffenen  f 


270  EBaehrens:  Studien  zar  Germania  des  Tacitaa. 

zeigen  nun  dieselben  eigentümlichkeiten  wie  die  der  ersten 
B  b ,  nur  in  weit  höherem  masze :  überall  begegnen  wir  in  Statg^^iT 
tiensis  und  Monacensis  einem  umherschwanken  zwischen  dem  wa^^  » 
im  texte  und  am  rande  hatte;  nirgends  ist  ein  festes  prindp,  ^aiir 
ein  reiner  zufall  ist  es,  wenn  beide  zugleich  eine  randbemerkon^  ig 
ihren  tezt  aufgenommen  haben,   dazu  sind  beide  ftuszerst  liederl^ 
geschrieben,   solche  misch-hss.  haben  für  die  kritik  gar  keinen  wert, 
sondern  stiften  nur  Verwirrung  und  unheil  an;  und  ans  ihnen  aUao 
und  jeden  schmuz  sorgfältigst  zu  notieren  war  ein  hOchst  über- 
flüssiges geschäft.    statt  ihrer  hätte  Holder  Co  in  seinen  appant 
aufnehmen  müssen,   doch  wie  nichts  so  schlecht  ist,  dasz  es  niclri 
doch  noch  zu  etwas  nützlich  sein  kann,  so  werden  auch  Stuig.  und 
Mon.,  wie  sich  unten  ergibt ,  an  ein  paar  stellen  aushilfsweise  be- 
nutzt werden. 

Sind  somit  Bb  (diese  mit  sorgfältiger  prüfung  der  stellen  wo 
sie  Varianten  haben)  und  femer  C  c  die  zuverlässigsten  Vertreter  von 
J,  so  wird  die  frage,  was  bei  differenzen  zwischen  Bb  und  Ccin  J 
stand,  jetzt  sicher  durch  H  beantwortet  werden  können;  und  hier- 
mit ist  auch  das  was  0  hatte  gegeben:  diejenige  lesart,  welche 
H  bestätigt,  hat  zunächst  J  und  dann  folgerichtig  auch  0  gehabt- 
welch  eminenter  nutzen  daraus  fQ.r  die  kritik  resultiert,  mögen 
einige  beispiele  zeigen.  2,  12  musle  man  bisher  im  zweifei  sein,  cib 
Bb  mit  et  filium  Mannum  (so  b  von  erster  band)  oder  Cc  mit  et 
fiUum  Mannum  den  vorzug  verdiene,  zwar  ist  die  corruption  von 
ei  in  et  etwas  wahrscheinlicher,  aber  auch  der  umgekehrte  fall  ist 
recht  wol  denkbar.  H  zeigt  jetzt  dasz  ei  in  0  stand,  und  das  iM 
methodischer  weise  aufzunehmen.  —  6,  8  m  inmensum  H  mitCc 
(=0):  inmensum  Bb  aus  irrtum.  —  7,  2  infinita  ac  Ub,pate8tas;  dt 
duces  H  mit  Cc  (=  0) :  infinita  aut  lih.  potestas;  etiam  duces  Bb.  — 
13,  5  prqpinquus  H  mit  Cc  (=  0):  propinqui  Bb.  —  13,  9  digHO' 
tionem  H  mit  Cc  (=  0):  dignitatem  Bb.  —  14, 12  liesz  sich  gernde 
so  viel  für  tuentur  (Bb)  wie  für  tucare  (Cc)  geltend  machen;  abtf 
dies  wird  durch  H  gestützt  und  als  lesart  von  0  erwiesen.*  -^ 
28,  1  summus  auctorum  H  mit  Cc  (=  0):  summtts  cmtor  Bb.  — 
30,  12  liomanae  disciplinae  H  mit  Bb  (»=  0):  ratione  diadpUmi^ 
Cc.  übrigens  zeigt  hier  C  mit  seinem  röe  die  genesis  des  fehlers:  es 
ist  das  eine  im  15n  jb.  nicht  seltene  abbreviatur  für  romofie,  aber 
auch  die  von  ratione,  —  Also :  0  wird  durch  den  consensns  von  B 
mit  einer  der  beiden  italiäniscben  classen  repräsentiert;  es  erwei'^ 
sich  dann  die  andere  lesart  derselben  entweder  als  irrtum  oder  nl* 
interpolation. 

£s  gibt  einige  wenige  fälle ,  wo  C  mit  B  b,  c  dagegen  mit  B 
gebt,  der  kritisch  interessanteste  fall  dieser  art  ist  38, 12  primc^P^ 
et  ornatiorem  Mhent.   H  gibt  omatorem,  eine  lesart  welche  ich  t^ 

*  unbegreiflich,  wie  manches  andere,  ist  fOr  mich  dass  HSeb^^ 
(JAhrb.  1879  s.  282)  hier  tueri  licet  herstellen  will,    als  ob  iuemr  etw«* 

anderes  bedeutete. 


EBaehrens:  »tadien  zur  Gefmania  de«  TacHot.  271 

riehtig  halte,   o        r,  amatrix  ist  bei  den  Bömem  die  bexrichnang 
di«a  Sklaven  a    i  der  sklavin,  welche  wie  für  die  toilette  so  aach  Air 
3tm  haar  des  a      hus  und  der  damina  sorge  tragen:  Tgl.  Becker- 
Harcluardt  Vis.  150.    sonach  hfttten  die  suebischen  forsten  für 
dx^  pflege  des  bei  ihrer  nation  so  cultivierten  haares  einen  beson- 
^em  diener  gehabt,   man  mnsz  gestehen  dasz  solch  eine  exquisite 
leeart   nicht  leicht  durch  zufall,   noch  weniger  durch  interpol»- 
iioA  entsteht;  dasz  dagegen  das  unverstandene  amatorem  von  den 
Itaiiinem  in  amatiorem  umgestaltet  wurde,  hat  alle  numeri  pro- 
babilitatis.   hier  hat  nun  im  gegensatz  zu  BbC  (pmatiorem)  blosz  c 
^^naiorem,  ich  bin  aus  den  eben  angedeuteten  grOnden  der  meinung, 
dati  c  hier  seine  vorläge  wiedergibt,  G  dagegen  (sei  es  aus  eigner 
ttfbesserung  sei  es  aus  Bb)  davon  abweicht,   nun  hat  auch  eine  ab- 
idurifi  von  T«  ^«r  Monacensis,  dies  amatorem,   hat  Mon.  dies  aus 
dem  texte  oder  vom  rande  («»  H)  von  T  genommen?    ich  glaube 
liebt  dasz  eine  solche  gegenüber  cmaHorem  schwierige  lesart  aus  H 
iBgemerkt  worden  ist,  halte  vielmehr  dafCür  dasz  T  nrsprünglich 
«niotoraii  im  texte  hatte,  dasz  dazu  aber  schon  frflh,  ehe  t  luu^h 
Dentochland  kam,  omacwrem  (so  Stutg.)  am  rande  nach  Bb  beige- 
•cbrieben  war.   so  die  innem  gründe  abwftgend  kommen  wir  zu  dem 
I     itsoltate,  dasz  auch  die  zweite  italiänische  claese  von  haus  aus  oma- 
^fftm  las,  mithin  wegen  der  Übereinstimmung  mit  H  auch  J  und 
^Iglieh  0  so  gab.  —  Geht  man  in  dieser  weise  zu  wmrke,  so  erle- 
digen lieh  jene  wenigen  stellen  leicht;  ausgeschlossen  ist  auch  nicht 
diemSglichkeit,  dasz  nochmalige  einsieht  von  C  an  denselben  eine 
^onreetor  von  zweiter  band  ergibt. 

Es  läszt  sich  also  zum  grösten  nutzen  der  kritik ,  welche  jetzt 
ein  sicheres  fundament  erhält,  0  selbst  an  den  meisten  stellen 
^Mergewinnen.  übrig  bleiben  noch  diejenigen,  an  welchen  die 
kiden  copien  H  und  J  einander  gegenüberstehen,  trotzdem  nun 
^  Charakter  dieser  beiden  copien  d^r  ist,  dasz  H  weit  zuverlässiger, 
"^  ludilftusigcr  geschrieben  ist,  so  darf  man  doch  nicht  vergessen, 
^  auch  H  (wie  die  besten  hss.  aller  autoren)  menschlichkeiten  des 
Treibers  aufweist:  so  bat  zb.  37,  9  J  richtig  imperataris  Traiani^ 
B  mit  falscher  Wortstellung  (denn  Tacitus  folgt  darin  dem  allge- 
^'^n  gebrauche)  Traiani  imperatoris,  aber  freilich  in  der  groszen 
Erzähl  der  (%)le  verdient  H  den  Vorzug. 

Ich  will  nun  zum  schlusz,  um  zu  zeigen  wie  ich  mir  eine  künf- 
^  kritische  ausgäbe  der  Germania  vorstelle,  beispielsweise  den 
H>parat  zu  c.  3  —  6  beit^etzen.  ich  bezeichne  dabei  durch  g  die  auf  irr- 
^  oder  interpolation  beruhende  italiänische  lesart.  3^  4  (MfilL) 
}^fm  H  :  bardiium  J  7  uoces  ill(a)e  uidentur  0  10  üUxen^ 
^0  13  hodieque  0  :  hodU  g  incolatur  H  :  mcolUur  J 
^^  post  nominatumque  lacuna  erat  in  0,  quam  äcKirrupTtov  addendo 
•*pl.  g  16  repevia  0;  corr.  H  m.  2,  g  montmeniague ,  ita  0 
18  raecie  germanie  que  H  :  germaniae  r{a)etiaeque  J  4,  2  cofi- 
^^^  0        5  quafnguam  0  :  tamquam  g        6  cendi  0  :  c{a)endei  g 


272  EBaehrens:  studien  zur  Germania  des  Tacitiu. 

10  assueuerunt  vel  assucrunt  J  (de  H  non  constat)        6,  7  eeqm.  ^ 
ita  0        12  proinde  0  :  perinde  g        21  affedione  0  :  affeäatione     ^ 
6,  5  ahm  H       cominus  H       8  in  inmensum  0  :  in  mensuvm,    g 
10  distinffuuntur  H :  disting\int  J       11  ^a2e(a)e  0       12  iiark%  y^ 
0  :  uariäate  g        14  etincfo  0  :  coniundo  g        16  ^a^iifiaii^t  p 

19  düedos  H  :  delectos  J         21  (^tiod  0  :  guulem  er        pnm^cji» 
H  :  primo  J         27  inire  J  :  adire  {in  supra  ad  scripto)  H 

II.   VERBESSERUNGEN. 

Auf  der  von  der  diplomatischen  kritik  festgestellten  gmndlage 
baut  die  divinatorische  kritik  weiter,   betrachtet  man  die  ängstlich- 
keit ,  mit  welcher  sich  heutzutage  manche  herausgeber  und  erkllrer 
gegen  jede,    auch  augenscheinlich  richtige  Veränderung  des  .textefl 
hartnäckigst  wehren,  so  möchte  man  auf  die  Vermutung  kommeii 9 
es  handle  sich  um  ein  monument  aus  erz  oder  marmor,  welches  iiic^ 
Cinquecento  ausgegraben  uns  des  Schriftstellers  worte  in  aatheii>* 
tischer  gestalt  überliefert  habe,   sieht  man  näher  zu,  so  gewahrt 
man  dasz  auch  die  Germania  das  loos  dessen  was  auf  pergamexat 
uns  überkommen  ist  teilt ,  dasz  nemlich  in  den  acht  oder  neun  jih^r- 
hunderten ,  welche  zwischen  ihrer  entstehung  und  der  ältesten  fO-^ 
uns  erreichbaren  quelle  0  liegen ,  eine  menge  der  versohiedenartl^* 
sten  fehler,  wie  bei  jedem  andern  autor,  sich  eingenistet  hat;  mB^ 
wundert  sich  über  die  Verstocktheit  derer,  welche  lieber  verkehrfc^^ 
und  unsinniges  dem  Verfasser  aufbürden  als  hie  und  da  einige  bacl^' 
Stäben,  wo  die  innere  ratio  es  erheischt,  umändern,     wir  gdnn0>^ 
einem  jeden  sein  ^mumpsimus'  und  die  freude  daran  von  herzen  \ 
nur  möge  man  uns  gestatten  unserer  meinung  zu  folgen. 

c.  2, 15  quidamy  ut  in  licentia  uettistatis^  plures  deo  ortca  phircS' 
que  gentis  appellatianes ,  Marsos  Gambriuios  Suebos  Vandüws^  (rfß^' 
mant,  die  beziehung  von  deo  ist  unklar,  der  umstand  dass  noT 
Tuisto  als  deus  bezeichnet  ist,  nötigt  es  auf  diesen  zu  denten,  znnxÄl 
Mannus  ohne  zweifei  nicht  als  gott,  sondern  in  seiner  eigensch»^ 
als  origo  conditorque  gentis  wie  ein  heros  gefeiert  wurde.  al^C 
trotzdem  an  Mannus  zu  denken  zwingt  dagegen,  was  über  dess^^ 
drei  söhne  (worauf  das  plures  am  natürlichsten  bezogen  wird)  ges»0^ 
ist.  nimt  man  dazu,  dasz  das  nackte  deo  an  sich  befremdet,  80  mos' 
die  lesart  von  H  plures  de  eo  ortos ,  welche  mit  Einern  schlage  all^ 
Schwierigkeiten  beseitigt,  sofort  überzeugen,  sie  kann  auch  kei>^ 
conjectur  des  Schreibers  sein:  dieser  würde,  falls  er  überhaupt  ^^* 
stosz  nahm,  das  zunächst  in  den  sinn  kommende  eo  ortos  geschriel>^ 
haben:  der  seltene  und  dichterische  ausdruck  de  eo  ortos  (vgl.  ^* 
REühner  ausf.  lat.  gramm.  II  s.  363)  trägt  die  garantie  des  echtecs^  ^ 
sich,  bei  einem  zweiten  fehler  der  obigen  worte  sind  wir  auf  ei0^^ 
hilfe  angewiesen,  die  Marsi  Qamhriuii  usw.  sind  deutsche  volle ^ 
Schäften;  das  wüsten  jene  quidam  sonder  zweifei  eben  so  gnt  '^^^ 
Tacitus  und  wir.  wie  konnten  sie  demnach  behaupten,  diese  nam^^ 
seien  appellationes  gentis^  bezeichnungen  für  das  ge^iuntvolk    <3^ 


EBaebrent:  Btadien  zur  Germania  des  Tadicu.  273 

^Batschen?     Baumstark  ttbergeht  allerdings  diese  sehwierigkeit 

Bicht  wie  die  übrigen  erklftrer;  aber  was  er  darttber  bemerkt,  hat, 

pme  so  vieles  bei  ihm,  weder  band  noch  fnsz :  unbefriedigt  und  unbe- 

kitfhrt  verlftszt  man  ihn.  nach  meiner  ansieht  schrieb  Tacitus:  plures 

^  eo  artas  pluresque  gentis  appellatas^  was  in  seiner  knappen  prft- 

eision  besagt:  Mannus  habe  noch  mehr  söhne  gehabt  und  es  seien 

([^2iach  diesen)  noch  mehr  Völkerschaften  benannt  worden,    und  so 

konnte  er  gekost  schreiben,  weil  die  vorhergehende  erOrterung  Aber 

3m  Mannus  drei  söhne  und  die  nach  deren  namen  stattgehabte  be- 

Mcbnung  über  den  sinn  jener  werte  nicht  im  zweifei  Hess,   den  an- 

litt  aber  zum  fehler  gaben  die  verschiedenen  accusativformenii^res- 

gwt  f€9Ui8.  ein  Schreiber  faszte  gentis  ab  genetiv,  und  damit  war  das 

•dueksal  von  appeUaUis  entschieden,   für  uns  ist  kaum  festzustellen, 

ob  Tacitus  wirklich  pf/wresque  getUis  unter  ein  Wirkung  des  wolklanges 

(bekannt  ist  des  Valerius  Probus  bemerkung  bei  (}ellius  darüber) 

oder  anders  schrieb;  für  die  form  auf  -is  vgL  CSirker  in  seiner 

Tidteischen  formenlehre  s.  14  f. 

e.3, 1  fuisse  apud  eo8  äHercuilemmemarani^primumqueamnmm 
mtnm  fortium  üuri  in  prodia  canunt.  9unt  Ulis  haee  quo^ne  cor- 
Mina  quorum  rdaiu^  quem  Ixmtwfn  uocant^  acoenduni  ammas.  hat 
Binmstark  recht,  wenn  er  AE.  s.  182  ff.  in  einer  seiner  gewohnten, 
ibenso  unwissenschaftlichen  wie  unhonneten  Philippiken  Halm  ob 
der  terdftchtigung  dieser  stelle  angreift?  die  Verbindung  hie  qui  (und 
ttf  diese  kommt  es  hier  allein  an)  ist  da  üblich,  wo  hie  auf  etwas  ent- 
weder allgemein'  oder  doch  aus  dem  vorhergehenden  bekanntes  hin- 
w^,  wie  das  auch  an  der  von  Baumstark  beigebrachten  stelle  Cic. 
^  k§,  II  c.  26  der  fall  ist.  wenn  nun  Beisig  vorles.  s.  359  unsere 
stelle  ebenfalls  so  auffaszte,  so  muste  dagegen  sich  strftaben,  wer 
A^  MüUenhoffs  und  anderer  Vorgang  glaubte ,  dasz  hier  eine  ganz 
fteoe  art  von  gesSngen  behandelt  werde,  und  dieser  ansieht  zu  fol- 
gen, dazu  berechtigen  die  werte  $uni  Ulis  haec  quoque  carmina  voll- 
^:  sowie  sie  sich  ohne  weitere  Übergangspartikel  an  das  vorige  an- 
*^eszen,  können  sie  nur  einen  neuen  gedanken  zu  bringen  scheinen. 
^  begreift  es  sich  nicht  nur,  sondern  erweist  sich  auch  als  ganz  rich- 
%  wenn  Halm  die  Überlieferung  angriff,  eine  andere  frage  ist  es,  ob 
'^  angriff  die  richtige  stelle  getroffen  hat.  wir  stehen  hier  vor  dem 
dilemma:  entweder  denkt  sich  Tacitus  die  schlachtlieder  von  den 
S^eiagen  auf  Hercules  verschieden ,  und  dann  kann  sich  haec  nicht 
b^npten;  oder  aber  beide  sind  ihm  identisch,  und  dann  ist  die 
'Verbindung  eine  mangelhafte,  ohne  nun  der  ansieht  bedeutender 
^^elehrten  über  die  wesentliche  Verschiedenheit  jener  zwei  arten 
^oa  gesftngen  entgegentreten  zu  wollen  (wiewol  ich  meine  dasz  Am- 
^''^ns  XXXI 7, 11  harhari  maiorMm  laudes  öUmwribus  stridehani  m- 
^^^^19  für  die  identität  beider  spricht,  wozu  noch  kommt  dasz  Tac. 

*  10  an  der  beknnnten  stelle  c.  20  in  hos  artta,  in  haec  rorpora  qnae 
. .  J^^HT,  welche  nnr  Baaimturks  blinder  eifer  mit  der  unirigen  in  ver^ 
"^diiQg  bringen  konnte,    hine  quod  gehört  gar  nicht  hierher. 


274  EBaelirens:  Studien  zur  Germania  des  Tacünt. 

zwischen  carmina ,  inhalt  der  gesänge,  and  reUdus^  art  des  vortra^^^ 
scharf  unterscheidet),  glaube  ich  zuversichtlich  behaupten  za  kOnn^^a^ 
dasz  der  schriftsteiler  jene  Verschiedenheit  nicht  bezeichnen  wollt^e: 
ihm  müssen  beide  gesänge  ein  und  dasselbe  gewesen  sein,    sonst 
wöre  ja  der  ganze  satz  stifU  Ulis  haec  quoque  carmina  .  .  rqperci^asu 
intumescat  an  dieser  stelle  wenigstens  überflüssige  da  er  nicht  mr 
Sache  gehört  und  weit  besser  in  einem  andern  zusammenhange,  tb, 
c.  6  —  8,  angebracht  werden  konnte,   denn  den  eigentlichen  inhalt 
des  3n  cap.  zeigen  die  sätze  fuisse  apud  eos  ei  Hereulem  memorußti 
und  ceterum  et  Vlixen  quidam  opinanfur . .  adüsse  O^rmaniae  terms* 
wie  zum  schlusz  des  cap. ,  so  musz  auch  zu  anfong  desselben  eiia« 
eingeflochtene  digression  in  innerm  verband  stehen  mit  dem  them^ 
dieser  innere  verband  aber  hört  auf,  wenn  von  der  schon  nebenb0^ 
geschehenden  erwähnung  der  lieder  auf  Hercules  übergespnmgo^ 
wird  auf  gänzlich  verschiedene  schlachtgesänge.    so  etwas  erlaub^ 
sich  eben  kein  ordentlicher  Schriftsteller;  und  Tacitus  hat  sich 
hier  vorliegenden  excurs  ohne  zweifei  nur  deshalb  erlaubt,  weil 
die  carmina  heUica  ftlr  nichts  anderes  als  die  laudes  HercuUs  ani 
und  jetzt  vom  inhalt  dieser  gesänge  auf  ihre  Vortragsweise  ttbergdi't;^* 
dann  aber  durfte  er  in  keinem  falle  eine  passende  übeigangspartik^'l 
unterdrücken:   die  brevitas  Tacitea  hilft  auch  hier  nicht  aus 
verhüllen   dieses  mangels,    vermutlich  fiel  hinter  canunt  ein 
aus,  so  dasz  die  stelle  lautete:  Uuri  in  prodia  canunt:  natu  mü^^ 
iUis  haec  quoque  cannina;  quorum  rdatu  usw.    mit  rücksicht  9XMf 
das  ceUbrant  carminihus  antiquis  zu  anfang  von  e.  2  ist  hier  ha^ 
quoque  carmina  ^auch  noch  solche  gesänge'  gesetzt:  wie  dort  die 
carmina  sacra ,  so  werden  hier  die  carmina  heüica  kurz  im  vorflber* 
gehen  erwähnt,   ich  habe  mit  absieht  hinter  carmina  stärker  inter- 
pungiert,  um  den  begrifi*  des  haec  deutlicher  hervortreten  zu  lassen, 
c.  3  und  4  ex  ingenio  suo  quisque  demat  ud  addat  fidem.  ^ 
corum  opinionibus  accedo  qui  Qermaniae  popuJos  nuüis  äliis  aUanm 
nationum  conuhiis  infedos . .  arhürantur.  in  diesen  Worten  sind  zwn 
fehler  aufgedeckt  und  geheilt  worden :  für  den  befremdlichen  plonl 
opinionibus  schrieb  CMeiser  unter  billigung  von  Halm  und  Nipperdej 
opinioni]  das  trotz  aller  verteidigungs versuche  unhaltbare  nnd  dnrdi 
die  stelle  des  ßudolfus  Fuldensis  als  unecht  erwiesene  äliis  hat  Lipaioi 
getilgt,   aber  wie  kamen  diese  fehler  in  den  text?   darüber  gibt  auf* 
klärung  eine  dritte,  bisher  unbemerkte  corruptel  in  den  Worten  demd 
ud  addat  fidcm.   hierin  ist  demat  ud  ein  überflüssiger  und  unnfltnr 
Zusatz;  des  autors  meinung  drückt  vollkommen  aus  ex  mgemio  mto 
quisque  addat  fidem  *mag  ein  jeder  nach  seinem  individuellen  urt«il 
das  glauben':  darin  liegt  implicite  der  gedanke,  dasz  je  nach  dar 
Verschiedenheit  des  ingenium  die  einen  mehr,  die  andern  weniger 
(und  weniger  bis  zum  vollen  negieren)  jenen  berichten  glauben 
schenken  werden,   wir  haben  eine  thörichte  randglosse  de  naiiam* 
hus  aliis  zum  anfang  von  c.  4  vor  uns,  welche  alle  drei  verderbnisaa 
veranlaszte: 


EBaehrcns:  studien  zur  Germania  des  Tacitus.  275 

animo  est  ex  ingenio  suo  qui8qiie\de  natöi 
addat  fidetn   ipse  eorutn  opinioni^btis 
accedo  gvi  germanie  poptdos  nuüis  äliis 
aliarum  nationum  connubiis  infeäos 
c.  5y  6  ne  artnentis  quidetn  sutis  honor  aut  gloria  frontis.   da  in 
äugen  des  italischen  schriftüteliers  der  den  armenta  eigentüm- 
liche honor  hauptsächlich  in  der  stattlichen  grösze  und  im  schmuck 
d«r  hömer  bestand,  so  sehe  ich  nicht  recht  ab,  weshalb  die  hOmer 
«kVsonderlich  vorgeftlhrt  werden,  da  sie  doch  einen  wesentlichen  teil 
ö«3  9UU8  honor  ausmachen  und  dieser  ohne  sie  sich  allein  auf  die 
ptocerit4is  beschränken  würde,    da  war  es ,  denke  ich ,  hatürlicher  zu 
ftchreiben  Status  honor  aut  gloria  frontis,  und  dasz  so  Tacitus  wirk- 
lich schrieb,  möchte  ich  auch  nach  Baumstarks  besprechung  der  stelle 
(A£.  8.  256  ff.)  noch  glauben. 

c.  5,  11  possessione  et  i4su  haud  prolnde  afficiuntur,  est  uidere 
apud  mos  argeniea  uasa  usw.  schon  oben  wurde  bemerkt,  .dasz  pro- 
inde  in  0  stand  und  perinde  italiänische  coi^jectur  ist.  weder  die 
flberlieferung ,  welche  Holder  in  den  text  setzt,  gibt  einen  klaren 
^,  noch  befriedigt  die  conjectur  perinde,  ich  habe  über  den  ge- 
braach  von  haud  perinde  bei  Tacitus  gehandelt  in  meinen  'miscel- 
^ea  critica'  s.  138,  woselbst  ich  noch  der  gangbaren  erklämng 
luiserer  stelle  (^^  }>ossessione  non  aeque  quam  usu)  folgte^  voreilig, 
^  vielmehr  die  Germanen  sich  aus  beidem  gleich  wenig  machten, 
^d  daran  scheitern  auch  alle  andern  er klärungs versuche ,  welche 
^olgemerkt  nur  einer  conjectur  gelten.  Tacitus  muste,  wie  mir 
scheint,  gemäsz  seinem  zwecke  zunächst  der  Germanen  völlige 
gieichgültigkeit  gegen  gold  und  äilber  erwähnen;  nachdem  dies  dar- 
gelegt war  an  einem  concreten  beispiele,  konnte  die  ausnähme  (die 
dem  römischen  gebiete  zunächst  wohnenden)  angeführt  imd  erörtert 
werden,  danach  vermute  ich:  .  .  et  usu  haud  afficiuntur,  x^ro- 
inde  est  uidere  usw. 

CO,  19  pecuniam  prohant  uetercm  et  diu  notatUy  serratos  biga- 
tosquf,  argcntum  quoque  magis  quam  aurum  sequuntur,  das  an  sich 
bthr  auffallige  quoque  wird  durch  die  vorherigen  worte  als  unmög- 
lich erwiesen,  die  scrrati  bigatique  riefen  bei  jedem  römischen  leser 
das  bild  von  silbergeld  hervor,  weahalb  da  argcntum  quoque*^  es 
kann  vielmehr  nur  heiszen  argentum  quippe  magis  quam  aurum 
sequuntur  —  'silber  nemlich  haben  sie  lieber  als  gold,  weil  jenes 
beim  einkauf  ihrer  kleinen  bedürfnisse  besser  zu  gebrauchen  ist', 
so  spinnt  Tac. ,  an  die  beim  leser  erweckte  Vorstellung  anknüpfend, 
den  gedanken  passend  weiter,  [kürzlich  hat  HSchütz  ao.  s.  278 
argcntumque  vermutet;  aber  dies  explicative  que  wäre  nur  am  platze, 
wenn  serratos  higatostjuc  fehlte.] 

c.  6.  11  uix  uni  alteriuc  cassis  aut  galeae.  equi  non  forma,  non 
uelociiate  conspicui.  dasz  der  singular  galea  erforderlich  ist  sowol 
wegen  cassis  als  auch  insbesondere  wegen  uni  aUeriu€  hat  Rhenanus 
erkannt ,  und  ihm  sind  die  meisten  hgg.  mit  recht  gefolgt,  vielleicht 


276  EBaehrcDB :  btudien  zur  Germania  des  TacitnB, 

aber  verdankt  der  überflüssige  buchstab  e  nicht  einer  dittograpW  ne 
des  folgenden  seinen  Ursprung ,  sondern  ist  mit  einer  art  von  ccr^r- 
ruption,  welche  zb.  im  dialogus  nicht  selten  ist,  gäkae  aus  galeci-       ^ 
entstanden:  galea,   et  equi  non  forma  usw.   wie  vortrefflich  die^^^^ 
(=  etiam:  vgl.  c.  27  et  cquus)  hier  passt,  fühlt  man  leicht. 

c.  6, 13  in  rectum  aut  uno  flexu  dextros  aguni^  ita  comundo  »■  ji^ 
ut  nemo  posterior  sit,   befremdlich  ist  es  allerdings ,  dasz  hier  bK^  oas 
die   Schwenkung  nach   rechts  erwähnt  wird;   Michaelis  Termn^^etd 
dextros  uel  sinistros ,  Dräger  uersos ;  ich  dachte  an  retro  oder  ^r-  f^/. 
mehr  rärosum,   doch  damit  halte  man  es  wie  man  will:  mit  nc^ao^. 
heit  Ittszt  sich  ein  kleiner  fehler  im  folgenden  entfernen,   contk  »ga^ 
ist  italiänische  conjectur  für  das  cuncto  von  0.   es  ist  das  zwar  eüi« 
leichte  Änderung,  die  dem  sinne  entspricht;  aber  es  iSsst  sielt  in 
noch  leichterer  weise  dasselbe  gewinnen,   man  findet  nicht  selten  in 
hss.  iunctus  und  cunctus  verwechselt,   und  hier  ist  nm  so  mehr  flftf 
tun  et 0  orbe  zu  emendieren,  als  Tacitus  in  dieser  schrift  überbaopt 
nur  das  simplex  iunctus  gebraucht. 

c.  7^  2  et  du<xs  exemplo  potius  quam  imperio,  si  prompti^  si 

spicui ,  si  ante  aciem  agant^  admiratione  praesunt,   die  stilistisch  u: 

geföllige  Verbindung  der  beiden  ablative  exemplo  und  admiratia^^ 

pflegt  man  so  zu  verteidigen,  dasz  man  den  erstem  für  den  instrameJ^^* 

talen ,  den  letztem  fdr  den  modalen  ablativus  erklSrt.   mit  verlaaÄ-^ 

sollte  dann  nicht  vielmehr  cum  admiratione  schon  zur  vermeidui^- 8 

jener  harten  Verbindung  geboten  gewesen  sein?   doch  dieser 

ist  ein  kleiner  im  Verhältnis  zu  dem  unbemerkten  nnsinn  in 

Zwischensatze  si  prompti  .  .  agant.  jeder  versteht  si  prompti^  si 

spicui'^  aber  wie  es  als  etwas  besonderes  hervorgehoben  werden 

dasz  die  führer  ante  aciem  aganty  ist  mir  wenigstens  unerfindlich,  do^^ 

zu  stehen  ist  einfach  ihre  pflicht  und  Schuldigkeit:  dafür  haben  9^^^ 

das  imperium,  dafür  sind  sie  duces.   also  wie,  in  welcher  wei^  ® 

sie  ante  aeieni  agant^  gab  natürlich  bei  ihrer  Wertschätzung  den  av  ^' 

schlag;  und  man  fühlt  jetzt  dasz  das  dritte  si  überflüssig  ist,  d^^^ 

es  ankommt  auf  si  prompti  ^  si  conspicui  ante  aciem  agant.   und  hi^^ 

gibt  uns  H  einen  fingerzeig,  wie  nicht  nur  dieser  fehler,  sonde^"^ 

auch  der  an  erster  stelle  hervorgehobene  übelstand  sich  entfemi 

läszt,  indem  er  5t  prompti  ac  conspicui  si  ante  bietet,   ich  halte 

danach  für  sicher  dasz  Tacitus  schrieb :  duees  exemplo  potius  gwg' 

imperiOy  si  prompt i,  ac,  si  conspicui  ante  aciem  agant ^  admiratio^^^ 

praesunt.    so  wird  ein  trefflicher  gegensatz  gewonnen:   mehr  m- 

durch  ihr  imperium  stehen  sie  an  der  spitze  durch  das  von  ihnen 

gebene  beispiel ,  wenn  sie  in  thatkräftiger,  und  durch  die  von  ihn^^ 

erweckte  bewunderung ,  wenn  sie  in  hervorragender  weise  vor  d< 

schlachtlinie  handeln,     die  genesis  des  fehlers  liegt  deutlich  T' 

si 
äugen,   im  archetypus  stand  si  prompti  ac  conspicui  si  ante 

indem  das  an  falscher  stelle  stehende  zweite  si  wieder  an  attn^X* 

richtigen  platz  gebracht  war.  der  Schreiber  von  H  kümmerte 


EBftdurenst  ttadien  inr  Germaiiia  des  Tadtus.  277 

jttdit  um  die  ihm  wol  unverstttndliche  correctar,  Henooh  aber  hielt 
du  flbergeschriebene  si  ftlr  eine  yerbessening  des  ae^  indem  er  die 
nter  dem  si  des  textes  befindlichen  und  vielleicht  andeaüichen 
pmicie  fibersah.  wer  viel  mit  hss.  verkehrt  hat,  weiss  wie  oft  in 
•okher  weise  fehler  entstanden  sind,  wollte  man  die  ansieht  auf- 
stellen,  dasz  es  zur  erreichung  dieses  gedankens  keiner  ändemng 
bedttrfe  und  dasselbe  mit  der  lesart  von  H  erreicht  werde  bei  der 
itsrpnnction  prompti  ac^  conspkui  si  cmte^  so  ist  darauf  zu  erwidern, 
wol  kein  römischer  autor  so  geschrieben  haben  würde;  weil  der 
an  nnserm  ausgebildeten  interpunctionssystem  dem  antiken 
ein  misverstftndliches  verbinden  der  werte  nur  zu  nahe  legte, 
dasz  zweitens  dabei  die  lesart  der  italiSnischen  hss«  nicht  ihre 
«■Ulrang  findet. 

e.  14,  15  natu  epuiae  et  guamqmm  incompti  largi  tarnen  appa» 
rate  pro  sHpendio  cedunt.  materia  munifioenitiae  per  hdla  et  raptus. 
xnit  der  von  den  Interpreten  aufgestellten  erklftrung  des  nam  kann 
ich  mich  durchaus  nicht  befreunden,   wir  haben  in  diesen  werten 
den  zweiten  grund  dafELr,  weshalb  vornehme  Jünglinge  zu  andern 
kiegführenden  vOlkem  eilten :  einerseits  wollten  sie  ihrem  gefolge 
Gelegenheit  zur  auszeichnung  in  der  schlacht  geben,  anderseits  selbst 
^  mittel  zur  emfthrung  und  Unterhaltung  desselben  gewinnen,  dies 
iHdere  wird  nun  durch  die  ganze  Satzverbindung  völlig  verdunkelt; 
Qrf  die  Worte  materia  .  .  raptus^  welche  einen  wesentlichen  bestand- 
ttl  des  gedankens  bilden,  bleiben  selbst  in  d^m  falle  dasz  man  hinter 
ff>Am<  ein  komma  setzt  so  im  hintergrunde,  dasz  ihre  Wirkung  vor- 
dren geht,   ich  mOchte  in  Überlegung  geben,  ob  nicht  nam  sein  da- 
sein  einem  Schreiber  verdankt,  welcher  unleserliches  so  gut  er  konnte 
Enteilte,    vielleicht  stand  auf  altem  pergament  einmal  mit  halb- 
^^rloschenen  zOgen  <t'  qhj  wonach  ich  herstelle:  et,  quando  epulae 
•  .  eedunt^  materia  munificentiae  per  heUa  et  raptus. 

c.  15,  8  11105  est  ciuitatihus  ültro  ac  uiritim  conferre  principibus 

*•*?  armentartim  uel  frugum^  quod  pro  honore  acceptum  etiam  necessi- 

*«Mi5itf  subfienii,   Kritzens  Verteidigung  der  genetive  ud  armentorum 

^*^  firugum  durch  erg&nzung  eines  pron.  indef.  aus  dem  folgenden 

'^laÜTsatze  ist  verfehlt,  da  sein  beispiel  anderer  art  ist  und  die 

^wte  qttod  (=  idque)  pro  honore  usw.  selbständig  aufzufassen 

^nd.  das  hat  man  auch  gefühlt  und  daher  einen  absoluten  gene- 

^^  partitivus  nach  griechischem  Sprachgebrauch  statuiert,   leider 

^^  nch  derselbe  im  lateinischen  nicht  nachweisen,   steht  man  so- 

^^  einer  singulSren  sprachlichen  thatsache  gegenüber  (und  es  wäre 

^^iiiiderbar,  wenn  bei  der  vielseitigen  Verwendung  des  partitiven 

S^Qetivs  sich  kein  beispiel  mehr  fönde,  hätte  die  griech.  construction 

^  die  lat  spräche  aufnähme  gefunden) ,  so  darf  man  wol  die  ver- 

>&utQng  aufstellen,  es  möchte  hier  ein  wort  ausgefallen  sein,  ent- 

^^der  conferre  principibus  primum  uel  armentorum  uel  frugum 

V^d  bekanntlich  hat  primum  auch  die  bedeutung  von  primariumy 

^''«»ecipMum)  oder  cpr,  ud  armentorum  uel  frugum  modum^  quod 


278  EBaebrens:  etudien  zur  Germania  des  Tacitiii. 

pro  honore  usw.,  so  dasz  der  satz  quod  .  .  subuenit  sich  auf  das  ganze 
vorhergehende  bezieht:  vgl.  c.  25  frumenti  modum. 

c.  15,  12  eledi  equiy  magna  arma^  phalerae  targuesque,  durch* 
aus  berechtigt  ist  der  anstosz  an  den  werten  magna  airma,  man  be- 
ruft sich  auf  c.  6,  wo  von  der  kleinheit  mancher  waffenstacke  die 
rede  ist.  ob  ein  volk  aber  gröszere  oder  kleinere  waffen  hat,  bSngl 
lediglich  von  ihm  selbst  ab  und  von  dem  gebrauche  den  es  davon 
macht,  kann  es  überhaupt  sich  waffen  bereiten,  so  verfahrt  et 
darin  nach  belieben,  und  nur  /grosze  waffen'  bedenten  die  magnc 
arma;  alles  was  man  hineingelegt  hat  (Baumstark  meint,  sie  stän« 
den  im  gegensatz  zu  ärmlichen  waffen)  liegt  nicht  im  ausdmok.  es 
leuchtet  ein,  dasz  nur  die  producte  der  feinem  waffensohmiedekonsi, 
wie  sie  den  Germanen  unbekannt  war,  gemeint  sein  können,  nnd 
so  vermutete  Köchly  dem  gedanken  nach  sehr  ansprechend  in^gnic 
arma,  was  von  mehreren  Seiten  billigung  fand,  ich  ziehe  indessen 
vor,  was  mehr  äuszere  Wahrscheinlichkeit  hat:  magnifica  arma, 
SO  ist  zb.  34,  10  magnificum  in  Bb  in  magnum  corrumpiert. 

c.  16,  10  quaedam  loca  düigentius  iüinunt  terra  üa  pwra  ai 
splendentßy  ut  piduram  ac  Uneamenta  colorwn  imitetur.  mag  man 
sagen  was  man  will :  colorum  ist  verdorben.  Uneamenta  sind  zeichnon« 
gen  mit  der  feder  oder  kreide;  werden  sie  mit  färben  ausgefüllt,  sc 
sind  sie  eben  pidurae.  femer  sind  Uneamenta  äUcuitis  rei  der  Süssere 
umrisz  einer  sache;  in  der  angenommenen  bedeutung  von  färben* 
Zeichnungen  oder ,  wie  einige  erklären ,  von  farbigen  linien  kann  ec 
lat.  nur  heiszen  Uneamenta  colorata.  was  die  sache  selbst  anbelangt 
so  ist  es  falsch  dasz  reinheit  und  glänz  des  anstriches  eine  gewisse 
maierei  mit  färben  oder  farbigen  linien  hervorbringen  kann.  Nip« 
perdey  (opusc.  s.  223)  sagt  ganz  treffend  und  ohne  widerlegt  zu  sein: 
'nur  eine  erde,  welche  verschiedene  färben  enthielte,  könnte  so  etwac 
erzeugen:  denn  damit  farbige  linien  entstehen,  müssen  doch  Ter 
schiedene  färben  da  sein.'  er  selbst  schlug  vor  piduram  ac  Unea- 
menta locorum  imitdur:  der  anstrich  trägt  scheinbar  ein  gemftlde, 
dh.  die  färben  (?),  und  die  umrisse  der  Umgebungen,  ich  denke, 
dann  würde  nicht  imitdur,  sondern  ein  begriff  wie  reddat^  referai 
oder  recipiat  nötig  sein,  letzteres  nach  der  von  Nipperdej  selbst  an- 
gefahrten stelle  Plinius  nat.  hist.  XXXI  7,  86  (von  einer  salzart) 
tanti  splendoriSy  ut  imaginem  recipiai,  und  dasselbe  gilt  besüglich 
des  corporum  von  Köchly.  vermutlich  ist  eine  silbe  ausgefallen,  so 
dasz  specohrum,  die  vulgäre  und  in  hss.  nicht  seltene  form  für 
speculorum^  das  ursprüngliche  ist:  ut  piduram  ac  Uneamenta  spe- 
culorum  imitdur  *so  dasz  sie  das  umriszbild  der  Spiegel  nach- 
ahmt', dh.  dasz  sie  fast  wie  die  Spiegel  ein  umriszbild  gibt,  denn 
in  pidura  ac  Uneamenta  haben  wir  ein  hendiadyoin,  wie  sie  Taci- 
tus  in  der  Germania  liebt,  man  darf  keinen  nähern  zusats  erwar- 
ten, wie  ihn  die  conjecturen  locorum  und  corporum  herstellen;  es 
versteht  sich  von  selbst,  dasz  die  terra  pura  ac  spiendens  alles  was 
in  ihr  bereich  föllt  abspiegelt,  und  zwar  naturgemäss  in  umrissen. 


EBaehrens:  stadien  zur  Germania  des  Tacitas.  279 

c.  16,  16  ahdifa  auiem  et  defossa  avt  ignorantur  aut  eo  ipso 
faüunt  quod  quaerenda  sunt,  man  tadelt  die  letztem  worte  als  leer 
ond  trivial,  ich  halte  sie  für  unsinnig  und  deshalb  nicht  so  von 
Tacitus  herrührend,  dasz  etwas  verborgenes  gerade  dadurch,  dasz 
es  erst  gesucht  werden  musz,  auch  verborgen  bleibe,  ist  absurd,  als 
ob  nicht  stets  und  überall  das  verborgene  gesucht  werden  müste, 
als  ob  das  suchen  die  möglichkeit  des  findens  ausschlösse.  Kritz 
macht  sich  die  sache  leicht:  'sciunt  quidem  specus  cum  frugibus  ad- 
esse,  sed  ubi  sint  nesciunt.'  gewis;  aber  wo  steht  denn  etwas  davon, 
diaz  sie  nichts  näheres  wissen?  läszt  ein  verständiger  Schriftsteller 
80  etwas  seine  leser  rathen  und  setzt  statt  dessen  worte  hin ,  welche 
80  wie  sie  dastehen  des  sinnes  entbehren?  Tacitus  schrieb  qtwd 
aegre  quaerenda  sunt  Veil  es  nur  schwer  gesucht  werden  kann'. 
68  fehlten  alle  äuszem  anhaltspuncte  für  das  suchen,  und  deshalb 
liesz  man  es  sein,  ersparte  sich  die  lange,  wahrscheinlich  vergeb- 
liche mühe. 

c.  17,  8  eligunt  feras  et  detracta  udamina  spargunt  maculis 
fdUbusque  beluarumy  quas  usw.  die  tielamina  könnten  nur  die  be- 
Ueidungen  der  Germanen  sein,  nimmermehr  die  feile  der  thiere,  wie 
Kriti  will,  man  statuiert  also  eine  breviloquenz :  et  detradas  earum 
pdkSy  qu€is  pro  uelaminibus  hahent^  sparguni  usw.  ich  musz  ge- 
steben eine  solche  kürze  nicht  zu  goutieren,  und  schlage  vor  ddrada 
etiler  a.  dies  wort  wird  von  den  dichtem  für  jegliches  feil  gebraucht; 
yidkra  fcrina  sagt  Ovidius  met.  XI  4.  ^ 

c.  18,  19  sie  uiuendum^  sie  pereundum;  accipere  se  quae  liheris 
inuwlaia  ac  digna  reddat  usw.  pereundum  ist  die  singulare  lesart 
Ton  b:  parM*ndum  bietet  H  mit  ßCc,  also  0.  dies  pariendum  ist 
out  rücksicht  auf  die  folgende  erwähnung  der  kinder  durchaus  an- 
gebracht, der  Schreiber  von  b  stiesz  sich  an  der  Vereinigung  des 
MfiMikium  und  pariendum :  ihm  schien  das  nicht  zusammenzupassen. 
ich  musz  gestehen,  verwerflich  scheint  mir  dies  urteil  nicht,  nur 
inle  jener  durch  operieren  an  falscher  stelle,    eher  mag  uiuendum 


'  c.  18,  7  haltp  ich  die  hui.  leBart  ac  munera  probant,  munera  non  ad 
^ficiag  muliebren  quaesita  für  heil  und  d^esand.  es  ist  das  die  zwar  nicht 
^<u  Tacitas,  über  aus  uns'ähligen  dicbterstellen  zu  belegende  figur  der 
^^voca/io,  wofür  am  passendsten  auf  Propertius  I  3,  25  f.  verwiesen  wird: 
omniaqui  ingrato  largibar  munera  somnOy 
munera  de  prono  naepe  uofuta  »inu. 
*'f  tiod  nicht  berechtigt  so  etwas  anzugreifen,  weil  es  blosz  Einmal 
^5'  C'Dein  Schriftsteller  steht,  zumal  wenn  derselbe  in  nachahmung  der 
achter  manches  sinortiläre  darbietet,  wol  aber  verlohnt  es  sich  der 
jBÖhe,  einmal  in  besonderer  abhandlunp^  darzulegen,  wie  unendlich  vieles 
^^  der  Oermania  den  Tacitus  uns  als  freund  nnd  eifrigen  leser  der 
^i5^ter  zeigt,  vor  allem  des  heros  unter  den  epikern,  des  Vergilins. 
*>«  Tac.  den  thatsachen,  welche  seine  quellen  ihm  an  die  band  gaben, 
J^or  aU  dichter  denn  als  historiker  gegenübersteht  und  in  die  erzüh- 
mnif  überall  einen  dichterisctien  ton  hineinbringt,  so  hat  er  auch  dem 
^otiprechend  der  form  überall  eino  (iichterische  fkrbung  zu  verleihen 
^*^  (rotzem  geschick  verstanden. 


280  EBaehrens:  studien  zur  Germania  des  Tacitua. 

einer  remedur  bedürfen:  sie  nubendtim^  sie pariendum.  passend 
wird  die  junge  frau ;  die  im  begriff  steht  in  die  ehe  za  treten  (ipsis 
ifwipieniis  matrimofiU  auspicm)  daran  erinnert,  unter  welchen  be- 
dingungen  sie  das  thue. 

c.  19,  3  litterarum  secreta  uiri  pariter  ac  feminae  ignarant,  man 
legt  die  worte  liUerarum  secreta  ziemlich  allgemein  aus  als  ^secretae 
epistulae  amatoriae' :  ein  act  reiner  Verzweiflung,  weil  es  so  ziem- 
lieh  die  einzige  möglichkeit  ist,  etwas  mit  den  überlieforten  Worten 
anzufangen,  der  Zusammenhang  berechtigt  aber  zu  diesem  ganz  will* 
kürlichen  hinzufügen  des  begriffes  amatorius  nicht  secreta  litferarum 
sind  auch  keine  geheimen  briefe,  sondern  die  geheimnisse  von  brie- 
fen,  was  ebenfalls  zwei  verschiedene  dinge  sind,  würde  endlich  ein 
Lateiner,  um  das  zu  bezeichnen,  litterarum  und  nicht  vielmehr  epistu- 
lartim  gesetzt  haben  V  wird  ja  doch  litterarum  hier  durch  die  stelle 
selbst  in  keiner  weise  weiter  charakterisiert,  der  römische  leser 
konnte  sich  nichts  klares  und  deutliches  unter  jenem  ausdrucke  vor- 
stellen: ^die  geheimnisse  des  geschriebenen'  —  was  besagt  das?  ist 
nun  dem  Tacitus  selbst  solche  dunkelheit  zuzutrauen  ?  nehmen  wir 
einmal  an,  er  habe  das  was  seine  interpreten  ihm  unterschieben 
wirklich  bezweckt:  war  es  nicht  geradezu  unsinnig,  der  geheimen 
liebescorrespondenz,  wie  sie  in  Bom  blühte,  auch  nur  mit  einer  silbe 
erwiihnung  zu  thun?  die  illecehrae  spcctacttlomm  und  die  irritationes 
conuiuiorumy  zwei  hauptgründe  der  Verdorbenheit  der  römischen  ge- 
sellschaft,  werden  passend  angezogen;  aber  ein  so  geringfügiges 
Symptom  dieser  corruption,  wie  es  liebesbriefe  sind,  stellt  kein  ver- 
nünftiger Schriftsteller  mit  jenen  auf  gleiche  stufe,  am  so  weniger 
wenn  es  sich  bei  der  parallele  um  ein  barbarenvolk  handelt,  welches 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  von  lesen  und  schreiben  gar  keine 
ahnung  hatte,  und  welch  besondere  Wichtigkeit  müste  Tacitus  der 
Sache  beigelegt  haben,  wenn  er  ausdrücklich  hinzufügt  uiri  pariter 
ac  femifMcl  das  heiszt  doch  aus  einer  mücke  einen  elephanten 
machen,  wenn  gegen  Halm ,  welcher  mit  gutem  recht  jene  worte 
tadelte.  Baumstark  als  des  Tacitus  meinung  hinstellt,  dasz  bei  den 
Römern  die  männer  ebenso  verdorben  seien  wie  die  weiber,  so  bringt 
das  über  die  erbärmlich  kleinliche  veranlassung  dieser  bemerkong 
nicht  hinüber,  kurz,  aus  formellen  wie  inhaltlichen  gründen  mosi 
in  litterarum  secreta  eine  Verderbnis  stecken,  in  einem  alten  codex 
stand  wol  einmal  U um  secreta^  indem  einige  buchstaben  un- 
leserlich waren,  suchen  wir  das  fehlende  besser  zu  ergftnzen  als  es 
dem  abschreiber  gelang,  die  seuera  matrimonia  der  Germanen  hatten 
auszer  der  saepta  pudicitia  der  weiber,  wodurch  diese  von  dem  gifte 
der  Schauspiele  und  gastmählcr  unberührt  blieben ,  doch  auch  noch 
den  grund ,  dasz  beide ,  mann  wie  frau ,  in  geschlechtlicher  hinsieht 
rein  und  unverdorben  waren ,  auch  dies  im  stSrksten  gegensatz  zu 
römischen  Verhältnissen:  lihidinum  secreta  uiri  pariter  ac  feminae 
ignorani, 

c.  19,  Sjndlicatac  enim  pudicitiae  nulla  uenia:  non  farma^  non 


EBadirens:  ttadien  nur  Oemuuiia  des  TMÖtu.  881 

aektU^  non  (^ibus  maritum  inuenerü.  dasz  hier  in  der  überliefenuig 
ein  fthler  steckt,  ist  längst  erkannt  und  oft  hervorgehoben  worden, 
ohne  dasz  freilich  die  ritter  von  der  Yulgata  sich  kOmmem  um  die 
innere  notwendigkeit  der  gründe.   wKre  enim  richtig  und  würde  so- 
Bit  über  die  aduUeria  weiter  gehandelt,  was  besagten  dann  die  fol- 
genden Worte?  in  diesen  sollte  man,  rein  äuszerlich  betrachtet,  doch 
§äerum  (oder  rursus)  maritum  inuenerit  verlangen,  wie  Schweiier 
gani  richtig  gegen  Baumstark  erinnert,    aber  die  innem  bedenken 
wiegen  weit  schwerer;  sie  hat  Nipperdej  (opasc.  s.  224)  so  trefflich 
hervorgehoben,  dasz  seinen  argumenten  sich  zn  entziehen  entweder 
bomiertheit  oder  Verstocktheit  ist.    er  sagt  unter  anderem:  *die8 
(dasz  die  ehebrecherin  keinen  andern  mann  fand)  verstand  sich  von 
selbst:  wer  hätte  selbst  zu  Rom  eine  nackt,  mit  abgeschnittenen 
klaren  durch  die  straszen  gepeitschte  person  geheiratet?'  auch  die 
ttbrigen  bemerkungen  Nipperdeys  sind  wol  zu  beherzigen;  siezeigen 
lueh,  dasz  man  mit  Halms  künstlicher  Verteidigung  nichts  gewinnt. 
Bin  hat  daher  mit  vollstem  recht  angenommen,  Tacitus  spreche 
jetzt  von  den  innuptae^  wie  die  werte  nan  forma . .  inuenerit*  ahnen 
hisen.   somit  ist  enim  unrichtig,   doch  weder  des  Lipsius  änderung 
ia  äiam  noch  Madvigs  enim  uero  (eine  Steigerung  ist  hier  unange- 
bndit)  noch  endlich  Nipperdeys  Streichung  des  ansttezigen  wertes 
M>t  die  Schwierigkeiten  der  stelle,  welche  bisher  nur  zum  kleinem 
tdle  erkannt  sind,   man  übersetzt  publicata  allgemein  durch  *preis- 
gtgeben',  und  diese  schlechte  Übersetzung  hat,  wie  so  oft,  die  äugen 
bhnd  gemacht,   das  deutsche  'preisgeben'  ist  ein  sehr  weiter  begriff: 
ob  ein  weib  sich  6inem  oder  allen  preisgibt,  ist  in  dem  deutschen 
warte  nicht  angezeigt;   desto  unzweideutiger  aber  im  lateinischen 
pMieare.    dies  wort  bedeutet  ebenso  wie  uulgare  nur  'allem  volke 
preisgeben',  wie  am  deutlichsten  zb.  Qaintilian  VII  9,  4  zeigt:  an 
ttöictfui,  5t  ceciderit^  deheat  puhlicari.    es  ist  an  sich  klar,  dasz  Tac 
licht  von  öffentlichen  meretrices  sprechen  konnte  (da  solche  einer- 
Kit«  im  alten  Germanien  unmöglich  existierten,  anderseits  auch  in 
Born  Dor  von  ganz  verworfenen  männem  geehelicht  wurden),  son- 
dtrn  nur  von  der  culpa  uirginum.    aber  von  dem  fehltritt  eines 
Bidchens  (wie  auch  einer  fran)  das  wort  publicare  zu  gebrauchen 
^^  nach  römischer  auffassung  eine  bare  lächerlichkeit  gewesen, 
ottn  führe  doch  ein  beispiel  an,  wo puUicare  und  uulgare  von  andern 
iU  prostibala  gesagt  wird,    vollends  ist  die  Verbindung  publicare 
PtMÜn/tam  ein  nonsens :  puUicare  (uulgare)  ae  oder  corpus  sagt  der 
Steiner,  da  das  publicare  den  Verlust  der  puäicitia  (welche  hier  vom 


*  einigte  gelehrte  wollten  entweder  imtenlt  (so  Cc  ans  irrtnm)  oder 
'^"tnerat  schreiben,  um  die  beziehung  aaf  die  adultera  ca  gewinnen. 
^H^fteD  bleiben  die  oben  erwähnten  Innern  bedenken  in  kraft;  und 
»•serdem  würde  non  forma^  non  aetate,  non  opibu$  maritum  imtenerai  nur 
Renten,  dasz  der  mann  sie  bloss  wegen  ihrer  keaschheit  genommen 
l>tb€.  das  wäre  am  platie  bei  rein  römischen  Verhältnissen;  aber  bei 
des  Germanen  war  die  kenchheit  selbstverständlich. 

Jatirbftcher  fftr  cUm.  philol.  IfrM  hfl.  4.  19 


282  EBaehrens:  Studien  zur  Germania  des  Tacitos. 

pudor  verschieden  ist)  voraassetzt.  sonach  liegt  der  fehler  tiefer. 
und  wiederum  zeigt  eindringliche  Betrachtung  den  weg  zur  heilimg. 
bei  den  vorschlagen  der  früheren  vermiszt  man  einen  notwendigen 
begriff,  es  kann  ebenso  gut  von  der  pudicUia  der  frauen  (vgl.  zb. 
den  anfang  unseres  cap.)  als  der  Jungfrauen  gesprochen  werden, 
wird  jetzt  über  die  innuptae  gehandelt,  so  muste  das  unzweideutig 
hervorgehoben  werden,  etwa  so:  puellae  delibatae  p%idicUia€ 
nuUa  uenia.  schreibt  man  so  (und  wiewol  anderes  ausgedacht  wer- 
den kann ,  zb.  dasz  in  hlicatae  ein  uiolatae  stecke ,  scheint  mir  dies 
das  beste),  so  sieht  man  wie  leicht  ein  abschreiber  von  d  auf  d  über- 
sprang,  so  dasz  pudibatae  entstand,  entweder  über  der  zeile  oder 
am  rande  setzte  der  Schreiber  nach  Wahrnehmung  des  fehlers  die 
überschlagenen  buchstaben.  diese  correctur  ist  die  quelle  von  mis- 
verständnis  und  Verfälschung  geworden,  indem  der  folgende  ab- 
schreiber nach  seiner  weise  sich  das  ihm  unklare  zurecht  legte  mit 
publicatae  enim  pudkitiac.  in  den  so  restituierten  werten  ist  pueSae, 
wie  Tacitus  es  bei  Übergängen  zu  neuem  liebt,  an  die  spitze  de« 
Satzes  gestellt;  man  kann  dasselbe  entweder  als  dativ  (wobei  ddi- 
hatiie  pudicitiae  von  u^nia  abhängt)  oder  als  genetiv  zu  ddibaUu 
pucUdtiae  (wie  zb.  in  dem  Horazischen  leuis  una  mors  est  tUrgimm 
ctdpcie)  auffassen,  noch  mache  ich  darauf  aufinerksam,  dasz  jetzt  das 
folgende  non  forma  .  .  inuenerü  durch  pudlae  ein  richtiges  eubject 
erhält.  —  Zum  schlusz  noch  eine  bemerkung  gegen  Baumstark  (A£. 
8.  645).  dasz  die  keuschheit  der  mädchen  von  Tac.  hervorgehoben 
wird,  hat  seinen  guten  grund,  da  sie  sowol  ein  zeichen  der  all- 
gemeinen Sittenreinheit  ist  als  auch  zur  seuerüM  matrimonü  wesent- 
lich beiträgt,  das  folgende  nemo  enim  .  .  saecuHum  uocatur  bezieht 
sich  gleichermaszen  auf  die  pudlae  wie  auf  die  nuptae.  wenn  dann 
fortgefahren  wird  mdius  quidem  adJiuc  eae  duitates^  in  quihüs  fanhm 
uirgines  nuhunt  et  cum  spe  uotoque  uxoris  semd  transigitur^  so  ist 
auch  das  verständlich:  überall  in  Germanien  finden  mädchen  nur 
wenn  sie  unbefleckt  sind  einen  mann ;  noch  besser  sind  freilich  die- 
jenigen Staaten  daran,  in  welchen  ausschlieszlich  mädchen  heiraten 
und  den  witwen  eine  zweite  ehe  nicht  gestattet  ist.  übrigens  bemerke 
man,  wie  auch  aus  dem  tantum  uirgines  sich  ergibt,  dasz  schon  im 
vorhergehenden  von  den  uirghies  gesprochen  worden  sein  mnsi.  der 
von  Baumstark  statuierte  gegcnsatz  (^es  gibt  aber  auch  germanisebe 
Staaten,  die  nicht  blosz  eine  zweite  ehe  einer  ehebrecherin  unmöglich 
machen,  sondern  überhaupt  keine  zweite  ehe  eines  weibes  dulden') 
macht  den  Tacitus  zu  einem  elenden  stümper ,  der  etwas  selbstver* 
ständliches  (vgl.  oben)  in  überflüssigster  weise  breit  tritt,  wie  man 
sieht,  kann  man  über  Baumstarks  'graben  springen,  ohne  hals  und 
bein  zu  brechen'. 

c.  21, 16  gaudent  muneribus,  sed  nee  data  imputant  nee  acc^f^ 
obligantur:  uidus  inter  hospUes  comis.  es  ist  notwendig,  nochmals 
die  Verderbnis  der  letzten  werte  klarzulegen,  da  sie  in  neuester 
zeit  abermals  einen  fanatischen  Verteidiger  in  Baumstark  gefunden 


£Baehren8:  Studien  zur  Germania  des  Tacitnt.  283 

haben,  welcher  auf  etwa  dreizehn  Seiten  (AE.  s.  669  ff.)  unter  den 
maszloeeeten  und  unwürdigsten  ausfallen  gegen  andersglaubend^  sie 
zn  halten  sucht,    dasz  eine  stattliche  reihe  achtungs wertester  ge* 
lehrten  nichts  damit  anzufangen  wüste ,  was  stOrt  das  ihn ,  der  auf 
aeine  verkehrte  au^assung  sich  steifend  sie  alle  wie  schuljungen  ab- 
kanzelt?   von  den  beiden  bedeutungen  des  wertes  uidus  kimn  hier 
nur  die  zweite  (*»  uitiendi  ratio)  irgendwie  in  betracht  kommen; 
und  danach  fassen  die  conservativen  hier  das  wort  im  sinne  von 
'zusammenleben,  benehmen,  verhalten'  auf.   kann  uiäus  auch  diese 
bedeutnng  haben  ?   die  antwort  musz  für  den ,  welcher  gewissenhaft 
die  angefahrten  beispiele  (Caesar  5.  ^.  I  31;  Cic.  de  inu.  I  25,  35; 
Nepos  Dum  4  usw.)  geprüft  hat,  nur  'nein*  lauten :  uidus  bezeichnet 
die  ganze  lebensweise,  wie  sie  durch  Charakter  und  erziehung,  durch 
litte  und  gewohnheit  nicht  blosz  bei  Völkern ,  sondern  auch  bei  den 
einzelnen  menschen  sich  entwickelt  und  festsetzt,  nimmermehr  das 
loszere  auftreten  und  benehmen  im  umgang  mit  andern,    dafür 
htben  die  Lateiner  ihre  besondem  ausdrücke,    ehe  das  nicht  durch 
iweifeUose  beispiele  widerlegt  ist,  bleibt  es  dabei,  dasz  unsere  stelle 
aidit  heil  ist.    von  den  bisher  vorgeschlagenen  verbesserungsver- 
sQchen  ist  allerdings  keiner  zum  überzeugen  geeignet,   ich  sehe  ab 
▼on  den  mittein  der  Umstellung  und  des  Streichens :  dasz  man  damit 
gewaltsam  und  ohne  innere  Wahrscheinlichkeit  den  fehler  entfemt, 
ist  von  andern  erkannt  und  hervorgehoben  worden,    bei  Sellings 
eonjectur  uidus  inter  hospUes  communis  (welche  an  Caesars  werten 
VI  23  iis  omnium  domus  patent  uidusque  communicaiur  gar  keine 
btütze  haben  kann)  wundert  man  sich,  dasz  sie  in  einigen  ausgaben 
aofnahme  fand,    was  gibt  es  denn  überflüssigeres  und  des  Tacitus 
unwürdigeres  als  dieser  hohle  und  leere  zusatz  hier  bei  den  munera^ 
da  doch  über  die  communio  uidus  so  breit  und  ausführlich  in  den 
vorhergehenden  sfttzen  gehandelt  worden  ist,  dasz  darüber  nichts 
weiter  hinzuzufügen  war.    dies  muste  nochmals  gesagt  werden,  da 
trotz  der  richtigsten  gegenbemerkungen  (vgl.  Baumstark  s.  673) 
diese  schlechte  Vermutung  noch  neuerlichst  in  den  tezt   gesetzt 
wurde.  ^    weit  mehr  beachtung  verdient  Lachmanns  schöne  eon- 
jectur uindum  inter  hospites  comiias ,  welche  jedoch  den  zusammen- 
Wg  der  betreffenden  werte  mit  dem  nee  data  .  .  obligantur  in  zu 
buzerlicher  weise  auffaszt  und  femer  gegen  eines  der  ersten  gesetze 
pUlologischer  kritik  verstöszt,  nemlich  an  zwei  stellen  zugleich  än- 
dert,  jener  Zusammenhang  musz  freilich  streng  im  äuge  behalten 
werden,  'eine  (fast  kindliche)  freude  haben  sie  an  geschenken ;  aber 
t^ie  rechnen  weder  die  von  ihnen  gegebenen  an  noch  werden  sie  selbst 
durch  die  empfangenen  zu  etwas  verpflichtet*  —  diese  werte  er- 

^  wcDD  man  sich  dabei  beruft  auf  die  letart  cömis  in  B,  so  zeiget 
ichoo  die  übereinttimmiinfc  aller  übrigen  bss.,  dasz  nar  comis  in  O  stand, 
'^•m  ist  der  accent  auch  kein  compendinnif  sondern  nur  die  beieicb- 
BUif  fUr  die  länge  des  o,  solches  kann  man  bin  und  wieder  in  den 
^  italienischer  bumanisten  finden,  sb.  c.  29,  1  u.  14  batäui  in  b. 


284  EBaehrens:  Studien  zur  Oermania  des  Tadtos. 

halten  ihr  volles  licht  unter  der  annähme,  dasz  Tac.  auch  hier  mit 
wenigen  werten  auf  die  römischen  Verhältnisse  anspielte,  bei  den 
Römern  waren  ja  ebenfalls  gastgeschenke  üblich ,  aber  sie  dienten 
zur  bekräftigung  und  befestigung  von  gastvertrftgen,  welche  ausser 
der  aufnähme  und  bewirtung  noch  eine  menge  anderer  und  schwe- 
rerer Verpflichtungen  gegenseitig  auferlegten,  von  diesem  aasge- 
bildeten hospitium  der  Bömer  war  bei  den  Germanen  keine  spar; 
bei  ihnen  beschränkte  sich  dasselbe  auf  die  beköstigung:  .  .  dbU- 
gantur:  uictus  inter  Jiospites  solus. 

c.  22,  16  et  sakta  utriusque  temparis  ratio  est:  deUberani  dum 
fingere  nescmnt,  constitaunt  dum  errare  non  posaunt,  jeder  begreift 
nach  der  vorstehenden  erörterung  das  dum  fingere  nesciunt\  aber 
wie  die  Germanen  dadurch  dasz  sie  am  folgenden  tage  mit  nücbter* 
nem  köpfe  festsetzten  auf  einmal  dem  irren  überhaupt  entrückt 
wurden,  ist  durch  nichts  verständlich,  aber  deshalb  möchte  ich  die 
Worte  noch  nicht  mit  Nipperdey  streichen :  sie  tragen  zu  sehr  im 
einzelnen  das  gepräge  Taciteischer  diction.  was  in  ihnen  befremdet 
(nemlich  das  fehlen  eines  näher  bestimmenden  Zusatzes ,  in  weldier 
weise  sie  nicht  irren  konnten)  hat  wol  nur  ein  abschreiber  versohal- 
det ,  welcher  vor  dem  folgenden  potui  ein  poti  übersah :  dum  errare 
nonpossunt  poti.  sollte  jemand  daran  anstosz  nehmen,  dass  sojpo^ 
und  potui  hart  an  einander  stoszen,  so  verweise  ich  auf  das  ende  tob 
c.  8  und  den  anfang  von  c.  9  nee  tamquam  faoeren^  deas.  deorum 
maxime  Mercurium  cölunt.  wie  dort  das  deas  dem  autor  veranlassong 
gab  zu  der  Schilderung  der  deutschen  gottheiten  überzugehen,  so 
knüpft  er  auch  hier  an  das  wortpofi  an,  um  über  den  trank  selbst 
zu  sprechen,  wem  das  nicht  geföllt,  mag  übrigens  errare  poti  non 
possunt  schreiben. 

c.  23,  6  si  indtdseris  chrietati  suggerendo  quantum  concupisountt 
haud  minus  facüe  uitiis  quam  armis  umcentur.  das  kann  für  latei- 
nische obren  nur  bedeuten  tarn  fädle  uitUs  quam  armis.  daran  ist 
leider  nichts  zu  ändern ,  es  wird  auch  durch  keine  kunststflcke  (ib. 
'eine  li totes  «=  facüius*l)  beseitigt,  der  gedanke  fordert  folgendes: 
haud  minus  facile  uitiis  quam  difficHe  armis ;  und  das  mag  Tadtss 
80  ausgedrückt  haben  quam  armis  diu  uincentur^  ganz  so  wie  wir 
c.  37  lesen  tarn  diu  uincuntur.  die  Stellung  welche  ich  dem  dm  g^ 
geben  habe  ist  von  selbst  geboten ,  hauptsächlich  um  es  von  dem 
mit  haud  minus  zusammengehörigen  qtujun  fem  zu  halten ;  sodaan 
auch  um  die  beiden  gegensätze  durch  die  chiastische  Stellung  sn 
markieren,  man  könnte  auch  daran  denken,  uix  vor  uincenhtr  eis* 
zuschieben. 

c.  26,  1  fenus  agitare  et  in  usuras  extendere  ignotum;  ideofue 
magis  seruatur  quam  si  uetitum  esset,  agri  pro  numero  cukorum  ah 
uniuersis  in  uices  occupantur,  quos  mox  inter  se  secundum  dignaiionem 
partiuntur.  in  Aie  unverständlichen  und  unerklärbaren  werte  icto- 
que  ,  .  uetitum  esset  wird  durch  keine  wortcoi\jectnr  (wie  spemikur^ 
cauäur^  arcetur)  licht  gebracht;  jedoch  auch  daza  kann  ich  wenig- 


EBaehrens:  Studien  zur  Germania  des  Tacitos.  285 

itens  mich  nicht  entschlieszen ,  mit  Anton  und  Nipperdey  den  gan- 
ten an&ng  des  cap.  zu  streichen,  vielmehr  glaube  ich  dasz  hinter 
ignot%nn  eine  nicht  kleine  Ittcke  anzunehmen  ist,  so  dasz  die  beziehung 
der  werte  ideoque  .  .  e.^^^^  unklar  bleibt,  für  diese  meine  ansieht 
sdieint  mir  der  völlig  abrupte  Übergang  vom  fenus  zur  ackerwirt- 
ichaft  zu  sprechen,  zumal  jenes  eine  etwas  ausführlichere  erörterong 
erforderte  (der  geldwucher,  an  den  man  zunächst  denkt,  ist  dadureh 
iusgeachlossen ,  dasz  nach  c.  5  nur  die  an  der  grenze  wohnenden 
ftberhaupt  das  geld  kannten),  auch  die  folgenden  werte  würden  ohne 
iweifel  für  uns  verständlicher  sein,  wäre  nicht  etwas  ausgefallen, 
der  fehler  freilich  in  in  uices  occupantur  läszt  sich  auch  so  erkennen, 
die  äcker  können  nicht  zu  dem  zwecke  occupiert  werden  sein,  um 
damit  zu  wechseln,  wenn  bald  nach  der  allgemeinen  besitznahme 
tine  teilung  unter  die  einzelnen  stattfindet,  dann  erhält  jeder  seinen 
bestimmten  teil,  seinen  ager,  zu  festem  besitze;  und  auf  diesem  sei- 
nem ager  wechselt  jeder  jährlich  mit  den  artta.  nun  ist  ja  auch  in 
MO»  nichts  weiter  als  italiänische  conjectur:  H  bietet  uiee,  J  musz 
mees  gehabt  haben  (so  Cc,  was,  weil  unverständlich,  den  Stamm- 
vater der  ersten  classe  bewog  in  hinzuzufügen,  wonach  B  in  uices 
bat,  während  b  noch  einen  schritt  weiter  gehend  dies  in  das  ge- 
liofigere  in  uioem  umsetzte),  aus  diesem  uice  oder  uices  ist  das  ur- 
iprttngliche  zu  eruieren:  wie  ich  glaube,  ist  ea publice  gewesen.* 

c.  81,  1  et  aliis  Crermanarum  papulis  usurpatum  raro  et  priuata 
eumsgue  audentia  apud  Chattos  in  consensum  uertü.   da  hier  an  kein 
correlatives  Verhältnis  des  et ,  .  et  gedacht  werden  kann ,  weil  das 
zweite  et  im  sinne  von  et  quidem  steht,  so  faszt  man  das  erste  als 
etiam  auf.    indessen  ist  es  logisch  falsch  zu  sagen  etiam  aliis  usur- 
paium  raro,  wenn  die  sache  bei  den  Chatten  keine  Seltenheit  war; 
man  setze  es  ins  deutsche  um  (*das  was  auch  bei  andern  Völkern 
selten  im  gebrauch  ist ,  ist  bei  den  Chatten  zur  gewohnheit  gewor- 
den'), sofort  fühlt  ein  jeder  die  Verkehrtheit  des  'auch'.  Beifferscheid 
(ijmb.  philol.  Bonn.  s.  627)  schlug  vor  es  als  dittographie  des  vor- 
bergehenden  est  zu  streichen,  aber  ist  das  ganz  correct:  Vas  andere 
Tölker  selten  im  gebrauch  haben',  wenn  es  sich  naturgemäsz  nur  um 
bestimmte  teile  dieser  Völker,  nicht  um  die  gesamtheit  handelt? 
•owol  diese  erwägung  als  auch  die  vergleichung  der  ganz  ähnlichen 
ttelle  c.  38  {in  aliis  gentihus  .  .  rarum  et  intra  iuuentae  spatium^ 
^P^  Suebos  usqxic  ad  canitiem)  gab  mir  folgende  änderung  an  die 
band:  in  aliis  Germanorum  populis^  zumal  in  und  et  nicht  selten  in 
bis.  Yerwechselt  worden  sind. 

c.  33,  10  quando  urgentibus  imperii  fatis  nihil  iam  praestare 

•  c.  26,  8  ut  pomaria  conserant  et  prata  neparent  et  hartot  rigent  liest 
^  ^  .  .  et  ,  .  ut  (das  Eweite  et  stellten  die  Itali  her),  sollte  es  nicht 
^^  stark  poetischen  färbang^  der  stelle  am  angemessensten  sein,  mit 
^tphora  za  schreiben  t//  .  .  u/  .  .  u/,  was,  wie  ich  jetzt  aas  Halms 
^PpÄrat  ersehe,  schon  Mützell  Vorschlag?  Nipperdeys  ut  ,  .  et  .  ,  aut 
fcfillt  mir  wenig. 


286  EBaehrens:  studien  zur  Germania  des  Tacitos. 

FortufM  maitis  polest  quam  hastium  discordiam,  hier  wird  eine  kleine 
änderung  notwendig  durch  die  discrepanz  der  hss.  H  liest  m  genti' 
hus,  J  musz  in  urgentibtis  geboten  haben  (so  Cc,  was  in  Bb--in 
urgentibus  tarn  umgemodelt  worden  ist),  beide  lesarten  lassen  sich 
vereinigen  unter  der  annähme,  dasz  im  archetypus  ingefUibus  ge- 
schrieben war  derart,  dasz  über  ng  etwas  nicht  ganz  dentliohes  stand^ 
was  H  ausliesz,  Henoch  für  ur  nahm,  es  war  wol  ein  geschnörkeltes 
Uy  welches  als  compendium  zu  g  gehörte:  quando  ingruentibus 
imperii  fatis, 

c.  35,  13  prompta  tarnen  omnihus  arma^  aCy  si  respascat^  ex- 
cUur''  plurimum  uirorum  equorumque;  et  quiescentihus  eadem  fama. 
man  erwartet  ea  fama^  da  eadem  zum  gegensatz  nur  quae  heUantibuB 
hat.  aber  nicht  von  ihrer  kriegfUhrung ,  sondern  nur  von  ihrer 
schlagfertigkeit  ist  die  rede,  vermutlich  ist  mit  auslassang  eines 
buchstaben  eadB  aus  eaj^e  entstanden:  eaprodest  fama  (und  der 
ruf  davon  nützt  ihnen  im  frieden ,  verhindert  an  sich  schon  kriege). 

c.  36, 4  ubi  manu  agUur^  modestia  acprobUas  namina  supenom 
sunt,  alle  hss.  geben  nomine^  sodann  superiares  H,  superiariB  J* 
was  Puteolanus  einsetzte,  nomina  superioriSy  ist  an  sich  klur,  aber 
ohne  die  nötige  bezugnahme  auf  das  folgende,  wo  das  waffenredit 
entscheidet,  genügen  mftszigkeit  und  biederkeit  nicht:  ihre  besitier 
unterliegen  nicht  blosz  materiell,  sondern  verlieren  noch  obendrein 
ihren  frühern  guten  namen:  so  wurden  statt  ^ont  aequique  die  be- 
siegten Cherusker  inertesque  stuUique  genannt.  Tacitns  schrieb  wol 
modestia  ac prohitas  nee  nomine superiores sunt,  zn  diesem neiHMiitfie 
quidem  ergänzt  sich  von  selbst  als  gegensatz  nedum  re  (pugna). 

c.  37,  13  non  Samnis^  non  Poeni,  non  Hispaniae  Oaüiaeue^  ne 
Parthi  quidem  sa^us  admonuere.  'sie  erinnerten  uns'  —  woran? 
ist  die  natürliche  frage  eines  jeden  lesers.  'fragilitatis  hnmanae^ 
fortunae  inconstantis ,  sui'  usw.  sagen  die  Interpreten.  Eriti  gibt 
als  beispiel  hist.  I  64  ni  Valens  animaduersione  pauoarum  oNtfot 
iam  Batauos  imperii  admonuisset:  was  soll  das?  gehört  nicht  «n- 
perii  gleichermaszen  zu  ohUtos  und  admonuisset?  wo  admonere  mit 
dem  bloszen  acc.  personae  verbunden  wird ,  heiszt  es  ^jemanden  ma 
eine  schuld,  ein  versprechen  usw.  ermahnen,  erinnern';  data  et  be- 
deuten könne  'ein  bitteres  erinnerungszeichen  geben',  ist  mir  un- 
bekannt; und  wie  es,  um  mit  Baumstark  zu  sprechen,  'durch  den  In- 
halt der  Worte,  nicht  durch  sich  selbst  eine  eigne  bedentnng  eriialta*, 
sehe  ich  auch  nicht  ab.  kräftig  und  gut  hat  Tadtus  wol  geteilt 
adtonuere. 

c.  37,  18  Carbone  et  Cassio  et  Soauro  ÄureUo  et  SermHo  Ose- 
pione  Marcoque  MaUio  fusis.  man  stellt  statt  des  falschen  praenomen 
Marco  nach  £mestis  Vermutung  Onaeo  her.  wahrscheinlicher  iat  et 


'  diese  vergessene  conjectar  von  AWeidner  'criticamm  soriptleiiBa 
speoimen'  (Köln  1864)  s.  35  hilft  nach  meiner  ansieht  der  stelle  beseer 
als  alle  sonst  vorgeschlagenen  mittel. 


EBaehrens:  ttadien  snr  Germania  des  Tuitiia.  887 

flir  mich,  daaz  marco  aus  misventandenem  ma$f*  entstanden  ist: 
Maximoque  Maüio. 

c  38,  8  fii  älü8  gentibus^  seu  .  .  tmito^icme,  rarum  et  inira 
muemiae  spatium^  apud  Suehos  usque  ad  camtiem^  harreniem  capüUim 
tHto  seqmmUtr,  ac  sa^  in  ipso  solo  uerHce  reUgtMi.  die  zahlreichen 
Tennotongen  lu  den  Terdorbenen  werten  retro  sequtmtur  scheinen 
mir  daran  gescheitert  zn  sein,  dasz  sie  sftmüich  dasselbe  in  die  stelle 
hineinbringen,  was  Tacitns  schon  vorher  mit  obUquare  erinem  ans- 
gedrflckt  hatte,  kehrte  er,  nachdem  auseinander  gesetzt  ist  inwie- 
fern es  ein  insigne  der  Sueben  sei,  zur  sache  zurück,  so  konnte  er 
nnr  das  oben  gesetzte  noäoque  subsMngere  weiter  erläutern;  und 
das  geschah  vollkommen  durch  das  einfache  hamfUem  capiQum  räro 
ae  9aept  m  ipso  .  •  yn/triint  rdigtMi  (denn  dies,  rdigantj  ist  die  über- 
liebnmg  von  0).  und  diese  werte  müssen  als  selbständiger  satz  von 
dem  vorhergehenden  abgetrennt  werden,  für  das  überflüssige  se- 
fmmiiur  findet  sich  anderweitig  ein  passendes  unterkommen,  denn 
die  hSrte  der  voranstehenden  werte,  welche  durch  vergleichung  des 
ganz  Ihnlichen  anfanges  von  c.  31  (m  aUis  Chmutn<>rum  p^puUs 
mtmrpaium  raro  et  pr.  c.  a.,  apud  Chattas  in  cansensum  uertü)  so 
recht  zu  klarem  bewustsein  kommt,  wird  gehoben,  wenn  man  mit 
leichter  umsteUung  liest:  apudSuebosusqueadeaniiiemsequuntur 
'daran  hftlt  man  bei  den  Sueben  bis  zum  greisenalter  fest'.  —  Es 
bleibt  noch  eine  Schwierigkeit  zu  lösen,  nemlioh  in  den  werten  in 
ipeo  solo  uertice.  dasz  dies  einfach  unmöglich  sei,  haben  auch  hier 
mit  richtigem  instinct  die  Italiäncr  geftlhlt;  aber  ihr  streichen  von 
8oU>  erklärt  weder  die  Verderbnis  noch  befriedigt  in  ipso  uertice  an 
sich,  immerhin  ist  dies  mittel  noch  besser  als  in  ipso  solo  und  dann 
entweder  uertici  oder  cortice  zu  lesen :  ist  denn  in  ipso  soto  ('in  sich 
seihet' !)  lateinisch,  um  von  andern  noch  abgeschmackteren  erklftrun- 
gen  zu  schweigen  ?  für  mich  gibt  sinn  und  verstand :  retro  ac  saepe 
in  ipso  summo  uertice  rdigant. 

c.  38,  13  ea  cura  formae,  sed  innoxia:  neque  enim  ut  ament 
ameniurue^  in  äUittidinem  quandam  et  terrorem  adUuri  heüa  compti 
%ä  kostium  oculis  omantur.  dem  schwerwuchtig  einherschreitenden 
und  nicht  leicht  verständlichen  satze  suchte  Acidalius  aufzuhelfen, 
indem  er  die  werte  adituri  heüa  vor  in  aliitudinem  rückte,  ich  stosze 
indessen  noch  an  einer  andern  sache  an.  kann  man  denn  noch  von 
einer  innoxia  formae  cura  reden,  wenn  derselben  die  absieht  sich 
eine  terribüis  aUUudo  zu  geben  zu  gründe  liegt?  und  ist  es  dann 
noch  ein  reiner  schmuck,  so  dasz  compti  und  ornantur  am  platze 
sind?  Tac.  scheint  mir  sagen  zu  wollen:  sie  schmücken  sich  nicht 
nm  zu  buhlen,  nicht  um  als  herren  sich  ein  höheres,  schrecken  ein- 
fldszendes  ansehen  zu  geben,  sondern  lediglich  um  ihren  feinden 
zierlich  vor  die  äugen  zu  treten,  das  ist  in  der  that  ein  unschuldiges 
vergnügen  gewesen;  inwieweit  diese  darstellung  der  Wirklichkeit 
entsprach,  können  wir  auf  sich  beruhen  lassen,  hier,  wie  an  so  man- 
chen stellen,  trägt  ja  des  Schriftstellers  erzählung  einen  nicht  weg- 


288         FHultsch:  zu  dem  fragmentum  CenBorino  adscriptom. 

zuleugnenden  romantischen  Charakter,  dessen  gründe  ebenso  sehr  in 
seiner  poetisierenden  rhetorik  wie  in  seinem  streben  den  verdorbenen 
römischen  zuständen  einen  seitenhieb  zu  versetzen  zu  suchen  sind, 
ich  stelle  demnach  her:  innoxia  {neque  enim  ut  ament  amentur  uel 
in  cätitudinem  quandam  et  terrorem):  adüuri  hdla  ut  compti  hostium 
ociUis  omantur.  die  bei  der  antithese  so  beliebte  asjndetische  Ver- 
bindung kennt  auch  Tacitus  (vgl.  zb.ann.  VI  B5peUerentpellerentur\ 
hist.  III  23  peUufU  pelluntur);  für  amare  vgl.  Catullus  45,  20  amant 
amantur,  Phaedrus  11  2,  2  ament  amentur.  —  Ich  habe  sodann  das 
überlieferte  compti  ut  umgestellt :  Lachmanns  camptius  bringt  nach 
meinem  geftihl  in  den  satz  etwas  schwerfälliges  hinein. 

Zum  schlusz  teile  ich  einige  conjecturen  ohne  ausführliche  be- 
gründung  mit:  mögen  sie  für  sich  selbst  sprechen,  sollte  c.  2,  22 
nicht  zu  lesen  sein  idque  ncUionis  nomen,  non  gentis,  euäluisse  pau- 
latim?  und  ebd.  24  nicht  vielmehr  a  se  ipsis  insueto  nomine  Otr~ 
mani  uocarentur?  c.  8,  16  nee  iUae  incursare  et  excipere piagas 
pauent?  c.  9, 11  quod  sola reuerentia  indunt?  13, 9  adulescentulis 
assignant;  int  er  im  rdbusiioribus  . .  aggregantur?  c.  16,  15  eius- 
modi  lacus  moüiunt  (Holder  lacis)?  c.  22,  2  saepiusgelida?  c  30, 
18  .  .  cito  cedere; peditum  ueUxMas  usw.? 

Groningen.  Emil  Baehrbns. 


39. 

ZU  DEM  FRAGMENTUM  CENSOBINO  ADSCRIPTUM. 


In  dem  abschnitt  de  figuris^  welcher  den  definitionen  14 — 35 
zu  anfang  der  demente  des  Eukleides  nachgebildet  ist  nnd  anuer- 
dem  in  seiner  fassung  anklänge  an  die  Heronischen  definitionen  seigti 
ist  s.  61,  17  meiner  ausgäbe  die  definition  des  kreises  wahrschein- 
lich folgendermaszen  zu  lesen:  circulus  est  figura  piana  una  Unea 
comprehensa,  in  qua  e  media  (statt  in  quem  media)  omnes  Imeae 
inter  se  pares  sunt,  dasz  nemlich  medium  vom  Verfasser  des  frag- 
mentes  als  Substantiv  im  sinne  des  griechischen  K^vrpov  gebraacht 
wird,  zeigt  s.  62,  18  der  ausdruck  omni  media  dh.  irovrl  K^VTplff 
(Bukleides  1  aiTTi)Lia  3),  wonach  auch  s.  61, 19 circuUmedUza fiMsen 
ist  als  K^VTpou  ToO  kukXou.  es  entsprechen  also  die  worte  in  qua  e 
media  omnes  lineae  folgender  nicht  unwahrscheinlichen  grieohiaohen 
fassung:  ^v  (b  (sc.  cxrmari)  Tidcai  a\  £k  toO  K^vTpou  eöOetai.  niefat 
unerwähnt  darf  bleiben ,  dasz  HMeurer  in  Weimar  kürzlich  im  Phi* 
lologus  XXXIX  s.  181  die  Verbesserung  in  qiM  quidem  statt  m  ^mm, 
unter  belassung  der  vulgata  mediae  omnes  {media  omms  die  hat.) 
usw. ,  vorgeschlagen  hat. 

Dresden.  Frikdrioh  Hultsoh« 


ERSTE  ABTEILUNa 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


40. 

OK8CHICHTE  DER  KaBTHAQER  VOM  OtTOMbLTZBR.   ERSTER  BAND. 

Berlin,  Weidmannsche  buchhandlang.    1879.    XII  o.  530  8.  gr.  8. 

Zweiundfunfzig  jähre  sind  Yerflossen,  seitdem  die  geschiohte 
der  Karthager  durch  WBOtticher  eine  selbst  für  den  damaligen  stand 
der  Wissenschaft  kaum  befriedigend  zu  nennende  bearbeitong  fand ; 
seitdem  sind  auf  diesem  gebiete  zwar  manche  gute  einzelforschungen 
xa  Terzeichnen,  unter  denen  namentlich  die  von  Arnold  Schaefer 
'zur  geschichte  von  Karthago'  im  rhein.  museum  XY  391  ff.  hervor« 
gehoben  zu  werden  verdienen;  aber  eine  zusammenfassende  dar- 
Stellung  der  geschichte  des  volkes,  das  allein  Rom  die  weltherschaft 
emstHch  streitig  gemacht  hat,  unterblieb,  so  fühlbar  diese  lücke 
auch  sein  mochte,  diese  wird  jetzt  durch  das  werk,  dessen  erster 
band  uns  hier  vorliegt,  ausgefüllt,  in  seiner  anläge  und  schon  in 
der  ftoszem  form  erinnert  es  an  ein  werk  verwandten  inhalts ,  an 
Holnots  geschichte  von  Sicilien:  wie  in  dieser  ist,  um  das  ebenmasz 
der  geschichtserzählung  nicht  zu  stören,  der  gelehrte  apparat  mit 
aDen  belegsteilen  in  anmerkungen  zusammengefaszt,  die  an  das  ende 
des  bandes  verwiesen  sind. 

Der  vf .  der  karthagischen  geschichte  ist  wolvorbereitet  an  seine 
aibeit  gegangen,  das  sehr  zerstreute  material  ist  von  ihm  mit  groszer 
sorgfilt  gesammelt  und  gesichtet  worden,  seine  belesenheit  in  aller 
der  litteratur ,  die  direct  oder  indirect  als  hilfsmittel  dienen  konnte, 
stellen  besonders  die  beiden  ersten  capitel  in  ein  glfinzendes  licht: 
om  von  bekannten  werken  wie  Movers'  Thönizier'  imd  Müllenhoffs 
'deutsche  altertumskunde'  abzusehen,  sind  die  arbeiten  über  die  Phö- 
niker,  phOnikische  inschriften  und  phönikische  spräche,  ältere  und 
neuere  reisewerke,  Slanes  Ibn  Chaldun  ua.  hier  in  umfassendster 
weise  herangezogen  und  verwertet  worden,  bei  der  immer  zu- 
nehmenden teilung  der  philologisch- historischen  disciplinen  ist  es 
einem  einzelnen  nicht  mehr  möglich  überall  im  strengsten  sinne 

iakrMdMr  für  cIms.  philol.  1880  hfl.  5.  20 


290     AvGutBclimid:  anz.  y.  OMeltzers  geschichte  der  Karthager.  I. 

sachverständiger  zu  sein,  der  kundige  historiker  zeigt  sich  darin 
dasz  er,  wo  dies  der  fall  ist,  sich  an  stellen  raths  erholt,  die  wirklich 
Gompetent  sind,  diesen  richtigen  tact  Iftszt  der  yf.  nirgends  ver- 
missen; eine  wesentliche  fSrderunghat  seine  arbeit  dadurch  erhalten, 
dasz  die  Umschrift  und  punctation  der  phönikischen  namen  nach 
den  an  Weisungen  Eutings  erfolgt  ist. 

-^  Wo  der  vf.  auf  eignen  fttszen  steht,  bt  seine  leistung  völlig 
auf  der  hOhe  der  anforderungen,  welche  die  heutige  wissensdiaft  an 
ein  geschichtswerk  wie  das  seinige  zu  stellen  das  recht  hat :  er  zeigt 
sich  uns  durchweg  als  einen  kritischen,  behutsam  vorgehenden  for- 
scher von  nüchternem  und  gesundem  urteil,  unter  der  masse  aoto- 
schediasüscher  producte  griechischen  fabulierens,  die  nur  zu  leicht 
wo  nicht  als  geschichtliche  thatsachen ,  doch  als  echt  einheimische 
Überlieferungen  angesehen  worden  sind,  räumt  er  imbarmherzig  auf 
und  leitet  damit  eine  berechtigte  reaction  ein,  die  sich  auf  anderen 
gebieten  der  alten  geschichte  längst  vollzogen  hatte,  wie  jede  der- 
artige reaction  bei  ihrem  ersten  eintreten,  schieszt  sie  auch  wol  mit- 
unter über  das  ziel  hinaus :  dasz  die  geschichte  von  den  Philaenen 
die  erfindung  eines  griechischen  rhetors  sein  soll,  wie  s.  188.  491 
behauptet  wird,  ist  so  unwahrscheinlich  wie  möglich;  abgesehen 
davon  dasz  der  alte  logograph  Charon  von  Lampsakos«  von  dem 
eine  erzählung  das  vorbild  abgegeben  haben  soll,  sicher  nicht  snm 
gewöhnlichen  repertoire  der  rhetorenschulen  gehört  hat,  und  dass 
seine  erzählung  gerade  für  den  wesentlichsten  zug,  das  lebendig- 
begrabenwerden  der  Philaenen,  keine  analogie  bietet,  gehört  das 
was  von  diesen  gemeldet  wird  zu  den  wandernden,  an  den  veraohie- 
densten  orten  wieder  auftauchenden  geschichten,  die  schwerlich  aof 
gelehrtem  wege  in  den  volksmund  gekommen  sind ,  und  ist  anC  den 
bei  den  verschiedensten  Völkern  bis  nach  Indochina  hin  naohweia- 
baren  aberglauben  zurückzuführen,  dasz  grundsteine,  grenzamden 
und  dergleichen  mit  menschenblut  gekittet  werden  müssen,  um 
festigkeit  zu  erlangen,  noch  weniger  scheint  es  mir  gerechtfertigt, 
dasz  der.vf.  s.  492  die  angäbe  des  Titianus,  die  Barkfter  hftttea 
einst  die  Phöniker  in  einer  Seeschlacht  besiegt,  auf  den  unwahr* 
scheinlichen  verdacht  hin,  dasz  sie  mit  der  Philaenenfabel  susammett- 
hänge,  für  Schwindel  erklärt  immerhin  schadet  auf  einem  gebietet 
wo  für  die  historische  kritik  noch  so  viel  zu  thnn  übrig  war,  eine 
zu  weit  gehende  skepsis  weniger  als  das  gegenteil. 

Allen  vereinzelten  notizen,  deren  wert  nur  dann  sich  richtig 
abschätzen  lassen  würde,  wenn  wir  den  Zusammenhang  wüsten,  ia 
dem  sie  ursprünglich  gestanden  haben,  bringt  der  vf.  ein  dohtlioliea 
mistrauen  entgegen,  und  dies  ist  wol  auch  der  grund,  warum  die  er- 
neute durchmusterung,  welcher  derselbe  die  alten  Schriftsteller  naoh 
Bötticher  unterzogen  hat,  noch  immer  einer  nachlese  fkhig  ist. 

Zu  dem  vierten  capitel,  für  welches  bei  dem  fehlen  jeder  sn- 
sanmienhängenden  geschichtsdarstellung  der  stoff  mostfkartig  nt* 
sammengetragen  werden  musz,  bin  ich  folgende  sechs  stelltn  neeb- 


ATGütschmid:  ans.  t.  OMeltzers  geschichte  der  Karthager.  I.     291 

retrsgen  im  stände  gewesen,  auf  die  s.  225  nach  Juatinos  berichtete 
bekriegang  der  Nnmider  durch  die  Karthager  ist  die  erzfthlung  des 
Frontin  US  lY  7,  18  von  einem  Hasdrubal  zu  beziehen,  der  durch 
dM  vorgeben  einer  elephantenjagd  die  Numider  sicher  machte,  dann 
ügriff  und  unterjochte;  dasz  diese  list  sich  nur  auf  die  erste  er- 
oborung  Numidiena  unter  den  enkeln  des  Mago,  von  denen  einer 
Hasdrubal  hiesz,  beziehen  kann,  ergibt  die  erwtfgung,  dasz  sie  später, 
aaehdem  die  Numider  die  Karthager  und  ihre  absiebten  einmal  ken- 
m/n  gelernt  hatten,  weder  gelingen  noch  versucht  werden  konnte. 
—  Derselbe  Ha9drubal,  der  mittlere  söhn  des  auf  Sardinien  um- 
gekommenen Hasdrubal,  ist  es  wol,  den  ein  scholion  zuMaximos 
Tjrios  diss.  U  3  fUschlich  statt  des  Hanno  zum  träger  der  ge- 
suchte von  der  lOwenzähmung  macht,  die  vom  vf.  s.  228.  504  be- 
rührt worden  ist;  Maximos  selbet  nennt  keinen  namen,  sondern  redet 
ganz  allgemein  von  einem  Kapxilbövioc  veoviac,  den  die  Karthager 
wegen  der  in  der  Zähmung  eines  löwen  liegenden  überhebung  getötet 
hätten.  —  Wichtiger  ist,  dasz  Maximos  Tyrios  diss.  XXXY  4 
und  ein  scholion  zu  Dion  Chrysostomos  I  s.  3^  (Morelli)  die 
bei  Ailianos  ebenfalls  von  diesem  Hanno  erzählte  geschichte  von 
den  vOgeln,  die  abgerichtet  wurden  ihn  für  einen  gott  zu  erklären*, 
unter  weglessung  des  albernen  ctuimuX^q,  in  welchem  bei  Ailianos 
die  geeohichte  gipfelt,  und  hinzufOgung  des  gewis  der  intention  des 
ursprünglichen  berichte  entsprechenden  Schlusses,  dasz  die  Libyer 
ihm  wirklich  als  gott  geopfert  hätten,  auf  einen  libyschen  mann 
namens  Psaphon  ( Apsephas,  kOnig  der  Libyer,  im  scholion)  beziehen, 
dies  ist  nemlich  gewis  kein  anderer  als  Sapho ,  der  jüngste  söhn  des 
Altem  Hasdrubal  und  vetter  des  Hanno,  und  bei  der  Seltenheit  des 
namens  ist  es  wahrscheinlich,  dasz  ihn  die  nachricht  ursprünglich  im 
ange  gehabt  hat.  beide  Verwechselungen,  die  des  Hasdrubal  mit 
Hanno  und  entscheidender  noch  die  des  Hanno  mit  Psaphon ,  wer- 
den nur  erklärlich,  wenn  die  die  zwei  söhne  des  altem  Hasdrabal  be- 
treffenden erzählungen  im  zusammenhange  mit  der  katastrophe  ihres 
Vetters  und  der  ganzen  familie  vorkamen,  so  dasz  sich  damit  auf 
einem  umwege  die  identität  des  löwenzähmers  mit  dem  letztem  be- 
weisen Iftszt  —  Frontinus  U  5,  12  berichtet,  wie  es  einem  kar- 
thagischen feldherm  Maharbal  durch  den  aufetändischen  Afrem 
preisgegebenen,  vorher  mit  ali^un  gemischten  wein  gelang,  diese 
im  schlafe  zu  überfaUen  und  ihnen  eine  schwere  niederlage  zu  be- 
reiten: es  ist  dieselbe  list,  die  Polyainos  Y  10, 1  auf  den  bekanntem 
Himilko  überträgt  und  die  der  vf.  s.  280.  611  auf  einen  sonst  un- 
bekannten Libyerkrieg  des  j.  405  bezogen  hat;  da  sich  aus  der  Ver- 
einigung beider  stellen  ergibt ,  dasz  es  sich  um  aufständische  Afrer 
handelt ,  welche  sogar  die  villen  unmittelbar  vor  den  thoren  Kar- 

*  ich  vennate  in  dem  geschichtchen  eine  itioloffiiche  erfindnng, 
die  von  dem  Ursprung  des  von  einer  karthagischen  nunilie  geführten 
beinameas  'der  staar*  rechenschaft  geben  s<h1:  einen  'Awißac  6  Vdp 
Bcnst  als  Parteigänger  des  Masinissa  Appianos  Lib.  68. 


292     AvGatBchmid :  anz.  v.  OMeltzers  geBchichte  der  Karthager.  I. 

thagos  besetzt  hatten,  so  erweist  dies  eine  Situation,  die  nur  auf  den 
8.  303  nach  Diodor  geschilderten  aufstand  des  j.  396  passt.  —  üeber 
den  Hamilkar,  der  wegen  des  verdachtes,  er  strebe  nach  der  tynuinis, 
von  den  Karthagern  getötet  wurde,  gibt  es  auszer  dem  zeugnis  des 
Poljainos  V  11,  nach  welchem  die  sache  s.  315. 516  erzShlt  worden 
ist,  noch  ein  zweites  bei  Theodoros  Metochites  (s.  200  Kluge), 
bei  welchem  der  name  lafiiöXKiic  lautet. 
•  Mag  man  es  auch  bei  der  trümmerhaften  Überlieferung  der  kar- 

thagischen geschichte  bedauern ,  dasz  der  vf.  nach  dieser  seile  hin 
auf  Vollständigkeit  verzichtet  hat ,  so  verdient  es  doch  im  ganzen 
lob,  dasz  er  allem  auf  seine  herkunft  hin  schwer  zu  prüfenden  maie- 
rial  gegenüber  Zurückhaltung  beobachtet  und  seine  darstellung  auf 
die  einzigen  etwas  ausführlicher  gehaltenen  quellen,  für  die  ältere 
zeit  bis  409  vor  Ch.  Justinus,  für  die  spätere  vom  Wiederbeginn  der 
kämpfe  auf  Sicilien  an  Diodoros,  basiert  hat.  aufgrund  dieser  den 
gang  der  auswärtigen  politik  Karthagos  zu  entwickeln  and  diese 
einzige  seite  der  karthagischen  geschichte ,  für  welche  unsere  über- 
lieferung  eine  relative  Vollständigkeit  besitzt,  möglichst  bis  ins  ein- 
zelne aufzuhellen,  ist  die  hauptaufgabe  die  derselbe  sich  gestellt  hat. 

Besondere  Sorgfalt  hat  der  vf.  darauf  verwandt,  den  verlauf  der 
geschilderten  begebenheiten  in  einem  möglichst  anschaulichen  und 
abgerundeten  bilde  zusammenzufassen:  seine  darstellung  list  sich 
gut,  sie  ist  geschmackvoll,  durchsichtig,  schlicht,  frei  von  allem  ge- 
suchten und  manierierten,  die  erzählung  ist ,  was  in  dem  gesagten 
seine  erkläning  findet,  ausführlich  geworden,  ohne  dasz  man  ihr  da- 
rum den  Vorwurf  ttbergroszer  breite  machen  müste.  in  diesem  ersten 
bände  wird  uns  in  fünf  capiteln  die  äuszere  entwicklang  des  kar* 
thagischen  gemeinwesens  bis  zum  j.  306  vor  Ch.  (dem  des  frieden« 
Schlusses  mit  Agathokles  und  des  erneuten  vertrage  mit  Born)  vor- 
geführt. 

Die  beiden  ersten  capitel,  welche  über  die  Phönikerim 
allgemeinen  und  über  die  phönikische  colonisation  in  Nordafrica 
handeln,  erlangen  hervorragende  Wichtigkeit  durch  die  art,  wie  der 
vf.  hier  zu  Movers  Stellung  nimi  es  ist  nicht  blosz,  worauf  maa 
sich  bisher  beschränkt  hat,  eine  revision  des  von  diesem  aafgefUirten 
baus  der  phönikischen  colonialgeschichte,  die  darauf  ausgieng  iweck- 
lose  ausbauten  zu  beseitigen ,  einzelne  baufällig  befundene  teile  naa 
zu  stützen  oder  auch  abzubrechen,  aber  mit  dem  bestreben  mdgliehst 
viel  von  dem  ganzen  zu  retten ,  sondern  es  ist  ein  brach  mit  den 
Moversschen  grundanschauungen  selbst  und  ihrer  kritiklosen  an- 
Wendung:  sein  bau  wird  zu  einem  groszen  teil  vom  vf.  auf  die  ge- 
fahr  hin  eingerissen,  dasz  man  sich  bescheiden  musz  nicht  in  der 
läge  zu  sein ,  etwas  anderes  positives  an  die  stelle  zu  setien.  wenn 
der  vf.  für  die  geschichte  des  landhandels  mehr  von  den  Moveraeohen 
aufstellungen  aufrecht  hält,  so  ist  vielleicht  nicht  ohne  allen  einflass 
hierauf  der  umstand  gewesen,  dasz  sich  ihm  bei  dem  seiner  aa^gabe 
femer  liegenden  gegenstände  die  nötigung  die  grandlagen  selbst  anf 


ATChitMliiiiid:  i^ns.  t.  OMaltBen  getehkhte  der  Kartiiager.  I.    293 

flure  danerluiftigkeit  hin  la  ontersiiohen  wenigtr  ao^pedrftiigt  hat. 
virkliche  xengiiiase  dafiOr  ans  dem  attertimi  Bind  bei  Uohte  beeelien 
10  Tenchwindend  wenige  vorhanden,  dasz  rel  mehr  und  mehr  an 
kr  ttbaraengong  gekommen  ist,  dasz  die  directe  beteilignng  der 
PhOniker  an  dem  asiatischen  landhandel  aof  ein  sehr  besoheidenee 
Bass  redadert  werden  musz. 

In  tinem  pnnete  bin  ich  hier  in  der  eigentümlichen  läge  eine 
TOB  mir  selbst  frOher  ausgesprochene  nnd  vom  vf.'  s.  418  gebilligte 
■uieht  bestreiten  zu  mflssen:  die  damals  noch  nicht  vorii^gende 
sAte  handschriftliche  ttberliefemng  von  Jostinos  XVni  3,  8  nOtigt 
Jetit  data,  seine  worte  lauten:  Tifriammgena condUa a FhotmcSIms 

a  pisemm  ubertaU  SOona  appdlaverutU.  so  lange  man  noch 
Aitfrimm  stagmm  primo^  mox  las,  liesien  sich  nnter  der  heimat, 
aas  der  die  niOniker  ein  erdbeben  vertrieb,  ihre  von  Herodotos  be- 
asngten  nrsitae  am  persischen  meerbnsen,  nnter  dem  Assjfnim  stag- 
fmm  der  see  von  Bambyke  rerstehen«  jetst  ist  dies  nicht  linger 
■iBglieh.  die  ^erste  heimat  am  äj^TNiM^ii^^mim' kann  nor  eine  erste 
heimat  der  Phöniker  am  toten  meere  bedeuten,  nnd  die  com- 
blnlion  Bnnaens,  dasz  das  erdbeben,  das  sie  von  dort  vertrieb,  das- 
selbe sei,  das  nach  der  biblischen  sage  Sodom  und  OomorrazerstOrtei 
etUlt  erst  so  eine  wirkliche  b^^ündong:  es  wird  eine  den  Hebriem 
Bit  der  übrigen  bevölkemng  Kanaans  gemeinsame  Vorstellung  ge- 
wesen sein,  dasz  dasselbe  zu  vOlkerscheidungen  den  anlasz  gegeben 
habe,  der  widersprach  mit  Herodotos  liegt  nunmehr  offen  zu  tage; 
erwigt  man,  dasz  das  weit  im  innern  in  einem  von  der  kflste  aus 
sehwer  zugänglichen  lande  gelegene  tote  meer  den  Griechen  erst  sehr 
spit  bekannt  geworden  ist,  und  selbst  noch  bei  Strabon  die  künde 
von  demselben  eine  äuszerst  unvollkommene  ist,  so  wird  es  sich  viel- 
leicht empfehlen  mit  mir  anzunehmen,  dasz  dem  Herodotos  in  Tyros 
das  *meer  von  Edöm  (des  rothen  landes)'  als  Urheimat  der  Phdniker 
genannt  und  von  ihm  fOr  das  ^rothe  meer'  dh.  den  persischen  meer- 
bnsen genommen  wurde. 

Sehr  fein  ist  der  vom  vf.  gefOhrte  nach  weis,  welche  prodocte 
es  gewesen  sind,  die  den  verkehr  nach  dem  westen  weckten  und  im 
weitem  verlauf  von  entscheidendem  einflusz  auf  den  gang  der  ph5- 
inkiseben  colonisation  in  Nordafrica  waren;  die  einwirkung  des  treff- 
lieben Werkes  von  Hehn  macht  sich  hier  an  mehr  als  6iner  stelle  be* 
merklich,  unter  umsichtiger  erwftgung  der  natürlichen  bedingungen 
nnd  geschichtlicher  anhaltspuncte  kommt  der  vf.  zu  dem  ergebnis, 
dasz  Nordafrica  von  den  Phönikern  erst  nach  den  colonialanlagen  in 
Tarsis  und  in  folge  derselben  besiedelt  worden  sei.  um  die  ältesten 
colturzustAnde  des  libysch-berberischen  Stammes  zu  schildern,  ist 
TOB  den  bildlichen  darsteUungen  und  den  inschriften  der  altigypti- 
seben  denkmäler  durch  den  vf.  in  sehr  geschickter  weise  gebrauch 
gemacht  worden;  das  Moverssche  dogma  von  den  Libyphönikem  als 


294     AyGhitBclimid:  anz.  ▼.  OMeltzen  geschichte  der  Eaithager.  I. 

einer  altem  kanaanitischen  einwanderung  in  Norda&ica  vor  der 
eigentlich  phönikischen  colonisation  ist  von  ihm  definitiv  beseitigt 
nnd  die  LibjphOniker  wieder  als  das  hingestellt  worden,  was  sie 
wirklich  gewesen  sind,  die  phOnikische  colonialbevOlkerong  von 
Afrioa  (später  im  gegensatz  zu  den  von  der  bezeichnong  ansgesohlos- 
senen  Karthagern). 

Wenn  der  vf.  wiederholt  den  gänzlichen  mangel  einer  Über- 
lieferang darüber  beklagt,  ob  ttber  die  colonien  des  Westens  von 
Tjros  her  anfangs  einmal,  wie  ttber  Ejpros,  eine  fSrmliche  hoheit 
ausgettbt  worden  sei,  so  mOchte  ich  daran  erinnern,  dass  es  aUsr- 
dings  ein  solches  zeugnis  gibt ,  das  nur  in  folge  einer  falaoheiL  cor- 
rectur  bisher  verkannt  worden  ist.  in  dem  von  losephos  doppelt  er- 
haltenen fragment  des  Menandros  von  Ephesos  ist  von  ienten  die 
rede,  gegen  die  kOnig  Hirom,  als  sie  den  zins  nicht  entrichteten,  ge- 
zogen und  nach  deren  Unterwerfung  er  wieder  heimgekehrt  sei.  die 
namensform  dieser  leute  steht  im  dativ :  ant.  lud.  VIII  5,  8,  wo  die 
ed.  pr.  'HuKtoic  bietet,  wird  uns  über  die  hss.  nur  so  viel  gesagt, 
dasz  der  (gute)  Reg.  a  Iuk^oic,  Beg.  b  'HuKaioic  haben,  der  uralte 
Ambrosianus  der  lat.  ttbersetzung  hat  nach  einer  mitteilung  Nieses 
Eucheos,  was  auch  die  fünf  dracke  derselben,  die  von  einander  un- 
abhängig sind,  bieten;  c.  Ap.  I  18  list  der  Florentinus,  die  einiige 
quelle  unserer  heutigen  griechischen  Überlieferung,  TtTUOic,  Eosebios 
im  armenischen  chronikon  und  die  '€KXoTf|  kroptidv  fanden  TtTU- 
Kaioic  vor,  der  Canonicianus  und  zwei  Laurentiani,  die  drei  besten 
hss.  der  lat.  Übersetzung,  haben  TUioeos.  man  hat  unter  diesem 
Volke  allgemein  die  Eitieer  verstanden ,  was  paläographisch  so  un- 
wahrscheinlich wie  möglich  ist:  die  emendation'lTUKaioic  dringt 
sich  von  selbst  auf;  Utica  ist  es  das  von  Hirom  wieder  lum 
gehorsam  gebracht  worden  ist. 

Im  dritten  capitel,  *die  gründung'  überschrieben,  wird  wie- 
derun^  ein  Moverssches  phantom,  das  von  einer  doppelten  grOndong 
Karthagos,  einer  altern  sidonischen  und  einer  jungem  tyriscbeii,  be^ 
seitigt  und  schlagend  nachgewiesen ,  dasz  aus  dem  namen  *die  neos 
Stadt'  kein  beweis  für  eine  ältere  anläge  entnommen  werden  kann, 
indem  dieser  ebenso  gut  im  gegensatz  zur  mutterstadt  wie  in  einer 
altera  anläge  an  ort  und  stelle  gewählt  sein  kOnne.  auch  so  weit  ist 
dem  vf.  recht  zu  geben,  dasz  die  von  Movere  gemachte  scheidong 
zwischen  einer  mythischen  Dido  und  einer  historischen  Elissa  will- 
kürlich ist.  allenfalls  auch  darin  noch,  dasz  die  von  demselben  Ter- 
suchte  ausgleichung  zwischen  dem  von  ihm  nach  Menandros  bestimni- 
ten  datum  826  und  dem  Timäischen  gründungsjahre  814  einiger- 
maszen  künstlich  ist  und  bei  dem  unbekanntsein  der  epoehe  Toa 
Tjros  und  der  Unsicherheit  des  datums  des  Salomonischen  tempel- 
baus  die  begründung  der  ganzen  epochenreihe  bis  auf  die  grttndnng 
Karthagos  herab  von  tjrischer  seite  in  der  that  nicht  so  festgefligt 
ist ,  wie  Movers  annahm,  aber  den  weiteren  deductionen  des  vf.  iii 
folgen  bin  ich  auszer  stände  und  halte  an  meiner  bisherigen,  Toa 


i:fOvlMlttiiid:  am.  ▼.  OMeÜMra  gMO^ekla  der  Fartfci^twr,  L 


Am  ■.  458  beklmpften  anrioht,  dMi  m  lioh  um  lauter  «otliaitiaolia 
date  handelt,  üb^  deren  richtige  fijdenmg  ledigUoh  in  folge  der 
«t  ihrer  aberli^ernng  geeohwaidkt  werden  hann,  fieet  der  yf»  aiefal 
■omlicfa  die  ganse  grODdungegeachiehte  Ton  Karthago,  wie  sie  am 
loUstlndigatfln  bei  Trogos  vorliegt,  ala  eine  grieohisohe  erfindnng 
Mt  die  aUerdings  dnrch  heUenisierte  Posier  in  Karthago  eellMt  ein- 
gang  geftmden  haben  mOge,  aber  erst  dnrdi  Timaioe  ein  eeheinbar 
Uiteriachee  gewand  erhalten  habe  und  an  eine  beetinunte  epoohe 
geimtl|ifl  worden  eei;  danns,  daai  dieee  von  Apptanos  anedrfloklieh 
ab  eine  annähme  der  Karthager  bemehnet  wird,  folge  nerdaeaauoh 
die  Timiitohe  datierong  nadi  Karthago  adbet  importiert  worden 
mL  «inflosi  auf  die  herabrOckong  dee  grflndangadatoma  doroh 
IRmaioa  möge  die  deatong  dee  nameneUtioa  ala  *die  alte*  im  gegen» 
ealB  in  der  neoatadt  Karthago  gehabt  haben;  entacheidend  aber  eei 
ÜtT  ihn  geweeen  die  identifioerang  dee  gottee  Pygmalion,  dee  bm* 
dem  der  Dido,  mit  einem  tjriaehen  USiüge  Pygmalion,  deaeen  leit 
er  mit  hille  der  tjriaehen  annalen  ermittelt  nnd  so  daa  jähr  814  ala 
die  der  grOndong  von  Karthago  geftmden  habe,  dielltereieitwisae 
nnr  Ton  dem  grOndTomgedatnm  des  Pmiatoe,  das  von  Bnaebioa  an 
te  j.  808  Abr.  (so  ABP.  798  F.  807  B)  geknapft  wird  nnd  daa  der 
tL  mit  recht  mit  dem  Appianiadien  *60^ihre  Tor  der  einnähme  von 
Tvoin'  flbr  identisch  erklftrt;  von  Philiatos  sdbst  werde  ee  wol 
allgemeiner  auf  6ine  generation  vor  diesem  ereignia  gestellt  worden 
sein,  historisch  genaa  sei  aber  anch  diesee  nicht,  sondern  solle  nur 
aaedrfleken,  dasi  die  grOndong  um  so  liA  der  bekanntschaft  der 
Griechen  mit  dem  westen  vorangegangen  sei,  welche  ftLr  diese  mit 
den  lUurten  des  Odjsseos  zusammenfieL  die  xuunen  Asoros  nnd 
Karchedon  enthielten  einen  hinweis  auf  die  nrsprttnglichkeit  des 
doppelsnffetentums« 

FOr  den  hellenischen  urspnmg  der  TimKisehen  tradition  macht 
der  ▼£  geltend  1)  dass  griechische  etymologien  eingesprengt  seien; 
aber  weder  bat  er  bewiesen  dasz  die  erzfthlong  des  Trogos,  gegen 
art  es  durchaus  nicht  verstOsst,  in  die  hauptquelle  susitse 
andern  quellen  mossXkartig  einzusetzen,  durchweg  Timftisch  sei, 
nodi  ist  abzusehen,  warum  nicht  schon  Timaios,  dessen  namentliches 
otat  nbrigens  die  mit  der  etymologie  von  Bjrsa  znsammenhingende 
geaehiehte  von  der  zerschnittenen  rindshaut  nicht  hat,  die  karthar 
^ieehe  tradition  durch  einzelne  anderswoher  genommene  zfige  er- 
weitert  haben  könnte;  2)  dass  in  dieser  tradition  eine  anthropomor- 
phisiersnde  tendenz  hervortrete;  als  wenn  sich  diese  erseheinung 
nicht  auf  einer  gewissen  entwicklungsstnfe  bei  allen  Völkern  zeigte, 
niefat  blosz  bei  den  Griecheo ;  3)  dasz  sie  in  keiner  organischen  ver- 
faittduig  mit  der  wirklichen  geschichte  Karthagos  stehe;  aber  woher 
kOsmen  wir  das  wissen,  da  uns  diese  für  die  ganse  ältere  zeit  ver- 
loren ist?  und  war  es  der  fall,  wie  könnte  uns  das  in  Verwunderung 
aetxen,  da  die  mythische  ftrbung  des  grflndungsberichtee  nie  ge- 
leognet  worden  ist?  wie  iosserst  unwahrscheinlich  der  aoaweg  iat, 


296     AvGutsclunid:  anz.  y.  OMeltzers  geschichte  der  Karthager.  I. 

zu  dem  der  vf.  sich  gedrängt  sieht,  dasz  eine  zweimalige  imporüe- 
rung  erst  der  griechischen  fabel,  dann  des  Timftischen  epochenjahrea 
in  Karthago  stattgefunden  habe ,  liegt  auf  der  hand :  die  Karthager 
sollten  sich  also  auf  die  weise  mutwillig  jünger  als  ütica  gemacht 
haben?  sobald  man  zugibt,  dasz  der  kern  der  Timftischen  erz&hlang 
ein  einheimischer  ist;  kann  man  diese  im  wesentlichen  oder  aa<^ 
ganz  als  mythisch  preisgeben,  ohne  dasz  dies  den  historischen  dia- 
rakter  der  zugleich  damit  überlieferten  gründungsepoche  im  gering- 
sten afficierte.  des  vf.  hjpothese,  dasz  diese  in  der  beziehong  de» 
mythischen  Pygmalion  auf  den  historischen  wurzele,  hat  zur  vorao»- 
setzung  die  andere  hypothese,  dasz  es  einen  gott  Pygmalion  gegebeik 
habe,  welche  durchaus  erst  noch  des  beweises  bedcfff.  den  Timaios 
zu  dem  zu  machen,  der  mit  hilfe  dieser  identifioierung  das  datam 
814  berechnet  habe,  ist  nicht  möglich  ohne  zwei  wiederum  äusserst 
unwahrscheinliche  hilfshypothesen :  1)  dasz  ihm  die  specialgeschiohte 
der  könige  von  Tyros  zugänglich  war  —  aber  auf  welchem  wege 
sollte  dies  zu  seiner  zeit  mOglich  gewesen  sein?  2)  dasz  die  für  jeden 
unbefangenen  den  denkbar  deutlichsten  Stempel  einheimischen  Ur- 
sprungs tragenden  datierungen  der  gründung  üticas  287  jähre  Yor^ 
der  Pityusen  160  jähre  nach  der  von  Karthago  erst  durch  eine  Um- 
rechnung nach  der  von  ihm  erfundenen  aera  ihre  jetzige  geatalt  er- 
halten haben  sollten,  wenn  je ,  so  kann  man  hier  von  einem  bou- 
Xeueiv  T^  UTToO^cei  reden. 

Sieht  man  näher  zu,  so  liefern  dem  vf.  für  seine  verschlungenea 
kreuz-  und  querzüge  den  einzigen  stichhaltigen  grund  die  doppel- 
ten gründungsdaten  von  Karthago,  von  denen  nur  öineadas 
richtige  sein  kann,  mir  scheint  alles  dafür  zu  spredien ,  dasz  das 
gründungsjahr  814  vor  Ch.  wirklich  das  zu  Timaios  zeit  in  Karthago 
geltende  gewesen  ist.  dem  vf.  auf  dem  wege  zu  folgen,  auf  dem  er 
das  datum  des  Philistos  verflüchtigt,  scheint  mir  aber  noch  weniger 
rathsam  als  in  seiner  behandlung  der  Timäischen  Zeitbestimmung: 
wenn  Eusebios  es  auf  1213  (bzw.  1218  oder  1209)  vor  Ch.  fixiert 
hat,  so  folgt  daraus  nicht,  dasz  seine  quelle  den  Philistos  einen  andern 
abstand  zwischen  der  epoche  von  Karthago  und  der  einnähme  Troias 
annehmen  liesz  als  die  50  jähre  Appians,  und  damit  die  bereohiigimg 
die  allgemeiner  gehaltene  angäbe  6iner  generation  als  das  einiig 
überlieferte  anzunehmen,  sondern  nur,  dasz  Philistos  (was  sich  eigent- 
lich von  selbst  versteht)  einer  andern  troYschen  aera  gefolgt  ist  als 
Eusebios.  um  die  vom  vf.  vorgeschlagene  weitere  umdeutung  glAub- 
lieh  zu  machen,  müste  erst  bewiesen  werden,  dasz  die  Griechen  die^ 
irrfahrten  des  Odysseus  als  ausgangspunct  ihrer  künde  vom  weetea 
angesehen  hätten,  und  auch  dann  noch  würde  der  entstehungsprooesa 
des  datums  unwahrscheinlich  genug  sein.  Azoros  und  Karchedoa 
sollten  die  vorbildlichen  ersten  su£feten  gewesen  sein?  'Tyros'  und 
^Karthago'  als  mutter  und  tochter,  allenfalls  als  vater  und  söhn  haben 
einen  sinn,  aber  coordiniert  neben  einander  als  grflnderpaar  vw^ 
stoszen  sie  gegen  alle  conventionelle  Symbolik ,  die  bei  der  bildong 


AwQwIkaaaaäi  mt.  t.  OMeltMn  gMehiekte  dar  Kiiibigw.  L    897 


im  eposyniMiiiainen  Ton  Hebrftem  so  gat  wie  Grieohtti,  sieher  «lio 
9aA  Yon  denPnniem  streng  gewalirt  worden  ist.  und  doch  Btammt 
die  meliriehi,  wie  der  vf .  mit  recht  aoe  dem  namen  Asoroe  (dL  ^^r) 
fiadiloesen  hat«  ans  karthagischer  qoelle.  was  nun?  mir  soheint 
laeli  jetit  noch  die  Ton  mir  b^ita  im  litt  centralblatt  Tom  27n  noT. 
1868  a.  769  vorgeschlagene  lOsung  den  einsigen  answeg  ans  diesen 
Schwierigkeiten  su  zeigen:  es  liegt  ein  einfaches  misrersttndnis  dea 
FUliatoa  vor,  dem  die  Karthager  sagten:  *die  aera  von  Tyros  und 
Karthago  beginnt  50  jähre  vor  Troias  folL'  mit  6inMn  werte,  sur 
seit  des  Philistos  rechnete  man  in  Karthago  noch  olQBeieU  nach  den 
jaknn  der  mutterstadt  Tyroa;  als  diese  von  Aleiander  erobert  wor- 
dsBwar,  lockerte  sich,  wie  man  aus  der  andentung  bei  Diodor  ZZ  14 
sieht,  das  verhiltnis  der  mftchtigem  tochter  sur  matter,  und  damals 
wild  die  eigne  stadtaera  an  die  stelle  der  tyrischen  getreten  sein,  die 
imuL  auch  Timaios  bei  den  Karthagern  vorfisad.  ohne  es  su  ahnen, 
hat  also  Philistos  dasselbe  datum  bewahrt,  das  uns  in  anderer  üss- 
soBg  und  auf  eine  andere  troüsche  aera  gestellt  fllr  Tyros  an  der  be- 
hauten stelle  des  Justinus  XVin  8,  6  vorliegt,  die  Stadt  sei  ttn 
jakr  vor  der  serstOmng  von  Troia  erbant  ohne  seine  scheu  su  posi- 
tiven annahmen  gedrängt  su  werden,  in  welche  der  vf .  in  diesem  ab- 
sdmiite  hineingerathen  ist,  wttrde  ihm  der  widers|Hruch  schwerlich 
ealgangen  sein, -in  den  er  sich  dadurch  verwickelt,  daas  er  die  grfin- 
dmjg  des  unbedeutenden  Ausa  als  in  den  igrrischen  annalen  veneich- 
aal  aanimt,  aber  die  erwfthnung  der  grfindung  von  Karthago  in 
dsnaelben  annalen  nicht  wort  haben  wiU,  und  die  weitere  schwierig- 
keity  daas  er  die  datierung  des  Timaios  aus  einer  künde  der  tyrischen 
königslisten  herleiten ,  in  die  uns  erhaltenen  listen  aber  das  datum 
fiber  Karthagos  grttndung  erst  aus  Timaios  eingesetzt  werden  lassen 
musz.  eine  unbefangene  prüfung  der  von  Menandros  gegebenen  zah- 
len kann  nur  zu  der  erkenntnis  führen,  dasz  sie  zu  dem  anderweitig 
festgestellten  so  gut  passen,  wie  man  es  von  einer  durch  addition  von 
kfinig^ahren  gewonnenen  jahrreihe  nur  immer  verlangen  kann,  der 
wert  oder  unwert  der  vergleichung  des  lln  oder  I2n  jahrs  des  Hirom 
mit  dem  jerusalemischen  tempelbau ,  die  ich  nicht  fllr  einen  ausge- 
rechneten Synchronismus,  sondern  fdr  eine  von  losephos  vorgenom- 
mene willkttrliohe  Übertragung  des  datnms  der  grossen  tyrischen 
tcDipelbauten  auf  die  erbauung  des  Salomonischen  tempeÜs  halte, 
kann  auf  unser  urteil  über  die  jahrreihe,  welche  von  der  gründung 
von  Tyros  auf  die  von  Karthago  herableitet,  nicht  den  geringsten 
einilnsz  haben :  sie  beweist  lediglich,  dasz  die  tyrischen  annalen  von 
der  grttndung  bis  auf  den  regiemngsantritt  des  Hirom  229  j.,  von 
da  bis  auf  das  jähr  der  gründung  von  Karthago  155  j.  (8  mon«), 
znaammen  also  384  j.  (8  mon.)  zählten,  das  scheint  sJlerdings  su 
wenig ;  man  kann  aber  noch  jetzt  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  nach- 
weisen, wo  der  fehler  steckt  eine  nicht  durch  willkürliche  auswahl 
beliebiger  zahlen,  sondern  auf  dem  wege  methodischer  kritik  be- 
wirkte herstellung  der  liste  ergibt,  dasz  die  zeit  des  ungenannten 


298     ÄTGatsohmid:  anz.  ▼.  OMeltzen  geschichte  der  Karthager.  L 

Usurpators )  mag  sie  nun,  wie  der  griechische  text  hat,  auf  12  jähre 
bestimmt  oder,  wie  dies,  wahrscheinlich  mit  recht,  in  simtlichen 
übrigen  texten  der  fall  ist,  gar  nicht  angegeben  gewesen  sein,  in  die 
gesamtsumme  nicht  eingerechnet  ist:  diese  muss  also  um  12  jähre, 
bzw.  um  eine  unbestimmte  zahl  von  jähren  erhöht  werden,  wie  die 
liste  der  tyrischen  könige  festzulegen  ist,  braucht  hier  nicht  weiter 
verfolgt  zu  werden;  für  meinen  zweck  genügt  es  vollkommen,  die 
von  tyrischer  und  karthagischer  seite  über  die  gründung  der  matter- 
Stadt  sowol  wie  der  tochterstadt  überlieferten  data  im  princip  als 
glaubwürdig  nachgewiesen  zu  haben. 

Das  vierte  capitel  *die  bedrftngnis  der  WesiphOniker  und 
die  begründung  des  karthagischen  reichs '  schildert  uns  die  einsich- 
tige, schon  vor  Mago  eingeleitete,  dann  aber  namentlich  von  ihm 
und  seinem  hause  mit  groszer  Stetigkeit  weiter  geführte  politik  der 
Karthager,  die  darin  bestand,  band  auf  die  westlichen  colonien  der 
Phöniker  zu  legen,  ihre  beschirmung  den  Griechen  gegenüber  sn 
übernehmen  und  deren  fernerem  vordringen  gegen  westen  einen 
dämm  entgegenzustellen,  keinen  schritt  weiter  vorzugehen,  als  die 
erreichung  dieses  zwecks  unumgttnglich  erheischte,  innerhalb  dieser 
demarcationslinie  aber  mit  rücksichtsloser  consequenz  die  Orieohen 
und  alle  andern  mitbewerber  um  die  seeherschaft  auszuschlieszen  und 
die  eigne  Suprematie  fest  zu  begründen,  in  diesem  zusammenhange 
betrachtet  der  vf.  die  handelsverträge  zwischen  Karthago  und  Bom^ 
und  erklärt  sich  unbeschadet  des  eingestandenen  einüusses,  den  im 
übrigen  Mommsens  ansichten  auf  sein  werk  ausgeübt  haben,  gegen 
diesen  für  die  datierung  des  Poljbios;  mit  recht  erkennt  er  (s.  174) 
in  der  Schwierigkeit,  welche  die  im  zweiten  jh.  vor  Gh.  vOUig  ver* 
altete  spräche  bei  der  Übertragung  verursachte,  ein  wichtiges  leng^ 
nis  bei  der  frage  Über  das  alter  der  ftltesten  und  damit  vadx  der  enf 
dieselbe  folgenden  Urkunden. 

Gegen  die  allmacht  des  Magonischen  hauses  trat  eine  oligar- 
chische  reaction  ein,  und  schon  von  da  an  datiert  der  vf.  das  bestehen 
zweier  Parteien ,  einer  aristokratischen,  nach  aussen  hin  auf  niöhta 
als  auf  Wahrung  des  thatsKchlichen  besitzsiandes  bedachten  und  viel* 
fach  über  das  wahre  Staatsinteresse  hinaus  friedliebenden^  und  eino: 
mehr  demokratischen ,  militftrischen ,  dem  auslande  gegenüber  eine 
thatkräftige  politik  vertretenden  partei.  in  diesem  antagoniamns 
zweier  entgegengesetzter  richtungen  sieht  der  vf.  den  schlflssel  m 
einem  richtigen  einblick  in  den  gang  der  kriegerischen  Operationen, 
zu  denen  namentlich  auf  Sicilien  die  Verwicklungen  zwischen  der 
groszmacht  Karthago  und  den  syrakusischen  tyrannen  führten«  es 
bildet  dies  den  Inhalt  des  fünften  capitels;  obgleich  die  tiber» 
lieferung  hier  vollständiger  als  anderwärts  ist,  so  ist  es  mir  dooh 
fraglich ,  ob  der  vf.  nicht  mitunter  in  seinen  combinationen  weiter 
gegangen  ist,  als  jene  verstattet,  ein  versehen  ist  es,  wenn  s*  839. 
519  der  tyrrhenische,  in  Wahrheit  wol  römische  pirat,  welchen  ISmo* 
leon  hinrichten  liesz ,  A.  Postumius  genannt  wird. 


WSAwarti:  warum  wiid  Adultop  tchiKlIffiwIg  ganandf    999 

Die  wenig  erheblidwn  «assieUiiiigeB,  die  wir  aa  dem  TorliBgen- 
werke  sa  machen  hatten,  etdirä  einem  überwiegend  gtUurt^ea 
geeamiorteil  Aber  dasselbe  nidit  im  wege:  es  gAXM  sn  den  solide» ' 
sieii  leiatongen,  die  in  den  letsten  jähren  auf  dem  gebiete  der  alten 
gsechiehte  ersdiienen  sind. 

TOnnwnr*  Alteid  von  GkiraoBiiiD. 


41. 
WABÜM  WIRD  ACHILLEÜS  SGHNELLFÜSZia  GENANNT? 


Das  besondere  interesse,  welches  das  Homerische  Troja  dorch 
BdiKemanns  groszarüge  entdeclrangen  in  der  ganxen  gebildeten  weit 
erregt,  lenkt  auch  mdne  gedenken  wieder  auf  einen  sdion  längst  ge- 
fMilfin  plan,  einmal  im  Zusammenhang  den  mythischen  geluilt  der 
troieeben  sage  zu  b^andeln.  da  ich  aber  nidit  weiss,  wann  idi  dazu 
bei  andern  niher  liegenden  arbeiten  komme,  mOge  fidgende  kleine 
i-ifi^^^^  meine  teilna^e  an  der  sadie  zunXehst  bekonden. 

Idi  knflpfe  an  eine  stelle  Bergks  an  (OLG.  I  s.  848),  der  da 
eagt:  'wenn  Homer  den  Adiilleus  unter  allen  heroen  dnrdi  das  bei« 
wert  eohnellfflszig  auszeichnet,  so  gab  dazu  die  Homsrische  didi- 
tong  keinen  anlasz;  man  sieht,  Homer  hat  dieses  charakteristiscbe 
beiwort  von  frflheren  diehtern  flberkommen.'  in  letzterer  hinsieht 
mOehte  ich  freilich  gleich  eine  modification  eintreten  lassen,  der 
Beigk  auch  schlieszlich  zustimmen  dürfte,  ich  schliesze  mich  nem- 
UA  in  dieser  hinsieht  Virchow  an,  der  in  seinem  bericht  über  seine 
trojanische  reise  (Troja  und  der  burgberg  von  Hissarlik*)  meint: 
^diDTÜber  kann  wol  kein  zweifei  bestehen,  dasz  Homer  schon  geformte, 
traditionell  fortgepflanzte  sagenstofie  vorgefunden  haben  musz ,  und 
dasz  er  diese  in  die  eigentlich  poetische  form  brachte.'  wie  ich  die 
sadie  kürzlich  in  einem  aufisatz  über  den  volkstümlichen  hintergrund 
im  Homer  ausgeführt',  hat  man  sogar  noch  zwiefache  formen  der 
traditionen  zu  unterscheiden,  die  alte  heimische  stammsage  der  betr. 
helden  und  die  rolle  welche  sie  allmfthlidi  die  in  £3einasien  sich  ent- 
wickelnde sagenform  unter  dem  reflez  eines  kampfes  um  Troja  usw. 
spielsn  liesz.  von  diesem  standpunct  aus  konnte  also  das  betr.  bei- 
wort des  Achilleus  'schnellfüszig*  vieUeicht  schon  in  der  heimisdien 
sage  wurzeln,   doch  treten  wir  der  sache  selbst  nfther. 

Hannhardt  möchte  auch  schon  in  jener  den  Ursprung  suchen, 
er  sagt  *antike  wald-  und  feldculte'  s.  71:  'ob  der  von  Pindar  be- 
wahrte zug,  dasz  der  siebenjährige  hdd  von  Cheiron  gdemt  hatte 
eber  und  hirsche  schnell  wie  der  wind  (Tcoc  dv^^oic)  im  laufe 
einzuholen,  ohne  hund  zu  fassen  und  auf  starkem  arm  seinem  lehr* 


*  im  4n  anxei^bUtt  von  Bartiani'jahretberioht  1879. 


300     WSchwartz:  warum  wir^  Acbilleus  acbnellfOBzig  genannt? 

meister  zuzutragen,  ebenfalls  alt  und  bereits  im  epos  ausgeeprocbeni 
ja  der  ausgangspunct  des  Homerischen  beiworts  irobac  dnak  ge- 
wesen sei,  ist  bei  dem  mangel  äuszerer  Zeugnisse  nicht  mit  gewisheit 
zu  sagen;  es  trägt  aber  auch  diese  angäbe  noch  so  sehr  den  Charakter 
derselben  von  bergesluft  und  waldesduft  durchwürzten  naturpoesie» 
wie  die  erzählung  von  der  ernährung  mit  bärenherzen,  dasz  wir  sie 
unbedenklich  derselben  noch  von  lebendiger  kenntnis  des  wetens  der 
Kentauren  durchdrungenen  zeit,  wie  das  vorhin  analysierte  Peleus- 
epos,  zuzuschreiben  und  aus  Übertragung  einer  den  Kentauren  bei- 
gemessenen eigenschaft,  der  schnellfliszigkeit,  auf  den  zOgling  zu  er- 
klären geneigt  sein  werden.' 

So  sehr  ich  im  ersten  teil  dieser  ezpectoration  Mannhardts  bei- 
stimme, ebenso  sehr  weiche  ich  im  schlusz  von  ihm  ab.  ich  halte  die 
schnellfttszigkeit  des  Homerischen  Achilleus  für  eine  ihm  besonders 
zukommende  eigentttmlichkeit,  ebenso  wie  das  andere  bei  Homer  her- 
vortretende moment,  dasz  seine  lanze  kein  anderer  schwingen  kann, 
für  ein  mythisches  residuum  aus  der  alten  stammsage,  wdches  wie 
jenes  in  der  Homerischen  darstellung  festgehalten  ist  und  nun  zeugnis 
mit  ablegt  von  dem  mythischen  Ursprung  der  ganzen  gestalt. 

Die  volkssage  selbst  knüpft  nemlich  speciell  an  diese  sohnelU 
füszigkeit  in  besonderer  weise  an.  als  Peleus,  heiszt  es,  durch  seinen 
aufschrei  das  Achilleus-kind  aus  den  flammen  errettete,  in  denen 
Thetis  es  unsterblich  machen  oder  nach  anderer  sage  verbrennen 
wollte,  war  der  knöchel  verbrannt,  da  gräbt  Cheiron  den  Damysos, 
den  schnell füszigsten  der  Qiganten,  der  inPallene  begraben  lag, 
aus  und  setzt  dem  Achilleus  des  Damysos  knöchel  ein,  und  der  war 
es  dann,  der  ihm  entfiel,  als  ihn  Apollon  verfolgte,  dh.  durch  dies 
letzterwähnte  factum  wurde  er  geschwächt  und  erlag.'  ich  habe 
schon  im  Ursprung  d.  myth.  s.  140  diese  sage  in  parallele  gestellt 
zu  der  entsprechenden  von  Zeus,  der  im  kämpf  mit  Typhon  seine 
sehnen  und  flechsen  verliert  und  seine  kraft  erst  wieder  erhUt, 
als  ihm  diese  wieder  eingesetzt  werden,  was  natürlich  ebenso  zu  dem 
begri£f  des  gottes  stimmt  wie  das  erliegen  zu  dem  menschenähnlich 
gedachten  heroen.  als  ich  ao.  die  sache  behandelte ,  entwickelte  ich 
zuerst  als  den  dabei  in  der  natur  liegenden  hintergrund  die  bedehang 
auf  den  sommerlichen  gewitter-  resp.  Sonnengott,  der  in 
den  letzten  gewittern  selbst  gelähmt,  im  frühling  aber  seine  toUa 
kraft  wieder  erhalten  zu  haben  schien';  das  verlieren  des  knOokela^ 
resp.  der  sehnen  bezog  ich  auf  die  fallenden  blitze,  das  glühen  des 

'  wie  tief  dieser  zag  im  mythos  wurzelte,  das  zeigt  na.,  dass  eine 
andere  sage  auch  yon  der  verwandang  der  Thetis  an  der  ferte  diiroh 
einen  hammerwurf  des  sie  verfolgenden  Hephaistos  enählta  (ar^nmg 
d.  myth.  s.  142).  '  den  hier  zu  gründe  liegenden  gegensati  repro- 
dacieren  Chamisso  und  Rückert,  wenn  der  erstere  von  der  herbstaonne 
sagt:  'niedrig  schleicht  blasz  dahin  die  entnervte  sonne%  letiterer 
hingegen  singt:  'die  sonn'  ist  gottes  ewiger  held,  mit  goldner  wehr  Im 
blauen  feld,  und  zu  dem  lichten  heldenwerke  erneut  der  frUhling  ihr 
die  stärke.' 


WSdiwaiti:  wamm  wird  Adulkos  ffftbrnlMtrig  gtuMuM    801 


MDgeboraieii  Thatükindes  Mif  daa  gewiiterfSBiier  usw.,  Umter  saeh 
•OBtt  Torkommende  anschammgeiL 

Zu  dieser  TorsteUung  des  Aehillens  ali  des  gewitterheldea 
pMst  nim  anch  die  ihm  eigeniOmlieh  bei  Homer  beigdegte  lame, 
die  wie  bei  Zeus  ^TX^tK^P^^woc  so  wie  bei  Ares  auf  dm  blits  qp- 
sprUngUeh  geben  wttrde.^  die  TorsteHong  Yerfareiteri  req».  vertieft 
sidi  aber  noch. 

Ich  habe  nemlich  inzwisehen  im  sweiten  teil  der  ^poetisoben 

aatmransdiaiiimgen'  Terschiedeiiilidi  Teranlassimg  gdiabt  daranf  hin* 

snweieeD,  wie  die  Yorstellongen  dea  gewitteAdden  mid  eiaea  somieB* 

adhM  sieh  berOhren^  wie  anch  in  einem  liedoi  welohee  die  flagge  der 

Teranigten  Staaten  feiert,  es  heiast: 

OroBxer  monareh  der  wölken  da, 
der  droben  sohwebt  fan  kOnigsglanse; 
des  ttarmef  trompete  hSrest  au, 
und  fiehst  des  blitaet  flBebtige  lanae: 
wenn  wild  des  Sturmes  krieger  wettern, 
des  himmels  donnertrommdn  sehmetterni 
da  sonnensohn,  dein  amt  lst*s,  dein: 
sa  Bobirmen  das  panier  der  freien  nsw. 

in  dieeem  rasammenhang  bemht  nicht  bloss,  wie  ieh  na.  entwickelt, 
die  parallele  awischen  dem  Ursprung  dea  AehiTlena  und  der  Athene, 
Ter  deren  beider  mOttem  Zeua  gewarnt. war ^  acmdem  flberha«^  ge- 
wiaae  ankUrtge  in  beiden  gestalten,  die  nur  eine  verachiedene  ^t- 
widUung  erfahren  haben«  der  sonnensohn  und  gewitteriield  Achil- 
kms  ist  in  die  heroenaage  übergegangen,  wfthrend  die  streitbaie 
souneatocbter  im  cultas  und  im  limfe  der  ganaen  religiOaen  entfal- 
tong  xur  gotiheit  geworden,  die  auf  den  hOhen  tou  Sunion  waltete, 
ao  lange  classisches  griechisches  leben  blühte. 

ErwSgen  wir  nun  die  bedeutsamkeit  und  den  ganaen  hinter- 
grund  des  moments  von  der  schnellfüszigkeit  resp.  dem gebrochen- 
aein  dieser  kraft  bei  dem  sonnen-  ondgewitterhelden,  so  dürften 
wir  nicht  im  zweifei  über  den  Charakter  derselben  sein,  wie  wir  nodi 
Ton  der  'sonnenbahn',  der  Grieche  von  einem  'HXiou  bpöftoc  redete, 
ao  gab  es  auch  noch  einen  bpö^oc  'AxiXX^uic  nur  im  osten,  wie  allea 
waa  die  sonne  betrifft,  localisiert,  in  demselben  osten,  wo  Achilleus 
anch  nach  der  sage  selbst  bald  mit  der  sonneajungfrau  Medeia  oder 
Helene  ewig  thronen  sollte,  und  der  tröbac  diicOc  'AxiXXeik  geht 

*  in  betreff  der  Ares-lanze  verweise  icb  noch  Insbesondere  auf  die  poet 
netoransch.  II  s.  98  beirebraehte  stelle  aas  Kallimacbos,  wo  Ares  mit 
der  (blitf-)lanxe  geren  den  (8onnen-)8cbild  (im  gewitter)  dröhnend  sebllgt, 
dass  die  ganse  weit  erschüttert  wird.  *  poet.  natnranseb.  11  s.  170  f. 
Tgl.  orspr.  d.  myth.  s.  iSS.  wie  Übrigens  Aehillens  von  der  volkssage 
noch  selbtt  als  gewitterheld,  als  ein  erdgeborener  risse  (itTTCv^)  m- 
aeicbnet  wird,  so  ist  speciell  sein  vater  ein  solcher  erdgeborener,  und 
bei  ilua  hat  es  noch  in  dem  mvthos  besondere  bedentnng  erbalten,  wie 
nemlich  die  gewitterwolke  am  horisont  von  der  erde  anntelgt,  so  schien 
anch  das  gewitterwesen,  welches  sich  der  sonnen-  und  wolkenwasserfraa 
Tbetis  Tcrmahlte,  irdischen  Ursprungs ,  und  dies  moment  wurde  in  die 
sage  gleichsam  tendenaids  aufgenoounen. 


302     WSchwarts:  warum  wird  Achilleas  tclinellfQsEig  genumt? 

80  nach  allem  nrsprünglich  gerade  speciell  auf  den  sonnenhelden, 
^der*  wie  der  psalinist  sagt  ^sich  freut  zu  laufen'  den  weg  tftglich  an 
der  himmelsbahn.  feiert  doch  auch  der  Zendavesta  die  sonne  noch 
ausdrücklich  als  einen  solchen  'heldenlSufer',  und  wenn  das  bild 
nicht  Öfter  bei  unsem  dichtem  mehr  anklingt»  so  ist  die  weibliche 
auffassang  der  sonne  bei  uns  Veranlassung  davon.*  wurde  doch 
auch  bei  den  Griechen  jenes  bild  in  dieser  form  verdrftngt  ebenso 
wie  das  von  der  sonne  als  einem  feurigen  radwSlzer*  durch  die 
allmShlich  sich  bildenden  Vorstellungen  von  einem  sonnenwagea« 
sonnenrossen  usw.,  welche  letsteren  übrigens  auch  schon  bei  Achil- 
leus  in  seinen  unsterblichen  rossen  auftreten«  aber  auch  an  die- 
sen haftet  immer  noch  die  Vorstellung  des  'schnellen,  eilenden^  wie 
auch  Sophokles  noch  an  eine  'schnelle  Wettfahrt'  anklingt,  wenn  er 
Ant.  1064  f.  sagt:  dXX*  eO  T^  toi  KdrtcOi  \x)\  iroXXoOc  in  \  Tpöxouc 
d^lXX1lTf)pac  f|Xiou  tcXAv  usw. 

Ist  aber  so  Achilleus  ursprünglich  im  mythos  der  im  ge- 
witterfeuer  von  der  wolkenwasserfrau  geborene  schnell füszige 
sonnensohn,  der  kurzlebige  sommerheld^  wie  Siegfiried  und 
Baldr,  der  im  blitz  die  lanze  schwingt,  welche  keiner  ausser  ihm 
zu  schwingen  vermag ,  so  werden  wir  auch  endlich  in  dem  beiwort 
£av96c  bei  Homer  (welches  gleich  xp^ocib^jc  ist)  einen  naohUang 
des  goldhaarigen  sonnenwesens  finden,  von  dem  ich  versehie- 
denüich  gehandelt,  wird  doch  auch  dieses  beiwort  wieder  durch  die 
sage  prägnant,  indem  nicht  blosz  sein  söhn  Pjrrhos  heiszti  son- 
dern er  selbst  unter  den  tOchtem  des  Lykomedes  wegen  seines  *gold* 
gelben'  haares  Pyrrha  genannt  worden  sein  soll.* 


*  gelegentlich  taacht  es  aber  doch  immer  wieder  anf ,  wie  es  ab. 
in  dem  von  mir  naturansch.  I  s.  86  oitierten  liede  Tegnin  von  der  sonne 
als  einer  goldhaarigen  Jungfrau  heinst:  Marom  eilst  du  dahin  miton- 
rnhigem  sinn.*  ^  vgl.  meinen  aafsatz  'zur  prShistorisohen  mythoIo|rfe' 
in  der  Berliner  es.  f.  ethnologie  1879.  '  dass  auch  das  verweuea 
unter  den  töohtem  des  Lykomedes  auf  einer  alten  mythSsohso  an- 
schaaung  beraht,  seigen  die  parallelen,  dass  die  himmlisehen  feaer- 
götter  Agni  wie  Hephaistos  zeitweise  unter  derartiger  weiblicher  um« 
gebang  weilen,  in  betreff  des  Jigni  sagt  Kuhn  westph.  sagen  I  s.  80S: 
'in  den  Veden  erscheint  Agni,  das  fener  des  blitzes,  ebenfalls  oft  als 
kind,  welches  die  himmlischen  franen,  die  wasser  der  wölken  (dh.  was 
ich  oben  die  wolkenwasserfrauen  nannte)  hegen  und  pflegen.*  Je 
nach  verschiedener  entwicklnng  des  betr.  mythos  ist  jenes  mythiacbe 
dement  nur  selbst  verschieden  daraus  entwickelt  worden. 

Posen.  Wilhelm  Sohwaets. 


MWohlrab:  inm  Konnos  des  Ameipsiat.  308 

42. 

ZUM  KONNOS  DES  AMEIP8IA8. 


Bei  Laertios  Diogenes  ü  28  findet  sich  ein  fragment  aus  dem 
Konnos  des  Ameipsias,  das  nach  Meineke  com.  gr.  II  s«  703  folgen- 
dennaszen  lautet: 

CttiKporec  dvbpiüv  ßAncr'  öXitiuv,  iroXXuiv  bi  ^aTalÖTa6^  {^KCtc 
woX  cu  iTpöc  i\\i&c  KQpTcpiKÖc  T*  cI;  iTÖOcv  fiv  CGI  x^oiva  T^VOITO; 
B.  toutI  tö  KaKÖv  tuiv  ClcuT0T6^ulv  kot'  £in}p€iav  T^T^viiTau 
ouTOc  lA^VTOi  ireivulv  outuic  ouniimoT*  ItXt)  KoXaxeOcau 
GHennann  in  der  vorrede  zu  den  Wolken  s.  XXXYI  und  XLVI  iaszt 
diese  versa  so  auf,  als  ob  sie  ein  lob  des  Sokrates  enthielten,  und 
findet  darin  die  art  desselben  trefflich  beschrieben,   leider  spricht  er 
lieh  Über  seine  auffassung  des  einzelnen  nicht  aus. 

Was  Hermann  dunkel  liesz ,  wollte  FVFritzsche  aufklären,  er 
bringt  quaest.  Aristoph.  I  s.  248  f.  vom  ersten  yerse  drei  erklärun- 
gen  vor»  von  denen  er  selbst  zwei  mit  recht  wieder  verwirft,  die 
dritte  lautet:  ^Sokrates,  unter  wenigen  mftnnem  hier  bist  du  noch 
der  beste  kerl,  unter  vielen  aber  der  gröste  narr.'  Fritische  besieht 
das  öX(tuiv  auf  den  chor  im  Konnos,  der  ans  «ppovrictai  bestanden 
haben  soll,  und  nimt  an,  Sokrates  sei  nach  demselben  eingetreten 
und  deshalb  von  ihm  angeredet  worden:  fficeic  Kod  cu  irpöc  flfific; 

Abgesehen  nun  davon  dasz  die  annähme,  der  chor  im  Konnos 
habe  ans  <ppovTtCTai  bestanden,  nicht  über  allen  zweifei  erhaben  ist, 
wird  es  doch  bei  den  sehr  wenigen  fragmenten,  die  uns  von  dem 
stQcke  noch  übrig  sind ,  jedenfalls  sehr  gewagt  sein  die  Situation  zu 
bezeichnen,  auf  welche  sich  das  f\K€ic  Ka\  cu  npöc  i\}iäc;  bezieht, 
sehr  ansprechend  setzt  Reisig  (vorrede  zu  den  Wolken  s.  XXVII) 
diese  frage  mit  dem  hange  des  Sokrates  umherzuschlendem  und  mit 
allen  gesprftche  anzuknüpfen  in  Verbindung,  aber  zugegeben  auch, 
öXituiV  sei  mit  rücksicht  auf  die  von  Fritzsche  bezeichnete  Situation 
gesagt,  SO  ist  aus  derselben  der  gegensatz  ttoXXoiv  schwerlich  zu  er- 
klftren.  man  wird  also  Meineke  beipflichten  müssen,  der  ao.  s.  704 
auch  nach  Fritzsches  deutungsversuch  die  stelle  noch  dunkel  findet. 

Einen  nicht  verächtlichen  fingerzeig  zum  verstftndnis  des  ersten 
Tarses  scheint  Dobree  zu  Ar.  Ach.  270  in  den  addenda  gegeben  zu 
beben,  indem  er  eine  ähnlich  lautende  stelle  aus  Xen.  apomn.  1 6, 1 1 
beigebracht  bat.  dort  sagt  Antiphon :  iD  CiiiKpOTCC,  ^T^  TOl  ck  }xhv 
bixaiov  vofiiZuj ,  coq)öv  bi  oub '  öiruicrioCv.  Sokrates  wird  gerecht 
genannt,  aber  unklug,  weil  er  für  seinen  Unterricht  keinen  lohn 
nahm,  eine  anerkennung  wird  dem  Sokrates  zu  teil,  aber  zugleich 
ein  tadel.  beides  geschieht  offenbar  auch  im  ersten  verse  unseres 
frmgmentes.  zu  seinem  Verständnis  wird  zunächst  zu  berücksich- 
tigen sein,  in  welchem  zusammenhange  Diogenes  dasselbe  vorbringt. 
Sokrates  rühmt  sich  dort  seiner  bedürfnislosigkeit,  die  komiker  da- 
gegen verspotten  ihn  deshalb ,  ohne  zu  merken  dasz  sie  ihn  damit 


304  GSchmid:  zu  Earipides  Ion  [▼.  1489  f.]. 

eigentlich  loben,  zum  beweise  dafür  wird  erst  eine  stelle  ans  Aristo* 
phanes  Wolken  (412 — 17)  beigebracht,  in  der  er  durchgezogen  wird, 
weil  er  sich  in  seiner  freude  am  forschen  jede  entbehrung  auferlege; 
dann  folgt  die  angeführte  stelle  aus  Ameipsias.  nichts  scheint  slso 
näher  zu  liegen  als  die  annähme,  dasz  auch  in  ihr  die  armnt  des 
Sokrates  und  die  damit  in  Verbindung  stehende  rauhe  lebensweise 
desselben  den  hauptsächlichen  inhalt  bilde,  danach  Iftszt  sich  die 
anrede  im  ersten  verse  wol  so  verstehen :  ^Sokrates ,  unter  wenigen 
männem  der  beste,  unter  vielen  der  närrischste',  dh.  unter  den  we- 
nigen ,  zu  denen  er  speoiell  gehört,  unter  den  philosophen  also,  noch 
der  beste,  unter  den  vielen  aber,  unter  der  menge  der  närriBchste, 
insofern  er  nemlich  nicht,*  wie  diese,  auf  den  erwerb  aus  ist,  •ondem 
lieber  in  dttrftigkeit  lebt.  iroXXoi  hat  schon  Homer  ohne  artikel 
von  der  menge  gebraucht. 

Zu  dieser  anrede  passt  alles  folgende  aufs  beste.  Sokratae  tritt 
in  seinem  abgetragenen  mäntelchen  (rpißuiv)  an  eine  gruppe  heran 
({^K€ic  Kai  cu  irpdc  f)|üific;).  sogleich  wird  seine  genttgsamknt  und 
ausdauer  hervorgehoben  (KapreptKÖc  t'  el),  aber  freilich  spottend 
hinzugefügt:  woher  sollte  er  sich  auch  statt  seiner  schleohten  klei- 
dung  (Tp(ßujv)  ordentliche  (xXaiva)  kaufen?  (iröOev  äv  COix^ctfvo 
T^votTO ;).  vor  dem  dritten  verse  ist  nach  der  annähme  von  Fnmuri 
de  re  vestiaria  part.  U  lib.  IV  c.  16,  dem  Hermann  und  Meineke  bei- 
pflichten ,  etwas  au8ge£Edlen ,  was  sich  auf  das  barfuszgehen  des  So- 
krates bezieht,  durch  diese  dvuiTOÖiicia  soll  Sokrates  die  sohuh- 
macher  verspotten,  der  letzte  vers  feiert  offenbar  die  unbestecUioh- 
keit  und  gesinnungstüchtigkeit  desselben,  alle  hier  beigebraofaien 
Züge  waren  in  der  that  chuiikteristisch  für  Sokrates. 

Chemnitz.  Martin  Wohlb4B. 

43. 

ZU  EURIPIDES  ION. 


Die  stelle  v.  1489  ff.  ist  überliefert:  TrapO^via  b*  i^fic  ^cctdpoc 
ordpTav'  d^(p(ßoXd  cot  i&b'  iwf\\\^a  KCpKiboc  i^fic  TrXdvcHic  der 
sinn  im  allgemeinen  ist  unzweifelhaft:  Kreusa  verwendet  de&Mlbei- 
gewebten  peplos  (1417.  1425  f.)  als  windel  für  das  neugebora&e 
kind  (955),  weshalb  derselbe  auch  918  crrdpTava  jüLcnr^poc  gtsannt 
wird,  aber  i\x&c  \xauipoc  könnte  nur  bedeuten  ^meiner  mutier*,  ieh 
mOchte  vorschlagen: 

TTapO^veia  ö'  £^d  fiar^poc  d^dTOpoc 
cirdpTav'  d^cpißoXd  coi  rdb'  ££fii|ia  xep- 
Kiboc  ^ac  irXdvouc. 
so  erhielten  wir  für  die  beiden  verse  gleiches  masz:  zwei  cretioi  und 
einen  dochmius.   wie  der  fehler  des  sdireibers  entstehen  konnte,  itt 
ohne  weiteres  klar,   die  besserung  iif\\^a  ist  von  Fix.   die  Terbin- 
dung  ^rjnip  djütrJTUjp  wie  Soph.  EL  1154. 

St.  Petersburg.  Oboro  Sobmid« 


ThBecker:  sur  erklärung  von  Platons  Laches.  306 

44. 

ZUR  ERKLÄRUNG  VON  PLATONS  LACHES. 


Der  Laches  gehört  zu  den  negativ  schlieszenden  dialogen,  ttber 
welche  seit  Schleiermacher  die  herschende  meinung  ist,  dasz  ihr 
n^fativer  schlusz  nicht  ernst  gemeint  sei.  ich  betrachte  diese  an- 
sieht als  das  sicherste  mittel  sich  das  verstttndnis  derselben  anmög- 
lich zu  machen  und  als  ein  einlaszthor  für  subjective  willkttr.  ich 
habe  das  an  einem  der  interessantesten  und  tiefsinnigsten  dieser 
dialoge ,  dem  Charmides ,  vor  kurzem  ausführlich  dargelegt  (Platons 
Charmides,  Halle  1879).  will  man  nicht  glauben,  dasz  das  Platons 
meinung  sei,  was  er  als  solche  ausspricht,  so  hat  man  zu  beweisen 
dasz  es  seine  meinung  nicht  sein  könne.  Bonitz  versucht  das  Tlat. 
Stadien' '  (1875)  s.  1 19  f.  anm. :  in  einem  negativ  schlieszenden  dialoge 
könne  die  discussion  nicht  solche  ruhe  und  Sicherheit  zeigen,  wie  sie 
factisch  vorliege,  ich  habe  das  zu  widerlegen  versucht  Charm.  s.  97. 
im  flbrigen  entbindet  man  sich  von  solchem  beweise,  indem  man  es 
Ar  selbstverständlich  erklärt,  dasz  der  negative  schlusz  nicht  ernst 
gemeint  sei ,  weil  er  ja  allerdings  der  gewöhnlichen  lehre  des  Philo- 
sophen oft  zu  widersprechen  scheint,  da  das  aber  offenbar  eine 
petitio  principii  ist,  indem  man  die  gewöhnliche  lehre  des  philosophen 
als  Inhalt  eines  dialogs  voraussetzt,  dessen  Inhalt  doch  erst  aus  ihm 
selbst  geschöpft  werden  sollte,  so  musz  jene  Voraussetzung  aufgegeben 
werden,  und  wir  haben  methodisch  die  pflicht  den  negativen  schlusz 
als  ernst  zu  fassen,  es  ist  dann  in  der  erklärung  zu  zeigen,  weshalb 
der  dialog  negativ  schlieszen  mu  s  te ,  indem  aus  dem  philosophischen 
fetandpuncte  desselben  die  Unmöglichkeit  einer  lösung  der  Schwierig- 
keit gefolgert  wird,  für  den  Charmides  habe  ich  das  ao.  versucht 
(vgl.  besonders  s.  70.  89).  wenn  ich  mich  jetzt  zunächst  zum  Laches 
wende,  so  geschieht  daS;  weil  Bonitz  in  der  erklärung  desselben  ein 
muster  hat  aufstellen  wollen,  wie  solche  dialoge  zu  behandeln  seien 
<ao.  s.  235).  es  soll  aber  hier  nicht  der  Laches  als  dialogisches  kunst- 
werk,  sondern  nur  sein  philosophischer  gehalt  betrachtet  werden. 

Sokrates  fragt:  was  ist  tapferkeitV  (190^)  und  erhält  darauf 
zunächst  von  Laches  die  zu  enge  und  äuszerliche  definition:  tapfer 
sei ,  wer  im  kämpfe  in  reib  und  glied  aushalte ;  dann  die  zu  weite : 
tapferkeit  sei  bebarrlichkeit  des  geistes  (KapT€pia  TIC  rf^C  i|iuxf)c 
192^).  diese  definition  wird  in  zwiefacher  weise  genauer  bestimmt, 
erstens  ist  die  tapferkeit  immer  etwas  schönes  und  lobenswertes 
(koXöv);  nun  ist  zwar  die  mit  einem  wissen  (q>pöviicic)  geeinte  aus- 
dauer  lobenswert  und  wahrhaft  förderlich  (KaXf]  KdTOÖrj);  die  aber 
welcher  dieses  wissen  fehlt  (f]  ^€T'  dq>pocuviic)  ist  schädlich  und 
von  übler  Wirkung  (ßXa߀pa  kqi  KaKoOpTOc),  also  nicht  ein  kqXöv 
{denn  das  thun  des  schädlichen  ist  albern  und  lächerlich),  somit 
musz  in  die  detinition  eingesetzt  werden :  die  mit  einem  wissen 
geein  te  ausdauer.   zweitens  ist  aber  auch  das  noch  zu  unbestimmt 

Jnttrbucrifi  für  rl'.^s.  philo!.  1880  >ift.  5.  21 


306  ThBecker :  zur  erklärnng  Ton  PlatonB  Lache«. 

auch  wer  in  verständiger  weise  ausdauernd  geld  verbraacht  oder 
ausdauernd  einen  kranken  pflegt,  ist  nicht  tapfer  (192*).  also  mnsz 
man  genau  sagen:  die  mit  einem  wissen  verbundene  ausdauer  in 
gefahren,  dies  wird  zwar  nicht  ausdrücklich  ausgesprochen,  weil 
Sokrates,  wo  er  es  aussprechen  sollte  (193*),  gleich  zur  Widerlegung 
fortgeht,  aber  es  ergibt  sich  aus  dem  zusammenhange  von  selbst, 
der  gedankengang  zielt  darauf  hin.  wenn  also  Bonitz  ao.  s.  205 
sagt,  hier  bleibe  unbestritten  *dasz  die  tapferkeit  eine  auf  einsieht 
beruhende  beharrlichkeit  des  Charakters  ist',  so  ist  das  ungenau,  weil 
er  diese  letzte  bestimmung  ^beharrlichkeit  in  gefahren',  die  auch 
nicht  bestritten  wird ,  ausläszt. 

Sokrates  beginnt  dann  sofort  die  Widerlegung  der  nunmehr  ge- 
fundenen definition:  wer  nach  verständiger  Überlegung,  dasz  der 
sieg  ihm  nicht  entgehen  könne,  den  feind  angreift,  ist  weniger  tapfer 
als  wer  trotz  seiner  ungünstigeren  läge  stand  hält;  wer  als  wol- 
geübter  soldat  in  die  schlacht  gebt,  ist  weniger  tapfer  als  wer  ohne 
solche  Übung  kämpft;  wer  als  gelernter  taucher  ins  wasser  geht» 
weniger  tapfer  als  wer  das  tauchen  nicht  gelernt  hat  (193).  alles 
solche  wissen  hebt  eben  die  gefahr  auf,  und  wo  keine  gefahr  ist,  da 
kann  auch  keine  tapferkeit  sich  zeigen,  anderseits  was  dem  gegen- 
über als  tapferer  bezeichnet  wurde,  erweist  sich  bei  näherer  betrach- 
tung  als  tollkühn,  ist  also  auch  keine  tapferkeit,  weil  nicht  koXöv. 

Sokrates  hat  uns  so  auf  einen  Widerspruch  geführt:  daa  aus- 
harren in  einer  gefahr  ist  nicht  tapfer,  wenn  es  auf  ein  wiaeen  ge- 
gründet ist,  welches  die  gefahr  aufhebt  (die  definition  sagte  allge- 
mein *auf  ein  wissen' ;  dieser  unbestimmte  ausdruck  schlieazt  aber 
natürlich  auch  diese  urt  des  Wissens  ein),  tapferer  ist,  wer  etwas 
untemimt,  bei  dem  er  wirkliche  gefahr  zu  bestehen  hat.  umgekehrt 
aber,  wer  mit  dem  bewustsein  sich  ein  Unglück  zuzuziehen  sieh  in 
gefahr  begibt,  handelt  tollkühn,  ist  also  auch  nicht  tapfer,  die  mit 
jenem  wissen  verbundene  ausdauer  hat  von  der  tapferkeit  als  dpcnfj 
das  moment  des  wissens,  es  fehlt  ihr  das  wirklicher  gefahr;  die  ane- 
dauer  ohne  q)pöviicic  hat  die  wirkliche  gefahr,  es  fehlt  ihr  daa  mo- 
ment des  kqXöv.   so  ist  jedes  für  sich  genommen  ungenügend. 

Cron  zu  193*^  (vgl.  einl.  s.  15)  behauptet  Masz  Sokralea  mit 
der  ansieht  des  Laches  nicht  einverstanden  ist,  wie  denn  woA  im 
Protagoras  die  antworten  entgegengesetzt  lauten.'  Sokrates  iai  aber 
ganz  gewis  einverstanden :  die  beispiele  der  mit  wissen  verbondeMii 
ausdauer,  welche  er  selbst  anführt,  zeigen  eine  solche  art  des 
Wissens,  dasz  Sokrates  ebenso  wenig  wie  Laches  das  aus  ihm  herror- 
gehende  handeln  für  tapfer  halten  kann ;  und  da  es  nichts  mit 
keit  gemein  bat,  weil  keine  gefahr  vorhanden  ist,  so  hat  in 
beziehung  (abgesehen  davon  dasz  aus  anderen  gründen  audi 
handeln  nicht  als  tapfer  gelten  kann)  der,  welcher  solches 
nicht  hat,  mehr  recht  auf  das  prädicat  tapfer,  anszerdem  sieht 
nicht  ein ,  weshalb  von  Cron  gesagt  ist ,  dasz  mit  den  antworten  na 
Protagoras  ein  Widerspruch  bestehe:  derselbe  widerspmeh  be- 


ThBeoker:  cor  erklftnmg  tob  Flatoni  Liohai.  807 

liaht  ja  im  Laches  selbat,  wo  Torher  und  nachher  der  nicht  mit 
^ppdvf|€tc  yerbundenen  beharrlichkeit  das  prftdicat  xaXöv  abge- 
qnrochen  wird,  es  ist  das  nicht  ein  gegen  den  willen  des  Sokrates 
Ton  Laches  yerschnldeter  widersprach,  er  ist  Yon  Sokrates  als  in 
der  definition  selbst  liegend  aufgezeigt  damit  ist  nicht  gesagt,  das« 
Sokrates  ihn  nicht  zn  lösen  wisse  durch  eine  bessere  fassong  der 
definition  —  wir  werden  die  lOsnng  finden  —  aber  in  dieser  iaa- 
snng^  so  wie  sie  jetzt  interpretiert  ist,  liegt  der  widersprach,  oder 
geaaaer:  die  fassang  der  definition  ist  anbraachbar,  weil  sie  aach 
so  interpretiert  werden  kann,  dass  eih  widersprach 
darin  liegt. 

Das  ist  der  sinn,  in  welchem  die  definition  verworfen  wird, 
wenn  also  Zeller  ph.  d.  Or.  11 1  s.  602  gegen  Bonitz  den  satz  aaf- 
stellt:  *es  wird  gezeigt,  die  tapferkeit  sei  weder  eine  KOpT€p(a  q)pö- 
vt^oc  noch  eine  dqppuiv  xapT^piictc,  woraas  man  doch  nar  schlieszen 
kttUA)  dasz  ihr  wesen  überhaupt  nicht  in  der  KapT€pia  bestehe',  so 
ift  dieser  schlusz  falsch:  nicht  die  mit  einem  wissen  verbondene 
KOpTCpfa  überhaupt  ist  Yerw<»fen,  sondern  nur  die  mit  derart 
TOn  tppövTicic,  wie  sie  in  den  gegebenen  beispielen  vor- 
liegt, verbundene ;  es  wird  sich  abef  zeigen,  dasz  es  noäi  eine  andere 
art  des  Wissens  gibt,  die  nicht /^werfen  wird,  ja  wir  müssen  noch 
weiter  gehen:  der  hier  angeiiommenen  art  der  q>p<Wnac  gegenüber, 
der  technischen  kunstfefügkeit,  um  es  kurz  zu  sagen,  wird  selbst 
der  dq>pu)V  KapT^piKit  eine  art  berechtigung  gewahrt  (193*):  sie 
enthüt  das  momenft  wirklieber  gefahr,  welches  bei  der  technischen 
fertigkeit  fehlt. 

Die  verjferfung  der  definition  besteht  nach  dem 
allem  ja  überhaupt  nicht  darin  dasz  sie  als  inhaltlich 
falsch  hilfgestellt  wird,  sondern  darin  dasz  ihre 
schwank^de  Unbestimmtheit  hervorgehoben  wird, 
welche  ifuch  falsche  auffassungen  zuläszt.  so  bahnt  diese 
verwerflijjg  zugleich  den  weg  zu  einer  scharfem  fassung,  ist  nicht 
*"^  '^•uchtbare,  sondern  eine  fruchtbare  negation:  sie  fordert  zu 
^V^  SCeuten  versuche  auf,  das  wahre  was  man  meinte  aber  nur 
nielili^yg^ugprechen  vermochte  (darüber  dasz  er  dies  nicht  könne 
^^t*  Laches  194»)  zu  ergreifen,  so  gefaszt  verdient  aber  die 
'\legung  der  definition  nicht  den  Vorwurf  Zellers  ao.  s.  602,  1, 
'  ihre  gründe  'vom  Sokratisch- Platonischen  standpunct  selbst 
^  keineswegs  unwiderleglich'  seien. 

^  Wollen  wir  nun  angeben ,  welchen  fortgang  der  gedanken  wir 
ernach  erwarten  müssen,  so  ist  es  folgender:  die  tapferkeit  musz 
nt  einem  wissen  verbunden  sein  (sonst  ist  sie  nicht  ein  KaXöv), 
Vier  mit  einem  solchen  wissen,  welches  die  gefahr  nicht  aufhebt; 
ind  zweitens  (von  der  fiq)pujv  KapTCpia  aus)  sie  musz  mit  gefahr  für 
lie  existenz  verbunden  sein,  aber  es  darf  nicht  als  toUheit  erscheinen, 
*ich  in  dieselbe  zu  stürzen,  diese  momente  musz  die  neue  definition 
?nthalten ,  soll  anders  ein  notwendiger,  immanenter  fortschritt  und 
f  21* 


308  ThBecker:  zur  erklärung  von  Platons  Laches. 

nicht  ein  willkürliches  springen  von  einer  zufällig  aufgerafften  de- 
finition  zur  andern  stattfinden. 

Es  erübrigt  noch  die  frage:  hat  Bonitz  recht,  wenn  er  sagt 
(s.  205),  die  bestimmung  der  tapferkeit  als  ausdauer  (xopTcpia) 
bleibe  unbestritten  ?  ohne  zweifei  ja  nach  dem  gesagten,   es  ist  nur 


die  mit  dieser  art  des  Wissens  yerbundene  ausdauer  beatritten 
worden;  es  bleibt  also  eine  mögliche  ausdauer,  die  mit  einer  andern 
art  des  wissens  geeint  wäre,  aber  folgt  daraus  dasz  dieses  moment 
damit  anerkannt  wird  als  zur  wahren  definition  der  ävbpeia 
höriff?    die  fraire  wird  sich  endcrültiff  erst  am  Schlüsse  behan< 


dasz  sie  als  zu  nnphilosophisch  und  zu  äuszerlich  nicht  widerlegena- 
wert  erschien. 

Die  neue  definition  formuliert  Nikias  nach  Sokratischen 
principien  als  f|  tüüv  t>€ivdiv  kqi  OappaX^UJV  imcr/jjyir)  (194*): 
das  wissen  dessen  was  zu  meiden ,  und  dessen  was  zu  wagen  ist,  an 


Ziehungen  genauer  erklä         "^    ^  ^^^  nicht  gemeint  das  wissen  des 

arztes,  was  dem  kranken  gesL        "^^  schädlich:  das  wissen  am  die 

unmittelbaren  natürlichen  guter-  ^^^^  ^  ^^  wahraagerBi  ob 

uns  in  zukunft  ein  solches  gut  zu  \,   \^^^^  ^"f^?  flondw»  das 

reflectierte  wissen ,  ob  es  uns  besser  se^fi"  unmittelbare  gnl  das 

lebens  zu  erhalten  oder  zu  verlieren    manlt^  ^^  entwehr  ab 

reflectierte  berechnung  verstehen,  die  sich TlfcT^^'?"^^^*'^^ 

tiberlegt:  wenn  ich  noch  am  leben  bleibe,  so  w^L??*  ^^^  ~  ■? 

unglückliches,  schmerz-  und  kummervolles,  daszl^^Jf  "!!l!? 

bleibe  nicht  am  leben;  oder  man  kann  es  verstehe^  ^f  ^^' 

nung  eines  <piXoTijioc,  der  sich  sagt,  es  sei  besser  ruhfc'^"  ^^' 

ben,  als  mit  der  schmach  seinen  pusten  verlassen  zu^haiP  ~  1^ 

das  KoXöv  stehe  höher  als  jedes  äusze«  S  (^Je  zb^tL^ 

I  115  <i      aber  wir  dürfen  nicht  wagen  uns  für  eiTes  von  1?^^  " 

entscheiden,  wir  müssen  beides  hineinlegen,  und  ilJt  eS 

Bringen  wir  nun  das  hier  von  der  imcrnun  ire^o^il 

sTfiS  w^r  "^'  '^"^  *^"  ^^  ^^^^^^^  beJ2n7en'^^;^J 
^ielt^lZli^^^  ^^!^*'  ^^  ^^^^  ^^  ^i«r  verworfene  wJ 
r„Lf?J?-  ^^x^^^""®'  ^*  ^^  erwerben  sei,  besonders  die  techl.1 
kunstfertigkeit.    an  ihre  stelle  ist  mit  der  ^niCT?un  ein  Ä 


ThBecker:  zur  erkl&rung  ron  Platons  Laches.  309 

OB  wahres  gut  zu  erlangen,  ein  untergeordnetes,  unmittelbares  gut 
auf:  er  begibt  sich  in  gefabr. 

Jene  erhebung  des  gedankens  von  der  technischen  kunstfertig* 
keit  KU  der  allgemeinen  bildung  des  geistes,  vermöge  deren  er  über- 
all das  der  augenblicklichen  läge  entsprechende,  wahrhaft  förderliche 
und  gute  zu  finden  weis^  ist  in  der  angeführten  schrift  s.  86  ff.  von 
mir  auch  im  Charmides  aufgedeckt. 

Wenn  wir  so  diese  stelle  des  Laches  mit  der  frühem  (193) 
zusammenbringen  —  und  das  dürfen  und  müssen  wir,  soll  anders 
ein  vernünftiger  fortgang  vorhanden  sein  —  so  zeigt  der  Laches 
einen  fortschritt  auch  gegenüber  dem  Protagoras,  wo  360^  die 
t^ferkeit  definiert  wird  lüs  f)  tüüv  öctvujv  kqI  |if|  beivoiv  co<p(a, 
nachdem  349*  f.  an  tauchern,  reitern,  peltasten  dargethan 
worden  ist,  dasz  ol  £TTiCTr)|iOV€C  ti&v  |üif|  ^TTiCTafi^vuiv  OappaXeub- 
tcpoi  cici  (s.  Zeller  ao.  s.  120),  wo  also  von  jener  Verwerfung  des 
technischen  könnens  als  eines  ethisch  wertlosen,  wie  im  Laches  193, 
nicht  die  rede  ist.  insofern  besagt  also  die  definition  im  Laches 
nicht  ganz  dasselbe  wie  die  im  Protagoras,  was  Zeller  ao.  behauptet, 
sondern  sie  weist  dem  Protagoras  gegenüber  einen  fortschritt  auf. 

Zu  der  zweiten  nähern  bestimmung  seiner  definition  führt  So- 
krates  den  Nikias  durch  hinweis  auf  thiere  und  kinder:  es  ist  nicht 
tapferkeit  sich  unwissentlich  in  eine  gefabr  zu  begeben  oder  (wie 
bei  den  thieren)  von  thierischer  wut  blind  gemacht  sich  in  den  tod 
zu  stürzen ;  der  dvöpcioc  musz  volle  kenntnis  der  gefabr  haben  und 
mit  klarem  bewustsein  in  sie  hineingeben  (196^ — 197^);  so  ist  die 
dvbpcia  geschieden  von  der  bloszen  furch tlosigkeit,  dem  dq>oßov 
und  der  TÖX^a.  und  wie  jene  erstere  bestimmung  hinwies  auf  die 
q)pövi^oc  KapT€pia,  so  diese  auf  die  dq>pu)V  Kapr^pvicic:  es  musz 
zwar  vnrkliche  gefabr  vorhanden  sein,  wo  von  ävöp€(a  die  rede  sein 
soll;  aber  sich  in  diese  gefabr  zu  stürzen  wird  KaXöv  und  dvbpcia 
erst,  wenn  wissen  dabei  ist. 

Somit  erweist  sich  diese  neue  fassung  des  begriffs  als  innerlich 
iafs  engste  verbunden  mit  der  vorhergebenden,  gewissenhaft  ist  be- 
rücksichtigt, was  sich  an  derselben  als  gut,  was  als  unbrauchbar  er- 
wiesen hat ;  die  neue  definition  stellt  sich  ganz  dar  als  notwendiges 
r«snltat  aus  der  erklärung  und  kritik  der  frühem,  schon  hier  dürfen 
wir  demnach  die  frage  aufstellen :  ist  es  wahrscheinlich ,  dasz  neben 
dieser  gewissenhaftigkeit  eine  solche  leichtfertigkeit  hergehe,  wie 
tie  Bonitz  voraussetzt,  in  folge  deren  die  xapTcpia,  das  andere  con- 
titaierende  moment  des  begriffs,  ausgelassen  wftre?  und  wenn  So- 
famtes  in  anderen  puncten  den  Nikias  in  freundschaftlicher  weise 
umleitet  sich  genauer  zu  erklären,  sollte  er  ihn  nicht  auch  auf  diesen 
fehler  hingewiesen  haben ,  der  doch  nur  aus  flüchtigkeit  entsprang 
• — •  wenn  er  das  moment  der  Kaprcpfa  für  wesentlich  gehalten  hätte? 

Es  fehlt  noch  der  schlusz :  wir  haben  die  tapferkeit  als  einen 
teil  der  tugend  verstanden ,  neben  welchem  die  cu)q)pocuvr| ,  die  bi- 
^Uuocuvr]  ua.  andere  teile  sind  (198'j.    nun  war  die  tapferkeit  ein 


310  ThBecker:  zur  erkl&nmg  von  Platons  Laches. 

wissen  der  öeivd  dh.  der  zukünftigen  übel,  und  der  OappoiXea  dh. 
dessen  was  in  zukunft  entweder  nur  negativ  kein  übel  oder  positiv 
gutes  verspricht  (198  ^).  überall  aber  ist  es  gleichgültig,  ob  man  das 
object  eines  Wissens  in  der  Vergangenheit,  gegen  wart  oder  zukunft 
denkt;  es  bringt  das  gar  keinen  oder  doch  nur  einen  ganz  unwesent- 
lichen unterschied  hervor,  wäre  es  wesentlich,  so  müsten  sich  ver« 
schiedene  Wissenschaften  auf  das  vergangene  heilsame,  auf  das 
gegenwärtige  heilsame  und  auf  das  zukünftige  richten;  alles  ist  aber 
object  der  öinen  heil  Wissenschaft,  und  so  überall;  so  also  auch 
beim  wissen  des  guten,  die  bestimmung  des  zukünftigen  guten 
oder  Übels  ist  also  gleichgültig ,  unwesentlich ,  musz  demnach  aus 
der  definition  ausgelassen  werden ;  und  somit  ist  die  tapferkeit  ganz 
allgemein  wissen  des  guten  und  Übeln,  dasselbe  ist  aber  auch  cu>- 
q>pocuvTi,  öiKaiocuvri  und  öciönic.  somit  haben  wir  wol  das 
allen  ein zelnentugen den  gemeinsame  aufgefunden,  sind 
aber  unfähig  gewesen  das  specifisch  unterscheidende 
in  der  definition  auszusprechen,  also  ist  unsere  defi- 
nition ungenügend  (199®). 

Hier  nun  erhebt  sich  die  principielle  frage,  von  der  das  Ver- 
ständnis des  ganzen  Laches  abhängt:  ist  es  ernstlich  gemeint,  dass 
Piaton  die  erschöpfende  definition  der  tapferkeit,  welche  auch  ein 
sie  von  den  andern  tugenden  specifisch  unterscheidendes  moment 
enthalten  müste ,  nicht  finden  könne,  oder  ist  der  schluaz  nur  formell 
negativ,  während  inhaltlich  doch  die  richtige  definition  in  dem  dia- 
löge  enthalten  ist?  für  diese  letztere  alternative  entscheidet  man  sich 
jetzt  gewöhnlich,  und  zwar  liegen  verschiedene  versuche  vor  den 
positiven  ertrag  des  dialogs  auszusprechen,  wir  sehen  ab  von  dem- 
jenigen Steinharts,  dessen  willkürliche,  subjective  manier,  wie  sie 
im  freien  spiele  der  phantasie  den  festen  boden  der  überUefemng 
verläszt ,  wir  in  der  erwähnten  schrift  über  Platons  Charmides  hin* 
reichend  charakterisiert  haben,  nicht  besser  ist  was  Stallbaum 
praef.  s.  4  vorträgt:  er  setzt  voraus  dasz  die  definition  der  tapferkeit 
bekannt  sei,  und  betrachtet  als  Inhalt  des  dialogs  zu  zeigen,  dasz  in 
Sokrates  sich  die  wahre  tapferkeit  verkörpert  habe,  während  den 
beiden  berühmten  feldherm  ein  moment  derselben  abgehe. 

Am  eingehendsten  behandelt  den  Laches  Bonitz  TlatimiMhe 
Studien"  s.  199—214.  er  schlieszt,  wie  schon  angedeutet:  bei  der 
definition  des  Laches  bleibt  unbestritten,  dasz  die  tapferkeit  bdumr- 
lichkeit  sei,  bei  der  des  Nikias,  dasz  sie  ^die  einsieht  über  daa  wia 
ein  gut  und  was  ein  Übel  ist'  sei;  folglich  ist  die  gesuchte  definitioii 
die  *auf  sittlicher  einsieht  beruhende  beharrlichkeif  (ao.  s.  SOS). 
über  die  sittliche  einsieht  haben  wir  schon  gesprochen :  Nikiaa  inll 
allerdings  ein  wahres  gut  verstanden  wissen,  aber  wir  zeigten  dan 
darunter  nicht  notwendig  ein  sittliches  zu  verstehen  sei,  dasi  er  nur 
eine  reflectierte  anschauungsweise  meint,  die  nicht  das  unmittelbare 
natürliche  gut  für  ein  wahres  gut  ansieht  aber  abgesehen  danMi 
ist,  wie  oben  s.  308  schon  gesagt,  nun  die  entscheidende  frage:  ist 


ThBecker:  zar  erklärong  yon  Piatons  Lachet.  311 

^  Kaf>T€pia  unangefochten  geblieben,  weil  sie  wertvoll  und  wesent- 
lich ist,  oder  weil  sie  wertlos  ist?  wir  werden  für  das  letztere  be* 
stimmt  durch  folgende  erwägungen. 

Wenn  auch  die  schuld  des  auslassens  den  Nikias  träfe,  so  zeigt 
Piaton  doch ,  indem  Sokrates  ihn  nicht  auf  diese  nachlässigkeit  auf- 
merksam macht,  dasz  Sokrates  die  Verantwortung  tragen 
soll  für  den  negativen  schlusz.  er  hätte  ihn  aufs  leichteste 
vermeiden  können,  welchen  zweck  verbindet  er  damit  dasz  er  ihn 
znlftszt?  diese  frage  musz  jeder  beantworten,  der  das  resultat  als  in 
Wahrheit  nicht  negativ  ansieht,  nur  wenn  man  der  Überzeugung  ist, 
dasz  der  negative  schlusz  notwendig  ist,  weil  Sokrates  die  Schwierig- 
keit nicht  heben  kann,  nur  dann  fUUt  jene  frage  weg.  auch  hilft 
es  nichts ,  wenn  Bonitz  s.  207  an  die  aufxnerksamkeit  und  das  mit- 
denken des  lesers  appelliert.  Einmal  ist  es  doch  wol  bedenklich,  alle 
ieser  vor  sich  für  unaufinerksam  und  nicht  mitdenkend  zu  erklären., 
zweitens  müssen  wir  fragen:  wie  kommt  Piaton  dazu,  so  schul- 
meisterlich seine  Ieser  ins  examen  zu  nehmen  und  ihnen  das  Verständ- 
nis seiner  schrift  unnötig  zu  erschweren?  wo  zeigt  er  sonst  ein  solches 
Verhältnis  zu  seinen  lesern,  dasz  er  sie  mit  geringschätzender  ironie 
hänselt?  aber  auch  wenn  man  ihm  diese  seltsame  grille  zugestehen 
wollte,  die  hauptschwierigkeit  bleibt:  nicht  nur  den  lesem  würde 
durch  Piaton  ein  scheinspiel  vorgemacht,  Piaton  würde  ja  auch  den 
Sokrates  so  darstellen,  dasz  er  alle  seine  mitunterredner  mit  wissen 
und  willen  teuscht.  und  wenn  die  1  e  s  e  r  nach  Bonitz  durch  aufmerk- 
samkeit  dem  schriftsteiler  noch  auf  die  sprünge  kommen  könnten, 
die  mitunterredner,  Nikias,  Laches,  Ljsimachos  und  Melesias, 
wären  dargestellt  als  wirklich  von  Sokrates  geteuscht. 
Piaton  hätte  es  demnach  als  einen  charaktei*zug  des  Sokrates  hinge- 
stellt, auch  gegen  besseres  wissen  seine  freunde  zu  teu- 
schen.  welchen  denkbaren  zweck  könnte  Sokrates  damit  verbunden 
haben?  man  könnte  nur  etwa  darauf  hinweisen,  dasz  Sokrates  be- 
kanntlich oft  das  ziel  verfolgte,  die  menschen  von  ihrem  nichtwissen 
zu  überzeugen,  aber  auch  das  passt  nicht  hierher :  denn  ein  solcher 
lehrsatz ,  dasz  wir  nichts  wissen ,  ist  doch  nur  in  sehr  beschränkter 
weite  wertvoll  und  anwendbar,  richtig  angewandt,  dh.  in  Sokrates' 
sinne,  sollte  er  die  menschen  aufmerksam  machen  auf  unkritische, 
oberflächliche  meinungen,  die  sie  für  wahr  halten,  darauf  musz  er 
aber  beschränkt  bleiben,  wird  es  zum  allgemein  geltenden  aziom  er- 
hoben, dasz  wir  nichts  wissen,  so  entwickelt  sich  daraus  eine  eristische 
tendenz ,  eine  hochmütige  manie ,  jedem  seine  Unwissenheit  nachzu- 
weisen, dies  soll  dann  um  jeden  preis  erreicht  werden ;  so  drängt 
das  aiiom  zu  Sophistereien,  tötet  den  sinn  für  Wahrheit  und  inhalt- 
lich bleibt  das  wissen  immer  auf  dem  nullpuncte,  jeder  gefundene 
inhalt  wird  ja  verworfen,  so  hat  das  Sokratische  nichtwissen  nur 
am  anfang  einer  neuen  periode  der  philosophie  seine  berechtigung, 
ähnlich  dem  Cartesiani sehen  zweifei.  es  will  genau  genommen  nur 
sagen,  dasz  das  neue  princip  des  begrifflichen  Wissens  noch  nicht 


312  ThBecker:  znr  erkl&rnng  von  Piatons  Laches. 

durohgefährt  sei.  und  fttr  die  schüler  des  Sokrates  ist  es  eben  die 
anfgabe,  jene  durchführung  zu  bewirken  dh.  das  nichtwiesen  aof- 
zubeben  (vgl.  Zeller  ao.  s.  104  f.).  —  Ist  es  nun  in  Nikias  ein  kritik- 
loses unwissenscbaftlicbes  meinen,  welches  Sokrates  die  berecbtigung 
geben  würde  ihn  ad  absurdum  zu  ftthren?  es  ist  ja  vielmehr  die 
eigene  Sokratiscbe  lehre,  das  begriffliche  wissen,  welches  jenem 
meinen  folgen  soll !  man  konnte  doch  in  der  that  von  Nikias  nicht 
mehr  verlangen ,  als  dasz  er  in  klarer  und  verständnisvoller  weise 
eine  definition  entwickelt,  welche  der  im  Protagoras  360'  von  Sokra- 
tes vorgetragenen  mindestens  ebenbürtig  ist;  s.  oben  s.  309.  wenn 
nun  ein  so  tüchtiger  mann  aus  flüchtigkeit  ein  versehen  macht,  zu 
dessen  besserung  es  nur  eines  leisen  hinweises  bedurft  hfttte,  nnd 
wenn  Sokrates  diesen  hinweis  unterläszt  (nach  Bonitz),  so  zeigt  er 
dasz  ihm  mehr  an  dem  eitlen  rühme  liegt  jemandem  sein  nichtwiesen 
zu  beweisen,  als  daran  mit  ihm  die  Wahrheit  zu  finden,  der  verfiasaer 
des  dialogs  würde  dann  dem  Sokrates  einen  unsokratischen  eristi- 
sehen  zug  beilegen,  und  es  könnte  nicht  Piaton  sein. 

Betrachten  wir  nun  inhaltlich  die  von  Bonitz  als  Platonisch 
construierte  definition :  die  auf  sittlicher  einsieht  beruhende  beharr« 
lichkeit.  es  unterscheiden  sich  in  ihr  zwei  momente,  die  (innerliche) 
einsieht  und  die  (nach  auszen  tretende)  beharrlichkeit  des  handelns. 
da  ist  nun  zunSchst  darauf  hinzuweisen ,  dasz  dieses  zweite  moment 
des  handelns  für  Sokrates  immer  ein  sehr  unwesentUches  gewesen 
ist;  er  definiert  die  tugend  als  ein  wissen  und  sucht  den  unter- 
schied der  einzelnen  tugenden  in  diesem  wissen,  in  den  versohiedeaett 
objecten  desselben  (vgl.  Zeller  ao.  s.  120).  das  handeln  beqNrieht 
er  weiter  nicht,  weil  es  ihm  selbstverständlich  ist,  dasz  auf  das  rechte 
wissen  das  rechte  handeln  folgt,  so  erscheint  die  definition  als  nn- 
sokratisch.  wollen  wir  ihr  eine  Sokratiscbe  form  geben,  so  musi  anch 
diese  beharrlichkeit  als  ein  wissen  gefaszt  werden,  was  ist  denn  be- 
harrlichkeit? doch  nicht  rein  äuszerlich  das  standhalten  gegen  einen 
angriff,  auch  nicht  rein  äuszerlich  das  beharren  im  kämpfe;  anch 
durch  kurzen  entscheidenden  angriff  kann  ja  jemand  tapferkeit  zeigen  1 
es  ist  vielmehr  ausdauer  gegenüber  der  innerlichen  fnrcht 
vor  ge fahr,  vor  einem  übel  welches  die  persönliche  existent  (genz 
allgemein  gefaszt:  leben,  gesellschaftliche  Stellung  usw.)  bedroht, 
oder  Sokratischer  ausgedrückt:  ausdauer  trotzdem  ich  weiss 
dasz  mir  ein  übel  bevorsteht,  es  kann  aber  jemand,  wie  im 
Protagoras  356  ^  358  ^^  ausgeführt  ist ,  nur  dann  ein  übel  wollen, 
wenn  es  fUr  ihn  mittel  ist  zur  erreichung  eines  gröszem  gutes,  dem- 
nach lautet  die  von  Bonitz  aufgestellte  definition  in  Sokratischer  rede» 
weise  vollständig:  tapferkeit  ist  das  wissen  (und  deshalb 
thun)  eines  gröszern  gutes  verbunden  mit  dem  bewnst- 
sein,  ein  kleineres  übel  als  mittel  mit  in  den  kauf  neh- 
men zu  müssen. 

Was  haben  wir  nun  an  dieser  definition?  würde  Sokrates  da- 
mit einverstanden  sein ,  dasz  dieser  zusatz  in  die  definition  anfjge* 


ThBoekers  sor  eridlnmg  tob  Platont  LiAm.  81S 

wUrda?  die  uitwort  danraf  finden  wir  im  Protagorw:  dort 
ht^  er  dieselbe  definition ,  die  tapfericeit  sei  f|  tuiv  bcivAv  icod  fii\ 
bcivAv  ccKpIo,  er  hat  anch  den  znsats,  indem  er  autftllirlioh  bespridit, 
data  man  ein  Übel  nur  wähle,  wenn  man  dadoreh  ein  grtaerea  gnt 
eAmofe  (366^).  imd  doch  denkt  er  nicht  daran,  dieses  letrtere  in 
dia  definition  mit  anftonehmen ;  nnd  wenn  aach  Bonitz  ao.  s.  S07 

3  behauptet,  im  Protagoras  sei  gar  nicht  das  interesse  Torhaa- 
i,  «ine  erschöpfende  definition  za  liefern,  so  mnss  doch  der 
id,  dasi  Solonates  alle  momente  ror  sich  hat,  sie  aber  doch 
lieht  in  die  definition  anftiimt,  uns  abersengen,  dasz  er  dieses 
it  für  nnwesentlich  gehalten,  anch  liest  sidi  das  gut  begrün* 

das  wissen,  ein  kleineres  Abel  mit  in  den  kauf  nehmen  za  mtkssen, 
kntet  in  unsere  spräche  abersetzt:  das  gnte  thnn  trotz  der  natflr* 
liehen  ftncht  Tor  dem  tode.  nun  ist  für  Sokrates  die  togend  mur 
wissen,  hat  jemand  erkannt:  das  leben  an  sich  ist  nicht  das  hOchste 
g«t,  cBe  ehre  zb.  steht  höher,  so  ist  damit  die  begierde  am  jeden 
pms  jenes  zu  erhalten  voUstftndig  abgethan;  der  erkennende  kann 
Mht  mehr  in  Tersnchnng  kommen  mit  hintansetznng  der  ehre  das 
Isbsn  sa  erstreben;  er  würde  ja  mit  bewnstsein  das  thnn  was  ihm 
schadet,  und  das  wäre  ^ovia  ganz  anders  bei  nns,  wo  das  wesen  der 
iigend  nicht  in  die  erkenntnis  allein,  sondern  anch  in  den  willen  ge- 
legt  wird,  dem  gegenüber  die  natürlichen  triebe  nnd  neignngen  immer 
iira  Wirksamkeit  behalten,  so  bleibt  für  nns  jedes  thnn  de^gnten 
sin  kämpf  gegen  die  widerstrebende  natürliche  neigong,  nnd  weil 
daatlran  ein  kämpf  ist,  so  ist  es  nicht  denkbar  ohne  den  feind 
gegen  den  gekämpft  wird,  ohne  die  natürlichen  neignngen. 
demnach  gehören  diese  für  uns  in  die  definition  der  tugend  hinein, 
der  tngendbafte  in  der  lehre  des  Sokrates  thnt  das  gute  ohne 
Innern  kämpf;  das  wissen,  welches  die  wahre  erkenntnis  des 
gvten  erlangt  hat,  ruht  auf  seinen  lorbeeren ;  die  d^aOio,  der  gegen* 
sali  des  Wissens,  ist  überwunden  und  vemicbtet;  die  natürlichen 
neignngen  können  dem  wissen  nichts  anhaben,  da  ihr  feind  nur  der 
inDe  ist.  somit  sind  sie  wie  die  dfiiaOia  für  Sokrates  unwesentlich^ 
and  er  nimt  sie  deshalb  nicht  in  die  definition  auf,  besonders  nicht 
im  Laches,  wo  er  ausdrücklich  darauf  ausgeht,  alles  unwesentliche 
zn  tilgen. 

Aber  wenn  wir  auch  die  definition  als  Sokratisch  gelten  lassen 
woIUen,  ist  sie  denn  erschöpfend?  im  gegenteil,  sie  ist  ebenso  all- 
gnmein  und  unbestimmt  wie  die  von  Nikias  aufgestellte;  sie  passt 
ebanso  gut  auf  alle  andern  tugenden.  jemand  ist  zb.  gerecht,  dh.  er 
Hast  seinem  nächsten  zukommen  was  ihm  gehört,  und  bezwingt  seine 
begierde,  dh.  er  zeigt  KOpTcpia  gegenüber  seiner  begierde  sich  das- 
sdbe  anzueignen  (oder  es  einem  fiiBunde  zu  verschaffen,  dem  er  es 
lieber  gönnt),  dann  können  wir  genau  ebenso  von  ihm  sagen:  er 
weisz  und  thut  das  gute  mit  dem  bewustsein  ein  kleineres  übel  (das 
catbehivn  des  persönlichen  Vorteils)  mit  in  kauf  nehmen  zu  müssen« 
wollen  wir  die  definition  wirklich  zu  einer  solchen  machen,  welche 


314  ThBecker:  zur  erkläxung  von  Platons  Lache«. 

auch  die  specifischen  unterschiede  der  tugenden  enthält,  ao  mttaaen 
wir  hinzusetzen :  bei  der  dvbp€ia  ist  das  kleinere  Übel,  welchem  man 
sich  aussetzt,  eine  bedrohung  dessen  was  man  schon  hat,  es  ist 
negativ  gerichtet  gegen  den  persönlichen  besitz  (das  leben,  die 
bürgerliche  Stellung  usw.);  bei  der  biKaiocuvT]  ist  es  ein  yerzieht 
auf  ein  gut  welches  man  noch  nicht  hat,  dessen  besitz  za  erwerben 
man  aber  in  der  hand  hätte,  beide  tugenden  haben  ihre  realität  im 
Verhältnis  des  menschen  zum  andern  menschen,  die  frönmiigkeit 
findet  statt  im  verhalten  zu  den  göttem;  die  CiuqppooJVT)»  die  säbst- 
beherschung,  dh.  die  herschaft  des  vernünftigen,  wissenden  ich  über 
das  natürliche ,  im  verhalten  des  menschen  zu  sich  selbst,  nnd  es 
würde  dann  auch  hier  die  specifische  eigentümlichkeit  des  Übels  be- 
stimmt werden  müssen,  ob  nun  Sokrates  die  Verschiedenheit  der 
tugenden ,  welche  auf  das  verhalten  zu  verschiedenen  subjeeten  sich 
gründet,  als  wesentlich  anerkannt  hätte,  ist  sehr  zweifelhaft;  jeden- 
falls berücksichtigt  er  sie  nicht,  die  andere  Verschiedenheit 
aber,  welche  in  der  verschiedenen  art  des  Übels  liegt,  das  man  auf 
sich  nimt,  ist  für  ihn  eine  gleichgültige,  weil  dies  übel  ganz  und  gar 
unwesentlich  ist  (s.  313). 

Wir  machen  den  schlusz:  es  läszt  sich  kein  haltbarer  gnmd  an- 
geben, weshalb  Piaton  den  Sokrates  seine  freunde  absichtlich  teoachen 
lassen  soUte;  die  von  Bonitz  gegebene  form  der  definition  ist  nn- 
sokratisch ;  geben  wir  ihr  eine  Sokratische  form,  so  ist  der  zosats,  in 
welchem  nadi  Bonitz  die  specifische  differenz  enthalten  sein  soll»  ein 
nach  Sokratischer  anschauung  ungehöriger,  weil  er  eine  unweeent- 
liehe  bestimmung  in  die  de&ution  aufnimt;  aber  selbst  wenn  wir 
diesen  zusatz  aufnehmen,  bleibt  dieselbe  Unbestimmtheit,  um  deren 
willen  Sokrates  die  definition  des  Nikias  tadelt;  dieselbe  ist  also 
durch  den  zusatz  nicht  gebessert  aus  allen  diesen  gründen  kann 
Sokrates  nicht  die  von  Bonitz  gewollte  definition  -gemeint  haben ; 
die  KopTCpia  bleibt  also  193  unbestritten  als  äuszerlich  und  un- 
wesentlich, und  der  negative  schlusz  tritt  ein,  weil  Sokrates  keine 
iösung  der  Schwierigkeit  weisz. 

Machen  wir  noch  eine  probe.  Xenophon  apomn.  IV  6,  11  über- 
liefert als  Sokratisch  folgende  definition:  o\  fiev  äpa  dnicrdpicvot 
Toic  beivoTc  T€  KOI  dTTiKivbuvoic  KoX&c  XP^^^^  dvbp€Tot  dav,  o\ 
bk  biafiapTdvovTCC  toutou  bciXoi.  der  Sokrates  des  Laches  würde 
sagen:  die  welche  es  verstehen,  gefährliches  und  nichtgefttrlichas 
zu  ihrem  rühme  (xaX&c)  zu  benutzen,  benutzen  es,  um  sich  ein  gnt 
zu  verschaffen;  dazu  müssen  sie  aber  wissen,  was  wahrhaft  ein  gnt 
ist,  und  dieses  wissen  ist  sogar  das  wesentlidie.  also  musz  jene  de- 
finition lauten:  das  wissen  (und  deshalb  selbstverständlich  thnn)  dee 
dnrotOöv  in  einer  gefahrvollen  läge,  nun  ist  aber  dieser  zusatz  über- 
flüssig, weil  das  gute  immer  gut  ist,  nicht  nur  in  gefahrvoller  läge» 
also  bleibt  nur  die  allgemeine  unbestimmte  definition. 

Es  hat  sich  also  als  resultat  des  Laches  ergeben :  wenn  wir  in 
Sokratischer  weise  die  tapferkeit  definieren  und  dann  allei  un- 


ThBecker:  lur  erklärung  ron  Piatons  Lachea.  315 

wesentliche  fortlassea,  so  finden  wir  nur  eine  begriffsbestimmung 
der  togend  im  allgemeinen,  nicht  der  tapferkeit  im  besondem.  dieses 
trkennt  nnn  Zeller  zwar  an  (ao.  II 1  s.  501  anm.  3  und  502  anm.  1), 
wendet  es  aber  so,  dasz  es  als  ein  positives  resultat,  eine  darlegung 
der  Sokratischen  tugendlehre  erscheint,  mit  den  einwendungen  *soll 
offisnbar  nicht  jene  definition  für  unbrauchbar  erklftrt^  es  soll  viel* 
mdir  nur  darauf  hingewiesen  werden,  dasz  die  verschiedenen  tugen* 
den  nicht  neben  einander  liegende  und  von  einander  unabhängige 
eigenschaften,  sondern  blosz  verschiedene  gestalten  der  tugend  seien'  • 
in  betreff  der  Won  Nikias  vorgetragenen  echt  Sokratischen  definition' 
werde  'nur  nachgewiesen,  dasz  sie  sich  mit  der  Voraussetzung,  als  ob 
die  tapferkeit  blosz  ein  teil  der  tugend  sei,  nicht  vertrage;  ob  aber 
der  fehler  in  jener  definition  oder  in  dieser  Voraussetzung  liege,  wird 
nicht  gesagt,  mir  scheint,  nach  dem  standpunct  den  Piaton  auch  im 
Protagoras  einnimt,  nur  das  letztere  seine  meinung  sein  zu  können' 
usw.  das  ist  alles  recht  gut,  läszt  aber  eine,  die  wichtigste  frage 
offen :  weshalb  schlieszt  denn  Piaton  nicht  positiv :  also  ist  jene  Vor- 
aussetzung falsch?  warum  Ittszt  er  seinen  Sokrates  ganz  dürr  und 
trocken  folgern:  ouk  dpa  cuprJKO^cv,  u5  Niida,  dvbpcia  öti  dciiv? 
wenn  die  einheit  der  tugenden  gelehrt  werden  soll  und  sie  auf  dem 
pjincte  sind  sie  auszusprechen  —  oder  vielmehr  wenn  sie  als  aus 
Sokratischen  principien  folgend  schon  ausgesprochen  worden  ist, 
warum  Iftszt  Piaton  dann  durch  Sokrates  in  den  mitunterrednem  den 
glauben  hervorrufen,  dies  sei  falsch,  was  sie  aufgefunden?  wir  leser 
könnten  uns  ja  der  durch  Sokrates  beabsichtigten  teuschung  er- 
wehren, aber  Nikias  und  die  andern  werden  doch  offenbar  dargestellt 
als  factisch  dieser  teuschung  zum  opfer  gefallen,  das  bleibt  auch 
bei  Zellers  auffassung  absolut  unbegreiflich. 

Nicht  wesentlich  von  Zeller  abweichend  ist  die  auffassung 
Crons  in  seiner  ausgäbe,  wonach  das  resultat  des  Laches  ist,  dasz 
*die  von  Nikias  aufgestellte  erklärung  .  .  in  den  Zusammenhang  der 
berühmten  Sokratischen  lehre  von  der  einheit  der  tugend  aufge- 
nommen' ist  (einl.  s.  16),  genauer  'dasz  keiner  auf  den  namen  dv- 
bpeioc  anspruch  machen  kann,  der  ein  dbiKOC  und  dvöcioc  und  dxö- 
XacTOC  ist'  (Vorwort  s.  VII).  eigentümlich  ist  dieser  darstellung 
nur,  dasz  aus  Prot.  331  gerade  die  form  des  beweises  für  die  einheit 
der  tugenden  auf  Laches  übertragen  ist,  welche  am  weitesten  von 
ihm  abliegt:  nirgend  im  Laches  ist  angedeutet  dasz,  wer  eine  einzelne 
tugend  besitze,  deshalb  auch  die  andern  besitzen  müsse;  es  ist  viel- 
mehr die  einheit  in  der  form  behauptet,  dasz  an  jeder  einzelnen 
tugend  nur  das  wesentlich  ist,  was  das  allgemeine  wesen  der  tugend 
ist.  im  übrigen  kommt  auch  bei  ihm  der  negative  schlusz  nicht  zu 
seinem  rechte :  während  Piaton  es  als  einen  mangel  der  gefundenen 
definition  hinstellt,  dasz  sie  auch  die  Übrigen  tugenden  mit  umÜEisse, 
während  er  sie  deshalb  für  unbefriedigend  erklärt  (199^*),  ist  nach 
Cron  diese  unbestimmte  allgemeinheit  in  Piatons  äugen  vielmehr  ein 
Vorzug,  weil  sie  die  einheit  (einerleiheit)  der  tugenden  beweise. 


316  ThBecker:  zur  erklärnng  yon  Piatons  Laches. 

Und  docb  will  uns  scheinen,  als  sei  es  nicht  so  schwer  jenen 
negativen  schlosz  zu  verstehen ,  sobald  man  sich  nur  nicht  auf  den 
standpunct  stellt  ^den  Piaton  auch  im  Protagoras  einnimf ,  sondern 
den  Laches  ganz  für  sich  festhält.  Sokrates  schlieszt:  weil  wir 
den  specifischen  unterschied  der  tapferkeit  nicht  anzugeben  wissen, 
deshalb  ist  unsere  definition  falsch,  das  heiszt  doch  nicht  die  lehro 
von  der  einheit  der  tugenden  aufstellen,  sondern  gegen  sie,  weil  sie 
nur  die  einerleiheit  aufzeige,  polemisieren,  zugleich  zeigt  sich  der 
polemisierende  Verfasser  offenbar  als  freund  des  bekftmpfben  Sokra« 
tismus.  so  werden  wir  dazu  geführt,  uns  vorzustellen  dasz  Piaton 
den  Laches  schrieb  in  einer  zeit ,  wo  er  begriff  dasz  es  ungenügend 
sei,  nur  immer  die  einheit  der  tugenden  zu  betonen,  dasz  man  auch 
ihre  unterschiede  fixieren  müsse,  wo  er  begriff  dasz  die  vermeint- 
lichen unterschiede,  die  man  angab,  einer  schfirfem  kritik  nicht  stand 
zu  halten  vermöchten,  dasz  die  von  den  Sokratikem  gewollte  einheit 
in  Wahrheit  einerleiheit  sei.  der  inhalt  des  Lachee  ist  also  der  be- 
weis :  die  Sokratische  philosophie  gelangt  nicht  zur  einheit,  sondern 
zur  einerleiheit  der  tugenden,  vermag  die  doch  wirklich  vorhandenen 
unterschiede  nicht  zu  begreifen,  dazu  stimmen  auffallend  gut  einige 
andere  puncto.  Sokrates  hat  es  nicht  mit  einem  noch  nicht  philo* 
sophisch  gebildeten  manne,  auch  nicht  mit  einem  Sophisten,  sondern 
mit  Nikias  zu  thun,  der  durchaus  als  fermer  Sokratiker  er- 
scheint: der  dialog  fordert  eben  einen  fortschritt  über  den  gewöhn* 
liehen  Sokratismus.  femer  wenn  doch  als  wahrscheinlich  anzunehmen 
ist,  dasz  Xenophon  in  den  denkwürdigkeiten  die  gewöhnliche  Sokra- 
tische definition  der  dvbpeia  gibt,  so  zeigten  wir  s.  314,  dasz  gegen 
sie  die  kritik  des  Sokrates  im  Laches  ebenso  gut  sich  wende*  auch 
über  den  Protagoi-as  geht  der  Laches  hinaus,  indem  die  im  Prota- 
goras entwickelte  definition  nicht  nur  als  bekannt  voransgeaetzt, 
sondern  wesentlich,  nemlich  in  betreff  der  art  des  wissens,  verbetaert 
wird  (s.  309). 

Der  Laches  zeigt  uns  also  eine  entwicklungsstufe  Plfttons,  anf 
welcher  er  als  consequenz  der  Sokratischen  tugendlehre  niobt  die 
einheit,  sondern  die  einerleiheit  der  tugenden  begreifb.  für  ihn  eigab 
sich  daraus  die  forderung,  in  seiner  eigenen  tugendlehre  eine  ebheit 
zu  finden ,  welche  die  unterschiede  der  einzelnen  tugenden  beetehen 
iSszt:  das  versucht  er  in  dem  Staate  (Zeller  ao.  U  1  s.  501  f.). 

ScBLAWB  IN  Pommern.  Theodob  Bbokbu 


45. 

ZUR  ERSTEN  APOLOGIE  DES  JUSTINÜS  MABTTB. 


c.  8  fm^Tcpov  oöv  JpTov,  Ka\  ßfou  xal  ^aOnfidruiv  Tf|v  infeice* 
i|iiv  näci  TTop^x^iv ,  ÖTTUic  uTTfep  Twv  dtvociv  Td  f|M^T€pa  voyiiZöv* 
Tujv  Tf|v  Ti^u)piav  div  fiv  irXTDu^eXufCi  TiKpXi&TTOVTCc  oÖTi&v  at&Tofc 


LPtoal:  sur  enten  apologie  des  Justmos  Harlyr.  S17 

te&^uinev*  ii|i^T€pov  bi,  die  dipct  Xötoc,  dxoiiovTac  AfadoOc 
coplCK€c6ai  KpiTdc.  die  worte  öiruic  dit^p  T(!iv  . .  öcplü^ficv  geben 
unn.  die  erklftrer  haben  venchieden  xu  helfen  geeadit.  dazin 

der  sais  ein  fif|  nach  öiruic  erfordert,  oder  dasa  statt  £iruic  ein 
l^iiuic  in  setzen  sei,  ist,  abgesehen  von  Nolte,  abereinstunmnag  bei 
aOban«  mit  recht,  es  fordert  das  der  Zusammenhang.  Jostin  hatte 
fsgenttber  dem  wiUkfirlichen  verfahren  der  kaiser  gegen  die  Christen 
de»  sata  an^esteUt,  dasi  es  allein  ein  gerechtes  verfidirsn  sei,  wenn  die 
latorthanen  rechenschaft  ablegten  über  leben  ond  lehre,  die  behör- 
itm  dagegen  bei  ihrem  urteilsteUen  nicht  der  gewaltthitigkeit  folgten. 
m  fthrt  non  mit  nnsem  werten  fort:  'unsere  pflicht  aber  ist  es,  alle 
sinew  einblick  in  unser  leben  und  in  unsere  lehre  thnnzn lassen,  da- 
Bit  nicht  wfr  selbst  w^gen  derer,  die  unsere  sache  lu  verkennen 
phgen,  schuldig  sind  an  der  strafe  gerade  f&r  das  (aiiTi&v)  was  sie  in 
änr  blindheit  sttndigen',  dh.  was  sie  uns  flUschlich  vorwerfen,  worin 
ebin  hier  das  irXvi^ficXciv  besteht,  dieser  gedanke  ist  mit  notwendig- 
ksit  durch  den  Zusammenhang  geboten,  man  sieht  aber,  das  ^f|  ist 
dazB  absolut  erforderlich,  auszerdem  aber  ist  unsere  flbersetsung 
so  gegeben,  dasz  wir  statt  des  aÖTOtc  vielmehr  aÖTOl  lesen,  au(£ 
daa  ist  flUr  den  Zusammenhang  notwendig:  denn  der  gedanke  ist: 
wir  würden  selber  («pm,  nicht  ipsis)  die  schuld  an  unserer  bestrafnng 
trsgen,  wenn  wir  nicht  diejenigen  au&ukUren  suchten,  die  unsere 
sadbe  su  verkennen  pflegen,  sdion  diese  einfache  erwignng  kann 
darauf  führen^  dasz  diejenigen  recht  haben,  die  wie  Uaranus,  Thale- 
maan  ua.  dieses  auTOi  lesen  wollen,  nicht  Otto,  der  fOr  aÖTOic  ein 
ioniTOic  in  den  text  aufnimt,  gesetzt  ftir  fifiiv  aÖTOic.  —  Was  weiter 
das  aunliv  anlangt,  so  ist  weder  nötig  es  wie  Otto  frflber  in  der 
zweiten  ausgäbe  nach  Maranus  als  gen.  part.  mit  Tuq>Xt(iTT0VT€C  zu 
verbinden  {qui  ex  iis  caecutiunt) ,  in  welchem  falle  doch  der  artikel 
vor  TiKpXdrrrovTCC  am  orte  wftre,  noch  es  in  aÖTol  zu  verwandeln, 
wie  Otto  jetzt  Krabingers  verschlag  acceptierend  in  der  dritten  aus- 
gäbe liest:  auTOi  touTok,  noch  auch  es  mit  Thalemann  zu  streichen ; 
sondern  es  ist  eng  mit  div  zu  verbinden,  wie  unsere  Übersetzung  thut. 
der  ganze  satz  enthält  eine  undeutliche  und  verquickte  art  zu  reden, 
wol  deshalb  weil  der  apologet  nicht  deutlich  reden  durfte,  denn  die 
Worte  sind  an  die  behörde,  in  letzter  instanz  an  den  kaiser  selbst 
gerichtet,  h&tte  er  da  deutlich  reden  wollen,  so  hfttte  er  etwa  sagen 
müssen:  'unsere  pflicht  ist  es,  jedermann  einen  einblick  thun  zu 
lassen  in  das  was  wir  treiben  und  lehren,  damit  nicht  wir  selber  die 
schuld  tragen  an  der  strafe  ftir  dinge,  welche  ihr,  die  ihr  gar  keine 
kenntnis  von  unserer  sache  zu  nehmen  pfl^,  in  blindheit  fehlgrei- 
fend bestraft'  diese  deutlichkeit  konnte  sich  aber  Justin  nicht  er- 
lauben, am  allerwenigsten  gleich  zu  anfang,  gebraucht  auch  nicht 
die  zweite ,  sondern  die  dritte  person.     ^ 

€.  4  dXX'  ^TTcl  ou  toOto  biKaiov  frrouficda,  bia  tö  dvo^o,  iav 
Koxoi  iXcTX^M^to;  aireiv  dq)i€c8ai,  irdXtv,  cl  ixvibkv  bid  T€  Tf|v 
npocnropiav  toG  övöfiaTOc  koi  bid  Tf|v  noXiTciov  eöpiCKÖMcOa 


318  LPaul:  zur  ersten  apologie  des  Justinus  Hartyr. 

dbiKoGvTCC ,  i&ii^Tcpov  dTU)viacai  icn,  ni\  dbiKWC  KoXdZovT€C  touc 
)if|  dXcTXOM^vouc  Tr|  biKij  KÖXaciv  ö(pXi^cr|T€.  hier  scbeinen  die 
woi*te  biä  T€  Tf)V  TipociiTopiav  toO  övöfiaTOC  kqi  bia  Tf)V  noXiTciav 
durch  Unachtsamkeit  des  abschreibers  nach  iiqhiv  gestellt  worden 
zu  sein,  während  sie  nach  \ii\  vor  dbixuic  gehören.  Jnstin  spricht 
darüber,  dasz  es  ungerecht  sei,  dasz  schon  der  name  'Christ'  ein 
gegenständ  der  anklage  sei.  nach  dem  namen  jemandes  dttrfe  man 
nicht  das  urteil  stellen,  sonst  müsten  sie,  die  Christen,  xpiCTOl»  die 
XpilCTÖTaroi  sein,  und  nun  föhrt  er  fort  mit  den  citierten  Worten : 
'aber  da  wir  nicht  das  für  gerecht  erachten,  zu  fordern  dass  wir  um 
unsers  namens  willen ,  wenn  wir  als  übelthSter  überführt  werden, 
freigelassen  werden  sollen,  so  ist  es  hinwiederum  eure  sache,  wenn 
wir  als  unschuldige  erfunden  werden ,  euch  zu  bestreoen ,  dasz  ihr 
nicht  um  unseres  namens  und  unserer  lebensart  willen  uns,  ohne 
dasz  wir  überführt  sind,  auf  ungerechte  weise  straft  und  so  dem 
rechte  busze  schuldet.'  dieser  verständige  sinn  wird  unverständig 
und  verschoben ,  wenn  wir  die  werte  in  der  Stellung  lassen ,  die  sie 
im  texte  haben. 

c.  7  dXXd,  cpricci  Tic,  i\br\  Tivfec  XTi<p9^vT€C  i^X^TX^n^ttv  xaKoOp- 
TOI.  xal  fäp  TToXXouc  noXXdKic,  örav  ^KdcTOT€  tiuv  xcmiTopou- 
liiv\jjyf  TÖv  ßiov  Ö€Td2lTiT€,  dXX*  ou  biä  touc  TrpoXcxWvrac  koto- 
biKdlerc.  eine  viel  versuchte  stelle,  so  wie  sie  dasteht  gibt  sie 
keinen  sinn,  der  in  den  Zusammenhang  passt.  'aber,  wird  maaoher 
sagen,  es  ist  schon  eine  anzahl  (Christen)  gefaszt  und  als  flbeU 
thäter  überführt  worden.'  auf  diesen  einwand  replicieren  die  folgen- 
den Worte  xai  yäp  usw.  nun  ist  offenbar  dasz  zur  erklänmg  des 
Ydp  eine  ellipse  zu  statuieren  ist.  die  einzige ,  die  der  znaammen- 
hang  zuläszt,  ist  diese :  ja  wol,  aber  das  gibt  euch  kein  reoht,  alle  die 
sich  Christen  nennen  als  Verbrecher  anzusehen:  'denn  ihr  ranrteüt 
auch  (sonst)  oft  viele,  wo  (Srav)  ihr  in  jedem  einzelnen  falle  das  leben 
der  angekla^en  untersucht  (dh.  also  wegen  ihres  unehrbaren  lebens), 
aber  nicht  —  bid  touc  TTpoXexO^vrac'  man  sieht,  die  Schwierig- 
keit liegt  in  diesem  worte:  'wegen  der  vorhergenannten'  gibt  gir 
keinen  sinn,  vorher  hatte  Justin  von  den  Christen  geredet,  dasz  sie 
keine  atheisten  wären,  sondern  den  wahrhaftigen  gott,  dw  engel- 
heer,  den  geist  anbeteten,  'wegen  der  vorhergenannten'  passt  aJso 
schon  deshalb  nicht,  weil  wir  dann  auch  unter  den  ttoXXoI  CbristeB 
annehmen  müsten,  wie  allerdings  Otto  unter  beifall  Kinmiels  sta- 
tuiert, aber  mit  den  ttoXXoI,  die  so  verurteilt  würden,  dass  eine 
Untersuchung  ihres  lebens  vorher  stattfände,  kOnnen  nicht  Christen 
gemeint  sein,  bei  denen  ja  eben  keine  Untersuchung  stattfindet, 
eine  sacbe  die  gerade  den  beschwerdepunct  des  apologeten  ausmacht ; 
die  Christen  werden  ja  gerade,  und  das  ist  eben  das  unrecht,  wegen 
ihres  namens  verurteilt;  bei  andern,  sagt  Justin,  thut  ihr  nicht  so. 
also  in  den  Worten  dXX'  oö  btd  touc  TrpoXex^VTac  musz  der  sinn 
enthalten  sein :  ihr  richtet  sie  nicht  wegen  ihres  namens ,  db.  nicht 
darum  weil  sie  einen  namen  führen,  den  andere,  die  als  verbreober 


f 


LPtoal:  rar  enten  apologie  des  Jnitiiiiis  Harlyr,  319 

«fimden  worden  sind,  auch  fahren,  ich  yermnte  darum,  Justin  hat 
«pocXcxO^vrac  geschrieben:  *ihr  Terorteilt  de  nicht  w^gen  der  da* 
bei  genannten'  äi.  der  zu  ihnen  dem  namen  nach  gehörigen,  er 
dabei,  wie  das  folgende  gleich  ergibt,  an  die  phüosophen- 
er  fahrt  im  folgenden  eben  diesen  gedanken  ans,  dass  er 
fllr  die  anhtnger  der  cloistlichen  lehre  dasselbe  verlangt,  was  den 
aidilngem  einer  philosophenschale  gewfthrt  werde,  dass  man  bei 
nkgeUagten  anf  ihre  handlangen  sehen  soll,  dagegen  keiner  ver- 
vrteilt  werde  wegen  des  bestimmten  namens  seiner  jOngerschaft, 
also  aaeh  keiner  die  Xpicnavöc.  conjectoren  wie  irpocXcrxO^VTOC 
oder  ifävTOC  vor  bta  toOc  npoXexO^vroc  oder  aach  vor  KarabiKdZere 
txBtosehalten,  geben  alle  keinen  gesunden  sinn. 

c.  12  oi)  ydp  bi&  ToOc  inp'  ö^i&v  xei^vouc  vö^ouc  xaX  KoXdccic 
nepunrrai  XovOdvciv  dbiKoCvrec,  äv6pi{mouc  b*  övtac  XavOävciv 
AmÄc  buvorrdv  dmcrdjLievoi  dbiKoOciv*  et  f^aOov  ical  iireicOricav 
6cAv  dbuvoTOV  clvai  XaOciv  ti,  oä  ^övov  irparröiievov  dXXd  kuX 
PouX€u6m€vov  ,  K&v  bid  Td  dmKcfMCva  bc  irovröc  Tpöirou  KÖc^iot 
Vciv,  die  xo\  ÖMCic  cuMqprjccTC.  Justin  hat  gesagt,  dasz  die  Christen 
den  kaisem  selbst  helfer  zum  frieden  seien  mit  ihrer  lehre,  dasz  kei"^ 
aes  menschen  thun  gott  verborgen  bleibe,  sondern  jeder  zu  ewiger 
strafe  oder  zu  ewigem  heil  je  nach  verdienst  seiner  werke  komme, 
wenn  das  alle  menschen  erkennten,  so  wflrde  wol  niemand  die 
sdüeehtigkeit  erwählen,  sondern  jeder  sich  mit  tugend  zieren,  und 
nun  fUirt  unser  text  mit  obigen  werten  fort,  wie  sie  da  stehen, 
passen  sie  schlechterdings  nicht  in  den  Zusammenhang:  *denn  nicht 
wegen  eurer  gesetze  und  strafen  versuchen  sie  (die  menschen)  im 
verborgenen  zu  freveln,  sondern  sie  handeln  freventlich,  weil  sie 
wissen  dasz  es  mOglich  ist,  euch,  die  ihr  menschen  seid,  verborgen 
zu  bleiben.'  es  bandelt  sich  dem  zusammenhange  nach  nicht  darum, 
eine  erklämng  dafür  zu  geben,  warum  die  menschen  im  verbor- 
genen freveln,  sondern  vielmehr  warum  sie  freveln,  der  grund 
ist,  weil  sie  nicht  an  einen  allwissenden  richter  glauben,  den  men- 
schen aber  verborgen  zu  bleiben  fttr  möglich  halten,  ich  meine 
darum,  gegenüber  dem  versuche  von  Davis  und  Thirlby  aus  dem 
QU  ein  o'i  zu  machen,  es  sei  das  einfachste,  das  erste  XavOdvciv, 
weldies  sich  aus  dem  eine  zeile  weiter  stehenden  sehr  leicht  einge- 
schlichen haben  kann,  zu  streichen,  dann  schlieszt  sich  das  part.  an 
ncipacOai  an ,  was  nicht  ungebräuchlich  ist.  die  asjndetische  Ver- 
bindung aber  in  dem  folgenden  satz  e\  ffiadov  usw.  ist  hier  ganz  an 
ihrer  stelle,  das  bk  nach  ei,  welches  Otto  gegen  die  hss.  einsetzt,  ist 
nicht  anzunehmen . 

c.  13  TÖv  bibdCKoXöv  T€  TOUTuiv  T€v6m€V0V  #miv  Kai  clc  toOtq 
T€wn6^vTa  Iticouv  Xpicxöv ,  töv  craupuiGevia  im  TTovxiou  TTiXd- 
Tou.  Tou  T€vo^€vou  iv  loubaiQ  im  xpövoic  Tißepiou  Kaicapoc  im- 
TpÖTTou,  ulöv  auTOu  Toö  6vTujc  6€0Ö  iia9övT€C  KQi  dv  bcuT^pcjt  x^P? 

^XOVT€C,   TTVeÖMQ  T€   TTp0q)11TlKÖV  iv   TpiTT|  TOECl,   ÖTl   )Ll€Td  XÖTOU 

TiutuMCV,  ttTTob€t£o^ev.   diesen  satz  übersetzt  Otto:  ^nostrum  autem 


320  LPaul:  zur  ersten  apologie  des  Jastinus  Martyr. 

(atque  nostrum  3e  ausg,')  haram  remm  doctorem  et  natam  ad  hoc 
monus  lesum  Christum  ^  sub  Pontio  Pilato,  in  ludaea  temporibus 
Tiberii  Caesaris  procuratore ,  crucifixum ,  quem  veri  dei  filium  esse 
edocti  sumus  et  Becimdo  loco  habemus,  spiritumque  propheticmn 
tertio  ordine  a  nobis  coli  (nos  venerari  Se  ausg.)  demonstrabimoa.' 
hier  hat  Otto  mit  bildung  des  relativsatzes  ^uem  ubw.  einen  falscben 
griff  gethan.  es  wird  das  sofort  deutlich  werden,  wenn  ich  die,  wie 
mir  scheint ,  einzig  zulässige  Übersetzung  im  deutschen  gebe :  ^daai 
wir  aber  den,  der  hierin  (in  der  richtigen  anbetung  gottes)  unser 
lehrer  geworden  und  dazu  in  die  weit  gekommen  ist,  Jesus  Chriatoa, 
der  unter  Pontius  Pilatus,  dem  zu  den  zeiten  des  kaisers  Tiberius 
in  Judaea  bestellten  landpfleger,  gekreuzigt  worden,  auf  vemünftige 
weise  ehren  damit,  dasz  wir  ihn  als  söhn  des  wahrhaftigen  gottes 
selbst  bekennen  und  ihm  den  zweiten  platz  anweisen,  sowie  dem 
heiligen  geiste  den  dritten,  das  werden  wir  nachweisen.'  das  Ti^ui- 
^€V  also  bekommt  zur  nähern  erklärung  die  angäbe  der  art  und 
weise,  wie  sie  ihn  (Christus)  ehren,  nemlich  ihn  bekennend  als  söhn 
(das  jLiaOciv  und  fiefiaOiiK^vai  bedeutet  sehr  häufig  bei  den  kirchen- 
schriftstellem  dieser  zeit  ^bekennen')  und  an  zweiter  stelle  ihn 
setzend,  £v  b€UT^pa  X^P?  ^X^vtcc  das  letztere  ist  dem  Jnstin  hier 
die  hauptsache.  die  werte  TrvcOjid  t€  iTpoq>iiTiKÖv  dv  Tpiiq  Td£€i, 
sc.  IxovTCC,  sind  nur  anhangsweise,  mehr  parenthetisch  denn  als 
zur  Sache  gehörig  hinzugefügt,  es  musz  daher  auch ,  wenn  man  die 
Worte  nicht  in  die  parenthesezeichen  einschlieszen  wiU ,  ein  komma 
nach  Td£€i  stehen,  damit  man  sie  nicht  etwa  von  TifiOjficv  abhängig 
sein  läszt.  dem  schriftsteiler  kommt  es  eben  ganz  allein  darauf  la 
nachzuweisen,  dasz  die  Christen  mit  gutem  grund  Christo  den  nich- 
sten  platz  nach  gott  selbst  geben,  dasz  dies  die  allein  richtige  Inter- 
pretation ist,  zeigen  die  werte  die  sogleich  folgen:  dvTa06a  T^ 
jLiaviav  fifiuiv  KaTaq)aivovTai,  bcur^pav  x^pav  iiCTa  töv  ärpeirrov 
Kul  dei  ÖVTtt  Oeöv  kqi  x^wiiTOpa  tujv  dTidviuiv  dv6punn|i  crau- 
pu;8^VTi  bibövai  fifidc  X^tovtcc,  dTVOOövTCc  tö  iv  touti|i  muct^ 
piov,  iL  irpoc^xctv  ujudc  dEiiTOuii^vuiv  f)jiaiv  irpoTp€Trö)yieBa«  das 
ist  der  hauptanstosz ,  den  die  beiden  nehmen,  zugleich  aber  das  ge- 
heimnis  der  christlichen  lehre ,  das  Justin  jetzt  näher  auaeinaiider- 
setzen  will,  dasz  ein  gekreuzigter,  Jesus  Christus,  den  zweitoi  plttti 
nach  dem  ewigen  gott  selbst,  uiöv  auToO  toO  övtuic  OcoO»  haben 
soll,  das  auToO  hebt  nur  das  auszerordentliche  des  geheiwwiisses 
hervor ;  ein  gnmd  dafür  aÖTÖv  zu  schreiben,  wie  Otto  ti^ut,  ist  nicht 
vorhanden,  schlieszlich  will  ich  noch  erwähnen,  dasz  Kahnis  'die 
lehre  vom  h.  geist'  I  s.  238  die  werte  mit  einem  komma  nach  lildv 
citiert.  was  er  dann  für  einen  sinn  darin  findet ,  weisz  ich  nicht. 
Ki£L.  LuDWia  Paul* 


WflEolBter :  dea  Vogüini  teobifo  aokge.  Ml 

DES  VEB0ILIU8  SECHSTE  ZEHNTE  UND  VIEBTB  ECLOOE. 


Wir  finden  unter  den  VergOischen  edogen  drei,  weldien  dia 
gnmmatiker  die  namen  römischer  grosien  (Varos,  Ghdlns »  Pdlio) 
gegeben  haben,  wftbrend  die  abrigen  bei  ihnen  grieohisohe  hirteil- 
namen  fllhren.  das  deutet  auf  einen  onterBchied  hin,  den  ne  swiscbeii 
beiden  teilen  machten,  und  darauf  dan  sie  rerachiedene  geeichtepnncte 
lllr  dieselben  glaubten  festhalten  zu  müssen,  die  neuere  seit  hat  weeent- 
liehe  Abweichungen  in  vers  und  stil  in  beiden  teilen  nachgewiesent  und 
es  steht  fest  dasz  gerade  die  drei  genannten  vorzugsweise  schwierig 
sind,  so  ward  denn  Schaper  durch  eine  reihe  metrischer  eigentttm- 
Uchkeiten,  welche  dieselben  im  gegensats  zu  den  übrigen  eclogen 
teflen,  verleitet,  sie  in  diesen  jahrb.  1864  s.  633—657.  769—795 
für  spttere  dichtungen  des  Veigilius  zu  erklftren,  die  erst  zehn  jähre 
nach  entstehung  der  übrigen,  der  eigentlich  bukolisohen,  ver&sst 
und  den  letztem  zugesellt  seien,  das  unwahrscbeinlidhe  dieser  an- 
nähme  liegt  freilich  auf  der  band ;  es  hfttte  daraus  folgen  müssen,  dasz 
sie  leichter,  klarer,  verstftndlicdier  seien  als  die  andern;  sie  hltten 
anspielungen  auf  die  Oeorgica  enthalten  müssen,  die  nach  dieser 
hypothese  ilter  sind  als  jene,  aber  nichts  von  dem.  mehr  noch :  ihr 
inhalt  deutet  gar  nicht  auf  die  gedachte  spfttere  zeit  hin :  er  Iftszt  sich 
nnr  ans  der  entstehung  unmittelbar  unter  dem  eindruck  der  ereignisse 
begreifen,  was  könnte  Verg.  bewogen  haben,  der  zeit  von  Octavians 
befestigter  herschaft  das  bild  jener  schrecklichen  tage  des  bürger- 
zwistes  vorzuführen ,  wo  Octavianus  den  härtesten  maszregeln  den 
arm  leihen  muste,  wo  seine  macht  schwankte,  seinen  befehlen  nicht 
gehorcht  ward,  seine  Schützlinge  hilflos  waren?  ja  wären  es  kriege 
gewesen,  auf  die  das  volk  hätte  stolz  sein  können:  die  hätte  der 
dichter  nach  einem  Jahrzehnt  besingen  mögen;  aber  es  sind  unerquick* 
liehe  ereignisse ,  vertriebene  hirten  und  hilflose  unterdrückte,  und 
obendrein  steht  und  fällt  Schapers  annähme  mit  seiner  unglaublichen 
coigectur  arhis  für  Foüio  {ed,  4,12).  freilich  hat  er  auch  ein  recht 
zQ  fragen :  woher  kommen  denn  diese  zahlreichen  gemeinsamen  eigen« 
tülmlichkeiten  ?  zu  zahlreich,  man  musz  es  gesteheUi  um  sie  mit  Bib- 
beck  prol.  s.  13  lediglich  dem  zufall  zuzuschreiben,  da  ist  es  wichtig, 
dasz  Schaper  selbst  zugibt ,  dasz  die  metrischen  abweichungen  d^ 
drei  nicht  lauter  Verbesserungen  sind  (s.  778) ;  aber  schwer  dürfte 
in  die  wage  fallen  dasz  Verg.  in  der  zeit  der  bukolischen  dichtungen 
griechische  muster  suchte,  um  sich  an  sie  anzulehnen  und  ihnen  ihre 
technik  abzulernen,  dasz  ihm  fUr  seine  hirtenlieder  Theokritos  und 
die  andern  griechischen  bukoliker  diesen  halt  boten,  ist  eine  bekannte 
aache,  und  es  e^ird  kaum  jemand  bestreiten,  dasz  wir  darin  den  grund 
tBüT  die  in  den  übrigen  sieben  eclogen  häufige  bukolische  cäsur  haben, 
die,  worauf  Oebauer  aufmerksam  gemacht  hat,  in  den  hier  be- 
sprochenen drei  gedichten  selten  ist.  dasz  Verg.,  woUte  er  für  sie 

jAbrbücher  für  cUm.  phUoL  18S0  hfu  6.  8^ 


/ 


329^  WHKolster:  des  Vergiliae  secbste  edoge. 

nach  andern  mustern  suchen,  in  der  griechischen  litterator  der- 
gleichen genug  fand  (sei  es  Kallimachos,  sei  es  ein  anderer),  kann 
kein  zweifei  sein ;  dasz  er  abgeneigt  gewesen  dergleichen  zu  suchen, 
glaube  ich  nicht;  ob  die  möglichkeit  die  von  Schaper  angedeuteten 
metrischen  eigentttmlichkeiten  aus  anlehnung  an  solch  ein  mnster  su 
erklären  zu  verschmähen  sei,  lasse  ich  dahin  gestellt,  die  hsnpt- 
Sache  aber  sind  die  manigfacben  dunkelheiten ,  die  Schaper  durch 
seinen  commentar  lange  nicht  alle  gehoben  hat;  sie  sind  es,  die  mich 
zu  diesem  versuche  reizen,  zumal  hier  in  Eutin,  wo  vor  neundg 
Jahren  Voss  so  eifrig  für  Verg.  strebte,  ganz  unmittelbar  aber  ist 
es  ein  aufsatz  in  diesen  jahrbflchem  von  1878,  der  mir  den  anstoss 
gegeben  hat. 

I.    DIE  SECHSTE  ECLOGE  (VAEÜS).» 

Es  hat  daselbst  HFlach  s.  633  —  637  einen  artikel  geg^n 
Schapers  annähme  einer  spStem  entstehung  gerichtet  er  geht  aoa 
von  der  hinweisung  auf  alles  das  was  Heyne,  Spohn,  Wagner, 
Schaper  selbst  und  Ribbeck  in  derselben  bedenklich  und  anstössig 
gefunden  haben,  und  zieht  aus  einer  solchen  reihe  von  mislichkeiten 
und  bedenken  das  resultat,  dasz  man  unmöglich  einem  solchen  pro- 
duct  eine  entstehung  nach  Vollendung  der  Georgica,  ja  selbst  nach 
beginn  der  Aeneis  geben  kOnne.  man  wird  unbedingt  diese  ansieht 
Flachs  zu  der  seinigen  machen  dtlrfen.  gerade  die  drei  dichtungen, 
welche  Schaper  in  seiner  oben  erwähnten  abhandlung  für  die  jüngeren 
erklärt  hat^  bieten  soll  ich  sagen  des  nichtverstandenen  oder  des 
schwerverstftndlichen,  scheinbar  übel  geordneten,  ja  mangelhaft  ans- 
gedrückten  so  viel,  dasz  man  versucht  wird  sie  auf  eine  gans  Mhe 
Periode  des  dichters  zurückzuführen,  wie  denn  Flach  die  sechste 
ecloge  wirklich  für  eine  der  ältesten  erklärt,  so  weit  kann  ich  nun 
freilich  nicht  mit  ihm  gehen  und  möchte  nichts  weniger  ab  alle  die 
zehn  klagepuncte  unterschreiben,  die  er  gegen  die  arme  eeloge 
schleudert,  die  mir  wol  eine  der  schwächsten,  aber  doch  nioht  so 
unverständlich  erscheint  wie  ihm.  ich  kann  nicht  zugeben  dasi  die 
Widmung  unklar,  die  einleitung  unnötig  und  schwächlich,  dass  der 
schlusz  des  gedichtes  abgebrochen,  dasz  der  hintergrund  verschwom- 
men sei.  es  würde,  glaube  ich,  Flachs  ansieht  anders  ausgefsllsn 
sein,  wenn  er  nicht  Schaper  geglaubt  hätte,  dasz  die  anwiderstell* 
liehe  gewalt  der  liebe  der  inhalt  der  ecloge  sei.  er  selbst  maobt 
darauf  aufmerksam ,  dasz  sich  diesem  gesichtspunct  v.  81 — 41  und 
64 — 73  nicht  fQge,  das  heiszt  aber  mit  andetn  werten,  dass  von 


'  nach  Ribbecks  anmerkung  kennen  die  bedeutendsten  hss.  diese 
Überschrift  nicbt  er  aast:  ^Faunorum  Saiyrorum  et  Silenormn  deUetaUo 
PRtabe,  nisi  qnod  in  utterii  qaibasdam  hie  illio  diffeient.  ttiMB  te 
V  inscriptio  rubra  est,  quae  tarnen  legi  non  potuit'  Heyne:  'neaanlii 
pro  Süoanorum  Silenorum^  ab  aliis  voc.  omnino  abest.  pro  SUema  in  aliis 
praescriptam  Varus''  ('hoc  Vossias  adoptayit,  saadente  etiam  v.  12.  reete 
fortaase*  Wagner). 


WHKolster:  des  YergilinB  Bechsie  ecloge.  383 

50  Versen  des  eigentlicben  gedichtes  20  diesen  gesichtspunct  ver- 
telunihen.  warum  ist  er  nicht  noch  einen  schritt  weiter  gegangen 
diMen  gesichtspunct  zu  yerwerfen?  durch  denselben  ftllt  auf  alles 
einxelne  ein  falsches  licht,  aber  Flach  hat  doch  durch  die  scharfe 
formulierung  seiner  bedenken  dem  verstftndnis  der  edoge  grosze 
dienste  geleistet;  es  ist  dadurch  festgestellt,  worüber  man  sich  zu 
Terständigen  hat.  natürlich  wird  mit  einer  andern  ansieht  über  den 
iahalt  und  kern  der  dichtung  ein  groszer  teil  seiner  ausstellungen  zu- 
sammenfallen, aber  welches  ist  denn  nun  der  richtige  gesichtspunct? 
Verg.  beginnt  v.  31—41  mit  einer  bildung  der  weit:  was  stellen 
wir  einer  solchen  für  einen  hohem  gesichtspunct?  fragen  wir  doch 
nur  Ovidius  met.  I  1  ff.:  es  ist  eine  metamorphose.  und  der  schlusz 
der  dichtung,  74 — 83,  die  erzfthlungen  von  Skylla,  Tereus  und 
Philomele?  es  sind  metamorphosen ;  und  was  zwischen  beiden  steJit, 
die  trostrede  an  PasiphaS  allein  abgerechnet,  es  sind  lauter  meta- 
morphosen. aUerdings  ist  von  diesen  die  hälfbe  von  der  gewalt  der 
liebe  beeinfluszt;  aber  die  andere  hälfte  ist  es  nicht,  haben  sich 
Schaper  und  Flach  durch  die  digression  von  Pasipha^  blenden  lassen? 
so  wenig  ich  mit  manchem  in  ihren  ansichten  einverstanden  bin ,  so 
weit  bin  ich  entfernt  das  verdienstliche  ihrer  bemühungen  zu  ver- 
kennen ;  aber  ich  glaube  um  des  gedachten  gesichtspnncts  willen  die 
erkllrung  der  ecloge  ganz  von  vom  anfangen  zu  müssen,  beginnen 
wir  mit  einer  gesamtübersicht 

Verg.  lehnt  es  ab  die  kriegsthaten  des  Varus  zu  besingen  und 
»endet  demselben  in  glänzender  anerkennung  dessen,  was  er  Air  ihn 
und  seine  Vaterstadt  gethan,  ein  gedieht  das  er  dem  Silenus  in  den 
mund  legt  und  am  schlusz  auf  einen  gesang  des  ApoUo  (an  den 
Uyakinthien  ?)  zurückführt,  als  gegenständ  desselben  gibt  er  uns 
eine  metaraorphosendichtung,  deren  versteckter  kern  die  Ver- 
wandlung des  Cornelius  Gkillus  aus  einem  erotischen  dichter  in  einen 
sftnger  im  hohem  stil  ist,  vielleicht  mit  dem  nebengedanken  dasz 
Gallus  geeigneter  sei  als  er  die  thaten  des  Alfenus  Varus  zu  besingen 
( die  episode  von  den  klagen  der  Pasipha^  dürfte  auf  Cornelius  Oallus 
ihre  ganz  bestimmte  beziehung  haben ,  doch  davon  nachher),  dasz 
die  dichtung  an  eine  uns  unbekannte  alexandrinische  wird  angelehnt 
gewesen  sein ,  ist  mir  höchst  wahrscheinlich ;  aber  die  hereinziehung 
des  Gallus  zeigt  dasz  Verg.  den  ihm  vorliegenden  rahmen  gesprengt 
hat  das  lied  des  Silenus  beginnt  wie  die  Ovidischen  metamorphosen 
mit  der  bildung  der  erde  aus  den  dementen,  führt  uns  dann  durch  die 
Verwandlung  der  steine  der  Pjrrha  von  den  menschen  des  goldenen 
Zeitalters  in  das  eiserne,  zu  der  Umgestaltung  der  menschlidien  Ver- 
hältnisse durch  den  raub  des  Prometheus,  darauf  zu  der  verwahdlung 
des  Hjlas  in  einen  dämon  oder  heros  (denn  das  war  ja  zweck  und 
veranlassung  seines  raubes),  der  Pasipha^ ,  die.  durch  wildes  gelüst 
und  menschliche  machination  mutter  eines  dämon  ward,  der  Ata- 
lante  und  der  sonnentöchter.  so  kommen  wir  zu  der  neuesten  aller 
metamorphosen,  der  des  durch  die  Musen  verwandelten  Qallus,  worauf 

22* 


324  WHKolBter:  des  Vergilius  Bechste  ecloge. 

der  dichter  mit  Skjlla,  Tereus  und  Philomele  abschlieszt.  zu  be- 
haupten, dasz  das  eine  vortreffliche  Ordnung  sei,  fUlt  mir  nicht  ein: 
ich  halte  die  ecloge  nicht  mit  Schaper  fdr  die  Schöpfung  eines 
meisters  und  für  nichts  weniger  als  ein  meisterstfick;  will  auch  nicht 
leugnen  dasz  des  Oallus  dichterkrönung  zwischen  Heliaden  und 
Skjlla  einen  etwas  verlegenen  eindrnck  mache;  aber  bei  welcher 
Erklärung  oder  auffassung  thut  sie  das  weniger?  und  doch,  wer 
wagt  sie  fttr  eingeschoben  zu  erklären?  wir  werden  schon  stehen 
bleiben  müssen  bei  dem  'si  quid  novisti  rectius  istis,  candidus 
imperti'. 

Was  ich  über  den  schlusz  als  Vermutung  angedeutet  habe,  das 
wird  sich  über  das  niveau  der  bloszen  ahnung  nidit  erheben  lassen; 
aber  was  schlieszt  sich  in  der  griechischen  dichtung  nicht  alles  an 
den  gottesdienst  an?  iambos  und  prosodion,  parüienion,  nomos, 
hjmnos,  dithyrambos.  hat  die  metamorphosendichtung  vielleicht 
auch  einen  punct  gehabt,  wo  sie  den  gottesdienst  berührte?  ihr  ton 
ist  viel  zu  trübe ,  um  sie  für  ein  bloszes  spiel  des  witzes  zu  halten. 
hier  liegt  uns  eine  metamorphosendichtung  vor,  welche  sich  ins 
Eurotasthai  verlegt:  müssen  wir  uns  nicht  das  gesagt  sein  lassen? 
hieng  sie  mit  gewissen  totenopfem  (dvaTtc^ara)  zusammen?  der 
gedanke  ist  nicht  neu :  schon  Servius  hat  ihn  ausgesprochen. 

Aber  wenden  wir  uns  zu  der  ersten  einwendung  Flachs,  dasz 
sich  die  veranlassung  zu  der  dichtung  kaum  aus  den  einleitenden 
Versen  enträthseln  lasse,  gewis  wird  der  dichter,  der  ein  gelegen* 
heitsgedicht  herausgibt ,  dafür  sorgen  müssen ,  dasz  der  leser  seine 
anspielungen  einigermaszen  zu  deuten  wisse :  aut  non  sint  aut  plana 
sint;  aber  darum  hat  er  doch  ein  recht  zu  sprechen:  sapianti  sat. 
geschichte  braucht  er  darum  nicht  zu  schreiben,  prüfen  wir  darauf 
die  vorliegenden  gedanken. 

^Zuerst  wählte  sich  mein  tändelndes  lied  {nosira  TkäUa)  in 
Sjracusischem  verse  zu  spielen  und  erröthete  nicht  im  walde  sn 
hausen,  als  ich  aber  kOnige  und  kämpfe  besingen  wollte,  zupfte  mich 
der  Cynthische  gott  am  ohr  und  mahnte  mich:  ein  hirt,  Tityms, 
musz  seine  schafe  fett  weiden  und  sein  lied  hübsch  niedrig  singen. 
so  will  ich  denn  jetzt  —  denn  du ,  Yarus,  wirst  leute  genug  babeni 
die  dein  lob  zu  verherlichen  wünschen  und  finstere  kriege  ra  ge* 
stalten  —  zu  dünnem  halm  ein  lied  singen,  nicht  ohne  aufford«rung 
singe  ich  es.  wenn  aber  wer,  ja  wenn  wer,  gefesselt  von  znneigung 
auch  dies  lesen  wird,  so  werden  dich,  Yarus,  unsere  tamaritken, 
wird  dich  unser  ganzer  hain  singen,  und  dem  Phoebus  ist  kein  blait 
lieber  als  das  welches  des  Yarus  namen  an  seiner  stime  trägt.' 

Ich  wüste  nicht  dasz  das  dunkel  wäre,  freilich  wird  sich  nach 
fast  zweitausend  jähren  manches  finden ,  was  man  gern  wflste  und 
nicht  weisz.  was  sagt  denn  der  dichter?  er  constatiert  daaa  dies 
nicht  seine  erste  dichtung  sei :  die  sei  in  Syracusischen  weisen,  dh. 
in  strenger  anlehnung  an  Theokritos  in  stoff  und  form  abge&szt  ge- 
wesen, er  bezeichnet  als  seine  muse  Thalia,  doch  wol  im  gegensaii 


WHEolBter:  des  VergiliuB  sechste  edoge.  325 

m  Melpomene,  der  muse  der  ernsten,  erschütternden,  tragischen 
dichtnng  (vgl.  Hör.  carm.  IT  1).  er  sagt,  sie  habe  sich  diesen  stoff 
als  das  ihm  angemessene  gewählt  {dignata  est:  vgl.  Hör.  serm.  1 10, 
40 — 46).  er  habe  sich  der  beschrSnkong  auf  den  wald  und  sein 
stilles  leben  (süvcis  habüare)  nicht  geschämt  {negue  erubuü)»  der 
dichter  stellt  also  seiner  yorliegenden  dichtnng  eine  ttltere  gegen- 
über, zu  der  die  vorliegende  in  einer  art  gegensatz  stehe,  sind  das 
nicht  lauter  sachen ,  die  ganz  genau  zu  dem  passen  y  was  wir  auch 
sonst  Ton  Verg.  wissen?  an  Servius  deutung  des  ausdrucks  prmui 
als  prima  e  Bomanis  (er  habe  zuerst  in  Rom  das  hirtengedicht  in 
aufnähme  gebracht) ,  auf  die  Voss  und  Spohn  eingegangen  sind ,  ist 
der  dichter  vollkommen  unschuldig;  wir  werden  uns  Heyne  und 
Wagner  anschlieszen  dürfen ,  die  darin  einen  gegensatz  zu  dem  v.  3 
erwfthnten  versuch  könige  und  schlachten  zu  besingen  sehen ,  von 
welchem  Verg.  durch  des  gottes  wort  abgeschreckt  und,  fügen  wir  hin- 
zu, zu  dem  was  er  jetzt  singe  geführt  worden  sei.  er  wolle  zu  dünnem 
rohrhalm  eine  Iftndliche  dichtung  vortragen,  die  musa  agrestis  v.  8, 
die  in  diesem  gedichte  vorliegt,  wird  also  wol  nicht  identisch  mit 
der  frühem  musa  süvestris ,  aber  doch  mit  ihr  nahe  verwandt  sein. 

Y.  3  constatiert  der  dichter,  dasz  er  den  versuch  gemacht  habe 
kOnige  und  kämpfe  zu  singen ;  aber  gott  Apollo  habe  ihn  abgemahnt, 
was  sind  das  für  reges  und  pugnae?  etwas  näheres  darüber  sagt  uns 
Verg.  ed,  9,  29.  dies  lied  war  speciell  für  Varus  bestimmt,  Varo 
eanebaty  war  necdum  perfecta  ^  war  bestimmt  Varus  namen  auf  das 
glänzendste  zu  feiern:  Yare^  tuum  nomen^  superet  modo  Maniua 
nchiSf  cantantes  sublime  ferent  ad  sidera  cygni,  Mantuas  fortdauer 
und  existenz  also,  wenn  sie  nur  gesichert  bleibt,  wird  hinreichen 
deinen  namen  zum  himmel  zu  erheben;  es  müssen  also  die  kämpfe 
der  gegen  wart  sein,  nicht  etwa  irgend  welches  heldengedicht,  eine 
Schwester  der  Aeneis;  die  reges  können  keine  anderen  als  die  Partei- 
führer der  gegenwart  Antonius,  Octavianus,  Lepidus  sein,  dasz 
Verg.  diese  schon  reges  nennen  mochte ,  lehrt  uns  Horatius  epist,  I 
7,  27,  der  an  Maecenas  schreibt:  rexgue  paterque  audisti  coram. 
I  17,  43  coram  rege  sua  de paupertate  tacentes.  carm,  I  36,  8  adae 
non  alio  rege  puertiae;  rex  ist  dem  Lateiner,  was  uns  ^fUrst,  gnädiger 
benJ.  es  ist  nach  dem  gesagten  eine  unliebsame  nachricht,  die 
Verg.  dem  Varus  bringt,  dasz  er  abstehe  von  dem  versuche  ihn  und 
seine  Verdienste  um  Mantua  und  ihn  selber,  den  dichter,  zu  besingen ; 
er  tröstet  ihn ,  er  werde  leute  genug  finden ,  die  geneigt  seien  seine 
Verdienste  und  den  entsetzlichen  bürgerkrieg,  durch  den  dieselben 
bedingt  seien ,  zu  feiern. 

Hier  aber  stoszen  wir  auf  eine  notwendig  zu  erledigende  frage : 
wer  ist  der  Varus ^  zu  dem  hier  Verg.  spricht,  und  worin  bestehen 
seine  Verdienste?  wir  müssen  bekennen  dasz  wir  eigentlich  nur 
durch  Verg.  über  ihn  unterrichtet  sind,  und  der  sagt  allerdings  nicht 
viel,  wenn  das  die  dunkelheit  ist,  über  die  Flach  klagt,  so  ist  sie 
freilich  da;  dann  dürfen  wir  aber  auch  antworten,  dasz  es  des  dich- 


326  WHKolster:  des  Vergilius  sechste  oologe. 

ters  aufgäbe  nicht  ist  historische  data  mitzuteilen.  Wagner  hat  dem 
Varus  einen  ezcurs  gewidmet,  der  sich  im  wesentlichen  damit  be- 
schäftigt eine  zahl  von  Vari  zo  perhorresoieren ,  die  hier  nicht  in 
betracht  kommen,  das  positive  ergebnis  befaszt  sich  in  6  Zeilen,  und 
das  ist  alles  was  wir  von  ihm  wissen:  ^aliom  Alfenum  Varum  ab 
Auguste  Transpadanae  provinciae  et  agris  dividandis  praefectom,  ne 
Virgilio  ager  eriperetur,  curasse  memorant  Serviana  ad  ecl.  6,  6 
et  in  Psendodonato  s.  30.  hunc  esse  de  quo  Virgilius  hac  edoga  VI 
tam  magnifice  loquitur,  probabile  fieret:  si  modo  de  hominis  rebus 
hello  gestis  aliquid  constaret,  quae  tantae  essent,  ut  carmini  epioo 
materiem  idoneam  praeberent.'  das  letzte  bedenken  läszt  sidi  wol 
heben :  Verg.  hat  den  stoff  ausreichend  gefunden,  dabei  können  wir 
uns  beruhigen ,  wenn  sich  auch  besondere  kriegsthaten  des  Yams 
nicht  angeben  lassen  —  und  wer  sagt  uns,  ob  er  nicht  ein  wackerer 
officier  gewesen  war?  —  aber  auch  ohne  das,  es  liesz  sich  die  thfttig- 
keit  eines  praefedus  agris  dividunäis  und  sein  eifer  für  Mantua  und 
Verg.  nicht  ohne  eine  darlegung  der  kriegerischen  verhIÜtnisse  dar- 
stellen, durch  welche  sie  herbeigeführt  worden  war.  dasz  Yams  selbst 
zu  jenen  reges  gehörte,  sagt  Verg.  nicht. 

Aber  es  kommt  noch  ein  zweites  in  betracht,  der  grund  mit 
dem  sich  Verg.  entschuldigt,  dasz  er  des  Varus  wünsch,  yielleieht 
seinem  eignen  versprechen ,  nicht  nachkomme ,  die  abmahnung  des 
goiiesipastorempinguispascere  oportet  ovis^  deduäum  dieerecarmm. 
man  kann  das  als  eine  blosze  ausrede  fassen  um  abzulehnen ,  was 
einmal  die  krSfte  übersteige;  aber  es  hat  auch  seinen  guten  ainn, 
wenn  man  es  wörtlich  faszt.  uns  freilich  steht  Verg.  als  der  groeie 
dichter  gegenüber,  sobald  wir  seinen  namen  hören;  aber  die  mit- 
weit sah  in  ihm  vor  allen  dingen  den  bauer,  genauer  den  vieh- 
ztlchter.  bei  einer  solchen  persönlichkeit  bedurfbe  es  schon  einer 
auszerordentlichen  leistung,  um  nur  seine  dichtnng,  wenn  ee  mehr 
als  eine  poetische  tftndelei  sein  sollte,  wie  die  eclogen,  vor  der  geriag- 
schfttzung  der  weit  zu  schützen,  es  war  durchaus  richtige  dass  der 
dichter  daran  erinnerte,  dasz  von  unberufenem  munde  gelobt  lu 
werden  schlimmer  sei  als  gar  nicht  gelobt  zu  werden,  ganz  abgesehen 
davon  dasz  in  jenen  jähren  Verg.  sicherlich  die  poetieehe  taehnik 
noch  nicht  zu  geböte  stand ,  durch  die  er  spttter  glKnzt. 

Wir  aber  wollen  über  des  Vergilius  privatverhiltnisse  und  die 
Wandlungen,  welche  in  jenen  jähren  dieselben  trafen,  einiges  herror- 
heben,  was  meines  bedttnkens  nicht  hinl&nglich  betont  wird,  y«r 
allen  dingen  dasz  Verg.  nicht  gutsbesitzer  sondern  viehzILohier 
war ,  als  solcher  im  besitz  eines  weidedistriots  in  den  niedenugen 
von  Mantua,  wie  er  selbst  ihn  ed.  1;  47  beschreibt,  nicht  Innlich 
aber  bescheiden:  ergo  tua  rura  manetmnt^  et  tibi  magna  aaltf, 
guamvis  lapis  omnia  nudua  Umo8og%tepalu8obdueaipasouammeai 
niedrige  weide  mit  felsigem  boden,  wie  sie  die  umgegend  von  Mantua 
hat,  mit  Unterholz  von  tamarisken,  dergleichen  in  Italien  in  Bolchem 
boden  wachsen;  daher  die  musa  sihesiria  (Voss  zu  eol.  4,  9).    ao 


WHKolster:  des  VergiliuB  aechate  eologe.  327 

begreifen  wir  dasz  sich  Verg.  Muse  zonflchst  nicht  dem  landbau 
sondern  der  hirtenpoesie  zuwandte  und  dasz  er  in  seinem  dränge 
nach  poetischer  gestaltung  der  natur  die  ihn  umgab  sich  nicht  zu 
Hesiodos ,  sondern  zu  Theokritos  als  muster  wandte,  wol  fehlte  es 
in  seinem  besitz  auch  nicht  ganz  an  ackerland ,  und  Verg.  liesz  dem- 
selben treue  pflege  augedeihen  (1,  70  impiua  haec  tarn  culta  nova^ 
lia  mües  häbelnt)^  aber  die  hauptsache  war  doch  die  weide  mit  ihrer 
tamarix  gallica.  in  unserer  edoge  ist  der  dichter  im  besitz  dieses 
seine«  erbteils,  er  ist  pastor^  und  wird  erinnert  seiner  pflichten  als 
eines  solchen  eingedenk  zu  sein;  von  kämpf  und  unruhen  ist  hier 
keine  spur,  die  tristia  beüa  liegen  hinter  dem  dichter,  der  offenbar  in 
Mantua  lebt,  nicht  in  Rom  oder  Campanien,  wo  ihn  Hör.  aat.  1 5, 40 
uns  zeigt,  aber  er  ist  von  Varus  Verdiensten  um  ihn  und  seine  heimat 
durchdrungen:  te  nostrae  myricae,  te  nemus  omne  (nostrum)  canei 
(v.  10),  ja  jeder  gesang,  der  dort  erschallt,  ist  ein  loblied  auf  Varus, 
dessen  sich  Pboebus  nicht  minder  freut,  als  wenn  es  ein  gedieht  auf 
Varus  kriegsthaten  wäre,  so  werden  wir  Flachs  behauptung,  dasz 
dies  lied  eines  der  frühesten  sei,  abweisen  müssen ;  damals  hatte  sich 
Varus  um  ihn  ja  noch  keine  Verdienste  erworben,  das  lied  erkennt 
Altere  lieder  an,  der  dichter  hat  alte  Verehrer,  die  seine  dichtungen 
capii  amare  legent  (v.  10).  da  er  aber  sich  seinem  berufe  als  pastor 
hingeben  soll,  so  musz  er  dies  lied  in  Mantua,  in  ruhigerer  seit  ge- 
schrieben haben,  die  nachwehen  der  bfirgerkriege  und  des  Perusi- 
nischen liegen  hinter  ihm ,  kurz  ecl.  6  kann  nur  nach  1  und  9 ,  nach 
eintreten  einer  ruhigem  zeit  geschrieben  sein.  —  Wem  tönt  nicht 
aus  ecl.  1  die  erste  freude  der  erhOrung  durch  Octavianus  entgegen, 
durch  die  zusage  dasz  alles  solle  beim  alten  bleiben?  {pascUetdanU 
bcves,  pueril  submittite  tauros  v.  45.)  sie  klingt  durch  in  dem  ent- 
schlusz  zu  einem  monatlichen  opfer  für  den  mann  der  ihm  wie  ein 
gott  entgegen  getreten  war  {üle  meas  errare  boves,  %U  cemis,  et  ipaum 
ludere  quae  veUem  calatno  permisU  agrestC) ,  sowie  in  der  betheurung 
ante  leves  ergo  pascentur  in  aequare  oervi . .  gitam  nostro  ülius  labatur 
peäore  voUus,  spielt  auch  die  ecloge  auf  Mantuanischem  gebiet  und 
kann  Verg.  knecbt,  den  er  für  sich  reden  Iftszt,  ruhig  daheim  bleiben, 
w&hrend  andere  hirten  flüchten ,  so  ist  damit  nicht  gesagt  dasz  der 
dichter  6elbst  in  Mantua  sei,  wie  auch  Voss  einl.  zu  ecl.  9  die  erste  eologe 
in  der  ferne  geschrieben  nennt.'  es  ist  ja  auch  nicht  notwendig,  dasz 
des  herschers  spruch  sofort  vollstreckt  und  Verg.  wieder  in  den  besitz 
eingesetzt  sei ;  aber  er  durfte  sich  nach  solchem  wort  und  bei  solcher 
fürsprache  schon  für  geborgen  halten,  mit  recht  setzt  daher  Voss 
die  erste  idylle  in  das  jähr  713  noch  vor  den  Perusinischen  krieg, 
und  eben  so  Wagner,  es  ist  ganz  ungehörig  einzuwerfen,  dasz 
Octavian  erst  viel  später  göttlicher  ehren  gewürdigt  sei ;  aus  solcher 

*  <1asz  in  der  ersteD  ecloge  Dicht  Verg.  selbst ,  fODdem  ein  freige- 
Imasener  desselbeD  id  jenen  preis  des  Octavianns  und  Roms  T.  4t  und  19 
AOtb riebt,  m%g  ein  beweis  inthr  scia,  dass  Vtrg,  nooh  nicht  wieder  aaf 
dem  Bcbanplatze  der  dicbtang,  in  Mantaas  näht,  weilte. 


328  WHEolster:  des  Yergilius  secbste  ecloge. 

bedrftngnis  gerettet  spricht  man  mit  SchiUer:  *  sagen  Sie,  er  ist  ein 
gott,  er  ist  es  mir  gewesen',  und  fragt  nicht  was  andere  leute  thon. 
Aber  die  yerhältnisse  wurden  freilich  anders,  zwar  vollzog 
Octavianus  die  confiscation  einer  reihe  von  Stadtgebieten  und  die 
landanweisungen  an  die  Veteranen  im  äuftrag  sftmtlicher  triumvim; 
aber  die  freunde  des  Antonius ,  an  ihrer  spitze  sein  bruder  Ludns, 
consul  des  j.  713,  und  seine  gemahlin  Fulvia  fanden  es  zeitgemftsz 
aus  dem  in  Italien  allgemein  verbreiteten  Unwillen  über  die  hftrte 
der  maszregel  für  den  abwesenden  capital  zu  schlagen  und  gegen 
Octavianus  zu  hetzen,  so  spaltete  sich  denn ,  was  bis  dahin  hand  in 
band  gegangen  war,  in  feindliche  parteien,  und  von  Octavian  aus 
Rom  verdrängt  warf  sich  L.  Antonius  nach  Perusia.  Pollio  eilte  ihm 
freilich  zu  hilfe,  aber  zu  spät:  Octavian  hatte  ihn  bereits,  unterstützt 
von  Agrippa  und  Ventidius,  umstellt  und  durch  hunger  zur  ergebung 
gezwungen,  darauf  gieng  Pollio,  nachdem  Perusia  gefallen  war, 
nach  Unteritalien  (Appian  b.  civ.  V  50),  zog  einen  alten  freund 
Domitius  Ahenobarbus  mit  einer  flotte  an  sich  und  erwartete  so  bei 
Brundisium  den  M.  Antonius ;  in  Oberitalien  aber  steigerte  sich  jetzt 
die  bewegung  aufs  neue,  da  war  es  denn  fÜrVerg.  ein  groszee  glüok, 
dasz  auch  der  von  Octavian  speciell  mit  der  Verteilung  der  einge- 
zogenen territorien  beauftragte  Alfenus  Varus  (wahrsdieinlich  der- 
selbe Alfenus ,  an  den  Catulls  c.  30  gerichtet  ist)  ein  mann  war,  der 
für  Wissenschaft  und  poesie  sinn  hatte  und  den  dichter  beschütite 
und  so  an  sich  zog ,  dasz  dieser  verhiesz  ihn  im  liede  zu  feiern  und 
auch  den  anfang  damit  machte:  ed.  9,  26 — 29  immo  haec^  guae 
Varo  necdum  perfecta  canebai:  Tore,  tuum  nomen,  superei  modo 
Mcmtua  nohis^  Mantua  vae  miserae  nimium  vicina  Oremonae^  am- 
tantes  subUme  ferent  ad  sidera  cygni.  der  liesz  ihn  auch  in  diesem 
stürme  nicht  fallen,  wol  liesz  sich  augenblicklich  die  schon  fest- 
gestellte grenzlinie  zwischen  den  gebieten  von  Mantua  und  Cremona 
nicht  streng  festhalten;  es  unterhandelten  die  (neugegründet«ii) 
colonien  der  Veteranen  mit  Antonius  (Appian  b.  dv.  Y  62  6  M 
*AvTu>vioc  xct^üivoc  fitv  in  [713—714]  toöc  np^cßcic  kotcIXc 
Touc  dird  Tütiv  KXTipouxta^v  rrpöc  aurdv  dXOövrac').  ihrebegdir- 
lichkeit  wollte  sich  mit  dem  zugestandenen  nicht  begnügen  und 
hoffte  von  Antonius  günstigere  bedingungen.  man  kann  die  Ver- 
hältnisse nicht  klarer  darstellen  als  Verg.  ecl.  9,  7 — 11  certe  equidem 
audieramy  qua  se  sübducere  coUes  indpiunt  mciUque  iugum  demUt&re 
divOf  usque  ad  aquam  et  veteres  iam  fracta  cacwmina  fagos  mmma 
carminibus  vestrum  servasse  Metuücan.  f  Äudieras:  et  fama  fitU; 
sed  carmina  tantum  nostra  vätent^  Lycida^  teta  inier  MarUa^  qtum- 
tum  Chaonias  dicunt  aquüa  veniente  cokmibas.  aber  der  stürm  gieng 
vorüber:  Pollio,  Coocejus  und  Maecenas  stifteten  dne  versühniingy 
und  die  erregten  wogen  kehrten  aUm&hlich  in  ihr  bette  zurück,  abw 

*  Cassiai  Dion  XLVIII  28  cuvcppuir^ruiv  aOnl^  k  T^v  irdXc^ov 
Kai  btair€Mir6vTuiv  irpöc  tc  rdc  iröXcic  Kai  irp6c  roiK  Icrporcuii^veuc 
{vettranos). 


WHEohter:  des  Vergilins  lecbste  ecloge.  329 

tefalimme  zeit  blieb  es  noch  lange,  als  der  dichter  714  im  vertrauen 
auf  Vams  wolwollen  und  schütz  wagte  in  seiner  heimat  zu  erscheinen 
und  seine  ansprOche  geltend  zu  machen  (vgl.  Bibbeck  prol.  s.  7) 
—  yerbandlungen  die  wir  uns  nach  analogie  der  vorfUle  bei  der 
actio  de  vi  armatis  ?iaminibu8  in  Cioeros  rede  für  Caecina  denken 
mOgen  —  sah  er  selbst  sein  leben  bedroht,  muste  flüchten  und  zog 
sich  abermals  samt  seinem  geliebten  vater  nach  Bom  (Servius  und 
Catal.  10  sagen  in  die  villa  des  Siron)  zurück,  da  hat  er  die  neunte 
edoge  yerfaszt,  in  der  er  gar  trübe  und  gedrückt  auf  die  gegenwart 
blickt;  das  fröhliche  vertrauen  ist  geschwunden,  er  musz  glauben 
daa  der  blinde  zufall  herscht:  9,  2 — 6  es  ist  geschehen,  advena 
nostri  {quod  numquam  verüi  sumus)  ut  possessor  agdU  diceret:  haee 
mea  swU^  veieres  migrate  coloni.  nunc  vidi  tristes^  quomam  Fors 
otmna  vcrsat,  hos  iUi  {quod  nee  vertat  hene)  mittimus  haedos.  Verg. 
hintersassen  müssen  dem  neuen  besitzer  steuern,  und  nur  höchste 
naehgibigkeit  hat  noch  schlimmeres  abgewandt :  gw>d  nisi  me  qwk- 
ewmque  novas  incidere  lües  ante  sinistra  cava  monuieeet  ah  iUce  cor^ 
nix,  nee  t%nis  hie  Moeris  nee  viveret  ipee  Menäkas  (die  folgenden 
anspielungen  auf  ech  5,  20  und  40  zeigen  dasz  auch  diese  dichtung 
Üter  ist  als  ed.  9).  man  bat  aus  diesen  trüben  Verhältnissen  eine 
zweite  ftckerverteilung  gemacht,  von  der  niemand  etwas  weisz,  und 
Yerg.  leid  dem  Varus,  Caesars  bevollmftchtigtem ,  zur  last  gelegt; 
mit  gproszem  unrecht:  es  war  eben  die  Ungunst  der  Zeiten,  der  auch 
der  mSchtigste  machtlos  gegenüberstand. 

Gkmz  anders  aber  als  in  diesen  beiden  dichtungen ,  das  müssen 
wir  festhalten ,  ist  die  Situation  in  der  sechsten  ecloge.  Vergilius  ist 
pastor,  im  besitz  seiner  berden,  also  auch  seiner  weidegründe ,  ist 
also  doch  wol  in  Mantua,  wird  von  Apollo,  dh.  von  verständiger 
einsieht  in  seine  Verhältnisse  und  sein  talent  erinnert  sein  vieh  fett 
zu  grasen:  oves pingues pascere y  ein  ausdruck  der  weder  im  latei- 
nischen noch  im  deutschen  allzuhäufig  vorkommen  mag,  dem  Dit- 
niarscher  aber,  der  die  sache  kennt  (fett  grasen  ^^  das  rind  für  die 
sdilachtbank,  nicht  für  die  milch  Wirtschaft ,  füttern  und  so  höchste 
preise  erzielen),  gar  geläufig  ist.  es  ist  also  friede:  der  einzelne 
kann  ruhig  und  mit  aussieht  auf  erfolg  seinem  erwerb  nachgehen.^ 
das  ist  das  verdienst  des  Varus,  in  dessen  preis  sowol  des  dichters 
kleine  tamarisken  als  der  ganzen  Stadt  stolze  waldung,  nemus  omne 
(nostrum)  v.  11  einstimmen  und  ihn  mit  schweigender  zunge  ver- 
kündigen, ihn,  dessen  namen  Phoebus  mit  freuden  hört :  nee  Phoebo 
gratior  uüa  est,  quam  sibi  quae  Vari  praescripsü  pagina  nomen.  Varus 
hat  also  schlieszlich  seine  aufgäbe  wacker  gelöst  so  erzählt  es  uns 
auch  Servius :  fuso  fugaioque  PoUione  ab  Äugusto  Alfenum  Varum 
legatum  substUtäum  esse^  qui  provineiae  d  agris  dividundis  praeessd^ 

*  fragt  aber  jemand,  wann  denn  in  jenen  jähren  lolcb  eine  fried- 
liehe zeit  eingetreten  lei,  dass  man  hoffen  darfte,  sie  werde  danemd 
sein,  fo  antworten  wir:  nach  dem  frieden  von  Ifiienam  715,  and  da  wird 
diese  ecloge  geschrieben  sein,    man  Tgl.  den  jnbel  Cass.  Dion  XL VIII  87. 


330  WHKolBter:  des  Vergiliua  sechste  ecloge. 

gut  curavU^  ne  ager,  qui  VirgUio  restüiUiM  ft*erat^  a  veterams  ^oeit- 
paretur  (Voss  eol.  s.  291 — 293).  was  später  Verg.  dieaen  verhili- 
nissen  in  Mantua  entzogen  hat,  in  denen  er  damab  offenbar  tu 
bleiben  beabsichtigte,  wissen  wir  nicht;  aber  ein  jähr  darauf 
finden  wir  ihn  in  Born,  Neapel,  Tarent;  in  Mantua  nioht  mehr,  wir 
können  leicht  vermuten,  dasz  es  Maeoenas  war,  der  ihn  jedeafialls 
vor  717  (37  vor  Ch.)  für  den  diohterkreis  gewann,  dundi  den  er 
seine  musze  erheiterte  und  die  äugen  des  gebildeten  Born  Ton  der 
lust  an  aufregenden  skandalprocessen  auf  eine  harmloaeire  besohftf- 
tigung  hinüberlenkte,  einen  kreis  dessen  glieder  durch  poetische 
leistungen  zahlten  für  das  was  sie  an  irdischen  gutem  empfiengen* 
unter  den  obwaltenden  Verhältnissen  durfte  Varus  schon  hoffen^  daw 
das  gedieht  auf  ihn  und  seine  thaten  —  quae  Varo  canebai  —  bald 
weitere  fortschritte  machen  werde ;  aber  der  dichter  hatte  im  hinbUek 
auf  seine  sich  ordnenden  bürgerlichen  Verhältnisse  und  auf  die 
Schwierigkeit  des  Stoffes,  wo  er  dinge  behandeln  muste,  die  er  nioht 
mit  äugen  gesehen,  diesen  gedanken  aufgegeben.^  wir  haben  also 
kein  recht  die  werte,  wie  man  einst  wollte,  von  einem  ersten  verßuch 
der  Aeneis  zu  deuten,  wichtig  ist  der  ausdruok  deduc^un^  Quiatüian 
VIII  2 ,  9  hat  ihn  einen  sehr  bezeichnenden  genannt  (^^  n(hü  m* 
vmiri  possü  significantius)  y  ihn  verglichen  mit  dem  ausdmck  aotr 
vom  flötenlaut,  dirus  von  Hannibal ;  gleich wol  hat  er  von  alter  zeit 
den  auslegem  mühe  gemacht,  schon  Macrobius  Sat.  VI  4  auoht  ihn 
zu  erklären  durch  hinweisung  auf  die  vax  deducfa^  den  gedämpften 
ton,  die  leise,  lispelnde  frauenstimme,  aber  dasz  er  ihn  klar  gemacht, 
kann  man  nicht  sagen,  ganz  fem  zu  halten  sind  von  der  erkUruBjg 
die  Horazischen  tenui  deduda  poemata  ßo  {epist.  II  1,225):  da  liegt 
ein  ganz  anderes  bild  zu  gründe,  man  musz  bei  diesem  werte  unter* 
scheiden,  ob  deduäus  allein  steht  oder  ein  a,  (2e  oder  einen  ablativ 
neben  sich  hat ;  d  i  e  weisen  auf  die  quelle  hin,  von  welcher  die  sache 
entlehnt  ist:  Ov.  fast.  VI  803  Marita  aacrificOy  deductum  nomm  ak 
Anco.  Hör.  carm.  IV  A,  19  mos  unde  dedüdus  . .  Anuuama  Mcwn 
dextras  ohartnet.  Ov.  her.  17,  88  UHera  deduäu  utero,  ab^  das 
significante  tritt  auch  da  zu  tage ,  wo  das  wort  allein  steht;  nur  ist 
dann  nicht  von  einer  herleitung  die  rede  sondern  vom  abstand: 
dann  bezeichnet  es  das  was  unter  dem  gewöhnlichen  mass  bleibt,  BO 
bei  der  voxi  es  ist  die  tenuis  et  tinmda  (Macrobius)  oratio  (Qnintilian 
IV  1,  60  oratio  deduäa  atque  circumlatay  der  Hn^ole»  algue 
elahorata  entgegengesetzt),  richtig  erklärt  also  Nonios  s.  289  dO" 
ductum  Carmen  durch  mcUe  et  euave:  es  ist  die  zarte,  befldi«d«ne 
dichtung  im  gegensatz  gegen  das  hoohfliegende  epos. 

Will  nun  Sehaper  die  meinung  aufrecht  erbalten,  die  er  jakrb. 
1864  s.  652  auf  den  Schreibfehler  des  Servius  Äetiaci  beUi  «Mi 
Perusini  (zu  ec2.9,ll)  gegründet  hat  {benevcHentiam  guidem  Amguäi 

^  FUch  geht  za  weit,  wenn  er  ao.  •.  W^  in  dem  velUre  w^rem  nichts 
all  eine  form  der  ablehnong  sehen  will,  die  p«raUeUa  mit  Horalins 
and  Anakreon  treffen  nicht. 


WHKolster:  des  Vergilius  sechite  eeloge.  331 

e^am  fama  vuigavü^  sed  eam  bdU  AcHaei  neeesiüas  impedivU)^  daaz 
die  sechste  eeloge  nach  dem  kriege  bei  Actium  geschrieben  sei,  so 
wird  er  erweisen  müssen,  um  vieler  andern  dinge  nicht  zu  gedenken, 
dasz  nach  der  schlacht  bei  Actium  Verg.  noch  ein  simpler  herden- 
besitxer,  fem  vom  verkehr  mit  den  rOmischen  groszen,  dasz  ihm 
durch  die  stufe  seiner  geistesentwicklung  ein  Carmen  deduotum  ge- 
boten gewesen  sei,  dasz  an  die  Oeorgica  noch  nicht  gedacht  worden, 
geschweige  denn  an  die  Aeneis,  dasz  —  doch  wozu  die  Widerspruche 
und  Schwierigkeiten  aufzählen,  in  welche  diese  hypotheee  verwickelt? 

Aber  Flach  nimt  anstosz  an  v.  6  f.  namque  super  tibi  erunt^ 
qui  dicere  laudes,  Vare,  tuas  cupiant  et  tristia  condere  beUaj  die  ihm 
keine  bestimmte  deutung  zuzulassen  scheinen,  ich  weisz  nicht  was 
mich  blendet ,  dasz  ich  nicht  finden  kann ,  wofür  hier  eine  deutung 
oder  erklftrung  zu  wünschen  wftre.  dasz  Varus  eine  stimme  gesucht 
habe ,  quae  laudes  suas  diceret^  dasz  diese  laudes  tristia  beUa  oder  doch 
im  Zusammenhang  mit  solchen  waren,  dasz  er  diese  stimme  in  Verg« 
glaubte  gefunden  zu  haben :  das  alles  liegt  ja  am  tage  und  ist  auch  von 
Flach  anerkannt.*  dasz  Verg.  ablehnt,  sehen  wir.  zu  fragen,  welche 
thaten  es  waren,  ob  vor  den  bürgerkriegen  oder  in  den  kämpfen  der 
letzten  jähre  vollbrachte,  heiszt  doch  mehr  auskunft  fordern  als  nötig 
und  billig  ist  das  kann  Flachs  meinung  nicht  sein;  an  stoff  kann  es 
Dicht  gefehlt  haben :  sonst  würde  Verg.  nicht  ftuszem,  dasz  sich  leute 
genug  dazu  drängen  würden,  ist  es  der  ausdruck  ewper  tUn  eruni, 
in  dem  er  sich  stöszt?  freilich  in  der  prosa  würde  es  heiszen  scäis 
s^tperque  tibi  erunt ;  aber  so  stehend  ist  diese  formel  doch  wol  nicht, 
dasz  das  satis  nicht  fehlen  und  durch  super  erunt  hätte  ersetzt  werden 
können,  zumal  von  einem  dichter,  es  wird  mir  erlaubt  sein  darin 
blosz  eine  form  nachdrücklichster  ablebnung  zu  sehen  und  der 
meinung  entgegenzutreten,  dasz  Verg.  von  herlichen  kriegsthaten 
des  Varus  sprechen  müsse,  es  ist  möglich,  dasz  sich  Varus  im  kriege 
ausgezeichnet  hatte,  selbst  wahrscheinlich;  aber  aus  Verg.  werten 
geht  nicht  hervor ,  in  welchem  Verhältnis  seine  laudes  zu  den  tristia 
heüa  standen,  ob  sie  einen  teil  derselben  bildeten,  oder  ob  seine 
Verdienste  infolge  der  tristia  heUa  erworben  waren,  es  geben  uns 
also  diese  einleitenden  worte,  welche  Verg.  seiner  eeloge  beigegeben 
hat,  kurze  aber  in  mancher  beziehung  nicht  unerwünschte  winke 
über  den  dichter  und  seine  zeit,  nehmen  wir  dankbar  entgegen,  was 
er  gibt. 

Aber  wir  sind  noch  nicht  am  ende  mit  den  andeutungen,  welche 
uns  diese  12  verse  über  die  Verhältnisse  des  Verg.  geben,  er  fährt 
fort:  non  iniussa  cano,  wir  fragen  natürlich:  wer  hat  ihn  denn 
geheiszen  dies  zu  singen?  Servius  antwortet:  vel  ab  ApoUine 
vd  ab  Augusto  [yd  a  Maecenate] ,  und  sämtliche  ausleger  haben  es 
gelten  lassen,    ich  stehe  ein  wenig  verlegen  vor  diesem  ausspruch ; 

*  dafz  Varus  yod  seiDeni  freuDde  Vergilias  eine  auafUhrlichere  sohllde- 
mni^  seiner  thaten  erwartet  und  Verg.  ihm  daffir  mit  einer  entfchaldigung 
dieses  bukolische  gedieht  geschickt  hatte  —  mehr  erkenne  ich  nicht. 


332  WHKolster:  des  Vergilius  secbste  edoge. 

nicht  als  ob  ich  zweifelte,  fdr  wen  von  den  dreien  ich  mich  entscheiden 
soll ,  sondern  weil  ich  anfange  meinem  urteil  zu  mistranen «  das  mir 
jenen  antworten  gegenüber  nur  eine  einzige  ganz  andere  als  möglich 
erscheinen  läszt:  ate^  Vare,  iussus:  *du  hast  mir  das  thema  vor- 
geschlagen.' vgl.  ^.  8,  11  accipe  iiissis  oo^pta  tms,  gewrg.  TEL  41 
interea  dryadum  süvas  säUtisque  seqtuimur  iniadcs^  tua^  Maeeenas^ 
haud  mollia  iussa.  was  konnte  es  dem  Varus  verschlagen,  dasz  dem 
Verg.  von  Augustus  oder  Maecenas  das  thema  empfohlen  war?  aber 
ganz  anders  liegt  die  sache ,  wenn  Varus  selbst  der  iubms  ist,  und 
der  dichter  sagt  dann:  indem  ich  mich  deinem  ersten  wünsch  ent- 
ziehe, führe  ich  einen  andern  gedanken  von  dir  aus.  und  dieser 
gedanke  wird  durch  die  nttchsten  werte  bestfttigt ,  denn  'Verg.  will 
die  gewähr  ftlr  den  gedanken  nicht  übernehmen  und  ffthrt  fort:  5t- 
quis  tarnen  haec  qucque^  siguis  captus  amore  leget,  haee  quogu^%  dies, 
eben  so  wie  das  was  ich  Syracosio  versu  geschrieben  habe,  doppeltes 
siquis  leget ,  also  stark  betonter  zweifei ,  ob  diese  dichtung  ihre  leaer 
finden  werde;  aber  Verg.  Schriften  haben  sie  schon  gefunden,  es  gibt 
leute  qui  capti  amore  Ugent.  aber  was  soll  das  tarnen?  wo  ist  das 
guamqtiam  dtizu?  qiMmquam  non  sunt  Syracosio  versu  scripta?  neixu 
quamquam  timeo  ne  sint  quibus  haec  minus  placeant?  wenn  es  auch 
manchem  weniger  zusagen  sollte,  so  wird  jeder  darin,  dasz  ich  im 
besitze  des  meinigen  bin,  dasz  ich  wieder  dem  dienst  der  Musen 
leben  kann,  dasz  Mantuas  Waldungen  gesichert  in  frieden  da  liegen, 
dein  hohes  lob,  Varus ,  lesen ,  und  eindruck  und  höhere  anmut  wird 
einem  solchen  liede  nicht  fehlen,  ich  sehe  nicht  dasz  hier  etwas 
unklar  ist.  Schapers  anstosz  an  pagina  fasse  ich  so  wenig  wie 
Bibbeck  und  Flach. 

So  geht  denn  Verg.  mit  einem  pergiie  Pierides  zu  seiner  eigene 
liehen  dichtung  über,  die  noch  eine  besondere  einleitnng  y.  13 — 30 
hat,  durch  die  sie  dem  Silenus  in  den  mund  gelegt  wird.  Flach 
findet  diese  partie  unnötig  und  poetisch  schwftchlich,  und  von  seinem 
gesichtspunct  aus  musz  man  das  begreiflich  finden:  die  allgewalt 
der  liebe  über  die  herzen  ist  ein  gegenständ  von  so  allgemeinen 
interesse,  dasz  es  überfiüssig  ist  sie  erst  durch  besondere  einleitmigen 
an  den  leser  heranzubringen,  betrachten  wir  aber  das  ganze  als  eine 
metamorphosendichtung,  so  liegt  die  sache  anders,  das  ist  ein  thema, 
welches  der  empfehlung  durch  die  form  bedarf,  damit  sich  der  leaer 
nicht  von  vom  herein  ablehnend  dagegen  verhalte,  auszerdem  aber 
hat  die  Verwandlung  eines  menschen  in  thier,  pflanze  oder  stein  etwas 
finsteres  und  tragisches,  sollen  aber  die  erzfthlten  verwandlnngea 
vollends  eigentlich  nur  die  Vorstufe  für  die  Verwandlung  des  Qallas 
und  die  Verkündigung  seiner  erhebung  zu  einem  dichter  von  höherer 
gattung  sein  (durch  seine  Übersetzung  des  Euphorien),  so  hat  der 
dichter  in  jeder  weise  diesem  Charakter  des  finstem,  unheildrobendea 
entgegenzuwirken,  und  das  kann  er  nicht  leichter  und  besser  als 
indem  er  die  erzählung  einer  komischen  figur  —  und  das  ist  doch 
der  so  eben  ernüchterte  Silenus  —  in  den  mund  legt,  zugleich  aber 


WHKolster:  des  Vergilias  sechste  ecloge.  333 

gewinnt  die  dichtung  im  munde  eines  ländlichen  gottes,  eines  gottes 
dee  Waldes,  der  sie  vor  andern  genien  des  waldes  vorträgt,  den  Charak- 
ter des  märchenhaften,  von  Wandlungen  wie  sie  sich  der  wald  erzählt, 
und  nähert  sich  so  dem  hirtengeplauder,  dh.  dem  Inhalt  der  eigent- 
lich bukolischen  dichtungen,  des  Verg.  bisherigem  gebiet,  wenn  also 
der  dichter  bedenken  trug  mit  dieser  dichtung  ein  neues  feld  zu 
betreten ,  wenn  er  das  vorliegende  gern  als  eine  nur  etwas  in  ton 
und  Inhalt  abweichende  bukolische  dichtung  hinzustellen  wünschte, 
80  hatte  er  dazu  kein  so  übles  mittel  gewählt,  dazu  kommt  noch 
eins,  was  ich  zunächst  freilich  nur  vermute,  dasz  Verg.  in  seinem 
griechischen  original  bereits  die  metamorphosendichtung  dem  Silenos 
in  den  mund  gelegt  vorfand,  ähnliches  finden  wir  ja  bei  Theokritos 
in  der  dritten,  sechsten,  fun£sehnten  idjlle.  wenn  aber  Flach  diese 
einleitnng  daneben ,  dasz  er  sie  unnötig  findet ,  auch  noch  schwäch- 
lieh nennt ,  so  bin  ich  allerdings  nicht  seiner  meinung ,  fdhle  mich 
aber  nicht  berufen  ihm  auf  dies  feld  der  ästhetischen  Würdigung  der 
ecloge  zu  folgen,  am  allerwenigsten  als  ihr  kämpe  für  sie  einzutreten. 
Bis  dahin  haben  wir  es  nur  als  Vermutung  ausgesprochen,  dasz 
Verg.  bei  unserer  ecloge  einem  griechischen  original  gefolgt  sei; 
jetzt  stoszen  wir ,  glaube  ich ,  auf  eine  bestimmte  spur.  OBibbeok 
hat  in  diesen  jahrb.  1857  s.  65—79  ausgesprochen  und  durch- 
geführt ,  dasz  der  gröste  teil  unserer  ecloge  strophisch  sei :  nur  der 
erste ,  die  persönlichen  Verhältnisse  des  dichters  berührende  teil  ist 
aasgeschlossen,  warum?  will  man  Bibbeck  zugestehen  dasz  stro- 
phische gliederung  das  gesetz  der  Vergilischen  idjUendichtung  eben 
80  wie  seiner  griechischen  Vorgänger  ist,  so  wird  für  den  letzten 
teil  die  thatsache  anzuerkennen  sein,  dasz  ein  griechisches  original 
zu  gründe  liegt;  aber  nun  kommt  um  so  viel  nachdrücklicher  die 
zweite  frage:  warum  sind  v.  1  — 12  ausgeschlossen?  bis  darauf 
eine  genügende  antwort  wird  gegeben  sein,  werde  ich  glauben  die 
antwort  gefunden  zu  haben:  weil  diesen  versen  kein  griechisches 
original  zu  gründe  lag.  Schaper  und  Flach  schweigen  über  Bibbecks 
entdeckung,  das  heiszt  doch  wol  sie  mistrauen  ihr;  aber  die  unwider- 
leglichen spuren  sind  doch  zu  zahlreich,  als  dasz  man  sie  einem 
bloszen  zufall  zuschreiben  könnte.  Ribbeck  hat  aber  seiner  sache 
vielleicht  selbst  geschadet,  weil  er  sie  zu  sehr  vom  standpunct  der 
theorie  bebandelt  und  da,  wo  eine  Überlieferung  aus  dem  alter- 
tum  fehlt,  wo  also  nur  die  sorgfältigste  beobachtung  des  einzelnen 
eine  sichere  basis  gewähren  kann ,  mancherlei  übersehen  hat ,  was 
seine  entdeckung  modificiert,  wodurch  er  leider  dem  leser  veran- 
lassung zum  zweifei  an  der  richtigkeit  der  ganzen  lehre  gibt;  auch 
dadurch  vicllüicbt,  dasz  er  jenen  grundlegenden  aufsatz  nicht  ganz 
oder  im  auszug  in  seine  prolegomena  aufgenommen,  sondern  sich 
begnügt  hat  ihn  hie  und  da  einmal  im  kritischen  commentar  (zb.  5, 1) 
zu  citieren  und  im  übrigen  in  seiner  ausgäbe  den  leser  mit  einigen 
ahc  abzufertigen ,  welcher  natürlich  viel  mehr  für  etwaige  willkür- 
licbkeiten  als  für  das  gesetz  ein  äuge  hat.   sei  es  denn  erlaubt  hier 


334  WHEohter:  des  Yergilins  sechste  ecloge. 

den  stand  der  sache  übersichtlich  darzulegen  nnd  damit  nnserer 
Untersuchung  die  frucht  seiner  entdeokung  zu  sichern. 

Er  lehnt  sich  mit  derselben  anOHermanns  abhandlung  'de  arte 
Graecorum  bucolica'  an  (opusc  VUIs.  329 — 342),  welche  strophische 
gliederung  ftlr  alle  gattungen  der  griechischen  bukolischen  poetie 
erweist.  Hermann  ^üpfb  damit  an  an  die  unglaublich  grosse  zahl 
von  yersen  dieser  gedichte,  die  mit  einer  grOszem  interpunction 
schlieszen  und  so  zu  der  annähme  einer  zerfftUung  in  kleinere  kola 
fast  hindrängen,  und  diese  ergeben  sich  dann  so  vielfach  als  durch 
bestimmte  Zahlenverhältnisse  bedingt  (zwei-  drei-  vier-  fttnÜEeilige 
Strophen  in  manigfaltigem  Wechsel) ,  dasz  man  an  der  gesetzmfleiig* 
keit  gar  nicht  zweifeln  kann,  das  macht  die  sache  sehr  wichtig  tOx 
die  kritik,  wo  einmal  die  gesetzmäszigkeit  gestört  ist,  und  nach 
dieser  seite  hat  sie  Hermann  sofort  geltend  gemacht  und  ausgebentet. 
aber  sie  ist  nicht  minder  wichtig  für  die  interpretation :  denn  es  ist 
einleuchtend,  dasz  dadurch  das  mittel  geboten  ist  den  gedanken  des 
dichters  in  seiner  gliederung  zu  erkennen,  die  teile  einander  gegen- 
über zu  stellen  und  so  für  Verständnis  und  beurteilung  des  einzelnen 
die  erwünschtesten  anhaltspuncte  zu  gewinnen,  denn  es  liegt  am 
tage ,  dasz  auf  den  anfang  wie  auf  das  ende  der  Strophen  ein  viel 
gröszerer  nachdruck  fällt  als  auf  die  mitte ,  und  dasz  dadurch  aller- 
lei rhetorische  formen,  asjndeton,  anaphora  uam.  sich  erkliren. 
gewis  hängt  mit  der  strophischen  gliederung  zunächst  der  vertrag 
der  dichtungen  zusammen,  aber  wenn  auch  der  für  uns  verloren  ist, 
so  ergibt  sich  doch  von  selbst  dasz  die  strophische  gliedenuig  fiber- 
all, wo  sie  vorhanden  ist,  einfluaz  auf  den  gedankeninhalt  übt,  und 
das  ist  eine  seite  die  jeder  freund  des  altertums  sorgfältig  zu  beachten 
hat.  dasz  das  strophische  der  form  von  den  römischen  bnkoltkam 
aus  ihren  griechischen  mustern  herübergenommen  ist,  läszt  sich  gar 
nicht  bezweifeln,  und  erweist  sich  aus  der  gleichen  wahmehmung 
kurzer  am  schlusz  des  hexameters  schlieszender  perioden. 

Wenn  ich  also  im  allgemeinen  mit  Ribbecks  prindp  einver- 
standen bin ,  so  kann  ich  es  doch  im  einzelnen  nicht  sein.  Hermann 
ist  ersichtlich ,  ohne  dasz  er  es  direct  ausgesprochen  hat ,  durch  die 
gedachten  kurzen  perioden  der  bukolischen  dichter  mit  ihrem  ende 
am  versschlusz  auf  den  gedanken  der  Strophen  geführt;  Bibbeokaber 
läszt  Strophen  auch  da  enden,  wo  kein  interpunctionszeiehen  am  ende 
des  Verses  steht  und  stehen  kann ,  zb.  v.  58  und  68  unserer  edoge, 
und  nimt  an  dasz  eine  Strophe  mit  einem  werte  in  eine  vorhergehende 
oder  nachfolgende  hinübergreifen  könne,  auch  untersucht  er  nioht| 
ob  die  einzelnen  Strophen  in  der  weise  der  äolischen  zu  8,  4  oder 
mehreren  auf  einander  folgen ,  oder  vielmehr  wie  die  dorischen  tioli 
als  Strophe  und  antistrophe  gegenüberstehen  und  nur  vielleicht  noch 
eine  epodus  nach  sich  haben,  darüber  kann  natürlich  nur  der  Inhalt 
entscheiden,  und  das  ist,  meine  ich,  die  tiefe  bedeutung  vonBibbecks 
entdeokung,  aber  es  führt  im  einzelnen  zu  wesentlich  von  seiner 
aufBteUung  abweichenden  resultaten. 


WHKolster:  des  VergiliaB  sechate  ecloge.  335 

Unterwerfen  wir  daher  die  resultaie  von  Bibbecks  disposition 
unserer  ecloge  einer  prttfnng.  werfen  wir  EnnSchst  die  frage  auf: 
ist  die  teilong  antistropbisch  oder  mebrstrophig?  Bibbeck  scheint 
sich  für  das  letztere  entschieden  zu  haben :  denn  aaf  2  Strophen  a 
folgen  4  Strophen  h  und  3  Strophen  c,  aber  alle  übrigen  sind  za  2 
nnd  2  gruppiert,  nur  g  nnd  h  sind  ohne  responsion  geblieben,  das 
ist  für  k  als  schloszstrophe  nicht  aufßlllig,  desto  mehr  für  g^  die  sich 
ihrem  Inhalt  nach  fQr  eine  mesodas  gar  nicht  eignet«  aber  die  4 
zweizeiligen  Strophen  b  können  ebensowol  ftlr  2  vierzeilige  gelten, 
nnd  es  schlieezt  doch  eigentlich  erst  mit  der  zweiten  der  gedanke, 
da  der  zweite  imperatir  cognascUe  die  fortsetzong  nnd  folge  des 
ersten  ist,  and  ebenso  genau  gehören  die  beiden  letzten,  27 — 30, 
zusammen.  Yon  den  drei  Strophen  c  enthalten  die  beiden  ersten  die 
gestaltung  der  anorganischen  weit,  warum  die  dritte,  welche  in  der 
mitte  durch  ein  punctum  geschieden  ist  und  neben  der  schöpfimg  Ton 
wald  und  wild  die  des  menschen  umfaszt,  zu  denselben  gehören  mttsse, 
ist  nicht  abzusehen,  ist  sie  nicht  zu  teilen,  so  bietet  sich  ihr  in  den 
beiden  Strophen  d,  der  Schöpfung  Ton  heroe  und  heroine,  Hylas 
und  Pasipha^,  eine  gar  passende  gegenstrophe.  yon  hier  an  gruppiert 
Ribbeck  zu  paaren,  aber  es  hftnft  sich  Schwierigkeit  auf  Schwierig- 
keit: am  Schlüsse  der  zweiten  Strophe  e  v.  56  ist  gar  kein  absohlusz 
des  gedankens  und  weder  hier  noch  am  ende  der  ersten  Strophe  f 
eine  gpröszere  interpunction  möglich,  was  ist  denn  eine  Strophe,  wenn 
nicht  ein  selbstftndiger  teil?  g  bleibt  ohne  gegenstrophe,  und  v.  68 
am  Schlüsse  der  ersten  strophe  h  ist  wieder  jede  interpunction  un- 
möglich, aber  wenn  wir  auch  Bibbecks  einteilung  nicht  beistimmen 
können,  sein  princip  bleibt  darum  doch  richtig,  ich  stelle  an  die 
linke  seite  des  teztes  die  einteilung  Bibbecks,  an  die  rechte  eine 
andere ,  welche  die  bezeichneten  klippen  Termeidet. 

a  Pergite,  Pierides.  Chromis  et  Mnasyüas  in  aniro  a 

SiUnum  pueri  samno  videre  iacefUem^ 

inflatum  hesterno  venas^  ut  semper,  laccho;  15 

seria procul^  tantum  capüi  ddapsa^  iacebant^ 

et  gravis  attrita  pendebat  camthams  ansa. 
a  adgressi  {nam  saepe  senex  spe  carminis  ambo  a' 

luserat)  iniciunt  ipsis  ex  vmcula  sertis. 

addit  se  sociam  timidisque  supervenU  Äegle^  20 

Äegle ,  naiadum  pulcherrima ,  iamque  videnti 

sangMineis  frantem  fnaris  et  tempora  pingU. 
b  HU  dolum  ridens  ^quo  vinada  nectUis?*  mquU.  b 

^sclvite  me ,  pueri :  saiis  est  potuisse  videri, 
b  carmina  quae  voltis  cognosdU;  carrmna  vobis,  26 

huic  aliud  mercedis  erit.*  simtd  indpU  ipse, 
b  tum  vero  in  numerum  faunasque  ferasque  videres  V 

ludere,  tum  rigidas  motare  cacumma  quercus; 
b  nee  tanium  Phoebo  gaudet  Pamasia  rupes, 

nee  tantum  Rhodope  miratur  et  Ismarus  Orpkea.  30 


336  WHKolster:  des  Vergilias  sechste  ecloge. 

c  namque  canebat,  uti  magnum  per  inane  coaäa  c 

semina  terrarumgue  anmaegue  marisque  fuissefU 

et  liquidi  simül  ignis;  ut  his  exaräia  primis 

amnia  et  ipse  tener  mundi  concreverit  orbia. 
c  tum  durare  sdum  et  disdudere  Nerea  ponto  c'     85 

coeperUy  et  rerum  patUatim  sumere  formas; 

iamgue  novom  terrae  stupeant  lucescere  sdem^ 

äüius  atque  cadant  summotis  nübibus  mores; 
c  incipiant  süvae  cum  primum  surgere,  cumque  d 

rara  per  ignaros  errent  animätia  mantis.  40 

hinc  lapides  Pyrrhcie  iados,  Satumia  regna, 

Caucaseasgue  refert  votucres  furtumque  PromeiheL 
d  his  adiungU,  Hylan  nautae  quo  fönte  reUdum  i' 

clamassefUy  ut  lUus  ^Hyla  ByW  omne  sonaret; 
d  et  fortunatam,  si  numquam  armenta  fuissent,  i5 

Pasipha^  nivei  soiatur  amore  iuvenci, 
e  a  virgo  infelix,  quae  te  dementia  c^f  e 

JProäides  inpierunt  fatsis  miugitibus  agros^ 

at  non  tarn  turpis  pecudum  tarnen  uUa  secuta 

concubitus,  guamvis  coUo  timuisset  aratrum^  60 

et  saepe  in  levi  guaesissent  comua  fronte. 
e  a  virgo  infelix,  tu  nunc  in  montibus  erras:  f 

iUe  latus  niveum  moUi  futtus  hyacintho 

üice  sub  nigra  paUentis  ruminat  herbaSy 

aut  dtiguam  in  magno  seguüur  grege,  ^daudüe  nyn^^hae.         66 

Dictaeae  nymphae,  nemorum  iam  daudite  saltus^  e 

f  sigua  forte  ferant  ocuUs  sese  cbvia  nostris 

errabunda  bovis  vestigia;  forsitan  iUum 
f  aut  herba  captum  viridi  atU  armenta  secutum 

perducant  dUguae  stabuta  ad  Gortynia  vacoae*  60 

g  tum  canit  Hesperidum  miratam  mala  pueüam  { 

tum  Phaethontiadas  m%isco  circumdat  amarae 

coriicis,  atgue  solo  proceras  erigit  älnos. 
b  tum  canit,  errantem  Permessi  ad  flumina  GaiUum 

Äonas  in  montis  ut  duxerit  una  sororum, 

utque  viro  Phoebi  chorus  adsurrexerit  ornnis; 

ut  Linus  haec  HU  divino  carmine  pastor 

floribus  atque  apio  crinis  ornatus  amaro 
h  dixerit:  ^hos  tibi  dant  caUamos,  en  acäpe,  Musae^ 

Ascraeo  quos  ante  seni,  guibus  iUe  solebat 

cantando  rigidas  deducere  montibus  omos. 

his  tibi  Grynei  nemoris  dicatur  origo^ 

nequis  sit  lucuSy  quo  se  plus  iactet  ApoUo.* 
i    quid  loquar  aui  ScyUam  Nisi,  quam  fama  secutast 

Candida  suecindam  latrantibus  ifiguina  monstris  76 

Dulichias  vexasse  rates  d  gurgiie  in  alto 


8 

66 

8' 

. 

h 

70 

h' 

• 

1 

WHKolater:  des  Vergiliua  sechste  ecloge.  337 


1 


a!  timidos  nautas  canibus  lacerasse  marinis: 
i    aut  ut  mutatos  Terei  narraverü  artus, 

qtias  iüi  Phüomela  dapes^  quae  dona  pararU, 

quo  cursu  deserta  petiverU^  et  quibus  alte  80 

infdix  sua  teda  super  volüaverü  alis? 
k  omnitty  quae  Phoebo  quondam  medüante  heatus  k 

audüt  Eurotas  iussitque  ediscere  lauros^ 

iüe  canü  {pulsae  referunt  ad  sidera  vaUes) 

cogere  donec  oves  stabulis  numerumque  referri  85 

iussü  et  invito  processit  Vesper  Olfmpo, 

Ich  möchte  diese  abweichangen  nicht  ab  entgegengesetzte  mei- 
nung,  sondern  nur  als  eine  kleine  nachbesserong  und  aueglttttong 
Ton  Schwierigkeiten  hingestellt  haben,  das  verdienst  ist  die  ent- 
deckung^  die  glättung  im  einzelnen  findet  sich  schon.  Schwierigkeit 
liegt  eigentlich  nur  an  zwei  stellen  vor:  erstlich  ▼.47,  wo  der  dichter 
seine  metamorphosendichtung  verläszt,  um  in  eine  fünfzeilige  klage 
über  das  Unglück  der  Pasipha6  auszubrechen.  Bibbeck  sucht  die 
antistrophe  zu  derselben  sofort  nach  derselben  v.  52  —  56;  aber 
mit  dem  siqua  fortt  ferant  v.  57  kann  ja  keine  strophe  beginnen; 
die  antistrophe  wird  vielmehr  gebildet  durch  das  flehen  der  Pasipha^ 
▼.  56 — 60.  Ribbeck  läszt  die  worte  derselben  bereits  in  der  mitte 
von  V.  55  mit  daudite  nymphae  beginnen,  aber  dann  hat  erstens  die 
Strophe,  welche  die  läge  beider  teile  schildert ,  keinen  abschlusz; 
zweitens  läszt  sich  nicht  absehen ,  was  tarn  neben  dem  zweiten  dau- 
diie  heiszen  soll ,  sobald  es  von  derselben  person  gesprochen  wird ; 
endlich  drittens  kann  die  rede  der  Pasipha^  doch  unmöglich  in  zwei 
Strophen  verteilt  werden,  es  sind  vielmehr  die  vier  verse  52 — 55 
eine  neue  strophe,  die  61 — 63  ihre  gegenstropho  hat,  von  Ribbeck 
g  genannt,  man  hat  in  diesen  letztem  versen  längst  anstosz  genom- 
men an  der  flüchtigen  erwähnung  der  Atalante.  es  genügt  auf  Flachs 
Suszerung  darüber  hinzuweisen  s.  637 :  'es  war  ungeschickt  nur  ihre 
bewunderung  der  Hesperidenäpfel  zu  erwähnen.'  ganz  recht,  es 
gehört  mehr  hierher:  es  fehlt  bei  ihr  allein  die  erwähnung  ihres 
bchicksals.  ist  es  da  ein  zufall,  dasz  das  gesetz  der  Strophenbildung 
zeigt  dasz  ein  vers  ausgefallen  ist?  61 — 63  «=  52 — 55.  ohne  frage 
hiesz  es  ursprünglich :  dann  singt  er  von  der  Jungfrau ,  die  von  den 
Hespcridenäp  fein  hingerissen  ward,  wie  sie  ein  hartes  geschick 
in  löwcngestalt  verwandelte,  oder  ähnlich. 

Die  zweite  Schwierigkeit  tritt  mit  den  10  versen  überGallus  an 
uns  heran:  bedarf  e&  vieler  worte  zur  Verteidigung  meiner  behauptung, 
daäz  e^  nicht  zwei  fünfzeilige  Strophen,  sondern  ein  dreizeiliges  und 
ein  zweizeiliges  strophenpaar  ist,  das  wir  vor  uns  haben?  ich  dächte, 
der  augonschein  spräche  fUr  sich :  denn  die  glieder  liegen  alle  ge- 
sondert vor. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  dem  was  wir  vor  allem  ins  äuge  faszten, 
der  erklärung  des  einzelnen,  das  allerdings  mancherlei  bedenken 
darbietet,  aber  des  dunkeln  doch  lange  nicht  so  viel  wie  man  ge« 

JiUirbüchir  für  cU«$.  philol.  1880  hfU  5.  23 


338  WHEolster:  des  Yergilius  secliste  ecloge. 

wohnlich  annimt.  zunächst  die  fesselung  des  Silenns,  von  der  die 
ecloge  in  manchen  hss.  den  namen  Süenus  führt,  zwei  satjnjttng- 
linge,  die  den  Silenus  schlafend  finden,  kommen  von  einer  njmphe 
ermutigt  auf  den  einfall  ihn  zu  binden,  um  ihn  zu  einem  Ifingst  ver- 
sprochenen gesang  zu  nötigen,  nennt  sie  der  dichter  auch  nur  pueri^ 
so  zeigt  die  Verbindung  mit  der  njmphe ,  dasz  es  saiym  sind,  auch 
Preller  gr.  mjth.  I  s.  452  nennt  die  satjrn  die  derberen  elementar- 
geister  und  stellt  sie  unmittelbar  zu  den  nymphen.  Nemesianus  in 
seiner  nachahmung  ecl.  3  (vgl.  Voss  zuYerg.  ecl.  s.  295)  substituiert 
ihnen  hirten  und  dem  Silenus  den  Pan.  Servius  erkennt  sie  als 
satjm  an.  von  Wichtigkeit  sind  die  beiden  sonst  unbekannten 
namen  (Chromios  bei  Pindar  Nem.  1),  indem  Wagner  quaest.  IV 
bemerkt,  dasz  personennamen  von  griechischer  form  bei  Verg.  zu 
den  grOsten  Seltenheiten  gehören  und  sich  ausser  unserm  verse  nur 
noch  zweimal  {Aen.  U  264  und  VH  595)  finden,  so  werden  diese 
namen  zum  beweise  für  die  obige  annähme,  dasz  der  dichtong,  ein- 
leitung  und  kern,  ein  griechisches  original  zu  gründe  liegt,  nicht 
minder  spricht  dafür  am  Schlüsse  die  berufung  auf  ein  griechisches 
cultuslied,  82 — 84  puiscie  referunt  ad  sidera  vciles,  und  bedeutungs- 
los sind  auch  nicht  die  verse  29.30.  über  den  kunstgriff  den  gesang 
mythischen  wesen  in  den  mund  zu  legen  liesze  sich  auch  auf 
Theokritos  11  (KukXu)1|i)  verweisen,  auch  Theokr.  6  (BuiKoXiacral) 
konnte  dem  dichter  darüber  einen  wink  geben,  der  dichter  gewinnt 
dadurch  die  möglichkeit  den  gegenständ  so  darzustellen,  wie  er  in 
der  Vorstellung  eines  kyklopen  erscheint,  in  gewisser  weise  lassen 
sich  ftuch  Theokrits  Adoniazusen  vergleichen,  wo  sich  in  gleicher 
weise  einem  gesungenen  cultusliede  ein  historischer  rahmen  bei- 
geseUt. 

Also  diese  verse  13 — 30  waren  integrierender  teil  des  dem  Verg. 
vorliegenden  liedes,  bildeten  vielleicht  auch  dort  zwei  strophen- 
paare:  I  a  die  entdeckung  des  schlafenden  Silenus,  h  ooalition  mit 
dem  neckischen  dement.  II  a  Silenus  einwilligung  zu  singen, 
h  sammeln  eines  zuhörerkreises. 

15  inflatum  venas  hestemo  laccho.  der  ablativ  ist  natOrlidi  nur 
mittelbar  instrumental  -»  mflatwm  venaa  sangume  laodio  hetiemo 
excUcUo.  die  adem  wie  immer  geschwollen  infolge  gestrigen  wein- 
genusses. 

16  procul  tantum:  verbunden  oder  getrennt?  das  ist  die  sehen 
seit  einem  Jahrhundert  ventilierte  frage,  trennung  ist  seit  Voss  die 
losung  geblieben.  Voss  faszte  iantum  temporal  «■  *so  eben',  wtodo. 
Heyne  wendet  dagegen  richtig  ein,  es  sei  fOr  die  sache  völlig  gleich- 
gültig, ob  der  kränz  vor  kurzer  oder  langer  zeit  abgefallen  sei;  es 
kommt  hinzu ,  dasz  die  bedeutung  von  tantum  und  modo  weit  ent- 
fernt ist  dieselbe  zu  sein:  das  erstere  'nicht  weniger*,  das  andere 
*nicht  mehr',  dasz  tantum  also  gar  nicht  heiszen  kamn  *80  eben  eref . 
die  bedeutung  von  procul  hat  Servius  richtig  angegeben :  serta  proeut\ 
modo  prope  jt.  e.  iuxta],  nam  [ideo]  ifUulU:  tantum  MpM  defaym: 


WHEolsier:  des  Yergilius  sechste  edoge.  339 

fd  astenderet  non  longius  pravolittam  caronam  [tä  est  (Aen.  X  836) 
procul  aerea  ramo  dependet].  es  verrathen  sich  in  diesen  werten  des 
ServiuB  drei  yerschiedene  hände,  von  welchen  die  eine  als  in  den 
Uteren  hss.  fehlend  in  []  eingeschlossen  steht,  aber  daaprootd  yor- 
trefflich  belegt  durch  das  beispiel  jenes  kriegers ,  der  am  nächsten 
banme  heim  und  rttstung  aufgehängt  hat.  die  älteste  hat  nur  zwei 
erklärende  worte ,  und  erklärt  offenbar  procuH  tantum  durch  prope 
modo^  während  die  jüngere  tantum  zu  ddapsa  zieht,  also  die  oben 
beregte  frage  existiert  schon  bei  Servius.  halten  wir  zunächst  fest 
an  der  letzten  erklärung:  was  heiszt  tantum  ddapsa'^  —  nihü  nisi 
ddo^ßsa'^  non  derepta?  non  deturhata?  wer  hätte  sie  denn  herunter- 
reiszen  sollen?  das  bat  im  Zusammenhang  gar  keinen  sinn,  aber  es 
igt  doch  keine  andere  möglichkeit.  wer  hat  jemals  procul  tantum 
verbunden?  —  vergessen  wir  nicht  dasz  wir  aus  dem  griechischen 
entlehntes;  vielleicht  übersetztes  vor  uns  haben :  dann  muste  es  dort 
etwa  heiszen :  Tf\\e  töcov  KpaTÖc  dTTOTiecövTa,  und  töcov  wäre  zur 
Steigerung  zu  rf^Xe  hinzugesetzt,  dasz  rf^Xe  einer  solchen  fähig  ist, 
zeigt  die  Verbindung  Tf^Xe  ^äXa  ü.  6  14  fj  ^tv  i\d)V  ^iipu)  ic  Tdp- 
TQpov  i^€pÖ€VTa,  Tf^Xe  ^dX^  fixi  pdOicrov  ötrd  xOovöc  den  ßdpeOpov. 
Hes.  theog.  1015  o1  brj  toi  fidXa  rf^Xe  fiux4)  vrjcuiv  kpduiv  .  . 
fivaccov.  das  zeigt  auch  der  comp.  TiiXörepov  und  der  sup.  Ti^Xicra 
Orph.  Argon.  179  AirfKCuc  6'  öc  T^iXtcra  Ö7rdrrr€€  n.  ebd.  1186;  ja 
bei  Dionjsios  perieg.  485  niXtcnjüV  'Ißt^puiV ,  als  ac^jectiv.  dasz  aber 
TÖCOV  als  steigernd  bei  adverbien  gebraucht  wurde,  zeigt  Od.  ö  371 
vrJTTtöc  €ic,  (Zi  EeTve,  Xir^v  töcov  i{bk  x<^i<ppwv ;  bist  du  denn  so  gar 
einfältig,  o  fremdling,  und  scblaffsinnig ?  o  405  ofi  Ti  TT€pmXTi8f)C 
Xinv  TÖCOV,  dXX'  dTOiOf)  ^^v,  zwar  nicht  so  gar  reich  gesegnet,  aber 
doch  gut.  verwandt  ist  II.  V  454  Vtittov  .  .  ÖC  tö  jitv  fiXXo  töcov 
qpoivii  fiv,  i\  bi.  ^€Ttü7n4J  XeuKÖv  cf^^'  4t^tukto.  auch  uns  ist  der 
steigernde  gebrauch  des  'so'  ja  gar  geläufig:  'wie  hab  ich  dich  doch 
80  lieb ! '  zu  gründe  liegt  wol  ursprünglich  eine  abgestumpfte  com- 
paratiou;  weshalb  sich  auch  Theokrits  1,  45  TvrrOöv  öccov  diruiOcv 
vergleichen  läszt.  wenden  wir  das  an  auf  unsere  stelle ,  so  wird  sie 
heiszen :  '  als  dem  haupte  entfallen  lag  der  kränz  so  fem '  (wie  er 
unter  solchen  umständen  nur  liegen  konnte),  ein  sinn  den  die  jüngere 
band  bei  Servius  als  eben  so  notwendig  wie  zulässig  erkannt  hat. 

n  pcndebat.  'manibtisnonemissamsignificat^  Servius.  Wagner 
weist  auf  die  vortreffliche  Zeichnung  des  alten  zechers  hin^  der  sorg- 
los den  kränz  fallen  Ifiszt,  aber  krampfhaft  mit  dem  finger  den  henkel 
des  krugs  festhält. 

18  adgressi  ganz  buchstäblich  'sie  traten  heran'  und  zwar  mit 
bangen ;  erst  die  nympbe  bringt  das  unternehmende,  lustige  dement 
hinzu  und  zugleich  das  harmlos  neckische,  indem  sie  ihm  mit  maul- 
beeren  stim  und  schlafe  anmalt  und  sich  selbst  dann  nicht  irre 
machen  läszt,  als  er  die  äugen  aufschlägt,  schwer  erworbene  gelehr- 
samkeit  hat  schon  vor  Servius  bei  diesem  anmalen  an  das  miniare 
des  Juppiter  Capitolinus  erinnert  und  eine  ehre  darin  sehen  woUen. 

28  • 


340  WHEolBter:  des  Vergilios  sechste  ecloge. 

ob  die  fesselung  wol  die  vorbereitong  zu  dieser  ehre  war?  nicbt 
ohne  scharfen  humor  läszt  der  dichter  aus  dem ,  was  ihn  schmücken 
sollte,  die  bände  zu  seiner  fesselung  entnehmen,  das  heiszt  doch  wol 
den  strick,  an  den  das  laub  des  kranzes  festgebunden  war.  dasz  dem 
dichter  der  Proteus  (Od.  b  349)  vorschwebte,  an  den  Forbiger  er- 
innert, ist  unzweifelhaft,  und  wenn  es  sich  auch  hier  nor  um  eine 
zu  überliefernde  dichtung,  nicht  um  eine  zu  erschliessende  suknnft 
handelt ,  so  ist  in  beziehung  auf  das  zurückhalten  des  Silenus  anch 
die  erinnerung  an  Lucan  Phars,  V  114  ff.  schon  am  platze:  nee  voce 
negata  Oirrhaeae  maerent  vates,  tempUque  fruuntur  iustUio:  nam  ei- 
qua  deus  suh  pedora  venu,  numinis  out  poena  est  tnors  mmatura 
recepH,  aut  präium ;  quippe  stmulo  fludugue  furoris  oompages  hwmama 
lahcA  puLsusque  deorum  conciUiunt  fragües  anmcis. 

Die  nun  folgenden  Strophen  h  (23 — 30)  lassen  rücksiohtlich  ihrer 
form  eine  doppelte  auffassung  zu :  entweder  sind  es  zwei  vieneilige 
Strophen  oder  zwei  zweizeilige  strophenpaare.  in  dem  einen  fidle 
stehen  sich  die  beiden  imperative  solvüe  und  cognoscUe  und  hernach 
videres  und  gandet  gegenüber;  im  andern  falle  die  beiden  imperative 
den  beiden  tempora  finita,  ich  könnte  mich  für  die  erste  annähme 
entscheiden,  wenn  sich  die  beiden  ersten  Strophen  als  fordenmg  und 
lohn  gegenüber  stünden ;  aber  die  forderung  gpreifl  in  v.  25  hinüber ; 
darum  bleibe  ich  bei  zwei  Strophen,  verheiszung  des  liedes  und  sam- 
lung  der  zuhörer. 

26 :  eine  neue  Schwierigkeit  tritt  uns  mit  dlMud  mereedis  erU  ent- 
gegen :  einfach  für  aUa  meroes  wftre  das  doch  sehr  anfallend,  un- 
erhört freilich  ist  der  ausdruck  nicht,  'dichter  und  spätere '  sagt 
Bamshom  lat.  gr.  §  105,  4  anm.  2^  ^gebrauchen  nach  griechisofaer 
sitte  auch  adjectiva  im  positiv  mit  dem  genitiv ,  wenn  sie  einen  teil 
einer  gattung  bezeichnen' :  Verg.  Aen.  IV  576  sequimur  te  ttmeie 
deorum.  Plinius  n.  Ä.V11148  nigrae  lanarum.  Hör.  serm,  113, 2  #er^ 
torum  quaeque  retexens,  8,  83  ridäur  ficUs  rerum.  2,  25  eomtpius 
vanis  rerum :  vgl.  Krüger  zdst.  und  dessen  gramm.  §  342  anm.,  der 
diesen  ausdruck  als  einen  besonders  bei  Tacitus  beliebten  bexeichnet. 
etwas  anders  stellt  sich  die  sache ,  wenn  wir  den  ausdruck  als  un- 
mittelbar aus  dem  griechischen  übertragen  auffassen:  dXXo  Ti  K^ 
öouc  ^crat,  das  würde  heiszen  poena  erit  praemii  hcOj  und  so  hat  ee 
Servius  aufgefaszt:  ngmphae  minatur  stuprum  latenter^  quod  vere- 
cunde  diocü  Vergüius.  freilich  etwas  anderes  ist  es,  ob  Vexg.  dann 
würde  genau  den  ausdruck  aufgefaszt  haben,  zu  übersehen  ist  aach 
nicht  das  ipse^  ein  echtes  auTÖc :  ^ohne  weitere  nötigung,  von  selber', 
vgl.  georg.  IV  386  omine  quo  firmans  animum  sie  indpü  ipso, 

27  in  numerum  ludere^  ?^^€Tpa  TiaiZetv:  vgl.  georg.  IV  176  im 
numerum  versantque  tenaci  forcipe  ferrum  mit  Schaper  zdst  Laor. 
n  630  Curetas  .  .  inter  $e  forte  quod  armis  ludunt  in  numerrnnque 
exsuUant, 

28  motare  cacumina :  Servius :  [montium  vd  arhorum]  quaei  hoe 
genue  saUationis  vult  esse  in  arhoribus  cacummum  motum.  ed.  6,  6 


WHKolster:  des  Vergilias  sechste  eeloge.  341 

tqpkifris  matantibus  umbras.  xiicbt  zu  übersehen  ist  der  gegensatz 
xwiachen  rigidas  guercus  und  motare. 

29 :  den  in  nmnerutn  ludenies  stellt  der  dichter  die  incredibüe 
prnnhan  gaudentes  gegenüber;  nee  tuntam  .  .  nee  tanttmi  ohne  ent- 
qnrechendes  qtuintum:  vgl  5,  82. 

30  IsmaruSy  sonst  uns  nur  als  stadtname  bekannt,  wird  auch 
fearg.  II  37  {iuviU  Ismara  Baccho  conserere)  von  Verg.  als  aahOhe 
gedacht. 

31 — 38:  mit  diesen  versen  beginnt  der  gesang  des  Silenus. 
daax  derselbe  ebenso  wie  das  vorhergehende,  welches  Servius  auf 
Tbeopomps  Thaumasia  zurückführt  (v.  27.  13),  einem  griechischen 
liede  entnommen  ist,  zeigt  der  schlusz  der  eeloge,  der  auf  eine  volks- 
dichtung  in  Sparta  zurückweist,  dasz  dieselbe  von  Verg.  sehr  frei 
behandelt  ist,  erhellt  aus  der  des  dichters  unmittelbarer  gegen  wart 
entnommenen  dichterkrOnung  des  Gallus,  in  der  wir  vielleicht  nicht 
mit  unrecht  das  eigentliche  ziel  des  dichters  suchen  und  die  ver- 
anlassung zu  der  klage  um  Pasipha6,  die  das  thema  des  gedichtes  in 
so  eclatanter  weise  unterbricht,  darf  ich  meine  Vermutung  aus- 
sprechen, so  soll  ihre  verirrung  hingestellt  werden  als  ein  seiten- 
stück  zu  der  der  Lycoris ,  die  ihren  geliebten  Oallus  verlassen  hatte 
und  mit  einem  andern  liebhaber  über  die  Alpen  gegangen  war.  ich 
vermute  dasz  beides,  klage  und  dichterkrftnze,  an  die  stelle  specifisch 
griechischer  bezieh ungen  im  originale  getreten  ist  und  uns  wol 
minder  auffallend  erscheinen  würde,  wenn  wir  das  ursprüngliche  an 
seine  stelle  setzen  könnten. 

Dasz  das  erste  strophenpaar  dieser  eigentlich  im  mittelpunct 
stehenden  dichtung  eine  metamorphose  enthält^  zeigt  Ovidius  met.  I 
5  ff.  das  ist  freilich  noch  kein  beweis ,  dasz  die  folgenden  50  verse 
auch  nichts  anderes  seien ;  es  gibt  aber  doch  ein  günstiges  verurteil 
dafür  ab.  wäre  die  liebe  der  inhalt  des  gedichtes,  somüste  das  hier 
ausgesprochen  sein ;  aber  hier  steht  kein  wort,  und  was  gibt  uns  ein 
recht  es  aus  Lucretius  I  21  hineinzutragen?  die  Strophe  bespricht 
die  samlung  der  atome  z  u  elementen ,  die  antistrophe  dann  die  ent- 
Wicklung  der  anorganischen  natur  aus  den  elementen.  wodurch  sie 
aber  zusammengeführt  worden  sind ,  ob  durch  Verwandtschaft ,  Zu- 
fall ,  gOtterwillen ,  ist  nicht  gesagt. 

31.  32:  es  wird  niemand  einfallen,  aber  auch  nicht  einfallen 
dürfen ,  coada  fuissent  zusammenzufassen  ■»  caacta  esseni ,  sondern 
fuissent  allein  ist  das  prftdicat  und  coada  samt  Zubehör  ist  subject : 
M\%  in  dem  endlosen  leeren  räum  gesammelte  keime  von  erden, 
luft,  meer  und  flüssigem  feuer  gewesen  wären,  existiert  hätten,  so 
wäre ,  dächte  ich ,  der  zwischen  Voss  und  Hejne  ventilierte  streit, 
ob  semina  die  atome  oder  die  demente  bedeute ,  durch  das  wort  des 
dichters  selber  entschieden,  setmna  ierramm  können  doch  nicht 
gleich  terrae  sein;  auch  sagt  ja  Verg.  v.  33,  es  seien  aus  diesen 
semina  die  exordia  amnia^  die  erste  gestaltung  der  dinge,  die  Ur- 
formen ,  nicht  res  ipsae  hervorgegangen,   der  plural  terrarum  aber 


342  WHKolster:  des  Vergilius  sechBte  ecloge. 

neben  anwnae  und  maris  erklärt  sich  leicht  als  die  verschiedenen 
formen  der  erdenstoffe  berücksichtigend,  süeXy  lapis  albus,  pinmex^ 
terra  soUita  usw.  was  hier  coaäa  heiszt,  nennt  Lucr.  Y  426  con- 
gressa,  429  convecta:  tandem  conveniant  ea  quae  conveda  rqpente 
magnarum  rerum  fiimt  exordia  semper^  terrai  maris  et  codi  generisque 
animantum.  hie  neque  tum  solis  rata  cemi  lumine  largo  äUivdlans 
poterat  nee  magni  sidera  mundi  nee  mare  nee  cadum  nee  denique 
terra  neque  aer,  über  die  semina  rerum  vgl.  Lucr.  I  58  £  quae  nas 
materiem  et  genUalia  corpora  rebus  reddunda  in  ratione  vocare  et 
semina  rerum  appeUare  su^mus^  et  haec  eadem  usurpare  corpora 
prima,  quod  ex  Ulis  sunt  omnia  primis.  wir  stehen  also  mitten  im 
Epikureischen  System,  und  richtig  sagt  Wagner:  'neque  est  cur 
veteribus  grammaticis  Vergilium  Epicureum  fuisse  tradentibus  fidem 
derogare  yelimus';  sagen  uns  doch  selbst  die  Catalecta,  dasx  der 
Epikureer  Siron  sein  lehrer  war.  so  ist  es  nur  natürlich,  dasz  wir 
hier  die  lehre  von  dem  leeren  räum  {magnum  inane  Lucr.  Y  356. 
366)  und  den  semina  rerum  finden. 

34  tener  arbis  mundi  =*  der  die  ganze  weit  umsohlieszende 
äther,  was  bei  Lucr.  V  454  magni  moenia  mundi  heiszt,  ohne  die 
nebenvorstellung  des  jugendlichen ,  die  Heyne  hineinlegen  wollte. 

namque  canebat  uti.  hOrt  man  in  dem  uti  nicht  noch  das  dn 
des  Originals?  von  den  concreverit^  coeperüy  stupea/nty  cadani^  ind- 
plant,  errent  begnügen  wir  uns  mit  beziehung  auf  die  consecatio 
temporum  act  zu  nehmen,  eben  so  wie  y.  43  von  dem  adiungU  quo 
fönte  damassent. 

35 — 38:  der  strophe  gegenüber,  welche  die  aneamlnng  der 
massen  von  atomen  zu  dementen  darstellte,  entwickelt  nun  die 
antistrophe  die  gestaltung  der  anorganischen  natur,  zunftchat  der 
elemente  in  ihren  specifischen  eigentümlichkeiten.  zuerst  das  söhtm^ 
dem  als  erste  eigenschaft  nicht  härte  (als  wäre  durare  •>■  datreseere, 
was  es  doch  nie  geheiszen  hat),  sondern  die  widerstandsffthigkeit 
gegen  das  wasser  beigelegt  wird;  es  ist  ein  grave  et  perplBXum 
Lucr.  Y  450.  52.  in  umgekehrter  form  stellt  Lucr.  Y  484  ff.  den 
act  dar,  wie  lufb  und  wasser  durch  ihr  ausscheiden  das  erdreich  sich 
hätten  condensieren  lassen ;  Yerg.  dagegen  läszt  die  erdmassen  den 
wassern  widerstand  leisten  und  die  groszen  wassermassen,  IgtisclieB 
und  schwarzes  meer,  von  einander  sdieiden,  discludere  Nerta  Pönto: 
denn  das  letztere  ist  so  gut  eigenname  wie  das  erstere,  Nerena  aber 
steht  für  das  von  ihm  beherschte  gebiet  die  gleiche  bedeutong  T<m 
durare  finden  wir  Hör.  carm.  I  14,  8  oc  sine  funibus  tfix  dmare 
carinae  possint  imperiosius  aequor.  Yerg.  Aen,  VllI  577  potior  quem- 
vis  durare  laiorem.  Lucr.  Y  356  aut  ideo  durare  adatem  posse  per 
omnem.  Nerea  gehört  als  object  sowol  zu  durare  wie  xa  düadmäere^ 
mit  welchem  verbum  Lucr.  Y  338  nachgeahmt  ist:  pareeque  emn 
paribus  iungi  res  d  disdudere  mundum,  wie  die  hgg.  längst  erkannt 
haben. 

Mit  y.  36  tritt  ein  weiterer  fortschritt  ein.   Silenna  aingt,  wie 


WHEolBter:  dee  VergiliaB  sechrte  eologa  343 

dar  bodn  die  gegenwärtigen  weltgestaltoni  ab  insel,  halbinael,  berg» 
ttal,  aoUnoht,  fela,  lockerer  boden,  angenommen  {rentm  jutware 
fmwiaa):  denn  von  der  organiecben  naiur  ist  erst  v.  39  f.  die  re^ 
ladi  Lncr.  besingt  den  bergang  V  492:  sidebant  can^,  erese^Hmi 
momübui  täüs  ascensus:  neque  emm  poteratU  suMäere  mm»,  nee 
pmüer  iantundem  amnes  suMwmbere  partes» 

Wie  die  beiden  ersten  verse  der  antistropbec  vonerd-  nnd  meer- 
bildimgen,  so  sprechen  die  beiden  letsten  von  den  bildongen  in  Inft 
imd  Ither  nnd  zwar  von  den  letxtem  zaerst,  denn  beide  haben  der- 
glitichflii :  Tgl.  Lucr.  Y  453  ff.  sonne  nnd  mond  sind  höhere  poten- 
ziemngen  des  ätherischen  Stoffes ,  der  dichter  aber  hat  dem  processe 
dsnelben  in  der  erde  eine  staunende  zusohanerin  gelben  {ferrae 
äupetmi  hteeeoere  sckm).  nnd  wie  hier  der  ftther  gegliedert  ersdieint» 
so  imaiohsten  verse  die  loft :  geschieden  in  heitere  blioe  und  wölken« 
InauDeL  über  die  beziehong  des  äUius  stdien  sich  Wnnderlich  nnd 
Wiener  in  ihren  ansichten  entgegen,  indem  es  der  eine  zu  eubmcHBi 
dar  andere  zu  eadant  ziehen  wül.  das  letztere  ist  notwendig:  denn 
bei  eadoM  ist  das  adverbinm  nicht  za  entbehren,  emporsteigen  wird 
der  regen  ohnehin  nicht;  soll  etwas  von  ihm  gesagt  werden,  so  mnsz 
ea  aeiii  dass  er  tief  und  also  schwer  ftUe;  abw  es  ist  leicht  ersicht- 
lich,  daes  das  adverbinm  zu  beiden  gehört:  die  wolkenbildungen  in 
hMieren  regionen  machen  erst  den  rechten  tiefen  tropfen&ll  im 
des  nebeis  möglich,  daraus  erhellt,  warum  der  dichter 
die  gliedemng  des  äthers  vor  die  der  luft  geeieUt  hat:  er  hat  das 
«mporsteigen  der  wolkendttnste  als  eine  Wirkung  der  bereits  ent- 
wüÄelten  sonne  darstellen  wollen,  sehr  beachtenswert  ist  Schapers 
bemerknng  ttber  die  Stellung  die  hier  atque  einnimt,  ohne  die  jene 
frage  gar  nicht  hätte  entstehen  können. 

Es  folgt  die  vierzeilige  atrophe  d  (39 — 42),  welche  Bibbeck  als 
dritte  strophe  c  aufgestellt  hat ;  wenn  aber  jemand  behaupten  wollte, 
dasz  diese  Zeilen  vielmehr  zwei  zweizeilige  Strophen  bilden,  und  sich 
auf  die  verschiedene  grammatische  structur  berufen,  so  würde  sich 
schwerlich  dagegen  viel  erinnern  lassen  und  die  beiden  ersten  dann 
die  organische  Schöpfung  oder,  wenn  man  lieber  will,  entwicUung 
der  organischen  geschöpfe ,  die  letzten  die  der  menschen  enthalten, 
in  den  beiden  ersten  zeilen  ist  über  die  pflanzenweit  nur  das  gans 
nattrliche  gesagt,  dasz  sie  emporwachse;  aber  hochpoetisch,  wenn 
aneh  nicht  stark  ausgebeutet  ist  das  staunen,  mit  dem  die  berge 
{montes  ignari)  auf  die  nie  gesehenen  neuen  anwohner  hinblicken, 
welche  £reie  bewegung  haben  und  sich  zunächst  freilich  nur  in  ein- 
seinen exemplaren  {rara  animaUa)  einstellen  und  ihr  gebiet  durch- 
streifen, von  der  menschenschöpfung  hat  Verg.  zunächst  nur  die 
Wiederschöpfung  nach  der  Deukalionischen  flut  ins  äuge  gefrsst,  und 
er  muste  diese  mTthe  nehmen ,  wenn  er  eine  metamorphose  haben 
wollte,  aber  er  hat  sich  doch  erinnert,  dasz  dies  eine  zweite  Schöpfung 
gewesen,  und  beiläufig  der  ersten  (<Sa<iirma  reffna),  des  goldenen  aeit- 
alters  gedacht  mit  seinem  beginn  durch  Prometheus  feuerfunken  und 


344  WHEolster:  des  Yergilius  eechste  ecloge. 

seinem  ende  durch  dessen  stürz,  weil  es  aber  nur  beiläufig  snr  er- 
länternng  von  lapides  Fyrrhae  beigebracht  wird,  steht  sehr  natürlich 
das  mit  diesem  steinwurf  zeitlich  einigermaszen  znsammen&Uende 
ende  zuerst  und  vor  dem  anfang ,  dem  feuerraub,  so  löst  sich  mit 
leichtigkeit  die  viel  besprochene  und  beanstandete  Unordnung. 

Mit  der  antistrophe  d'  steigt  der  dichter  eine  stufe  hoher:  in 
der  Torigen  schilderte  er,  wie  der  mensch  ward,  verwandelt  aus  stein ; 
hier  werden  menschen  verwandelt  in  andere  wesen,  dämonen,  heroen: 
denn  die  nymphen  entführten  den  schOnen  knaben  ja  nicht  um  ihn 
zu  töten,  sondern  um  ihn  zu  einem  der  ihrigen  zu  machen,  und  Pasi- 
phae  stieg  durch  ihre  wilde  lust,  zu  deren  befriedigung  sie  die  kunst 
des  Daedalus  zu  hilfe  nahm  und  dadurch  mutter  eines  misehlings- 
Wesens,  halb  mensch  halb  stier,  wurde,  auf  eine  mittelstufe  zwischen 
mensch  und  thier  herab.  —  Ribbeck  hat  die  vier  verse  43 — 46  als 
zwei  Strophen  aufgefaszt,  und  das  ist,  abgesehen  davon  dasz  sie  beide 
nur  6in  verbum  haben  und  Pasiphaön  so  gut  wie  Hylan  von  adiungU 
abhängt,  nicht  falsch,  mir  will  es  mit  der  Selbständigkeit  einer 
Strophe  nicht  verträglich  erscheinen ;  an  sich  zerrttttet  es  den  Orga- 
nismus der  dichtung  nicht ,  wenn  man  zugleich  die  vorige  atrophe  d 
(bei  Ribbeck  c^  in  zwei  strophen  zerlegt,  wenn  er  Hylas  und  Pasi- 
pha6  nicht  gern  zusammenfassen  will ,  so  läszt  sich  dagegen  nach 
dem  oben  gesagten  nicht  viel  einwenden.  Flach  nennt  das  ereignis 
von  Hylas  (v.  43  f.)  das  anmutigste  und  am  schlechtesten  beschrieben, 
gewis  ist  nicht  viel  daraus  gemacht,  aber  auch  PasiphaSs  unglUck 
wäre  rasch  an  uns  vorübergeeilt,  wäre  der  dichter  bei  v,  45  f.  stehen 
geblieben. 

Von  der  unregelmäszigkeit  der  construction  adkinffü  •  .  ^[uo 
fönte  damassent  wollen  wir  uns  begnügen  act  zu  nehmen,  aufmerk- 
sam machen  aber  müssen  wir  noch  darauf  dasz  v.  44  grieohische 
messung  hat  und  von  Bylä  Hyla  die  letzte  silbe  ni<^  elidiert, 
sondern  in  Homerischer  weise  durch  den  hiatus  verkürzt  ist.  wirft 
darin  des  Yergilius  original  noch  seinen  schatten? 

Die  Pasipha9  zeichnet  Verg.  dadurch  aus,  dasz  er  die  otmsolato 
des  Silenus  wörtlich  mitteilt  und  dadurch  seine  dichtung  soll  man 
sagen  durchbricht  oder  zerreiszt.  denn  die  zehn  verse  47 — 66  sind 
diese  ccnsokUio.  von  trostgründen  ist  freilich  nicht  die  rede^  und 
sokUur  heiszt  nur  *er  bezeugt  ihr  teilnähme  und  beileid'. 

Neben  diesem  sölatur  enthält  aber  dieser  vers  die  gröste  gram- 
matische härte  der  ganzen  ecloge  nivei  ^latur  amare  itwencL  Yoss 
freilich  übersetzt  das  frischweg  'durch  die  liebe  des  schneeweiss 
prangenden  stieres';  Verg.  aber  weisz  nichts  von  liebe  und  anlilBg- 
lichkeit  des  thieres;  es  liegt  behaglich  wiederkäuend  im  grase,  OMt 
aliam  in  magno  sequUur  grege\  gen.  subj.  kann  mf^end  nicht  sdn; 
aber  gen.  obj.  wo  möglich  noch  weniger,  der  dichter  läezt  PttsiphaS 
flehen:  datidite  salius^  siqua  forte  ferant  oculis  9ese  olwia  noitn$ 
errdbunda  bovis  vestigia.  sie  will  ihn  gar  nicht  sehen  und  darum  die 
Zugänge  der  bergweide,  wo  er  ist,  geschlossen  haben,   die  einsig 


WHKoliter:  det  Yergiliiu  teehite  eclog«.  346 

liehiige  cJeatnsg  ist:  kime  in  modwm  9(iUdim\  aber  wai  heint  nim 
mmmre  nkei  htvenei^  da  der  instmmentalis  aasgesdUoeaeB  ist?  Ser« 
nos  berichtet:  chuotv  quidaim  pro  in  amore  aecipiimi^  imd  das  ist 
finOieh  wol  das  einzige  was  fibrig  bleibt:  *bei  ihrer  liebe  oder  in  be- 
lidinng  aof  ihre  liebe.'  Serrins  wagt  nidit  beisiutimmen ,  offenbar 
well  er  es  sehr  hart  findet;  gleich  wol  bleibt  keine  andere  m^lidhkeit 
ab  ea  als  abl.  der  seit  za  ftssen.  Peerlkamps  coigeotur  miteraimr  hebt 
wol  die  sehwierigkeit,  sieht  nur  nicht  ans  wie  ein  gdfietes  rltiiseL 

Doreh  das  soUxUir  erkennt  Yeiig.  die  neue  sirophe  47 — 61  als 
eine  digression  an:  Silenns  iKszt  den  faden  der  metamorphosen- 
diektnng  fidlen,  bei  nennnng  des  namens  Fasiphaff  übermannt  dem 
alten  die  teilnähme  mit  dem  unglficklichen  jungen  weihe:  a  vifjjfo 
•n/ms,  mit  er  ans«  quae  ie  dementia  cepUf  die  amnede  virsio  hat  Voss 
sttf  ihr  richtiges  masz  snrdckgefllhrt :  *  mftdchen  und  Jungfrau  nann- 
t«n  Griechen  und  Bömer  schmeichelnd  auch  eine  junge  gattin  und 
nntter'f  wobei  er  des  C.  Licinins  Calvus  wort  an  die  entehrte  lo 
TWgleicht:  a,  virgo  mfMx  herbis paseeris  amarii. 

unsere  eene^aUo  aber  hat  zwei  teile,  erstlich  eine  yergleichung 
(48-^61):  'du  bist  viel  unglttcklicheri  viel  sinnTcrwirrter  als  die 
PkoitostAditer',  und  zweitens  eine  betrachtung  (62 — 66)  ttber  die 
ungleichen  folgen  des  unseligen  Schrittes  der  PasiphaS  f&r  sie  und 
den  gegenständ  ihrer  liebe;  sie  sei  jetrt  masslos  unglfloklich,  wShrend 
der  stier  sich  einfach  wie  ein  rindyieh  benehme,  die  beidmi  uns  Tor- 
liegenden  Strophen  sind  die  erste  fttnf-,  die  zweite  ?ierzeilig,  ent- 
sprechen sich  also  nicht,  deuten  aber  doch  durch  den  gleichen  anfang 
a  virgo  infeUx  eine  beziehung  zu  einander  an« 

Die  Proitodtöchter  sind,  wie  schon  oben  gesagt  ist,  nicht  etwa 
eine  neue  metamorphose,  die  den  vorigen  gleichzustellen  wftre, 
sondern  werden  von  Silenus  als  ein  beispiel  fthnlichen  unglttcks  der 
armen  Pasiphs^r  Torgehalten:  'aber  was  bei  ihnen  wahn  war,  von 
dem  sie  ein  Melanthios  heilen  konnte,  dasz  sie  sich  in  rinder  ver- 
wandelt glaubten,  die  nicht  reden  könnten,  sondern  brüllen  müsteui 
so  dasz  sie  voll  angst  an  der  glatten  stim  suchten,  ob  nicht  schon 
hömer  wüchsen,  und  in  jedem  pflüg  das  joch  fürchteten ,  das  man 
ihnen  auf  den  nacken  legen  wolle  —  das  ist  bei  dir  wille  geworden, 
du  hast  um  deine  Sinnlichkeit  zu  befriedigen  unter  die  menschliche 
natnr  herabsteigen  mögen ! '  den  mythus  von  den  Proitostöchtem 
hat  Voss  zdst.  gegeben  und  hinzugefdgt:  *dasz  sie  in  kühe  sich  ver- 
wandelt gewähnt,  davon  sind  die  ftltem  zeugen  verloren;  sonst  ist 
nur  von  aussehlag  des  hauptes,  abfallen  der  haare,  flechten  über  den 
ganzen  leib  und  rasendem  umherlaufen  durch  Argos  und  Arkadien 
die  rede.'  was  die  fassung  im  einzelnen  anbelangt,  so  zeigt  sich  mit 
beziehung  auf  das  vorhergehende  uUa  v.  49  der  sing.  Ummasä  als 
notwendig,  und  doch  v.  60,  wo  von  Ihrer  gesamthcat  die  rede  ist, 
der  plnr.  quaeeieeewt  passend.  foMs  mtf^ififtusübersetst  Glaser  wenig 
glücklich  *wahnbethörtes  brüllen' :  es  ist  vielmehr  das  nicht  von  der 
natnr  dictierte,  nachgemachte  brüllen. 


346  WHEolster:  des  Vergilias  sechste  ecloge. 

52 :  mit  dem  neuen  einsatz  a  virgo  infeUx  wendet  Silenos  sich 
zu  den  unseligen  folgen  ihres  Schrittes :  ^scham  und  reue  treiben  dich, 
unglückliches  mädchen,  aus  den  kreisen  der  menschen  in  wald  and 
felshöhen  {in  montihtis  erras)\  aber  der,  dem  du  dich  sum  opfer  ge* 
bracht  hast,  geht  ruhig  den  bedürinissen  seiner  natur  nach,  liegt 
behaglich  wiederkäuend  auf  blumiger  flur,  ja  sucht  vielleicht  zur 
Stillung  seiner  brunst  irgend  welche  kuh  auf.'  mit  solchem  werte 
konnte  der  dichter  aber  unmöglich  die  doch  aus  inniger  teilnähme 
hervorgegangene  digression  schlieszen:  er  muste  zu  einem  werte  des 
beileids  zurttcklenken :  so  schlieszt  er  ab  mit  der  bitte  ckmdüe^ 
nymphaCj  ohne  object:  ^schlieszt  ab,  ihr  njmphen'  (alles  was  verkehr 
ermöglichen  kann),   hier  ist  der  schlusz  der  strophe. 

In  den  vier  zeilen  52 — 55  ist  der  ton  natürlich  erheblich  ge- 
sunken; aber  noch  einmal  führt  uns  der  dichter  zu  dem  ganzen 
pathos  der  Situation  zurück;  v.  56  ergreift  Pasipha^  selber  das  wort, 
beginnt  mit  einem  aufschrei ,  mit  einer  besch wörung  der  dictftiachen 
njmphen,  ihrer  landsmänninnen,  den  schändlichen  stier  auszusperren, 
ganz  unmöglich  ist  Voss'  erklärung:  'sie  ruft  voll  leidenschaft  die 
dictäischen  njmphen ,  die  gewundenen  thSler  dieser  bergwftlder  zn 
verschlieszen,  damit  der  irrende  stier  aufgesucht  ünd-dorch 
einige  kühe  zu  den  gortjnischen  stallen  gelockt  werde.'  das  mttste 
ja  heiszen  utperducatU.  nein,  sie  will  ihn  nicht  wiedersehen.  9äUu6f 
passe  auf  denen  das  gebirg  überschritten  wird,  liegen  zwischen  ihnen: 
^schlieszt  sie  ab'  fleht  sie,  'falls  seine  schritte  sich  mir  entgegen- 
lenken sollten,  laszt  ihn  gras  fressen,  mag  er  wiederkäuen,  mag  er 
in  die  herden  der  kühe  sich  verlieren,  wenn  er  mir  nur  fem  bleibt.' 
wer  daudite  nymphae  und  Dictaeae  nymphae  zusammenfaszt  und 
beides  der  Pasiphaö  in  den  mund  legt,  der  wird  erklären  müssen, 
erstens  warum  die  nymphen  erst  an  zweiter  stelle  dictäische  heiszen, 
und  dann  welches  das  Verhältnis  von  daiudUe  zu  iam  dcmäUt  ist. 
wenn  beides  von  demselben  munde  soll  gesprochen  werden,  so  gehört 
an  die  stelle  von  tarn  ein  wort  von  starkem  nachdruck :  far^Uer  daw- 
ditCj  firmiter,  cderii^]  wechselt  aber  die  person,  so  erhält  iam  den 
nötigen  nachdruck:  'es  ist  nun  zeit  zu  schlieszen.'  so  scUiaest 
Verg.  nachdrücklich  die  digression  imd  lenkt  nun  mit  der  sweiten 
antistrophe  auf  das  hauptthema,  diemetamorphosendichtung,  zorflok. 

61 — 63:  von  dem  Strophengesetz  und  dem  hinter  v.  61  ansge- 
fallenen  verse  ist  bereits  oben  die  rede  gewesen,  es  gibt  dinge  die 
man  übersehen  hat  und  übersieht,  so  lange  sie  nicht  zur  spradhe 
gebracht  sind,  die  aber,  wenn  ausgesprochen,  sich  sofort  der  Über- 
zeugung aufdrängen,  und  ich  glaube,  dieser  fall  gehört  dazu.  Ton 
allen  übrigen  personen  in  der  ganzen  dichtung  hat  der  dichter  gesagt, 
warum  er  sie  heranziehe;  nur  Atalante  macht  eine  ausnähme,  ao 
lange  man  das  für  sie  gehörige  prädicat  wegläszt,  mnsz  man  doroh- 
aus  Flach  recht  geben ,  dasz  sie  gar  nicht  hierher  gehöre;  aber  das 
stellt  sich  ganz  anders,  sobald  man  es  ergänzt,  etwa  schreibt:  Imh 
canit  Hesperidum  miratam  mala  pueHam  invidia  Veneria  fimmam 


WHEolster:  des  Yergilius  Bechste  ecloge.  347 

mmpsisse  leaenae  oder  etwas  ähnlicbes.  eine  solche  ergänzung  ist 
am  so  notwendiger,  als  Atalantes  metamorphose  die  ist,  mit  der  der 
dichter  von  der  digression  zum  thema  zurückkehrt,  wo  also  aofs 
klarste  und  bestimmteste  das  zu  sagende  gesagt  werden  mnsz.  dasz 
bei  Verg.  wiederholtes  tum  häufig  ist,  lelurt  uns  Jahn  zu  ed.  3,  10; 
aber  welcher  unbefangene  wird  nicht  gestehen ,  dasz  ihm  doch  hier 
nach  dem  tum  v.  61  das  tum  y.  62  gar  zu  schnell  komme:  kurz 
materiale  und  formale  Schwierigkeiten  bieten  sich  zur  Unterstützung 
der  behauptung,  dasz  hier  ein  vers  ausgefallen  sei,  die  band. 

Der  Atalante  gegenüber  gestellt  sind  die  Heliaden.  sehr  rich- 
tig bemerkt  Voss,  dasz  ihnen  das  patronjmicum  Phaethontiades  voll- 
stlndig  und  buchstäblich  beikomme,  indem  Oa^Ouiv  ein  beiname 
des  Helios  gewesen  sei.  aus  dem  beinamen  des  vaters  ward  dann  ein 
name  für  den  söhn ,  dessen  Schicksal  aus  Oy.  met.  II  bekannt  ist. 
nach  seinem  Untergang  verwandelte  herbes  leid  seine  trauernden 
Schwestern  in  bemstein  schwitzende  bäume,  bald  Schwarzpappeln 
oder  erlen  genannt ,  die  am  Padus  häufig  wuchsen,  bald  lärchen- 
bäume  oder  fichten,  deren  gallischen  namen  der  fiusz  führen  sollte 
(Voss),  für  das  letztere  möchte  das  elektron  sprechen,  dessen  Ur- 
sprung ja  die  sage  auf  sie  zurückführte,  eigentümlich  ist  der  aus- 
druck  'er  umkleidet  sie  mit  dem  moos  bitterer  rinde  und  richtet  sie 
Tom  boden  auf  als  ragende  erlen.'  Voss  übersetzt  *mit  moosiger 
rinde ' ,  aber  das  moos  als  Schmarotzerpflanze  erscheint  doch  erst  in 
zweiter  linie  nach  der  rinde.  Servius  bemerkt  dasz  Verg.  sonst  {Äen. 
VII  741)  cartex  als  masculinum  gebrauche,  und  die  jüngste  band 
desselben  fUgt  hinzu :  et  est  epühäon  naturale,  ich  dächte,  Verg.  hätte 
hier  eine  vergleichung  in  die  construction  hineingezogen:  'er  umklei- 
det sie  mit  bitterer  rinde  wiemitmoos,  hüllt  ihre  glieder  in  rinde, 
wie  das  moos  den  bäum  umhüllt.'  Servius  scheint  mir  mit  dem 
epith.  not.  sagen  zu  wollen ,  die  Heliaden  hätten  die  bitterkeit  ihres 
kümmere  auf  die  rinde  übertragen,  aber  der  gott  machte  ihn  weicher, 
setzte  moos  an  die  stelle  der  spröden  rissigen  rinde,  das  drcumdai 
hat  Voss  richtig  gedeutet :  er  malt  im  gesang  ihre  Verwandlung  in 
erlen  so  lebhaft  (so  treu,  so  in  das  specielle  gehend),  als  geschähe  es 
gegenwärtig,  und  vergleicht  ed.  9,  20.  auch  das  engü  ist  wol  nicht 
bedeutungslos;  wir  sollen  uns  die  Heliaden  in  ihrem  kummer  als 
hingestreckt,  über  das  grab  geworfen  denken.  Silenus  singt,  wie 
ihre  Verwandlung  in  bäume  sie  genötigt  habe  sich  aufzurichten,  es 
ist  aber  eine  eigentümlichkeit  der  erle,  dasz  ihr  stamm  zwar  in 
der  mitte  emporwächst,  dasz  aber  die  nebenzweige  sich  zur  erde 
senken  und  hängen,  und  dasselbe  ist  der  faU  mit  der  lärche  (larix), 
nicht  so  freilich  mit  der  Schwarzpappel,  aber  alnus  und  pqpulus  sind 
nahe  verwandte  gescblechter.  sind  es  die  trauerbäume  die  hier  ent- 
stehen? 

Höchst  überraschend  springt  in  den  nächsten  10  versen,  den 
beiden  strophen  g  und  h^  der  dichter  aus  der  mythenweit  urplötzlich 
in  die  unmittelbare  gegenwart,  die  verherlichung  seines  freundes 


348  WHEolfiter:  des  VergiliuB  sechBte  ecloge. 

Cornelias  Ghdlus',  hinüber,  sie  bat  auch  ibre  metamorpbosen.  dasz 
das  ein  salto  mortale  ist,  kann  sich  niemand  bergen,  nnd  dasz  der 
nicbt  zum  vorteil  der  dicbtung  gereicben  werde ,  liegt  auf  der  band ; 
darüber  bat  der  interpret  aber  nicbt  zu  pbilosopbieren;  der  muss 
nebmen  was  vorliegt,  über  das  stropbiscbe  der  stelle  können  wir 
uns  auf  das  oben  gesagte  bezieben,  dasz  Verg.  bier  recht  auf  sein 
ziel  zustrebt,  ist  stark  zu  vermuten ;  je  gewaltiger  aber  die  Verwand- 
lung ist ,  desto  mehr  wird  es  zu  erkll^n  geben  und  desto  sorgÜU- 
tiger  haben  wir  das  einzelne  anzusehen. 

Ueber  Gallus  können  wir  uns  schon  auf  das  beziehen,  was  Voss 
zdst.  und  zu  ecl.  10,  was  WABecker  im  Gallus  I'  s.  16  ff.  und  Bern- 
bardj  und  Teuffei  in  ihren  BL6.  gesagt  haben.  Gallus  Stellung  als 
dichter  hat  Ovidius  trist.  lY  10,  51  ff.  angedeutet: 

Vergüium  vidi  tantam ,  nee  amara  TUmUo 

tempus  amicitiae  fata  dedere  meae. 
successor  fuü  hie  tibi^  Galle^  Prqpertius  ißt, 

quartiAS  ab  hi$  serie  temporis  ipse  fuL 
seine  bedeutsamkeit  und  beliebtheit  bat  er  am.  1 15,  29  anerkannt: 
QaMus  et  Hesperiis  et  Qällus  notus  Eois 

et  8ua  cum  Gaüo  nota  Lycoris  erU. 
er  war  also  der  vater  und  erste  Vertreter  der  römischen  elegie,  und 
das  musz  Verg.  bier  von  ihm  sagen  wollen ,  wenn  er  ihn  erratUem 
ad  Fermessum  nennt,  fragen  wir  vor  allen  dingen:  was  ist  Per- 
messus?  und  was  beiszt  ad  Permesstun  errare?  Permessos  ist  nach 
Strabon  IX  411  einer  der  vom  Helikon  herabströmenden  Zuflüsse 
des  kopaischen  sees,  in  welchem  Hesiodos  zu  anfang  seiner  Theo- 
gonie  die  Musen  baden  läszt,  wenn  sie  sich  anscbioken  auf  der 
spitze  des  Helikon  dem  Zeus  und  dem  kreise  der  götter  einen  er- 
habenen bjmnos  zu  singen,  aber  der  name  dieses  flusses  hatte ,  wie 
wir  aus  Propertius  lernen ,  in  dem  damaligen  Born  eine  besondere 
figürliche  bedeutung:  man  setzte  den  lauf  des  flusses  den  höben 
und  gipfeln  des  berges  entgegen,  und  bezeichnete  mit  jenem  die 
leichte,  spielende,  erotische  diditung  im  gegensatz  zu  der  erhabenen, 
schwungreichen ,  welche  die  felskuppen  des  berges  umtönte.  Prep« 
II  10,  25  nondum  etenim  Ascraeos  norunt  mea  carmifia  fimtis^  9ei 
modo  Fermessi  fktmine  lavU  Ankor.  ohne  frage  bezeichnen  bei  Verg. 
die  Äones  montes  (der  völkemame  statt  des  adj.  AonU  stehend)  daa- 
selbe  was  Prop.  durch  Ascraei  fontes  bezeichnet. 

errare  ad  Permesstun  aber  kann  zweierlei  bedeuten,  einmal  Uoaz 
'am  Permessus  wandern,  wallen':  ed.  1^  9  iUe  meas  errare  bopts  •  • 
permiait.  2,  21^miae  meae  Sictdis  errcmt  in  montibtiu  agnae.  6,  40 
per  ignaros  errant  ammalia  montes.  Hör.  carm.  m  18,  18  mter 
a%tdaoe8  lupus  errat  agnos.    Statins  Tht^.  IX  433  subterqm 


^  Servias  xa  ed.  10,  1 :  GaUus  ante  omnes  primuM  Aegypti  pratfeeImM  /M, 
potia  extaäui:  nam  ei  Eupkorionem  traiutuHi  in  latinum  termonem  et  mmomm 
suorwn  de  Cytheride  scripiU  UbroM  quattuor  .  .  fidi  autem  amhtis  VirgWif 
adeo  ui  quartta  Oeorgicorum  a  media  usgue  ad  ßnem  eiui  kmdu  tenertt 


WHEolster:  det  Yergüiiu  teohfte  «ologe.  849 

mupraque  recentes  errant,  es  kum  aber  auch  das  haltimgsloae  der 
hnidlnng  beaeichnen,  das  verfahren  welches  der  Sicherheit  des  gdwns 
und  handelns  oder  zieles  entbehrt:  Ov.  meL  JLL\  680  passim  Mo 
V9gus  errat  in  arbe.  III 175  nan  cerHs  passQms  errans.  Verg.  fsory. 
I  462  naim  saepe  videmus  ipsius  (scUs)  in  vcUu  vtmos  enrare  colores. 
Am.  y  435  erratque  aures  ä  tempara  drcum  aNJbra  fnanitf .  Voss 
übersetzt  unsere  stelle  *den  ström  des  P.  nmirrend',  aber  der  Per- 
messns  ist  kein  ström,  und  nmirren  ftlhrt  anfeine  falsche  Torstdlong. 
Servius  erklArt  enafdem  durch  omdulofif«!»,  tritt  also,  gewis  riditig, 
der  ersten  anffassnng  bei.  eine  der  Mnsen  hat  den  Qallns,  der  sidi 
bis  dahin  schlendernd  (anders  freilich  Flach  ao.  s.  684)  nur  im 
leichten  liede  —  liebesliede  —  ergieng,  anf  die  hOhen  des  Helikon 
geftihrt,  hat  ihm  ein  höheres  feld  der  dichtong  erschlossen,  und  die 
ganze  gefolgschaft  des  Phoebns,  zu  der  offenbar  Linus  gehört,  in 
dem  wir  also  den  reprfisentanten  der  verdienstvollen  dichter  der  Vor- 
zeit zu  suchen  haben,  hat  ihn  durch  aufstehen  als  meister  anerkannt, 
die  sitte  des  asaurgere  erläutert  am  besten  Cicero  in  Pia.  §  26  an  vero 
rdiguo  tempore  eansulem  te  quisquam  dmaU?  quisquaim  tibi  paruit? 
qmaquam  Hbi  in  curiam  venienH  aeeurrezit?  Cato  m.  §  63  kaec 
emm  ipsa  euni  hanarabüiay  quae  videniur  levia  aique  eamimmia^  MÜm- 
ton,  appeU^  decedi,  assurgi^  dedudy  redmei,  comuU.  Tae.  diaH.  18  feste 
Äugusti  epistulae,  iestis  ipsepopuHus^  qm  auditis  in  tkeatfü  VergOU 
venilms  aurrexit  ttniverstis  et  forte  praeaeniem  apeetantemque  Vergdhim 
venerahis  est  sie  quasi  Äugiistum,  ja  Verg.  selbst  hat  georg.  II  98 
das  wort  ganz  figOrlich  gebraucht  für  'den  vorzug  einräumen' :  Tnuh 
Uus  assurgü  quibus  et  rex  ipse  Phanaeus. 

Die  assurgentes  sind  der  chor  des  Phoebus.  ich  wüste  nicht 
dasz  sonst  von  diesem  irgendwo  die  rede  wäre,  er  ist  offenbar  um  die 
Musen  versammelt,  und  zu  ihm  gehört  Linus,  der  lehrer  des  Herakles 
in  der  musik  (Preller  gr.  myth.  11  122),  der  im  namen  der  Musen 
zu  sprechen  und  zu  handeln  bat,  also  eine  hervorragende  Stellung  in 
jenem  chor  einnimt.  wir  haben  also  auf  den  höhen  des  Helikon  um 
die  Musen  die  gefolgschaft  des  Apollo  vereinigt  zu  denken,  die  von 
ihm  hochbegnadigten  sänger  der  vorzeit.  als  heimgegangene  tragen 
sie  den  eppichkranz  {apium  defunctomm  epidis  feraUlms  dicatum. 
PliniuB  n.  h.  XX  113.  Plut.  Timol.  26  Td  ^vifiMara  tuiv  V€Kp<&v 
cidbOaMCv  dnieiKuic  CTcqpavoöv  ceXivoic).  Linus  aber  trägt  auch 
blumen  in  seinen  eppichkranz  geflochten,  ich  dächte  als  mit  höherer 
Stellung  betraut,  seinen  namen  trug  schon  in  der  Homerischen  zeit 
eine  klagende  tanz  weise  (OItöXivoc)  D.  C  570,  deren  refrain  uns 
Aischylos  bewahrt  hat  Agam.  121.  139.  159. 

viro  aber  ist  gewis  nicht  mit  Schaper  aufzufassen  als  nur  gesetzt 
um  dem  tonlosen  is  auszuweichen :  Oallus,  geb.  685  in  Forum  lulii, 
war  im  j.  715  erst  30  jähr  alt,  nach  römischer  weise  also  adülescene. 
wenn  ihn  daher  Verg.  vir  nennt,  so  liegt  darin  eine  äuszerung  der  ach- 
tung  vor  seinen  groszartigen  leistungen.  wir  wissen  dasz  Gallus  sich 
aus  niedrigen  Standesverhältnissen  emporgearbeitet  hatte,  dasz  er  in 


/ 


350  WHEolster:  des  Yergilios  eechste  ecloge. 

vertraatem  Verhältnis  zu  Asinius  PoUio  gestanden  bat,  der  Um  (Sc 
epis^.  X  32  famiUaris  nennt,  und  der  erste  unter  den  römischen 
elegikem  von  rang  gewesen  ist;  dasz  er  eine  liebe  zu  Lycoria  in 
seinen  dicbtungen  gefeiert  und  bemacb  eine  Übersetzung  des  Eupho- 
rien aus  ChaUds  geliefert  hat.  Verg.  aber  stand  Oallus,  seinem 
landsmanne,  persönlich  sehr  nahe  und  setzte  ihm  im  vierten  buche 
der  Oeorgica  ein  so  glänzendes  denkmal,  dasz  Augustus  auf  beaei- 
tigung  desselben  drang,  nachdem  Gallus,  728  in  ungnade  gefollen, 
sich  selbst  entleibt  hatte,  in  welchem  Verhältnis  er  zu  Yarus  stand, 
wissen  wir  leider  nicht,  soll  unsere  ecloge  ein  fingerzeig  sein,  dasz 
Yarus  in  ihm  den  verkttnder  seiner  thaten  finden  könne,  den  er  in 
Yerg.  vergeblich  gesucht  hatte? 

Die  Strophe  64 — 66  ist  aber  gewissermaszen  nur  ein  Vorspiel 
zu  dem  was  kommen  soll,  zu  der  feierlichen  erhebung  des  Gallus 
zum  Sänger  höherer  weisen,  die  antistrophe  beginnt  mit  einem 
anaphorisch  an  das  ut  duocerU  v.  65  sich  anlehnenden  ut ,  was  nach 
dem  vorhergehenden  utque  doppelt  aufßtdlend  ist.  Linus,  der  Vor- 
redner der  versamlung,  ist  im  hirtengewande  —  er  soll  wol  vor- 
zugsweise der  Vertreter  der  hirtenpoesie  sein  —  als  Vorredner  reich 
bekränzt,  vornehmlich  {atque)  mit  eppich,  und  spricht  in  göttlichem 
auftrag  das  feierlich  formulierte  weihewort  (divmo  canmne  dkcerU). 
denn  Carmen  ist  allerdings  wol  die  dichtimg ,  aber  zunächst  nach 
ihrer  formelhaft  festen  fassung,  und  die  bedeutung  des  Wortes  geht 
dann  weiter :  es  erscheint  wo  von  dichtimg  gar  nicht  die  rede  ist. 
als  grabschrift  könnte  es  immer  noch  als  dichtung  gefaszt  werden : 
Yerg.  Aen.  HL  287  rem  carmine  signo:  Äeneas  haec  de  Jkmais 
viäoribus  arma.  ed.  5,  42  tumtUo  super  addUe  Carmen,  aber  die 
eidesformel  liegt  doch  der  dichtung  fem :  Livius  X  38  iurare  eofftba- 
tur  diro  quodam  carmine;  die  gesetzesformel:  Liv.  1  26  lex  hanendi 
carminis:  duumviri  perdudlionem  iudicent  usw.;  die  gebetsformel: 
Liv.  XXXIX  15  sollemne  Carmen  precatUmiS]  das  formulierte  gesetz 
Liv.  in  64  rogationis  Carmen;  die  bundesformel :  Liv.  I  24  pater 
patraJtus  .  .  müUis  verhiSy  quae  longo  effata  carmine  non  operae  est 
referre,  peregit ;  die  sprucbformel :  Cic.  j).  Mw.  12, 26  pro/äor  mierea 
ne  pulchrum  se  ac  beatum  putaret  atque  dliquid  ipse  sua  sponte 
loqueretur^  ei  quoque  Carmen  compositum  est.  wir  mögen  an  nnaerer 
stelle  auch  ein  wenig  an  das  Q«B*F*F-F*Q*S  denken,  in  solcher 
von  den  göttern  (den  Musen)  festgestellten  form  hat  Linus  die  ehren- 
gabe  zu  überreichen,  anders  freilich  Yoss,  der  divino  carmine  pastar 
durch  kommata  zusammenfaszt  und  übersetzt  'der  hirt  von  göttlichem 
liede' ;  aber  das  ist  bei  richtiger  Unterscheidung  von  genitiv  und  abla- 
tiv  der  eigenschaft  wol  nicht  möglich,  vortrefflich  sagt  GTAErfiger 
lat.  gramm.  §  398  darüber:  'soll  eine  innere  geistige  oder  sittlidie 
eigenschaft  als  charakteristisch  vorhersehend  und  das  wesea  einer 
person  bezeichnend  dargestellt  werden,  so  kann  nur  der  genitiv 
stehen,  soll  sie  dagegen  nur  als  eine  an  der  person  erscheinende 
dargestellt  werden ,  ganz  abgesehen  davon  ob  sie  zum  wesen  der- 


WHKolster:  des  Vergiliiu  Melitta  eeloge.  351 

•alben  gehöre,  so  steht  derablatlT.'  daher  magno  cofpore  esse,  exoelsa 
sUdura,  nigris  capUUs^  eben  so  magno  ammo,  pnuimUia  €896^  weQ 
das  temporäre  eigenschaften  sind ;  aber  was  kaan  dwmum  Carmen 
neben  pastor  anders  bezeichnen  als  eine  innere  bleibende  eigensohafti 
ja  genau  genommen  eine  solche  durch  die  er  gerade  pastor  sei?  das 
mflste  aber  notwendig  dwini  oarmmis  pastor  heituen^  dem  jedeneit 
nnd  bei  jeder  gelegenheit  das  divinum  Carmen  su  geböte  stdit. 

Es  folgt  das  Carmen  dn^iiHfm,  freilich  in  sich  niät  bedeutend :  hee 
(t&t  dani  cäamos  ifusae,  stftnde  nicht  das  letite  wort  da.  aber  Fladi 
protestiert :  dem  Hesiodos  komme  etwas  anderes  als  die  hirtenflOte  sn« 
aber  er  singt  doch  von  sich  selber  Theog.  22:  (MoOcoi)  of  vu  iro6* 
'Hdobov  KoXfjv  dbiboEav  äoibf|v  äpvac  iroifUxlvovO'  "CXtxi&voc  6nö 
laßloxo^  und  der  hirtenpoesie  kommt  doch  flOte  und  syrinx  su: 
schon  bei  Homer  C  525  finden  wir  bOui  b'  fi^'  Sirovro  vo^cc  T€p« 
ir6^€V0t  cOpiT^i.  .auch  war  die  elegie,  des  Odlus  bisherige  dichtnng, 
anlodisch.  vergessen  wir  nicht  dass  die  frage,  ob  dem  Hesiodos  die 
flöte  zukomme,  nicht  den  inhalt  sondern  die  form  seiner  poesie  be- 
trifft: gewis  kann  des  Stesichoros  diehtungen  die  lyra  nicht  abge- 
sprochen werden,  weil  er  epische  Stoffe  auf  dieselbe  herübergenommen 
hatte,  wenn  Xenophanes  nach  La.  Diog.  IX  2,8  elegien  und  iamben 
schrieb  und  seine  eignen  diehtungen  rhapsodiorte,  so  ist  damit  nichts 
weniger  gesagt  als  dasz  er  seine  elegien  und  iamben  rfai^wodierte. 
eben  so  wenig  wird  bei  der  frage,  unter  welcher  flagge  des  Hesiodos 
diehtungen  fahren  musten,  behauptet  werden  dflrfen,  dasz  es  ttir 
Theogonie  und  Erga  die  gleiche  Iwbe  sein  mflssen,  weil  beide  den 
einfachen  hexameter  zum  trftger  haben ;  dann  wäre  derselbe  grund 
entscheidend  für  Theokritos.  aber  fordern  wir  nicht  Ton  einem 
dichter,  und  einem  noch  in  der  bildung  begriffmen  dichter,  der  eine 
epische  dichtung  bescheiden  ablehnt,  die  kenntnis  und  wissenschaft- 
liche Peinlichkeit  des  aniiquars.  vielleieht  würde  die  form  von 
Euphorions  gedichten,  wenn  wir  sie  kennten,  uns  die  sache  in  einem 
andern  lichte  erscheinen  lassen,  doch  darüber  hernach. 

Aber  wir  sind  mit  dieser  auseinandersetzung  schon  in  das  neue 
stropbenpaar  gerathen  (70—73),  äuszerlich  kurz  und  unteigeordnet, 
nur  ein  relativsatz  zu  dem  vorhergehenden,  und  doch  erfthrt  die 
Strophe,  so  kurz  sie  ist,  von  Flach  auszer  dem  tadel  über  die  dem 
Hesiodos  nicht  zukommende  flöte,  den  wir  vorläufig  auf  sich  be- 
ruhen lassen,  noch  einen  zweiten  tadel  über  die  auf  Hesiodos  über- 
tragenen ehren  des  Orpheus,  und  fast  will  es  scheinen,  als  wäre 
dieser  Vorwurf  gerecht,  denn  wenn  auch  nicht  abzusehen  ist,  warum 
die  ehren  (oder  andeutung  der  machtfülle)  eines  andern  dichters  auf 
Hesiodos  weniger  sollten  übertragen  werden  können,  als  Horatius  die 
des  Stesichoros  imbedenklich  ai^  sich  übertrug  (oartn.  III  4,  9  ff.), 
so  wird  es  doch  nur  bei  genügendem  gründe  gesciiehen  dürfen,  aber 
wenn  es  Verg.  ftir  seinen  Oallus  auf  diese  ehren  ankam,  was  hinderte 
ihn  denn  Orpheus  selber  als  muster  für  Ckdlus  aufzustellen?  gestehen 
wir  es  nur :  der  Hesiodos  kommt  uns  recht  unbequem. 


352  WHKolBter:  des  Vergilius  Beohste  ecloge. 

So  treten  wir  denn  an  die  zweite  antistrophe  in  diesen  10  veraen, 
welche  die  künde  bringt,  es  sei  Oallas  auf  der  Mosen  geheias  som 
Sänger  des  Gryneischen  haines  geweiht  worden,  was  es  mit  aolcber 
weihe  auf  sich  habe,  wird  uns  von  Senrios  erschlossen,  der  za  den 
werten  his  tibi  Orynei  nemoris  dicahur  origo  hinzufügt :  hoc  autem 
Euphorionis  continent  carminay  guae  CräUus  transMU  in  sermonem 
latinutn,  nachdem  er  ausftlhrlich  Aber  das  Gryneische  orakel  be- 
richtet, die  Worte  sind  also  eine  anerkennung  für  eine  neaeete  grosz- 
artige  dichterische  leistung  des  Oallas.  folgen  wir  dem  gegebenen 
fingerzeig  und  fragen  nach  der  art  der  übertragenen  dichtong,  soweit 
künde  darüber  zu  gewinnen  ist. 

Euphorien,  geb.  in  Chalkis  auf  Euboia  um  276  TOr  Chr.,  pbilo- 
soph ,  dichter ,  reich ,  in  Verbindung  mit  den  angesehensten  seiner 
heimat,  in  Athen  mit  dem  bürgerrecht  beschenkt,  waryonAntiochos 
dem  groszen  (224  — 187)  der  bibliothek  in  Antiocheia  TOrgesetzt. 
er  hatte  in  erzählenden  gedichten  manigfaltige,  teils  mythologische, 
teils  historische  Stoffe  behandelt,  hatte auszerdemelegien  geschrieben; 
auch  historische  werke  besasz  man  aus  seiner  feder  (vgl.  Meinekes 
buch  über  Euphorien  von  1823  und  dessen  neue  bearbeitong  in  den 
Analecta  Alezandrina  von  1842  s.  1 — 168).  ein  solches  werk  kam 
dem  geschmack  des  damaligen  Rom  sehr  entgegen,  wenn  auch  die 
meinungen  darüber  sehr  verschieden  waren  (Cic.  de  dk?.  11  64,  132. 
Tu8C.  III 19,  45.  Suet.  Tib.  70),  und  mochte  einen  gewandten  jungen 
dichter  schon  zu  einer  Übersetzung  reizen,  in  demselben  £Baid  sich 
auch  unter  anderm  eine  dichtung  über  die  Stiftung  des  Orakels  des 
Orjneischen  ApoUon,  einer  hochberühmten  orakelstätte,  die  freilich 
Homer  noch  nicht  kennt,  deren  gründung  aber  bald  nach  denHome- 
rischen  Zeiten  angesetzt  wurde,  in  Mysien,  der  heimat  des  altbe- 
rühmten Telephos,  war  nach  beendigung  des  treischen  krieges  Grjnos, 
der  enkel  des  Telephos,  von  kriegsnot  bedrängt  worden  und  halte 
deshalb  aus  Epeiros  den  Pergamos ,  söhn  des  Neoptolemos  und  der 
Andromache,  zu  hilfe  gerufen.  Pergamos  kam  und  siegte  und  blieb 
fortan  im  lande:  denn  es  war  ein  wahres  paradies,  herliche  finren 
und  ein  köstlicher  hain ,  sagt  Pausanias  121,7,  in  dem  sich  die 
ganze  fülle  der  fruchttragenden  baumweit  beisammen  &nd  ondiUk- 
neben,  was  zwar  nicht  frucht  trägt,  aber  der  nase  die  köstlichsten 
dufte  spendet  oder  das  äuge  entzückt,  so  gründete  er  in  verein  mit 
Orynos  zwei  städte,  Pergamon  und  Orjneion,  die  eine  später  als 
herschersitz  berühmt,  die  andere  als  orakelstätte:  denn  Pergamos 
hatte  in  seinem  gefolge  zwei  der  grösten  Wahrsager  Griechenlands 
mitgebracht,  Kalchas  den  Thestoriden  und  Mopsos  der  Manto  sofan, 
des  Teiresias  enkel,  und  die  sage  erzählte  von  wunderbaren  kämpfen 
in  der  mantik,  die  dem  Kalchas  das  leben  kosteten,  wie  das  mit  der 
Stiftung  des  Orakels  zusammenhieng,  ist  freilich  nicht  überliefert, 
und^dasz  dieser  streit  auch  von  andern  orakelstätten  in  gleicher 
weise  erzählt  wurde,  kümmert  uns  nicht,  diese  gründung  hatte 
Euphorien  besungen,  nach  Meineke  s.  102  (79)  in  den  CUliaden« 


WHKolster:  de«  Vergilius  techite  ecloge.  3&3 

aber  Servius,  unsere  einzige  quelle,  sagt  davon  kein  wort;  dagegen 
überliefert  uns  Suidas,  XiXidc  sei  das  fünfte  buch  der  'AraKTO  ge- 
wesen und  habe  sich  auf  Attika  bezogen:  d7roT€(v€Tai  €lc  Tf|V 
'ATTiKrjv.  gegen  Meinekes  annähme  spricht  auch  dasz  ans  Sernns 
Worten  unzweifelhaft  hervorgeht,  dasz  die  übersetzte  dichtung  von 
grdszerm  umfange  gewesen  ist,  und  dazu  stimmt,  dasz  Gallus  hier 
um  dieser  dichtung  willen  von  den  Musen  bekränzt  wird,  wollen 
wir  uns  aber  an  den  namen  XiXiäc  halten,  so  wird  er  uns  dahin 
führen,  dasz  diese  dichtung  erst  mit  999  andern  zusammen  ein  buch 
ausgemacht  hätte,  an  der  spitze  von  Euphorions  werken  nennt  Suidas 
zunächst  den  'Hcioboc,  neben  ihm  die  ''AraKra.  *Hc(oboc  war  also 
ein  hauptwerk.  was  sein  inhalt  war,  sagt  Suidas  nicht,  auch  sonst 
niemand,  wie  wenn  dies  das  von  Oallua  übersetzte  werk  gewesen?  es  > 
ist  augenfällig,  dasz  Hesiodos  eine  sehr  passende  persönlichkeit  war, 
um  ihm  die  dichtung  vom  Gryneischen  orakel  in  den  mund  zu  legen, 
von  dem  benachbarten  äolischen  Kjme  war  sein  vater  Dias  in  die 
heimat  nach  Askra  zurückgekehrt,  und  wer  konnte  passender  über 
das  Gryneische  orakel  und  seinen  Ursprung  berichten  als  der  Sänger 
der  Theogouie  ?  und  wir  können  noch  einen  schritt  weiter  gehen : 
die  Schilderung  Hesiods,  wie  er  am  Helikon  die  sohafe  gehütet  habe 
(Thcog.  22  ff.),  konnte  Euphorion  auf  den  gedanken  bringen  ihn 
zum  träger  eines  hirtengedichts  zu  machen ,  eine  gattnng  mit  der  in 
Eaphorions  zeit  glück  gemacht  war.  Theokritos  war  sein  Zeitgenosse, 
dann  haben  wir  uns  aber  über  die  hirtenflöte  des  Hesiodos  bei  Verg. 
gar  nicht  zu  verwundem,  so  wenig  wie  darüber  dasz  dem  Gallus 
Hesiodos  und  nicht  Kallimachos  oder  sonst  ein  dichter  als  vorbild 
aufgestellt  wird,  zu  Gallus  früheren  elegischen  dichtungen  passte 
freilich  dies  neue  unternehmen,  um  dessenwillen  er  von  Verg.  so 
glänzend  gefeiert  wird,  sehr  wenig,  und  dessen  hat  Verg.  auch  kein 
hehl,  ja  er  spricht  es  aus,  diese  geistige  Verwandlung  sei  nicht  minder 
grosz  und  auffallend  als  auf  leiblichem  gebiete  die  erzählten  meta- 
morph osen  von  in  löwinnen  und  bäume  verwandelten  mädchen. 
des  Verg.  urteil  über  sein  geschick  und  seinen  erfolg  liegt  uns  vor 
äugen,  wir  wollen  aber  nicht  übersehen  dasz  Ovidius,  so  hoch  er  die 
Verdienste  des  Gallus  als  elegiker  preist ,  von  seiner  erzählend  be- 
ecbreibcnden  dichtung  schweigt  und  eben  so  Quintilian.  war  es 
Gallus  abschied  von  der  poesie  und  zog  ihn  krieg  und  Staatsver- 
waltung von  dieser  bahn  ab^,  verfolgte  er  wenigstens  seine  Eupho- 
riondichtung  nicht  weiter?  wir  wissen  es  nicht,  wir  halten  uns  an 
deb  Verr,'.  urteil,  der  in  dem  zweiten  verse  der  antistrophe  sagt,  es 
aei  die  loiätung  so  glänzend  ausgefallen,  ne  quis  sit  lucuSy  quo  96 
pliui  ladet  Apoüo.  • 

*  wir  ÜDden  ihn  724  an  der  spitee  eines  in  Aegvpten  eindringen- 
<)cn  heereäf  danach  vertraut  ihm  Octavian  die  Verwaltung  der  provinz 
Argypten  an.  *  die  obige  annähme,  dasz  das  von  Gallus  übersetzte 
gedieht  Kuphorions  dessen  Hesiodos  gewesen  sei,  ist  freilich  nichts  als 
eine   Vermutung,  die  sich    nicht  beweisen  liszt;  aber  sie  erklärt  uns, 

Jahrbucbfr  für  rUst.  philol.  18bU  hfl.  5.  24 


354  WHEolBter:  dee  Vergilias  sechste  eclpge. 

74 — 77 :  wir  haben  oben  aafmerksam  gemacht  auf  den  sprang, 
durch  welchen  Silenns  zu  dieser  partie  gelangt  war.  ein  solcher 
rächt  sich  der  natur  der  sache  nach  nirgends  empfinfllicher  als  da, 
wo  es  gilt  den  fortgeworfenen  faden  wieder  aufzunehmen,  so'  ist  es 
natürlich,  dasz  man  sich  an  dieser  stelle  bald  ein  wenig  peinlich 
berührt  fühlt  durch  das  strophenpaar,  das  nun  noch  nachfolgt  und  zu 
den  beiden,  die  vorangegangen,  nicht  recht  passen  will,  um  so  weni- 
ger ,  je  finsterer  der  Charakter  ist  der  erfireulichen  yerwandlung  des 
Gallus  gegenüber;  aber  sie  sind  doch  notwendig,  damit  die  yerwand- 
lung  des  Gallus  nur  als  una  de  muUis  tnutoHanibus  erscheine,  so  ist 
denn  auch  die  wendung  des  zu  ende  eilenden  quid  hquar?  nicht  un- 
angemessen und  nur  mit  Flach  die  eintönigkeit  des  tum  caitiU^  refert, 
quid  loquar  zu  tadeln,  es  erscheint  demgem&sz  noch  ein  metamor- 
phosenpaar,  Skylla  und  Philomele,  jede  in  vierzeiliger  atrophe. 

Was  die  erste  anbelangt,  so  steht  ja  wol  die  lesart  fast  aller 
hss.  und  des  Servius  quid  loquar  aut  ScyUam  als  so  allgemein  aner- 
kannt da,  dasz  es  überflüssig  ist  ein  wort  darüber  zu  yerlieren.  Voss' 
und  Wagners  entscheidung  fUr  quid  loquar  ui  beruht  nur  auf  einer 
yerkennung  der  rhetorischen  natur  der  alten  sprachen,  in  welchen 
das  erste  aut  so  entschieden  auf  das  zweite  hinweist,  dasz  der  aoc. 
ScyUam  sich  damit  sofort  dem  zweiten  Terei  arius  an  die  seite  stellt 
und  der  inf.  narrasse  im  zweiten  gliede  ein  mutatos  esse  postuliert 
damit  thun  sie  dann  beide  in  gleicher  weise  ihre  abhftngigkeit  Yon  dem 
iä  narraverü  kund,  dasz,  wie  Voss  meint,  quid  loquar  ScyUam  heisien 
könne  'was  soll  ich  noch  von  Skylla  reden?'  und  bloss  platt,  nicht 
sprachlich  unmöglich  sei,  bezweifle  ich.  ein  acc.  ist  überall  selten  bei 
loqui,  es  sei  denn  ein  a^j.  im  neutrum,  wie  fälsck^  ficta  oder  das  abs- 
tractum  eines  solchen ,  ddiramenta^  monstra^  poiiettta  1oqm\  wenn 
aber  Plautus  Men.  322  müUereSy  parasüos  lo^  oder  Horatius  carm. 
IV  15y  1  prodia  loqui  sagt,  so  ist  das  etwas  ganz  anderes  als  was 
hier  ScyUam  loqui  heiszen  soll :  denn  mit  einem  *die  Skylla  im  munde 
führen'  ist  es  hier  nicht  gethan,  sondern  es  soll  etwas  gans  bestinim- 
tes  von  ihr  ausgesagt  werden,  es  ist  also  zu  constmieren:  quid  loquar 
{quidmuUa  verbafaäam)  aut  ut  narraverü  ScyUam  vexasseetlaeerasse 
aut  Terei  artus  mutatos  esse?  von  einem  Wechsel  der  constmotioB, 
den  Jahn  an  dieser  stelle  zu  rechtfertigen  sucht,  ist  gar  nicht  die 
rede,  dagegen  kann  man  Verg.  nicht  freisprechen  von  dem  Vorwurf 
die  Skylla  in  der  sidlischen  meerenge  zu  einer  tochter  des  Nisos 
gemacht  zu  haben.  Ovidius  erzählt  die  Verwandlung  beider,  die  der 
Nisustochter  in  eine  schopflerche  mä.  VIQ  1 — 160  und  die  der 
andern  Skylla  in  das  bekannte  meerungetüm  XIV  1-— 74.  wessen 
tochter  die  letztere  gewesen  sei,  sagt  er  nicht,  sie  erscheint  XIII 7SS 
in  der  versamlung  der  Nereiden;  aber  nur  eine  sage  nennt  sie  dem 
Ov.  als  menschliche  Jungfrau ,  jedoch  gerade  im  gegensatz  zu  ihrer 


warum  es  gerade  des  Hesiodos  ehren  sind,  die  Verg.  auf  ihn  über- 
trägt, und  die  hirtenflöte  ist  demselben  nicht  mehr  fremd. 


WHEoltter:  des  Vergilius  Bechste  ecloge.  366 

megarischen  Schwester  als  eine  spröde,  alle  liebesantrftge  abweisende, 
den  Seejungfrauen  sich  anscblieszende,  von  Oalatea  getadelte,  wenn 
Yerg.  Aen,  VI  286  von  mehr  als  öiner  SkjUa  spricht,  so  hat  er 
Tielleicht  im  hinblick  auf  Lucretins  V  890,  der  freilich  gerade  der- 
gleichen mischgestalten  verwirft,  nicht  etwa  die  beiden  verschiedenen 
SkjUen,  sondern  nur  das  meemngetflm  im  äuge,  dem  er  andere 
Khnliche  grauengestalten  gegenfiberstellt.  Servins  hat  beide  scharf 
unterschieden,  nennt  die  letztere  des  Phorkys  tochter  und  hat 
wesentlich  das  allerdings  nicht  unverdiente  Strafgericht  ttber  Yerg. 
heraufbeschworen,  aber  auch  Verg.  ist  minder  schuldig  als  er  scheint; 
zwar  Servius  weisz  sehr  genau,  dasz  die  zweite  Skylla  tochter  des 
Phorkys  ist;  aberOvidius,  der  sich  nach  dem  ganzen  Charakter  seiner 
poesie  in  mythologische  Studien  musz  vertieft  haben,  weisz  nichts 
Ober  ihre  abstammung  zu  sagen,  er  der  so  gern  mit  patronymika 
spielt,  über  sie  ist  er  stumm ;  mit  dem  namen  des  vaters  fehlte  aber 
Yerg.  das  wichtigste  unterscheidungsmitteL  freilich  hätte  ihn  der 
ganz  verschiedene  Charakter  der  liebestollen  und  der  spröden  lehren 
können,  dasz  er  in  diesen,  offenbar  verschiedenen  mythenkreisen  ent- 
nommenen figuren  ein  paar  namensschwestem  vor  sich  habe;  aber 
die  eine  gehört  den  ältesten  vorhomerischen  mythen  an,  und  von 
ihrer  genealogie  ist  nicht  die  rede ;  so  ist  ihm  dieser  gedanke  nicht 
gekommen,  aber  es  enthält  diese  strophe  noch  worte,  die  mir  der 
nötigen  beachtung  zu  entbehren  scheinen:  qHom  fama  seaäa  est. 
man  faszt  sie  gewöhnlich  «s  quam  fama  est\  ist  das  zulässig?  darf 
man  glauben  dasz  der  dichter  mit  secuta  nichts  habe  sagen  wollen? 
wenn  man  nicht  gezwungen  wird,  gewis  nicht,  aber  die  worte  haben 
der  stelle  unsegen  gebracht;  zu  diesem  quam  hat  man  offenbar  die 
Infinitive  vexasse  und  lacerasse  gezogen,  als  man  das  erste  aut  aus- 
merzte; ibt  aber  SqfUam  dazu  das  subject,  so  gehört  hinter  secuta 
est  ein  komma,  und  fama  ist  mit  groszem  nachdruck  gesagt  für 
fama  maior,  insolita,  inter  omnes  fk>ta.  so  erst  gewinnt  die  stelle 
ihre  abrundung.  Servius  findet  den  ausdruck  vexasse  viel  zu  schwach 
und  meint,  es  müsse  evertisse  heiszen;  aber  die  vergleichung  von 
Od.  ^  215  zeigt  ihn  correct;  von  der  Skylla  kann  man  nicht  sagen 
ftertit  raiefn ;  dem  angelnden  fischer  gleich  raubt  sie  (mit  schlangen- 
armen V)  dem  Odysseus  sechs  geführten  von  den  ruderbänken,  die  er 
als  zappelnde  und  hilferufende  in  der  luft  schaut  und  durch  deren 
beraubung  das  schiff  in  not  und  bedrängnis  gerathen  mag  {vexatur)^ 
aber  doch  nicht  der  Vernichtung  preisgegeben  wird,  die  entführten 
mögen  wir  dann  vor  den  äugen  der  gefährten  von  greulichen  See- 
hunden auf  offenem  meere  zerfleischt  und  verschlungen  denken,  aber 
Servius  verband  wahrscheinlich  qtuim  fama  est  vexasse,  und  meinte 
so,  dasz  man  einen  energischem  ausdruck  erwarte. 

Auch  an  IhiUdiias  rotes  hat  man  anstosz  genommen,  allerdings 
bat  Odysseus  nur  noch  t*in  schiff,  und  die  welche  er  bereits  verloren 
bat  Skylla  nicht  bedrängt;  aber  Odysseus  ist  auch  nicht  der  einzige 
der  diese  fahrt  gemacht  hat,  die  Argoist  glücklich  hindurchgekommen 

24* 


366  WHEolster:  des  Vergilius  sechste  ecloge. 

(\i  70),  die  fahrt  ist  der  Eirke  wol  bekannt  {\i  39),  und  der  ÖCT€6q>tv 
mc  bei  den  Seirenen  zeigt,  dasz  es  mehr  waghalsige  schifier  auf 
diesen  pÜEiden  gegeben  hat,  die  der  einladung  einzukehren  nicht 
widerstanden ,  wie  der  schlaue  könig  Ton  Ithake ,  der  das  utüe  und 
didce  zu  verbinden  wüste,  dasz  es  sSmtlich  Dulichieehe  schiffe  ge- 
wese/i ,  iKszt  sich  freilich  nicht  behaupten ,  aber  mehr  oder  weniger 
aus  Dulichions  nShe,  aus  Griechenland  waren  sie  denn  doch:  denn 
die  fahrt  musz  doch  von  den  ungetttmen  des  westen  nach  Griechen- 
land gegangen  sein. 

Die  antistrophe  78 — 81  bringt  uns  die  Verwandlung  des  Tereus 
und  der  Philomele  in  vögel.  Heyne  hat  hier  mancherlei  anstosz  ge- 
nommen;  aber  mit  recht  sagt  Wagner:  ^nihil  in  his  obscunun.'  das 
qi§o  cursu  erlfiutert  vortrefflich  Ov.mä.YlQQ  *mit  welcher  Schnellig- 
keit', auf  der  ersten  stufe  ist  es  nur  flttgelschneller  lauf:  oarpora 
Cecrapidufn  pennis  pendere  putares]  auf  der  zweiten  breiten  de 
vmrklich  flttgel  aus:  pendebant pennis.  ebenso  finden  wir  dort  die 
dona  Phüamdae  wieder:  658  Ityosque  capui  Phüomda  cruenium 
misU  in  ora  patris.  die  deserta  passen  ganz  fttr  die  nachtigall,  die 
nicht  wie  storch  und  schwalbe  an  den  menschlichen  Wohnungen 
nistet,  sehr  unglücklich  ist  der  einfall  des  Servius  das  deserta  pelierit 
und  supervolüaverU  durch  den  act  der  Verwandlung  zu  scheiden  und 
das  erste  auf  die  zeit  vor ,  das  andere  auf  die  zeit  nach  derselben  zu 
beziehen,  er  setzt  sich  damit  in  directen  Widerspruch  zu  dem  dichter: 
denn  das  ante  v.  80  kann  doch  nichts  anderes  bedeuten  als  antequmn 
deserta  peteret ,  so  dasz  ihm  das  supervolitare  vorausgeht  (Servius : 
deserta  petierU  potest  ad  hominem  referri]  sua  teda  stipervcmuwerii^ 
hoc  ad  avem  pertind).  in  anderer  beziehung  unglücklich  ist  Kibbeeks 
coi^gectur  aUe:  denn  das  ist  wider  die  natur  der  nachtigaU,  welche 
Unterholz  und  gebüsch  sucht  und  den  hohen  bäum  wie  das  mensehen- 
haus  flieht,  dies  so  wie  das  stia  teda  passt  mehr  für  das  unruhige 
flattern  der  schwalbe,  aber  es  liegt  der  darstellung  eine  hübsche 
hindeutung  auf  die  gemütszustände  zu  gründe :  das  erste  gefUil  der 
Philomele  ist  der  schmerz  ihr  kind  der  räche  geopfert  zu  habtn, 
darum  kann  sie  von  ihrem  hause,  dem  Schauplatz  ihrer  unthaty  nicht 
lassen,  dann  faszt  sie  sich,  um  ihr  endloses  leid  im  liede  aussnatbieii. 
oder  wSre  etwa  ipse  zu  lesen,  dasz  der  letzte  vers  der  antistrophe  lu 
deren  anfang  Terei  mutatos  artus  zurückkehre?  nur  Tereus  oder 
Prokne ,  scheint  es ,  kann  teda  sua  supervdUtare, 

Ausgeklungen  ist  damit  allerdings  das  lied  des  Silemis  nodi 
nicht,  nur  abgebrochen:  der  dichter  weisz  noch  von  weiteren,  hier 
nicht  erwfthnten  gegenständen:  omnia  canü  beginnt  er  die  schloBi- 
strophe^®:  am  Eurotas  hat  Apollo  mehr  gesungen  {mediiahts  ed^ 
^eXeräv),  und  der  gott  stiftete  dort  ein  'monumentum  aere  perentaiut* : 
er  liesz  jeden  lorbeer  des  thales  sein  lied  lernen,   so  wird  es  denn 


1*  über  Voss*  einfall  dieselbe  dem  Gallas  beizulegen  kann  man  nur 
Flach  beistimmen. 


WHEolster:  des  Vergilius  sechtto  edoge.  357 

dort  als  Volkslied  tönen,  aber  wann  sang  es  Phoebos?  wie  wenn 
sich  eineantwort  darauf  geben  liesze?  hatetwaOyidiasme^.X205ff. 
uns  dieselbe  bewahrt?  wo  Apollo  spricht:  te  liprapuisa  manu^  tecar- 
mitM  nostra  sonabunt^  flosque  novus  scripta  gemUus  imitcibere  nostros 
.  .  .  nee  genuisse  pudd  Sparten  Hyadnthon^  honcrgue  durat  in  hoc 
aevi,  cdebrandaque  mare  priorum  annua  pradata  redeunt  Ifyacinikia 
pampa.  wir  finden  hier  das  lied  des  gottes  und  die  metamorpfaosa 
verbunden;  nur  dasz  Apollo  neben  der  des  Hjakinthos  auch  von 
anderen  metamorphosen  gesungen  habe  oder  dasz  an  den  Hjakin- 
thien  davon  gesungen  sei,  ist  nicht  gesagt,  scheint  aber  doch  nicht 
unwahrscheinlich. 

Ueber  die  form  der  Hjakinthienfeier  spricht  Athenaios  IV  17 
s.  139  *:  xopoi  T€  veavicKuiv  ira^nXiiSeic  eic^pxovrai  xal  tuiv  im- 
Xuipiuiv  Tivd  iTOiiifidTuiv  dbouciv ,  öpxiiCTai  t€  dv  toutoic  dvofic- 
MiTMCVOi  Tf)v  Kiviiciv  dpxa'iKf|v  uirö  töv  aöXöv  kqI  Tf|v  dihi\v  iroioiiv- 
rai.  vgl.  vor  allem  Unger  Mer  Isthmientag  und  die  Hyakinthien'  im 
Philol.  XXXVII 8.  1 — 42.  das  grab  des  Hjakinthos  zeigte  man  nach 
Paus.  III  19,  3  auf  dem  thron  des  Amjklaios,  wo  es  die  form  eines 
altars  hatte,  auf  dem  ihm  bei  der  feier  vor  dem  opfer  des  Apollon  ein 
toten  opfer  (dvdincfia)  dargebracht  wurde,  die  feier  war  in  der  vater* 
Stadt  des  Hjakinthos  Amjklai  so  gl&nzend ,  dasz  die  krieger  dazu 
regelmäszig  aus  dem  felde  nach  hause  kamen  (Xen.  Hell.  IV  5,  11). 
Apollon  hatte  den  unglücklichen  jttngling"  durch  einen  diskoswurf 
getötet  und  aus  seinem  blute  die  bekannte  blume  erweckt,  auf  deren 
blfttter  er  seine  klage  al  aT  schrieb,  ihm  ward  ein  dreitftgiges  natur- 
fest gefeiert,  dessen  erster  tag  durch  totenopfer  und  trauermahle 
bezeichnet  war ,  wUbrend  die  andern  mit  paianen  unter  kithar-  und 
fl5tenbegleitung  durch  processionen  und  spiele  begangen  wurden, 
leider  ist  über  den  inhalt  der  paiane  nichts  überliefert.  *'  aber  Pau- 
^anias  sagt  uns  III  19,  4  dasz  auf  dem  altar  Demeter,  Persephone 
und  Pluton  nebst  Moiren  und  Hören  abgebildet  waren  ^  und  neben 
ihnen  Aphrodite ,  Athena  und  Artemis  vereint ,  um  den  Hjakinthos 
nebst  seiner  scb wester  Poljboia,  die  als  Jungfrau  gestorb^,  in  den 
bimmel  einzuführen,  wer  gedenkt  dabei  nicht  dessen  was  Ovidins 
«singt  met,  X  162  ff.:  ^  quoque,  Amyclide ^ posuissä  in  aethere  Fhoe- 
b%L8y  tristia  si  spatium  ponendi  fata  dedissent.  qua  licet y  aetemus 
tarnen  es;  quotiensque  repeUit  ver  hiemem,  JPiscique  Aries  9%tccedü 
aquoso ,  tu  totiefis  oreris  viriäiqae  in  caespite  flares. 

Aber  führen  uns  so  einige  spuren  auf  eine  dichtung  der  Hja- 
kinthien  (von  einer  dichtung  des  Apollon  für  die  Kameia  weisz  ich. 
keine  spur),  so  tritt  uns  sofort  auch  wieder  ein  starkes  bedenken 
entgegen :  in  einem  solchen  liede  müsten  wir  doch  vor  allen  dingen 
den  naroen  des  Hjakinthos  erwarten,   der  einwand  wäre  durch- 

1*  wenn  Unger  ao.  8.  28  ausspricht,  es  möge  der  Up^c  \6yoc  dem 
auf  ans  gekommenen  mythos  fremd  genng  gewesen  sein,  so  ist  das  zu- 
tufreben,  aber  darum  erheischt  doch  nicht  minder  dieser  ebenfalls  seinen 
anhaltsponct.        ^  Unger  sucht  eine  Tiel  iKagere  festxeit  in  erweisen. 


358  JSitzler:  zu  Eallinos  und  Tyrtaloa. 

schlagend,  wenn  es  nicht  offenbar  w&re^  wie  stark  Verg.  sein  grie- 
chisches original  umgestaltet  hat  —  hat  etwa  Gkkllüs  den  durch  die 
obigen  gottheiten  in  den  himmel  eingeführten  Hjakinthosverdrftngt? 
wer  mag  ja,  wer  nein  sagen?  wird  man  behaupten,  dasz  die  an- 
lehnung  der  metamorphosendichtung  an  ivcrfic^orra  —  die  mehrzahl 
der  metamorphosen  ist  von  trübem,  tragischem  Charakter  —  ein 
bloszer  müsziger  einfedl  sei?  immerhin :  für  die  uns  gesteUte  aufgäbe 
trftgt  das  nichts  aus ,  und  wenn  das  gesagte  auf  die  frage  nach  der 
entwickelung  und  samlung  der  metamorphosendichtungen  etwas 
nachdrücklidier  hinwiese ,  so  würde  schon  das  ein  gewinn  sein. 

Die  letzten  zeilen  des  gedichts  haben  keine  erhebliche  Schwierig- 
keiten ^  sind  aber  doch  nicht  ganz  ohne  solche,  dasz  der  dichter  uns 
die  erfolge  von  Silenus  gesang  vorführt,  ist  in  der  Ordnung,  die 
vaUes  pulsae  dürfen  wir  wol  sicher  auf  die  Zuhörerschaft  deuten ; 
aber  ob  der  vom  Widerhall  getroffene  Olympus  ^  wie  Schaper  meint, 
noch  gern  dem  Silenus  gelauscht  hfttte,  ist  mir  doch  etwas  bedenk- 
lich, ohne  dasz  ich  etwas  besseres  an  die  stelle  zu  setzen  wüste. 

[Schapers  aufeatz  in  dieser  Zeitschrift  1878  s.  859 — 863,  der, 
nachdem  dies  längst  geschrieben  war,  in  meine  hSnde  kam,  hat  an 
meiner  ansieht  nichts  geftndert.] 

Eutin.  Wilhelm  Hbinrioh  Eolstbr. 


47. 

ZU  KALLmOS  UND  TYRTAIOS. 


Nach  besprechung  der  meinung  des  Eallisthenes ,  dasz  Sardeis 
dreimal  erobert  worden  sei,  zuerst  von  den  Eimmeriem,  dann  von 
den  Trerem  und  L jkiem  und  zuletzt  von  Kjros,  fährt  Skabon  XIII 
627  folgendermaszen  fort:  X^yovtoc  hk  ToO  KaXXtvou  Tf|V  &pobov 
Tuiv  Kimi€p{u)v  i-aX  Touc  *Hciovflac  (oder  'Hciovf)ac)  TCTOV^vai, 
xaO'  i^v  ai  Cdpbeic  ^äXu)cav,  elKdlouciv  oi  irepl  töv  CioVinov 
iacTi  X^T€c6at  'Hciovetc  touc  'Actovefc  aus  diesen  Wor- 
ten ersehen  wir  dasz  man  schon  zur  zeit  Strabons  nicht  mehr  woate, 
wen  Eallinos  mit  'Hctov€ic  bezeichnet  hatte,  dasz  dieser  name  nidit 
gleich  'Aciov€tc,  wie  Strabon  anführt,  sein  kann,  leuchtet  sofort  ein; 
aber  was  bedeutet  er?  bei  Stephanos  von  Bjzanz  heiszt  die  geg end 
um  Sardeis  'Hciovia:  demnach  hieszen  die  bewohner  'Hciovctc; 
aber  dieser  name  scheint  eben  gerade  nach  unserer  steUe  getaOdet 
zu  sein,  zudem  war  ja  der  zug  der  Eimmerier  nach  des  KaUinos 
darsteUung  nicht  sowol  gegen  Sardeis  als  vielmehr  gegen  Epbesos 
und  die  lonier  gerichtet,  dies  sah  denn  auch  Hesjchios  richtig 
ein:  denn  er  erklärt  *Hciov€ic  mit  o\  Tf|V  'Aciav  oIkoOvt€C  '"EXXtivcc 
mag  er  nun  damit  jenes  'Acioveic  nur  eingeschränkt  oder  aber  nach 
seiner  mutmaszlichen  bedeutung  ausgelegt  haben,  jedenfiJla  aohttini 


JSitzler:  zu  KallinoB  und  lyrtaiof.  369 

er  mir  das  richtige  getroffen  zu  haben,  die  kleinasiatischen  Griechen 
werden  unter  dem  namen  "'luivec  zusammengefaszt.  die  ältere  form 
dieses  namens,  wie  wir  ihn  bei  Homer  N  685,  wenn  auch  nicht 
lar  bezeichnung  der  kleinasiatischen  Griechen,  finden,  lautet 
Ictovec.  ihre  heimat  heiszt  davon  läovia:  vgl.  Nikandros  bei 
Athen.  XV  683^  1äoviii6€  *aus  lonien'.  hiervon  bildete  man  wieder 
zor  bezeichnung  der  einwohner  läovuic,  das  sich  zu  1dov€C 
gerade  so  verhält  wie  zb.  Aäcovieic  zu  Aficovec.  wenn  wir  also 
statt  'Hciovfiac  1iiovif)ac,  das  die  ionische  form  statt  löovieic  ist, 
schreiben ,  so  werden  wir  das  wort  haben ,  das  ebenso  gut  der  er- 
klärung  des  Hesychios  wie  unserer  stelle  entspricht. 

Tyrtaios  fr.  11,  27  lautet  gewöhnlich: 

^pbujv  b '  ößpi^a  fpta  bibacK^cOuj  iroXe^iZeiv. 
Härtung  bemerkt  dazu :  ^allein  wenn  einer  bereits  ößpi^a  £pTa  zu 
thun  vermag,  so  braucht  er  das  iroXe^iiZeiv  nicht  erst  noch  zu  lernen', 
und  nimt  dann  Bergks  conjectur  Spöeiv  .  .  iroXe^Uluiv  auf.  iroXe^t- 
Zujv  gibt  auch  Arsenios.  wie  nun  aber,  wenn  Spbuiv  nicht  bedeutet 
'indem  er  verrichtet',  sondern ,  wie  auch  sonst  das  part.  praes.,  'in- 
dem  er  zu  verrichten  sucht'?  ich  denke,  gerade  das  würde  dann 
trefiTlich  zu  bibacK^cOui  iroXe^iZeiv  passen,  und  dann,  liesze  sich 
denn  nicht  gegen  Spbciv  . .  iroXe^iZuiv  ganz  derselbe  einwand  gel- 
tend machen :  'wenn  einer  schon  zu  kämpfen  vermag,  braucht  er  das 
ößpifia  fpta  ^pbeiv  nicht  erst  noch  zu  lernen',  vorausgesetzt  natür- 
lich dasz  das  TToXejbiUleiv  in  dem  ößpifm  £pTa  Spbeiv  besteht ,  wie 
Härtung  annimt.  von  dieser  seite  also  wird  unsem  vers  kein  be- 
gründeter tadel  treffen,  trotzdem  aber  scheint  mir  der  vers  in  seiner 
aberlieferten  gestalt  unhaltbar;  ich  sehe  nemlich  nicht  ein,  wie  man 
öibacK^cduj  erklären  will,  im  gedichte  werden  die  alten  Spar- 
taner und  die  V ^01  angeredet;  beide  aber  verstehen  das  kriegshand- 
werk  schon  gut,  wie  v.  7  f.  zeigen,  also  wozu  erst  lernen?  aber 
auch  wenn  man  bibdCKecOai  in  der  bedeutung  lehren,  wie  es  bei 
Pindaros  Ol.  8,  59  gebraucht  ist,  nehmen  wollte,  hätte  man  dadurch 
nichts  gewonnen:  wo  kein  lernender  ist,  ist  auch  der  lehrer 
aberflüssig,  so  glaube  ich  denn  dasz  bibacK^cGui  verschrieben  ist 
aus  dem  seltnem  iTiq>auCK^c6u)  und  dasz  der  vers  geheiszen  habe : 

£pbu)v  b'  ößpifia  fpTtt  irtqpaucK^cOu)  iroXcMi^uiv, 
letzteres  mit  Arsenios.  der  acc.  6ßpt^a  fpTOi  gehört  sowol  zu  £pbuiv 
als  zu  TTiq)auCKecdui ;  zu  beidem  aber  gibt  iroXe^üIuiv  die  nähere  be- 
stimmung:  'im  kämpfe  soll  er  gewaltige  kriegsthaten  aufweisen,  sie 
verrichtend.'  zu  dem  acc.  bei  inq)auCK€c9ai  vgl.  Hom.  M  280.  0  333 
und  besonders  0  07  ola  Zeuc  Igja  iTiq>auCK€Tai,  wo  schol.  BL 
^vbciKVurai  erklärt. 

Tauber BiscHOFSHEiM.  Jacob  Sitzleb. 


360     £Heydßnreicli :  anz.  v.  Poetae  latini  minores  ed.  EBaehrens.  toL  I. 

48. 

POETAE   LATINI    MINORES.      REOENSUIT    ET    EMENDAYIT    AeMILIUS 

Babhbens.     VOLUMEN  I.     Lipsiae  in   aedibns  B.  G.  Teubneri. 
MDCCCLXXIX.    XIII  und  239  b.    8. 

Nachdem  durch  den  Sammeleifer  eines  Scaliger,  Pithoeas»  NHein- 
sins  na.  aus  fast  ganz  Europa  die  Überreste  der  kleineren  dichtnngen 
der  Römer  gesammelt  und  durch  Burman  zu  der  voluminösen  latei- 
nischen anthologie  zusammengefaszt  waren,  muste  es  die  aufgäbe 
der  spätem  philologen  sein ,  den  handschriftlichen  apparat  der  an- 
gesammelten dichtungen,  der  oft  falsch  beurteilt  und  unrichtig  ge- 
braucht war,  mit  der  strenge  gereifterer  kritik  zu  prtlfen  und  ins- 
besondere von  dem  echten  stamme  wirklich  lateinischer  poesie  die 
fiLlschungen  der  humanisten  und  samler  zu  trennen ,  welche  in  dem 
streben  ihre  Vorgänger  durch  neue  funde  zu  übertreffen  oft  gerade 
da  neuen  stoff  anhäuften,  wo  beschränkung  und  Verwerfung  des  un- 
echten gefordert  war.  diese  aufgäbe  zu  lösen  machte  Rieses  neue 
ausgäbe  der  lat.  anthologie  den  anfang,  der  sich  nunmehr  der  vor- 
liegende erste  band  von  Baehrens'  ^poetae  latini  minores'  anschlieazt. 

Auch  Baehrens  beschränkt  wie  Riese  den  umfang  des  von  ihm 
zu  bearbeitenden  materials  auf  die  hsl.  besonders  überlieferten  dieh- 
tungen.  man  kann  dem  nur  beistimmen,  denn  was  an  einzelnen 
poetischen  bruchstücken  von  anderen  autoren  citiert  wird,  kann  man 
bei  diesen  nachschlagen,  und  es  ist  in  der  that  fiberflüssig  derglei- 
chen mit  Wemsdorf  au&unehmen.  die  metrischen  insohrifken  aber 
werden  um  so  weniger  vermiszt  werden,  als  sie  in  Büchelers  hand 
wol  und  sicher  angehoben  sind,  auch  die  ausschlieszung  der  tcesi- 
sehen  und  der  specifisch  christlichen  gediohte,  wie  des  über  Sodon, 
ist  gerechtfertigt,  einerseits  durch  Ribbecks  arbeiten,  anderteitt 
durch  den  dem  olassischen  altertum  gänslich  abgewandten  stoff. 

Bedenklicher  ist  die  chronologische  anordnung  im  gegensats  zu 
den  früheren  hgg.,  die  nach  den  behandelten  materien,  und  zu  Rieae, 
der  an  der  hand  der  manuscripte  ordnete,  wol  läezt  sich  für  jede  der 
drei  weisen  etwas  gewichtiges  vorbringen,  aber  es  ist  doch  recht 
störend,  dasz  zb.  in  dem  vorliegenden  bände  astronomische,  elegisohey 
religiöse,  historische  und  panegyrische  dichtung  ohne  stoffliche  ord* 
nung  durch  einander  liegt  und  dasz  das  was  materiell  zusammen- 
gehört, wie  die  Aratea  des  Cicero  und  Qermanicns,  durch  disparate 
Stoffe  getrennt  ist  es  kommt  dazu  dasz  die  von  B.  eingehaltene 
Ordnung  auch  an  sich  erheblichen  bedenken  räum  Iftszt.  seine  zeit* 
ansätze  stehen  zuweilen  den  ansichten  der  grösten  autoritftten  feind- 
lich entgegen  und  bedürfen  sehr  der  bestätigung.  während  zb.  Mit 
MHaupts  abhandlung  über  die  'consolatio  ad  Liviam'  man  die  on« 
echtheit  dieses  gedichtes  fast  allgemein  angenommen  und  seine  ent- 
stehung  ins  fünfzehnte  jh.  gesetzt  hat,  sieht  B.  in  dem  unbekann- 
ten Verfasser  einen  römischen  ritter  des  Augustischen  Zeitalters, 
ebenso  steht  es  mit  den  ^elegiae  in  Maecenatem'  bei  B.  s.  122  ff.: 


EHeydenreich :  anz.  y.  Poetae  latiiii  minorei  ed.  EBaehreni.  yoL  I.     361 

während  Haupt  usd  Ribbeck  diese  ftlr  gedichte  einer  sp&ten  zeit 
halten,  sagt  B.  mit  einer  bestimmtheit  die  zweifei  keineswegs  aufhebt, 
s.  122:  ^mihi  nulla  plane  dubitatio  est,  quin  sab  ipso  Maecenatis 
obita  et  facta  et  edita  sini'  ich  möchte  daher  glauben,  dass  unter 
den  drei  möglichen  und  versuchten  anordnungen,  der  sachlichen, 
himdsehriftlichen  und  chronologischen,  die  letztgenannte  nicht  die 
wenigsten  bedenken  gegen  sich  hat. 

Den  hsl.  apparat  hat  B.  durch  reisen  nach  Italien,  Frankreich, 
England  und  Belgien  zusammengebracht,  die  sehr  fibersichtlich 
mitgeteilten  lesarten  nehmen  daher  einen  bedeutenden  räum  ein,  oft 
die  hftlfte  der  druckseite,  zuweilen  noch  mehr,  es  ist  aus  diesem 
gründe  nur  mit  dank  zu  begrttszen,  dasz,  wo  es  ohne  schaden  ge* 
schehen  konnte,  der  apparat  entlastet  worden  ist.  wenn  also  B.  von 
vom  herein  ablehnt,  quisquilien  wie  e  für  oe,  c  für  i,  oder  abbrevia- 
turen  wie  edit  für  oondit  aufzunehmen,  so  ist  das  ebenso  gerecht- 
fertigt wie  sein  verfahren  die  lesarten  von  ganz  wertlosen,  jüngeren 
und  interpolierten  hss. ,  wie  mehrerer  Vaticani  von  des  Oermanicus 
Aratea,  ganz  bei  seite  zu  lassen. 

Deber  die  grundsätze  der  textgestaltung,  die  B.  für  jeden  ein- 
zelnen der  von  ihm  behandelten  dichter  befolgt,  geben  specielle  An- 
leitungen auskunft:    ich  wende  mich  zunftchst  zu  Cioeros  Aratea, 
mit  denen  der  vorliegende  band  anhebt,   für  diese  hat  B.  zwei  hss« 
verglichen,  den  cod.  Harleianus  647  und  den  cod.  Dresdensis  183. 
dasz  die  lesarten  einer  anzahl  anderer  hss.,  blosser  copien  des  Har- 
leianus, gänzlich  unterdrückt  sind,  dem  wird  man  nur  zustimmen 
können,    dagegen  scheint  mir  für  den  genannten  Dresdensis  der 
B.sche  ansatz  des  zehnten  jh.  nicht  richtig;  vielmehr  musz  ich  an 
dem  in  dieser  Zeitschrift  1878  s.  46  auch  für  die  Aratea  des  Cicero 
von  mir  gemachten  ansatz  des  neunten  jh.  festhalten,  da  die  schrift- 
Züge  durchgängig  dieselben  sind  und  meine  auf  dieselben  bezüg- 
lichen bemerkungen  (rhein.  mus.  XXXUI  s.  479),  welche  zunächst 
auf  die  in  dieser  wertvollen  hs.  enthaltenen  und  noch  nicht  ver- 
öffentlichten lesarten  der  Germanicnsscholien  sich  beziehen,  auch  auf 
die  Aratea  des  Cicero  anwendung  finden,    zeichen  wie  das  schon  im 
zehnten  jh.  verschwindende  a  für  A  gestatten  höchstens  diesen  per- 
gamentcodex  in  quart  in  den  anfang  des  zehnten  jh.  zu  setzen,  in- 
dicieren  aber  mit  gröster  Wahrscheinlichkeit  das  neunte,   für  Cicero 
waren  die  lesarten  dieses  codex  noch  nicht  benutzt,  für  Hyginus  bietet 
er  einen  der  drei  bestorhaltenen  texte  (s.  hierüber  meine  schrift  über 
die  Freiberger  Hygin-hs.  s.  26) ;  von  den  Oermanicusscholien  bietet 
er  drei  im  rhein.  mus.  ao.  veröffentlichte  neue  fragmente  und  enthält 
auKzerdem  mehrere  astronomische  abhandlungen ,  deren  text  eben- 
falls älter  ist  als  eine  erhebliche  anzahl  auszerdeutscher  hss.,  deren 
lesarten  ich  der  freundlicbkeit  der  hm.  Bursian  und  GLöwe  verdanke, 
dadurch  also   dasz  B.  diesen  codex  collationierte  und  verwertete, 
hat  er  sich  um  die  gestaltung  des  textes  ein  verdienst  erworben,  das 
durch  meinen  altem  ansatz  dieser  hs.  in  ein  noch  helleres  licht  tritt. 


362     EHeydeDreich:  anz.  v.  Poetae  latini  minores  ed.  EBaehrena.  voL  I. 

Auch  in  den  übrigen  teilen  dieses  seines  ersten  bandes  bat  B.  fast 
durcbgttngig  sehr  beachtenswerte  alte  hss.  zu  gründe  gelegt :  fttr  die 
Cynegetica  des  Gratius  den  cod.  Vindob.  277  (früher  387)  saec  IX, 
den  schon  Haupt  verwertete  und  den  für  B.  Isidor  Hilberg  neu  coUa- 
tioniert  hat,  sowie  den  Paris.  8071  saec.  IX— X ;  für  die  Priapea,  deren 
hss.  meist  nur  bis  ins  15e  jh.  zurückgehen^  den  Laur.  pL  33,  31  saac. 
XrV;  für  die  'elegiae  in  Maecenatem'  als  ältesten  einen  Monaoensis 
saec.  XI,  dem  sich  eine  reihe  jüngerer  hss.  anschlieszt.  für  die  *pre- 
catio  herbarum'  sind  vor  allem  die  lesarten  jener  sehr  alten  hs.  des 
sechsten  jh.  verwertet  worden ,  die  LMüller  im  rhein.  mus.  XXTIT 
s.  187  ff.  mit  groszer  genauigkeit  beschrieben  hat.  auszerdem  steht 
obenan  der  cod.  Vratisl.  bibL  univ.  m  F  19,  dessen  coUation  B.  der 
freundlichkeit  vonMHertz  verdankt,  und  der  Laur.pl.  73,'41  saec.  XI. 

Einen  besonders  reichen  kriuischen  apparat,  in  dem  mehrere 
hss.  bis  ins  9e.  und  lOe  jh.  hinaufreichen,  haben  die  Aratea  des  0er- 
/  manicus  erhalten,  und  es  kann  nicht  in  abrede  gestellt  werden,  dasz 
die  kritik  dieser  dichtung  durch  B.  einen  groszen  schritt  vorwftrta 
gethan  hat.  doch  ist  das  s.  147  von  B.  gefällte  urteil  über  die  aus- 
gäbe von  Brejsig  unbillig  hart,  zwei  neue,  bisher  in  allen  angaben 
fehlende  fragmente  sind  zu  dem  texte  hinzugekommen. 

Weniger  bin  ich  mit  dem  verfahren  einverstanden,  das  B.  bei 
den  in  zahlreichen  hss.  überlieferten  'carmina  tria  de  mensibus'  ein- 
geschlagen hat.  von  sechs  hss.  werden  hier  vollständige  collationen, 
die  B.  sämtlich  selbst  gefertigt,  zu  gründe  gelegt;  dagegen  wird  eine 
grosze  anzahl  anderer  hss.  nur  mit  auswahl  benutzt,  da  aber  meh- 
rere dieser  hss. ,  zb.  der  Voss.  L  Q  86  saec  IX  und  der  Paris.  7886 
saec  IX  ein  sehr  respectables  alter  haben,  so  würden  vollständigere 
mitteilungen  am  orte  gewesen  sein,  auf  den  wirklichen  wart  des 
von  B.  in  diese  angeblich  unnütze  reihe  gestellten  cod.  SangalL  S50 
saec  XI  für  den  hier  in  frage  kommenden  teil  habe  idh  selbst  in 
dieser  Zeitschrift  1878  s.  416  aufmerksam  gemacht,  dort  glaube  ich 
gezeigt  zu  haben,  dasz  für  die  Sanctgaller  hs.  unzutreffend  ist,  was 
B.  s.  202  von  dieser  und  gewissen  andern  hss.  behauptet:  *hi  lihri 
(manuscripti)  omnes  praeter  notos  errores,  quibus  novi  aooedont, 
proprii  boni  nil  exhibent.'  ist  aber  in  Wirklichkeit  schon  diese  hs. 
des  lln  jh.  zu  beachten,  so  wird  wol  die  Vermutung  gestattet  sein, 
dasz  dies  mit  mancher  andern  der  verurteilten,  insbesondere  der 
älteren  hss.  auch  der  fall  sei.  der  genannte  Sanctgaller  oodsz  ist 
übrigens  derselbe  den  Breysig  für  die  (Jermanicusscholien  ausgebeu- 
tet hat,  und  ich  komme  bei  dieser  gelegenheit  gerne  einem  wnnseha 
Brejrsigs  nach,  wenn  ich  mit  rücksicht  auf  meine  bemerkungen  Aber 
diesen  text  (Freiberger  Hjgin-hs.  s.  20  f.)  noch  besonden  auf  die 
schon  durch  Breysigs  vorrede  bekannte  thatsache  hinweise,  dass  die 
von  Brejsig  verwertete  coUation  von  Hertz  herrührt;  auch  maeht 
Brejsig  mich  brieflich  darauf  aufmerksam,  dasz  dieselbe  hs.  an  der 
stelle  s.  116,  2.  11  (Brejsig)  das  jahrb.  1878  s.  256  von  mir  empfoh- 
lene sort^ibw  wirklich  hat,  nemlich  durch  correotor  aus  iMVitbiis. 


EHeydenreich:  ans.  y.  Poetae  latini  minoret  ed.  EBaehrent.  toI.  I.     363 

Sehr  dankenswert  und  erfolgreich  sind  die  bemfihungen  von  B. 
gewesen  zu  dem  anonymen  gedieht  'de  Augusti  hello  Aegjrptiaco\ 
bisher  gründete  sich  die  kritik  lediglich  auf  die  abschrift  von  Nic- 
colo  Ciampitti  (vol.  Herc.  1. 11,  Neapel  1809).  eine  genauere  colla- 
tion  der  Herculanensischen  papjrrusreste  hat  der  Engländer  John 
Hajter  veranstaltet ;  sie  wird  in  Oxford  in  der  bibliotheca  Bodleiana 
aufbewahrt  eine  neue  vergleichung  dieser  Hayterschen  collation  hat 
Cox  besorgt  und  B.  zur  Verfügung  gestellt,  dadurch  hat  die  einzel- 
kritik  an  Sicherheit  ungemein  gewonnen,  die  modernen  ergftnzungen 
und  Ittcken  des  sehr  zerstörten  textes  sind  trotz  alle  dem  infolge  des 
traurigen  zustandes  jener  reste  von  Herculaneum  noch  sehr  zahlreich ; 
die  ersteren  sind  übersichtlich  durch  den  druck  abgehoben. 

Für  die  Maus  Pisonis'  sind  nur  jttngere  hss.  aufzufinden  und  zu 
benutzen  gewesen,  dergleichen  sind  aber  auch  fttr  die  übrigen  teile 
dieses  ersten  bandes  vielfach  herangezogen  und  verwertet  worden. 

Dieser  ganze,  weitschichtige  kritische  apparat  ist,  wie  dies  von 
einem  so  bewährten  bandschriftenforscher  wie  Baehrens  nicht  anders 
zu  erwarten  war ,  mit  groszer  Sorgfalt  zusammengetragen,  ftlr  den 
oben  besprochenen  cod.  Dresd.  183  bin  ich  speciell  in  der  läge  die 
akribie  von  B.  zu  bestätigen,  schon  lange  vor  erscheinen  des  vor- 
liegenden bandes  hatte  ich ,  wie  die  übrigen  teile  dieser  hs«,  so  auch 
die  Aratea  des  Cicero  collationiert ,  und  ich  habe  vor  kurzem  die 
arbeit  von  B.  mit  meiner  eignen  collation  und  der  hs.  selbst  vergli« 
chen.  trotz  dieser  mehrfachen  controle  habe  ich  keine  wichtige  lesart 
von  B.  übergangen  gefunden,  sondern  kann  nur  einige  kleinigkeiten 
nachtragen,  wie  dergleichen  bei  der  collation  einer  kloinen,  oft  minu- 
tiösen minuskelscbrift ,  in  welcher  der  Dresdener  codex  des  Cicero 
geschrieben  ist,  sehr  leicht  unterlaufen  können,  so  steht  v.  70  nicht 
flamina  in  der  hs.  sondern  ftämifia;  v.  72  fehlt  das  que,  das,  nach 
dem  apparat  von  B.  zu  scblieszen,  dastehen  müste;  v.  191  steht  nicht 
römiserans  da,  wie  B.  besonders  anmerkt,  sondern  ausgeschrieben 
cammiserafis;  v.  455  nicht  caputy  sondern,  wie  an  andern  stellen, 
capud',  V.  463  nicht  abditur,  sondern  das  ganz  falsche  abducitur  ua. 

Dasz  auf  einer  so  breiten  und  sichern  hsl.  grundlage  die  emen- 
dation  des  textes  einen  groszen  fortschritt  gemacht  hat,  läszt  sich 
ebenso  von  vom  herein  erwarten,  wie  es  durch  prüfung  dessen  was 
B.  in  der  textgestaltung  der  poetae  minores  geleistet  hat,  in  reichem 
masze  bestätigt  wird,  doch  glaube  ich  dasz  B.  seine  arbeit  noch  mehr 
gefördert  haben  würde,  wenn  er  im  conjicieren  vorsichtiger  gewesen 
wäre  und  manche  Vermutung  zweifelhaften  wertes,  wenn  nicht  unter- 
drückt, so  doch  wenigstens  nicht  in  den  text  aufgenommen  hätte, 
so  werden  ▼.  49.  50  der  elegie  auf  Maecenas  8.  128  von  B.  so  ge« 
schrieben :    pax  erat :  haec  illos  laxarwü  otia  cuUus. 

somnia  vidores  Harte  sedetUe  decent, 
somnia  ist  conjectur  von  B.  aber  sie  gewährt  so  wenig  einen  passen- 
den sinn,  dasz,  wenn  somnia  in  den  hss.  überliefert  wäre,  man  sofort 
etwas  anderes  dafür  substituieren  mÜste.    die  Überlieferung  onmia 


364     EHeydeDreich :  ans.  y.  Poetae  laÜni  minores  ed.  EBaebrens.  yoI.  I. 

ist  natürlich  ebenso  wenig  richtig,    das  wahre  hat  schon  Meineke 
mit  otia  gefanden. 

Aehnlich  ist  es  mit  v.  45  des  2n  gediohtes  de  memibus^  dea 
B.  so  schreibt  (s.  209) : 

annua  stUcatae  conectens  semma  terrae 
pascU  hiems:  Pkwio  de  lave  cuncta  nuident. 
ccmedens  ist  conjectur  von  B.  für  conieäi  und  andere  corrapte  les- 
arten  der  hss.  doch  ist  auch  hier  ein  wenig  passender  sinn  erzielt, 
ich  selbst  habe  in  dieser  Zeitschrift  1878  s.  416  das  passendert 
comjpkctens  yermutet.  doch  würde  auch  das  nicht  in  den  text  auf- 
zunehmen gewesen  sein,  da  der  ßanctgaller  codex  250  cotHecUms 
bietet ,  so  würde  contedans  zu  schreiben  sein ,  w«nn  es  sich  belegen 
liesze. 

Zu  halten  dürfte  die  Überlieferung  sein  in  der  *laus  Pisonis' 
Y.  209,  der  bei  B.  also  lautet: 

sedpriua  emenso  Titan  vergetur  OVifnnpo^ 

quam  mea  tot  laudes  decurrere  oarmina  possmi. 
vergetur  ist  Yon  B.,  mersetur  Yon  Wemsdorf  für  das  überlieferte 
uersetur  oonjiciert  worden,  da  aber  auch  das  einfache  metior  passi* 
Yisch  Yorkommt,  so  gibt,  wie  mir  scheint,  die  Überlieferung  den  sehr 
passenden  sinn :  'eher  möge  die  sonne  aus  ihrer  himmelsbahn  gehen, 
ehe  ich  mein  lob  aussingen  könnte.'  man  kann  also  ruhig  stehen 
lassen:  sed  prius  e  menso  Tüan  versetur  Olgmpo  usw. 

Anderes,  was  B.  ebenfalls  sofort  in  den  text  au^nommen  hat» 
ist  zwar  an  sich  gut,  steht  aber  hinter  den  Yennutungen  anderer  ge« 
lehrten  zurück,  so  würde  zwar,  wenn  überliefert,  unantastbar  sein 
die  B.sche  Schreibung  in  der  4dn  nummer  der  Priapea : 

veüe  quid  hanc  dicas^  quamvis  sitn  ligneus^  adstana 

ascula  dat  medio  si  qua  fueüa  mihi? 
doch  ansprechender  ist  es,  das  sinnlose  hsL  hastam  statt  dorch  od- 
stims  Yielmehr  durch  adstem  zu  ersetzen,  um  so  den  DorYiUeadiaii 
hexameter  zu  gewinnen:  velle  quid  hanc  dicas^  quanma  $ic  U^neue 
adstem  usw. 

Wenn  ich  nun  in  einigen  einzelheiten  Yon  dem,  was  uns  B.  ge- 
boten hat,  abweichen  zu  müssen  geglaubt  habe,  so  wftre  es  bei  der 
weitschichtigkeit  der  hsL  unterlagen ,  der  fast  erdrückenden  masae 
Yon  lesarten  und  der  groszen  anzabl  schwieriger  stellen  ein  wnader« 
wenn  es  anders  w&re.  im  groszen  und  ganzen  hat  sich  der  hg.  an* 
sem  dank  yoU  Yerdient  und  unsere  kenntnis  der  lateinischen  dicht- 
kunst  um  ein  sehr  beträchtliches  Yermehrt.  spedell  hat  B.  andi 
durch  diese  arbeit  Yon  der  umfassenden  gründlicbkeit  seiner  amge- 
dehnten  bandschriftenforschungen  ein  glänzendes  zeugnis  abgelegt. 
möge  dem  ersten  bände  dieses  Yerdienstlichen  unteraehmemi  rtdbt 
bald  die  fortsetzung  folgen! 

FrEIBBBO  in  SaOHSRN.  EdUAED  HBTPBMftUOB« 


ILHellwig:  zu  Sallortias  [lug.  3].  365 

49. 

ZU  SALLÜSTIUS. 


lug,  3  verum  ex  eis  magiatraius  et  imperia,  posiremo  omms  oura 
rerum  publicarum  minume  mihi  hoc  tempesUäe  cupiunda  videntwr^ 
quoniam  neque  virtuti  honoa  datur  neque  ^,  quibus  per  fraudem  He 
fuU  uH ,  tuti  aut  eo  magis  honesti  sunt,  an  dieser  stelle  haben  schon 
die  abscbreiber  der  hss.  beinahe  sämtlich  anstosz  genommen,  statt 
tt9  liest  man  bei  ihnen  teils  is,  teils  uis^  teils  ius]  u^  ist  vielfach 
ausgelassen,  einmal  ttäi^  doch  alsdann  wieder  fiber  der  seile  snppliert. 
die  hgg.  folgen  in  gröster  Uneinigkeit  den  spuren  der  alten  abscbrei- 
ber: der  eine  entscheidet  sich  für  is,  der  andere  fDr  ius^  der  dritte 
für  vis;  der  eine  streicht  dies,  der  andere  streicht  das.  Eossner  (rh. 
mus.  XXIII  8.  217  f.)  conjidert  decus  statt  iis^  Halbertsma  (Blnem. 
NS.  V  s.  331) Partus,  Zejss  (Philol.  XXX  s.  619)  läszt  alles  so  stehen 
wie  es  in  dem  besten  codex  steht.  Jordan  klammert  iis  ein  and  ent- 
fernt uti  aus  dem  texte :  denn  ^apparet.u/t  iteratione  proximi  vocabuli 
ortum'.   Wirz  endlich  beseitigt  auch  üs» 

Wo  so  viel  bereits  vermutet  und  der  sache  doch  noch  keines- 
wegs beigekommen  ist,  musz  es  verstattet  sein  von  neuem  zu  unter- 
suchen. ' 

Ganz  einstimmig  geben  die  bücher  eo  magis  hanesti,  und  doch 
bereitet  dies  in  allen  bisherigen  restitutionsversuchen  der  Interpre- 
tation Schwierigkeiten,  es  kann  nemlich  die  frcms  und  ein  höherer 
grad  von  honestas  unmöglich  miteinander  etwas  zu  thun  haben :  denn 
es  ist  ja  selbstverständlich,  dasz  ein  ungesetzlich  erworbenes  oder 
durch  ambüus  erschlichenes  amt  nicht  noch  zu  ganz  besonderer  Wert- 
schätzung des  inhabers  beiträgt,  wol  aber  begründet  ein  solches  mög- 
licherweise eine  gefahr  für  den  Usurpator,  man  vermiszt  demnach 
irgend  ein  wort  im  texte ,  wodurch  das  eo  magis  so  zu  sagen  seine 
zureichende  existenzberechtigung  empfienge.  ich  vermute  bis  statt 
iis:  denn  eine  zweimalige  Verwaltung  desselben  amtes  galt  in  ruhi- 
gen Zeitläuften  sicher  für  besonders  ehrenvoll ,  falls  nicht  etwa  die 
lex  Genucia  dabei  verletzt  wurde,  übrigens  findet  sich  auch  diese 
conjectur  in  alten  hss.  —  uti  wird  von  denen,  die  es  im  texte  be- 
halten, gefaszt  als  infinitiv  zu  utar,  und  Dietsch  comm.  s.  116  beruft 
sich  dabei  auf  die  stelle  lug.  110,  3  fuerü  mihi  eguisse  aUquando 
pretium  tuar  amicitiae.  Jordan  ist  so  kühn  uti  zu  streichen,  und  ich 
stimme  ihm  bei,  indem  ich  gerade  an  dieser  stelle  die  redensart  est 
oder  fuit  quihusdam  honos  als  das  notwendig  zu  dem  voraufgehenden 
honos  (tUcui  datur  gehörige  tempus  rei  perfectae  auffasse,  könnten 
wir  demnach  uti  weglassen,  so  verhindern  das  doch  die  hss.,  obwol 
Jordan  (s.  oben)  das  gegenteil  behauptet,  wie  hätte  denn  der 
Schreiber  von  P ,  da  er  doch  tuti  supplierte  und  also  sein  versehen 
gutmachte,  nicht  auch  uti  unterpunctiert,  wenn  es  in  der  vorläge 
nicht  stand?   da  aber  uti  als  coiyunction  oder  adverbium  vollends 


366  LHellwig:  m  SallnstiaB  [lug.  Sj, 

nicht  gehalten  werden  kann,  so  bleibt  nichts  anderes  fibrig  als  eine 
leichte  buchstabenänderung  zu  Tersuchen.  ich  glaube  dasz  sich  statt 
dessen  aut  schreiben  läszt.  aut  —  aut  nach  vorgängiger  negaüon 
würde  dann  mit  Veder  —  noch'  zu  übersetzen  sein,  es  ist  nun  frei- 
lich mislich,  dasz  neque  —  neque  aut  —  aut  bei  Sali,  sich  nicht  findet, 
wenn  schon  es  in  anbetracht  von  or.  Macri  22  neque  aut  —  aui  und 
lug,  84,  3  neque  —  et  aut  —  aut  nichts  yerwunderliches  an  sich  hat, 
▼ielmehr  als  ganz  folgerichtige  bildung  erscheint. 

Ich  würde  also  vorschlagen  zu  schreiben:  neque  iSi,  quibus  per 
fraudem  bis  fuU  (sc.  hanos),  aut  tuH  aut  eo  magis  hanesH  sunt» 
die  stelle  erg&be  dann  folgenden  sinn:  *aber  von  all  den  verachie- 
denen  wegen  sich  beachtung  in  der  weit  zu  schaffen  scheinen  mir 
heutzutage  civil-  und  militärämter,  überhaupt  alle  pflichtmftssige  be- 
schäftigung  mit  Staatsangelegenheiten  recht  wenig  begehrenswert, 
da  ja  curulische  ämter  einem,  der  sich  blosz  auf  seine  tüohtigkeit 
stützen  will,  überhaupt  nicht  zufallen  und  diejenigen,  die  sie  er- 
schlichener weise  zweimal  innehatten ,  weder  für  ilve  person  sicher 
sind  noch  um  so  mehr  in  ehren  stehen.' 

Der  rest  des  capitels  nam  vi  quidem  regere  patriam  autparen- 
tesj  quamquam  et  possis  et  ddicta  corrigas^  tarnen  impartumtm  est^ 
cum  praesertim  omnes  rerum  mutaiiones  caedem  fugam  aUaque  koiti- 
lia  portendant.  frustra  autem  niti  neque  aliud  se  fatigando  nisi  odmm 
quaerere  extremae  dementiae  est.  nisi  forte  quem  inhonesta  et  per- 
niciosa lübido  tenet  potentiae  paucorum  deeus  atque  W^ertatem  auam 
gratificari  —  dieser  rest  bedarf  der  interpretation  dringender  ala  der 
correctur,  aber  auch  der  correctur.  nur  den  verschlag  von  EnaaiMr 
Jahrb.  1869  s.  507  und  Zejss  Philol.  XXX  s.  621  BisLÜ  patriam  aui 
parentes  zu  setzen  patriam  ut  parentes  (>«  eos  quiparent)  vermag 
ich  nicht  anzimehmen;  Einmal  um  der  form  willen:  dam  SalL  bitte 
sicher  sicuti  gesetzt;  dann  aber  erst  -recht  nicht  wegen  der  bedeu- 
tung.  parentes  kann  nicht  mit  parere  zusammenhängen,  es  ist  viel- 
mehr durch  aique  die  gewöhnliche  soUenne  Sallnstische  formel|MrfrMi 
atque  parentes  herzustellen,  die  so  viel  bedeutet  wie  'das  heilige^ 
theure  Vaterland',  das  jedem  seiner  bürger  so  unverletzlich  sein 
sollte  wie  dem  söhne  die  eitern,  was  würden  wir  von  dem  ge* 
schmack  des  modernen  Schriftstellers  sagen,  der  in  einer  niiierar 
allitterierenden  formein  wie  'kind  und  kegel'  (nothus)^  *maikn  mud 
maus'  (magus)  das  letzte  wort  ernsthafter  weise  in  seiner  gelinfigem 
bedeutung  verwenden  wollte! 

Das  raisonnement  Sallusts  ist  folgendes :  staatsftmter  sind  tnr 
zeit  nicht  begehrenswert;  sie  können,  wie  Nepos  das  aoadrfldct 
{Att.  6,  2)  neque  peti  mare  maiorum  neque  capi  conservatis  IßgOmt 
in  tam  effusi  ambitus  largitionibus,  neque  geri  e  re  pubUea  iime 
periculo  corrupiis  civitatis  moribus.  es  ist  blosz  noch  die  gewaK- 
bzw.  soldatenherschaft  möglich,  die  aber  für  den  menachenfreond 
wegen  der  dabei  unvermeidlichen  greuel  nicht  anwendbar  ist.  gleieh- 
wol  wftre  es  Wahnsinn ,  durch  die  blosze  gesetzmiszige  aatoritit  des 


LHeUwig:  xa  BaUortiiu  [lug.  3].  367 

Amtes  allen  wirren  der  zeit  begegnen  za  wollen;  man  würde  sich 
ganz  vergeblich  abmühen  und  noch  dazu  den  hasz  aller  parteien 
gleichmäszig  auf  sich  laden,  endlich  kann  es  einem  anhftnger  der 
Tolkspariei  nicht  in  den  sinn  kommen  als  magistrat  die  verderbliche 
politik  der  Senatspartei  auf  kosten  seiner  persönlichen  würde  und 
Selbständigkeit  (Uhertas)  zu  unterstützen,  mit  andern  werten :  wer 
heutzutage  ein  hohes  staatsamt  übemimt,  sieht  sich  vor  die  notwen< 
digkeit  gestellt,  entweder  für  die  Senatspartei  die  kastanien  aus  dem 
feuer  zu  holen,  oder  den  Staat  im  eignen  namen  zu  vergewaltigen, 
oder  endlich  den  aussichtslosen  versudh  zu  machen,  sich  über  die 
Parteien  zu  stellen  und  im  ideal  republicanischen  sinne  sein  amt  zu 
führen,  die  Übersetzung  wäre  etwa  folgende:  *e8  ist  femer  zu  be- 
denken (nam),  dasz  man,  um  büse  dinge  {ddicta)  die  geschehen  sind 
wieder  gut  zu  machen,  den  Staat  unter  eine  gewaltherschaft  nicht 
blosz  stellen  kann,  sondern  sogar  müste;  aber  freilich  ist  das  hart, 
zumal  alle  Staatsumwälzungen  künftige  proscriptionen,  Verbannungen 
imd  andere  schlimme  dinge  voraussehen  lassen  {portendere)'^  aber 
ganz  vergeblicher  weise  wider  den  staohel  zu  löken  und  durch  seine 
bemühungen  sich  nichts  anderes  als  hasz  erwerben  ist  doch  der 
äuszerste  grad  von  thorheit.  natürlich  denken  wir  nicht  an  einen 
{nisi  forte  quem)^  der  von  der  unehrenhaften  und  verderblichen  sucht 
besessen  ist,  seine  persönliche  würde  und  Selbständigkeit  dem  inter- 
esse  der  optimatenpartei  zu  opfern.' 

Die  stelle  ist  für  die  bestimmung  der  entstehungszeit  des  lugurtha 
oder  mindestens  des  prooemiums  dazu  wichtig,  es  scheint  doch  nur 
eine  eng  begrenzte  zeit  annehmbar,  in  der  SalL  gerade  so  über  die 
höheren  Staatsämter  und  die  art,  in  der  sie  seines  erachtens  zu  führen 
seien,  reden  konnte,  doch  ist  das  eine  zu  schwierige  frage,  um  bei  ge- 
legenbeit  einer  einfachen  coi^'ectur  mehr  zu  thun  als  sie  anzudeuten. 

Ratzbburo.  Ludwig  Hellwig. 

50. 

BEITRÄGE  ZUM  VULGÄRLATEIN. 


Bei  der  erforschung  lateinischer  Vulgarismen  sind  die  Inschriften 
von  Privatpersonen,  abgesehen  von  denen  in  Pompeji  meist  grab- 
inschriften ,  von  besonderem  werte ;  sie  zeigen  an  vielen  beispielen, 
wie  sprachliche  erscheinungen ,  die  scheinbar  ein  viel  jüngeres  alter 
haben,  für  späilateinisch,  mittellateinisch  oder  romanisch  gelten,  be- 
reits in  einer  viel  früheren  sprachperiode  auftreten,  hier  aber  be- 
schränkt auf  den  sermo  cottidianus.  anderseits  ist  gerade  hier  die  be- 
rücksicbtigimg  nicht  nur  der  hierher  gehörigen  lateinischen  litteratur, 
sondern  auch  der  romanischen  sprachen  notwendig;  in  vielen  flillen 
gibt  erst  die  Übereinstimmung  der  letzteren  mit  dem  inschriftlicben 
ausdruck  den  beweis,  dasz  wir  es  mit  einer  volkstümlichen  Wendung 
zu  thun  haben,  nicht  mit  irgend  welchen  eigenheiten  oder  sprach- 


368  OBebling :  beitrage  zum  Tulg&rlatein. 

fehlem,  wie  sie  ungebildeten,  provincialen  oder  auslindem  ent- 
schlüpfen und  in  den  inschriften  häufig  genug  wiederiEehren.  Ton 
diesem  gesichtspunct  aus  sind  die  folgenden  fftUe  zusammengesteUt. 

Von  dem  proTen9al.  quar^  franz.  cor  «■  *denn'  sagt  Dies,  dasz 
sich  quare  lateinisch  noch  nicht  in  dieser  bedentung  finde,  neuer- 
dings finde  ich  es  belegt  von  HHagen  'de  Oribasii  versione  commen- 
tatio'  (Bern  1875).  aber  wir  lesen  schon  in  Pompeji  CIL.  17  2421 : 
Teriiaini  hie  hahUarufUj  Bufa  Ua  vtde,  quare  bene  fdUu.  IRNL. 
6058  schlieszt:  bona  vita  vwe^  sodaUs,  quare past  obüum  nee  risus 
.  .  erü.  der  grund  für  diesen  Übergang  der  bedentung  scheint  mir 
in  der  alle  Volkssprachen  charakterisierenden  lebhafügkeit  und  nei- 
gung  zur  dialogischen  form  zu  liegen,  so  dasz  ein  vwe,  quare?  usw. 
anzunehmen  wäre^  also  ein  zur  erstarrten  form  gewordener  gebrauch: 
vgl.  zb.  Suet  Tib,  59  in  den  versicuH  auf  Tiberius,  die  audi  sonst 
vulgäres  enthalten :  non  es  eques!  quare?  nan  sunt  tibi  imlia  cenium. 

IKNL.  3095  (ans  dem  j.  5  nach  Ch.)  lesen  wir  hodieque  die,  wo- 
mit das  ital.  oggidi  zu  vergleichen  ist. 

Das  bei  Plautus  Fseud.  541  gebrauchte  eircunwertere  =  circum- 
ducerey  dedpere  findet  sich  noch  einmal  IBNL.  3449  cireumvereos 
quos  reUnquam  (auf  der  grabinschrift  der  mutter  von  den  kindem, 
in  welchem  sinne  sonst  decqdos  gesagt  wurde). 

Das  bei  Lampridius  Alex.  Sev.  35  vorkomm^ide  reiro  primdpes 
ist  nicht  befremdlich  und  vereinzelt:  auszer  retro  prine^^  (Orelli 
Inscr.  1049.  1098.  Btoier  Inscr.  de  TAlgörie  4410)  findet  sich  bei 
Fabretti  Inscr.  209:  Oft  omnium  retro  temporis  castarum  .  . 
superatrici.  über  diese  Zusammensetzung  mit  räro  in  den  roma- 
nischen sprachen  s.  Diez  gramm.  11  s.  403.  überhaupt  waren  Ver- 
bindungen eines  adverbs  mit  einem  nomen  in  der  volksspradie  aehon 
früh  geläufig:  vgl.  CIL.  I  1011  re  fuU  e  vero  plus  super aque 
parens.  ähnlich  CIL.  III  7514  et  super  et  ter  fili.  beliebt  ist  die 
composition  von  supra  im  italiänischen^  um  den  begriff  zu  steigern, 
mit  adjectiven,  aber  auch  mit  Substantiven:  s.  Diez  ao.  11  405.  auf 
den  gebrauch  von  trans  •=»  franz.  trds  deuten  erst  stellen  aus  später 
zeit:  schol.  zu  Persius  sat.  3,  29  trdbea  dkia^  quod  tu  maicri  gloria 
hominem  transbearet,  h.  e,  üUra  .  .  beatum  facerä. 

Statt  des  abl.  abs.  tritt  in  inschriften  öfter  der  acc  abs.  ein, 
der  der  absoluten  pariicipialconstruction  der  romanischen  spradwn 
zu  gründe  liegt:  CIL.  lü  5337  unum  amisi  alium  superstitem  m 
diem  vitae  florui.  R^nier  20O7  seniles  annos  impletos  mmikm 
secuta  est,   ebd.  Allb  qui  impleta  iempora  cessü. 

Der  Volkssprache  eigentümlich  ist  der  deiktische  gebrauch  von 
tantum:  Apul.  met.  IV  21  ne  tantüium  quidem,  oder  nee  tamtiBmm: 
so  auch  CIL.  III  8986  quae  nee  tantum  divüias  firunüa  nad  dem 
ganz  entsprechend  die  italiänischen  Wendungen  im  temto^  tmnimo^ 
besonders  aber  mit  der  negation:  non  tamto  ■«  *gar  nicht',  non  piü 
chetanto. 

Wbsel.  Osoae  Bbbliso. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSQEOEBEN  VON  ALFRED  FlECKEISEN. 


51. 

NOVELLEN  ZU  HOMEROS. 

(fortsetzung  von  Jahrgang  1872  s.  1—9.   1873  s.  73—83.  1875  f.  513-517. 

1876  8.  161—168.) 


10. 
Zu  B  556.  57  und  f  229—33. 

Den  allgemein  als  unecht  eingeklammerten  vers  B  557  haben 
bekanntlich  schon  die  alten  als  eine  fälschong  bezeichnet,  welche 
Solon  oder  Peisistratos  bewirkt,  um  sich  gegen  Megara  auf  eine  Ur- 
kunde für  die  ansprüche  Athens  auf  die  insel  Salamis  berufen  zu 
können,    so  glaublich  diese  erklärung  erscheint,  so  sehr  ans  unglaub- 
liche streift  doch  die  plumpe  unbeholfenheit  in  der  ausführung  der 
fälschung,   die  man  darauf  hin  diesen  männem  oder  ihren  beauf- 
tragten vorwerfen  müste.    'er  führte  sie,  die  schiffC;  aber  hin  und 
stellte  sie  auf,  wo  die  schlachtreihen  der  Athener  standen.'   mehr 
als  befremdlich  aber  ist  es,  dasz  der  bedeutendste  held  nächst  Achil- 
leus  mit  kahler  namensanführung  abgefunden  wird,  zumal  nachdem 
seinem  geringem  namens vetter ,  dem  Otleussohn  Aias,  vier  yerse, 
und  überdies  unter  vorbereitender  hinweisung  auf  diesen  groszen 
Aias,  gewidmet  worden  sind,   ich  vermute  daher,  dasz  der  athenische 
falscher  nicht  nur  diese  unerläszliche  nähere  bezeichnung  des  Sala- 
minischen Aias  unterdrückt,  sondern  auch  der  verkürzten  erwfthnung 
desselben  eine  andere  als  die  urspriingliche  stelle  gegeben  hat.   in 
der  frühem  gestalt  des  schiffskatalogs  folgte  sie  wahrscheinlich  un- 
mittelbar auf  die  des  kleinem  Aias,  also  nach  535,  und  etwa  so: 
Aiac  b*  Alaxibcu)  TcXa^ujvoc  Kaprepdc  utöc, 
öc  M^T  *  öpiCToc  lr\v  €lboc  xal  *Api^ia  f pya 
Tujv  fiXXwv  Aavaiüv  ^€t'  djbiu^ova  TTriXciuiva, 
^K  CaXafitvoc  öt^v  buoKaibexa  vfiac  iicac. 
Auch  in  der  Teichoskopia  hat  dann  derselbe  falscher  und  ein- 
schwärzer zwei  oder  drei  verse  ungefiLhr  desselben  Inhalts  unter- 

Jmh.rhuch«!  tür  cIm».  philol.  1880  hft.  6.  So 


370  WJordan:  novellen  zu  Homeros. 

drückt,  in  denen  Helene  nach  f  229  ouTOC  h*  Alac  tcfx  ireXuipioc 
mindestens  noch  heimat  nnd  vater  des  Aias  genannt  hatte,  weil  sie 
der  politischen  prätension  widersprachen,  welche  jener  Bchftltlings- 
vers  heurlranden  sollte,  denn  schon  die  erwfthnung,  dasz  Aias  als  der 
söhn  Telamons  ein  enkel  des  Aiakos  gewesen«  würde  die  umstem- 
pelnng  des  helden  zum  gefolgsmann  Athens  mit  erdrückendem  ver- 
daichte  heiastet  hahen.  sollten  derselben  absieht  nicht  anch  noch 
andere  stellen  zum  opfer  gefallen  und  so  die  aaf!&llige  thatsache  zu 
erklären  sein-,  dasz  die  uns  Yorliegende  Ilias  nirgend  etwas  erwähnt 
Ton  der  vetterschaft  der  beiden  haupthelden  der  Griechen,  Achilleos 
und  Aias,  durch  ihren  gemeinsamen  groszvater  Aiakos?  höchst  yer- 
dSchtig  sind  mir  denn  auch  die  vier  verse  f  230 — 33.  sie  sehen  aus 
wie  ein  ungeschickter  yersuch  das  durch  ausschneiden  der  von  Aias 
handelnden  yerse  entstandene  loch  mit  neuem  flick  zu  verdecken, 
denn  allerdings  würde  die  Verstümmelung  des  textes  noch  augen- 
scheinlicher, wenn  man  auf  f  229  sogleich  234  folgen  liesze.  dagegen 
würde  der  letztere  yers,  wenn  ihm  noch  jene  drei  mit  dem  vermute- 
ten inhalt  über  Aias  vorangiengen ,  die  beabsichtigte  Wendung  zum 
abschlusz  dieser  mauerschau  weit  schicklicher  und  minder  auff&Uig 
herbeiführen,  als  diese  hereinschneiende  hinweisung  der  Helene  auf 
Idomeneus,  zu  welcher  keine  frage  des  Priamos  veranlassung  ge- 
geben bat. 

11. 
Zu  A  62—66. 

Wie  die  ganze  gruppe  A  46 — 66  am  schlichten  und  klaren  Vor- 
trag, am  leichten  flusz  und  wollautigen  tonfall  der  hexameter  als  gold* 
echt  erkennbar  wird,  so  dasz  man,  von  der  grotesk  renommistieelieii 
Diomedeia  und  vollends  von  der  elenden  Doloneia  herkommemd, 
sich  erlöst  fühlt  wie  ein  Schlittschuhläufer ,  wenn  er  nadi  mühsam 
überkletterter  strecke  voll  erdiger  schollen  wieder  auf  Spiegeleis  ge- 
langt —  so  gehört  der  vergleich  v.  62 — 66  zu  den  allersehönsteii 
Homerischen,  leider  aber  ist  er  nachträglich  entstellt  worden  dureh 
verhörung  und  verschreibung  eines  wertes,  und  gerade  des  letsteii 
ihn  vollendenden,  welches  das  gegenglied  zu  q)äv€QC€  gebildet  nnd 
Hektors  verschwinden  mit  einem  medialen  oder  passiven  imper* 
fectum  ausgesagt  haben  musz.  das  dafür  eingetretene  KcXeuunr 
wirkt  mit  seiner  form,  dem  participium,  wie  eine  betäubende  elir« 
feige  wo  man  eine  liebkosung  erwartet,  'bald  kam  er  zun  vorsclMiBt 
bald  unter  den  hintersten  befehligend.'  einen  notdürftig  passenden 
sinn  aber  gibt  es  und  sieht  so  einer  jener  modernen  verböeerongen 
frappant  ähnlich,  welche  die  selbstgewisse  Weisheit  der  setzer  sa  be- 
sorgen pflegt,  ein  ihnen  unerhörtes  oder  ungewohntes  wort  halten 
sie  allemal  für  einen  Schreibfehler  und  setzen  dafür  von  den  ihnen 
geläufigen  das  zur  not  passende  ähnlichste,  wie  es  sb.  mir  noch  nicht 
begegnet  ist  die  werte  'bewiegt'  und  'schminken*  auf  dem  oorrectur- 
bogen  anders  gedruckt  zu  lesen  als  'bewirkt',  'schmücken',  ähnlidi 


W Jordan:  norellen  lu  HomerM.  871 

nun  hat  an  stelle  von  xeXcuuiv  onprflnglioh  ein  gleieh  aalaatendes 
und  klangfthnliches,  aW  seltenes  wort  gestanden,  ein  finaE  cipriM^ov 
das  zur  zeit  der  schriftlichen  samlwng  der  Homerischen  geeinge,  ja 
▼ielleicht  schon  in  der  letzten  epoche  der  noch  mOndlichen  rhi^ao* 
dischen  Überlieferung  obeolet  geworden  war.  nieht  genügend  klang« 
Ihnlich  und  gleichanlantend,  dagegen  mel  zn  gewOtelioh,  nm  schon 
▼ergessen  zu  sein,  wftre  KaXiiirrero,  das  im  flbrigen  sowol  dem  sinne 
nadi  als  zum  verse  sehr  gat  passen  wtbrde.  dagegen  hat  ein  andsrea 
wort,  das  alle  verlangten  merkmale  vereinigt,  hohe,  an  gewidieit 
grenzende  Wahrscheinlichkeit  ftlr  sich,  gestlltst  anf  lat.  eetere,  anf 
KcXmviöuiv  und  vor  allem  auf  KcXotveipific  behaupte  ich  dasz  der 
Ten  ursprünglich  gelautet  habe : 

fiXXoT€  b'  iy  irufidrotct  KeXoivcTO. 

Umstritten  in  diesem  yergleich  ist  ausserdem  noch  oCXioc  dcn^. 
das  beiwort  begegnet  nns  nirgend  wieder,  die  anslegong  'verderb- 
lich'  stützt  sich,  der  sache  nach,  nur  anf  die  voranasetzuig,  dasz 
hier  derselbe  'böses  verkündende  imd  den  armen  sterUidbeii  viel 
sengende  hitze  bringende'  hnndsstem  gemeint  sei,  mit  welchem  X  26 
— 32  Achilleus  verglichen  wird;  etymologisch  nur  anf  oCXoc, 
das  von  Ares  €  461,  von  Achilleus  0  536  und  vom  traom  der  den 
Agamemnon  teoscht  B  6  ond  8  ausgesagt,  mittels  6XF6c  aus  6Xoöc 
gewonnen  werden  soll,  jene  Voraussetzung  ist  unerweislich,  diese 
etjmologie  mindestens  mislich  und  auszerdem  überflüssig,  denn  es 
liszt  sich  für  die  angezogenen  stellen  auskommen  mit  der  unfrag- 
lichen bedeutung  von  odXoc  *kraus,  wollig,  rauh,  durcheinanderge- 
wirrt wie  die  härchen  eines  vlieszes',  und  übersetzen  'der  rauhe  Aree, 
Achilleus*  (für  diesen  ist  dabei  zu  erinnern  an  A  189  cnfj9€Cav  Xa- 
cioici,  wo  damit  offenbar  seine  brüst  nicht  bloss  anschaulich  als  die 
baarbedeckte,  sondern  zugleich  metaphorisch  als  die  wilde  bezeich- 
net werden  soll) ;  'der  krause,  wirre,  verwirrende  traxmi',  der  dann 
in  seinen  folgen  allerdings  auch  verderblich  ist.  für  den  Übergang 
der  sinnlichen  bedeutung  in  die  metaphorischeist  sogar  die  Zwischen- 
stufe belegbar  mit  P  756  und  759,  wo  das  wirre  durcheinander  des 
geschreis,  erst  der  stare,  dann  der  Achaier  mit  odXov  KCxXiVfOVTCC 
bezeichnet  wird. 

Bekanntlich  ist  für  oCXioc  auch  die  lesart  aöXioc  überliefert 
und  Terteidigt  worden  mit  der  auslegung:  *8tem  dessen  anfgang  dem 
birten  zur  beimkehr  nach  dem  gehöfte  das  zeichen  gebe,  also  abend- 
stem.'  die  hinftlligkeit  derselben  liegt  aber  anf  der  hand.  nur  ein 
dichter  von  gSnzlicher  Unkenntnis  der  himmelserscheinungen,  sicher- 
lich aber  kein  beobachtender  hirt  könnte  das  beiwort  in  dieeem  sinne 
erfanden  haben,  da  überhaupt  kein  stem  auch  nur  etliche  wochen 
hindurch  geeignet  bleibt  die  heimkehrstunde  ungefUir  zu  bezeich- 
nen, am  allerwenigsten  aber  die  Venus  in  ihrer  abendstemperiode, 
wo  sie  in  rascher  verftnderung  bald  früher  bald  später  und  nurwfth- 
rend  weniger  tage  wenigstens  annfthemd  am  dieselbe  zeit  sichtbar 
wird. 


372  W Jordan:  novellen  zu  Homeros. 

ouXioc  verhält  sich  zu  oöXoc  wie  bouXioc  zu  boGXoc,  böXioc 
za  böXoc.  von  einem  stem  ausgesagt  bezeichnet  es  denselben  als  wie 
umvlieszt,  umhaart  von  stralen,  also  entweder  durch  besonders  leb- 
haftes funkeln  im  äuge  jene  figur  von  vielen,  einen  mittelpunct  kreu- 
zenden radien  erzeugend,  welche  für  abbildung  der  steme  üblich  ist; 
oder  auch,  was  mich  viel  wahrscheinlicher  ddnkt,  geradezu  comata^ 
haarstem.  kurz  ich  sehe  keinen  grund ,  webhalb  nicht  unsere  stelle 
eben  einen  k  o  m  e  t  e  n  meinen  sollte,  der  vergleich  gew&nne  dadurch 
eine  feine  beziehung  mehr:  Hektor  verschwindet  zwischen  seines- 
gleichen, wie  der  komet,  der  selbst  ein  nebelhaft  erscheinendes 
gebilde  ist,  hinter  umnebelndem  gewölk.  auch  könnte  dann  die  ur- 
alte Vorstellung  von  der  verderblichkeit  der  kometen  sowol  schon 
beim  dichter  insofern  mitgespielt  haben,  als  Hektor  ihm  eine  für  die 
Achaier  verderben  drohende  erscheinung  ist,  als  auch  später  mit  dazu 
beigetragen  haben ,  dasz  man  den  begriff  der  verderblichkeit  schon 
in  oöXioc  auch  etymologisch  erkennen  wollte,  ich  übersetze  also : 

ähnlich  wie  ans  gewölk  bald  völlig  sichtbar  lam  Vorschein 
kommt  ein  komet,  and  loriick  bald  tancht  in  schattende  wölken, 
sah  man  den  Hektor  bald  in  den  vordersten  reihen  erscheinen, 
bald  in  den  hintersten  wieder  verschwinden. 

12. 

Das  wort  wird  ausgesagt  vom  meere,  vom  delphin  und  vom 
schiffl  die  lexika  geben  für  den  delphin  ^groszschlundig',  für  das  sohiff 
*  weitbauchig',  für  das  meer  'tiefschlundig',  dh.  entweder  Mm  stürm 
tiefe  wogenthäler  bildend'  oder  'reich  an  abgründen' ;  sie  setzen  aber 
¥rie  zweifelnd  hinzu ,  |i€TOiicfJT€a  irövTOV  werde  von  einigen  erklärt 
'grosze  ungeheuer  beherbergend'. 

Für  die  richtigkeit  der  letztem  erklärung  spricht  }i  97  bcXqpivdc 
T€  Kuvac  T€  Kai  el  iToOi  M€i2Iov  SXqci  kt^toc,  und  am  deutlichsten  €421 
KTiTOC  ixi^a . .  cid  t€  noXXä  Tp^(p€i  kXutöc  'A|i9iTpiTT|.  von  ihr  ab- 
lenken lassen  hat  man  sich  durch  den  verzeihlichen  irrtum,  dasi  das 
wort  T  l^B  ^CTÖp€C€V  bk  8€Öc  M€TO(Ki^Tea  növTOV  prägnant  stehe, 
mithin  diejenige  eigenschaft  des  meeres  bezeichne,  welche  durch  die 
glättung  beseitigt  werde;  wie  denn  ich  selbst  diesen  vers  noch  irr- 
tümlich 'denn  uns  glättet*  ein  gott  des  meeres  gewaltige  dünang* 
anstatt '  ...  die  unthiere  bergenden  fluten'  übersetzt  habe. 

Ablenkend  gewirkt  haben  mag  auch  b  1  AaKcbatfiOVO  lOiTibcc- 
cav,  wo  letzteres  am  wahrscheinlichsten  'tiefthalig'  bedeatet|  aber 
immer  noch  unsicher  ist;  wie  denn  schon  die  alten  mit  ihren  mehr- 
ftuihen  und  zum  teil  recht  abenteuerlichen  erklämngen  (jxija  KUTOC 
^Xouca  —  eic  i^v  %r\Tr\  iKßpdcccTai  —  ja  KaXafAivOuibTic  wegoi  x^ra 
=  KoXafiivOr]  und  KaXdjyiivOoc,  minzkraut)  bewiesen  haben»  daat  sie 
das  wort  nicht  mehr  verstanden,  auch  das  mit  Kf^TOC  ähnlich  laa* 
tende  kutoc  'gefäsz,  hohlraum'  hat  vielleicht  bei  der  deutung  onaerw 
Wortes,  besonders  wo  es  prädicat  des  schiffes  ist,  mitgespielt. 


WJordui;  noreOen  tu  Homerot.  373 

80  wird  es.  denn  anch  0  22,  anageaagt  TOm  dfllphin  im  geges- 
wtx  ZD  den  andeien,  kteia«)ren  fischen  die  er  jftgt  and  TerscUingt, 
nicht  bedenten  'groszschliindig',  aondem  'ein  grones  seethier  leiond*. 

Was  aber  70m  schiff?  die  lo  nahe  liegende  wie  twingotde 
lOsnng  des  rStbaels  geben  die  anf  Tuen,  mOnun,  genunen  erhalte- 
Ben  abbildnngen  IgjptiBcher,  phOnikiaober,  griechiadier  sehifils.  dio 
schnBbel  derselben  liefen  gewöhnlich  aae  in  IuiIb  nod  köpf  eines  thier- 
bildes,  am  hSnfigsten  natflrLoh  eines  mehr  oder  minder  phantastiach 
gehaltenen  seenngeheners ;  wobei  daran  erinnert  werden  mag,  daax 
in  den  altgermsnischen  dialekten  nach  der  vorwiegend  Üblichen  gal- 
lionSgur 'drache,  meerd räche' als  eine  der  geUnfigatenbenennungen 
fQr  das  schiff  vorkommt. 

Wiederfaolentlich  als  ^eTOKi^nic  beseichnet  wird  das  schiff  des 
OdjTBsens  6  222.  A  5.  gerade  für  sein  schiff  aber  hat  una  ein  glfick- 
lieber  zafäll  ein  antikes  leognia  der  mikroplaatik  erhalten,  welchea 
die  anslegong  'mit  groaiem  meerthierbilde  Teraehen'  oder  'ein  groaiet 
nngefaener  vorstellend'  anf  das  angenscheinlichate  beatStigt.  flaut 
die  hier  reprodncierte ,  von  OAntenrieth 
in  seinem  Homerischen  wOrterboch  unter 
Ceif>/|vouv  abgebildete,  von  ihm,  wie  er 
mir  frenndlichBt  mitgeteilt  hat,  ans  Over- 
beckfl  'bildwerken  zum  theb.  und  troiaohen 
heldenkreis'  tf.  XXXIl  u.  9,  tod  diesem  ana  / 
Tischbeins  Homer  VIIJ  2  in  der  Galeria  | 
Omer.  UI  95  entnommene  gemme.  sie  ist  1 
verhBltnismftsiig  späten,  nemlicfa  rBmiachen  \ 
orsprange,  wenn  auch  vermatlich,  wie  fast 
alle  rSmischen  gemmen,  von  einem  grie- 
chischen ktlnstler  geschnitten.  Ober  dem 
maat  erblickt  man  ein  inselchen,  anf  diesem 
die  Seirenen,  schon  in  dreizabl,  wShrend  die  Odyssee  nnr  von  zweien 
erzählt  die  zur  rechten  musiciert  auf  einem  blasinstrument,  die  zur 
linken  auf  einem  h  and  Instrument ;  die  mittelste  mit  heranwinkend 
Aber  der  brüst  gekreuzten  armen  ist  offenbar  die  aBngerin  des  lock- 
liedes.  alle  drei  sind  schon  mischgestatten  von  weib  und  vogel,  wäh- 
rend sie  auf  etruskischen  Sarkophagen  als  langgawandige  &aaen  er- 
scheinen und  auch  von  Homer  wol  als  weibli^e  wesen  in  menschen- 
gestalt  vorgestellt  wurden,  da  er  es  sonst  schwerlich  unterlassen 
hatte  der  monstrositfit  auch  erwfibnnng  zu  thnn.  je  später  aber  nach 
diesen  nnhomerischen  Vorstellungen  die  gemme  zu  setzen  ist,  desto 
sUrker  wird  die  beweiskraft  ihrer  Zeichnung  des  schiffes  des  Odjs- 
seuB :  denn  dieselbe  zeigt  auf  das  deutlichste ,  daaz  dies  schiff  auch 
damals  noch  nach  der  ursprOnglichen ,  spiter  verdunkelten  bedeu- 
tnng  nnseree  beiworts  abgebildet  wurde,  man  siebt  dasz  der  kOnat- 
ler  die  rudernde  mannscbsft  und  den  aie  weit  Überragenden,  auf  der 
mastbank  stehend  mit  rflckwltrts  geiwBngten  armen  an  den  maat  go- 
bundenen  Odysseus  genau  nach  TOrachrift  der  verse  n  176 — 60  ge- 


374  W Jordan:  novellen  za  Homeros. 

schnitten  hat.  aber  fast  noch  etwas  höher  über  dem  bug  anfragend 
als  die  kopfbedecknng  des  Odjsseus  erblickt  man  auf  gesohvmnge- 
nem  halse,  der  oben  reichlich  zwei,  unten  über  drei  mann  diok  er- 
scheint, den  nach  innen  blickenden  köpf  eines  riesigen  idVroc  auch 
ist  am  bug,  in  der  mitte  zwischen  Wasserlinie  und  bordrand,  noch 
ein  zweiter  gehörnter  thierkopf  angebracht,  namentlich  aber  das 
erstere  ungeheuer  ist  in  so  aufflüligen  und  übermässigen  dimensio- 
nen  gehalten,  dasz  der  künstler  unzweifelhaft  entweder  direct  nach 
|i€TCtKr)T€i  6  222.  A  6,  oder  doch  mindestens  nach  einer  auf  diesen 
versen  beruhenden  typisch  gewordenen  tradition  gearbeitet  haben 
musz. 

13. 
Zu  A  505—520  und  618—803. 

Es  ist  zuzugeben,  dasz  die  Verwundung  Machaons  nidit  gerade 
zu  den  glücklii^en  erfindungen  der  erzählung  gehört  zwar  abzu- 
weisen sind  die  einwendungen,  die  man  dagegen  erhoben  hat,  dasz 
sie  erfolgt  sei  auf  dem  äuszersten  linken  flügel  der  Schlacht  durch 
den  pfeü  desselben  Paris,  der  alsbald  (581  ff.)  auf  dem  rechten  flügel 
dem  Eurypylos  in  den  Schenkel  schieszt.  denn  nachdem  der  dichter 
ausführlich  geschildert,  wie  Hektor  zu  wagen  vom  linken  flügel  nach 
dem  rechten  und  dorthin  geeilt,  wo  Aias  kämpft,  darf  er  wol  sÜll» 
schweigend  voraussetzen  dasz  ihm  dorthin  auch  sein  bruder  gefolgt 
sei.  schon  minder  plausibel  aber  ist  es,  dasz  ein  arzt  als  dpicr€uuiv 
geschildert  wird,  was  doch  ohne  die  andernfalls  erforderliche  er* 
wähnung,  dasz  er  sich  ausgezeichnet  in  seinem  beruf,  also  etwa 
unter  eigner  gefahr  pfeile  ausschneidend  und  wunden  verbindend, 
nur  bedeuten  kann  ^tapfer  kämpfend',  noch  auffälliger  ist,  dasi 
seine  Verwundung  die  Achaier  zum  weichen  bringt  und  dass  der 
Verfasser  die  einigermaszen  mit  äpiCTCUCvra  dafür  gelieferte  moti« 
vierung  nachträglich  selbst  nicht  genügend  findet  und  zu  diesem  be- 
hufe  noch  die  besorgnis  den  arzt  zu  verlieren  dafür  geltend  macht, 
in  der  mechanik  aber,  welche  die  grosze  Wendung  der  IUbs  be- 
wirkt, ist  diese  Verwundung  Machaons  ein  haupthebeL  desaea  aeigt 
sich  auch  der  dichter  deutlich  bewust  in  den  werten  KOKoO  b*  dpa 
o\  ni\e\  dpxn  604.  die  vorüberfahrt  des  wunden  Machaon  let  es, 
was  Achilleus  bewiegt  Patroklos  zu  rufen  und  an  Nestor  su  senden. 
Nestors  verschlag  wiederum ,  Patroklos  möge  in  AchiUens  rfiatoBg 
mit  den  Mjrmidonen  zu  hilfe  kommen,  führt  die  grosze  entscheidong 
herbei :  denn  seine  klugen  schluszworte  802  f.  haben  den  freund  des 
Achilleus  mit  ruhmbegier  erfüllt  und  gewonnen. 

Gleichwol  geschieht  dann  dieser  begebenheit,  die  an  sich  keine 
grosze  bedeutung  hat,  aber  auf  das  höchstmögliche  folgenreich  wird, 
etwas  unbegreifliches,  obgleich  nach  der  ersten  erzählung  505—80 
noch  viermal  (612.  13.  650.  51.  663.  64.  833—35)  ausdraoUieii 
und  einmal  andeutend  (657)  erwähnt,  wird  sie  eine  streoks  weit 
(618—43)  nicht  nur  völlig  ignoriert,  sondern  durch  das  mit  ihrnn« 


WJordaa:  noTolleii  bu  Homerot.  876 

tereinbar  yorgetragene  auf  das  zweifelloBeate  Terlengnet.  da  hat 
Neator  den  Machaon  nicht  wie  einen  verwundeten  ans  Teriorener 
sehlacht  in  seine  htttte  geführt,  gondem  wie  einen  sa  gemtltliober 
nntethaltong  'beim  becher  abgeholten  frennd.  sie  lassen  sich  erst 
▼om  Seewind  kühl  blasen,  ndbmen  dann  sofiurt  anf  sesseln  in  der 
hütte  plats,  trinken  ein  seltsames  gebrin  ans  feorigem  wein,  kise 
und  mehl,  zu  dem  das  recept  der  Odyssee  (k  S34ft)  entnommen  ist, 
▼on  der  zauberwürse  abgesehen  dassdbe  gemisch,  mit  welohem  Slrke 
die  ge&hrten  des  Odyssens  in  schweine  Terwandelt,  Usehen  ihren 
heiszen  dnrst  und  vergnügen  sich  mit  geeprSehen.  kors,  der  gast 
wird  für  einen  verwundeten  auf  dse  denkbar  unvernünftigste  be* 
handelt  und  benimt  sich  für  einen  solchen  als  ant  anf  das  unbe- 
greiflichste, von  einem  herausziehen  des  pflails,  einer  Verbindung  der 
wunde  erfolgt  auch  nicht  die  leiseste  andeutung,  so  dass  man  da- 
nach seinen  sinnen  nicht  traut,  wenn  ihn  der  eintretende  PatroUos 
dennoch  sogleich  als  toOtov  ßcßKrui^vov  bezeichnet. 

Wie  erklfirt  sich  das?  sehr  schwer  und  sehr  leicht,  schwer, 
insofern  es  eine  harte  entschliesiung  kostet,  einem  spiten  ftlscher 
ein  gleich  groszes  masz  von  gewissenlosigkeit  gegen  den  urtezt  irie 
von  blinder  Verliebtheit  in  sein  eignes  gemüchsel zuzutrauen;  leicht, 
sobald  man  diese  annähme  als  unvermeidlich  erkannt  hat. 

Darüber  dasz  die  verworrene,  übel  stilisierte  und  unertriglieh 
ausgereckte  erzfthlung  Nestors  von  seinen  jugendthaten  668— -762 
von  einem  interpolator  herrührt,  und  zwar  von  einem  sehr  sputen, 
der  bereits  die  olympischen  wettfiüirten  mit  dem  Viergespann  kannte 
und  sich  auch  durch  eine  menge  sprachlicher  eigentümlichkeiten  als 
um  Jahrhunderte  modemer  denn  die  Homeriden  verrftth,  ist  unter 
den  kennem  von  fach  längst  kein  streit  mehr. 

Ich  wage  in  dem  Verfasser  dieser  Interpolation  einen  rhapeoden 
zu  vermuten,  der  am  bofe  des  Peisistratos  oder  seiner  söhne  in  Athen 
lebte  und  vortrug.  Nestor  nun  galt  bekanntlich  für  einen  ahnen  der 
Peisiätratiden.  ihn  durch  einflechtungen  beim  vertrag  Homerischer 
gedänge  zu  verherlichen  wird  den  hofpoeten  eine  dankveiheiszende 
Schmeichelei  gedünkt  haben;  wie  denn  sogar  die  coigectur  einige 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat,  dasz  der  Nestorsohn  Peisistratos 
nichts  anderes  sei  als  eine  erfindung  zu  gleichem  zweck,  solcher 
liebedienerei  also  fröhnte  zunächst  die  limgatmige  erzühlung  von 
den  heldenthaten  des  jugendlichen  Nestor,  da  nun  die  im  feldlager 
vor  Ilios  sehr  unwahrscheinlichen  luzusgegenstinde,  der  blaufüszige 
tisch  (629),  der  eherne  korb  mit  zwiebeln  zum  imbisz  beim  trinken 
(630),  besonders  aber  der  höchst  ausführlich  beechriebene,  eigens 
▼on  hause  mitgebrachte  kunstvolle,  schwere,  viergehenkelte,  mit 
acht  pickenden  tauben  von  gold  verzierte  pocal  (682 — 37)  ihre  er- 
wähnung  der  autopsie  zu  verdanken  scheinen,  so  vermute  ich  femer, 
dasz  der  rbapsode  eben  solche  gegenstände  im  besitz  seiner  fürst- 
lichen gönner  kannte,  auch  sie  sollten,  und  vielleicht  nach  einer 
familientradition,  als  Nestorisch  verherlicht  werden,   um  ihre  schil- 


376  WJordan :  noyellen  zu  Homeros. 

derong  anzubringen,  schwärzte  er  die  behagliche  mahlzeit  ein.  weQ 
aber  zu  einer  solchen  ein  ernstlich  verwundeter  und  des  yerbandes 
bedürftiger  gast  nicht  zu  brauchen  war ,  liesz  er  die  davon  handeln- 
den verse,  die  im  urtext  unmöglich  gefehlt  haben  können,  mit  unver- 
frorener keckheit  einfach  fort,  aber  vielleicht  nicht  alle,  einer  dieser 
verse  scheint  sich ,  indem  er  kraft  einer  namensähnlichkeit  ais  dem 
gedächtnis  des  rhapsoden  sich  als  mttsziges  flick  einschlich,  in  der  er- 
Zählung  von  Nestors  jugendthaten  gerettet  zu  haben,  es  ist  v.  741 
f]  TÖca  9dpfiaKa  fjbn  öca  Tp^9ei  cöpeia  x^uiv.  derselbe  wird  aus- 
gesagt von  der  gemahlin  des  von  Nestor  erlegten  Mulios,  der  tochter 
des  Augeias,  der  blonden  'ATOtMn^^i  o^^®  ^^2  im  vorhergehenden 
oder  folgenden  auch  nur  der  leiseste  anlasz  ersichtlich  würde,  der 
die  erwähnung  ihrer  ausgedehnten  arzneikunde  berechtigte,  sehr 
ähnlich  nun  lautet  der  name  der  dienerin  Nestors  'CKa^rjbT],  welcher 
ebenso  wie  740  'ATOtjüiribiiv  den  v.  624  schlieszt. 

Schon  in  meinen  anmerkungen  zur  Odyssee  habe  ich  auf  meh» 
rere  fäUe  aufmerksam  gemacht,  in  denen  unfraglich  der  gleiche  oder 
doch  sehr  ähnliche  versschlusz  denselben  folgevers  wie  an  früherer 
stelle  durch  gedächtnisfehler  irrtümlich  nach  sich  gezogen  hat.  wie 
vortrefflich  passend  und  das  vor  allem  zu  erwartende  vorbereitend 
würde  aber  741  unmittelbar  auf  die  nennung  der  Hekamede  folgen» 
also  auf  die  zweite  hälfte  des  v.  624,  die  sich  noch  echt  nach  dem 
urtext  erhalten  hat :  denn  das  erste  hemistichion  TOici  bk  T€Cx€  KU- 
K61UÜ  gehört  schon  dem  falscher  an.  aber  es  läszt  sich  noch  mit  siem- 
lieber  Sicherheit  errathen  was  er  ausgelöscht  hat,  um  diese  einlei- 
tung  zu  seinen  gerätschilderungen  an  die  stelle  zu  setzen,  es  waren 
die  Worte  xdv  bt  iboOc*  dXeaipev  . . . 

So  ergibt  sich  denn  unschwer,  was  im  urtext  über  die  dem 
Machaon  zu  teil  gewordene  behandlung  gestanden  haben  wird,  es 
waren  ungeföhr  folgende  verse: 

618  ol  5*  8t€  bf|  kXiciiiv  NnAnidbeuj  ä9(K0VT0 
tc  kXiciiiv  dXOövrcc  inX  KXiCjiOici  Kä6i2Iov. 
TÖv  bi  IboOc'  dX^aipev  ^uirXÖKafioc  '€Ka|i/ibTi; 
i^  TÖca  9dp|iaKa  fjbn  öca  Tp^9€i  eupeia  x6a»v. 
ifjv  fipCT  *  Ik  Tev^boio  x^pujv  6t€  ir^pcev  'AxiXXcöc, 
OirraT^p '  *Apcivöou  fietaX/iTOpoc,  f^v  o\  'Axaioi 
liekov ,  oövcKa  ßouXQ  äpiCT€U€CK€V  dirävrwv. 
f)  ji^v  Sp '  cTcibev  aljia  Karapp^ov  ti  drreiXric, 
dtxou  b*  Icrafi^vT)  Kparcpöv  ß^Xoc  ÜipxK  *  di^oC 
€Ö  Kai  dnicTaii^vujc,  dnö  b*  IXkcoc  al^a  KcXaivöv 
\ll  *  libari  Xiapuj,  iiA  b'  i\ma  9dpfiaKa  irdcce, 
icOXd,  Td  bf\  fiiv  fnauce  fieXaivdujv  6buvdu)v. 
644      ndTpOKXoc  bk  Oupijciv  d9(cTaT0  usw. 


WJordan:  noveUen  eq  Homeroi.  377 

14. 
Zu  0  668—73. 

Toici  b*  &n'  ö<p6aXfiuiv  v^qK>€  dxXOoc  i&C€v  "AOi^Vfi 
OecTT^cio V '  li&ka  hi  C91  qnSuic  t^vct  '  d^cpor^puiBev  tuw. 

XU  dieser  stelle  bemerkt  Hentze:  ^statt  der  von  Nestors  rede  zu 
erwartenden  Wirkung  folgen  diese  schon  von  den  alten  Terwor- 
fenen,  in  dem  Zusammenhang  der  enfthlnng  ganz  unbegreiflichen 
verse,  welche  von  der  Zerstreuung  eines  TerhüUenden  gewOlkes 
durch  Athene  berichten,  von  dem  die  Yorhergehende  erzfihlung 
nichts  weisz.'  ähnlich  urteilen  auch  andere  erklirer,  die  nament« 
lieh  *da8  eingreifen  Athenes  in  den  kämpf  trotz  des  Verbotes  des 
Zeus  6  6'  auffällig  finden  und  deshalb  geneigt  sind  diese  seilen  für 
flberbleibsel  eines  verloren  gegangenen  sttlckes  zu  halten,  auf  den 
ersten  blick  sehen  sie  freilich  so  aus;  auch  unterstützt  diese  Ver- 
mutung der  sonstige  zustand,  in  welchem  uns  dieser  von  Wider- 
sprüchen wimmelnde,  offenbar  aus  verschiedenen  darstellungen  des 
kampfes  bei  den  schiffen  zusammengewürfelte  gesang  überliefert  ist. 
aber  gesetzt  auch ,  der  letzte  redaotor  des  teztos  habe  hier  wirklich 
ein  solches  fragment  eingeflickt:  die  meinung,  in  welcher  er  das  ge- 
thauy  und  den  von  i  h  m  beabsichtigten  sinn  und  Zusammenhang  kann 
ich  ganz  und  gar  nicht  unbegreiflich  finden,  eben  das,  was  Hentze 
vermiszt,  hat  er  kennzeichnen  wollen :  die  Wirkung  der  rede  Nestors, 
der  grundirrtum,  welcher  Hentze  und  andere  verhindert  hat  die  stelle 
zu  verstehen,  ist  die  Voraussetzung,  dasz  hier  die  rede  sei  von  einer 
physischen  wölke,  von  deren  ausbreitung  dann  allerdings  vorher  hfttte 
berichtet  sein  müssen,  von  einer  solchen  weisz  aber  der  text  nichts, 
er  spricht  vielmehr  nur  von  einer  psychischen  umnebelung,  von  einer 
welke  des  dunkeis,  die  den  Achaiem  von  den  äugen  genommen  wird, 
sie  sind  bisher  in  panischem  schreck  wie  toll  und  blind  geflohen. 
Nestors  rede  bringt  sie  zur  Überlegung,  zu  sinnen,  zur  beurteilung, 
zum  deutlichen  überschauen  ihrer  eignen  läge  und  der  des  feindes. 

Brauche  ich  noch  zu  erinnern  an  die  so  zahlreichen  stellen, 
nach  denen  in  der  Homerischen  poesie  die  Wiederkehr  der  besonnen- 
beit,  der  aus  drohender  gefahr  errettende  entschlusz,  das  klarwerden 
eines  förderlichen  planes  stets  der  einwirkung  der  Athene  zuge- 
schrieben wird  ?  wie  jeder  blitz  und  donner  eine  handlung  des  Zeus, 
jede  meereswoge  eine  regung  Poseidons,  jede  gewandtheit  im  erwer- 
ben, flbery orteilen  und  selbst  betrügen  ein  ausflusz  der  gunst  des 
Hermes,  so  ist  jede  solche  klftrung  im  geiste  des  menschen,  auch  wo 
zuvor  geschildert  wurde,  welche  umstände  die  neue  entschlieszung 
ganz  naturgemäsz  herbeiführen  konnten ,  eine  function  der  Pallas 
Athene  in  ihrem  besondem  und  ständigen  amt  als  eulenäugige,  dh. 
auch  das  dunkelste  klar  durchschauende  geistesgöttin.  aus  rath- 
losigkeit  zur  besinnung  kommen,  poetisch  symbolisch  ausgedrückt: 
von  der  dämonisch  verwirrenden  (OcciT^ciov)  augenwolke  des  dun- 
keis befreit  werden,  und  wieder  ringsum  alles  in  hellem  lichte  sehen 


378  HRöhl:  zu  Ailianos  [ncpl  li3^\uy  XI  10]. 

(9ÖUJC  t^V€t'  äjLi90T^pujO€v)  heiszt  der  Homerischen  Vorstellung, 
auch  wo  es  wie  hier  kraft  guten  rathes  eines  menschen  geschieht, 
von  Athene  erleuchtet  werden,  ohne  dasz  man  dabei  jedesmal  an  eine 
besondere  wunderthat  der  göttin  zu  denken  hfttte.  so  meint  denn 
auch  unsere  stelle  eben  nur  diese  ständige  fnnction,  und  keineswegs 
ein  eingreifen  Athenes  in  den  kämpf,  jedenfalls  in  diesem  sinne  will 
der  anordner  unseres  textes  die  sechs  verse  verstanden  wissen,  auch 
wenn  er  sie  überkommen  haben  sollte  als  fragment,  welches  einst 
in  anderer  Verbindung  etwas  anderes  bedeutete,  wfire  letzteres  der 
fall,  worüber  ich  nicht  zu  entscheiden  wage,  so  läge  die  Vermutung 
nahe,  dasz  diese  verse  ehemals  von  femstehenden  und  unbeteiligten 
zuschauem  ausgesagt  waren,  dann  hätte  vielleicht  8€CTr^ciov  v^qK>c 
dxXuoc  gar  nichts  anderes  zu  bedeuten  als  eben  die  nach  göttliclier 
anordnung  f&r  das  äuge  der  sterblichen  einmal  bestehende  verdun- 
kelnde Wirkung  der  ferne,  und  die  beseitigung  dieser  augenwolke 
durch  die  göttin  des  Scharfblicks  die  ausnahmsweise  vergünstigang 
entferntes  dennoch  deutlich  zu  schauen,  der  inhalt  wäre  eine  ge- 
eignete Vorbereitung  des  gesprächs  zwischen  Achilleus  und  PatrcUoB 
TT  7  ff.  doch  bekenne  ich  einen  völlig  passenden  platz  nicht  finden  zu 
können,  der  einzige  allenfalls  noch  mögliche  wäre  nach  TT  4;  aber 
da  würden  die  verse  das  weinen  des  Patroklos,  nachdem  es  doroh 
ein  gleichnis  noch  besonders  hervorgehoben  ist,  von  der  darauf  be- 
züglichen anrede  des  Achilleus  Tiirre  öebducpucai  etwas  weit  und 
immerhin  bedenklich  ablenkend  trennen« 

Frankfurt  am  Main.  Wilhelm  Jordan. 


52. 

ZU  AILIANOS. 


Ailianos  ircpi  ^Iqiujv  XI 10  s.  274  (Horcher)  sagt  über  den  Apis: 
ÖTttv  bk  bioppeüq)  f|  q>r\\ir]  töv  Ocöv  AlTunTioic  icx^x^ai  X^touco, 
Tdiv  TPctMfiaT^wv  Tuiv  icpuiv  tivcc  ,  olctrep  oOv  }x&Ä\\xa  iraibi  tn 
TiaTpöc  TTopaboO^v  dicpißcöv  töv  inip  tuiv  a)fieiujv  £X€TXOv,  ^kou« 
civ  dvraOOa,  od  Tf\c  0€O9iXoCc  ßoöc  tö  ßp^cpoc  dr^x^^  koI  Kord  T€ 
Tf|v  091'iTTiciv  Tf|v  *€pfioO  Tf|v  TTpecßurd-niv  oUiav  ^Tcipouciv,  Iv6a 
önnou  kqI  biaiTrjccTai  ttjv  t€  irpidTiiv,  ic  f|Xiou  m^v  dvoroXoc 
öpuicav,  Tp09dc  bk  rdc  toO  ßp^9ouc  unob^acOai  ical  ^dXayc 
kavrjv  *  Tcrrdpujv  xdp  bei  fitivüjv  dv  TdXoSi  TÖvbc  cTvai  töv  möcxov. 
dirdv  bk  T^VT^Tai  iKTpa9€lc  . .  iropO^euouciv  auröv  ic  M^Mpiv.  da 
das  Apiskalb  in  diesem  hause  nur  so  lange  bleibt,  als  es  nodi  nidit 
heu  friszt,  sondern  saugt,  so  weisz  man  nicht  was  unter  der  nakrung 
desselben,  für  welche  das  haus  geräumig  eingerichtet  wird,  lu  ver- 
stehen sei.  es  wird  zu  lesen  sein  TP090UC,  und  es  sind  damit  die 
ktthe,  welche  das  Apiskalb  als  ammen  säugen,  gemeint. 

Berlin.  Hermann  Bdei». 


NWecklein:  anz.  t.  Sept  trag^et  d*Eiiripide  par  HW«iL  II«  4d.     379 

63. 

ZUR  LITTEBATÜB  DES  EÜBIPIDES. 


8EPT  TRAO^DIBB  D*  EURTPIDB.  TKZTE  GREO  RBOBlfSION  MOUVBLLB 
AVBC  VN  OOMMENTAIRB  CRITIQUB  BT  EXPLIOATIT  UVB  ÜTTRO« 
DUCTION  ET  DES  N0TI0B8  PAR  HbNRI  WbIL.     DBUXlteB  iBl" 

TiON  REMAMi^B.   Paris,  Hachette  et  C^*.   1879.   LV  a.  805  t.  lex.  8. 

AUSGEWÄHLTE  TRAOÖDIBM  DBS  EURIPIDBS.  TIBRTB8  BAVDOHBM: 
HiPPOLYTOS.      ERKLÄRT     VOR     Th.    BaRTROLD.      MIT    EIHBR 

TAFEL.  Berlin,  Weidmannsche  bachhandlang.  1880.  XLII  o.  107  s.  8. 

Weil  hat  sich  im  vergangenen  jähr  um  Enripides  ein  doppeltes 
yerdienat  erworben,  das  eine  durch  die  TerOffentUchang  des  papyms 
Finnin-Didot,  durch  welche  er  uns  mit  einem  interessanten  frag« 
ment  des  Euripides  überrascht  hat,  das  andere  durch  die  neue  aufläge 
seiner  bearbeitung  Ton  sieben  tragOdien  des  dichtere,  unsere  bespre- 
diung  dieses  Werkes  beschrBnkt  sich,  dm  die  erste  aufläge  allgemein 
bekannt  geworden  und  die  beachtenswerteeten  emendationen  in  der 
annotatio  criüca  der  ausgäbe  von  Nauck  Terseichnet  sind,  auf  die 
zweite  aufläge,  auch  über  die  einriehtung  und  elegante  ausstattung 
des  buches,  die  allgemeine  einleitung  über  leben  und  dichtung  und 
handschriften  des  Euripides ,  über  die  das  wesentliche  kurs  susam- 
menfasseuden  besondem  einleitungen  und  noten  glauben  wir  hin- 
weggeben zu  dürfen,  wir  richten  unser  augenmerk  gleich  auf  den 
hauptsächlichen  wissenschaftlichen  gehalt ,  welcher  in  den  unmittel- 
bar unter  dem  text  stehenden  und  von  dem  erklftrenden  commentar 
getrennten  ^notes  eritiques'  niedergelegt  ist  dieser  teil  ist  in  der 
neuen  aufläge  vorzugsweise  umgestaltet  worden,  und  wieder  hat  sich 
der  Scharfsinn  und  das  kritische  talent  des  hg.  gUUizend  bewährt, 
wenn  wir  aber  unsere  freude  ausdrücken  über  die  ansehnliche  zahl 
schöner  emendationen ,  so  dürfen  wir  um  einer  richtigen  Würdigung 
des  buches  willen  auch  eine  andere  bemerkung  nicht  unterdrücken. 
W.  sucht  jede  Schwierigkeit  zu  bewältigen,  jede  partie  seinem  er- 
messen entsprechend  zu  gestalten  und  auch  stellen,  wo  vorsichtige 
kritik  ein  manum  de  tabula  gebieten  musz,  in  Ordnung  zu  bringen, 
daher  stehen  manche  Vermutungen  im  texte,  bei  denen  von  einer 
Sicherheit  oder  Wahrscheinlichkeit  der  änderung  keine  rede  sein  kann 
oder  auch  der  an  den  Euripideischen  etil  gewOhnte  sofort  die  ele« 
ganz  dieses  stils  vermiszt  wir  wissen  ja  diesen  mangel  zu  entschul- 
digen, das  bestreben  den  griechischen  text  durohgehends  besonders 
für  die  schule  lesbar  zu  machen  hat  auch  seine  berechtigung.  wenn 
Iph.  A.  509  mit  bwfAOCiv,  Med.  384  mit  oliceiav  ein  fehlerhaftes 
metrum  zum  Vorschein  kommt,  Or.  1395  ein  nirgends  existierendes 
wort  CTOväxou  in  den  text  gesetzt  wird ,  so  *quandoque  bonus  dor- 
mitat  Homenis'. 


380     NWecklein :  anz.  y.  Euripi<ieB  Hippolytos  von  ThBarthold. 

Das  erste  der  behandelten  stücke  ist  der  Hippolytos.  eben 
kommt  die  neue  bearbeitung  dieser  tragödie  von  ThBarthold  in 
meine  bände,  da  es  einen  eignen  reiz  hat  zu  beobachten ,  wie  zwei 
gelehrte  zum  teil  unabhängig  von  einander  sich  an  der  kritik  und 
erklärung  schwieriger  partien  versucht  haben,  und  zu  vergleichen 
zu  welchen  ergebnissen  beide  gekommen  sind ,  so  benutzen  wir  die 
günstige  gelegenheit  und  ziehen  die  ausgäbe  von  Barthold  bei.  nach 
den  vorarbeiten  des  hg.  konnte  man  dem  erscheinen  derselben  mit 
interesse  entgegensehen,  und  die  erwartung  ist  nicht  getenscht  wor- 
den :  wir  haben  eine  respectable  wissenschaftliche  leistung  vor  uns. 
die  einleitung  behandelt  1)  den  mythos  von  Hippolytos  undPhaidra 
vor  Euripides,  2)  des  Eur.  MttttöXutoc  CT€9avTl9Öpoc ,  3)  ander- 
weitige  künstlerische  behandlung  der  Phaidrasage.  die  etwa  25  Sei- 
ten einnehmende  inhaltsangabe  und  Charakteristik  der  personen  hal- 
ten wir  für  eine  unnütze  zugäbe ,  die  dem  interesse  der  schule  sogar 
nachteilig  ist,  indem  sie  dem  lehrer  den  stoff  für  passende  sohüler- 
arbeiten  entzieht,  auch  die  damit  verknüpfte  besprechung  scenischer 
einrichtungen  gehört  zum  teil  nicht  hierher,  dagegen  ist  die  bei- 
gäbe zweier  bilder  von  einem  Sarkophag  in  Girgenti  wol  angelnrachi 
und  sehr  lobenswert,  den  text  begleitet  ein  ausführlicher  commen- 
tar;  es  folgt  ein  metrisches  Schema,  ein  anhang  über  dialogrespon« 
sion  und  endlich,  ein  kritischer  anhang.  wenn  man  ins  äuge  faszt, 
dasz  die  ausgäbe  zunächst  für  die  schule  bestimmt  ist,  so  wird  man 
über  den  commentar  nicht  gleich  günstig  urteilen  wie  yom  wissen- 
schaftlichen standpunct  ans.  Schwierigkeiten  beleuchten  und  am 
rechten  ort  eine  kritische  note  bringen  kann  nur  anregend  wirken 
und  das  nachdenken  wecken,  wenn  aber  aUer  streit  der  meinnngen 
vorgetragen ,  alles  in  frage  gestellt  wird ,  überall  Unsicherheit  und 
unentschiedenheit  zu  tage  tritt,  dann  kann  dem  schüler  die  lectOre 
leicht  Terleidet  werden,  wozu  zb.  die  anm.  zu  778  ßonöpo^€fT€ 
TTävTCC  o\  Txi\ac  h6\x\jj\:  «da  irävrec  in  der  besten  hs.  fehlt,  ver- 
mutet Nauck:  iou  iou  ßoiibpo|i€iO'  öcoi  ir^Xac.  aber  der  vers  ist 
nicht  gut  gebaut  vielleicht:  irdvrec  o\  rr^Xac  rdxa»?  einmal  ist 
die  Überlieferung  gewis  richtig,  wenn  TidvTCC  auch  in  A  fehlt;  zwei- 
tens ist  TQxa  unbrauchbar ;  drittens  begreift  man  die  methode  nicht, 
nach  welcher,  weil  irdvTCC  fehlt,  Toxa  für  böjiiuiv  gesetzt  wird,  man 
lese  dann  die  turbae  zb.  zu  1370  ff.  aber  auch  in  den  erkl&renden 
anmerkungen  tritt  oft  diese  Unsicherheit  hervor,  so  wird  zu  200  die 
möglichkeit  gelassen,  CuTr/jx^^c  mit  irpÖTroXci  zu  verbinden,  ein 
kenner  musz  wissen ,  dasz  €UTTfJX€ic  nur  zu  x^tpac  gehört,  lu  982 
wird  die  wähl  gestattet  zwischen  der  beziehung  auf  Tbeseus  und  anf 
Hippolytos,  während  man  nur  an  Hippolytos  denken  darf;  zu  1429 
zwischen  der  Verbindung  6  <t>aibpac  eic  ck  fpujc  oO  aipidi^Tai 
dvuivu^oc  Tr€Ci()V  und  der  durchaus  verwerflichen  constmction  6  ck 
ck  Tr€Cd)V  f  pujc  DU  citn^ccrai  dvubvufioc.  während  wir  bei  Weil  zu 
grosze  entschiedenheit ,  müssen  wir  darum  hier  zu  grosze  Unsicher- 
heit als  mangel  hervorheben,   und  doch  stehen  den 


NWecklein:  anz.  y.  Sept  tng^et  d*  Eoripide  par  HWeiL  11*  id.      381 

noten  wieder  erklftrungen  gegenüber  wie  zu  149  X^ov  6*  Circp 
'parenthetisch  zu  nehmen:  ebenso  wie  tlber  das  festland',  woran 
nicht  im  entferntesten  gedacht  werden  darf!  auch  noch  in  einer  an- 
dern beziehong  erinnert  der  oommentar  bisweilen  an  eine  antiquierte 
methode  der  erkläning,  nemlich  in  den  willkürlichen  ergttniungen* 
so  wird  zu  203  fif|  xot^eiruic  pCTdßoVXc  b^fiac  bemerkt :  cxaX€iT<I»c 
sc  Ixovca,  im  unmut»  wozu  bedarf  es  dieser  erginsung  und  was 
berechtigt  dazu?  zu  294  tuvoikcc  a!b€  cuTKOdKTavai  vöcov  heisit 
es:  Mer  inf.  ist  von  einem  zu  ergftnzenden  licovcti,  irpöOufyioi  ab- 
hSngig.'  kann  man  auch  OK.  335  o\  b*  au6ö|A€»M0t  itoC  V€av(cu 
iroveiv;  sei  es  iKavoi  sei  es  npöOufioi  ergftnzen?  vgL  KrOger  diaL 
55,  3,  7.  als  eine  zugäbe,  die  man  gern  entbehren  würde,  erscheint 
uns  das  Schema  der  dialogresponsion,  welches  neben  dem  text  durch 
griechische  buchstaben  veranschaulicht  wird,  würden  wir  eine  freude 
daran  haben ,  wenn  wir  etwa  Goethes  Iphigenie  mit  einem  solchen 
Zahlenschema  ausgestattet  sehen  sollten?  am  wenigsten  sollte  man 
aus  dem  flüssigen  Zahlenschema  die  unechtheit  eines  verses  ableiten, 
so  möchte  B.  423  als  interpolation  betrachten,  um  für  die  rede  der 
Phaidra  die  Symmetrie  15  •  15  •  10  •  10  •  7  zu  gewinnen,  allerdings 
kann  der  vers  unbeschadet  des  sinnes  wegbleiben,  aber  für  seine  un- 
echtheit ist  nicht  der  geringste  anhaltspunct  geboten,  und  wenn 
man  die  rede  nach  dem  inhidt  abteilen  will,  so  wird  man  richtiger 
so  gliedern:  15  •  15  •  10  -(~  ^  '  1^9  clamit  aber  auch  auf  eine  schöne 
Symmetrie  verzichten,  vor  allem  mOchte  man  auch  den  text  von  un- 
nötigen bei-  und  zwischenschriften  rein  gehalten  wissen,  wenn  auch 
hierin  B.  nicht  so  weit  gegangen  ist  wie  Köchly  in  seiner  ausgäbe 
der  Iphigeneia.  doch  wir  wollen  hier  nur  die  wissenschaftliche  seite 
der  ausgäbe  in  betracht  ziehen,  und  von  dieser  seite  verdient  dieselbe, 
wie  gesagt,  alle  anerkennung. 

Mit  recht  bemerkt  Barthold  im  vorwort,  dasz  Bemhardys  urteil 
über  den  sehr  reinen  und  bis  auf  lücken  in  dem  melischen  teile  gut 
erhaltenen  text  des  Hippolytos  sich  wenig  bestätige.  Barthold  glaubt 
dasz  das  stück  besonders  durch  interpolation  gelitten  habe,  und  hat 
etwa  ein  halbes  hundert  verse  als  unecht  unter  den  text  gesetzt,  in 
vielen  fällen  wird  man  dem  hg.  beipflichten  müssen;  übrigens  hat 
in  den  meisten  nicht  er  zuerst  an  interpolation  gedacht,  sondern  nur 
ein  consequenteres  verfahren  als  andere  eingehalten,  manche  glau- 
ben sich  viel  eher  zu  jeder  möglichen  änderung  als  zu  der  annähme 
einer  interpolation  berechtigt,  eine  gesunde  methode  wird  diesen 
grundsatz  nicht  billigen,  so  will  Weil  29^33  durch  beseitigung 
verschiedener  worte  und  silben  in  folgender  weise  herstellen:  koX 
npiv  jbitv  dXGciv  TTivbc  Toiav  ckoro  |  n^Tpav  . .  KaTÖi[iiov  |  t^ 
Tficb€  vaöv  KÜTTpiöoc,  IttttoXOtip  b*  km.  \  tueX  H  9iic€üC  usw. 
diese  emendation  scheitert  an  dem  unverständlichen,  jedenfalls  nicht 
stilgerechten  ausdruck  1iTTroXuT({i  b'  Im.  mit  recht  hat  B.  die  von 
OJahn  und  Schliack  gegen  die  echtheit  dieser  verse  vorgebrachten 
gründe  gebilligt  und  noch  hinzugefügt,  dasz  in  84 — 87  von  der  reise 


382     NWecklein:  anz.  y.  Earipidee  Hippolytos  von  ThBarthold. 

der  Pbaidra  in  einer  weise  gesprochen  werde,  dasz  man  erkenne,  es 
sei  vorher  noch  nicht  davon  die  rede  gewesen,  nach  einer  Vermutung 
Yalckenaers  will  B.  die  meisten  interpolationen  auf  den  'ImröXinroc 
KaXuiTTÖfievoc  zurfickführen.  dazu  stimmt  es  wenig,  wenn  dieselben 
meistens  nicht  blosz  um  des  zusammenhange  willen ,  sondern  such 
von  Seite  des  inhalts  und  ausdrucks  verdächtigt  werden,  mit  Wahr- 
scheinlichkeit lassen  sich  dem  ersten  Hippolytos  nur  477 — 81.  809 
mit  825.  866 — 70  zuweisen.  —  Zu  67  hat  B.  die  treffliche  emenda- 
tion  von  Cobet  aitXi^cvTa  gar  nicht  erwähnt.  W.  schreibt  &  ^efäXov 
Kar'  oupavöv  vdcic  eÖTTar^pciav  auXdv,  Z^vöc  iroXuxpucov  oIkov. 
aber  das  schwanken  der  hss.  zwischen  &  .  .  vaieic  und  a1 .  .  verfrr* 
erweist  die  ftnderung  von  Cobet  alTXi^evra  .  .  vatouc'  als  richtig, 
auszerdem  beseitigt  Cobet  oTkov.  aber  das  epitheton  cörroT^pcia 
kommt  nur  der  gottin  zu,  weshalb  Oaisford  €UTTaT^p€i'  &v'  aöXdv 
schreiben  wollte,  da  dv'  adXdv  ohne  epitheton  nichts  besagt  und  da 
eher  oTkov  als  aöXdv  sich  [als  unechter  zusatz  zu  erkennen  gibt,  wer- 
den wir  die  ganze  stelle  so  zu  schreiben  haben:  aitXdevra  KOT.' 
oöpavöv  va{ouc*  euirar^peia  Zavöc  iroXuxpucov  aöXdv. 
—  Die  verse  79 — 81,  welche  B.  mit  Dindorf  streicht,  tragen  durch- 
aus Euripideiscbes  gepräge  an  sich.  B.  hätte  auch  nicht  bemerken 
sollen,  dasz  sie  zum  teil  aus  Bakchai  316  wiederholt  seien,  nachdem 
ich  das  umgekehrte  an  der  überlieferten  lesart  dcoic  .  .  €fXT)X€V  er- 
wiesen, denn  zu  öcoic  gehört  das  ao.  erhaltene  £v€CTtv ,  während 
€!Xr]X€V  das  von  Person  hergestellte  öcTtc  erfordert.  sohOn  ver- 
mutet B.  dasz  in  77  nach  dem  schol.  ^apivrj  zu  lesen  sei.  —  121  f. 
erklärt  B. :  'Okeanosfels  heiszt  ein  wasser  sprudelnder  felsen.'  die 
gewöhnliche  deutung  Vasser  soll  sprudeln  vom  Okeanoe  her  ein 
fels'  bezeichnet  er  fds  unstatthaft,  da  crdZouca  X^T^TOt  nicht  ftlr 
CT&Leiy  X^T^Tai  gesetzt  werden  könne ,  mit  recht,  gegen  die  noch 
mögliche  erklärung  *man  erzählt  sich  von  einem  felsen ,  der  wasser 
vom  Okeanos  her  sprudelt'  bemerkt  er:  die  Troizenischen  franen 
können  von  der  benachbarten  felshöhe,  auf  der  ihre  freundin  wftsohp 
trocknet,  nicht  wie  von  einer  ihnen  nur  durch  hörensagen  bekannten 
localität  sprechen,  auch  dies  lassen  wir  gelten,  da  aber  die  steUong 
der  werte  und  die  sache  selbst,  wie  man  aus  dem  scholion  erkennt, 
die  Verbindung  von  'QKeavoG  fibwp  fordert,  so  kann  B.8  erkllmng 
nicht  richtig  sein,  wir  müssen  an  eine  poetische  ausdrucksweisa 
denken,  welche  man  zb.  aus  Or.  331  Tva  ^€CÖfiq>aXoi  X^vrm 
MuxoC,  Soph.  Trach.  638  fvO'  'CXXdvwv  dropal  KX^ovrot,  OT.  1461 
fvOa  KXfgerai  oö^öc  Ki9aipi()V ,  OK.  57  erlrennt.  in  erinnenmg  an 
diese  redeweise  können  wir  auch  eine  Ungereimtheit  entfernen,  welohe 
in  OK.  1594  oö  xd  Oiic^uic  TTepfOcu  t€  K€iTai  iricr*  dtA  EuvOi^jüUZTObiB 
jetzt  unbemerkt  geblieben  ist.  nicht  'wo  das  bttndnis  desTheseus  nnd 
Peirithoos  liegt',  sondern  'wo  der  nach  dem  bttndnis  benannte  pbilt 
liegt'  ist  der  richtige  ausdruck.  dies  aber  heiszt  in  der  dichterspraeiia: 
oiS  Td  9r|c^uic  TTeptOqi  KaXeirai  iricr^dclEuvOifiMaTO.  wir  haben 
also  die  stelle  des  Hipp,  zu  erklären:  *ein  ort  ist  benannt  nach 


NWecklein:  aas.  ▼.  Sept  trag^diet  d'Euxipide  par  WfimL  II«  ed.    883 

einem  felsen,  der  wasser  vom  Okeasoe  sprodelt.'  —  Die  Schwie- 
rigkeit in  131  f.  will  6.,  indem  er  mit  Kirehlioff  das  in  AB  fehlende 
KoCra  als  interpolation  betrachtet,  mit  folgender  ändenmg  beeeiti« 
gen:  T€ipOfidvav  viv  ^x^iv  fvrocte  Mfiac  voccpocv  olicufv.  hiunn 
misfllllt  voc€pav  besonders  nnmittelbacr  nach  b^uic  Weil  behftlt 
Koirqi  bei  nnd  schreibt :  TCtpo^^vctv  voc€p^  Ko(ti)i  b^UK  £vt6c  {x^iv 
oIkov.  dem  satze,  dessen  snbject  oTkov  sein  soll,  fohlt  das  poetisdie 
geprfige.  bei  der  erw8gang,  dast  das  snbject  fehlt,  dast  das  in  den 
hss.  nnstttte  KoiTOi  auf  ein  gloesem  hinweist,  dasz  dagegen  der  aos- 
dmck  voc€p&  KOini  durch  180  voccpfic  bt^jma  Koitoc  empfohlen 
wird,  gibt  die  rflcbicht  aaf  160  eövoia  b^beroi  folgende  emenda- 
tion  an  die  hand:  TCipOfA^vov  voccpAc  aÖT&v  b^poc  dvrdc  ^x^^ 
Koirac.  dasmisTerstftndnisdessinnesftIhrtezndemglossemobaiiv, 
nnd  daraas  gieng  die  weitere  nnordnnng  herror.  —  185  C  erklftrt 
Weil:  'apr^s  Kcrr*  d^ßpodou  cröfUiTOC,  on  s*attend  k  oö  icaOUvot 
ciTOV.  an  lien  de  cela,  le  po6te  ponrsnit  ainsi:  ctenir  son  corps  dans 
Fabstinence  dn  fruit  de  Corte»'  richtiger  als  B. :  *ieh  hOre  dass  sie 
schon  drei  tage  vom  ambrosischen  nmnde  her  den  kOrper  nnbertthrt 
▼on  speise  hftlt.'  von  allem  abgesehen  hdsrt  Konrd  nicht  Won  • .  her*« 
indes  fügt  B.  seine  bedenken  hinzn,  nnd  diese  bedenken  scheinen  ge- 
rechtfertigt aber  mit  der  ändemng  Tdcvbe  kot*  äßpAroc  sind  ein- 
mal nicht  alle  Schwierigkeiten  beseitigt;  dann  mtisaen  dieser  ftnde- 
rung  zn  liebe  auch  die  werte  des  respondierenden  verses  umgestellt 
werden:  q>op€a  iropq)upeou  die  responsion  ist  nicht  genan.  dervers 
soll  als  docbmius  gelesen  werden;  aber  man  begreift  nicht,  wie  sich 
der  docbmius  hieher  verirre;  127.  137  sind  trochftisch  zu  lesen.  Här- 
tung hat  dßpujcicji  fUr  d^ßpocicu  vermutet,  und  alle  Schwierigkeiten 
werden  gehoben  mit  rdvö'  dßpuicicji  «=  iropqnjpea  q)dpii  (vgl. 
133  q>apii  A£,  9dp€a  die  übrigen).  —  Zu  149  empfiehlt  B.  die  Ver- 
mutung von  Weil  xujpoOc'  t&TT^p  ireXdTOUc.  W.  selbst  ist  davon 
zurückgekommen  und  gibt  der  änderung  von  Dindorf  X^P^^u  6* 
vrrrip  it.  den  vorzug;  x^pcou  soll  in  der  bedeutnng  des  Homerischen 
dtTpirr^TOu  stehen,  in  der  Verbindung  mit  iteXdTOUc  scheint  uns  dies 
kaum  mOglich ;  man  denke  nur  an  das  Aischyliscbe  x^pcaTov  kO^. 
da  auch  änderungen  wie  kqI  bid  X^P^OU  Xifivoc  6'  imkp  ir*  oder 
X^pcou  6'  &TT€p  (ebenso  wie  über  das  festland)  nicht  passen,  scheint 
allerdings  xuJpoOc'  das  ansprechendste  zu  sein.  —  228  hat  W.  mit 
recht  die  treffliche  änderung  von  Heimsoeth  ö^aXäc  in  den  text  ge- 
setzt, damit  flQlt  manches  weg  von  dem  was  B.  zu  der  stelle  be- 
merkt. —  Die  werte  dTvdc  fiiv  x^^x^c  al^aroc  q>^pcic;  316  wer- 
den von  B.  nicht  ganz  richtig  erklftrt:  *8ind  deine  hftnde  denn  wol 
auch  von  blutschuld  rein?'  vielmehr  will  dies  die  amme  als  eigent- 
lich nicht  in  frage  kommend  hinstellen:  *von  blutschuld  rein  sind 
deine  hftnde?  das  brauche  ich  eigentlich  nicht  zu  fragen.'  vgl.  Her- 
mann zu  Med.  676.  —  Da  die  erklftrung  von  iv  bi  col  XeXdiiiOMat  324 
'bei  dir  werde  ich  bleiben'  kaum  richtig  sein  kann,  verliert  die  Inde* 
rung  ia  ^*  dncXOoOc*,  welche  B.  823  in  den  teit  setzt,  ihre  unterläge. 


384     NWecklein':  anz.  v.  Earipides  Hippolytos  ?on  ThBarthold. 

auch  der  gleiche  gedanke  333  f.  spricht  gegen  diese  änderong.  —  In 
der  ersten  aufläge  hatte  W.  die  Umstellung  von  Hirzel  329.  332.  331. 
330  aufgenommen,  nunmehr  ist  er  zur  hsl.  Ordnung  zurttckgekehrt 
('331  se  rattache  si  bien  ä  330,  qu'il  faut  renoncer  k  la  transposition'), 
und  auch  B.  erwähnt  die  Umstellung  nur  beiläufig,  aber  die  erwide- 
rung  ouKoOv  X^touca  TijiiujT^pa  9av€i  schlieszt  sich  so  unmittelbar 
an  öXet,  tö  \xiYTO\  irpätM'  ^^oi  Ti|if)V  9^p€i  an,  dasz  wir,  da  aller- 
dings 331  nur  nach,  nicht  vor  330  an  seinem  platze  ist,  330.  331 
als  interpolation  betrachten  müssen.  —  Zu  364  bemerkt 
B. :  'vielleicht  äuszert  die  chorführerin  den  wünsch  zu  sterben ,  be- 
vor sie  selbst  an  sich  eine  solche  Verwirrung  erfahren  müsse,  vgL 
528  f.  (irplv  cdv  naOeiv  KardXuciv  9p€VU)V  ?).'  da  er  weiter  nichts 
hinzufügt,  scheint  er  meine  emendation  der  stelle  irplv  c&v  Ö9X€iv 
xaTdXuciv  9p€vüüv  nicht  gekannt  zu  haben.  —  Gut  stellt  W.  369 
her:  Tic  ö  TTavdfiepoc  c'  öb€  xpövoc  m^MVCI ;  ebenso  ist  seine  erklä- 
rung  'cette  joum^e,  avant  de  finir,  que  te  r6serve-t-elle?'  richtig, 
nicht  die  von  B. :  'was  erwartet  dich  jetzt  täglich  fOr  eine  (schlimme) 
zeit!'  —  Mit  recht  setzt  W.  406  die  werte  difiTVUJCKOV  KaXwc  in 
klammem;  aber  auffallend  ist  seine  erklärung  von  fuvfi  T€  npöc 
TOicb'  ouca:  'et  une  femme  qui  s'adonne  ä  cette  passion  et  &  oes 
actes.'  den  gedanken  des  dichters  'und  dasz  ich  auszerdem  ein  weib 
sei  —  ich  vergasz  es  nicht  —  ein  gegenständ  allgemeinen  hasses' 
macht  am  besten  Med.  889  deutlich:  dXX'  ic^xiv  oiöv  dgiev  ouk 
ip6j  KttKÖv ,  T^vaiKec.  —  Die  redensart  dfiiXXdcOai  ßiqi  erkllrt  W. 
'le  disputer  ä  la  vie ,  durer  autant  que  la  vie'  richtiger  als  B.  'eine 
edle  gesinnung  überdauert  das  leben'  oder  'ist  mehr  wert  als  das 
leben',  der  sinn  ist  'hält  stand  dem  leben,  hält  nach  im  leben'.  — 
Die  bedenken,  welche  B.  gegen  den  Zusammenhang  der  gedanken  in 
437 — 443  geltend  macht,  können  wir  nicht  teilen,  man  mnsz  nur 
die  sophistik  der  amme  verstehen,  um  zb.  zu  begreifen,  wamm  sie 
öptal  b*  clc  c'  dn^CKimiav  Ocäc  als  Trepiccöv  o&b^v  bezeichnet  die 
Verbesserung  von  Valckenaer  in  441  oö  Tdpa  Xüei  ist  an  und  für 
sich  so  evident  und  durch  das  scholion  oi  XuciTcXet,  oA  CUfup^i 
so  sicher  gestellt ,  dasz  es  ein  unrecht  ist  sie  nicht  in  den  täct  zu 
setzen,  schwieriger  sind  die  folgenden  werte  Tok  £pu»ci  TUIV  irAotc 
6co\  T€  ji^XXouc',  ei  Oaveiv  auTOUc  xp€uiv.  W.  erwartet  den  ge- 
danken :  'il  n'y  a  donc  point  d'avantage  pour  les  amants  ä  dtre  pay^s 
de  retour  (ou  bien,  a  tächer  de  fl6chir  Tobjet  de  leor  passion),  s'ils 
sont  obligds  de  mourir.'  danach  müste  man  die  werte  5cot  T€  \Uk- 
Xouc'  als  ungeschickte  ergänzung  einer  lücke  (tux€iv  £puiTOC)  be- 
trachten, allein  Einmal  sehen  die  werte  selbst  nicht  danach  ans; 
zweitens  erweckt  die  entstellung  von  oö  rdpa  XÜ€i  in  out'  dpa  T* 
DU  bei  das  vertrauen,  dasz  auch  hier  eine  ähnliche  corrup'tel  voiliege, 
die  sich  mit  gewöhnlichen  mittein  beseitigen  lasse,  leicht  ergibt  sich 
daraus  vöcov  jiiaXdcceiv.  ganz  entsprechend  ist  der  gedanke: 
'man  musz  die  krankheit  zu  lindem  suchen,  nicht  gleich  an  das  ster- 
ben denken'  oder  'liebe  ist  eine  krankheit,  die  auch  geheilt  werden 


KWecklein:  ans.  ▼.  Sept  trag^es  d'Eiiripide  par  HW«iL  !!•  ^    385 

kann,  nicht  gleich  notwendig  zum  tode  fllhren  mnaa.'  —  Die  Schwie- 
rigkeiten in  468 — 70  hebt  B.  dadurch,  dasz  er  die  verae  kurzweg 
auswirft,  obwol  er  selbst  zugesteht  dasz  ein  gleichnis  recht  am  platze 
sein  würde,  wenn  er  bemerkt  dasz  die  verse  unmöglich  fdr  echt 
gelten  können ,  weil  sie  des  ungehörigen  so  viel  enthalten,  so  zeigen 
schon  die  schollen,  aus  welchen  KaXuiC  in  KavdiV,  böfioi  in  bOKol 
emendiert  worden  ist,  dasz  ursprünglich  der  text  anders  gelautet 
hat,  die  corruptelen  also  für  die  unechtheit  nichts  beweisen,  ich  ver- 
mute oub^  cT^inv  &v  eic  Komip€q)€ic  bOKOuc  xavdjv  äxpißiikcicv. 
leicht  konnte  ctc  in  fjc  übergehen;  als  dies  aber  geschehen,  muste 
boKoi  für  botcouc  geschrieben  werden.  —  491  dXXd  Tdvbpöc  die 
Tdxoc  bioiCT^ov  erklärt  W.  Tdvlnpdc  —  rd  dybpöc.  aber  rdvbpdc 
kann  nur  toG  dvbpöc  bedeuten,  ansprechend  schreibt  6.  oö  XÖTUiv 
€ucxTlM<^vuiv  bei  c  *,  dXXd  tdvbpöc  *  di  Tdxoc  bioicr^ov  töv  cdOöv .  • 
XÖTOV.  —  Zu  506  vermutet  W.  dvciXf^O/jcofAai  (revolvar)^  was  sich 
kaum  mit  dem  dichterischen  stil,  B.  q>€UTUi,  XavOdvouc'  dXibco^ai, 
was  sich  nicht  mit  der  prftp.  elc  vertrttgt  eher  könnte  man  clc  ToCd' 
6  q>€UTUü  ndXiv  toOc'  dXtJ&cofiat  verstehen.  —  In  den  folgenden  vers 
bringt  sinn  und  Verständnis  die  emendation  von  W.  cl  toi  bOK€t  cot 
Xpi\  ji  \i*  ivöc  dMapTdvciv,  TÖb*  oöv  mOoO  fioi.  —  W.  verwirft  649 
die  Verbesserung  von  Matthiae  leiiac*  an*  €lpcc(<;i  und  vermutet 
dTT '  dpTOtcifiv.  ansprechend  bezieht  B.  cipcciqi  auf  die  luftfahrt  der 
lole  (Plut.  parall.  13),  wenn  auch  dem  hOrer  oder  leser  damit  viel 
zugemutet  wird.  —  550  hat  W.  die  Verbesserung  von  Musgrave 
bpo^dba  Tdv  (tiv  ')  ''Aiboc  üjctc  Bdxxav  aufgenommen ;  mit  recht 
bemerkt  dagegen  B.  dai*z  tiv'  unmetrisch,  Tdv  unlogisch  sei.  B.  tilgt 
im  antidtr.  vers  Tdv  und  behält  bpofidba  Ndib'  önuic  T€  Bdicxotv  bei. 
abcT  der  tilgung  von  Tdv  ist  das  versmasz  nicht  günstig,  dann  läszt 
sich  bpcjidba  vdiba  nicht  gut  verstehen.  B.  erinnert  an  die  von  Pan 
verfolgte  vujLi9a  Ndic  Hei.  187;  aber  genügt,  um  an  einen  solchen 
Vorgang  zu  erinnern,  das  epitheton  bpojidba?  auch  würde  9UTdba 
dann  eher  geeignet  sein,  während  bpcjidba  der  bakchantin  zukommt 
und  darauf  hinweist,  dasz  lole  passender  blosz  mit  einer  bakchantin, 
nicht  mit  einer  nymphe  und  bakchantin  zugleich  verglichen  wird. 
darum  wird  die  Überlieferung  vdtba  (votbav)  infiaivdbaTlv'zu 
ändern  und  zu  schreiben  sein  bpo^dba  fiaivdba  tiv'  CbcTt  Bdicxotv 
(äs'  TOKdba  Tdv  AiOTÖvoio  BdKXOu).  —  Sehr  gut  bemerkt  B.  zu 
576  dKOucaO'  oioc  K^Xaboc  t\  böfioic  iriTVCi,  dasz  irirvei  unmög- 
lich richtig  bein  könne  und  der  begriff  ^ertönt'  erwartet  werde,  seine 
frühere  Vermutung  ktuttci  verwirft  er  jetzt,  weil  dies  blosz  von 
einem  durch  schlagen  oder  auftrete^  mit  den  füszen  entstehenden 
lärm  gebraucht  werde,  es  läszt  sich  mit  Sicherheit  herstellen :  K^Xa- 
boc  fvbov  icTaTai.  vgl.  ßof|v,  Kpaur^v,  iaxdv  Icrdvai  HerakL 
128.  Iph.  T.  1307.  Or.  1528.  Iph.  A.  1039.  Aisch.  Cho.  885,  Oöpu- 
ßoc  YcTaTai  ßonc  Phil.  1263.  als  ENAONIC  in  EN  AOMOIC  verschrie- 
qen  war,  wurde  aub  Tarai  ein  irgendwie  passendes  wort  gemacht. 
—   585  schreibt  W.  für  iaxdv  nach  dem  schoL  yp*  luidv,  dvri 

J«hrbachei  Tur  rls«t.  philol.  18S0  lirt.6.  S6 


386     NWecklein:  anz.  v.  Euripidee  Hippolytos  von  ThBarthold. 

ToO  q)U)viiv ,  irapd  tö  Mvax  kqi  dvaTr^jUTrccOai,  weil  sich  diese  ety- 
mologie  auf  i-dv  zu  beziehen  scheint,  idv.  allein  da  hundert  mal  in 
den  hss.  iaxdv  für  dxdv  geschrieben  ist,  fragt  es  sich ,  abgesehen 
von  der  Unsicherheit  jener  Voraussetzung,  ob  die  Variante  Idv  der 
lesart  dxdv  vorzuziehen  sei.  die  weitem  ftnderungen  von  W.  Y€Tui- 
veiv  ÖTTor  fjioXev  fpoXe  coi  biä  miXac  [ßod]  sind  im  höchsten  grade 
unsicher ,  weil  von  vom  herein  keine  notwendigkeit  der  Snderang 
vorliegt  und  weil  eine  änderung  auf  die  andere  gebaut  ist.  nichts 
destoweniger  hat  sie  B.  in  den  text  aufgenommen  und  seinerseits 
KOTd  an  die  stelle  von  ßod  gesetzt.  —  In  der  folgenden  scene  soll 
nach  der  meinung  B.s  Phaidra  sich  hinter  der  statue  der  Ejpris  ver- 
borgen halten ;  es  genügt  wol  sie  auf  die  seite  treten  zu  lassen.  — 
638  entspricht  die  lesart  ^qiov  dem  sinne  des  Hippolytos  besser 
als  ^qiCTOV.  B.  will  weiter  schreiben  to  \xr\bkyf  ouc*,  d^rjxavoc.  die 
Wiederholung  des  wertes  in  643  spricht  nicht  für,  sondern  gegen 
diese  Verbesserung,  in  jeder  beziehung  ansprechender  ist  die  emen- 
dation  von  Nauck  viuxeXfjc  (tö  }xr\bkv  oöca,  vu)X€Xf|c  edriOiqi).  — 
645  steht  elc  T^vaiKa  wol  nur,  weil  eic  Ti^vaiKUiviTiv  vorschwebt. 
—  715  schreibt  W.  tv  bk  Tidv  CTp^q)Ouc'  ifw  eupoCca  ^Opa  Tf]cb€ 
cupqpopdc  ^X^}  ^*  stellt  die  verschiedenen  verbesserangsversuche 
zusammen,  an  der  änderung  von  W.  misföllt  Tidv,  wofür  man  irdvra 
erwartet ,  und  auch  ^Opa  scheint  hier  kaum  passend  zu  sein,  da  es 
mehrere  möglichkeiten  gibt  der  stelle  eine  einigermaszen  entspre- 
chende gestalt  zu  verschaffen,  kann  nur  eine  streng  methodische 
emendation  wert  haben,  zunächst  weisen  die  lesarten  der  beiden 
hss.-classen  eiipriMa  bryia  und  €upr|pa  br\  rx  auf  eupiiMOi  bi^  bin.  man 
hat  keinen  grund  sowol  bf\Ta  wie  br]  n  ganz  zu  beseitigen ,  znmal 
brj  ganz  an  seiner  stelle  ist.  weiter  führt  Ix^  ^^^  der  erklSrung  der 
scholien  peTarp^Trouca  xai  TtoXXd  boKi^dZouca  xal  €ic  iroXXd  ^ctq- 
q)^poucd  pou  Tf)v  TVWMTiv  tv  jiövov  la^a  tt^c  cupq)opäc  cOpov  auf 
eupoCca.  es  fragt  sich  nun,  wie  wir  von  eöpripa  bf)  auf  eöpoOca 
kommen,  da  uns  der  begriff  la^a  fehlt,  den  der  sinn  fordert  und  der 
scholiast  gelesen  hat,  so  werden  wir  eupHpa  brj  auf  eupoGc'  dKOC  bi\ 
mit  übergeschriebenem  tapa  zurückführen,  endlich  verlangt  der  sinn 
den  gegensatz  Sv  .  .  TToXXd  oder  £v  .  .  Trdvra.  wir  werden  wieder 
zum  teil  im  anschlusz  an  W.,  in  rücksicht  auf  die  erklärung  des  schol. 
eic  TToXXd  p€Taq)^poucd  ^ou  Tf)v  TVWMnv  und  auf  den  dichterischen 
Sprachgebrauch  Tidv  CTp^90Uc'  ^ttgc  schreiben,  so  dasz  sich  uns  fol- 
gende emendation  der  ganzen  stelle  ergibt:  Svb^,  TrävcTp^q>OUC* 
Ittoc,  eupoOc*  dKOC  bf|  Triebe  cupq)opac  ^x^*  übrigens  kann 
nicht,  wie  B.  glaubt,  dvrJK€CTOV  in  722  eine  anspielung  auf  dicoc 
enthalten,  da  dviiK€CTOV  eine  gewöhnliche  bezeichnung  für  ^todbrin- 
gendes'  ist.  —  Zu  7  33  f.  bringt  B.  eine  conjectur  vor,  an  deren  rich- 
tigkeit  er  selber  zweifelt ;  er  hätte  lieber  die  verbessemng  von  Her- 
werden T€voi]biciv  xöovöc  f|  TTTcpoOccav  öpviv  Bcöc  fv  ^€  iroravafc 
d.  Geiri  erwähnen  sollen.  —  unverständlich  ist  es  mir,  waram  737 
weder  W.  noch  B.  von  der  emendation  &X|Liac  notiz  nimt.  —  739 


NWecUein:  anz.  v.  8ept  trag^es  d^Euripide  par  HWeiL  !!•  iä.    387 

tilgt  B.  TTCrrpöc,  im  actistr.  v.  749  ^cXdOpuuv  und  schreibt  Zovdc 
TTapd  KOiTäv.  schon  diese  doppelte  Sademng  erweckt  bedenken,  zu 
welchem  zweck  soll  jemand  ircrrpöc  interpoliert  haben?  es  scheint 
vielmehr  aus  rröpou  entstanden  zu  sein  (vgl.  Aisch.  Prom.  532. 
806.  Perser  493.  Cho.  366).  —  741  hat  W.  crdrac  für  airf&c  ge- 
setzt; aber  sicher  ist  751  mit  Bmnck  0vaTOic  itlr  Ocotc  zu  schreiben. 
—  746  haben  die  hss.  ccjiivöv  T^p^ova  va(ujv  TP*  Kupuiv:  W.  nimt 
KupurV;  B.  va{u)v  auf;  weder  das  eine  noch  das  andere  gibt  einen  er^ 
träglichen  sinn:  es  soll  ja  die  folge  von  6  TrovTO|i^buJV  irop<pup^ac 
Xi^vac  vauratc  oök^O*  öböv  v^jiict  angegeben  werden,  die  hsl.  les- 
art  weist  deutlich  auf  das  hin,  was  der  sinn  fordert:  C€^vöv  T^p^ova 
Kpaivuiv.  —  Ansprechend  und  durch  die  scholien  gestützt  ist  die 
ftnderung  von  W.  in  758  ff.  fj  T^P  dn'  d^q)OT€puiv  fjv  KpT|c(ac  T* 
Ik  tSc  bücopvic,  fTTTttO'  d)C  KXcivdc  *A6dvoc,  Mouvixou  t'  diafic 
Tv*  iKb/jcavTO  usw.  —  Weder  W.  noch  B.  hat  an  dTrctXXdccoucd  t* 
dXT€tvöv  q)pevOüV  fpurra  775  anstosz  genommen,  und  doch  berührt 
es  eigentümlich  zu  hören,  dasz  Phaidbra  sich  erhSnge,  den  guten 
ruf  wahrend  und  von  ihrem  herzen  die  schmerzliche  liebe  bannend. 
Phaidra  stirbt  vielmehr,  um  ihrem  hause  die  schände  zu  ersparen 
und  weil  das  schuldbe wustsein  sie  drückt  (719  ff.),  der  sinn  ver- 
langt also  dTraXXdccoucd  t*  dXTCivöv  9p€vuiv  ^iac^ou  vgl.  317 
xctpcc  }xtv  dTva(,  q)pf)v  h*  ix^x  jniac^d  Tt,  1448  dvatvov  9p^va, 
Or.  1604  dxvöc  f&p  €i|Lit  X^tpoc.  f  dXX*  oö  rdc  9p^vac.  augen- 
scheinlich ist  ^puira  eine  ungeschickte  erklftrung  zu  jniacfüia,  wie 
zb.  873  oiuivöv  an  die  stelle  von  dpvtOoc  getreten  ist.  —  Was 
B.  zu  809  vermutet,  dasz  wegen  x<>XäT€  aus  dem  interpolierten 
v.  825  ^kXu€8'  für  ^kXücqG'  aufzunehmen  sei,  ist  gewis  richtig. 
es  ist  eine  gewöhnliche  erscheinung  dasz^  wo  die  erste  silbe  von 
Xueiv,  Oueiv  lang  sein  musz,  von  den  abschreiben!  die  formen  mit 
c  gesetzt  sind,  so  671  Xuc€iv  für  Xu€iv.  —  863  setzt  B.  zu  TTpoC- 
caTvouci  die  erklärung  des  schol.  ^buvouct.  besser  wäre  die  er- 
klärung  gewesen,  welche  die  scholien  anderswo  von  diesem  ver- 
bum  geben,  ^i^vriCKOuci.  denn  caiv€tv,  Trpoccaivetv  wird  gesagt 
von  dem  was  als  bekannt  oder  traut  anmutet,  gesiebt  oder  gehör 
berührend  oder  durch  die  erinnerung  vor  die  seele  tretend:  vgl. 
Soph.  Ant.  1214  Traiböc  jLi€  catvei  q)6ÖTT0C,  OK.  319  q>atbpd  touv 
dn '  öjLijLidTUiv  caivei  jiie  TrpoccTetxouca ,  Aisch.  Prom.  835  ci  TUüvbc 
7Tpoccaiv€i  c^  Tl.  der  wol  bekannte  abdruck  des  siegeis  erweist 
sich  als  der  toten  gattin  angehörig.  —  916  hat  B.  mit  Markland 
TToXXd  )LiavOdvovT€c  für  das  unpassende  iröXX'  dfiaprdvovTec  ge- 
schrieben; ungleich  besser  ist,  was  W.  dafür  gesetzt  hat,  iroXXd 
MaCT€UOVT€C.  —  Die  gründe  warum  ich  942  als  interpolation  be- 
zeichnet habe  scheint  B.,  nach  seiner  gegenbemerkung  zu  schlieszen, 
nicht  richtig  aufgefaszt  zu  haben.  Theseus  staunt  über  die  grösze 
menschlicher  frechheit  und  meint,  wenn  es  so  fortgehe,  werde  sie  zu- 
letzt so  gro8z  werden ,  dasz  6ine  erde  nicht  mehr  ausreiche  sie  zu 
fassen,    diese  frechheit  braucht  nicht  an  vielen  personen  hervorzu- 

26* 


388     KW'^ecklein:  anz.  v.  Euripides  Hippolytos  YOn  ThBarthold. 

treten;  die  zahl  der  bösen  kommt  gar  nicht  in  betracht,  da  ancb 
Theseus  nur  über  das  onmasz  von  frechheit  des  6inen  Hippolytos 
staunt.  —  Von  950  f.  ouk  fiv  TriOoIpiiv  ToTci  coTc  KÖfiiroic  iffh 
Geoict  TipocGeic  d^aOiav  9pov€iv  kokuüc  geben  W.  und  B.  ganz  ver- 
schiedene erklämngen ;  W.  ^tes  fanfaronnades  ne  me  persoaderont 
pas  de  manquer  de  sens  en  attribuant  de  Tignorance  anx  dienx,  en 
croyant  les  dieux  capables  de  se  tromper  ainsi  sur  la  Yalenr  d^ 
hommes',  B.  betrachtet  9poveiv  KaKUic  als  folge  oder  äuszenmg  der 
dpaGia :  Vollte  ich  deinen  umgang  mit  göttem  glauben ,  so  würde 
ich  diesen  selbst  die  unklugheit  zutrauen,  (den  wert  eines  mensebon) 
schlecht  zu  erkennen.'  man  kann  im  ersten  augenblick  zwischen  den 
beiden  auffassungen  schwanken ;  aber  die  rücksicht  auf  den  gewöhn- 
lichen gebrauch  von  TTiG^cOm  lehrte  dasz  der  inf.  q)pov€iv  von  iriOoi- 
^nv  abhängig ,  die  erklärung  Ton  W.  also  die  richtige  ist  —  953 
schreibt  W.  Tpoq)dc  KaTirjXeu'  für  ciTOtc  KairrjXeu*,  aber  mit  dieser 
änderung  wird  kein  brauchbarer  gedanke  erzielt ;  passend  ist  der  ge- 
danke  den  B.  in  der  stelle  findet:  'betrüge  die  leute  mit  dem  scheine 
der  heiligkeit,  den  du  dir  durch  deine  pflanzenkost  zu  geben  weiszt' ; 
diesem  sinn  aber  scheint  nicht  öcioc  KaTrrjXeue,  wie  B.  schreibt,  son- 
dern öciav  (oder  öcta)  KaTnfjXeue  zu  entsprechen.  —  Von  den  Wor- 
ten prJT'  dnaTT^^Xetv  Kaxd  prJT*  dvGuTroupTeTv  alcxpd  gibt  B.  eine 
merkwürdig  verkehrte  erklärung :  'unrecht  zu  rathen  oder  gar  zur 
ausfuhr ung  schmählicher  dinge  behilflich  zu  sein.'  der  klare  sinn 
der  Worte  weist  auf  forderung  und  gegenleistung  hin.  was  soll  die 
deutelei :  «dvGuTroupTCiv,  genau :  dem  anschlag  der  auftraggeber  mit 
geheimer  ausführung  zu  entsprechen»?  —  Mit  recht  hat  W.  1002 
die  emendation  von  Toumier  ou  (ftlr  di)  in  den  text  gesetzt  — 
1046  stellt  B.  mit  W.  nach  1048;  während  aber  bei  W.  der  umge- 
stellte vers  sich  auf  1029  bezieht,  hat  er  bei  B.  seine  beziehnng  ver- 
loren, da  dieser  1029  aus  dem  text  entfernt  hat.  —  Zu  1051  (oubi 
^r|VUTf)V  xpovov  bilei)  koG'  fijiuiv  bemerkt  B.:  entweder  *zu  meinen 
gunsten'  oder  weder  im  feindlichen  noch  im  freundlichen  sinn,  aber 
Hippolytos  will  sagen :  'selbst  meine  schuld  zugegeben  muszt  du  doch 
warten ,  bis  die  zeit  den  beweis  dafür  bringt'  —  1070  ist  natflr- 
lieh  zu  Tipöc  fjirop  ein  verbum  nötig  und  es  genügt  nicht  mit  W. 
zu  sagen  «sous-ent.  xu^P^i^*  wenn  B.  gegen  die  ansieht,  dasz  alat 
ursprünglich  auszerhalb  des  verses  gestanden  und  das  nOtige  ver- 
bum verdrängt  habe,  die  Symmetrie  geltend  macht  und  deshalb 
lieber  mit  Bothe  alai  in  naiei  ändern  möchte,  so  gibt  iiatei  irpöc 
fjirap,  wie  die  von  B.  angeführten  stellen  Or.  1063.  fr.  969  zeigen, 
einen  ganz  falschen,  hier  völlig  unbrauchbaren  sinn;  jene  Symmetrie 
bedeutet  nichts,  und  aiai  kann  ebenso  gut  wie  nachher  1078<peii 
auszerhalb  des  verses  stehen,  man  wird  aber  nicht  aus  Aias  938 
XUip€t  einsetzen,  sondern  dort,  wie  ich  in  meiner  ausgäbe  des  Aias 
begründet  habe,  xpi^i  schreiben  und  hier  XP'^^  ergänzen.  —  ScblSn 
sind  die  emendationen  von  W.  zu  1117  ßioTOV  euTUXOir|V  und  1149 
^K  irarpuiac  drac,  töv  oub^v  airiov.  —  Grosze  verwirmng  hat  eine 


NWecklein:  aoz.  v.  Sept  tragWet  d*£uripide  par  HWeiL  II«  4d.     889 

gewöhnliche  corrtiptel  1148  hervorgenifeii.  nachdem  W.  in  der 
ersten  anflage  angemerkt:  'le  schol.  ezpliqne  mal  Tdfyii'jXioi.  —  T( 
ir^^irCTC;  pourquoi  laissez-vous  partir?*  sdireibt  er  jetzt  mit  Din- 
dorf  ZuT^^x^  XdpiTCC  und  versteht  es  von  der  ehelichen  liebe,  da  dia 
zSrtlichkeit  des  Theseus  die  Verbannung  des  anschuldigen  jünglingi 
bewirkt  habe,  noch  schlimmer  werden  die  guten  Chariten  bei  B. 
mitgenommen:  'vorwflrfe  an  die  Chariten,  dasz  sie  die  Unschuld 
leiden  lassen.'  womit  haben  sie  diese  vorwtUrfe  verdient?  *der  chor 
meint  wol,  dasz  sie  den  schütz  des  unschuldigen,  lebensfrohen  jflng- 
lings  hStten  übernehmen  sollen ,  da  sie  selbst  reprftsentantinnen  der 
heitern  unschuldvollen  Jugend  sind.*  aber  fragen  wir  nicht,  wie  rie 
diesen  schütz  hStten  ins  werk  setzen  sollen,  sondern  schreiben  wir 
TT  et  fQr  t(,  und  die  Chariten  begleiten  wieder,  wie  es  sich  gehört, 
den  holdseligen  Jüngling  —  wohin?  das  fragt  der  chor.  —  Zu  1186 
eäccov  f\  \ifOi  TIC  führt  B.  Iph.  T.  837.  Bakchai  747.  Androm.  929 
an.  die  letzte  stelle  gehört  nicht  hieher.  Bakchai  747  steht  nach 
der  collation  von  Wilamowitz  die  lesart  Oäccov  f{  ck  Suvdipat  fest ; 
Iph.  T.  837  geben  die  hss.  f\  XÖTOiciv,  und  man  wird  jetzt  nicht 
dort  mit  Härtung  t\  \ifOi  Tic,  sondern  vielmehr  an  unserer  stelle  f^ 
XÖTOICIV  zu  schreiben  haben,  da  man  erwarten  müste  dasz  sonst 
der  dichter  wie  Bakchai  ao.  f{  X^€iv  Ttv '  geschrieben  hfttte.  Xdroiciv 
hat  wahrscheinlich  auch  der  schol.  gelesen  und  nur  ungeschickt  er- 
klSrt :  dvTl  ToO  Tax^uic ,  ä^ia  toTc  Xötoic  küX  irpö  toO  nXtiptikai 
auTÖv  TÖv  XÖTOV,  woraus  W.  auf  f\  X^xciv  viv  schlieszen  will.  — 
Mit  recht  bemerkt  B.  zu  1194  f.  Kdv  Tiipb*  tnf\ft  K^vrpov  elc  X€T- 
pac  Xaßujv  rruiXotc  öpapr^,  dasz  ö^aprl)  sowol  zu  iy  Tifibc  wie  zu 
TTioXcic  bezogen  ein  unnützer  und  geschmackloser  zusatz  sei.  wenn 
er  aber  nach  der  interpunction  von  Reiske  iru)Xotc  *  ö^cipr^  mit  be- 
seitlgung  von  iq>*  äpjbiaTOC  schreiben  möchte:  öjiiapT^  b*  dvaßoüjv- 
T€C  irpöcTToXci,  so  ist  die  metrische  h&rte,  welche  er  dem  £uripides 
zumutet,  zu  tadeln,  sollte  nicht  ö^apT^  aus  öpoxX^  verschrieben 
sein?  das  verbum  Ö^OKXeTv  hat  auch  Sophokles  £1.  712  tinroic 
6^0KXr)cavT€C.  —  1270  macht  dpq)ißaXuiv  Schwierigkeit  gegen 
die  erklSrung  'couvrant  de  ses  ailes  les  jeux  des  amants'  macht  W. 
geltend ,  dasz  dazu  das  epitheton  djKurdTUi  schlecht  passe,  aber  für 
den  sinn  'embrasse  (tonte  la  terre)'  fehlen  die  werte,  noch  weniger 
kann  man  in  den  worten  den  gedanken  finden,  welchen  B.  vermutet: 
'er  fiberschüttet  sie  mit  schnellem  geschosz*;  weder  bedeutet  ä^<pi- 
ßdXXetv  'überschütten',  noch  kann  trrcpii^  nach  irotKiXöiiTcpoc  *ge- 
schosz'  heiszen.  will  man  nicht  d|Liq)ißaXdiv  als  einen  unnützen  Zu- 
satz streichen,  so  musz  man  nach  cOv  b*  (drei)  an  die  Vorstellung 
denken,  welche  man  Ant.  344  KOuq)ovöu)V  T€  qrfjXov  öpviOu)V  d^q>i- 
ßaXibv  &fe\  .  .  circipaici  biKTuoicXuiCTOic  findet,  und  entsprechend 
liüKUTdTifi  in  dpKucTdrui  ftndem.  —  1292  Tmivöc  dvui  pcToßdc 
ßioTOV  'den  lebenspfad  in  veränderter  richtung  aufwärts  schreitend* 
ffir  'als  vogel  dich  emporschwingend'  ist  nicht  blosz  ein  gekünstel- 
ter ,  sondern  ein  unmöglicher  ausdruck.    wenn  B.  hinzufügt  «andere 


390     NWecklein:  anz.  v.  Euripides  Hippolytos  von  ThBarthold. 

nehmen  jueraßäc  mit  dem  schol.  «=  ji€Taßr)cac,  peraßaXufV,  wie  Ei. 
728  dcTpuiV  jiCT^ßac*  öbouc  Zeüc»,  so  begreift  man  dieses  citat  nicht, 
da  man  hier  die  form  jLi€T^ßiiC€  hat.  gegen  meine  änderung  ^CTaßac 
ßiÖTOU  wendet  B.  ein,  dasz  Theseos  durch  die  Verwandlung  in  einen 
vogel  nicht  aus  dem  leben  scheiden  würde,  aber  er  würde  aus  dem 
leben  dh.  aus  der  mitte  der  lebenden  scheiden,  wie  ja  auch  ßioc  ge- 
braucht wird.  —  1417  f.  schreibt  W.  860 ic  äiipov  .  .  äiai  KttTa- 
CKrJTTTOuciv :  *non ,  dans  les  t^ndbres  m6mes  des  enfers,  les  dieux  ne 
laisseront  pas  sans  honneur  (vengeance)  ton  corps  frapp6  d'un  mal 
destructeur  par  le  bon  plaisir  de  Venus.'  wenn  B.  zu  der  stelle  an- 
merkt: *  damit  wird  dem  Hippolytos  auch  für  das  schattenreich  noch 
eine  weitere  Verfolgung  der  Kjpris  in  aussieht  gestellt,  freilich  nicht 
ohne  räche:  ein  schlechter  trost!'  so  verkennt  er  wie  W.  eine  Wen- 
dung der  griech.  spräche,  nach  der  das  tempus  des  verbum  finitum 
dem  gedanken  nach  dem  participium,  dem  hier  finiiiot  (dnjiuipriTOi) 
gleichsteht,  angehört,  ein  beispiel  liefert  Iph.  T.  682  ^T^Xiipov  (bc 
bf|  cf|V  KaciTvf|Tr]V  TOM^v.  ich  weisz  nicht  recht,  wie  W.  die  stelle 
auffaszt ;  er  bemerkt  nur  zu  ifOiMUfV  Mevant  6pouser'.  aber  ich  glaube 
dasz  er  mit  recht  y^mOüv  als  futurum  erklärt,  obwol  nach  696.  915 
Pylades  bereits  der  gemahl  der  Elektra  ist.  das  futurum  hat  bezug 
auf  ^Y^Xripov:  'damit  deine  Schwester  als  meine  gemahlin  erbin 
werde.'  der  gedanke  unserer  stelle  ist  also:  Venn  du  auch  im  Hades 
bist,  so  soll  der  zom  der  göttin,  der  sich  auf  dich  gestürzt  hat,  nicht 
ungerScht  bleiben',  und  für  diesen  gedanken  sind  keine  änderungen 
nötig.  —  1450  bevorzugt  W.  die  lesart  dqpinc,  B.  die  andere  äq>i^C€ic. 
es  sind  beide  lesarten  zu  dq)ieTc  zu  vereinigen;  immer  zeigt  sich 
bei  dieser  form  ein  schwanken  der  hss.  —  1434  findet  B.  mit  recht 
8€d»v  (GeXövTiüV  oder)  dtöviuiv  natürlicher  als  6€div  bibövTuiv.  — 
1453  vermutet  ansprechend  W.  djx^Ke,  xat  cu  X<x^P€* 

Das  zweite  stück  bei  Weil  ist  die  Medeia.  unter  den  neuen 
emendationen  hebe  ich  besonders  die  zu  1013  ToTa  fäp  (für  raOra 
Tdp)  und  zu  1266  Kai  2:aji€vf|c  <pövov  q)6voc  djueißCTm;  henror. 
nur  musz  an  der  letztem  stelle,  da  der  gedanke  nicht  ist  *mord  ver- 
gilt mord',  sondern  'du  läszt  mord  auf  mord  folgen  (mord  mit  mord 
abwechseln)',  2[ajie vf|C  q)  ö  v  o  u  (q6voc  dpeißerai  geschrieben  werden. 
vgl.  Or.  1007  djLieißei  (activ)  Gavarouc  Oavdxwv.  —  Gegen  die  til- 
gung  von  ^tt'  135  dürfte  das  versmasz  sprechen.  —  306  schreibt 
jetzt  W.  mit  Prinz  cu  b'  ouv  q)Oßei  ^€  und  bemerkt  dazu:  'Ja  Variante 
cu  b'  au  semble  provenir  du  vers  305.'  mit  cu  b*  oSv  wird  nur  das 
richtige  sachverhältnis  verdeckt.  Hirzel  wollte  den  vorhergehenden 
vers  TOic  b'  au  TTpocdvTT]C'  eijii  b*  ouk  dtav  coq)i^,  weil  die  zweite 
hälfte  aus  583  stammt,  streichen;  Prinz  hält  nur  die  zweite  hilfte 
für  unecht,  gewis  mit  recht:  denn  der  erste  teil  sieht  nicht  wie  eine 
interpolation  aus.  die  lesart  cu  b*  au  führt  uns  auf  das  richtige:  cu 
h*  au  q)oßei  ji€  ist  eine  erklSrung  zu  col  b'  aO  irpocävTr)C  als  cö 
b '  aO  q)o߀i  ^€  in  den  text  gekommen ,  wurde  natürlich  nach  TOIC 
M^v  €ip*  £Triq)9ovoc  das  entsprechende  TOic  bk  hergestellt  und  der 


NWecklein:  anz.  v.  Sept  tragddie8  d*Euripide  par  HWeU.  II*  ^.     391 

Ifickenbafte  vers  mit  hilfe  einer  andern  stelle  ausgeftUlt.  die  ganze 
stelle  lautet  also:  coq)f)  faß  oOca  toTc  ^^v  €i|Li'  £iriq)8ovoc,  col  b* 
aSirpocdvTiic  mh  ti  tiXtuuijucX^c  irdOijc.  zu  der  bedeatong  von 
irpocdvTiic,  nach  welcher  es  wie  die  begriffe  des  fürcbtens  behandelt 
wird,  vgl.  Or.  790  Keivö  jbioi  MÖvov  7rpöcavT€C,  \xf\  Gcoi  n'  oTcrpifi 
KOTdcxuict.  —  466  möchte  W.  jetzt  T^ujccq  ^€TicTU)v  clc  ^vdpteiav 
KaKUJV  setzen :  'pour  (marquer)  la  r6alit6  Evidente  des  plas  grandes 
mechancet^s.'  aber  dväpTCia  ist  kein  poetisches  wort  nnd  der  ganze 
ausdruck  hat  keine  poetische  ftrbung.  an  der  Überlieferang  ist  nichts 
auszusetzen,  im  ersten  augenblick  kann  man  allerdings  irovi]piav 
für  dvavbptav  erwarten,  aber  man  mnsz  nur  weiter  lesen  und  den 
gedankengang  der  Medeia,  der  um  der  kräftigen  begrttszung  willen 
umgekehrt  ist,  verstehen :  'du  hältst  das  fOr  mut  mir  unter  das  ge- 
siebt zu  treten ;  nein  du  bist  der  feigste  mensch  und  nur  Schamlosig- 
keit zeigst  du  durch  dein  kommen.'  man  wird  auch  ifXuiccq  ni(^t 
als  'une  cheville*  betrachten,  wenn  das  betonte  TXubccq  den  gegen- 
satz  von  selbst  angibt:  'im  herzen  fühle  ich  es  noch  mehr  als  ich  es 
sagen  kann.'  —  642  setzt  W.  die  änderung  von  Herwerden  äirro- 
X^^ouc  b '  €uvdc  c^ßouca  guMq>pövuiv  in  den  text  und  schreibt  seiner- 
seits noch  Kpivui  (X^XH  T^vaiKÜJv).  dem  sinne  fehlt  noch  öines:  die 
eintracht  der  frauen  bedeutet  für  sich  selbst  nichts;  der  eheliche 
friede  (dirroX^pouc  euvdc)  wird  nicht  erhalten,  wenn  der  mann  aus- 
schweift; es  musz  also  cuv€uvu)V  für  yuvaiKi&v  gesetzt  werden 
(Euji<pp6vuiv  xpivu)  X^xn  cuveijvuiv).  —  Die  änderung  649  djbi^pav 
Tdvb'  f\  'Eavucm  *  mötuiv  b'  oC  tic  äXXoc  ist  ganz  unwahrscheinlich, 
der  überlieferte  text  gibt  sich  von  selbst  als  gesund  zu  erkennen,  und 
wenn  man  die  erklärung  'mOchte  ich  eher  sterben,  wenn  ich  diesen 
tag  erlebt  habe*  als  geschmacklos  betrachten  musz,  so  bleibt  keine 
andere  übrig  als  diejenige  die  ich  gegeben  habe,  die  W.  für  unzu* 
lädsig  hält.  —  In  713  beEai  bk  x^P?  Kai  bÖMOic  £<p^CTiov  ist  bisher 
unbemerkt  geblieben ,  dasz  der  Sprachgebrauch  (b6jiU)V ,  buipdruiv 
^9^CTioc  findet  sich  an  zahlreichen  stellen)  wie  der  poetische  stil 
böjiUJV  iq>icTxoy/  fordert,  es  begreift  sich  leicht,  wie  bö^uiv  nach 
Xiupqi  in  böjicic  übergieng ,  und  nur  wer  mit  der  poetischen  diction 
nicht  vertraut  ist,  wird  einwenden  dasz  auch  das  überlieferte  bö^otc 
sich  rechtfertigen  lasse.  —  798  f.  vermutet  W.  Ttui*  ri  TOi  Zfjv  K^p- 
boc ;  olciv  QU  irarplc  (oder  Tia-nPip),  ouk  oIköc  dcnv,  ouk  diroCTpoq>f| 
KttKuiv ;  so  dasz  die  worte  sich  auf  die  kinder  beziehen.  Hirzel  hat 
nemlich  mit  recht  geltend  gemacht,  dasz  Medeia,  die  sich  eben  des 
lebens  versichert  und  bei  Aigeus  einen  Zufluchtsort  gefunden  hat, 
nicht  an  das  sterben  denken  kann,  aber  gegen  die  änderung  von  W. 
genügt  es  auf  den  Zusammenhang  mit  dem  folgenden  und  auf  die 
jetzt  unpassenden  worte  oi)K  dTrocTpo<pf|  KaKuüv  zu  verweisen,  ander- 
seits wird  man  W.  vollkommen  beistimmen,  wenn  er  gegen  Hirzel, 
der  den  ganzen  schlusz  der  rede  für  interpolation  erklärt,  die  schOn* 
hcit  und  trefflichkeit  der  partie  hervorhebt,  es  bleibt  hiernach  nichts 
anderes  übrig  als  die  stelle  in  einen  andern  gedankenzusammenhang 


392     19 Wecklein:  anz.  v.  Sept  trag^dies  d'Euripide  par  HWeiL  II*  4d. 

zu  bringen  dh.  der  ersten  bearbeitung  zuzuweisen.  —  1110 
schreibt  W.  jetzt:  ei  bi  Kupr|cac  (oder  Kupf^cav)  bai^uiv  ourvuc 
q)poCboc  ^c  ''Aibriv  [Gdvaroc]  Trpoq)^pu)V  toutouc.  er  macht  darauf 
aufmerksam ,  dasz  die  scholien  von  QdvaTOC  und  cuipara  t^kvuüv 
nichts  wissen,  und  betrachtet  cuijuara  t^kvduv  als  eine  interpolation 
aus  1 108.  aber  abgesehen  von  der  diction  kann ,  wenn  ba(^uiv  von 
der  entraffenden  gottheit  zu  verstehen  ist,  von  dieser  nicht  q>poOboc 
ic  ''Atbiiv  gesagt  werden,  es  bleibt  also  nichts  anderes  übrig  ala 
die  Worte  GävaTOC  Trpoq)^puiV  cw^aiti  t^kvujv  ftlr  interpolation  zu 
erklären  und  die  erklärungsversuche  der  scholien  wie  Snderungen 
(Kuprjcac,  KUpr|C€i)  und  interpolation  daraus  abzuleiten,  dasz  man 
die  vorgefundene  Überlieferung  ei  bh  Kupficai  bai^uiv  oÖTOC  q>poC- 
boc  ic  ''Aibi^v  nicht  zu  trennen  wüste  (ei  bl  Kuprjcat,  bai^ulv)  und 
darum  nicht  verstehen  konnte.  —  Sehr  beachtenswert  ist  die  note 
zu  1233:  'transition  brusque.  on  dirait  1233—35  d'une  autre  main 
que  1230 — 31.'  es  gilt  wol  von  diesen  an  und  für  sich  tadellosen 
Versen  das  gleiche  wie  von  798  ff. 

In  der  Hekabe^  welche  zu  den  besterhaltenen  stücken  des 
Euripides  gehört,  hat  W.  am  wenigsten  neues  gebracht  eine  schöne 
emendation  scheint  uns  xd^aKe  OpijKiui  1155  (für  Kd^aKO  OpQKiav), 
wodurch  einklang  mit  biTTTuxou  CToXtc^aTOC  erzielt  wird.  —  96  f. 
will  W. ,  um  den  mangel  der  diäresis  im  ersten ,  den  anapSst  nach 
einem  dactylus  im  zweiten  verse  zu  beseitigen,  die  worto  in  sehr 
freier  weise  umstellen:  dir'  i^iäc,  dir'  ^päc  TÖbe,  baijiovec,  odv  | 
Uereuu),  Tr^pqiaTe  iraiböc.  der  gleiche  anstosz  kehrt  145  wieder: 
W  'ATaM^pvovoc  Ik^tic  Tovdxuüv,  wo  Nauck  licrfip  oder  'Axa^^^VG* 
voc  Sl*  Ik^tic  Tovdruiv  vermutet,  da  wir  in  beiden  fällen  \k€T€uu> 
und  \k4.t\c  haben ,  müssen  wir  vielmehr  schlieszen,  dasz  \k€T€Üui  wie 
iKTeuu),  \k^tic  wie  Yicrtc  gesprochen  werden  konnte,  man  bnuicht 
also  nur  in  96  oOv  umzustellen:  dir'  iiiac,  drr'  tiiac  oOv  TÖbc  irai- 
böc. man  erkennt  leicht  den  grund ,  warum  ouv  einen  andern  platz 
erhielt.  —  297  TÖiüv  cOüv  xal  jLiaKpiuv  öbupMdTwv  KXuouca  Sp^jvouc 
ist  noch  ein  unpoetischer  ausdruck  unbemerkt  geblieben,  es  musz 
heiszen  ifdouccoucKal  jiiaKpOüV  öbupMdTUüV . .  Bprjvouc  und  e«  gilt 
}iiervon  dasselbe  wie  von  der  oben  behandelten  stelle  Med.  713.  — 
339  musz  die  form  npöcTTiTve  wie  786  iriTVUi  hergestellt  werden.  — 
Dasz  355  die  lesart  TrapG^voic  t'  der  lesart  irapG^votc  vorzuziehen 
ist,  hat  Mekler  in  seiner  abhandlung  über  die  caesura  media  im  iam- 
bischen  trimeter  des  Euripides  gezeigt,  es  ist  dann  zu  interpungieren: 
b^ciroiva  .  .  Ibaimctv  ^,  TwvaiEi  irapG^voic  x*  dTrößXeirTOC  ^^ra, 
—  497  erklärt  W.  die  worte  fipujv  p^v  eijüi',  öpuic  b4,  ^oi  Ooveiv 
cTt)  Tiptv  aicxpqi  TrepiTreceiv  Tuxq  Tivi:  'Talthybios  dit  que  sa  vie 
ne  saurait  plus  etre  trds-longue,  puisqu'il  est  vieux;  et  que  oepen- 
dant,  en  voyant  ce  spectacle,  il  craint  de  vivre  trop  longtemps.'  ich 
glaube  dasz  der  sinn  vielmehr  folgender  ist:  *als  einem  greise  kommt 
mir  zwar  eigentlich  ein  solcher  wünsch  nicht  zu,  aber  doch  spreche 
ich  ihn  aus.'  —  Weil  580  die  conjectur  von  Heimsoeth  TOidb'  d|yiq>l 


NWecklein:  anz.  t.  Svpt  trag^et  d'Earipide  par  HWeiL  II«  ^     393 

coO  *X^TOV  Teicvou  Oavövroc  zu  sehr  von  der  hsl.  lesart  d)c  X^iuv 
(X^TOv)  naiböc  Gavouciic  abweicht,  schreibt  W.  d^qpi  cou  'X^tov  ir. 
0.  aber  diese  ändemng  ist  bei  solcher  Stellung  der  worte  unmöglich« 
es  wird  wol  bei  KXuurv^  wie  ich  früher  vermutet  habe,  sein  bewenden 
haben  müssen;  doch  braucht  man  die  stelle  nicht  weiter  zu  Sndem 
als  in  folgender  weise:  TOidb'  d^q>l  cf)c  kXüuiv  ir.  0.  buCTUX€CTdTiiv 
öpui  iraciüv  TWCttKuüv,  €ÖT€KVuiTdTT)v  bi  c^.  —  620  hat  W.  die  mit- 
teilung  von  Wilamowitz  übersehen,  dasz  der  Marcianus  von  erster 
band  KCÖTeKVuiTcrra  hat.  diese  lesart  weist  noch  mehr  darauf  hin« 
dasz  KoXXtCTa  nur  glossem  ist  zu  e^rreicydrraTOU  denn  niemand  wird 
den  schwulst  von  (b  irXeicr'  ix\uy  KäXXicra  K€UT€icvi(nraTa  vertei* 
digen  wollen,  eine  stelle  wie  Iph.  T.  273  f{  Nrtf)^uic  dräXpaO',  öc 
TÖv  €UT€yf)  iTiKze  irevnfJKOvra  Nrip^buiv  xopöv  kann  uns  zeigen, 
was  der  dichter  geschrieben  hat:  iZi  irXcTcr"  ix^JV  äTdX^ar'  €UT€- 
icvuirara.  —  699  stellt  W.  zwei  dochmien  her,  indem  er  licßoXov  ftlr 
lKßXr)TOV  schreibt  und  aus  A  q>oviou  aufhimt.  diese  herstellung 
wäre  ganz  methodisch,  wenn  nicht  eine  weitere  Änderung  im  folgen- 
den verse  notwendig  würde,  damit  durch  die  Verlängerung  der  end- 
gilbe  von  bopöc  die  continuitit  der  dochmischen  periode  gewonnen 
werde,  wenn  nun  gar  W.  nach  Umstellung  der  worte  i|ia^ä6i)i  iv 
Xeupq  als  dochmius  gelten  lassen  will,  während  man  doch  i|iO|Ad8t)i 
'  V  Xcupd  lesen  musz ,  so  wird  dw  ganze  kritische  process  hinftllig, 
und  es  musz  also  umgekehrt  der  mangel  der  oontinuität  den  beweia 
für  die  richtigkeit  des  iambischen  trimeters  abgeben.  —  Für  unnötig 
und  ganz  unrichtig  halte  ich  die  ändemng  1069  TiO^^evoc  itiX  irobl 
KOT*  txvoc  x^poi  mit  dererklärung  *en  mettant  avec  le  pied  lamain 
dans  les  traces  que  je  8uis%  worin  besonders  KOT*  Ixvoc  nicht ^u 
seiner  rechten  bedeutung  gelangt ;  doch  verweise  ich  auf  die  anmer- 
kung  welche  ich  in  der  neuen  aufläge  der  ausgäbe  von  Pflugk  zdst. 
gegeben  habe. 

Bei  dem  nächsten  stück,  der  Aulischen  Iphigeneia,  sind 
wir  einigermaszen  überrascht,  dasz  sich  W.  so  treu  geblieben  ist.  von 
dem  gesunden  urteil  und  geschmack  desselben  hatten  wir  eine  unbe« 
fangen ere  Würdigung  der  gründe  erwartet,  welche  neuerdings  in  ver- 
schiedenen abhandlungen  gegen  die  echtheit  verschiedener  partien 
und  gegen  die  auffassung,  die  auch  W.  vertritt,  vorgebracht  worden 
sind.  W.  verteidigt  nemlich  die  soll  man  sagen  conservative,  soll 
man  sagen  radicale  ansieht,  dasz  das  stück,  wie  es  uns  vorliegt,  im 
groszen  und  ganzen  aus  der  band  des  Euripides  hervorgegangen,  dasz 
die  sprachlichen  und  metrischen  verstOsze,  welche  den  schlusz  ent- 
stellen ,  gewöhnliche  corruptelen  seien  und  von  dem  masz  anderwei* 
tiger  textverderbnisse  nicht  sonderlich  abweichen.  1611  f.  möchte 
W.  ^pour  rötablir  le  mdtre  et  pr^ciser  le  sens'  für  ciiiZouci  0'  o&c 
(piXoOciv  fjjLiap  Toip  TÖb€  I  Gavoucav  ttbe  koI  ßX^iroucav  iratba 
cr\y  schreiben:  c\xilo\)Q\  8'  oOc  cpiXoCcr  iratb'  £k  eTbc  cf|v  |  6avou- 
cov  fJMOip  Kai  ßX^TTOucav  au  röbe.  kann  jemand  an  eine  solche 
Änderung  glauben?  musz  man  nicht  vielmehr  annehmen,  dasz  jene 


394     NWecklein:  anz.  v.  Sept  tragedies  d*£uripide  par  HWeiL  !!•  ÄL 

verse  überliefert  sind  wie  sie  —  natürlich  ein  stümper  —  geschrieben 
bat?  zu  1577  bemerkt W. :  'ici  les  critiques  triomphent.  les  päSens, 
disent-ils,  toumaient  les  yeux  vers  le  ciel,  quand  ils  priaient:  donc 
ceci  est  ^crit  par  un  chr^tien.  la  r6pon8e  n'est  pas  difficile.  si  les 
Grecs  regardent  ici  la  terre,  ce  n'est  pas  ä  cause  de  la  pridre  qui  va 
etre  prononc^e,  c'est  pour  ne  pas  voir  Taffreux  sacrifice.  cf.  la  note 
de  Fimbaber.'  aber  nachher  steht  der  diener  wieder  gesenkten  haap- 
tes  da  (KdcTr]V  veveuKUic  1581),  und  doch  nimt  er  gleich  das  ver- 
schwinden der  Iphigeneia  wahr,  im  ei*sten  teil  dieses  botenberichts 
ist  die  ungeschickte  nachahmung  der  Hekabe  augenscheinlich.  1574 
würde  Euripides  dKpatq)vtc  alpa  geschrieben  haben;  aber  der  nach- 
ahmer  hat  die  worte  b^ai  xodc  jiOU  . .  KÖpr|C  dKpaiq)vtc  a\^\  6  coi 
bu)poüjLie8a  CTparöc  Te  xdT^  mit  dxpavTov  at^a  KaXXiirap6^vou 
bißr\c  verschönert,  doch  wir  wollen  uns  hier  auf  diese  vielbehandelte 
frage  nicht  weiter  einlassen,  eine  genaue  ausscheidung  des  echten 
und  unechten  ist  ja  nicht  mehr  möglich,  da,  wie  wir  an  einer  andern 
stelle  gezeigt  haben,  das  ursprüngliche  stück  eine  systematische  Um- 
gestaltung erfahren  hat;  es  sind  zwei  besondere  eigentümlichkeiten 
des  Euripides,  nemlich  der  unvermittelte  prolog  am  anfang  und  der 
deus  ex  machina  am  schlusz  beseitigt ;  der  interpolator  hat  die  recht 
unnütze  und  zwecklose  rolle  des  Orestes  eingeführt;  ihm  gehören 
auch  verächiedene  Übergänge  und  einige  die  äuszere  handlang  be- 
treffende Partien  an.  —  Unter  den  emendationen  von  W.  heben  wir 
besonders  die  zu  400  hervor :  xal  caqpn  t€  KdvbiKa.  —  149  schreibt 
er  jetzt:  TTP.  fciai  idbe.  Af.  KXr|8piüv  b'  i^öppoic  f^v  oöv  iro^- 
naic  dvTrjcr)c,  irdXiv  H  öp^ac  ceie  x^Xivoüc.  hierinist  oOv  (*en 
effet')  nicht  am  platze  und  TrdXtv  il  öp^dc  (*dans  la  direction  oon- 
traire  k  celle  oü  ils  se  dirigent')  unverständlich,  meine  emendation 
fcTOi.  —  (idbe  fehlt  im  Pal.)  icXrjGpujv  b*  dgop^uicatc  fjv  viv  1C0^- 
TToTc  dvTrjcr)c,  TrdXiv  eicöp^a  scheint  W.  noch  nicht  gekannt  xn 
haben,  für  den  Übergang  von  eic  in  ^k,  auf  welchen  hier  das  vorher* 
gehende  dSop^iucatc  einflusz  gehabt  hat,  vgl.  El.  1285,  wo  von 
Keiske  ^KTTopeu^TUi  für  elcTi.  hergestellt  worden  ist.  —  373  bat  W. 
die  gewöhnliche  Verbesserung  ^r^{\  *  oSv  T^vouc  iKari  (oOv  Monk, 
T^vouc  Beiske)  nicht  aufgenommen;  mit  recht:  man  könnte  nicht 
einsehen,  wie  die  hsl.  lesart  pn^^V*  fiv  XP^iouc  (corr.  xp^ouc)  8icctTi 
entstanden  wäre.  W.  bemerkt:  'on  demande  ici  Fid^  de  fortona 
ou  de  naissance.'  es  gibt  noch  ein  drittes,  gunst,  und  das  über- 
lieferte xpciouc  führt  auf  xdpiToc:  ^n^^v'  oöv  x<iP*TOC  Ckotu 
vgl.  das  gewöhnliche  xdpiTOC  ^v€Ka.  im  folgenden  traut  W.  den  ge- 
danken  nöXeoc  ibc  dpxujv  dvf)p  näc,  £uv€Civ  f\v  Tuxubv  ixQ  ^^ 
Euripides  nicht  zu;  er  ändert  iröXeoc  (bc  dvripirac'  dpxrjv,  Suvcav 
fjv  pf)  ^Xü^V  vJXViy  was  bedeuten  soll:  ^car  il  d^truit  Tautoritö  publi- 
que' usw.  aber  dvrjpirac*  dpxi^v  würde  vielmehr  heiszen  *er  reiait 
die  herschaft  an  sich' :  vgl.  ras.  Her.  1167  d)C  CKf^TTTpa  X^Apac  Tfjicb* 
dvapTidcac  Aükoc.  etwas  anderes  ist  es,  wenn  es  Phoin.  1079  £cT&c' 
dOpaucTOt  KOÖK  dvrjpiracTai  iröXic  heiszt.  —  407  beseitigt  W.  die 


KWecklein:  anz.  v.  Sept  trag^ee  d*£aripide  par  HWeiL  II«  M.     895 

elision  des  diphthoogs  ai  in  cuvcu)q)pov€iv  coi  ßouXo^",  dXX*  od 
cuwocfTv,  indem  er  nach  der  ftnderung  von  ViteÜi  coi  ßouXö^evoc, 
ou  schreibt:  cuvc*  ßouX6^€VOC;  dXX'  ou  c.  nunmehr  ist  aber  durch 
den  von  W.  veröffentlichten  papjrus  ein  sicheres  beispiel  dieser  eli* 
sion  zu  tag  gefördert  worden:  Tf|V  b'  £fif|v  tfib  VüXf\y  mipdco^'  die 
b€i|  ^f|  M€T*  aicxuvnc  <p^p€iV;  so  dasz  man  annehmen  musz,  der 
dichter  habe  sich  auch  in  jenem  verse  die  ungewöhnliche  elision  ge- 
stattet um  der  scharfen  markierung  des  gedankens  willen.  —  619 
wendet  W.  gegen  die  Hermannsche  ftnderung  covQ  oin,  dasz  die  bei- 
den des  Earipides  in  der  wähl  ihrer  mitt^  wenig  Ängstlich  seien, 
er  hat  nicht  beachtet,  dasz  auch  der  Zusammenhang  mit  dem  folgen* 
den  verse  die  ftnderung  fordert,  denn  wenn  der  seher  tot  ist,  hat 
sein  ehrgeiz  ein  ende.  —  Besondere  beachtung  verdient,  was  W.  678 
fordert:  €lO'  dXou,  (b  TTdpi,  yLr\bk  cu  J€.  musz  auch  dXou  sehr 
zweifelhaft  sein,  so  verlangt  doch  der  sinn  diesen  gedanken.  könnte 
man  dem  Euripides  oder  auch  dem  interpolator,  dem  Dindorf  die 
verse  zuweist,  die  form  Tpaq)f)v  zutrauen,  so  wUrde  sich  die  ftnderung 
uiq>€X€C,  (b  TTdpt,  pr)  iroT€  cd  ßouKÖXoc  äpiewaici  Tpo^fiv  em- 
pfehlen. —  Die  ftnderung  674  dXXd  Euvoucac  xp'l  '^^  T*  eöc€ß^c 
CKOTiciv  ist  unverstftndlich ;  auch  mtlste  es  EuvoOcav  oder  Euvövtoc 
heiszen  nach  der  bekannten  regeL  ich  habe  anderswo  gezeigt,  dasz 
der  fehler  in  €ÖC€ßic  liegt  und  atciov  dafür  gesetzt  werden  musz* 
—  Auffällig  ist  801  die  frage  des  Achilleus:  iroO  Ti&v  'Axaii&v  £v- 
6äb*  ö  crpaTTiXdTiic ;  da  Achilleus  im  folgenden  von  selbst  annimt 
dasz  Agamemnon  im  zelte  sei,  so  musz  er  vorher  iroO  T(£iv  'Axcuu^i 
f\  ivbov,  6  CTp.;  oder  fj  jwv  *Ax.  fvbov  6  crp.;  oder  ohne  frage  ei 
Toiv  'Ax-  f  vbov  6  CTp.,  TIC  fiv  q)pac€i€  usw.  gesagt  haben.  —  Der 
gedanke  cmep  dXifCtvdv  tö  t^kvuiv  crepö^cvoV;  baKpuppöei  889  ist 
eigentümlich,  und  wenn  der  dichter  tö  ßouXö^cvov  (1270,  vielleicht 
auch  330  TÖßouXö^evov  (kvxH),  tö  ^aivöpcvov,  tö  Buhgu^cvov 
sagt  (vgl.  Krüger  spr.  43,  4,  28),  so  folgt  daraus  noch  nicht  dasz  er 
auch  TÖ  T^KVUJV  crepÖMCVOV  gebraucht  habe.  —  946  hat  W.  nach 
943  umgestellt;  aber  welchen  zusanmienhang  soll  äXdcropoc  T^T^C 
mit  i^TiMdc^eOa  (so  W.  mit  Monk)  haben?  —  1002  TidvTuic  bi  fi* 

iK€T€U0VT€C  f\UT'  €k  TCOV  c!  T '  dVlK^TCUTOC  IJC*  i^ol  J&ß  ici'  dtUIV 

schreibt  W.,  nachdem  Nauck  elT'  dviKeTCUTUiC'  de  vermutet  hat, 
noch  viel  wahrscheinlicher  dir'  ävtK€T€UTi|i  0'  (oder  dir '  dviKCTCUTOic 
6*).  warum  aber  hat  man  noch  nicht  Ik€T€UOVT€C  als  unrichtig  er- 
kannt?  Klytaimnestra  hat  vorher  den  Achilleus  gefragt,  ob  sich  ihre 
tochter  ihm  zu  füäzen  werfen  solle;  Achilleus  weist  es  zurück;  es 
kann  sich  demnach  lKeT€Ü0VT€C  nur  auf  mutter  und  tochter  bezieheui 
das  masculinum  ist  also  falsch,  auszerdem  fehlt  dem  gedanken  ein 
T€,  und  80  kommt  in  iKCTeuovT^  8'  für  das  genus  commune  des 
dualis  ein  neues  beispiel  zum  Vorschein.  —  1170  ist  sicher  nach  dem 
voigang  Marklands,  der  d)VOU^dvui  setzen  wollte,  d)V0U^€V0Vzu 
bchreiben.  —  Der  gedanke,  welchen  W.  1193  mit  der  Verbesserung 
Yv '  auTuiv  Tipoc^ji^voc  ('ajant  admis  ä  tes  embrassements')  icrdvgc 


396     NWecklein :  anz.  v.  Sept  trag^ies  d'£uripide  par  HWeiL  II*  ^ 

Tivä;  gewinnt,  wäre  sehr  schön,  wenn  es  vorher  für  Tic  Vk  Kai 
irpocßX^qiCTai  iraibu)v  c*;  hiesze  xic  bk  xai  irpociTTuHcTOi.  — 
Die  unverständlichen  worte  1309  ff.  ^jLiOi  (Elmslej  i^iöv)  Vk  O&va* 
Tov,  dvopa  ixkv  (jidv)  q)^povTa  Aavaibatciv,  (fi  KÖpai,  irpöOuMd  c* 
(Elmsley  TTpoGu^aT*)  Äa߀V  "Aprc^ic  rrpöc  "IXiov  bringt  W.  in  fol- 
gende Ordnung :  i}xo\  bk  Gdvarov,  Tro^irdv  (sva.  Trvodc  tro^iri^ouc) 
cp^povra  Aavoibaictv,  &c  KÖpav  TTpoduMar'  Aax€V  "'Apre^ic,  irpöc 
''IXtov.  aber  KÖpav  könnte  Kljtaimnestra  sagen;  der  gedanke  5c  . . 
"ApTC^ic  ist  ziemlich  müszig  und  Trpöc  "IXtov  erscheint  an  nngeeig- 
netem  platz,  die  redensart  dvopa  q)^povTa  weist  vielmehr  aof  einen 
sehr  affectvoUen  gedanken  hin,  der  augenscheinlich  durch  interpola- 
tion  verdunkelt  worden  ist:  d^öv  bk  BdvaTOV,  dvo^aq|)^povTa 
Aavatbaic  7rpo9ujiaT oc  (meinen  tod,  der  den Danaem irpöOu^a 
heiszt).  —  1399  folgt,  nachdem  schon  juvrificid  |Liou  bid  ^ODCpoO 
vorausgegangen  ist,  auf  xal  TraTöec  oÖTOt  Kai  Ti^M^^  ^^  unerwarteter 
weise  Kai  b6V  dprj.  es  läszt  sich  aber  nicht  mit  bestimtheit  sagen, 
was  für  diese  unnütze  ergSnzung  des  lückenhaften  versos  einzusetzen 
sei.  vielleicht  hat  es  ursprünglich  Kai  iraibec  OUTOI  Kaly^XMi^XioV 
X^XOC  geheiszen.  —  Die  freiwillig  zum  tod  gehende  und  Mr  die 
fahrt  der  Griechen  sich  aufopfernde  Iphigeneia  schlieszt  1473  mit 
ibc  cuiTTipiav  "'EXXrict  bufcouc'  fpxo^ai  viKTiq>öpov.  es  handelt  sich 
nicht  um  rettung,  sondern  um  die  möglichkeit  der  abfahrt,  und  nicht 
die  rettung ,  sondern  die  ausfahrt  kann  sieg  bringen  (viKliq)6pOV). 
also  muszdjcvauKXiipiav..  vtKTi96pov  geschrieben  werden.  ^ 
Sehr  gegründet  sind  die  einwendungen ,  welche  gegen  die  gewöhn- 
liche auffassung  von  1495  ff.  erhoben  werden:  ^d^ova  heisst  'ich 
verlange',  nicht  ^ich  bleibe',  die  stelle  hat  durch  interpolation  ge- 
litten und  kann  kaum  wieder  geheilt  werden;  der  gedanke  fordert 
etwa:  tva  rd  böpara  M^pove  vdi'  äXiov  6lb\xa  biairepav  Xivotröpoi- 
civ  afipaic  (vgl.  1601). 

Unter  den  neuen  emendationen  der  Taurischen  Iphigeneia 
verdienen  besonders  gerühmt  zu  werden  folgende  zwei:  521  X^KTpa 
für  bui^a,  912  oö  bei  }i*  diricxciv  oub*  dtro^ccic  Xörou.  —  397  ist ' 
ein  fehler  der  Überlieferung  unbemerkt  geblieben;  biOficiipoc  besieht 
sich  auf  oTcTpoc :  es  kommt  aber  nicht  darauf  an ,  dass  die  bremse 
selber  nach  Asien  übersetze,  sondern  dasz  sie  die  lo  hinübertreibe, 
folglich  musz  bia|Li€ii|iai  für  biapeiipac  geschrieben  werden,  einen 
Wechsel  zwischen  Kupi'icac  und  Kupf)cai  (Kupi'jcai)  haben  wir  oben  sa 
Med.  lllOkennen  gelernt.  — Dasz W. 413  die notwendigkeit der inde* 
rung  ^Til  7ro9rj|üiaciv  dTrXnCTOC  nicht  eingesehen  hat  und  immer  noch 
das  unverständliche  &n*  dxeci  ßord  festhSlt,  muss  überraschen.  — 
447  musz  einfach  Tifivb*  als  interpoliert  beseitigt  werden :  i^blCT'  &V 
dTTcXtav :  bMst  unnötig.  —  Kann  Tdv  rdp  övcipoic  (diroßain)  452 
das  heiszen,  was  es  heiszen  soll  Vas  ich  trftumte'?  —  651 1  schreibt 
W.  \b  cx^TXiat  Tro^Tiat,  q>€0  (peC,  bu'  öXXCcai,  ala?  ala?,  irdrcpoc 
8v  ^äXXov;  die  ansprechende  emendation  macht  nur  der  gewöhn- 
liche Sprachgebrauch,  der  irörepov  ^fiXXov  fordert»  bedenklich.  — 


NWecklein:  anz.  v.  8ept  trag^diet  d^Enripide  par  HWeiL  II*  id.     897 

Mit  recht  setzt  W.  934  ^r|Tp<k  c'  eTvex',  nicht  furrpöc  c*  o6v€k*. 
die  stelle  ist  aber  noch  nicht  in  Ordnung,  einmal  hat  der  gedanke 
{tvuiKa,  jüiirrpöc  c'  €iv€k*  i^Xdcrpouv  Ocai  besser  seine  stelle  nach 
931  oÖK,  äXX'  *£ptvuuiv  bei^d  ^'  ^KßdXXei  x9ov6c*  dann  Ittszt  t^P 
in  936  t(  f&Q  ttot*  €ic  ty)v  Trjvb'  inöpO^eucac  iröba;  keine  befrie- 
digende erklämng  zu.  diese  ist  nur  möglich,  wenn  936  auf  932  f. 
folgt,  denn  da  in  diesen  beiden  yersen  der  gedanke  liegt  *auch  in 
diesem  lande  {in*  dKTatc  xävOdbe)  bin  ich  rasend  gesehen  worden,  . 
wie  anderswo  oft',  so  folgt  passend  die  frage :  *ja,  warum  bist  du  in 
dieses  land  gekommen?'  so  wird  also  der  rechte  Zusammenhang 
nach  zwei  Seiten  hin  gewonnen,  wenn  934.  936  vor  932  eingef  ttgt 
werden.  —  Die  änderung  989  tö  lilv  noOcivdv  ist  wenig  Yerstftnd- 
lich.  die  deutung  ^ce  que  je  souhaitais  avant  ta  venue,  jeie  tiens' 
wird  durch  den  folgenden  vers  widerlegt:  denn  da  ''Apnrci  TCV^cOai 
und  c^,  cuTTOv',  eicibctv  sich  gleich  stehen,  so  mttste  Iphigeneia 
ebenso  in  Argos  sein ,  wie  ihr  der  wünsch  den  bruder  zu  sehen  er- 
AQlt  ist.  —  Zu  1023  ouk  &v  buvai^nv  bemerkt  W. :  'je  ne  puis  me 
r^soudre  a  tuer  mon  böte',  trotz  des  beisatzes  *les  saintes  lois  de 
rbospitalit^  Temportent  sur  toutes  les  autres  considerations  dans  le 
coenr  de  la  jeune  fille'  dürfte  jener  gedanke  der  Ooetheschen  Iphi* 
genie  besser  entsprechen  als  der  Euripideischen.  diese  weisz  von 
keiner  rücksicht  gegen  den  barbarenktinig,  dem  sie  für  nichts  ver- 
pflichtet ist.  wie  es  nattlrlich  ist  und  die  antwort  des  Orestes  zeigt, 
denkt  Iphigeneia  bei  bcivöv  TÖb'  eTiroc,  £€V0q>0V€{v  iTnfjXubCK  nur 
an  die  gefahr.  dasz  man  ouk  &v  buvato  schreiben  musz,  geht  aus 
dem  Verhältnis  zu  den  folgenden  werten  tö  bi  irpöOu^ov  Qvcca  (der 
gute  wille  ist  anzuerkennen  ^  aber  du  kannst  nicht)  hervor.  —  Die 
ftnderung  von  iraTpoKTÖvou  in  iraiboKTÖvou  1083  ist  an  und  für 
sich  wie  auch  deshalb  bedenklich,  weil  dann  der  begriff  irarpöc  ver- 
miszt  wird.  —  Zur  herstellung  genauer  responsion  schreibt  W.  1 132 
irpoXiTToCca  TiXaräv  et  ^oOioic  »»  xM'^^v  äßpoirXoÜToio  x^ibdc. 
das  versmasz  ist  dieser  änderung  nicht  günstig,  und  el  für  ßi^jcei 
setzen  heiszt  das  poetische  wort  mit  dem  prosaischen  vertauschen, 
es  wird  die  änderung  TTpoXiiToC|ca  irXdTac  ßrjcei  ^o9ioic  '^ 
XopiTwv  I  TÖc  dßpoirXoÜTOio  x^^^öc  genügen.  —  1283  ändert  W. 
mit  Toumier  doibaic  in  äoibdc,  und  doch  soll  nach  der  anm.  M(KX\ 
wie  das  verbum  Gopcuü  den  dativ  ßpOTOtc  regieren,  ich  kann  das 
nicht  verätehen.  es  müsten  ja  dann  die  orakel  den  menechen  ver- 
trauen. —  Die  bemerkung  zu  fipeubov  1309  «Factif  fipeubov  ne 
peut  avoir  le  sens  du  mojen  £i|i€ubovTO»  ist  nicht  zutreffend,  zu 
£i|ieubov  gehört  ^k :  die  Stellung  im  zweiten  gliede,  wie  sie  sich  bei 
dichtem  häufig  findet,  kann  dieser  beziehung  nicht  im  wege  stehen; 
das  glossem  qieubiüc  fXcTOV  gibt  also  die  bedeutung  nicht  genau 
wieder.  —  Die  werte  f\  veävtc  t)  *v6db€  ßui^oic  TropicTOTO  1314 
können  nur  von  einer  Jungfrau  gelten ,  welche  an  den  altar  gestellt 
wird,  um  geopfert  zu  weisen,  nicht  von  der  priesterin.  von  dieser 
musz  es  heiszen  ßui^oic  £q>icTaTO  (welche  dem  altar  vorstand). 


398     NWecklein:  ans.  v.  Sept  tragädies  d'Euripide  par  HWeiL  II«  ^ 

vgl.  ßuijLiioi  T*  iTriCTdrai  1284.  so  wird  dTncrdiric  von  dem  vor- 
stand des  tempels  gesagt,  vgl.  auch  Gu^aröc  T*  ^iriCTdTTic  icpcuc  t' 
^TT^crm  usw.  Hek.  223,  toTc  £q)€CTu;ct  cqxrr^  Iph.  T.  726.  Andr. 
547.  —  Die  finderung  TiGiic'  ol  1445  entspricht  wol  dem  sinne, 
nicht  aber  dem  Sprachgebrauch;  es  mOste  wol  statt  dessen  ToOnp 
TToc€ibuiv  .  .  TiOrici  gesetzt  werden. 

Eine  grosze  zahl  neuer  emendationen  finden  wir  in  den  beiden 
letzten  stücken,  Elektra  und  Orestes,  von  der  Elektra  dürfen  fol- 
gende stellen  als  sicher  oder  wahrscheinlich  verbessert  geltem  281 
'Op^CTT]V  7rXr|c(ov  kXu€iv,  451  TaxÜTrob*  oCpov  'Arpeibaic,  459 
UTT^p  äXpac,  862  vtKqi  CT€q)avaq)öpa,  928  f.  £in)up^cOr)V  Tuxriv, 

KCivn  T€  TiÖV  Cd»V  Kttl  CÜ  TUJV  KCIVTIC  KOKUIV,    1023  l^ltÖV^C  ITOTflp 

b^pnv,  1207  dS^ßoX',  1329  ivx  TOtp  Kai  vifiv.  sehr  passend  sind  auch 
die  verse  1107.  1108  nach  1131  gestellt,  ebenso  ist  recht  gefällig 
die  Vermutung  zu  447  f.  Nupq)aic  CKOTTidc  t*  öpcmXdrKTOic  (vgl. 
Aristoph.  Thesm.  325).  ganz  pflichten  wir  der  auffe^sung  bei,  welche 
W.  von  dieser  strophe  hat:  Mes  N6r6ides  viennent  tronver  Achille 
au  fond  des  montagnes  de  la  Thessalie,  oü  le  jeune  h6ros  est  61evö 
par  son  pdre,  et  lui  apportent  les  armes  fabriqu^es  pour  Ini  par 
Vulcain.  on  voit  qu'Euripide  (sans  donte  d^aprds  d'autres  poStes) 
fait  sortir  aussi  la  premidre  armure  d' Achille  des  mains  de  Touvrier 
divin.'  —  Obwol  schon  Eirchhoff  40 — 42  als  unecht  erklärt  hat  und 
alles,  Wiederholung  dos  gedankens,  ungeschickte  spräche,  zusammen* 
hang,  auf  interpolation  hinweist,  hat  W.  doch  keine  notiz  davon  ge- 
nommen. —  In  52  Tvu)^nc  Tiovripäc  Kavöctv  ävctfiCTpoiifievoc  tö 
CiJüq)pov  TcTUJ  KauTÖc  aO  TOtoOToc  ujv  steckt  noch  ein  fehler:  denn 
nach  TViwjLiiic  Trovnpoc  ist  ja  auröc  toioOtoc  Jjv  (dh.  irovr]pöc  liv) 
müszig;  wenn  von  jemanden  schon  eine  schlechte  gesinnung  aus- 
gesagt ist,  musz  es  doch  überraschen,  wenn  es  heiszt:  'und  er  ist 
selber  schlecht',  wir  müssen  schreiben:  crdG^nc  iroviipfic.  dasx 
TVWMnc  aus  CTd9jir|C  wurde,  erklärt  sich  leicht  aus  dem  einfluss  des 
gedankens.  —  Durch  die  ftnderung  oö  bi^  Tt  XP^i<XC  p'  elc  TOCÖvb' 
d(ptTM^viiv  57  wird  der  gedanke  unverständlich  und  die  Verbindung 
des  Satzes  aufgehoben,  die  bedenken,  welche  W.  gegen  die  Über- 
lieferung geltend  macht,  sind  gesucht.  Elektra  will  nicht  die  gOtter 
teuschen ;  sie  will  nur  die  verstoszung  aus  dem  königlichen  palaste 
zur  schau  tragen.  —  131  ist  sicher  die  emendation  von  Härtung 
cuTTOv',  dXarcuetc  aufzunehmen:  denn  XaTp€U€tv  kann  nicht  im 
sinne  von  S€VtT€uetv  stehen,  mit  recht  aber  bemerkt  auch  W.,  dasx 
dann  der  sinn  rivQ  b'  aTav  für  rCva  h*  gTkov  fordere;  vielleicht  ist 
Ttva  bk  x9öv*  wahrscheinlicher.  —  Die  ändemng  £(q)€a  b*  d|i- 
q)tTÖMOtc  Xirrpdv  AiTicOou  Gep^va  Xaßdv  kann  man  wieder  nicht 
verstehen  ohne  die  beigesetzte  erklärung:  *ajant  (par  un  pi6ge) 
pr6par6  la  voie  ä  T^p^e  tranchante  d'Egisthe'.  dasz  das  glossem 
AIticGou  oder  vielmehr  AtT»c9ov  (zu  böXtov  dKOlTOV)  die  worte  coO, 
Tidrcp  verdrängt  hat,  ist  evident.  —  unsinnig  ist  in  247  ^THM^^cO', 
(ü  E€iV€,  6avdct|Liov  TdMOV  das  epitheton  Oavdci^ov.  lebcnsgefahr 


NWecklein :  anz.  ▼.  Sept  trag^es  d*£iiripide  par  HWeiL  II«  ^     399 

hat  die  heirat  mit  dem  tagelöhner  (ftr  Elektro  nicht,  der  sinn  for- 
dert OiiTiKÖv  f&^oy.  —  Zu  319  gesteht  W.  zu:  ^il  est  vrai  qae  In 
ne  se  lie  pas  aussi  bien  4  c^cr|ir€V  qn'k  Tiirt^jev.*  er  fügt  hinzu: 
*on  ^chapperait  ä  cet  inconv6nient  en  torivant  C€Cr|iröc  et  en  soua- 
entendant  icjL*  aber  da  cccn^öc  dann  ziemlich  mttazig  iet  und  in 
immer  noch  nicht  passend,  da  das  blutmal  nicht  vergeht,  so  entgeht 
man  mit  c€cr|Tr6c  nicht  der  richtigen  emendation  al^a  b*  oö  ir.  x* 
CT.  ^.  c^ciiTiev,  Sc  bi  usw.  —  840  scheint  6p^((i^€V0vflir  dlp^f|• 
M^vov  nötig.  —  Zu  384  f.  ist  die  erklärende  note  geändert,  nicht  zu 
ihrem  vorteil :  denn  nach  dem  vorhergehenden  xpivet .  .  irXouTip 
usw.  kann  man  t^  b*  ÖMiXiqi  xal  TOtc  fiOcciv  nur  vonicpiveiT€,  nicht 
von  ciTfCveTc  abhängig  machen.  —  Nachdem  Barnes  469  ''CiCTOpoc 
Spfiaci  TpoTiatot  fCLr  "€.  dmiiaci  Tpoirafoic  gesehrieben,  hat  W.,  um 
die  responsion  mit  den  von  Nauck  verbesserten  Worten  bcijiiaTa 
q>piKTd  TeTux^oi  herzustellen,  ''CiCTOpoc  8^^a  rpoiratov  gesetzt  die 
erklärung  öpapa,  öipic  ist  durch  Soph.  Aias  1004.  EL  903  nicht 
ohne  weiteres  gerechtfertigt  und  in  solcher  Verbindung  kaum  ver- 
ständlich, man  wird  ''€KTopoc  d^^aTpoTiatoi  schreiben  müssen, 
indem  man  Tporraioi  nach  dichterischem  sprachgebrouch  den  gleichen 
casus  wie  rp^irovTCC  regieren  läszt:  vgl.  Hom.  X  134  ff.  —  Die 
Schwierigkeiten,  welche  v.  508  dvövT)6*'  ö^uic  b'  oOv  toOtö  t'  oök 
i^vccxÖMnv  bietet,  sucht  W.  mit  toötö  t'  ££l1Vecxö^11V  zu  heben, 
zum  Verständnis  bedarf  es  der  erklärung  von  W.  *je  supportais  cela, 
je  m'y  6tais  r^sign6\  die  herstellung  des  rechten  sinnes  kann  dies- 
mal auf  eine  sehr  einfache  weise  erzielt  werden,  nemlich  durch  tren- 
nung  der  buchstaben:  8^u)C  b*  oöv  toOtö  t'  oök  fjv  fcx'  ö  H€: 
^dies  waren  nicht  die  gefühle,  die  mich  bewegten',  vgl.  Med.  591 
ou  TOÖTÖ  c  *  €?X€V.  —  Mit  den  änderungen  608  ff.  dvi)piicat,  q)iXotc 
o\)b*  dXXcXoiTTUic  iXirib'  lc8i  pou  kXüu)V'  iv  x^^P^ ^^  c^  scheint  der 
ganze  Zusammenhang  der  gedanken  zerstört  zu  sein,  allerdings 
dürfte  der  sinn  die  Verbesserung  oub'  ^XX^Xotirev^XTilc  (sc.  Iv 
ToTc  q>iXoic)  verlangen.  —  758  firtcx^,  Tpavü&c  d)C  pdOric  Tuxac 
c^Oev  dient  dem  sinne  die  änderung  £u)C,  deren  weitere  berechtigung 
ich  hier  nicht  erörtern  will.  —  829  dürfte  xaKdc  irpocßoXdc  nicht 
mit  TrpocßoXdc  xaKijüV  zu  erklären  sein;  KQKdc  bezieht  sich  auf  die 
schlimme  Vorbedeutung ,  rrpocßoXdc  auf  die  ausätze  und  Unreinheit 
der  Tn3Xai  kqI  boXQi  XoXf)c.  —  885  habe  ich  früher  fär  unecht  er- 
klärt; vielleicht  läszt  sich  der  vers,  der  immerhin  den  ausdruck 
TToX^^iov  KTavvbv  verstärkt,  halten  und  verliert  das  abschwächende, 
das  gerade  in  dem  namen  AIticOov  liegt,  wenn  man  fx^^^'^^V  für 
AIt^cGov  schreibt,  dasz  das  eine  fUr  das  andere  gesetzt  wurde,  er- 
klärt sich  in  diesem  stücke  sehr  leicht.  —  Die  änderungen  in  933  ff. 
KdKCivo  cTUTtü ,  Touc  TTaibac  olci  ToC  ^^v  dpcevoc  irdpa  ouk  ibvo- 
MdcOai,  TT^c  bi.  piiTpöc  ^v  TTÖXct  schaffen  einen  wenig  eleganten,  in 
OUK  iuvo^dcGat  —  es  müste  ^f)  heiszen  —  sogar  fehlerhaften  text. 
gegen  die  Überlieferung  bemerkt  W.:  '£lectre  hait  le  pöre,  non  les 
enfants;  et  iroTpöc  est  une  cheville.'    der  satz  gibt  eine  neben- 


400     NWecklein:  anz.  v.  Sept  trag^dies  d'Euripide  par  HWeiL  II*  6d. 

bemerkung,  wie  solche  bei  Eur.  häufig  sind,  in  denen  mehr  der 
dichter  als  die  betrefifende  rolle  spricht;  dpcevoc  aber  ist  zu  narpoc 
gesetzt,  um  das  causale  Verhältnis  hervorzuheben.  —  952  schreibt 
W.  ?pp'  •  oubiv  clbuic  oöv  dcpnup^Onc  XPÖviu  •  biioiv  b^buixac.  so 
ist  der  Zusammenhang  der  sätze  aufgehoben  und  der  begriff  oöbev 
eibtüC  passt  nicht  zu  iqpiiup^Gnc  XpovuJ.  an  der  Überlieferung  fpp*, 
oubiv  eibuic  (Lv  ^qpeupeOeic  xpovqj  biioiv  b^bu)Kac  ist  nur  iLv  zu 
ändern  und  ¥{  v  dafür  zu  setzen,  das  hauptgewicht  des  gedankens, 
dem  das  folgende  entspricht,  liegt  in  4q)€up€8€ic  xpövifi,  das  man 
richtig  verstehen  wird,  wenn  man  OT.  1214  dq)iiOp^  c'äKOvO'ö 
7Tdv9'öpdrv  xpövoc  vergleicht.  —  977  setzt  W.  öpT^  bk  ^n^pöc 
für  tf\h  bk  pn'^pi-  abgesehen  von  der  notwendigkeit  der  änderung 
würde  dpaici  Mtirpöc  dem  sinne  mehr  entsprechen  als  öpx^ ,  vgl. 
1324.  —  In  OÖK,  fcTi  T^  cg  b*  fibü  7rpoc8^c9ai  1059  hat  bt  einen 
uniichtigen  platz.  —  1099  ist  die  hsl.  Überlieferung  ohne  anstosz, 
folglich  das  von  W.  im  folgenden  verse  für  tijxii  TWatKtXrv  cic 
Tdjiouc  gesetzte  t.  t*  ^ic  X^XH  wegen  der  Wiederholung  von  X^XH 
nicht  haltbar,  auch  gibt  Tuxn  T^vaiKvIiv  eic  X^XH  ebenso  wenig 
einen  verständlichen  ausdrucke  und  was  W.  gegen  T^vaiKwv  €ic 
T^MOUC  hervorhebt:  ^comme  si  un  homme  pouvait  6pou8er  autre 
chose  qu'une  femme',  beweist  eben  dasz  das  notwendige  verbum 
durch  das  glossem  TuvatKd^v  verdrängt  worden  ist.  der  sinn 
verlangt  etwa  Tuxn  KpaieT  Trävr'  eic  t^mouc.  übrigens  hat  Nauck 
recht,  wenn  er  die  verse  1097 — 1101  als  nicht  an  ihrem  platze 
bezeichnet,  sie  gehören  wahrscheinlich  in  die  Kpf|ccai.  —  1119 
Kai  pf|v  ^K€ivoc  darf  f*  nach  ^kcTvoc  nicht  fehlen.  —  llöö  f.  ver- 
wirft W.  mit  recht  die  worte  biabpö^ou  X^x^vc  er  möchte  schrei- 
ben TtaXippouc  bi  idvb  *  UTiäTCxai  biKa  biaböxouc  Xöxouc.  weder 
ist  die  änderung  wahrscheinlich  noch  kann  man  die  bedcutung  von 
biaböxouc  für  passend  halten,  das  wort  btabpöjiou  läszt  sich  mit 
Sicherheit  aus  Soph.  £1.  1386  ßeßäctv  dpTt  buijLidrwv  liiröcrefot 
MeTdbpopot  KaKUJV  iravoupTriMdTwv  dq)UKTOt  kuv€C  verbessern: 
MeTabpöjiOu.  vgl.  Iph.  T.  941  p€Tabpo|LiaTc  '€pivu(uv  i^Xauvö- 
MecGo.  im  übrigen  gibt  M€Tabpö^ouc  Xöxouc  einen  passenden  sinn; 
vielleicht  ist  auch  auf  andere  weise  zu  ändern,  jedenfalls  enthält  die 
stelle  wie  verschiedene  andere  dieses  stttcks  eine  leise  reminificeni 
an  die  erwähnte  stelle  der  Sophokleischen  £lektra.  —  Die  treffliche 
emendation  zu  1161  Xaßouc*  d  TToXapvaioc  verdient  hier  erwfthnt 
zu  werden,  wenn  sie  auch  schon  der  ersten  aufläge  angehört.  —  Zn 
1201  f.  TidXiv,  TidXiv  9pövnMa  cdv  M€T€CTd9n  npdc  aCpav  gibt  W. 
die  erklärung:  ^il  a  chang^  avec  le  changement  du  vent.'  diese  er* 
klärung  zusammengehalten  mit  dem  folgenden  q>pov€iC  T^  ^^^ 
vuv  usw.  zeigt,  dasz  der  text  nicht  in  Ordnung  ist:  denn  es  mnst 
etwas  positives  ausgesagt  werden:  dein  sinn  hat  sich  wieder  mm 
guten  gewendet;  also  jLi€T€CTd8Ti  irpöc  odpov.  —  Wie  schon  er- 
wähnt, hat  W.  1207  gut  gebessert :  Karetbec  olov  ä  TdXaiv^^uiv 
7T^TrXu)v  d^^ßaX\  (bexH  ^oiCTÖv  iv  q)Ovatciv.  recht  unnttts  aber  ist 


NWecklein:  ans.  v.  Sept  trag^et  d*£oripide  par  HWeiL  II«  6cL     401 

der  Zusatz  iy  90vaTciv,  während  das  folgende  i\b  ^ot,  irpdc  ir^b<|f 
TiGcica  ToOva  ^^Xca  einen  begriff  Yermissen  iSszt ;  wir  werden  schrei* 
ben  müssen  £ v  X  i  T  a  i  c  i  v . .  nOeica  ToOva  }ii\^a  (flehentlich  znr  erde 
sinkend),  vgl.  Or.  527  St"  ^^ßoXXc  fiacröv  kcTeOoucä  ce  }it[n\p  und 
zu  iv  XiTaTciv  Phil.  60  oT  c*  tv  Xiraic  creCXavTCC  &  oIkuiv  MoXetv. 
Den  Orestes  zieren  besonders  folgende  emendationen:  118 
Tapßei  b*  ^TreXOcTv  }ivf\^  cöv,  (poßouM^vn ,  393  q>€(bou  irXcovdxic 
X^T€iv,  675  TrapövT*  fttr  Oavövr*,  1340  di'  Ar  dXX*,  1360  xd  fdv 
.  .  rd  b*  oö.  —  69  hat  W.  die  conjectur  in*  dcGcvoOc  ^iif)c,  deren 
priorit&t,  soviel  ich  weisz,  nicht  Nanok,  sondern  yan  Qeai  zukommt, 
aufgenommen  und  als  'ezcellente  oorrection'  gerOhmt«  es  fragt  sich 
aber,  ob  dcOevoGc  dem  begriff  ^iri)c  entspricht;  etwas  anderes  ist 
das  epitheton  cfiiiKpd.    wenn  aber  In*  dcOcvoOc  ^fiTfC  bleibt,  so 
musz,  wie  ich  schon  früher  bemerkt  habe,  cuiOtd^ev  in  cu)Kui|yi€V 
▼erftndert  werden.  —  123  &Trav6*  ihiicxvcO  vcpT^puiv  buipyjfiora 
ftUt  bwprjjLiaTa  in  Verbindung  mit  dem  gen.  auf;  besser  wftre  V€p- 
T^ic  biupf'iiLiaTa.  warum  ab^  soll  der  dichter  nicht  das  passendste 
vepr^uiv  fi€iXiTM<XTa  gesetzt  haben?  und  dasz  bu^p/uiorra  als 
gloesem  zu  ^€lXiT^aTa  gelten  kann,  zeigt  Hesychios:  fiCiXiTMCtra* 
dirdpTMara,  buipa.  —  177  ruft  Elektra  die  schlafbringende  nacht 
herauf:  |liöX€  fiiöXc  KarduTCpoc  töv  "ATOfiCMVÖviOV  iiA  böfiov.  das 
haos  soll  nicht  in  nacht  gehüllt  werden;  nur  für  Orestes  wird  der 
schlaf  erfleht;  es  musz  also  heiszen :  TÖV  *ATOt^€MVÖVtoV  in\  td VC V. 
Tgl.  zu  1038  TÖV  'Atoili^ilivgvgc  tövov  das  schol.  TP*  Kai  böfiov. 
oÖTUi  Tdp  Kai  KaXXicrparöc  9TICIV  'Apicroqpdvi)  Tpdqpciv.  —  204 
TÖ  T*  djLidv  oTx€Tai  ßiou  tö  ttX^ov  liipoc  £v  cTovaxaTci  tc  Ka\  tdotct 
^dKpuci  t'  dvvuxioic.  hier  fehlt  ein  begriff:  Elektra  weint  und  seuftt 
nicht  blosz  in  der  nacht,  sondern  auch  während  des  tages ;  sie  braucht 
sich  ja  auch  nicht  zu  fürchten  wfthrend  des  tages  zu  klagen,  da  sie 
fem  von  Aigisthos  wohnt,    diesen  gedanken  stellen  wir  her  mit  iy 
CTOvaxaic  t€  navaiLi^poici  bdKpuci  t'  dwux'oic.  —  Bei  Tp{- 
TToboc  dno  qHÜTiv  &v  ö  <t>oißoc  fllaKCV  AaK€  bcJEdfiievoc  dvd  bd- 
TTcbov,  tva  ^€CÖ|LlqpaXol  X^TOvrai  iiiuxoi  330  handelt  es  sich  um  her- 
stellung  der  responsion  mit  riva  Tdp  in  irdpoc  oTkov  dXXov  Irepov 
f]  TÖV  dtrd  GeoTÖvwv  TdMwv,  töv  dnö  TavxdXou,  c^߀c9a(  ^€  XP^- 
wenn  Nauck  einerseits  £XaKev  und  dvd  bdTrebov,  anderseits  töv 
dnö  TavTdXou  beseitigen  will ,  so  empfiehlt  sich  das  weder  an  und 
für  sich  noch  von  seite  einer  richtigen  methode.   in  Hermanns  Ver- 
besserung £XaK€  be£d^€VOC  {Xaxev  dvd  (Weil  diu)  tt^öcv  bietet  noch 
ir^bov  einen  anstosz,  weil  ein  iambus  —  es  folgt  ein  vocal  —  er- 
fordert wird,    das  richtige  gibt  uns  der  folgende  vers  an  die  band; 
dort  ist  Tdc  nach  Muxoi  von  Triklinios  beseitigt  worden  und  doch, 
wenn  es  auch  591  blosz  ^€CO^<pdXouc  £bpac  heiszt,  fehlt  bei  jii^coc 
ö^<paXöc  die  nfthere  bestimmung  iff)c  in  der  regel  nicht  (vgl.  Ion 
223.  461.  910.  Soph.  CT.  898).  alles  ist  in  Ordnung,  wenn  wir  her- 
stellen: fXaKe  b€£diLi€voc,  ^aK€,  T^K^r^bwvTva  ^€CÖ^q>aXol  X^yov- 
Tai  M^oi.  über  ydnebov  und  den  Wechsel  von  tdncbov  und  bdrce- 

JahrhQcher  Vir  cIms.  philol.  1880  hft.  «.  S7 


402     NWecklein:  ans.  ▼.  Sept  tragädies  d'Euripide  par  HWeil.  II*  6d^ 

bov  vgl.  Dindorfs  lexicon  Aeschyleum  unter  Ydncbov.  —  Dasz  367 
nnd  383  die  emendationen  von  Nauck  und  Beiske  äpKUCTdroic, 
dqpuXXouc  keine  entsprechende  Würdigung  gefunden  haben,  kann 
man  bedauern,  auch  390  hat  W.  nicht  anerkannt,  daaz  die  bessere 
Überlieferung  6vo|li'  ou  X^Xoitt^  ^oi  auf  Svo^'  ^XAoitt^  ^0l  führt 
—  381  ^Kibv  tfii}  coi  TäjLid  jlitivucuj  KQKä  ist  ein  gewöhnlicher  feh- 
ler der  Überlieferung  unbeachtet  geblieben :  da  die  vorhergehenden 
Worte  bereits  die  anzeige  enthalten,  musz  |lit)VUUj  geschrieben  wer- 
den. —  431  folgt  auf  die  aussage  des  Orestes  ^KKXqo^al  fäp  bui- 
^dTU)V  ÖTTi]  iLiöXuj  die  frage  rivec  ttoXituiv  dSajiiiXXOüVTai  C€  Tf)c; 
schon  dies  musz  überraschen ;  noch  mehr  aber  musz  man  sich  wun- 
dem, wenn  man  weiter  hört  dasz  dem  Orestes  die  flucht  aus  dem 
lande  durch  scharfe  bewachung  der  grenzen  unmöglich  gemacht  ist 
(443.  760).  es  ist  ^a^iXXJjvrai  ct^t^I^  zu  setzen:  c^  ergänzt  sich 
von  selbst;  wie  häufig.  —  Zu  439  ri  bpuiVTCC  6  ti  Kai  ca9ic  ^x^tc 
eiTTcTv  t}Xol  hat  Nauck  aus  der  Variante  f{  ti  und  der  lesart  der 
besseren  hss.  den  weit  gefälligem  vers  Ti  bpuiVTCC ;  fj  Ti  Ka\  ca9U>c 
elTieTv  ix^xc]  hergestellt,  die  rechte  form  aber  wird  erst  mit  ri 
bpa»VT€C,  €1  Ti  Ktti  caqpüüC  eineiv  ix^ic;  gewonnen  sein.  vgl.  OT. 
702  X^t'i  €l  caqpuiC  tö  veiKOC  ^TKaXiöv  Ipeic.  —  Auch  die  Ver- 
besserung TrXriTaic  GuyaTpöc  ttic  ^^f^c  Tuneic  Kdpa  497  kann  der 
stelle  nicht  aufhelfen,  da  es  X^P^^v  .  .  tutt€ic,  nicht  TiXiiyaic  •  . 
Turreic  heiszen  müste;  es  bleibt  wol  bei  unserer  frühem  annähme, 
dasz  TTic  ^iLiffc  OuTOtTpöc  nur  glossem  zu  ifiivaiKÖc  sei.  —  Die  be- 
merkung  zu  der  conjectur  von  Nauck  TiD  cöv  nöb*  632,  dasz  sie  die 
symbolische  Wendung  des  ausdrucks  verwische ,  kann  ich  nicht  ver- 
stehen; auch  nicht  die  vergleichung  von  Hek.  812  ttoi  fi'  öiT€SdT€ic 
TTÖba;  da  beiden  stellen  eine  verschiedene  Vorstellung  zn  gnmde 
liegt.  —  705  schreibt  W.  ttöXiv  T€  ttciOujv,  um  Menelaos  zum  sab- 
ject  von  xprjcBai  zu  machen,  es  müste  dann  Tuvbdpcid  t*  ifib  irci- 
pdcoiLiai  TTÖXeuic  t€  TreiGuJV  Tij)  Xiav  XP^^^^  KaXwc  hei£zen,  da 
Tuvbdpeui  .  .  iTÖXeuJC  von  Td>  Xiav ,  nicht  von  TrciOwv  abhängig  zu 
machen  wäre.  —  714  möchte  W.  faV  fiv  de  TÖ  ^aX6aKÖv  tcpodtfi 
li\  TcO'  €u  setzen;  wamm  nicht  lieber  irpocf^T^  ^i*,  tc9*  dv?  vgL 
OT.  1438  Äpac*  dv  €Ö  toOt*  tcO'  dv.  —  844  ist,  wie  schon  Her- 
mann gesehen,  oC  ttou  zu  schreiben.  —  848  vermutet  W.  Bcucö- 
|Li€VOc  für  büjcuiv.  die  form  kommt  bei  keinem  tragiker  vor;  wena 
man  die  unsichere  stelle  Ant.  607  ausnimt ,  wie  es  scheint ,  das  ver* 
bum  9^ui  überhaupt  nicht,  das  zum  beweis  angeführte  bpopotJ^CVOC 
des  XpiCTÖc  Tidcxujv  stammt  aus  878.  man  wird  dtd^VOC  ToO 
irpoKCiiLi^vou  xäQxy  schreiben  und  mit  Kirchhoff  den  folgenden 
vers  streichen  müssen.  —  Die  verse  957 — 59  sind  sicher  uneeht,  so 
sicher  wie  1227 — 30,  wo  übrigens  in  dem  scholion  nicht  oi  b*  b^i- 
ßoi ,  sondem  o\  b'  (dh.  T^ccapec)  la^ßot  zu  schreiben  ist.  —  Wol 
läszt  sich  1053  der  plunJ  T€Xvdc^aTa  von  6inem  gegenständ  recht- 
fertigen; aber  die  appositioneÜe  wendung  ist  ungeschickt;  weitpes» 
sender  erscheint  Ka\  \iyr\\ia  b^Eai9'  tv  K^ftpou  T^xvac|;id  T€.  — 


NWeeklein:  anz.  t.  GVitelli  Bnlla  Elettra  di  Enripide.        408 

Die  erklftruDg  zu  6  iir\Tpoip6vvr\c  b'  oö  KoXef  *le  parrioide  par  ez- 
cellence'  Yerkennt  eine  gewöhnliche  redeweiee.  vgl.  die  y<m  nns  xa 
Bakchai  725  citierten  stellen.  —  Dem  tone  der  stelle  würde  ^tXP^^* 
ITT  €Tai  weit  besser  entsprechen  als  ircXdJIetoi,  und  Hipp.  218  wird 
^TXPiM^^<^MCVOi  von  dem  schol.  mit  irXriadZoucai  erklftrt  —  1S06 
möchte  W.  zur  yerbesserang  des  Tersmaszes  itäp  irOTOVidv  fttr  irapd 
iTOTa^öv  schreiben;  aber  irapä  irOTOfiöv  ist  ein  unnOtzer  ansdrock, 
da  d^9l  TÖic  CKapdvbpou  bivac  nachfolgt,  ich  verrnnte  b6p€t  Aap- 
bdvujv.  —  Der  ausdmck  elc  m^cov  <pövov  f^b* '€pMtdvii  irdpccn 
1813  würde  ohne  anstosz  sein,  wenn  es  blosz  elc  q^dvov  hie8ze(ygL 
Med.  977  CTcixouci  T^P  ^c  9ÖVOV  fibi\)\  aber  fi^cov  weist  auf  einen 
andern  ansdrnck  hin,  der  sich  leicht  aus  Bakchai  848.  Bhesos  7S0 
entnehmen  läszt:  €ic  ^^cov  ßöXov  . .  irdpccn.  vgl.  EL  965  KoXdk 
dp  *  dpKuv  €ic  M^CTiv  Trop€U€Tai. 

Dankbar  für  manigfache  belehmng  und  anregnng  scheiden  wir 
Ton  dem  trefflichen  buche. 


ZUSATZ. 

Wir  sind  in  der  angenehmen  läge  zu  dem  obigen  noch  eine  reihe 
trefflicher  emendationen  hinzuzufllgen,  welche  uns  eine  eben  in  unsere 
hftnde  gelangte  abhandlung  von  Girolamo  Vitelli  liefert: 

APPUMTI    ORITICI   SÜLLA    ElETTBA  DI  EuRIPIDB.     C8TBATTO   DALLA 
RIVI8TA    DI    FILOLOOIÄ    BD    »STRUZIORB    0LA88I0A    AHNO    VUI 

p.  401—516.    Torini-Roma,  Ermaono  Loesoher.    1880.    120  8.    gr.  8. 

Den  vf.  haben  wir  bereits  aus  einer  abhandlung  zur  Aulischen 
Iphigeneia  und  zwei  bearbeitungen  dieses  stücks  als  einen  tüchtigen 
kenner  des  Euripideischen  Sprachgebrauchs  und  gewandten  kritiker 
kennen  gelernt,  die  neue  schrifb  zeigt  uns  denselben  auf  seinem 
gebiete  noch  mehr  zu  hause  und  wol  eingerichtet,  wie  sie  uns  einen 
einblick  in  umfangreiche  Studien  des  Euripides  und  der  Euripideischen 
litteratur  gew&hrt.  nach  den  bescheidenen  werten  der  einleitung 
*  alcuna  rara  volta  sarö  riesciio  io  stesso  ad  emendare,  mono  rara- 
mento  i  miei  errori  faranno  trovare  ad  altri  Temendazione ,  spessis- 
simo  essi  varranno  almeno  ad  evitare  che  altri  depo  di  me  ne  com- 
metta  degli  identici '  ist  man  auf  das  angenehmste  überrascht,  wenn 
uns  gleich  eine  glänzende  emendation  zu  Aristoteles  poetik  c.  26 
B.  1462*  8  ilia  ovbk  idvTicic  diraca  diroboKi^acTto,  cTiicp  finb* 
dpxncic,  dXX'  f|  <pauXwv,  ÖTiep  Kai  KaXXunrlbi)  £ii€Ti^äTO  ical  vCv 
dXXoic  (bc  ouK  ^XcuO^pac  T^vaiKOc  fiiiiLioufi^vuiv  geboten  wird,  mit 
recht  bemerkt  Vitelli  zu  dieser  stelle:  'non  posso  non  meravigliarmi, 
che  come  esempio  di  cattiva  gesticolazione  si  vada  a  scegliere  proprio 
la  TuvaiKUfV  ^iiLiT)ctc ,  e  che  non  solo  in  Callippide  ma  anche  in  altri 
offendesse  la  mancanza  di  nobile  contegno  appunto  nel  rappresentare 
parti  di  donna'  und  schreibt  Kiv/)C€ic  für  TwaTicac.  er  sucht  auch 
begreiflich  zu  machen,  wie  Kivifjoeic  zu  fWOiKac  werden  konnte»  in- 

27* 


404         NWecklein:  anz.  v.  GVitelli  sulla  Eiettra  di  Euripide. 

dem  er  die  Verwechslung  von  T^vecGai  und  KiveicOai  vergleicht,  wir 
bedürfen  dessen  nicht ,  wenn  wir  ifiivaiKac  als  einen  nachträglichen 
ungeschickten  zusatz  betrachten:  denn  zu  die  OÖK  iXeuO^pac 
^ijLioujLi^vuJV  ergänzt  sich  Kivrjceic  aus  dem  vorhergehenden  von 
selbst,  die  conjecturen  zu  Euripides,  welche  nach  den  verschiedenen 
arten  der  corruptel  geordnet  sind,  beschränken^ sich  nicht  auf  die 
/r  Elektra,  sondern  betreffen  verschiedene  stücke,  besonders  auch  die 
fragmente.  als  evident  oder  im  höchsten  grade  wahrscheinlich  können 
wir  folgende  Verbesserungen  bezeichnen :  EL  236  f x^t  fi^v,  dc6€vf|C 
b'  dei  (für  bi  bf|)  qpeuTUJV  dvf)p,  628  ttöcujv  \1€t'  dcrdiv  (für 
dvbpuiv)  f|  jLiövoc  b^idujv  M^ra;  676  böc  bfira  viktiv  Toicbe  Tifiuj- 
poTc  Trarpöc  (für  böc  bffca  irarpöc  Toicbe  Ti^ujpöv  biKiiv),  986  Kai 
beivd  bpdcuj  K€l  (für  bpdcuj  r\  ei)  Ocoic  boKCi  rdbe,  ^ctw,  1060 
€uxf|  b'  f\b€  iLioi  TrpooiiLiiov  ({ür  dpxf|  .  •  Trpooijiiiou),  Hei.  583  xai 
t(c  ßX^TTOVia  cxi^MttT*  (für  ciüjiaT*)  d£€pTd£€Tai,  663  X^t'  ^c,  dpccrd 
(fttr  dKOucTd)  TrdvTQ  bujpa  bai^övwv,  1398  äyav  tdp  aöxdv  oö 
TTapoöc'  (für  TrapövO')  öjiuic  crdveic,  Or.  773  ßouXeuouci  brj  (fttr 
ßouXeuouc'  dei),  fr.  61,  2  i^  xP^^töv  övia  TViucojLiai  c'  f\  <Ka\> 
KttKÖv,  240  ouK  fcTiv  öcTic  f|bovdc  lr\T&y  ßiou  (für  f)b^uic  Ityrfjjy 
ßioOv),  364,  21  öjLitXiac  t€  idc  Y^poiT^puJv  (fttr  T^paiT^pac)  9(X€i, 
706,  1  TT^XeKuv  iv  x^poiv  Xaßüjv  (für  fx^v  wegen  des  folgenden 
dvTemcTv  ?XU)v).  eine  gef&Uige  form  wird  auch  für  fr.  362  aa.  ge- 
wonnen mit  Tdc  xdpiTQC  Serie  eiJT^vdic  (Rehdantz  euO^uic)  x^^^' 
2:€Tai ,  T^biov  dvGpibTTOiciv  (fttr  f^biov  iv  ßpoxoTciv) '  o1  bi  bpwci 
jLi^v,  xpdvifj  bk  bpuüci,  bucqptXecTepov  ßpoxoTc  (für  bucrev^CTcpov), 
ebenso  für  fr.  532  mit  irdcac  ctutä  TwatKOC  (fttr  ^lcuJ  TwaiKa), 
Ik  Tracuüv  bi  ci  und  935  mit  öpqic  töv  ui|ioO  TÖvb'  direipov  aiO^pa 
nipii  fxovia  tflv  (fttr  kqi  v\y  TT^piH  ?xov0')  xrfpaxc  iv  dincdXaic. 
sehr  wahrscheinlich  ist  auch  die  annähme  einer  lücke  nach  EL  582, 
wie  bereits  Mau  eine  lücke  zwischen  fjv  b'  dcndcui^ai  und  6v 
fiCT^PXO^m  ßöXov  statuieren  wollte,  und  die  tilgung  von  764. 
minder  ansprechend  ist  die  tilgung  von  771  (nach  dem  Vorgang  von 
Steinberg)  und  773.  auf  den  6inen  vers  der  Elektra  TToiifi  Tpöicifi 
bi.  Kai  Tivi  ßuGjLiip  <p6vou  würde  man  nur  eine  kurze  antworte  nicht 
eine  lange  erzählung  erwarten,  gefällig  kaon  die  änderüng  von 
dvaivo^ai  in  auaivo^ai  311  mit  der  Umstellung  von  Kirchhoff 
scheinen:  auaivo^ai  bi  T^^vdc  ouca  irapO^voc  dv^opTOC  kpärv  ical 
Xopuiv  TiiTUJ|Li^vii.  allein  in  einem  solchen  Zusammenhang  hat  der 
begriff  irapS^voc  bei  der  verheirateten  Elektra  keine  passende  stelle, 
wirrend  er  in  dvaivojLiai  t^vaiKac  oöca  napB^voc  ganz  an  seinem 
platze  ist.  sehr  richtig  bemerkt  Vitelli  gegen  die  Überlieferung  von 
795  dXX'  ein'  'Op&nic-  dpxiujc  f|Tv(c^€9a  Xouxpoict  KoOapoic 
TTOxa^iujv  /^eiOpujv  diro.  ei  bt  E^vouc  dcxoici  cuvOueiv  XP^uiv, 
AItic9\  Sxoi^oi  KOUK  dirapvoO^ecO*,  dvaE,  dasz  Orestes  nicht 
merken  lassen  dürfe ,  dasz  ihm  der  name  des  Aigisthos  bekannt  teil 
um  keinen  verdacht  zu  erwecken.  V.  schreibt  dvaE,  Iroiuoi  koOk 
dTrapvou^ecOa  iiifi  otj.  man  würde  eher  erwarten  Ixoifioc  kouk  dnop- 


N Wecklein:  anz.  t.  GVitelU  ralia  Elettra  di  Enripide.        405 

voO^at  TÖ  iLif|  ou.  aber  woher  darf  Orestes  wissen  dasz  er  den  her« 
scher  des  landes  vor  sich  habe?  wir  werden  wol  d|>T{uic  fiTv(C|i€6a 
. .  ^€(8pu)V  dTTO,  €i  bf| .  .  xpcidv  zn  sehreiben  nnd  795  za  tilgen 
haben,  auch  in  rücksicht  auf  oöö'  ärrapvcTcOai  XPCidv  789.  sa  der 
in  neuerer  zeit  oft  behandelten  stelle  338  iroXXoi  b*  ^mcr^XXouaVy 
ip/irrvcOc  b '  ifibj  a\  X€ip€c  f)  tXi&cc'  f|  ToXobtuipöc  t€  q)f>f|v  icdpa 
t'  dfiöv  Eupf)K€C  8  t'  Ik€Tvov  t€Ki{)V  bringt  V.  die  schar&innige  Ter- 
mntnng  Käpa  t'  t^öv  Eupf^KCC  S^jia  t*  baoKiy.  die  wähl  zwischen 
dieser  Yerbessening  and  der  von  Herwerden  6  T€  irfvoc  it^irXiuv  ist 
schwer,  da  beide  dem  sinne  auf  das  beste  entsprechen,  knn  nnr 
die  diplomatische  Wahrscheinlichkeit  entscheiden,  nnd  diese  scheint 
mehr  auf  seite  der  Yitellischen  Sndenmg  zu  sein,  auch  V.  erklSrt 
sich  wie  Mekler  Eurip.  s.  66  gegen  die  annähme  von  Evlcala,  dasz 
334  f.  als  misverstftndnis  von  iroXXol  b*  diricr^XXouciv ,  ipfifivcOc 
b*  ifd)  zu  tilgen  seien,  in  der  that  ist  der  gedanke,  dsÄz  viele 
Argeier  im  herzen  mit  Elektra  übereinstimmen  und  diese  zum  dol- 
metscher  ihrer  geftthle  machen,  hier  ungeeignet  aber  doch  ist  der 
ausdruck  ^p^riveOc  b'  ^T^^  aufTallend,  da  die  aufgezählten  iroXXof 
von  ^T^  nicht  verschieden  sind,  sondern  damit  zusammenfallen,  es 
wird  AEra  aus  AOPQ  entstanden  und  zu  schreiben  sein:  iroXXol  b* 
diricrAXouciv  dp^TlV€l  Xöxqi-  zu  612  dv  X€ipl  tQ  cQ  itdvr*  ix&c 
Kai  tQ  Tuxq  TraTpiipov  oTkov  xal  itöXtv  Xa߀iv  c<0€V  macht  T.  die 
richtige  bemerkung:  *trovo  inc^yportnna  la  distinzione  fina  ticrrp4k>v 
oTkov  e  TTÖXiv  C^O€V.  di  piü,  come  notö  il  Matthiae,  oi  si  aspet- 
terebbe  piuttosto  qualcbe  cosa  come  dvaXaßctv.'  er  wirft  C^Ocv  als 
CTOißif)  aus  und  ergänzt  TrdXiv  nach  iröXiv:  TrorrpilüGV  oTkov  Kai 
nöXiv  TrdXiv  XaßeTv.  aber  auch  der  ausdruck  iröXiv  XaßcTv  musz 
auffallen  und  scheint  nicht  der  richtige,  der  Übergang  von  näXiv  in 
iTÖXiv  wird  die  beseitigung  des  hier  geeigneten  wertes  veranlaszt 
haben:  TTOTpiDov  oTkov  Kai  Opövouc  TrdXiv  Xaßeiv.  zu  Andrem. 
1064  Kpuirröc  Karacrdc  fj  kot'  ö^i^  ^6div  \xAxq  hat  Nauck  den 
ausdruck  Kpimröc  KaracTdc  als  anstOszig  bezeichnet,  wie  es  scheint 
mit  recht,  wenn  auch  eine  rechtfertigung  denkbar  ist.  aber  seine 
Vermutung  KpuTTTÖc  Xoxr)cac  bat  keine  Wahrscheinlichkeit.  V.  will 
Kpuirröc  KaraqpOdc  schreiben,  das  verbum  KaTaq>6dvu)  ist  ihm  selbst 
bei  Eur.  nicht  ganz  unbedenklich,  und  auch  dem  sinne  nach  gewin- 
nen wir  damit  nicht  den  natürlichen  ausdruck.  es  scheint  Kpurrröc 
glossem  zu  sein  zu  X  6  x  H'  KaracTdc.  in  fr.  108  verlangt  V.  iraOcat  bk 
jLioXTrÜJV ,  um  das  in  dem  citat  von  Piaton  stehende  hk  zu  erhalten, 
ich  würde  jedenfalls,  um  auch  das  pari  (^X^fX^^)  ^^  wahren,  iraOcai 
bt  ji^Xiruiv  vorziehen,  woraus  Aristophanes,  bi  unterdrückend, 
naOcai  ficXujbuüv  machen  konnte.  ^eXuibciv  findet  sich  sonst  nir» 
gends  bei  den  tragikem.  die  ttnderung  in  fr.  407  ttoG  Kai  iror'  oiKCt 
(sc.  cpOövoc)  ciüMaxoc  Xaxuiv  \iipoc]  dv  x^pdv  l\  cirXdrxvoiciv  IJ 
Trap'  öji^xara  M"  f|Mtv;  ibc  fjv  ^6x6oc  iarpoTc  ixi'xnc  ro^aic  dq>at- 
pciv,  wo  V.  nap'  dfii^aTa;  ouk  dXX',  ÖOcv  viv  möxOoc  Icrrpoic  }i(jac 
usw.  schreibt,  ist  uns  nicht  recht  verständlich,  während  die  emen* 


•^ 


406         NWecklein:  anz.  v.  GVitelli  sulla  Elettra  di  Eurlpide. 

daüon  von  Herwerden  f|  kot'  2|Ll^aTa;  eiG'  i^Qiev,  (bc  fjv,  zu  der 
V.  bemerkt  'nd  forma  nd  pensiero  ä  salvo',  allein  den  richtigen  sinn 
gibt:  'wüsten  wirs  doch,  auf  dasz  die  ärzte  sich  beeilen  könnten' 
usw.  die  form  fjcjiev  ist  für  Eur.  gut  bezeugt  nimt  man  diese 
emendation  an,  indem  man  vielleicht  nur  Trap'  dfijiaTa  stehen  läszt, 
so  kann  freilich  vorher  die  änderung  von  Valckenaer  ri  bi^  iroT^ 
oUei,  die  auch  V.  billigt,  nicht  richtig  sein :  denn  nach  t(  .  .  fi^poc ; 
müste  x^^P^c  f{  CTiXaTXva  f|  6}x^aTa;  folgen,  wenn  aber  iroO  gIkci; 
wegen  des  folgenden  erhalten  werden  musz,  so  genügt  doch  cu)^aTOC 
XaxuüV  jLi^poc  nicht,  man  erwartet  ttoO  tto  lo v  oiKCt  aJjiiajoc  XaxuiV 
M^poc;  die  bedenken  welche  V.  mit  Nauck  gegen  fr.  409  Tf|V  €UT^- 
veiav,  Kfiv  d|Liop<poc  f)  T<i|ioc,  ti^uüci  TToXXoi  Trpöc  t^kvujv  x<^iv 
XaßcTv  TÖ  t'  d£iui|ia  fiidXXov  f|  rd  xP^ctTa  erhebt,  scheinen  unbe- 
gründet, die  Änderung  von  V.  tyic  euT€VoOc  foip  k&v  d^op90C  ijj 
TdjLiov,  an  und  für  sich  nicht  unbedenklich,  wird  durch  das  folgende 
TÖ  dEiuj^a  ganz  unsicher,  freilich  bietet  der  text  noch  manche 
schaden,  einmal  ist  Tifidici .  .  XaßeTv  nicht  in  Ordnung:  Enger  hat 
irpoTiouci  vermutet,  das  durch  ttpgtiiliOjci  glossiert  worden;  Her- 
werden Oripuuci  •  .  Xaßeiv.  dann  ist  Trpöc  t^kvujv  x^^P^v  ein  unge- 
schickter ausdruck ;  beide  anstOsze  wiU  Hense  mit  q>iXoOci  TroXXol 
irpocXaßeiv  t^kvujv  X<^P^v  beseitigen,  ich  vermute  Trpöc  TCicvoup- 
Tiav.  wie  Sophokles  Traibouptia  für  TraiboiTOiia  gebrancht,  so 
konnte  Eur.  T€KVOupTiot  für  TCKVOTroiia  sagen,  was  man  aber  aoszer- 
dem  vermiszt,  den  sinn  von  TrpOTijLidici ,  das  hat  man,  sobald  man 
die  verse  richtig  stellt: 

Tf|v  €UT^V€iov,  kSv  fi^opqpoc  Ä  T^MOC, 
TÖ  t'  d£iuj|Lia  ^dXXov  f|  Td  xpilMCtTa 
n^uüci  iToXXoi  Trpöc  TCKVouptiav  Xaßeiv. 
das  mittel  mit  welchem  die  heilung  von  fr.  830  Tic  b'  oTbcv  €l  li\y 
T0Ö9'  5  K^icXiiTtti  GaveTv ,  tö  lf\v  bl  9vqcK€iv  icri ;  TtXfjv  öfiwc  ßpo- 
Tuiv  vocoGciv  o\  ßX^TTCVTCC,  o\  b'  öXuiXoTCC  oubiv  vocoGciv  oübk 
K^KTTiVTai  Kaxd  versucht  wird:  bf\\a  b*  uic  ßpoTulv  ist  gewaltsamer 
als  es  scheint,  man  wird  das  unbrauchbare  TrXf|v  als  ein  glossem  txi 
betrachten  haben;  glossem  aber  konnte  es  sein  zu  oux  6itwc 
(dcTiv;  oux  ^TTüic  ßpoTUiv)  dh.  'nicht  davon  zu  reden,  davon  m 
schweigen,  dasz'  usw.:  vgl.  Soph.  El.  796  Tr€Trau^€6'  flfieic,  oux 
ÖTTUJC  C€  Traucojuiev. 

Wir  können  hier  auf  die  weitem  zahlreichen  conjectaren  des 
vf.  nicht  eingehen,  wir  bemerken  dasz  sich  darunter  noch  manche 
ansprechende  Vermutung  findet,  wie  Alk.  632  ou  fäp  TOIOUTUIV 
Ivberjc,  Bakchai  640  f^biuJC  yoCv  (vorher  mit  Fix  i|ioq>€f  top)» 
El.  130  Tivo  b'  ol^ov,  ii  .  .  äXaieücic;  553  tou  ttgt',  'HXäcrpo, 
(piXujv  . .  Xeiiiiavov  Kupci  tööc;  780  TToiav  Trop€Ü€c8',  1036  toOtou 
b'  UTTÖVTOC  ÖTQV,  Hipp.  271  fiXXuJC  iX^TXCic,  fr.  362,  64  dk  c' 
tf\ij,  446,  2  tSjc  c'  f)bu  XeOccciv  ua.  unstatthaft  erschien  uns  nur 
der  verschlag  zu  El.  251  dK€(vou  t'  &Xoxoc  und  die  krasis  welche 
in  £1.  508  Ki^pecKÖ^nv ,  fr.  628 ,  3  b/jjuK{)  dpeciöv,  901 ,  7  ^f|  eO 


KFrey:  tu  Eoripidet  und  Aiiohjlos.  407 

\iVi  gebracht  wird,  überhaupt  bat  die  krasia  etwas  unpoetiBchee 
an  sich  und  darf  nur  mit  vorsieht  in  die  texte  der  tragiker  oorrigiert 
werden,  ich  habe  in  meinen  'studien  zn  Aeschylus'  a.  10  ff.  gexeigti 
welch  groszer  unterschied  in  der  Zulassung  der  krasis  zwischen  chor* 
gesftngen  und  trimetem  besteht,  ebenso  ist  bekanntlich  in  dieser 
beziehung  ein  groszer  unterschied  zwischen  tragikem  und  komikexn« 
seine  ausgebreitete  kenntnis  der  Euripideischen  litteratur  hat  V. 
auch  dadurch  zu  erkennen  gegeben,  dasz  er  von  einer  reihe  von 
emendationen  den  ursprünglichen  autor  nachweist  und  s.  76  ff.  eine 
ganze  blüteniese  solcher  Wiederholungen  gibt,  auch  ihm  ist  trots 
«11er  vorsieht  dieses  versehen  begegnet:  er  will  Soph.  Aias  137 
ZofxevfjC  mit  TrXriYil  verbinden,  was  schon  Madvig  und  vor  Madvig 
schon  Herwerden  verlangt  hat.  man  veraeiht  gern  eine  schuld  von 
der  man  sich  selber  nicht  frei  fühlt. 

Bamberg. Nioolaus  Wbokledt. 

64. 

ZU  EÜMPIDES  UND  AISCHTLOS. 

Wecklein  hat  mir  Jenaer  LZ.  1879  n.  37  in  der  recension  meiner 
^Aeschylus-studien'  (Bern  1879)  vorgeworfen,  ich  habe  'dieieactio- 
nftre  tendenz,  mit  redensarten  und  grammatischen  termini  wie  iK 
TrapaXXf|Xou,  dvTtCTp69U)c  den  unsinn  conmpter  Überlieferung  sn 
schätzen',  dieselbe  tendenz,  nur  dasz  ich  ihren  gegenständ  etwas 
anders  bezeichne ,  habe  ich  auch  bei  Euripides  Elektra  1 ,  und  die 
neue  conjectur  SMeklers  in  seinen  'Euripidea'  (Wien  1879)  s.  68 
ib  rpic  TToXaiöv  ''ApYOC  veranlaszt  mich  es  auszusprechen.  TraXaiöv 
''ApTOC  ist  sicher,  s.  Soph.  El.  4  naXaiöv  ''ApTOC,  und  man  braucht 
kein  rpic.  wenn  es  aber  Eur.  Or.  714  heiszt  ''ApYOUc  T^iiav,  so 
scheint  mir  ist  in  die  äugen  springend ,  dasz  Tf\c  ''ApTOC  nichts  ist 
als  eine  umkehr,  die  man  ja  ävTiCTpÖ9UK:  (elpfVi^VOV)  nennen  kann; 
eine  umkehr,  hervorgebracht  durch  die  tendenz  dem  nomen  proprium 
den  hauptaccent  zu  geben;  ebenso  wie  wenn  Aisch.  Eum.  606  Orestes 
im  gegensatz  zu  Kljtaimnestra,  welche  605  subject  ist,  den  haupt- 
accent haben  soll  und  nun  gesagt  wird  £f  ui>  •  •  ^v  af^on  statt  aljia .  • 
iy  i^oi.  die  anwendung  solcher  rhetorischen  figuren  ist  gefährlich  — 
ich  gebe  das  zu,  und  meine  erklärungen  wollten  nicht  unfehlbsjr  sein 
—  aber  doch  nicht  durchaus  verwernich,  wie  Eur.  El.  1  zeigt. 

Aisch.  Agam.  1172  iyib  bk  OepMÖVGUC  Tdx'  iv  ir^bqi  faX^  — 
wird  verständlich,  wenn  man  6  epiLi  OTT  VC  uc  schreibt:  'ich  aberwerde 
bald  heisz  athmend  zur  erde  fallen.'  das  wort  kommt  nirgends  vor, 
wird  aber  garantiert  durch  Trupirvouc,  €^irvouc  und  durch  Eur.  ras. 
Her.  1092  irvodc  Gepiiiäc  irv^uj.  und  wie  Herakles  damit  eine  völlige 
Ohnmacht  bezeichnet,  so  kann  6€p^Ö1rvouc  von  der  geschlagenen 
und  mit  dem  tode  ringenden  Kassandra  gebraucht  werden.  ßaXiili  ist 
intransitiv,  wie  Blomfield  und  Franz  urteilten,  meine  erklArung  in 
den  'Aeschylus-studien'  ist  zu  streichen. 


408  PSchrOder:  zu  Sophokles  Phaidra. 

Hiketiden  355  lese  ich  YkovO*  ö^iXov  statt  v^ovO'  £.,  trotz- 
dem dasz  tKU)  bei  den  tragikern  nicht  vorkommt ;  die  fthnlichkeit  yott 
iN€ONe  und  IKONG  ist  zu  grosz. 

Zu  der  zweifellosen  Verbesserung  ebd.  784  dc9UKT0V  für  dq>u- 
KTOV  kann  ich  HWeil  nur  gratulieren ,  nachdem  ich  sehe  dasz  er  sie 
zu  Agam.  365  vorgeschlagen  hat. 

Bern.  Karl  Frey. 

55. 

ZU  SOPHOKLES  PHAIDRA. 


CÜTTVUJT6  Kdvacx^cOc  ciYÄcai '  tö  fäp 
TuvaiHiv  alcxpöv  div  T^vaiKl  bei  ct^t^iv. 
80  lautet  ein  fragment  aus  des  Sophokles  Phaidra  bei  Stobaios  flor» 
74,  16  (n.  614  Nauck).  Phaidra  hat  dem  chor  ihre  sträfliche  lieb» 
zu  Hippolytos  eingestanden  und  verlangt  von  ihm  Verschwiegenheit 
(vgl.  Welcker  griech.  trag.  s.  394— .402).  zur  motivierung  ihres  Ver- 
langens fügt  sie  nach  der  Überlieferung  der  für  Stobaios  maszgeben- 
den  hss.  AB  hinzu:  'denn  das  für  weiber  schimpfliche  musz  man 
mit  dem  weibe  verschweigen'  (zu  CT^T^^v  in  dieser  bedeatung  vgl. 
OT.  341.  Phil.  136.  Eur.  Phoin.  1211.  El.  273).  ist  nun  zunächst 
das  CUV  T^vaiKi  überflüssig  und  störend,  so  ist  es  femer  wol  ein- 
leuchtend dasz  Sophokles  solche  worte  der  Phaidra  nicht  in  den 
mund  gelegt  haben  kann  —  das  hiesze  mit  anderen  Worten  den  wei- 
bem  das  Privilegium  zuerkennen,  dasz  man  ihre  Schlechtigkeiten  mit 
stillschweigen  zu  übergehen  habe,  wir  erwarten  eine  ganz  andere 
begründung  der  fordenmg  das  geschehene  zu  verschweigen,  der 
chor  besteht  —  das  ist  gewis  —  aus  frauen ;  von  frauen  verlangt 
Phaidra  also  Verschwiegenheit,  und  das  mit  recht :  denn  sie  als  wei* 
her  müssen  das  was  dem  weiblichen  geschlechte  zur  schmach  gereicht 
mit  schweigen  verhüllen,  so  und  nicht  anders  kann  der  sinn  hier 
sein,  ich  schlage  deshalb  vor  cuTT^vaiKa  statt  cOv  iniVttiKl  in 
schreiben ,  und  erinnere ,  indem  ich  die  grosze  anzahl  von  ganx  ana- 
logen composita  aus  der  rOmischen  und  byzantinischen  periode  (vgL 
Sophocles  'greek  lexicon  of  the  Roman  and  Bjzantine  periods'  onter 
cu . .)  wie  cuTX^^pa,  cujundpGcvoc,  cuTT^pwv,  cutKtkXuiifi  usw.  über- 
gehe, an  cuTKaciTvfiTTi  Eur.  IT.  800,  cuTKacic  Eur.  Alk.  412,  cuT- 
T€V^T€ipa  Eur.  El.  746 ,  denen  sich  noch  andere  hinzufügen  liesien* 
von  paläographischer  seite  läszt  sich  gegen  diese  vermutong  niohts 
einwenden,  es  ist  kaum  eine  Veränderung  der  Überlieferung,  denn 
im  archetTpus  war  cuv  auch  als  präp.  cuT  geschrieben,  der  dativ 
aber  ist  jedenfalls  so  zu  erklären ,  dasz  ein  späterer  absofareiber»  der 
das  compositum  nicht  mehr  kannte,  cur  also  für  die  prlpoaition 
hielt  und  nun  sich  erinnerte  dasz  diese  den  dativ  regiert,  ohne  sich 
weiter  um  den  sinn  zu  kümmern,  cuTTwaiKi  aus  CUTT^VOIKO  maehte* 
London.  Paul  Sohbödbe. 


LDrewes :  zur  tbeorie  des  doclmiiis.  409 

66. 

ZÜB  THEORIE  DES  DOCHMIÜS. 


Der  doohmioci  ist  von  jeher  verschieden  wotigehni  worden ;  dodi 
während  man  in  älterer  zeit  nur  über  die  einteüong  oder  serleganff 
desselben  stritt,  ist  jetzt  auch  über  die  zeitdsner  (metrische  grOsze) 
streit  der  ansichten.  früher  zweifelte  man'  nicht  dasz  der  dechmios 
acht  moren  zähle,  da  man  denselben  geradezu  für  eine  ans  zwei  be- 
stimmten versfdszen  zusammengesetzte  grOsze  hielt;  man  lOite  ihn 
nemlich  entweder  auf 

in  iambus  und  cretieus  ^^  ^  |  j.  w  . 
oder  in  baccheus  und  iambus  w  jl  .  |  s^  jl  ^ 
diese  beiden  auffassungen  dürften  auch  heute  noch  die  meisten  ler^ 
treter  zählen ;  allein  es  ist  daneben  noch  eine  andere  ansieht  in  neuerer 
zeit  aufgetreten,  die  durch  annähme  einer  sjnkope  oder  metrischen 
katalexis  den  umfang  des  dochmius  um  6ine  oder  gar  zwei  moren  ver- 
grOszert :  es  wird  nemlich  entweder  die  erste  länge  als  synkopierter 

trochäus  gefaszt  w  |  ^  |  .  w  |  .  oder  /^  |  J*  |  J  /^  |  J  tuicT  damit  ein 

völlig  choreischer  tact  (tripodie)  hergestellt,  oder  eine  pause  am 
schlusz  angenommen ,  so  dasz  wir  entweder  einen  iambus  mit  kata- 
lektischer  trochäischer  dipodie  vor  uns  haben  (s#  x  |  j.  n^  |  .  a  ,  so 
Brambach  und  mit  einer  gewissen  modification  derauffassung  Christ) 
oder  gar  eine  katalektische  baccheische  dipodie  (s^  j.  .  |  w  j.  x  "" 

#^JJ! /Jii^o  Westphal). 

Die  annähme  des  synkopierten  trochäus  hat  Christ  (metrik  §  463) 
mit  recht  zurückgewiesen  schon  deshalb,  weil  wir  bei  auflOsung  statt 
der  zweiten  länge  regelmäszig  nur  2  (nicht  3)  kürzen  finden.' 

Gegen  jede  annähme  einer  pause  am  schlusz ,  also  gegen  Bram- 
bach und  auch  gegen  Christ,  spricht  unwiderleglich  die  thatsache, 
dasz  der  dochmius  oft  genug  mitten  im  werte  endet;  da  bleibt  also 
nicht  einmal  räum  für  die  metrisch  nicht  meszbare  pause,  die  jeder 
wortschlusz  mit  sich  bringt.   Christ,  der  den  dochmius  in  iambus 


1   kanm    ein   unterschied   itt   es,   wenn    man   wie   HSchmidt  nach 
rhythmisch  -  masikalischer    auffassong   abteilt   w  |   j.  .  %^   I  •!•  (^)   oder 

J^  '  J  J  J^  I  J  (^)  dh.  auftact,  baccheus,  trochaens  (kataL,  so  daas  bei 

mehreren  auf  einander  folgenden  doohmien  der  aoftaet  des  vweiten  an 
die    stelle   der  pause  am   schlösse  des  ersten  tritt).  *  ab  fernerer 

grund  läszt  sich  auch  geltend  machen,  dasz  wer%9  oder  kola  oder  noch 
kleinere  rhythmische  einheilen  (sb.  dipodien)  und  namentlich  solche, 
ans  denen  Systeme  gebaut  oder  die  xard  crixov  componiert  werden, 
eine  an  bestimmter  stelle  wiederkehrende  synkope  nur  im  leis- 
ten oder  vorletzten  tacte  haben,  sb.  der  paroemiacns  (in  TyrUUschen 
marschiiedern  sticbisch,  sonst  um  das  'halt'  im  marsche  sn  beseichnen, 
dh.  feststellen  des  linken  and  anziehen  des  rechten  fusses)  und  dar 
hinkiambus. 


410  LDrewes:  zur  theorle  des  dochmius. 

und  katal.  troch.  dipodie  zerlegt,  ohne  die  achtzeitige  messung  auf- 
zugehen ,  meint  zwar ,  dasz  nicht  notwendig  ein  katalektischer  fusz 
im  Vortrag  ausgefüllt  zu  werden  hrauche,  sondern  dasz  zh.  die  Sen- 
kung des  nachfolgenden  kolon  hier  eintreten  könne;  allein  diese 
hemerkung  ist  entweder  müszig  oder  falsch :  entweder  wird  damit 
die  allbekannte  erscheinung,  die  auch  in  unserer  modernen  poesie 
und  musik  so  häufig  ist,  bezeichnet,  dasz  eine  unvollst&ndige  reihe 
durch  den  auftact  der  folgenden  reihe  ausgefüllt  wird  —  dann  ist 
doch  die  ausfüllung  der  pause  und  ihr  Zeitwert  Torhanden,  und  wir 
hätten  einen  neunzeitigen  dochmius  mit  einer  wirklichen  trochäiscben 
dipodie  am  Schlüsse ;  oder  aber  der  dochmius  schlieszt  wirklich  mit 
der  länge,  und  die  kürze,  womit  der  nächste  dochmius  beginnt,  ge- 
hört nur  zu  diesem  (wie  Christ  doch  annehmen  musz ,  da  ja  sonst 
kein  iambus,  wie  er  doch  will,  denselben  beginnen  würde)  —  dann 
wäre  in  der  theorie  eine  pause  angenommen,  die  in  der  Wirklichkeit 
gar  nicht  existiert,  also  die  theorie  falsch;  es  könnte  yielmehr  als 
schlusz  des  dochmiuä  dann  nur  ein  creticus  und  nicht  eine  kataL  troch. 
dipodie  angenommen  werden. 

Uebrigens  werden  heutzutage  wol  nur  wenige  von  denjenigen, 
die  den  dochmius  in  der  alten  weise  erklären,  denselben  wirklich  in 
zwei  eigentliche  versfClsze  auflösen  wollen,  die  bei  dochmischen  com- 
positionen  regelmäszig  mit  einander  wediseiten:  es  wäre  das  doch 
auch  eine  gar  zu  wunderliche  composition,  zb.  bei  drei  auf  einander 

folgenden  dochmien  also:  Vs  /  J  I  Vs  J  /  J  I  %  /  J  !  Vb  J/ J  I 
V9  #  J  I  Vs  J  #  J  I  dieser  unerhörte  fortwährende  tactwechsel 
würde  allerdings  wegfallen  bei  der  auffetösnng  Westphals  (wenn  die- 
selbe nur  sonst  zulässig  wäre) ,  da  dieser  im  dochmius  eine  reguläre 

sjzjgie  von  zwei  baccheen  sieht  J^  J  J  |  J^  J  it  ||  also  gekuppelten 

%tact  (^Vs)  annimt.  Christ  schlieszt  sich  (§  70  und  90)  deraaffas- 
sung  des  Aristeides  an,  der  geradezu  den  dochmius  einen  zusammen- 
geaetzten  fusz  nennt,  ja  darin  den  einzigen  zusammengesetzten  fusz 
sieht ,  weil  hier  die  beiden  untertacte  nicht  aus  gleichen  yersfOszen 
bestehen,  während  für  solche  aus  gleichartigen  füszen  zusammen- 
gesetzten tacte  der  name  sjzygien  gebraucht  wird,  allein  mit  dem 
namen  wird  doch  noch  keine  änderung  der  sache  hervorgebracht; 
es  bliebe  doch  syzygie  so  gut  wie  zusammengesetzter  fusz  eine  durch 
einen  hauptictus  zusammengefaszte  Verbindung  zweier  rhythmischer 
gröszen,  die  zunächst  jede  als  ein  besonderer  fusz  geüaszt  wären. 

Zu  dieser  auffassung  des  dochmius  als  einer  aus  zwei  verschie- 
denartigen füszen  bestehenden  syzygie  (die  sonst  weiter  gar  nicht 
vorkäme)  werden  wir  aber  durch  nichts  genötigt;  vielmehr  kOnnen 
wir  ihn  so  gut  wie  einen  dactylus  oder  päon  oder  choriAmbus  als 
eine  einheit  für  sich  betrachten:  er  besteht  meiner  meinung  nach 
nicht  aus  zwei  zusammengezwungenen  versfttszen  oder  tacten,  son- 
dern er  ist  ein  einfacher  fusz  oder  tact  mit  eigenartigem  rhjrthmus, 


LDrewes:  zur  tbeorie  des  doohmiiis.  411 

dessen  leichter  and  schwerer  tsctteil  ebenso  wenig  auf  den  namea 
besonderer  fttsze  (grundtacie)  ansproch  hat,  wie  etwa  die  des 
pfton  (trochftus  und  pjrrichius)  oder  des  choriambns ,  den  schon  die 
alten  metriker  f&lschlich  aus  choreus  und  iambus  zusammengesetit 
sein  lieszen;  er  ist  aber  ein  fusz,  der  wegen  seiner  ausdehnung  sa- 
gleich  als  jii^TpGV  und  kujXov  und  wegen  der  eigentümlichkeit  des 
Verhältnisses  von  arsis  und  thesis  als  besonderes  rbjthmengesdilecht 
erscheint,  und  da  kann  es  denn  nicht  zweifelhaft  sein,  dasz  dieses 
T^voc  ^uOfiiKÖv  einfach  eine  unterart  (die  dritte)  des  T^VOC  dvicov 
ist:  denn  wie  man  auch  sonst  den  doohmius  in  seine  (nicht  zwei 
balbtacte,  sondern)  tactteile  (den  schweren  und  den  leichten,  tragen- 
den und  getragenen)  zerlegen  mag,  immer  wird  man  auf  das  ver- 
hftltnis  5  :  3  kommen,  und  zwar  wol  am  richtigsten,  indem  man  die- 
sen eminent  lyrischen  rhythmus  musikalisch  betrachtet,  in  der  weise 
dasz  die  beiden  ersten  längen  (die  nach  HSdmudt  zuweilen  zusam- 
mengezogen werden)  mit  einer  kürze  den  schweren,  die  letzte  länge 

mit  einer  kürze  den  leichten  tactteil  bilden,  also  J^  \  J  J y^  ^>J^  I 
J  J  J^  J  ^  I*'  ▼on  dieser  in  besonderm  sinne  schiefen  teilnng  (da 

ein  achtzeitiger  tact  gar  nicht  ungerade  geteilt  zu  werden  braucht, 
sondern  die  gerade  teilung  in  4  +  4  viel  näher  und  bequemer  liegt) 
bat  der  dochmius  sicherlidi  seinen  namen  bekommen. 

Dieser  schiefe,  eminent  ungerade  rhythmus  hat  zwar,  wie  Christ 
§  482  ganz  recht  sagt,  etwas  unserm  modernen  geftlhl  widcorstreben- 
des ;  allein  unser  rhythmisches  gefühl  ist  auch  verh&ltnismäszig  wenig 
oder  doch  einseitig  ausgebildet,  wie  denn  unsere  lyrik  und  musik 
überhaupt  ziemlich  einseitig  in  ihren  formen  und  einförmig  in  ihrer 
gliederung  und  compositionsweise  ist  —  meist  die  yiertactige  — 
und  das  T^voc  f)|LiiöXiov  schon  so  gut  wie  gar  nicht  kennt  (V4  tact  zb. 
in  der  melodie  zu  'prinz  Eugenius  der  edle  ritter*).  es  ist  als  ob  wir 
uns  durch  den  unserm  mehr  subjectiven  wesen  entsprechenden  Tol- 
lem klang  und  die  reichere  tiefe  der  harmonie  und  polyphonie  schad- 
los hielten  ftlr  die  uns  fehlende  manigfaltigkeit  des  baus  der  rhyth- 
mischen formen ,  wie  sie  der  mehr  auf  das  plastische  und  bestimmte 
der  umrisse  gericht-ete  sinn  der  Griechen  auf  dem  gebiete  der  lyri- 
schen poesie  hervorgebracht  hat.  * 


'  dies  Verhältnis  wird  zwar  etwas,  aber  nicht  wesentlich  alteriert 
durch  zalassang  der  sjllaba  anceps  im  anftact  (und,  was  riel  seltener 
▼orkummt  —  meist  in  enddochmien  —  im  innem  des  verses,  wo  nicht 
überhaupt  die  annähme  des  dochmischen  rhythmus  zu  verwerfen  ist), 
so  wenig  als  der  iambische  rhythmus  durch  die  in  sede  impari  zuläs- 
sigen irrationalen  längen  aufgehoben  wird,  da  immerhin  doch  die  thesis 
kürzer  bleibt  als  die  arsis,  während  bei  dactylen  und  anapästen  durch 
zalaasung  von  irrationalen  längen  in  der  thesis  das  grundverhältnis  des 
rhjthmns  ganz  aufgehoben  würde,  noch  dazu  die  thesis  länger  würde 
als  die  arshi.  ^  und  ist  nicht  auf  dem  gebiete  der  maierei  und  archi- 
t'fctur  ein  ähnlicher  unterschied  wahrzunehmen? 


412  LDrewes:  zur  theorie  des  dochmius. 

Allein  trotzdem  hoffe  ich  begrifflich  nachweisen  zu  können,  wie 
denn  doch  selbst  dieser  dochmische  rhjthmns  von  den  Griechen  als 
schon  empfanden  werden  konnte ,  die  ja  fdr  masz  und  zahl  in  den 
grOszenyerhftltnissen  der  werke  sowol  der  plastischen  knnst  als  der 
sog.  redenden  kttnste  und  der  mnsik'  einen  viel  regem,  feinern  und 
empfänglichem  sinn  hatten  als  wir. 

Ihre  verschiedenen  rhjthmengeschlechter,  das  dochmische  ein- 
geschlossen, stehen  nemlich  in  einer  ganz  merkwürdigen  Verbindung 
des  Zahlenverhältnisses,  das  zwischen  dem  leichten  und  schweren 
tactteile  stattfindet,  das  einfachste  und  am  leichtesten  zu  empfindende 
Verhältnis  ist  jedenfalls  das  der  gegenüberstellung  und  Verbindung 
von  gleichem  und  gleichem,  dies  Verhältnis  weist  ehep.  das  T^voc 
Tcov  auf,  dh.  vorzugsweise  dactylus  und  anapäst,  und  es  kann  kaum 
zweifelhaft  sein,  dasz  in  diesen  rhythmen  die  ersten  anfange  der  grie- 
chischen poesie  gedichtet  sind,  hier  verhält  sich  thesis  (leichter  tact- 
teil)  zur  arsis  wie  1:1.  das  nächstliegende  ist  offenbar  die  Zusam- 
mensetzung eines  leichten  tactteiies  mit  einem  schweren  von  doppel- 
ter grösze ,  da  das  Verhältnis  des  halben  zum  ganzen  oder  des  ein- 
fachen zum  doppelten  sowol  vom  äuge  als  vom  ohr  am  leichtesten 
von  allen  ungeraden  Verhältnissen  wahrgenommen  und  geschätzt 
werden  kann,  in  diesem  Verhältnis  von  1  :  2  stehen  besonders  die 
teile  des  iambus  und  trochäus ,  gewis  der  nächstältesten  versfüsze 
nach  dactjlus  und  anapäst.  *  erst  später  kann  das  schon  schwerer 
mit  dem  gefdhl  zu  messende,  einer  erregten  Stimmung  entsprechende 
Verhältnis  2  :  3  (päon,  creticus)  in  anwendung  gekommen  sdn;  das 
letzte  aber  wird  das  Verhältnis  des  dochmius,  der  wol  erst  in  der 
dramatischen  Ijrik  zum  ausdruck  des  äuszersten,  dringendsten  affects 
entstanden  ist,  gewesen  sein,  nemlich  3  :  5. 

Nehmen  wir  nun  zu  den  genannten  zahlen  dieser  Verhältnisse 
noch  die  summe  des  schweren  und  leichten  tactteiies  hinzu  und  ver- 
gleichen femer  nicht  blosz  das  Verhältnis  des  leichtem  tactteiies 
zum  schwerem,  sondem  auch  —  was  für  beurteilung  alles  kunst- 
schönen, dessen  innere  Verhältnisse  sich  in  zahlen  ausdrücken  lasseui 
unerläszlich ,  aber  meines  wissens  in  der  metrik  noch  nie  geschehen 
ist  —  das  Verhältnis  des  schwerern  (gröszern)  teiles  zum 
ganzen,  so  bekommen  wir  folgende  zahlen,  die  ich  —  um  des  fol- 
genden willen  —  gleich  in  form  einer  gleich ung  schreibe: 

Y^VOC  Tcov  1:1  =  1:2 

t^voc  binXdciov  1  :  2  «=  2  :  3 
T^voc  fijLiiöXiov  2  :  3  «B  3  :  5 
T^voc  boxMi<XKÖv  3  :  6  -«  5  :  8 

^  ja  selbst  der  phjsiscben  and  moralischen  well;  wie  hllta  tonst 
wol  bei  ihnen  eine  pbilosophie  entstehen  können,  die  alles  aus  der  sahl 
erklären  wollte?  *  iambos  und  trochäus  sind  schon  in  emintaterm 
sinne  lyrische  versmasse  wegen  ihrer  grossem  leiohtigkeit  und  lebhaf- 
tigkeit,  als  die  feierlichem,  mehr  einer  gleiehmässig  gehobeMa  Stim- 
mung entsprechenden,  strengern  dactylen  und  marscnaaaplstea. 


LDrewes:  sar  iheorie  des  dochmins.  418 

man  sieht,  das  folgende  T^voc  schlieszt  sich  immer  in  d6r  weise  an 
das  vorhergehende  an,  dasz  der  grössere  teil  des  erstem  sum  kleinem 
teil  im  zweiten,  die  somme  der  teile  des  erstem  snm  grOssem  teil 
im  zweiten  wird,  dh.  es  ist  jedes  folgende  y^voc  ans  dem  vorher- 
gehenden dadurch  hervorgegangen,  dass  was  vorher  Verhältnis  des 
schwerem  tactteiles  zum  ganzen  fnsse  war,  nnn  verhfiltnis  des  leioh* 
tem  tactteiles  zum  schwerem  wird  —  ein  ganz  natnrgemftsier  fori- 
schritt:  denn  erst  das  an  er£ftssang  des  einfachem  voAftItniases  ge- 
wöhnte ohr  wird  beflüiigt  nun  das  nftdisthöhere  oder  schwerere  var* 
hftltnis  zu  empfinden.' 

Und  nun  kommt  noch  eine  ganz  merkwürdige  eigenschaft  gerade 
dieser  zahlen  hinzu,  von  der  ich  nicht  weisz  ob  sie  den  mathematikem 
bekannt  ist:  es  sind  nemlich  diese  zahlen  und  ihre  fortsetsnn- 
gen  (also  8  :  13.:  21 :  34  usw.  in  infinitnm)  die  einsigen  ganzen 
zahlen  unseres  Zahlensystems,  die  das  verhftltnis  des 
goldenen  Schnittes  mit  dem  gröstmöglichen  grade  der 
annftherung  ausdrücken,  nemlich  so  dasz  das  prodnct  der 
Suszem  glieder  (kleinerer  teil  mit  summe  multiplidert)  von  dem 
producte  der  innern  glieder  (grösserer  teil  mit  sich  selbst  mnltipli- 
ciert)  jedesmal  nur  um  1  abweicht,  und  zwar  ist  naturgemlss,  wenn 
vorher  der  gröszere  teil  etwas  zu  gross  war,  in  der  nfiehsten  reihe 
(wo  dieser  -—  in  der  hohem  Ordnung  —  der  kleinere  geworden  ist) 
derselbe  (also  der  neue  gröszere  teil)  etwas  zu  klein:  es  ist  nemlich, 
wenn  wir  zu  den  oben  angegebenen  vier  gleidhungen  oder  reihen 
noch  die  fünfte  der  anschaulichkeit  halber  hinzufügen :  5 : 8  «i-  8 :  13, 
das  product  der  äussern  glieder  imd  das  der  innern 

a)  2  und    1 ,  also  -|~  1 

b)  3  und    4,  also  —  1 

c)  10  und  9 ,  also  -f  1 
£2^24  und  25,  also  —  1 
e)  65  und  64 ,  also  +  1 

oder  aber,  wenn  man  jene  gleichungen  in  d6r  form  auflöst,  die  unserer 
fragstellung  am  nächsten  kommt,  nemlich  so  dasz  man  den  kleinem 
teil  mit  dem  gröszem  und  den  grossem  teil  mit  dem  ganzen  divi- 
diert und  die  so  gefundenen  bruchzahlen  mit  einander  vergleicht,  so 
ergibt  sich 

a)  \  =*  iy  differenz  -+-  ^ 

^)  I  ""At     »»       +  jit 
es  ist  evident  dasz ,  je  höher  man  in  den  reihen  steigt,  desto  grösser 
die  annäherung  an  die  genauen  Verhältnisse  des  goldenen  Schnittes 

^  to  sind  68  denn  zwei  stafen  der  rhythmischen  empfindangsfähig- 
keit,  um  welche  der  griechische  sinn  ans  yorsotgekommen  ist  (da  wir 
das  T^voc  i^^iöXtov  to  gut  wie  gar  nicht  haben). 


414  LDrewes:  zur  theorie  des  dochmius. 

wird  und  dasz  schon  die  Verhältnisse  des  dochmius  nur  um  -^  more 
Yon  dem  goldenen  schnitt  abweichen,  dh.  so  gut  wie  gar  nicht. 

Nun  aber  ist  es  eine  nicht  unbekannte  thatsache,  dasz  der  gol- 
dene schnitt  oder  diejenige  teilung  eines  ganzen,  wobei  sich  der  klei- 
nere teil  zum  gröszem  verhält  wie  der  gröszere  teil  zum  ganzen,  von 
dem  äuge  als  ein  schönes  Verhältnis  von  jeher  empfunden  worden  ist 
und  noch  empfunden  wird^;  wer  nun  den  grund  aller  Schönheits- 
empfindung auf  einen  innem  sinn  und  nicht  auf  blosze  sinneswahr- 
nehmung  (berührung  der  äuszern  sinne)  zurückführt,  wird  von  vom 
herein  keine  grosze  trennung  machen  wollen  zwischen  dem  schönen 
das  durch  das  äuge,  und  demjenigen  das  durch  das  ohr  wahrgenom- 
men wird,  vielmehr  wird  er  die  weitestgehenden  analogien  zuge- 
stehen, und  wie  er  annimt  dasz  es  wesentlich  dieselbe  kraft  des 
innem  sinnes  ist,  welche  das  schöne  beidemal  als  solches  empfin- 
det (also  wie  er  an  die  identität  des  subjectiven  momentes  der  Schön- 
heit glaubt) ,  SO  wird  er  auch  annehmen  dasz  es  beidemal  wesentlich 
dieselbe  eigenschaft  des  objectes  sein  müsse ,  die  den  Schönheitssinn 
des  subjectes  erregt  (er  wird  auch  an  die  identität  des  objectiven 
momentes  der  Schönheit  glauben),  es  ist  'das  holde  gleichmasz', 
welches  uns  anspricht  und  ohne  welches  uns  nichts  ab  schön  er- 
scheint ,  was  wir  durch  die  sinne  des  gesichts  und  gehörs  wahrneh- 
men oder  was  wir  uns  durch  die  phantasie  in  sinnlicher  weise  vor- 
stellen; wie  denn  ja  bekanntlich  auch  die  allereinfachste  Schönheit 
ein  zusammengesetztes  ist  und  der  reiz  der  Schönheit  zum  groszen 
teil  in  der  art  der  Zusammensetzung  liegt  (bei  der  sog.  formenschön- 
heit  jedenfalls  zum  grösten  teile,  wo  nicht  ausschlieszlich).  alles 
aber  was  wir  durch  die  genannten  sinne  wahrnehmen  hat  ausdeh- 
nung  und  ist  meszbar:  es  musz  deshalb  jedes  Verhältnis,  das  wir 
durch  äuge  oder  ohr  als  schön  empfinden,  sich  durch  zahlen  aus- 
drücken lassen,  und  da  wir  nicht  alle  formenverhältnisse ,  die  wir 
wahrnehmen,  schön  nennen,  so  können  es  auch  nur  einzelne  be- 
stimmte zahlengrappen  sein,  in  deren  Verhältnissen  zu  einander  dies 
geheimnis  der  Schönheit  liegt  (und  die  wichtigste  dieser  zahlengrap- 
pen ist  jedenfalls  die  oben  genannte),  das  aber  können  wir  mit  be- 
stimmtheit  voraussetzen,  dasz  die  griechische  nation,  welche  an 
Schönheitssinn  alle  andern  antiken  und  modernen  nationen  übertraf, 
keine  kunstform  geschaffen  hat,  die  sie  nicht  als  schön  empfan- 
den hätte,  und  so  ist  es  auch  unzweifelhaft,  dasz  die  Griechen  selbst 


^  Wittfttein  (in  einem  za  Hannover  gehaltenen  nnd  1877  gedniekten 
Vortrag  'über  den  goldenen  schnitt')  weist  nach,  dass  in  den  Verhält- 
nissen des  menschlichen  körpers  and  vieler  anderer  werke  der  nstnr 
und  kunst  der  goldene  schnitt  eine  kanm  geahnte  rolle  spielt,  ich  kann 
aus  meinem  botanischen  wissen  noch  das  beitpiel  anfQhren,  data  bei 
der  blattstellang  vieler  pflanzen,  nemlich  aller  derjenigen,  deren  blätter 
in  korkzieherwindungen  um  den  stamm  gehen,  auch  nor  die  lahlea  der 
oben  erwähnten  Zahlenreihe  vorkommen:  nemlich  die  lahl  der  blätter 
der  einzelnen  Windungen  beträgt  stets  entweder  8  oder  5  oder  8  oder 
13  usw. 


LDrewet:  zur  fheorie  det  dochmiot.  415 

dem  schmerze,  der  angst  und  andern  heftigen  (dh«  das  gleichman 
der  seele  stOrenden)  empfindongen  auf  dem  idealen  gebiete  der 
knnst  nur  einen  schOnen  ausdruck  der  form  haben  geben  m(5gea» 
einen  ausdruck  der  sich  immerhin  unterscheiden  mochte  von  dem* 
jenigen  der  sanftem,  auch  in  der  Wirklichkeit  sohOnen  empfindungen^ 
der  aber  nichtsdestoweniger  —  wenn  auch  naturgemäss  Terstedcier 
und  tiefer  —  den  Stempel  des  ewigen  schOnheitsgesetzes  tragen  mnste. 

Demnach  sehe  ich  in  dem  dochmius,  dem  rhjthmus  des  hOoh* 
sten  affects,  die  musikalische  yerkOrperung  des  goldenen  Schnittes» 
dessen  darstellung  auf  dem  gebiete  der  rhythmik  oder  musik  eine 
natürliche  erweiterung  des  t^voc  dvicov  ist  und  ebenso  herrorge- 
wachsen  ist  aus  dem  T^voc  fmiöXiov,  wie  dieses  aus  dem  t^voc 
bmXdciov  und  dieses  wieder  aus  dem  y^voc  Tcov.  eine  fernere  fort- 
setiung  über  den  dochmius  hinaus  (also  ein  tact  von  5  -f-  8  «i-  IS 
moren)  hStte  offenbar  kaum  noch  einen  wirklichen  tact  (versfusz) 
geben  können:  denn  es  würde  ja  doch  ein  yerhftltnis  von  solcher 
ffrOsze  schwerlich  überhaupt  von  einem  noch  so  musikalischen  sinne 
(das  ohr  ist  ein  weit  weniger  scharfer  sinn  als  das  äuge)  klar  empfun- 
den und  kaum  von  einer  noch  so  ausgibigen  stimme  durch  einen  ge- 
nügend starken  ictus  als  6in  tact  gesprochen  oder  gesungen  werden 
künnen:  und  dann  wäre  mit  einem  solchen  überlangen  tacte  durch- 
aus kein  neues  Y^voc  begründet,  sondern  nur  das  im  dodmiiua 
liegende  Verhältnis  des  goldenen  Schnittes  um  eine  gar  nicht  zu  be- 
merkende kleinigkeit  genauer  ausgedrückt,  dagegen  ist  der  doch- 
mius trotz  seines  zusammenhange  mit  dem  T^voc  fyiiöXiov  doch  eia 
ganz  neues  T^voc,  weil  im  dochmius  lediglich  das  Verhältnis  des 
goldenen  Schnittes  empfunden  werden  kann,  im  t^voc  f)jiiöXiov  aber 
das  Verhältnis  des  leichten  tactteils  zum  schweren  noch  beruht  auf 
den  schon  vorher  dagewesenen  einfachen  und  ins  äuge  und  ohr  leicht 
fallenden  verhältniesen  des  gleichen  und  des  doppelten  (oder  viel- 
mehr des  halben ,  was  ja  nur  der  begriff  des  doppelten  von  seiner 
kehrseite  ist),  nur  dasz  hier  dieses  beides  in  der  einfachsten  weise 
combiniert  ist :  denn  2  :  3  ist  gleich  2  :  2  -f~  }•  ^  ^^^^  anderseits 
schon  im  Y^voc  fmiöXiov  das  Verhältnis  des  schwerem  teils  zum 
ganzen  3  :  5  nicht  mehr  durch  einfache  anwendung  dieser  beiden 
begriffe  oder  manipulationen  (des  gleichmachens  und  halbierens  oder 
doppelns)  begriffen  oder  vorgestellt  werden  kann,  sondern  zwischen 
diesen  beiden  zahlen  schon  lediglich  das  Verhältnis  des  goldenen 
Schnittes  waltet,  so  wird  es  um  so  ersichtlicher,  welche  notwendige, 
vermittelnde  Stellung  dieses  Y^voc  fi|Lii6Xiov  zwischen  dem  so  ein- 
fachen T^voc  Tcov  und  bmXäciov  und  dem  ein  so  feines  gefühl  vor- 
aussetzenden T^voc  boxMlotKÖV  inne  hat:  die  erste  hälfte  der  glei- 
ch ung  2  :  3  B=s  3  :  5  steht  noch  ganz  auf  dem  boden  der  erstem  Ver- 
hältnisse, die  zweite  schon  ganz  auf  dem  boden  des  dochmischen 
Schnittes,  ich  glaube,  ohne  den  päon  oder  baccheus  gäbe  es  auch 
keinen  dochmius. 

Vielleicht  erklärt  sich  aus  dieser  theorie  des  dochmius  auch  der 


416  LDrewes:  znr  iheorie  dee  dochmius. 

umstand,  dasz  so  selten  die  kürze  im  innern  des  dochmius  mit  einer 
irrationalen  länge  vertauscht  wird,  während  dies  öfter  mit  der 
kürze  im  anfang  (bzw.  bei  musikalischer  auffassung ,  wenn  mehrere 
dochmien  auf  einander  folgen,  am  ende)  geschieht,  durch  ersteres 
wird  nemlich  das  Verhältnis  des  goldenen  Schnittes  nur  verdunkelt 
(noch  ungenauer),  durch  letzteres  nicht,    nach  unserer  auffassung 

J^|JJ^J,gP|JJJ^J,*f|  gehört  die  innere  kürze  zum  schwe- 
ren tactteile,  während  die  äuszere  kürze  entweder  den  auftact  bildet 
oder  zum  leichtem  tactteile  gehört:  nun  ist  aber,  wie  wir  oben  ge- 
sehen, der  schwerere  tactteil  im  dochmius  schon  an  sich  etwas  zu 
grosz  um  das  reine  Verhältnis  des  goldenen  Schnittes  zu  geben ;  es 
kann  daher  wol  der  etwas  zu  kleine  leichtere  tactteil,  nicht  aber  der 
gröszere  eine  gewisse  vergröszerung  erfahren,  geschähe  dies  letz- 
tere, so  näherte  sieh  das  Verhältnis  za  sehr  dem  von  6  :  3  oder  2 :  1 
an,  also  dem  y^voc  biTrXäciov  und  nicht  etwa  dem  im  Charakter  am 
nächsten  stehenden  y^voc  fijiiöXiov.  ich  bin  deshalb  geneigt  an- 
zunehmen, dasz  ab  weichungen  von  dieser  regel  wirkliche  unregel- 
mäszigkeiten  sind,  wie  zb.  ein  anapäst  im  iambischen  trimeter,  wo- 
für jedenfalls  die  Seltenheit  desselben  spricht  —  oder  aber,  dasz 
noch  die  weitaus  meisten  dieser  an  sich  seltenen  f&lle  gar  nicht  zu 
den  dochmien  zu  zählen,  sondern  als  andere  rhythmische  conibina- 
tionen  aufzufassen  sind,  dies  letztere  wird  auch  da,  wo  dieselben 
mit  andern,  unzweifelhaften  dochmien  verbunden  sind,  oft  genug 
ohne  bedenken  angenommen  werden  können ,  da  es  ja  bekannt  ist, 
wie  oft  sich  dochmien  mit  andern  rhy  thmen  (choreischen,  kretischen, 
choriambischen  usw.)  verbinden;  unmöglich  würde  es  nur  sein,  wo 
ein  unzweifelhafter  dochmius  in  responsion  stände  —  das  dürften 
aber  selbst  bei  dem  im  versbau  so  nachlässigen  £uripides  nur  wirk- 
liche Seltenheiten  sein,  dagegen  liegt  es  in  der  natur  der  sache,  dasz 
der  heftigste  affect,  zu  dessen  ausdruck  der  dochmius  dient,  nicht 
lange  in  gleichmäsziger  höhe  verharren  kann ,  femer  dasz  die  äusze- 
rungen  desselben  etwas  ruck-  oder  stoszweises  an  sich  haben ,  und 
schlieszlich  dasz  diese  erregteste  Stimmung  nicht  plötzlich  der  ge- 
wöhnlichen Seelenverfassung  platz  machen  kann,  hieraus  aber  er- 
gibt sich  von  selbst  der  grund ,  weshalb  wir  so  häufig  mitten  zwi- 
schen dochmien  sowie  am  ende  derselben  andere  rhjthmen  einge- 
schoben resp.  angehängt  finden,  welche  gleichsam  <Ue  ruhepansen 
zwischen  den  schlagen  eines  gewitters  oder  deren  dumpfes  nach- 
grollen bezeichnen. 

Helmstedt.  Ludwig  Dbewss. 


CSchifer:  die  priTatcaltgeooBieiiscluiften  im  Peinueu.       417 

57. 

DIE  PEIVATCULTGEN0SSEN8CHAPTEN  IM  PEIEAIEU8. 


Das  genossenschaftswesen  hat,  wie  hinreichend  bekannt  ist,  im 
Oriechenland  und  speciell  in  Attika  immer  in  hoher  blllte  gestanden 
nnbekfimmert  um  die  jeweilige  läge  des  Staates,  and  ist  zu  einem 
recht  achtbaren  grade  von  YoUkommenheit  im  einzelnen  dorohgebil- 
det  worden,  die  staatliche  Organisation  des  attischen  demos  gab  dazu 
die  stärkste  anregung  und  das  beste  Yorbild.  die  demokratischen 
grandsätze  der  athenischen  Staatsverfassung  spiegeln  sich  demge- 
mftsz  in  den  Statuten  der  vereine  wieder  und  sind  bestimmend  fttr 
die  abgrenzung  der  competenzen  sowol  der  mitglieder  in  ihrer  ge- 
samtheit  als  auch  der  beamten  die  mit  der  leitung  der  geschlfte  be- 
traut sind,  aber  darauf  hat  sich  die  ein  Wirkung  nicht  beschrSnkt 
nichts  hftlt  centrifugale  demente  besser  zusammen  und  gibt  einer 
Vereinigung  solidere  grundlagen  als  gemeinsamer  cultus  und  gemein- 
same festfeier.  der  Staat  hatte  in  wolverstandenem  interesse  nach 
dem  muster  des  gemeinschaftlichen  hausgottesdienstes,  der  s&mt- 
liche  mitglieder  der  familie  verband ,  gern  das  sacrale  dement  zum 
kern  und  mittelpunct  der  civilen  einrichtungen  werden  lassen:  jeder 
demos,  jede  phjle,  jeder  sich  als  einheit  fühlende  landesdistrict  (wie 
die  Tetrapolis,  die  Mesogaia,  die  Tetrakomoi)  hatte  seinen  gemein» 
schaftlichen  gottesdienst,  welcher  der  betreffenden  Schutzgottheit 
galt,  und  feierte  im  anschlusz  daran  seine  feste;  ja  auch  der  gesamt- 
demos  der  Athener  entbehrte  derartiger  concentrationsmittel  keines- 
wegs, wie  die  Panathenaia  es  zur  genQge  darthun.  diesen  wink,  den 
die  Staatsverfassung  gab,  lieszen  die  privatgenossenschaften  wolweis- 
lich  nicht  unbenutzt,  die  religiöse  weihe,  die  der  verein  dadurch  er- 
hielt, dasz  er  sich  in  den  schütz  einer  gottheit  begab  —  welcher,  das 
wird  jedesmal  von  den  persönlichen  neigungen  des  Stifters  oder  der 
Stifter  abhängig  gewesen  sein  —  und  ihren  cultus  zum  mittelpuncte 
der  eignen  Wirksamkeit  ^machte,  zog  ein  innigeres,  strafferes  band 
um  die  zugehörigen  mitglieder  und  diente  ganz  vorzugsweise  zur 
aufrechterhaltung  einer  festen ,  geschlossenen  einheit.  mochten  also 
die  gesellschaften  einen  zweck  haben  welchen  sie  wollten,  nie  fehlte 
ihnen  das  sacrale  dement,  das  patronat  eines  gottes  und  dessen  Ver- 
ehrung, es  ii^t  darum  nicht  statthaft,  wie  Poucart  ^des  assodations 
religieuses  cbez  les  Grecs'  s.  2  es  versucht  hat,  die  vereine  der  fpovot 
streng  in  religiöse  und  civile  genossenschaften  zu  schdden.  ebenso 
wenig  ist  ohne  weiteres  eine  anderweitige  thätigkeit  fVüc  die  diocot 
benannten  vereine  dadurch  ausgeschlossen,  dasz  sie,  nach  den  uns 
vorliegenden  Urkunden  zu  urteilen,  vorzugsweise  religiösen  ten- 
denzen  zu  huldigen  scheinen,  die  entstehung  dieser  beiden  arten 
von  genossenschaften  haben  wir  deshdb  auch  nicht  aus  dem  bestre- 
ben herzuleiten,  fremde  culte  in  Attika  heimisch  zu  machen,  und 
ihre  Stifter  brauchen  somit  auch  nicht  von  vom  herein  fremdlinder 

Jahrbücher  fUr  clMt.  philol.  1880  hft.  6.  28 


418        CScbäfer:  die  privatcultgenossenscbaften  im  Peiraieos. 

gewesen  zu  sein,  finden  wir  in  der  that  eine  auswärtige  gottbeit  als 
gegenständ  ihrer  yerehrung,  so  ist  das  lediglich  einer  spfttem  epoohe 
zuzuschreiben,  wo  asiatische  und  ägyptische  culte  sieb  in  Attika  be- 
reits das  bürgerrecbt  erworben  hatten  dank  der  allmählich  einreiszen- 
den  Zersetzung  des  eignen  glaubens  und  dem  damit  eng  verbundenen 
sjnkretistiscben  zug,  der  die  gemttter  seit  anfang  des  vierten  jh.  zu 
beberschen  begann,  an  und  für  sich  begründet  dem  entsprechend 
der  verschiedene  Charakter  des  cultus  keinen  specifischen  unterschied 
der  Oiacoi :  wir  können  von  vom  herein  annehmen ,  dasz  ausländer, 
wenn  sie  sich  nach  dem  vorbild  attischer  vereine  zu  einer  genossen- 
Schaft  zusammenfanden,  ihre  Schutzgottheit,  unter  deren  panier  sie 
ihren  bund  begründeten ,  aas  ihren  angestammten  göttern  auswähl- 
ten, kein  wunder  also,  wenn  leute  aus  Eleinasien  die  liT\Tr\p  tüjv 
Ocuiv  mitbrachten,  während  Syrer  die  ihnen  geläufige  gottbeit  Aphro- 
dite Urania  zu  verehren  fortfuhren  und  die  Aegypter  ihren  band 
unter  den  auspicien  der  Isis  stifteten,  dasz  in  diesem  gottesdienste 
der  schwerpunct  ihrer  Vereinigungen  gelegen  habe,  ist  nicht  wol  an- 
zunehmen, noch  weniger  zu  beweisen,  ist  es  doch  zu  natürlich,  dass 
landsleute  in  der  fremde  sieb  eng  aneinander  anscblieszen  zu  gegen- 
seitiger hilfäleistung  und  förderung;  selbstverständlich  nehmen  ge- 
meinsame festlichkeiten  dabei  nicht  die  letzte  stelle  ein,  und  die  erste 
sorge  war ,  wie  es  auch  heutzutage  noch  nicht  anders  ist,  den  cultus 
nach  hergebrachtem  eignem  ritus  einrichten  zu  können,  zu  dem  behnf 
erbaten  sie  sich  vom  Staate  die  erlaubnis  einen  eignen  tempel  begrün- 
den zu  dürfen ,  um  darin  nach  ihrem  ritus  zu  opfern  und  ihre  heili- 
gen tage  in  ihrer  art  festlich  zu  begehen,  anfangs  werden  sich  die 
mitglieder  naturgemäsz  aus  ausländem  recrutiert  haben ;  doch  war 
sicherlich  die  beteiligung  attischer  Staatsbürger  principiell  nicht  ab- 
gelehnt, der  metöke,  der  dauernd  seinen  aufenthalt  in  Attika  ge- 
nommen hatte,  lud  vielleicht  seinen  prostates  zu  den  festlichkeiten 
ein ,  und  der  vorübergehend  in  Athen  weilende  kaufmann  bradite 
seinen  geschäftsfreund,  seinen  proxenos  zur  feier  mit.  es  mnste  jeden- 
falls in  dem  interesse  solcher  Oiacoi  liegen,  auch  einheimische  für  ihren 
cult  zu  gewinnen ,  und  die  in  Athen  herschende  Strömung  kam  dem 
sehr  entgegen,  in  der  that  sehen  wir  diese  vereine  denn  auch  dafür 
Propaganda  machen ,  wenigstens  wird  eine  darauf  abzielende  thätig- 
keit  bei  einem  ihrer  secretäre  mit  unter  die  motive  für  seine  bekrin- 
zung  aufgenommen:  dq)p6vTiC€V  bi  Kai  touc  bimoTiKOUC  fiCT^x^iv 
tOjv  beboji^vuiv  U1TÖ  tuüv  öpT€U)VU)V  (aus  der  unten  folgenden  in- 
schrift).  eine  gleiche  absieht  spricht  sich  CIA.  II  610  ans  in  den 
Worten  öttuk  b'  &v  übe  nXeiCTOi  t&civ  öpTCiIivec  toG  UpoO,  ^ivoi 
vSj)  ßouXofi^vu)  elccv^TKOVTi .  .  bpaxpäc  fiereivai  aönp  toO  tepoO, 
wobei  sich  die  orgeonen  freilich  eine  prüfiing  der  persönlichkeii  vor- 
behalten, da  die  inschriften  allmählich  eine  ganze  aniahl  von  atti- 
schen namen  aufweisen,  so  musz  die  beteiligung  von  Seiten  der  Athe> 
ner  auch  bald  eine  recht  rege  geworden  sein,  es  genügten  ihnen  eben 
die  eignen  götter  nicht  mehr,  und  die  eigentümliche,  ezoentrisohe 


Cßchttfer:  die  priTatcultgesoMentchaften  im  Peiraieoi.        419 

festfeier  der  fremden  calte  wnste  den  sinn  gefangen  zu  nehmen, 
gleich wol  fehlt  es  anch  nicht  an  Tereinignngen,  die  den  einheimi- 
schen göttem  tren  blieben,  wie  die  thiasoi  des  Hermes,  Apollon| 
der  Athene  Ergane  nsw. 

Durch  die  hinznfttgnng  des  gOttemamens  suchen  sich  die  thia- 
soten  von  einander  zu  unterscheiden :  denn  an  und  ftlr  sich  ist  der  ans- 
druck  Oiacoc  sehr  aUgemein  und  weit  (ygl.  Harpokration  u.  Giococ. 
Athen.  VIII  64).  es  wSre  nun  sicher  verkehrt  zu  meinen  dasz,  weil 
alle  solche  Vereinigungen  mit  diesem  umfassenden  namen  bezeichnet 
werden,  dieselben  unter  einander  in  nftherer  beziehung  gestanden 
haben  müsten ;  man  ist  darum  auch  nicht  ohne  weiteres  berechtigt 
einrichtungen ,  die  sich  bei  6inem  thiasos  finden,  sofort  auf  einen 
andern  zu  Übertragen ,  wie  es  bisher  Ton  den  meisten  geschehen  ist. 
die  ähnlichkeit  in  der  Organisation,  welche  in  dem  gemeinsamen 
Vorbild  ihre  erklftrung  findet,  das  alle  privatgrflndungen  in  gleicher 
weise  copiert  haben,  gestattet  durchaus  keinen  schlusz  auf  ähnliche 
tendenzen  zweier  verschiedener  gesellsöhaften.  Tor  allem  hat  man, 
da  der  hinzugefttgte  differenzierungszusats  unbeachtet  geblieben  ist, 
die  thiasoten  sämtlich  zusammengeworfen  und  sie  dann  ohne  beden- 
ken mit  den  in  den  inschriften  vorkommenden  öpT€(&V€C  vermischt 
es  ist  allerdings  zuzugeben,  dasz  auch  diese  eine  Vereinigung  in  d^r 
weise  ausmachten,  wie  wir  es  von  den  thiasoten  kennen  gelernt 
haben,  abgesehen  vielleicht  nur  davon  dasz  bei  ihnen  der  religiöse 
Charakter  mehr  prävalierte ;  aber  man  hat  ganz  fibersehen  dasz  den 
namen  der  dpT€aiV€C  nur  der  6ine  thiasos  trug,  der  im  Peiraieus  die 
^iVnip  Tuiv  Oeüüv  verehrte;  es  ist  also  eine  species  der  gattung  Oiacoc 
und  steht  parallel  dem  ausdruck  o\  Omcorrai  rf^c  *Aq)pobTTTic  ua. 
natürlich  sind  diese  orgeonen  vollständig  zu  sdieiden  von  jenen 
gleichnamigen  orgeonen,  von  denen  es  bei  Photios  (s.  344,  7)  u. 
dpT€üJV€c  heiszt:  TT€pi  bi  tujv  öpT€i6vujv  T^Tpa<P€V  Kai  0iXöxopoc* 
Touc  hl  (ppdropac  dirdvornccc  b^x^cOai  xal  touc  dpTCiIivac  xal  touc 
ö^OToXaKTac,  oOc  t^wiiTäc  KaXoGfiev.  auf  diese  bezieht  sich  die 
angeblich  aus  den  gesetzen  Solons  stammende  stelle  in  den  Digesta 
(XLVn  22)  und  nicht,  wie  Foucart  ao.  s.  48  anzunehmen  scheint, 
auf  die  spätem,  ebenso  irrtümlich  stellt  er  mit  den  orgeonen  der 
Ky bele  die  'orgeonen  des  Asklepios'  in  parallele  (s.  4  u.  86) ,  die  in 
einer  Inschrift  vorkommen  (Le  Bas  Attique  n.  122) : 
o\  dpT€iuv€c  Tiip  'AocXiimiD  dv^Occav 
TTpocTrdXTioi  (es  folgen  14  namen^. 
auf  den  ersten  blick  wird  jedem  klar  sein  dasz  wir  es  hier  nicht  mit 
orgeonen  *des  Asklepios',  sondern  mit  den  orgeonen  zu  thun 
haben,  die  auch  bei  Isaios  II 14  erwähnt  werden  und  deren  Stellung 
und  bedeutung  im  attischen  Staatsrecht  leider  noch  immer  nicht 
feststeht. 

Sehen  wir,  wie  es  erforderlich  ist,  bei  unserer  vorliegenden 
Untersuchung  von  diesen  orgeonen  ab ,  so  bleiben  uns  die  orgeonen 
im  Peiraieus  allein  übrig,  die  sich  nicht,  wie  Foucart  will,  als  ^les 

28* 


420        C8ch&fer:  die  priyatcultgenossenBchaften  im  Peiraieat. 

orgeons  de  la  Mdre  des  Dieux'  bezeichnen,  sondern  olme  jeden  zn- 
satz  ol  öpT€U»V€C.  nur  in  einer  inschrift  (CIA.  IE  610)  werden  sie 
niher  bestimmt,  als  o\  dpT€uiV€C  oic  fi^TCcnv  toö  kpoO:  es  ist  diese 
genaue  ausdrucksweise  aber  hinlänglich  motiviert  dorch  den  Cha- 
rakter dieser  inschrift,  die  statutenmäszige  bestimmongen  gibt  und 
darum  peinlichste  genauigkeit  erforderte,  diesen  orgeonen  iJlein  ge- 
hörte also  das  heiligtum  der  groszen  gSttermutter,  ihnen  allein  war 
es  gestattet  unentgeltlich  in  diesem  tempel  zu  opfern,  während  jeder, 
der  nicht  zu  ihrem  bunde  gehOrte  (ibiuiTiic  wird  ein  solcher  genannt), 
zwar  die  erlaubnis  erhielt  sein  Opfer  darzubringen,  aber  nur  gegen 
erlegung  gewisser  gebühren  (CIA.  IE  610).  nur  so  weit  kOnnen  die 
etwaigen  beziehungen  gehen ,  welche  Foucart  zwischen  dem  tempel 
der  orgeonen  und  mehreren  Oiacoi  im  Peiraieus  constatiert  sehen 
will  (s.  5).  aus  dem  gemeinschaftlichen  fundort  der  Urkunden,  nem- 
lieh  an  der  angenommenen  stelle  des  alten  Metroon  im  Peiraiens, 
schlieszt  Foucart  (vgl.  s.  85  if.  99  ff.  und  die  anm.  zu  inschr.  11), 
dasz  die  orgeonen  und  die  thiasoten  der  'Aq)pobiTr)  Oupavia  oder 
Cupia  denselben  tempel  benutzt  hätten,  indem  er  als  erklärung  die- 
ses seltsamen  umstandes  hinzufügt,  dasz  beide  benennnngen  nur 
verschiedene  bezeichnungen  derselben  gottheit  wären  (s.  98  *comme 
une  mOme  divinite,  adoree  sous  des  noms  difförents  par  les  Phrjgiens 
et  par  les  Syriens'),  er  führt  femer  eine  weihinschrift  an,  in  der 
die  gottheit  MrJTiip  OeuüV  eüävTTi  iarpivii  'Aippobini  ^<^  genannt 
findet,  und  endlich  wird  in  einigen  decreten  der  orgeonen  von  einer 
mehrzahl  von  göttinnen  gesprochen  (a\  Oeai),  während  in  andern 
und  zwar  in  den  meisten  nur  von  6iner  göttin  (f|  Ocöc)  die  rede  ist. 
Foucart  folgert  daraus,  dasz  die  orgeonen  ihre  gottheit  bald  wie  ^e 
göttin  bald  vervielfältigt  angeschaut  hätten,  wie  das  mOglich  war, 
verstehe  ich  nicht  recht;  auch  hebt  diese  erklärung  die  vorher  ver- 
suchte völlig  auf:  wenn  jede  gesellschaft  unter  der  6inen  gottheit 
ihre  eigne  göttin  sah ,  so  kann  doch  an  eine  mehrheit  für  diese  oder 
jene  nicht  gedacht  werden,  jedoch  schon  die  form  T&c  6c  de  (CIA. 
n  622)  zeigt  dasz  die  inschrift  uns  in  sehr  späte  zeiten  führt,  indem 
in  den  altem  Urkunden  durchgehends  f)  6€6c  gebraucht  ist.  der 
pluralis  erklärt  sich,  wie  an  andern  stellen  die  eäc^ßeia  npdc  TOUC 
Oeouc,  in  allgemeinem  sinne,  auch  die  zahlreichen  anathemata,  die 
die  Ejbele  in  der  bekannten  weise  darstellen  auf  einem  throne  sitiend, 
in  gegürtetem  chiton  und  mantel,  auf  dem  haupte  den  modios,  die 
linke  auf  das  tjmpanon  legend  und  in  der  gesenkten  rechten  eine 
schale  haltend ,  begleitet  von  einem  löwen ,  der  entweder  auf  ihrem 
schosze  liegt  oder  rechts  resp.  links  neben  ihr  am  boden  —  alle  diese 
zahlreichen  votivreliefs  (vgl.  Stephani  'der  ausruhende  Herakles' 
s.  65  ff. ,  Kekul6  'die  antiken  bildwerke  im  Theseion',  HeTdemaan 
Mie  antiken  marmorbildwerke  zu  Athen')  stellen  die  göttin  allein 
dar,  was  doch  höchst  auffallend  wäre,  wenn  sie  die  Verehrung  mit 
einer  gesellschafterin  hätte  teilen  müssen;  nur  ein  relief  ans  sehr 
später  zeit  bietet  neben  ihr  in  einer  nachbamische  noch  die  Demeter 


CScbAfer:  die  priyatcnltgeiiOMenBcbalteii  mi  Pemieiifl.        421 

(Stephani  ao.  n.  12),  ebenso  wie  die  beiden  in  Attika  geftmdeneii 
tanrobolienaltftre,  von  denen  der  eine  ans  dem  jähre  887  nach  Ch. 
stammt  (vgl.  Hejdemann  ao.  n.  379  u.  380).*  so  späte  sengBiMe 
können  jedoch  für  die  zeit,  anf  die  «s  uns  hier  besonders  ankommt, 
nicht  in  betracht  kommen ;  ebenso  wenig  hat  die  vorhin  angefttbrto 
weihinschrift  oder  die  im  *A6i^vaiov  V  s.  427  veröffentlichte  inschrift 
für  uns  beweiskraft.  auch  der  gemeinschaftliche  fondort  ist  ohne 
bedeutung  für  die  entscheidung  der  frage,  man  denke  zb.  an  alles 
was  im  Asklepieion  am  südabhange  der  akropolis  von  Athen  snsam- 
men  gefunden  worden  ist :  votive  an  Herakles,  Pan  nnd  die  n jmphen» 
ja  selbst  auch  dort  swei  Ejbele-anathemata  (vgl.  FvDahn  in  der 
arch.  ztg.  1877  s.  158  ff.),  in  gleicher  weise  ist  anch  im  Peiraieas 
an  derselben  stelle  ganz  verschiedenartiges  zusammen  aufgedeckt 
worden  (s.  Hejdemann  n.  733 — 738) :  ein  Dionjsoskopf ,  ein  Satjr» 
köpfchen,  ein  votiv  an  Zeus  Philios,  an  Pan  und  die  nymphen,  ein 
pachtcontract,  der  nach  Kirchhoff  (Hermes  U  s.  169  ff.)  im  heilig* 
tum  der  Artemis  aufgestellt  war;  ja  es  fehlt  anch  hier  das  Kjbele- 
relief  nicht,  wir  würden  auch  hier  das  ganze  in  das  temenos  der 
Artemis  zu  bringen  haben,  ohne  doch  daraus  schliessen  zu  dttrfen, 
es  sei  Ejbele  mit  Artemis  zusammen  in  deren  tempel  verehrt  wor- 
den, allein  es  kOnnte  scheinen,  als  ob  trotz  alledem  die  von  Fouoart 
unter  n.  23  aufgeführte  inschrift  seine  ansieht  bestätigte;  er  meint 
nemlich  s.  87 ,  es  wäre  in  derselben  z.  31  f.  von  einem  priester  der 
thiasoten  die  rede,  der  die  sorge  habe  ftlr  den  tempel  'qui  est  appel6 
«le  sanctuaire  de  la  Mdre  des  Dieux  et  des  thiasotes».'  allein  diese 
Übersetzung  ist  ungenau ,  da  im  texte  zu  lesen  steht  £mM€fi^Xv)Tat 
Tou  T€  UpoO  Ti^c  ^TiTpöc  TUiV  Ocuiv  Kttl  TUlV  OiacuiTuiv.  der  letz- 
tere genetiv  ist  demnach  nicht  von  UpoG  abhängig,  sondern  mit  toO 
UpoO  coordiniert  von  dTTi^CfiAiiTai  bedingt:  das  beweist  die  Stel- 
lung des  wörtcbens  T^.  zudem  läszt  sich  äuszerst  schwer  begreifen, 
was  die  thiasoten  der  Aphrodite  Sjria  veranlaszt  haben  soUte  von 
den  orgeonen  sich  die  erlaubnis  zu  erbitten  das  Metroon  mitbenutzen 
zu  dürfen,  sie  hatten  ja  ihr  eignes  haus ,  nachdem  ihnen  auf  ihr  ge- 
sucb  der  bau  vom  athenischen  volke  gestattet  worden  war ,  schon 
seit  dem  j.  333  (CIA.  II  168).  was  Foucart  also  zur  begrttndung 
seiner  annähme  s.  87  anm.  bemerkt,  ist  nicht  zutreffend;  nicht  wahr- 
scheinlicher ist  die  andere  erklärung,  dasz  jener  bau  vielleicht  aus 
geldmangel  unterblieben  sei.  es  soll  damit  keineswegs  geleugnet 
werden ,  dasz  berührungen  zwischen  beiden  genossenschaften  statt- 
gefunden haben :  denn  wurde  auch  von  einer  gesellschaft  eine  gott- 
heit  und  zwar  die  schutzgottbeit  ganz  besonders  und  vor  allen  ver- 
ehrt, so  wurden  die  mitglieder  damit  noch  immer  nicht  monotheisten, 
ihre  opf er  Ordnungen  verlangten  auch  zu  bestimmten  seiten  ein  opfer 

*  man  wird  mir  sicher  nicht  die  beiden  reliefs  entgegenhalten,  welche 
aiM  Nikaia  stammen  and  jetzt  im  Patissiamuieam  in  Athen  sieh  befin« 
Hen  (bei  Hejdemann  ao.  n.  806  nnd  806),  da  dieselben  mit  den  orgeonen 
im  Peiraieni  nichts  in  than  haben. 


422        CSchäfer:  die  privatcultgenossenBchaften  im  Peiraieu8> 

für  irgend  einen  andern  gott  (zb.  CIA.  II  621  kqi  q)iX0TijLi0Ufi€VOC 
xdc  T€  Ouciac  toic  Ocoic  OuccOai  rdc  KoOriKOucac,  oder  in  der  unten 
folgenden  inschrift:  kolX  rdc  Ouciac  £6uc€  toTc  Ocoic,  Sc  TrdTpiov  fjv 
aÜTOic  (sc.  TOic  Oiacuiraic:  vgl.  auch  CIA.  II 616,  Reiche  Uponoiol 
Tijj  Ali  TU)  CuiTTipi  Kai  Tuj  "HpaicXei  Kai  toTc  CuiTi^pci  bei  einem  £pa- 
voc  uns  vorführt),  und  so ,  aber  auch  nur  so  ist  die  form  von  CIA. 
n  627  erklärlich,  die  priesterin  der  Aphrodite  Sjria  hat  im  auftrag 
der  orgeonen  opfer  dargebracht,  vor  allem  natürlich  der  eignen  gott- 
heit,  die  resultate  des  Opfers  sind  für  die  auffcraggeber  günstig  aus- 
gefallen ,  die  priesterin  erstattet  darüber  bericht  und  die  orgeonen 
zeigen  sich  durch  einen  ehrenden  beschlusz  erkenntlich,  dies  moti- 
viert auch  das  sonst  in  den  erhaltenen  beschlüssen  der  orgeonen 
nicht  vorkommende  datum  CKipoq)OpiuiVOC  dxopqt  Kupicji.  denn  wenn 
ihre  versamlungen  nach  CIA.  11  610  auch  in  jedem  monat  am  zwei- 
ten stattfinden  (dtopdv  Kai  SuXXoTov  noeTv  touc  dirificXirrdc  xal 

TOUC  WpOTTOlOUC  i\  TUJ  UpiU  TTCpl  TÄV  KOlVIÖV  T^  bCUT^pCjl  ICTOjülCVOU 

ToO  ^iivöc  dKdcTOu),  SO  war,  wie  es  wenigstens  den  anschein  hat,  die 
erste  versamlung  nach  dem  hauptfest,  den  Attideia,  die  im  frühjahr 
gefeiert  wurden,  im  monat  Munichion  die  wichtigste,  wenigstens  für 
cultusgegenstände  (vgl.  damit  die  versamlung  des  athenischen  volks 
nach  den  groszen  Dionjsien).  diese  beziehungen  der  orgeonen  und 
der  thiasoten  waren  aber  nicht  einseitig,  wie  wir  eben  die  orgeonen 
sich  an  die  priesterin  der  thiasoten  haben  wenden  sehen,  so  hat  der 
i€p€Üc  der  letztem,  der  nur  einen  monat  lang  im  amt  erscheint  (vgl. 
Köhler  zu  CIA.  II  614),  berührungspuncte  mit  der  jLirJTiip  ^djv  6€arv 
(CIA.  n  614).  wie  weit  diese  beziehungen  sich  erstreckt  haben  und 
wodurch  sie  hervorgerufen  waren,  Iftszt  sich  nicht  erkennen,  ist  auch 
von  untergeordneter  bedeutung. 

üeber  die  Organisation  der  orgeonen  und  der  thiasoi  hat  Fou- 
cart  im  ersten  teile  des  angeführten  buches  erschöpfend  gehandelt 
auf  grund  der  erhaltenen  inschriftlichen  Urkunden,  von  den  orgeonen 
im  Peiraieus  rühren  her  CIA.  n  610.  618.  619.  621.  622.  623.  624. 
627,  zu  denen  jetzt  noch  eine  vor  kurzer  zeit  im  Peiraieus  gefundene 
inschrift  hinzugefügt  werden  kann,  sie  ist  in  der  athenischen  zeitnng 
Palingenesia  vom  18  September  1879  zuerst  veröffentlicht;  da  sie 
aber  damit  noch  nicht  allgemein  zugänglich  geworden  ist  und  sie 
anderseits  unsere  kenntnis  von  der  orgeonengenossenschaft  in  eini- 
gen Zügen  zu  vervollständigen  geeignet  ist ,  so  lasse  ich  nach  einer 
von  mir  genommenen  abschrift  den  text  folgen,  die  stele  ist  0,83 " 
hoch ,  0,39  breit  und  0,8  dick,  die  buchstaben  entsprechen  in  ihrer 
form  der  zeit  aus  der  die  inschrift  stammt,  dem  zweiten  vorohrist- 
lichen  jh.,  und  sind  ziemlich  nachlässig  eingegraben,  die  seilen  find 
verschieden  lang;  man  hat  den  grund  dafür  in  dem  bestreben  sn 
suchen,  die  werte  am  schlusz  der  zeile  nur  nach  vollendeter  silbe  sa 
brechen ,  wobei  des  bekannte  gesetz  waltet,  auf  die  folgende  seile  so 
viel  consonanten  hinüberzunehmen ,  als  ein  wort  beginnen  können. 
dasz  dies  beabsichtigt  war,  lehrt  eine  vergleichung  der  übrigen  deorete 


CSchftfer:  die  priyatcultgenosBeaachalten  im  Painieot.        423 

derselben  orgeonen  (CIA.  11  619.  621.  622.  624.  627).  decrete  an- 
derer  genoBsenschaften  aus  derselben  zeit  haben  diese  eigentCLmlidi- 
keit  nicht  (vgl.  613.  615.  616). 

'AtaOcT  TUX61,  in\  Cuiv(kou  fipxovTOC,  Mouvi 
Xiuivoc  dxopäi  Kupiai,  'OviicUpiroc  AiokX^ 
ouc  TT€ipai€uc  cIttcv*  iireibf)  Xaip^ac  cövouc  £iv 
biOTcXei  £v  iravrl  Kaipuji  toIc  öpTCujciv,  Kora 
t  cTaOclc  bk  KoX  TP€tMM<^T€uc  dir*  aördiv  dirö 
6€oS^vou  dpxovToc  oö6iv  ivX^Xoiirev  cpiXo 
Ti^(ac       cuvauEuiv       t€       btarcT^XcKCV      toic      op 

T€(£lClV     Tf|V     cuvobov,      TTCCppÖVriKCV     bk     KüX     6€pa 

Trrjac    toC    UpoG    irXeovdKic,     oök    diroXAiirrai    bk 

10  ovbky      imb6c€\      oöbeiniqt,      ciofjvcvKCV      bk      icai 

4iiiq)(cfiaTa     iixX     tuji*  cuvq)^povTi,     Tva     cuvcTaX<& 

ci    al    X(av    dicaipoi    bairdvai,    icppövncev    bk  xaX 

Touc     bimoTiKOvlc     fiCT^x^^v     Ti&v     bcboji^vuiv     ihrö 

Tuiv   dpT€i6vu)v   (piXavOpunruiv ,    biorrer^cicev   bk  xal 

16  cuvXeiTOupTUfv    £v    toic    dTCpMoTc    icai   raTc    crpidce 

civ   rate   icpt^aic,    iTpo€uxpJ)cniK€V   bk  xod  btdqpopov 

nXcovdKic   droKOV    dirobiuuoOvTOc  toO  TO^iou,    dircrf 

T^XXerai   bk   xal   elc   töv  Xomöv  xP<^vov  cuvq>povTt 

cTv,  €lc  ö  fiv  aÖTÖv  TrapaKaXi&civ  oi  dpTCi&vcc'  fva  oOv 

20  dqxifiiXXov  f\  ToTc  del  q)iXoTtjLiouM^votc,  clbörec  (so)  6 

Ti     x<Sip^T<xc    d^{ac    KOfiioOVTai    div    &v    €Ö€pT€'nficui 

civ    —    dyaOei   tux€i  beböxOai  toTc  öpTcdictv,    iirai 

v^cai    Xaip^av    Atovuciou    'AOfiov^a    Kai    crecpovdt» 

cai     auTÖv    OaXXou    CTCcpdvuii    dp€Ti)c    £v€K€v    Kai 

26  €uc€ßr|ac    eic    t€   idc    Gcdc    Kai   touc  dpTCuivac  Kai 

dvaropeueiv    töv    CT^cpavov    Tfl   Ouc(ai    toO   Mouvixl 

uivoc,  ÖTttv  Kai  Tdc  iepciac,  boOvai  bk  aÖTui  Kai  Ikö 

voc  dvdOeciv  dv  tuii  vauii,  dvaTpd4iai  bk  TÖbe  tö  411191 

c^a    eic    cttiXiiv    XiOiviiv    xai    CTf)cai    iy   tcT    aöXci 

30  ToC  i€poO 

ol  öpT€uiv€C 
Xaip^av 
Aiovuciou 
*A9^ovdo 
das  archontat  des  Sonikos  wird  von  Köhler  zu  CIA.  II  435  und  624 
in  die  mitte  des  zweiten  jh.  gesetzt,   das  zweite  decret,  welches  sich 
auf  der  stele  n.  624  befindet,  ist,  wenn  es  nicht  etwa  zwei  archonten 
des  namens  Sonikos  gegeben  hat,  von  demselben  tage  wie  das  unsrige, 
während  der  auf  derselben  stele  vorangehende  beschlusz,  von  EOhler 
in  den  anfang  des  zweiten  jh.  gesetzt,  dieselben  bestrebungen  im 
verbände  der  orgeonen  zeigt,  auf  die  in  unserm  decret  rQcksicht  ge- 
nommen wird,    es  heiszt  von  Chaireas  z.  10:  clcfjvevKev  bk  xol 
HiT19icMaTa  in\  Tili  cuvq)dpovTt,  Tva  cuvcToXdki  ai  X(av  dKOtpoi 
bandvai,  und  in  demselben  sinne  wird  11  624  von  Simon,  vielleidit 


424        CSchftfer:  die  priyatcultgenoBsenschafben  im  Peiraieatf. 

in  seiner  eigenschaft  als  epimelet,  ein  antrag  eingebracht,  der  die  aus* 
gaben  der  priesterinnen  beschränkt  und  regelt,  den  anlasz  zu  der- 
artigen masznahmen  gab  der  geldmangel,  von  dem  in  unserm  decret 
die  z.  16  f.  ein  sprechendes  zengnis  ablegen:  Chaireas  hat  der  casse 
unverzinslich  geld  vorgeschossen  dTrobimoGvTOC  ToO  rajuiou,  ein  Zu- 
satz der  zeigt  dasz  dies  sonst  zu  den  pflichten  des  cassierers  gehOrte 
(vgl.  CIA.  n  621).  wie  der  ra^iac  (621),  so  hat  hier  auch  der 
XpamüiaT€uc  sein  amt  mehrere  jähre  hintereinander  verwaltet,  denn 
z.  5  f.  heiszt  es  von  ihm:  KaracraOek  bk  kqI  TP<^^aT€UC  im*  cxurdiv 
d  TT  ö  6€o£^vou  äpxoVTOC.  das  amt  wurde,  wie  man  sieht,  aus  prak- 
tischen gründen  demselben ,  selbstverständlich  wolhabenden  manne 
übertragen,  der  mit  seinem  eignen  vermögen  dem  verein  Unter- 
stützung gewähren  konnte,  so  wie  so  scheint  man  häufig  zu  frei- 
willigen beitragen  aufgefordert  zu  haben  (z.  9  f.  und  n.  624).  der 
archon  GcöSevoc  ist  übrigens  noch  nicht  bekannt,  er  musz  selbst- 
redend einige  jähre  vor  Sonikos  das  archontat  bekleidet  haben,  nach 
z.  26  geschah  die  Verkündigung  der  bekränzung  jedes  jähr  beim  opfer 
im  Munichion,  örav  Kai  rdc  lepeiac,  was  darauf  schlieszen  läszt,  dasz 
die  ehrenbezeugungen  für  die  priesterinnen  regelmäszig  zu  dieser  zeit 
öffentlich  verkündigt  wurden,  und  dies  erhält  seine  bestätigung  durch 
n.  624  z.  1 4  ff. ,  wo  demgemäsz  die  lücke  durch  dvorfopcOcai  zu  er- 
gänzen ist.  auffallend  ist  z.  29  der  aufstellungsort  der  stele,  der  hier 
zum  ersten  male,  so  viel  mir  bekannt,  in  dieser  weise  benannt  ist. 
die  auXrj  ist  der  räum  um  den  tempel ,  der  durch  den  periboios  von 
dem  profanen  lande  abgegrenzt  wird:  vgl.  [Dem.]  g.  Neaira  §  116. 
Bötticher  tektonik  der  Hellenen  II  s.  436  f. 

Die  ehrenbezeugungen,  welche  die  orgeonen  zu  gewähren  pfleg- 
ten ,  waren  —  ich  hebe  dies  noch  hervor,  weil  hier  unterschiede  an- 
dern gesellschaften  gegenüber  zu  tage  treten  —  zunächst  das  lob 
(cTraiv^cai),  sodann  die  bekränzung  mit  einem  ölkranz  (creqKXViS^cai 
OaXXoO  CT€q)dvifi)  und  zwar  eine  einmalige,  femer  die  jedes  jähr  er- 
folgende proclamierung  dieser  bekränzung  (dvaTOp  €  u  €  i  v  TÖV  CT^qKX- 
vov  T^  Oucicji  ToG  Mouvixk£ivoc),  weiter  die  erlaubnis  zur  aufstellnng 
des  eignen  portraits  im  tempel  (boGvai  eUövoc  dvdOcciv  £v-Ti|i  voi|>)y 
und  endlich  die  aufzeichnung  des  beschlusses  und  seine  aufstellnng 
im  temenos  der  gottheit.  wahrlich  eine  ganze  menge  von  ehren, 
aber  die  genossenschaft  muste  dazu  ihre  Zuflucht  nehmen,  nm  den 
ehrgeiz  der  reichen  mitglieder  anzustacheln  und  sie  bereitwillig  la 
machen  mit  ihren  mittein  nicht  zu  sparen. 

Zu  den  bei  Foucart  angeführten  weihinschriften  läszt  sich  jetit 
noch  aus  dem  Barbakeion  eine  hinzufügen ,  die  sich  auf  den  baden 
antenpfeilem  befindet ,  welche  das  tempelchen  einrahmen ,  in  dorn 
Eybele  in  gewohnter  weise  thront,  jede  ante  hat  eine  figur  in  flach- 
relief  an  ihrem  fuszende  (vgl.  Hejdemann  ao.  n.  413),  darüber  die 
inschrift  rechts  MdvTic  liryrfA^  und  links  xal  Mixa  ^r\T^  Ocuiv. 

Auszer  dieser  gesellschaft  der  dpxcOiivcc,  deren  mittelponot  das 
MilTpipov  im  Peiraieus  bildete,  lernen  wir  andere  vereine  in  der 


CSchAfer:  die  priTaicaltgenonenschaften  im  Peindeot.        4S& 

hafeiistadt  kennen,  die  sich  mit  dem  namen  Oiacot  bezeichneten; 
darunter  liefert  ans  der  Oiacoc  der  Aphrodite  am  meisten  material. 
wir  wissen  aus  dem  psephisma  CIA.  11 168  ans  dem  j.  333,  dass  die 
r  Kitier  ein  gesuch  beim  volke  eingereicht  hatten,  der  Aphrodite  ein 

heiligtnm  im  Peiraieas  zu  errichten,  und  das  volk  gewiüirte  ihr  an- 
liegen, ich  glaube,  wir  dürfen  damit  die  Stiftung  des  thiasos  der 
'A^pobirri  Oöpovia  in  Verbindung  bringen,  als  Oiaci&rai  Tf^c  'Aq>po- 
biTT)C  bezeichnen  sie  sich  selbst  ausdrücklich  nur  in  einer  insdirifty 
die  Ton  mir  selbst  auf  einem  meiner  ersten  ausflöge  in  den  Peiraieas 
gefunden  wurde,  die  stele  lag  vor  einem  hause,  mit  der  Yorderseite 
der  wand  zugekehrt,  und  wurde  als  sitzbank  benutzt,  sie  musz  froher 
eingemauert  gewesen  sein,  da  die  buchstaben  zum  grösten  teil  buI 
einer  kalkdecke  überzogen  waren,  leider  liesz  sich  darum  auch  nicht 
ermitteln,  wo  sie  gefunden  war.  nach  sorgfiütiger  reinigung  wurde  die 
inschrift  leicht  lesbar,  abgesehen  Ton  dem  dritten  decret,  dessen  ober- 
fliehe  sehr  abgerieben  war.  die  stele,  von  gewöhnlichem  kalkstein, 
1,25  "  hoch,  0,33  breit  und  0,24  dick,  ist  ziemlich  CTOixtlööv  geschrie- 
ben, aber  nicht  durchgehende,  [jetzt  ist  diese  inschrift  auch  publi- 
dert  im  'ASnvaiov  1880  s.  296  und  im  BulL  de  corr.  hell.  III  s.  510.] 
'Cm         NikokX^ouc        dpxovTOC  koivo(G) 

AoEcv     TOk    Oiacurratc*    iir€i(bf|  '€irl  KXcdpxou  fipxovTOC  —  £bo(Ec 

CT^qxivoc   6  OuipaicoiToiöc  tm(p€  v)  TOk  6iact(rraic*  inctbj)  CH{<pa 

Xnrfic  t€vö|i€voc  tujv  koivui(v  nd  voc  irpdrepöv  tc  imficXirrikc  (t€ 

5    v)tuiv    ^TTiMCMcXirrai   Tf|v    dm(^^X  vöficvoc   xal  vuv  Uponoiöc  X(ax  S5 

€iav   f\v   fÖ€i  auTÖv  iTri^€Xii(6f)v  uiv  m€t&  tuiv  dXXuiv  cuvi€poiroi((& 

ai    kqI   TäXXa  q)iXoTi)üioup€VO(c  b  v  dvfjp  dTaOöc  t^tovcv  xal  rdc  (6 

i)€T^X€C€v    unip   ToO   KOlvoO  K(al  uciac    £6uc€    toic  Ocok  de  irdrp 

Tf))v  rrofiirfiv  TUIV 'Abuiviufv  £iT€^(4i€  lov  f)v  aÖTOic  kqI  TdXXa  im^(u 

10  K)aTd  Td  Trdrpta  —  Tiix^i  dTaWi(i  Anrai,  öca  TipocfiKCV  aöril^i  ir€(p  so 

b€)böx6ai    TOic    Oiacurratc    ircali  \   Tf|v    iiri^Aciav,    Tüxr]\   dyaOei 

yi)ca\    CT^qKXvov    töv    dTrifieXnrfi  bcbdxOai     Tok     Oiacdiraic     dnai 

V    q>)iXoTiMiac    Cv€k€v   xal  dvbpa  v^cai    CT^qnxvov    töv    Uponoiöv 

Ta)Oiac  ttic  eic  tö  koivöv  twv  Oi  (piXoTtjuiac     ^eiccv    Kai    dvbpa(T 

15  ac)uiTuiv  Kai  creqKivuücai  6aXXoO  c  aO(ac  Tf^c  etc  tö  koivöv  Ti2rv  Ota  a5 


T  j€q)dvi4i ,  boOvai  b '  auTifi  A  bpax :  cuiTurv  Kai  crecpavuicai  0aXXoO  c 
cieqKXVt 

OUKOtVi 


cieqKXVU^ ^OekunÖT  T€q)dvi|i,  boövai  b*  aÖTuit  A  bpox: 

«       ^      imkmot        AoO  dvie  ol  e(iaciÄTai 


nKCTf^V      Ol  eiaciöxai  Ct^ 


Aififnrrpa  CT^q>(a)vov 

av     ToO  MuXui%>oO  io 


20  ÖMÖVOniqNrvov  MuXuiepo(0)| 

'6)9  *  'HTCfxdxou  dpxovTOC ,  draOci  Tux(€i, 
CuiKXflc  clnev*  in^xbi\  CT^cpavoc  Upo 
TToiöc  T^vö^evoc  iircpcXriOn  Tfjc  (8u 
ciac  Tfic  *Aq)pob(Tiic ,  b£böx6ai  Tok  6i(a 
45  c)uiTaic  iiraiv^cai  CT^q>avov  MuXui6p(oO 
Kai  CT€q)avd»cai  OaXXou  cT€q)dvuii  xal 
boCvai auTwi  dnö  toC  koivoO  AA  bpax:  töv 
bi   XaßövTa   dvaOcTvai   dvd9nM<x  ^v  tuji 


426         CSchäfer:  die  privatcultgenossenschaften  im  Peiraieus. 
\€pu»i     dniTpdiiiavTa     TÖbc     tö     \\fr\ip\c 

50  ^a,    ÖTIUIC    &V   t&CI  TTOXXoi  Oi  q)lXOTljLlOU)ül€ 

voi    €lbÖT€c,    ÖTi    dTTicravTai    x<S^P^Tac   d 

TTobibövai  ol  OiacuiTai. 

vacuum. 
der  panzerfabrikant  Stephanos ,  mitglied  des  thiasos  der  Aphrodite, 
hat  demnach  ol.  119,  3  (=>302/l)  das  amt  eines  epimeleten  bekleidet, 
ist  dann  hieropoios  geworden  in  den  beiden  folgenden  jähren  und 
hat  sich  während  dieser  seiner  thätigkeit  den  dank  der  mitglieder 
erworben,  er  ist  deshalb  jedesmal  belobt  und  bekränast  worden,  im 
dritten  jähr  aoszerdem  noch  weiterer  ehren  gewürdigt :  er  soll  auf 
kosten  der  gemeinschaftlichen  casse  ein  dvdOiifia  im  heiligtum  aof- 
steUen  und  darauf  das  ehrendecret  aufschreiben,  es  wird  ihm  für 
diesen  zweck  eine  bestimmte  summe  geldes  angewiesen;  eine  gleiche 
bestimmung  findet  sich  auch  am  schlusz  der  beiden  vorhergehenden 
decrete,  allein  es  erweckt  die  Verschiedenheit  der  buchstaben  den 
anschein,  als  seien  die  werte  boCvai  b*  auTiX)  A  bpox  erst  später  hin- 
zugesetzt; auch  ist  nicht  deutlich,  zu  welchem  zweck  er  da  das  geld 
erhalten  soll,  man  kann  vielleicht  nicht  mit  unrecht  zur  erklftrong 
CIA.  II  611  heranziehen,  ein  beschlusz  der  denselben  thiasoten  an- 
gehört und  den  secret&r  belobt,  es  haben  auch  da  die  mitglieder  be- 
schlossen demselben  einen  juicOöc  zu  geben ,  den  er  aber  generöser 
weise  der  casse  zurückgeschenkt  hat.  die  drei  decrete  geben  uns 
drei  hintereinander  folgende  archonten  Nikokles,  Klearchos  und 
Hegemachos.  BSchubert  (Hermes  X  447  ff.)  hat  zu  erweisen  ge- 
sucht, dasz  in  der  überlieferten  archontenreihe  hinter  Nikokles  ein 
name  und  zwar  der  des  Diokles  ausgefallen  sei ;  diese  annähme  liszt 
sich  nach  diesem  urkundlichen  zeugnis  (auch  CIA.  II  611  gesellt 
sich  hinzu)  nicht  mehr  aufrecht  erhalten,  wahrscheinlich  war  Ste» 
phanos  ein  metöke :  denn  nur  bei  solchen  pflegt  das  gewerbe  hinzu- 
gefügt zu  werden;  er  war  OuipaKOiroiöc ,  der  name  seines  vaiers 
Mjlothros  ist  bisher  als  eigenname  nicht  belegt,  als  epimelet  des 
thiasos  hat  er  namentlich  die  iro^TTii  am  Adonisfeste  zn  veranstal- 
ten gehabt,  das  auch  noch  in  einer  kürzlich  im  'AOiivaiov  pnblider- 
ten  inschrift  erwähnt  wird,  den  auffallendsten  punct  bieten  die 
Zeilen  17 — 21  CTecpavuiGclc  önö  toO  koivoG  dvdOiiK€  Tf|v  Ai^r|Tpa 
öfiövoiav  ToG  KOivoO.  das  anathema  das  er  in  dem  tempel  stiften 
soll  besteht  in  einer  Demeter,  es  wäre  interessant  zu  erfahren, 
warum  er  gerade  eine  Demeter  weiht:  in  religionsgesohiohÜicher 
beziehung  wäre  die  beantwortung  dieser  frage  von  groszer  Wichtig- 
keit; leider  aber  musz  ich  auf  eine  lOsung  verzichten,  ebenso  bietet 
der  ausdruck  ö^övoiav  toC  koivoO  der  erklärung  Schwierigkeiten; 
ich  sehe  es  als  apposition  und  epexegese  von  Tf|v  Af^fir|Tpa  an  und 
interpretiere  «als  ausdruck  eines  einstimmigen  beschlusses  des  KCl- 
vöv».  doch  kann  diese  erklämng  nur  Vermutung  bleiben,  da  etwas 
ähnliches  sich  auch  noch  sonst  auf  einer  runden  basis  vorfindet: 
öjiövoia  ToO  Oidcou  (Foucart  n.  34).    Foucart  nimt  an  (s.  15): 


CSchäfer:  die  priyatcaltgenoBaeiiBchafteii  im  Peinueus.        427 

itte  marqae  d'union,  consacr^e  aa  diea,  n'est-elle  pas  la  trace  de 
ssensions  heureasement  terminees?'  allerdings  vennag  ich  mich 
D  der  richtigkeit  dieser  erklftrung  nicht  zu  überzengen,  aber  auch 
r  meine  auffassung  kann  ich  keine  genfigenden  beweise  Torbringen. 

Auszer  dieser  Inschrift  gehören  diesen  thiasoten  noch  CIA.  II 
1  nnd  614,  vielleicht  auch  'AOiiv.  1879  s.  232,  in  der  Mecoraiuiv 
her  falsch  ergänzt  ist,  da  dieselben  sich  nicht  Oiocurrai  nennen 
j^l.  II  602  und  603).  diese  decrete  haben  in  ihrer  formulierung 
knche  gemeinsame  eigentümlichkeiten.  zun&chst  ist  auffallend, 
3z  z.  13  f.  und  34  f.  unserer  inschrift  iiraiv^cou  q>iXoTifi(ac  CvcKCV 
i  dvbporraOiac  rfic  elc  tö  koivöv  Td)v  Oiacurruiv  die  motiTierung 
B  lobes  und  der  bekränzung  lediglich  aus  dem  Terhalten  des  Ste- 
anos  gegen  die  genossensc^aft  hergenommen  ist,  ohne  auf  seine 
(mmigkeit  gegen  die  gottheit  rficksicht  zu  nehmen,  wie  es  bei  den 
g^eonen  stets  der  fall  war.  dasselbe  begegnet  uns  611  £iraiv^cai 
CTftc  £v€Ka  Kai  biKatocuviic  ^c  ixvi^  öioTcXei  irpöc  tö  koivöv 
IV  ÖiacuiTujv  und  ebenso  weiter  unten  z. 37  ff.;  und  auch  614  gibt 
einer  gleichen  beobachtung  anlasz.  am  schlusz  entsprechen  sich  in 
1  nnd  614  die  poenalformeln.  unter  den  ehrenbezengungen  fehlt 
nzlich  die  ävdOecic  elKÖvoc  selbst  da,  wo  die  reichlidisten  beloh- 
ngen  gespendet  werden;  dagegen  tritt  hier  die  form  des  ävdOrmci 
f.  der  zeitpnnct  für  die  yerkttndigung  ist  genau  fixiort  611  \uxä 
c  CTrovbdc,  614  öiav  Oucuictv  o\  OtaciXiTai  ical  cirovb&c  iroi^cuiv- 
i.  die  ähnlichkeit  in  diesen  angeführten  decreten  ist  demnach  so 
iitgehend,  dasz  man  dieselben  ohne  bedenken  derselben  gesell- 
saft  der  GiacuiTQi  Tfic  'Acppobinic  zuschreiben  kann. 

CIA.  II  613  ist  ein  beschlusz  eines  thiasos  des  Zeus  Labraundos, 
r  den  vorläufig  weitere  documente  fehlen.  620  iv  Tifi  Upip  rf^C 
vbiboc  fuhrt  auf  thiasoten  der  Bendis.  als  beamte  derselben  lernen 
r  einen  ra^iac  kennen  und  seine  cuv€Tn)Li€Xr)Tai,  ein  ausdruck  der 
rauf  hinweist,  dasz  alle  beamtensteilen  in  diesen  tbiasoi  imp^Xeiai 
id,  nicht  etwa  dpxai;  wie  bei  den  dpx^t  von  cuvdpxovT€C  geredet 
irden  kann ,  so  bei  den  ^TTifLi^Xciai  von  cuvempcXiiTal  (vgl.  CIA« 
617.  620).  soll  dagegen  das  amt  eines  dTnpeXirnfic  b^ichnet 
trden,  so  heiszt  das  £m^€XrJTeia  (CIA.  II  628). 

Zum  schlusz  sei  mir  noch  gestattet  auf  eine  inschrift  hinsn- 
»isen ,  die  Kumanudis  im  letzten  heft  des  *A6Vjvaiov  veröffentlicht 
t  und  die  gleichfalls  einen  beschlusz  eines  koivöv  twv  6i<xcuiTi£rv 
thält :  es  wird  das  Upöv  TTic  'ApT^füiiboc  erwähnt,  in  welchem  eine 
ile  aufgestellt  werden  soll,  worauf  die  namen  der  thiasoten  ge- 
[ineben  wären  und  ebenso  die  priesterinnen,  wenn  sie  ihr  amt  gut 
rsehen  hätten  (öpStüC  £TTiM€)LieXf)c6ai  TUiv  Kord  Tf|V  Ocöv).  wir 
ben  es  also  hier  mit  einem  Oiacoc  der  Artemis  zu  thun.  da  die 
»chrift  jedoch  in  Athen  gefunden  worden  ist,  so  ist  nicht  zu  ent- 
leiden ,  ob  derselbe  im  Peiraieus  oder  in  Athen  seinen  sitz  hatte. 

Athen.  Carl  Schäfeb. 


428  MNiemeyer:  zum  Curculio  des  Plautus. 

(17.) 

ZUM  CURCULIO  DES  PLAUTU8. 


Ueber  die  beiden  verse  374  und  545,  welche  Ctötz  (praef .  8.  JULil 
anm.  3)  *mera  glossemata'  nennt,  urteile  ich  anders,  der  weduler 
Ljco  sagt: 

371  heatus  videor:  subduxi  ratiunculamy 

quantum  tieris  mihi  sU  quantumque  äliem  stet, 
dives  sum ,  H  non  reddo  eis  quibus  dehibeo. 
[si  reddo  Ulis  quibus  debeo  plus  älieni  esi.] 
375  verum  herde  vero  belle  quam  recogito^ 

si  magis  me  instabunt^  ad  praetorem  sufferam. 
Yor  V.  375  vermiszt  man  bei  jener  athetese  den  gedanken ,  dasi  der 
banquier  durch  zurückgäbe  der  bei  ihm  deponierten  gelder,  in  wel- 
chen eben  sein  reichtum  besteht,  ein  bettler  würde.  *ich  bin  reieh^ 
wenn  ich  nichts  zurückzahle ;  zahle  ich  zurück ,  so  bin  ich  der  ftrm- 
sten  einer.'   etwa: 

dives  sum ,  si  non  reddo  eis  quibus  dehibeo , 
si  reddo^  ego  omnium  hominum  sum pauperrumus. 
ein  übergeschriebenes  scholion  hatte  das  richtige  verdrängt:  denn  ein 
metrischer  interpolator  alter  zeit,  dessen  metrische  kenntnisse  sieher 
bedeutender  waren  als  die  Ussings ,  der  alieni  pHäs  esi  für  mOglkh 
hält,  hätte  gewis  nicht  äliifnus  gemessen. 
543  scire  volo  quoi  reddidisti.   IT  lusco  liberto  tuo: 
is  Summanum  se  vocari  dixit:  ei  reddidi, 

545  [qui  has  tabeüas  obsignatas  attiUü.  f  quas  tu  mihi  tabeüas] 
quos  tu  mihi  luscos  libertos^  quos  Summanos  somnias? 

nee  mihi  quidem  Ubertus  uUust. 
Y.  545  wird  selbst  Yon  den  berufensten  kritikem  gestrichen,  warum 
wurde  er  interpoliert?  welches  ist  seine  ursprüngliche  fassnng  ge- 
wesen? tilgen  wir  ihn,  so  vermisse  ich  vor  y.  551  stüUior  ahiUo 
fuistij  qui  his  täbeUis  crederes  eine  frühere  deutliche  bezeichnung  der 
tabeUaey  ja  es  ist  für  mich  zweifellos,  dasz  Ljco  sie  dem  Thera- 
pontigonus  übergeben  hat.  die  untergeschobenen  tabeUae  sind  ja  die 
hauptsache  (vgl.  347.  432),  alles  übrige  ist  unwichtig,  ein  8dlar^ 
sinniger  interpolator  fürwahr,  der  diesen  mangel  fühlte!  und  dieser 
mann  sollte  seine  interpolation  so  verkehrt  zwischen  v.  544  und  546 
angebracht  haben  ?  nun  kommt  noch  hinzu  dasz  v.  547  wunderlich 
nachklappt,  dasz  das  nee  ganz  unverständlich  ist.  ich  schreibe: 
543  scire  volo  quoi  reddidisti.   t  lusco  Uberto  tuo: 

is  Summanum  se  vocari  dixit:  ei  reddidi. 

546  r  quos  tu  mihi  luscos  libertos^  quos  Summanos  somnias? 
545  IT  qui  has  tabdlas  obsignatas  atttdit.   f  quas  tu  mihi 

(ßas  tabellas?  nee  tabellas  tibi  iussi  a  me  adferriery 

547  nee  mihi  quidem  libertus  uüust,   IT  (Juy  facis  sapientius 


Phüologitohe  gelegenheüatchriften«  429 

quam  laironum  pars  lihertas  qui  häbeni  et  eos  deserufä. 

f  quid  fecisti?  f  quod  maiuUM^  tut  (uty  Tumoris  graUa 

tuom  qui  Signum  ad  me  aUuUsset  nuntium  ne  spemerem. 
▼.  545  werden  dem  miles  die  täbdlae  gezeigt,  er  mft  lesend:  'was 
hast  da  gethan?'  'natflrlich  deinen  wünsch  erftült.'  bei  der  nm- 
stellong  (vgl.  545  qui^  546  quos)  gieng,  wie  so  oft  (zb.  hinter  488, 
der,  wie  Jordan  gezeigt,  hinter  484  zu  stellen  ist),  ein  vers  Terloren, 
und  das  in  den  hss.  stehende  taheüas  ist  allerdings  das  scholion  eines 
anfinerksamen  lesers. 

305  vermute  ich:  haud  magis  tu  me  quam  ego  te  cupio.  T  o 
mea  oppcrtunUas.   cupis  war  über  tu  me  fibeigeschrieben. 

337 :  eine  Untersuchung  Ober  den  gebrauch  von  adeo  bei  Plan- 
tus  macht  es  mir  wahrscheinlich,  dasz  zu  schreiben  ist :  fne  iZfo  flrustra 
^adeoy  advemsse. 

366—368  schreibe  ich: 

atque  aliquid prius  obtrudamus^  pemam^  Munen,  glandium 

{haec  sunt  ventris  stahüimenta),  pane  et  assam  händam^ 

podum  grande  ^ety  aulam  magnam  usw. 
ich  denke  dasz  pema  usw.  eher  stabüimenta  veniris  genannt  werden 
können  als  pane  usw.   ob  aber  Plautus  wirklich  pane  neutro  genere 
gebraucht  hat? 

519  ist  die  Überlieferung  richtig:  ecquid  das  qui  hene  sü? 
r  maHum.  IT  apust  hoc  qui  te  procures*  das  mal/um  brauchst  du  zu 
deiner  procuratio:  vgl.  241  ff. 

Berlin.  Max  Nibmbteb. 


58. 

PHILOLOGISCHE  GELEGENHEIT8SCHRIPTEN. 


Bautzen  (gjiun.)  O-  Kreussler:  obBenrationmii  in  Theoeritam  parti- 
cala  quarta.    druck  von  £.  11.  Monce.     1880.    8  s.  ^.  4. 

Berlin  (onir.,  lectionskatalo^  sommer  1880)  J.  Vahlen:  de  distinetione 
(interpnnctione)  et  quam  ea  ntilitatem  habeat  in  re  grammatica. 
formis  academicis.  18  s.  gr.  4.  —  (doctordisiertationen)  Jalius 
Menadier  (aas  Gandersheim) :  qna  condicione  EphesU  ati  sint  inde 
ab  Asia  in  formam  proviociae  redacta.  druck  Ton  G.  Bchade.  1880. 
108  s.  gr.  8.  —  Emil  Thomas  (ans  Schroda  in  Posen):  schedse 
criticae  in  Seneoam  rhetorem  selectae.  druck  too  H«  8.  Hermann. 
1880.  52  s.  gr.  8.  —  (Joachimsthalsches  gymn.)  Symbolae  loachi- 
nicae.  festschrift  .  .  auf  anlast  der  Verlegung  der  anstatt,  erster 
teil.  Weidmannsche  buchhandlung.  1880.  3S9  s.  ^,  8.  [inhalt: 
s.  1 — S6  C.  Schaperi  quaestionum  Vergilianarnm  Über  primus: 
de  eclogis  —  37 — 50  H.  Planer:  Caesars  antesignanen  —  51—88 
II.  Gens:  capitis  deminutio  —  89— 100  (mathemaUsch)  —  101—118 
H.  Dondorf:  aphorismen  sur  beurteilung  der  Solonisehen  Terfas- 
Bung  —  119 — 156  J.  Imelmann:  anmerkungen  su  deutschen  dich- 
tem —  157—186  P.  Stengel:  ad  res  sacraa  cognoscendas  cuius- 
nam  momenti  sint  scholia  Aristophanea  —  187 — 218  O.  Bchroader: 


430  Philologische  gelegenheitaBchriften. 

bemerknngen  sam  Hildebrandsliede  —  219—254  O.  Sehn  eider: 
qnibns  ex  fontibns  petiverit  Diodorus  lib.  III  c.  1—48  —  266 — 280 
J.  Ritter:  de  titulis  graecis  christianis  comm.  altera  —  881 — 329 
H.  Heller:  die  absichtasätze  bei  Lacian.    erster  teil:  fva  die  6inuc] 

Braanschweig.  Ferdinand  Beckarts:  zur  quellenkritik  des  Ta- 
citns,  SuetoD  und  Cassius  Dio:  das  vierkaiserjahr.  in  eomm.  bei 
O.  Haering  u.  co.     1880.     70  s.  gr.  8. 

Breslau  (aniv.,  lectionskatalog  sommer  1880)  Martini  Herts  ana- 
lecta  ad  carminnm  Horatianomm  historiam.  IV.  dmek  Ton  W. 
Friedrich.  27  s.  gr.  4.  —  (doctordiss.)  Oscar  Wilpert  (ane  Leob- 
schütz):  de  schemate  Pindarico  et  Alcnianico.  dmck  Ton  R.  Reid 
(verlag  von  C.  Kothe  in  Leobschüts).  1878.  69  s.  gr,  8.  —  Hugo 
Michael:  die  verlorenen  bücher  des  Ammianos  Marcellinas,  ein  bei- 
trag  zar  röm.  litteraturg^chichte.  verlag  von  Maraschke  n.  Berendt 
1880.    32  s.  gr.  8. 

Chemnitz  (gjmn.)  Bernhard  Arnold:  Leasings  Emilia  Oalotti  in 
ihrem  Verhältnis  zar  poetik  des  Aristoteles  nud  zar  Hambnrgieehen 
dramatargie.    druck  von  Pickenhahn  u.  söhn.    1880.    18  ••  gr.  4. 

Dorpat  (univ.,  zur  Stiftungsfeier  12  dec.  1879)  Qeorg  Loesehoke: 
über  die  reliefs  der  altspartanischen  basis.  ein  beitrag  aar  gesehiehte 
der  bildlichen  tradition.  druck  von  Schnakenbnrg.  16  •.  gr.  4  mit 
einer  bildtafel. 

Dresden  (gjmn.  zum  h.  kreuz)  Otto  Meltzer:  mitteilongen  Über  die 
bibliothek  der  Kreuzschule.  Lehmannsche  bachdruokerei.  1880. 
XXVIII  s.  gr.  4.  —  (Zeidlersche  lehr-  n.  erziehongsanstalt)  F.  Her- 
mann: Vergils  Aeneide  verglichen  mit  Homers  Odjssee  und  Hias 
(Aen.  VI  u.  Od.  XI).     II  teil     1880.     9  s.  gr.  4.. 

Frankfurt  am  Main  (gjmn.)  Q.  R.  Hauschild:  Tertullians  p^^ho- 
logie  und  erkenntnistheorie.  druck  von  Mahlau  n.  Waldiohmidt. 
1880.     78  8.  gr.  4. 

Görlitz  (gjmn.)  Joh.  Rost:  emendationes  Sophooleae.  dmek  tob 
H.  Jnngandreas.     1880.     XVIII  s.  gr.  4. 

Oraudenz  (gymn.)  Joh.  Gustav  Cuno:  Verbreitung  des  etmskiechen 
Stammes  über  die  italische  halbinsel.  druck  von  G.  Röthe.  1880. 
36  s.  gr.  4. 

Greifswald  (univ.,  lectionskatalog  sommer  1880)  Adolfi  Kiess- 
ling  de  personis  Horatianis  commentatio.  druck  von  F.  W.  Knnike. 
14  s.  gr.  4. 

Güstrow  (domschule)  Th.  Fritz  sc  he:  beitrige  zur  kritik  and  ei^li- 
rung  des  Plndar.  spec.  I:  Oljmp.  VII.  druck  von  C.  Waltenbeig. 
1880.     26  s.  gr.  4. 

Halle  (univ.,  lectionskatalog  sommer  1880)  Henriei  Keilii  et 
Gustav!  luergensii  observationes  in  Caesium  Baesom  et  Atl- 
lium  Fortunatianum.     druck  von  Hendel.     X  s.  gr.  4 

Hannover  (Kaiser-Wilhelms- gymn.)  Otto  Schüssler:  de  praeped* 
tionum  oft,  ad,  ex  apud  Ciceronem  usu.  Klindworths  hofdmekereL 
1880.     28  s.  4. 

Helmstedt  (gjmn.)  L.  Drewes:  die  symmetrische  compoiition  der 
Sophokleischen  tragödie  König  Oedipus.  dmek  von  J.  C.  ScAimidU 
1880.    26  s.  gr.  4. 

Helsingfors.  F.  Gustafsson:  de  codicibus  Boetii  de  institatione 
arithmetlca  librorum  Bernensibus.  [aus  den  Acta  societ.  tetent. 
Fennicae  vol.  XI  s.  841 — 344. J  ex  off.  tjpogr.  soc  litt.  Fennieae. 
1879.    gr.  4. 

Höxter  (gjmn.)  Carl  Frick:  beitrage  zur  gprieohischen  Chronologie 
und  litterntnrgeschichte.  1.  Akusilaos  von  Argos.  2.  Hellanlkoa 
von  Leshos  und  die  athenische  königsliste.  8.  Jnliu  Afrieanns 
und  die  Excerpta  Latina  Barbari,  drack  von  C.  Hillebreoht.  1880. 
14  s.  4. 


Philologische  gelegeDheitstchriften^  431 

Jena  (anir.,  lecüonskatalog  sommer  1880)  Msnrieii  Sehmidt  mUeel* 
laneoram  philologicoram  partieala  qnarta.  [iahalt:  IX  emendstiones 
Pindaricae,  8opboeIeae,  Enripideae.  X  eoniectanea  Bjiantina.] 
Verlag  von  £.  Frommann.  17  s.  gr.  4.  —  (dociordiu.)  Robert 
Belts:  die  bandscbriftlicbe  Überlieferung  von  Ciceroe  bfiehem  de 
re  pablica.   dmck  von  F.  Bärenspmng  in  Sehwerin.   1880.    18  s.  4. 

Kiel    (nniv.,    doctordiss.)   Ludwig  Lahmeyer   (ans    Hannover):   de 

apodotico  qui  dioitar  particnlae  bi  in  carminibns  Homerieis  nsn. 

drack  von  B.  G.  Teabner  in  Leipsig.    1879.    46  s.  gr.  4.  —  P.  W. 

Forcbhammer:  Mykenä  und  der  nrspmng  der  Mykenisehen  fnnde. 

aniversitätsbachbandlang.     1880.     16  s.  8. 
Köln  (Kaiser- Wilhelms- gymn.)  Wilhelm  Sehmits:  stndien  snr  latei- 
nischen tachjgraphle.    1880.    8  s.  gr.  4  mit  swei  lithogr.  schiift- 

Ufeln. 
Königsbütte  (gymn.)  Klimke:   Diodoms  Sicnlns  und  die  römisoho 

annalistik.     druck  von  F.  Plocb.    1880.     19  s.  gr.  4. 
L a i b a e h  (oberrealscbale)  Jos.  Jnl.  Binder:  Taeitns  nnd  die  gesehiehte 

des  römischen  reiches  unter  Tiberins  in  den  ersten  sechs  bfiehem 

ab  excessn  divi  Aogosti.    verlag  von  R.  Leehner  in  Wien.    1MK>. 

102  s.  lex.  8. 
Leipsig   (aniv.,  doctordiss.)  Walther  Braehmann   (ans  Breslau}: 

de    Bacchidam   Plaatinae    retractatione   seaenica    eapita   qninqne. 

dmck  von  J.  B.  Hirschfeld.    1880.    182  s.  gr.  8.  —  (Nieolaigymn.) 

Victor  Ryssel:  über  den  textkritisehen  wert  der  syrischen  über- 

setzangen  griechischer  elassiker.    erster  teiL     draek  von  O.  Dürr. 

1880.     48  s.  gr.  4. 
London.    F.  A.  Paley:    on  post-epie  or  imitative  words  in  Homer. 

F.  Norgate.    1879.    86  s.  gr.  8. 
11  uneben  (Maximiliansgymn.)  J.  Winter:  über  die  metrisehe  recon- 

struction   der  Plaatiniscben  cantica.     dmck  von  F.  Stranb.     1880. 

80  s.  gr.  8. 
Norden  (gymn.)   Konrad  Rossberg:    de  Dracontio  et  Orestis  qaae 

vocatur    trs^^oediae    aactore    eorandem    poetamm   Tergilii    Ovidii 

Lucani  Statu  Claadiani  imitatoribas.     accedit  coroUarinm.    dmck 

von  D.  8o1tsa.     1880.     36  s.  gr,  8. 
Nürnberg  (Stadienanstalt)   Friedrich  Schmidt:  snr  krittk  nnd  er- 

klärang    der   briefe  Ciceros  an  Atticns.     drack  von  F.  Campe  u. 

sehn.     1879.     40  s.  gr.  8. 
Oxford    (oniv.)   J.    Cook    Wilson:    Aristotelian   stndies.      I   on   the 

stracture   of  the  seventh  book  of  the  Nieomachean  ethics  chapters 

I— X.     Clarendon  press.     1879.    IV  u.  81  s.  gr.  8. 
Paris.    Un  papynis  in^dit  de  la  bibltotbiqne  de  M.  Ambrolse  Firmin- 

Didot.    noaveanx   fragments   d'Euripide   et   d*antres   poites   greet 

poblies    par   Henri  Weil.    2  planches  photoglyptiques.    librairie 

de  FirminDidot  et  C^     1879.    86  s.  imp.  4. 

Planen  i.  V.  (gymn.  nnd  realschnle)  Georg  Günther:  beitriLse  snr 
gesehiehte  ond  ästhetik  der  antiken  tragÖdie.  I  teil,  drack  von 
M.  Wieprecht.     1880.    28  s.  gr.  4. 

Posen  (Friedrich-Wilbelms-gymn.)  F.  L.  W.  Schwarte:  sweiter  nach- 
trag  SU  den  materialien  zur  prfthutorisohen  kartographie  der  pro* 
vinz  Posen  (Zusammenstellung  der  fnnde  nnd  fnndorte  seil  ostern 
1879).     nebst  3  tafeln,    drack  von  K.  Handke.     1880.    27  s.  gr.  4. 

Ratzeburg  (gymn.)  Wilhelm  VoUbrecht:  snr  würdignng  nnd  er- 
klärang  von  Xenophons  Anabssis.  drack  von  Freystatasky.  1880. 
34  8.  gr.  4. 

Rom  (reale  accademia  dei  Lincei)  Volfango  Heibig:  sopra  il  tratta- 
mento  della  capellatura  e  deila  barba  all'  epoca  Omerica.  drack 
von  Salviucci.     1880.     12  s.  gr.  4  mit  einer  steindraektafel. 


432  Philologische  gelegenheiteBchriften. 

Rostock  (nniF.,  lectionskatalog  sommer  1880)  F.  V.  Frititeht;  dt 
libris  Pseudolacianeis.  drack  von  Adler.  10  «.  gr.  4.  —  (gTiniL) 
Gastay  Timm:  die  gröndung  der  grossen  stadtitchiite  sn  Rostock 
und  ihr  erster  rector  M.  Nathan  Chjtrttns.  festrede  stur  feier  ihres 
800jährigen  Jubiläums  am  1  febraar  1880.  rerlag  von  O.  B.  Leopold. 
28  s.  gT.  8. 

Rottweil  (gymn.)  Baltzer:  die  theologie  des  h.  Hilarins  von  Poitien. 
druck  von  M.  Rothschild.     1879.     62  s.  gr.  4. 

Stargard  i.  P.  (gymn.)  Julius  Wiggert:  Studien  sur  Isteinischen 
Orthoepie,     druck  von  F.  Hendess.     1880.     19  s.  gr.  4. 

Stendal  (gymn.)  Otto  Erdmann:  über  den  gebrauch  der  lateinitohtn 
adjectiva  mit  dem  genetiv  in  der  silbernen  und  spätem  latinität 
druck  von  Fransen  u.  Grosse.     1880.     15  s.  4. 

Strassburg  (univ.,  doctordiss.)  Philipp  Thielmann  (aus  Kaisers- 
lautern): de  sermonis  proprietatibus  quae  leguntur  apud  Corni- 
ficium  et  in  primis  Ciceronis  libris.  verlag  von  G.  J.  TrUbner. 
1879.     114  s.  gr.  8. 

Weimar  (gymn.,  zu  Hermann  Sauppes  siebenzigstem  gebnrtstag  9  decbr. 
1879)  OttoApelt:  Untersuchungen  über  den  Parmenides  des  Plato. 
hofbuchdruckerei.  56  s.  lex.  8.  —  (zum  Jahresbericht)  Otto  Apelt: 
observationes  criticae  in  Piatonis  dialogos.     1880.     13  8.  gr.  4. 

Wien  (akademie  der  wiss.)  Johann  Kvicala:  Studien  su  Karipides. 
mit  einem  Anhang  Sophokleischer  analekta.  erster  und  sweitor  teil. 
[aus  dem  29n  und  30n  bände  der  denkschriften  der  phi]os.-hist 
classe.]  druck  von  A.  Holzhausen  (in  comm.  bei  K.  Gerolds  söhn). 
1879.     107  u.  94  s.  imp.  4. 

Wiesbaden  (gymn.)  Friedrich  Otto:  geschichte  der  Friodriehs- 
schule  zu  Wiesbaden.  Schellenbergsche  hofbuchdruckerei.  1880. 
24  s.  gr.  4.  —  De  Sabril  choliambis  scrlpsit  Garolus  Deatsch- 
mann.     ebd.  1879.    43  s.  lex.  8. 

Wittenberg  (gymn.)  Karl  Löschhorn:  kritische  Studien  sur  Plato- 
nischen und  christlichen  ethik.  druck  von  W.  Fiedler.  188(X 
40  s.  gr.  4. 

Würzburg  (univ.)  Festschrift  für  Ludwig  Urliehs  sur  feisr  seinss 
25jährigen  wirkens  an  der  univ.  Würzburg  dargebracht  von  seinen 
Schülern.  Stahelsche  bucbhandlung.  1880.  229  s.  gr.  8.  [Inhalt:  s.  1 
— 23  N.  Wecklein:  über  den  Kresphontes  des  Euripides  —  24—45 
G.  Härtung:  der  protagonist  in  Sophokles  Antigone  —  46—88 
A.  Patin:  quellenstudien  zu  Heraklit  —  83—105  G.  ZiUgens: 
de  praedicamentorum  quae  ab  Aristotele  auctore  oategoriAe  nomi* 
nantur  fönte  atque  origine  —  106 — 138  K.  K.  Müller:  ein  grie- 
chisches fragment  über  kriegswesen  —  139—162  J.  G.  Schmitit 
de  codice  Sangermanensi  qui  continet  L.  lunii  Moderati  GolnmelUie 
de  re  rustica  libros  XIII  —  163—198  J.  Abert:  schlaf  and  träum 
bei  Galderon  —  199—212  A.  Baldi:  die  ars  poetica  des  M.  Hiero- 
nymus  Vida  —  213—217  P.  H.  Schneeberger:  das  orbild  sa 
Schillers  Jungfrau  von  Orleans  —  218—229  B.  Senf  fort:  Kloin 
und  Schiller.] 

Zürich  (univ.,  zur  Verkündigung  der  pretsaufgaben  für  1880)  Arno Idi 
Hug  miscellanea  philologa.  druck  von  Zürcher  n.  Furrer.  1871. 
12  s.  gr.  4.  —  A.  Schneider:  die  drei  Scaevola  Gieeros.  Torlsg 
von  Th.  Ackermann  in  München.  1879.  84  s.  gr.  8.  —  (kantoas- 
schule)  Adolf  Kaegi:  der  Rig-veda,  die  älteste  litterator  der  lader. 
erster  und  zweiter  teil,  druck  von  Zürcher  u.  Furrer.  1878.  1879. 
78  s.  gr.  4. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEtf  VON  ALFRED  FlECKEISKH. 


59. 

ALTINDIfiCUES  LEBEN.  DIE  OULTUB  DER  YMDIBOBEM  ABIBE  NACH  OBV 
SAMHITA  DABQE8TELLT  YOH  HbIKEIOH  ZiMMEE.  BIXB  VOM 
VIERTEM  INTEEMATIOMAJUBK  0EIBNTALI8T1UI0ONOBBS8  IN  rLOEBNE 

GEKRÖNTE  PEEISSCHRITT.    Berlin,  Weidnuuuucha  bachhandlung« 
1879.    XVI  u.  480  8.  gr.  8. 

Schon  lange  empfimden  nicht  etwa  bloss  sanakritisten  und  orian* 
talisten,  sondern  ebenso  sehr  auch  alle  geschichtaforseher  nnd  cnltor- 
historiker  das  bedürfhis  nach  einer  znTerlBssigen,  auf  iun£&8sendeni 
und  eingehendem  Stadium  der  ältesten  quellen  beruhenden  darstel- 
lung  der  culturverhältnisse  der  vedischen  Arier,  unserer  östlich- 
sten Stammesbrüder,  wie  sie  waren  zu  einer  zeit,  da  sie  sich  mit  den 
eingeborenen  der  neueroberten  Wohnsitze  noch  nicht  vermischt  hatten, 
einer  zeit  also ,  welche  allen  fibrigen  erhaltenen  litteraturproducten 
unsers  vGlkerstammes  weit  vorausliegt,  deshalb  stellte  die  philoso- 
phische facultät  der  universitSt  Straszburg  am  In  mai  1874  aut 
grund  des  von  Max  Müller  bei  seinem  Weggang  von  dort  zu  diesem 
zwecke  gestifteten  preises  die  aufgäbe :  *dantellung  der  antiquari- 
schen resultate,  welche  sich  in  bezug  auf  die  Wohnsitze,  lebensver- 
hftltnisse  und  den  bildungszustand  der  vedischen  Arier  aus  der 
R  i  g  V  e  d  a  •  Samhit&  ergeben/  dr.  Zimmer,  damals  student  in  Strasz- 
burg, machte  sich  an  die  bearbeitung  und  erhielt  am  In  mai  1877 
den  preis,  darauf  dehnte  er  die  Untersuchung  auf  die  andern  veden 
aus  und  schickte  eine  fast  voUstftndige  Umarbeitung  seiner  ersten 
darstellung  als  concurrenzschrifk  ein  zu  der  von  der  k.  italiSnischen 
regierung,  anlftszlich  des  vierten  internationalen  orientalistencon- 
gresses  in  Florenz ,  ausgeschriebenen  preisaufgabe  *le  vicende  della 
civilis  ariana  noir  India*.  hier  konnte  die  schrift,  weil  sie  nur  einen 
teil  der  gestellten  aufgäbe,  nur  dievedische  cultur,  behandelte, 
nicht  den  ganzen  preis  erhalten;  aber  die  prüfungscommission,  be- 
«itebend  aus  Böhtlingk  in  Jena,  RBoth  in  Tübingen,  AWeber  in  Ber* 

JihrbQch«  fQr  elfttt.  philol.  1880  hfL  7.  29 


434  AEaegi:  anz.  v.  HZimmer  altmdiBches  lebexu 

lin,  MMüller  in  Oxford,  MBreal  in  Paris,  GGorresio  in  Turin,  GAscoli 
in  Mailand,  teilte  diesem  ^lavoro  pieno,  sobrio,  sicuro'  trotz  jener 
bescbränkung  die  hälfte  der  ganzen  summe  zu,  während  von  der 
andern  hälfte  '/lo  ^^^  Vio  ^^®^  eingeborenen  indischen  gelehrten, 
das  letzte  zehntel  einem  Portugiesen  in  Bombay  zufielen,  nachdem 
über  die  vorliegende  schrift  die  competentesten  richter  so  geurteilt 
haben,  werden  weitere  empfehlende  worte  zur  einftlhrung  nicht  mehr 
nötig  sein ;  ich  werde  also  nach  einigen  orientierenden  bemerkongen 
über  die  beschaffenheit  der  quellen  gleich  dazu  fibergehen,  in  mög- 
lichst genauem,  hin  und  wieder  wOrÜichem  anschlusz  an  das  original 
eine  inhaltsübersicht  des  auszerordentüch  reichhaltigen  Werkes  zu 
geben,  dabei  soll,  dem  zwecke  dieser  Jahrbücher  entsprechend,  alles 
specifisch  indologische  übergangen,  dagegen  auf  die  bezüglichen  nach- 
richten  der  classiscben  autorenthunlichstrücksicht  genommen  und  auf 
analoge  Verhältnisse  bei  Griechen  und  Bömem  —  Z.  beschränkt  sich 
meist  auf  Germanen  und  Slaven  —  hingewiesen  werden. 

Wie  der  titel  besagt,  stellt  das  werk  die  culturverhältnisse  nach 
den  Samhitft  dar,  dh.  nach  den  vedischen  textsam lun gen.  die 
früheste  und  bedeutendste  derselben  ist  der  Bigveda,  die  samlong 
der  ältesten  lyrischen  lieder,  womit  das  arische  volk  seine  gott- 
heiten  pries  und  sich  deren  beistand  zu  verschaffen  suchte,  diunus 
ist  der  S  &  m  a  veda  fast  nur  ein  auszug,  ein  g  e  s  a  n  g  buch,  welches  ein* 
zelne  verse  zu  liturgischen  zwecken  zusammenstellt,  der  Atharva- 
veda  trägt  am  wenigsten  einheitlichen  Charakter;  er  bietet  sehr  alte 
neben  sehr  jungen  stücken,  meist  Zaubersprüche,  beschwOmngs- 
formeln  udgl.  gerade  deshalb,  weil  er  weniger  specifisch  priester* 
lieben  als  volkstümlichen  kreisen  entstammt,  ist  er  für  die  coltDr* 
geschichte  besonders  wertvoll,  die  spätesten  sind  dieTadsohns- 
texte,  samlungen  von  opferformeln,  Sprüchen,  gebeten  fOr  den 
praktischen  gebrauch  bei  dem  nach  und  nach  immer  complicierter 
werdenden  ritual ;  die  abfassung  dieser  texte  gehört  schon  der  zeit 
des  entschiedenen  Übergewichts  der  priester  über  die  andern  volki- 
classen  an.  auszerdem  zog  Z.  auch  die  spätem  br&hmana  und  sütn 
bei,  priesterliche  commentare  zu  jenen  texten  und  compendien,  so 
oft  daraus  licht  auf  die  altem  perioden  fallen  konnte,  schon  ans  die- 
sen summarischen  bemerkungen  über  die  art  der  quellen  wird  es  klar 
sein,  dasz  die  aufgäbe  des  vf.,  ein  lebensvolles  bild  der  gesamten 
culturverhältnisse  zu  schaffen ,  eine  auszerordentüch  mühsame  und 
nicht  selten  sehr  schwierige  war;  galt  es  doch,  aus  dieser  ganzen, 
sehr  umfangreichen  litteratur  die  weit  zerstreuten  notizen  und  tOf 
deutungen  zusammenzusuchen ,  zu  sichten,  zu  prüfen,  das  oft  genvg 
absichtlich  über  die  texte  gebreitete  mystische  dunkel  zu  entfemeni 
aus  anspielungen  und  gleichnissen  Schlüsse  zu  ziehen  usw.  dnaz  es 
der  seltenen  umsieht,  der  rastlosen  energie  und  dem  groszen  geschick 
Z.s  gelungen  ist,  eine  wirklich  eingehende  und  umfassende 
Schilderung  der  vedischen  cultur  zu  geben,  soll  auch  die  fol- 
gende inhaltsübersicht  zu  zeigen  suchen. 


AKaegi:  ans.  ▼.  HZimmor  attiiidifehM  labMk  486 

Das  erste  buch  beliandelt  das  land  nnd  seine  bewohner, 
und  zwar  macht  uns  das  erste  capitel  znnftcbstmit  dem  lande,  in  dem 
die  genannten  texte  entstanden,  bekannt,  wie  es  dnreh  die  darin  ge^ 
nannten  flttsee  bestimmt  wird:  ee  ist  das  ganie  Stromgebiet  der 
Sind  hu,  in  welohe  sich  von  wetten  her  OomatI,  Eromn  nndKnbhft 
mit  Savftsta;  von  osten  her  Vitaetft,  Asiknl,  Panriml  oder  Irftrat!« 
Vip&9  und  9utudrl  ergieesen.  die  beiden  erstgenannten  nebenflilaie, 
wol  die  heutigen  Oomal  nnd  Ennun,  sdieinen  bei  den  alten  gar  nicht 
genannt  zu  werden^  wtiirend  sich  d^e  drei  folgenden  mit  den  ffriedL 
KuMpi^v  (oder  Kuiqp^),  CöacTOC  nnd*Y6dcirf)C(PtolemaioBBiMcm|c) 
decken ;  es  sind  die  heatigen  Kabul,  Snwad  and  Bihat  oder  Dschihlam. 
für  die  Asiknl  fand  Alexander  der  grosie  den  namen  Tschandrabh^n 
vor,  der  im  griechischen  gewande  die  ominOse  form  Cavbopo4>dTOC 
annehmen  mnste.  ee  lag  daher  dem  makedonischen  eroberer  nalie, 
den  'Alexanderfresser'  nmzntanftn,  nnd  er  nannte  ihn^  offenbar  mit 
sinnreicher  benntznng  des  ftltem  namens  Asiknl  (dh.  'die  Schwane^) 
den  ^Heilenden' :  dvöapo^pdfoc  öird  *AXeEdvbpdu  ifotoiidc  (iCTUivo- 
pdcOn  kqI  dicXifien  'Ak€c(vtic:  Heeyehios  (vgL  SRoth  aar  litt  und 
gesch.  des  veda  s.  139).  Alexanders  neoernng  drang  dnreh,  so  dan 
den  dadurch  verdrSngten  namen  von  allen  idten  sehriftateUem  nor 
noch  Ptolemaios  7, 1, 23  kennt:  Covtaßdrtt  (die  Ittfl.  fdadbiCo^ 
Plinius  n.  h.  6,  20,  71  OafUabas?}^  jetrt  Mast  der  fluas  Tschinatb 
'Sammelwasser*  (ygl.  Arrian  anab.  6, 16,  4.  Ind.  4, 20).  —  Die  ein- 
heimische Irftvatl,  heute  Bawi,  gibt  Arrian,  mit  deutlicher  anlehnung 
an  öbujp,  durch  Tbpa((iTi)C,  Strabon  durch  *Yapifrn|C,  Ptokmaios 
durch  'Poudbic  wieder.  —  Die  VipA^,  spftter  Vipft^lk,  heiszt  bei  Arrian 
TqMicic,  bei  Plinius  Hypasis^  bei  Ptolemaios  Binoac,  heute  Biyas; 
die  bei  Strabon,  Diodor  ua.  vorliegende  form  Tiravic  wird  durch 
Verwechslung  mit  dem  skjthischen  Tiravic  entstanden  sein  und 
sollte  ohne  alle  bedenken  durch  Tqnxctc  oder  *Yiractc  ersetzt  wer- 
den, auch  noch  über  diesen  flusz  hinaus  seine  hersdiaft  auszubreiten 
(t&  ^tt'  dKcTva  ToO  Tqniaoc  t^vt)  npocOeivai  xfj^  Monccbövuiv  dpxtj: 
Arr.  an.  5,'  26,  5)  muste  Alexander  wegen  des  entschiedenen  Wider- 
standes der  Soldaten  (Strabon  16, 1, 27  s.  697)  aufgeben,  die  weiter 
oatwärts  flieszende  vedische  ^utudrl,  durch  Volksetymologie  in  spl* 
terer  indischer  zeit  in  9<^tadru  'HundertlauT  umgedeutet,  heute 
Setledscb,  nennt  Ptolemaios  Z<xbäbpnc  (var.  Zdpo^c),  Pliniua  6, 
17,  63  SffdfMS\  auch  Megasthenee  musz  sie  genannt  haben:  denn  die 
diesem  autor  entstammende  vollstindigste  beschreibnng  des  fluss- 
Systems  dieser  gegenden  bei  Arrian  Ind.  4,  8  &  (Hegaath.  fr.  20 
s.  108  Schwanbeck)  kommt  nur  in  Ordnung,  wenn  daaelbst  gelesen 
wird:  TbpatCmic  m^v  iv  KopßicOöXota  xal  ö  ZabdbpT)c  iropct- 
Xf^qmic  usw.,  wie  Lassen  ind.  alt  I'  67  f.  bemerkt  hat  —  Der  haapt- 
fluaz,  die  Sindhu,  dh.  *der  ström'  KOT*  Offffv*  (heute  Sindh;  die 
griecb.  form  'Ivböc  ist  durch  das  iranische  flificiii  vermittelt;  Pliniua 
6,  20,  71  Indu8  inodiis  Sindus  appdUtu»)  abte,  wie  ja  auch  auf  die 
begieiter  Alexanders  und  auf  neuere  reisende,  einen  gewaltigen  ein* 

29* 


436  AEaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindisches  leben. 

druck  auf  das  arische  naturvolk  aus.  'mit  ungestümem  andrang 
durchbricht  sie  die  gipfel  der  berge  mit  den  starken  wellen;  mit 
nährendem  wogenschwall  stürzt  sie  hervor,  ein  fester  grund  und 
eherne  bürg  ist  sie  uns ;  wie  ein  kämpfer  im  wagenrennen  alle  an* 
dem  gewässer  mächtig  überholend  flieszt  sie  dahin,  der  ström,  der 
einzige  unter  den  strömen ,  der  mit  klarem  wasser  von  den  bergen 
bis  zum  ocean  strömt;  acht  habend  auf  reichtum,  auf  viele  menschen, 
spendet  sie  fett  und  labenden  trunk  dem  an  wohner,  macht  sie  gedeihen 
die  fünf  stamme  des  Ariervolkes.'  auf  diesen  gewaltigen  ström,  der 
nach  aufnähme  sämtlicher  nebenflüsse  eine  so  stattliche  breite  er- 
reicht ,  dasz  boote  auf  der  mitte  desselben  von  beiden  ufern  aus  an* 
sichtbar  sind,  hat  man  auch  die  in  den  liedem  wiederholt  begegnende 
bezeichnung  sani-udra  'samlung  der  gewässer'  zu  beziehen,  nicht 
aber  auf  das  'meer'.  wenn  man  auch  vereinzelt  künde  von  der  mfln- 
dung  des  Indus  hatte,  so  reichen  doch  die  festen  ansiedlungen  yedi- 
scher  stamme  nicht  viel  weiter  stromabwärts  als  bis  zur  Vereinigung 
des  hauptstromes  mit  jenen  fünf  nebenflflssen.  somit  fällt  auch  da- 
hin, was  besonders  von  englischen  forschem  über  seezflge  und  aas- 
gedehnten seehandel  des  vedischen  Volkes  behauptet  worden  ist,  wie 
denn  auch  die  vedische  spräche  im  gegensatz  zur  griechischen  dem 
Seewesen  fast  keine  metaphem  entlehnt,  und  es  ergibt  sich  dasx  die 
Arier  zur  zeit  der  abfassung  des  Bigveda  im  heutigen 
Pendschäb  (Tünfstromland')  wohnten;  vielleicht  hatten 
sie  auch  das  in  den  texten  allerdings  nicht  genannte  schöne 
bergthal  von  Ka^mlra  inne. 

Nach  und  nach  drang  man  weiter  vor :  Jamunä  (Aidfiowa  bei 
Ptolemaios  7,  1,  29,  lamanes  bei  Plinius,  verderbt  in  'lu)ßäpr|C  bei 
Arrian  Ind.  8,  5  ua.)  und  Gangä  (fdTinic)  treten  in  den  vordei^prond; 
der  Atharvaveda  zeigt  deutliche  bekanntschaft  mit  dem  meere,  and 
die  Yadschustexte  lassen  erkennen,  dasz  die  hauptmasse  der  indischen 
Arier  zur  zeit  ihrer  abfassung  bereits  im  eigentlichen  Hia- 
dostan,  speciell  in  Madhjade9a,  angesiedelt  ist. 

Aufs  beste  hiermit  übereinstimmend  zeigen  auch  die  in  den  bei- 
den nächsten  capiteln  behandelten  klimatischen  und  bodenverhUt- 
nisse,  sowie  die  fauna  und  flora  im  Big  ein  anderes  gepräge  als  in  den 
andern  Samhitüi.  über  jene  beiden  erstgenannten  factoren,  klima 
und  boden,  sind  freilich,  nach  dem  Charakter  der  zu  gründe  liogen» 
den  quellen,  die  angaben  sehr  dürftig ;  doch  reichen  sie  eben  hin  am 
erkennen  zu  lassen ,  dasz  beide  vor  mehr  ab  3000  jähren  in  jenen 
gegenden  fast  dieselben  waren  wie  heutzutage:  von  den  hcohanf- 
strebenden,  unverwüstlich  festen  bergen,  die  als  haarschmack  be- 
laubte bäume,  reiche  wälder  tragen;  von  wasserreichen  halden  stür- 
zen eiliges  laufes  die  flüsse  in  die  niederungen,  wo  neben  frachtbarem 
ackerland  und  grasreichen  weideflächen  sich  das  grosze,  anfiruchtbare 
erdreich  der  indischen  wüste  ausbreitet,  trockenheit  und  schwQla 
dürre  ängstigen  mensch  imd  vieh ,  bis ,  von  den  beiden  monaunen 
aus  Südwest  und  nordost  herbeigeführt ,  gewaltige  gewitter  den  be- 


AKaegi :  ans.  ▼.  HZinuner  altinditchM  leben.  437 

fruchtenden  regen  und  hernach  Msehes  leben  herbeiftlhren.  beseich- 
nend  ist  dasz  die  filtern  lieder  nnr  zwei  Jahreszeiten ,  sommer  und 
Winter,  nennen,  denen  sich  erst  nach  und  nach  —  mit  nenen  Wohn- 
sitzen —  die  emtezeit,  die  regenzeit,  der  frOhling,  die  heisze  glut 
anschlieszen,  bis  endlich  —  im  eigentlichen  Hindostan  —  der  winter 
ganz  fehlt;  vgl.  nnten  s.  464. 

Unter  den  prodncten  (cap,  8  s.  49 ff.)  wird  zuerst  das  mine- 
ralreich behandelt  und  dargethan,  wie  die  texte  in  übereinsümmong 
mit  den  Schriftstellern  des  dassiscben  altertoms  von  Herodotos  bis 
auf  Plinius '  den  gold-  und  diamantenreichtnm  Indiens  bezeogen.  an 
flfissen  und  bftchen  sind  wftschereien,  anderwärts  gruben  angelegt', 
um  da3  mit  einem  wahren  heiszhonger  begehrte,  zu  vielfachen  nera- 
ten  yen\'endete  gold  zu  gewinnen*,  fllr  welches  auch  im  RV.  ein  be- 
stimmtes, einheitliches  masz  genannt  wird:  es  ist  die  mand  (grieeh. 
}xyia  fivä,  lat.  miVia),  welche  offenbar  aus  Babylon,  der  heimat  des 
ersten  rationellen  masz-  und  gewichtssystems,  stammt  und  —  neben 
andern  thatsachen  —  beredtes  Zeugnis  für  einen  sehr  frühen  coltur- 
Zusammenhang  Indiens  mit  den  westlichem  semitischen  culturstaaten 
ablegt,  noch  selten  begegnen  blei  und  sinn;  Silber  und  eisen,  deren 
kenntnis,  wie  es  ja  die  lagerung  der  metaUe  mit  sich  bringt,  überall 
band  in  band  geht,  kommen  erst  gegen  ende  der  yedisdieB  periode 
auf,  während  erz  und  eherne  gerate  sich  schon  in  den  ältesten  partien 
zeigen,  wie  aus  Homer,  bei  dem  ja  waffen,  rOstung  und  sonstiges  ge* 
rate  aus  erz  sind,  wogegen  das  eisen  erst  aufzukommen  anftngt,  so 
läszt  sich  aus  dem  veda  die  feststehende  culturhistoriscbe  thatsadie, 
dasz  allüberall  der  gebrauch  des  erzes  der  bearbeltung  des  eisens  vor- 
aufgebt, noch  litterarisch  nachweisen.  —  Welche  edelsteine  mit  den 
einheimischen  namen  gemeint  seien,  läszt  sich  nicht  bestimmen;  da- 
gegen sind  deutlich  die  perlen  und  die  als  amulete  getragenen,  *dem 
meer  entsprossenen,  vom  Indus  her  importierten  perlmuscheln',  wozu 
man  Megasthenes  bei  Arrian  Ind.  8,  10 — 13  (f^.  50,  16^20  8chw.) 
vergleiche.  —  Dasz  das  salz  im  Rigveda  gar  nicht  und  in  den  spä- 
tem texten  nur  einmal  erwähnt  wird,  bleibt  gegenüber  Strabons  resp. 
des  Kleitarcbos  bericht  15,  1,  30  s.  700  qMxd  b*  iv  tQ  CwiTcCOotK 
Xuipa  öpUKTwv  dXuüv  dpoc  elvai  dpKCiv  buvdiACvov  5Xij  ttj  'IvbticQ, 
und  gegenüber  der  hiermit  übereinstimmenden  thatsache,  dasz  das 
Pendschab  heutzutage  unerschöpfliche  salzminen  aufiniweisen  bat, 
sehr  auffallend ;  doch  dürfen  wir  aus  dem  schweigen  unserer  eigen- 


'  s.  beconders  Herod.  3,  94.  106  und  Mef[^henes  bei  Diodor  ^  86. 
StraboD   15,  1,  37  s.  703  and  57  ae.  s.  711.  *  ebenso  Herod.  3,  106 

xpuc6c  dTrXcToc  qOtöOi  ^ct(,  6  \iiy  öpuccö^cvoc,  ö  bi,  KOTOipopcO- 
MCvoc.  MegHSthenes  ao.  s.  711  qn^clv  öri  ol  iTOTO^ol  KOTOup^potCV 
yfiTMa  xp\KO(),  boi  Arrian  Ind.  8,  13  Kol  t6  xP^^ov  ^v  tQ  *IW>dfv  t4 
6puccöu€vov.  '  anders  Strabon  15,   1,  80  ae.  t.  700   (Kleitarehos, 

nach  AVo^el  'de  fontibot  qnibns  Ötrabo  in  Übro  XV  conseribeado  usus 
8it\  Göttinf^n  1874)  ol  b*  *lv6ol  MCToXXciac  Koi  xu>v€(ac  dircipuic  ^ov- 
T€C  ovb*  (bv  cOiropoOciv  Icoav,  dXX*  äirXoOcTCpov  M€TOX€ip&ovTai  t6 
irpdTMa. 


438  AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindiachee  leben. 

artigen  quellen  nicht  absolut  sicher  auf  nichtkenntnis  dieses  minenls 
in  der  alten  zeit  schlieszen. 

Unter  den  pflanzen,  welche,  wie  die  mineralien  und  naehher 
die  thiere,  sorgfältig  aufgezählt  werden,  mache  den  anEang  der 
riesenhafte  feigenbaum,  vielleicht  das  groszartigste  gewftchs  unserer 
erde,  welches  für  die  grftma  Indiens  ist,  was  für  Deutschlands  AMbr 
die  eiche  oder  linde,  welche  er  aber  an  grGsze  und  miy'estBt  weit 
übertrifft;  treibt  er  doch  aus  6iner  wurzel  einen  groszen,  grünen 
tempel  von  vielen  hallen  hervor,  mit  undurchdringlichem,  kühlen- 
dem schatten  auf  mehrere  Stadien  hin,  und  er  scheint  nur  erschaffen, 
um  dem  obdachlosen  naturmenschen  eine  fertige  wohnung  zu  bieten. 
Alexanders  begleiter  staunten  ihn  an  und  haben  ihn  mehrfach  be- 
schrieben, so  Onesikritos  bei  Strabon  15,  1,  21  s.  694  und  Near- 
chos  bei  Arrian  Ind.  11,  7;  vgl.  Theophrast  pflanzengesch.  1,  7,  3. 
4,  4,  4.  Plinius  7,  2,  21.  unter  den  krftutem  sei,  abgesehen  von 
dem  später  ausführlicher  zu  besprechenden  soma,  an  die  den  alten 
in  groszer  zahl  aus  Indien  zugekommenen  aromata  (s.  Theophrast 
ao.  9,  7,  2)  erinnert:  der  costtis  (skt.  hMhiha)^  *die  heilkrftftigste 
aller  pflanzen ,  hoch  auf  den  bergen  wachsend ,  wo  die  adler  nisten', 
und  das  bdellion  sind  vielbegehrte  mittel  gegen  die  verschiedensten 
krankheiten ;  mit  wolriechender,  weithinduftender  narde  (vgl.  die  er- 
zählung  Arr.  anab.  6,  22,  5)  in  den  bänden  hofft  man  der  mftdohen 
gunst  zu  gewinnen;  vgl.  Plinius  12,  12,  42  f.  13,  1,  16.  der  hanf 
(gana  «=  canäbis-^  vgl.  Hehn  culturpflanzen  und  hausthiere'  s.  169) 
wächst  noch  wild ;  grobe  gräser  werden  zu  allerlei  künstlichem  flecht- 
werk  verwendet,  Schilfrohre  von  den  weibem  zu  matten  und  kisaen 
verarbeitet  (Herod.  3,  98  ae.).  vom  bambusrohr,  auf  das  wol  am  ehe* 
sten  die  worte  des  Megasthenes  bei  Strabon  16,  1,  56  ae.  s.  710  f. 
(fr.  15  Schw.)  gehen  werden,  nahm  man  balken  zum  häuserbaa  und 
ebenso  wol  auch  zu  fahrzeugen;  vgl.  die  erklärer  zu  Herod.  3,  98. 
das  Zuckerrohr^  wird  wiederholt  erwähnt;  ob  es  aber  schon  angebant 
wurde,  bleibt  ganz  ungewis. 

Ganz  besonders  beachtenswert  ist  der  abschnitt  über  das  thi er- 
reich, dessen  betrachtung  uns,  sagt  Zimmer,  im  indischen  alter- 
tum  ein  stück  Darwinismus  aufweist,  der  gedanke,  dasz  der  mensoh 
auch  nur  ein  thier  sei,  wenn  auch  das  erste,  der  herr  der  übrigen 
thiere ,  der  allein  hundert  jähre  lebt,  findet  hier  in  zahlreichen  wen* 
düngen  seinen  ausdruck,  und  zwar  viel  significanter  als  etwa  bei  den 
Griechen  in  der  einreihung  des  dvGpumoc  unter  die  l(pa.  'drei 
thiere'  heiszt  es  'fassen  mit  der  band:  mensch,  elephant  und  aSe.' 
sich  und  die  umgebenden  haus-  und  opferthiere  &szt  das  vediscbe 


*  Nearchos  bei  Strabon  15,  1,  20  8.  694  elpHKC  bi  Mti  «cpi  Tdbv 
KoXdMuiv,  dn  irotoOct  ^^t  McXtcoDv  ^i\  oöcuiv*  Kol  ö^v^pov  clvcu  Hfl^ 
iro<pöpov,  Ik  bk  ToO  KapiroO  cuvriOccOat  mAi,  toCk  bi  ipaf6yrac  ibuoO 
ToO  KapicoO  ^€O0€iv.  peripluB  maris  Erythraei  s.  9  Kai  \Uki  t6  KoXditu- 
vov,  t6  X6TÖMCV0V  caKxapi.  andere  stellen  bei  Lassen  ind.  alt  I* 
321,  1.    vgl.  Vanidek  fremdwörter  s.  46. 


AKaegi:  anz.  ▼.  HZmimer  altinditelias  laben.  499 


Tolk  in  den  ansdruck  *zwei-  und  vierftlszige  thiere*  sosammen, 
Z.  auch  an  die  fonnel  der  Igavisohen  tafUn  Haovie  8tm^  iWif  oere 
Fisi,  Me  lovine^  ocrer  Fisie^  Mar  lovinar  dupursuif  peturpur^ 
SU8  fato  fUo  peme  posine  usw.  erümert  *daB  sweiftadge  unter  den 
thieren'  ist  in  der  opferspradhe  ebenso  feste  beieidüiimg  des  mm-» 
sehen  wie  Mas  vierftszige  unter  den  tUeren'  die  des  Tosses. 

Eine  einteflung  der  thierwelt  ist  im  reda  Mfcers  nnd  rem  Tsr- 
schiedenen  gesicbtspnncten  ans  rersnohi  besonders  nahe  trMen  dem 
Arier  natürlich  als  hanptnahmngs-  nnd  erwerbsqneBe  die  hans- 
thiere,  welche  nach  festem ,  unterscheidendem  meifcmal  bestladig 
in  zwei  gruppen  gesondert  erscheinen:  die  MhajßddmUas  *die  mä 
beiden  Seiten,  oben  und  unten,  schneideiShne  haben'  (mensoh,  pferd» 
esel)  I  nnd  die  an^odantOB  *die  nur  auf  6iner  seite  besafanten'  (die 
herdenthiere :  rind,  scbaf,  ziege),  also  deutlich  die  beiden  noch  in 
Linn^s  Classification  der  sftngethiere  Toxkommenden  Ordnungen  der 
einhufer  und  der  Zweihufer  oder  wiederkSuer.  *diese  efaiteihing  wird' 
sagt  Z.  8.  75  *noch  wichtiger  durch  folgende  werte  des  Aristoteles, 
thiergescb.  2,  1,  8  £cn  bk  xaX  ttcpl  Toöc  AbövTOC  ttoXXf|  buxqpopd 
Toic  äXXoic  Ziuoic ,  kqI  irpöc  ainä  Kai  irpöc  t&v  AvOpumov.  ixa 
fiiv  tap  ndvra  öbövrac,  dca  Trrpdnro&a  icd  £vai|ia  ical  riporifivfti, 
äXXdi  Trpii>T0v  ra  ^iv  dcnv  d^<pi&bovTa,  t&  b'  oök  dfiqMubovni. 
6ca  iikv  y&p  dcri  KeparognSpa,  oAk  djuupUibovTd  icnv'  oö  t&P  Cx^ 
Touc  irpocGiouc  öbövrac  lid  Tf^c  ävw  cicrrövoc.  £cn  b*  £via  oök 
d^<puU)0VTa  kqI  dx^pora,  olov  Kä|iT)Xoc.  die  ausdrücke  stimmen, 
wie  man  sieht,  so  nahe  wie  möglich:  ubhoffädant  und  dfiqH&bovT-; 
da  eine  trennung  in  äfiqp-uibuiv  unmöglich  ist,  so  wird  die  grund- 
f<Mrm  des  griechischen  ä^q>oubboVT-  sein,  nach  ausweis  der  wOrter- 
bficber  soll  das  wort  anszer  obiger  steUe  des  Aristoteles  nur  noch  Ein- 
mal in  der  griech.  litteratur  belegt  sein^^:  bei  Ljkophron  1401  be- 
zeichnet es  den  esel,  und  in  bester  ttbereinstimmung  hiemit  heiszt 
Ay.  5, 31,  3  der  esel  (gardabha)  eka^pha  (einhufig)  tMutifädant.'  ja 
auch  bei  den  Italikem  gelingt  es  dem  yf.  spuren  nachzuweisen,  'bei 
Paulus  finden  wir  in  den  auszfigen  aus  Festus:  ambidms  sive  bidena 
Ovis  appeüabaiur^  quae  superiorüms  et  inferioribus  est  denäSbus.  hier 
ist  richtiges  und  irriges  zu  sondern,  sachlich  Tollstlndig  unrichtig 
ist  von  einem  schaf  zu  sprechen,  das  oben  und  unten  s<£ieidesfthne 
hat;  ein  solches  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden,  sodann  hat  Hdens 
Ovis  gar  nicht  diesen  sinn,  hierüber  berichtet  Gellius  16,  6,  15  aus 
Julius  Hyginus :  quae  bidens  est^  inquit^  hosHOy  oportet  habeat  dentes 
octo^  sed  ex  his  duo  eeteris  äUiores^  per  quos  appareat  ex  mifk>re  aetaie 
in  maiorem  transcendisse,  dies  stimmt  sowol  mit  den  thatsachen  über- 
ein —  die  Wiederkäuer,  zu  denen  auch  das  schaf  zihlt,  haben  in  der 
untern  kinnlade  acht  zShne  sitzen  —  als  audi  mit  den  eignen  wor- 


*^  vgl.  indes  Snidas:  d^<pö6ovTa  2I4»o,  olov  dvOpuiiroc.  tirvoc, 
6voc,  Kul  (ko  oOk  4viiXXair>i^vouc  toOc  bb&rrac  Ixet,  EtTin.  M.  498,  8 
md  fiberbaapt  die  stellen  im  Thesauros  n.  d|i9Ö6ouc 


440  AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  altmdificheB  leben. 

ten  des  Paulus  u.  hidens:  hidenies  sunt  aves  duoa  denies  longiores 
ceteris  hahentcs.  suchen  wir  die  Widersprüche  zu  lösen,  die  Bich  in 
den  Worten  des  Paulus  u.  ambidens  finden ,  so  bietet  sich  folgende 
annähme  als  allein  möglich :  anthtdens  hatte ,  wie  ind.  tibka^fddant^ 
griech.  dfiq)UJbu)V  die  bedeutung  «auf  beiden  Seiten,  in  der  obem 
und  untern  kinnlade  Schneidezähne  habend »^  also:  ambtdens  amimei 
appeUahaiur  quod  superioribus  et  inferiarihus  est  denübus.  das  wort 
war  frühzeitig  auszer  gebrauch  gesetzt,  wie  es  überhaupt  nar  aus 
der  stelle  bei  Paulus  bekannt  ist ;  die  eigentliche  bedentong  wurde 
nur  durch  grammatiker  überliefert^  und  so  lag  die  mOglichlrait  nahe 
ambtdens  (das  i,  wie  in  audtmus  usw.  aus  aj/a  entstanden,  muste 
natürlich  lang  sein ;  es  trug  daher  wie  in  htdens  den  ton)  mit  htdens 
zu  identificieren.  ob  dies  von  Paulus  geschah,  von  ihm  alao  der  la- 
satz  sive  bidens  ovis  herrührt,  oder  ob  derselbe  schon  ans  Festus 
stammt,  bleibt  für  die  sache  ziemlich  gleich.'  so  kommt  denn 
Zimmer  zu  dem,  wie  auch  mir  scheint,  durchaus  nicht  zu  kühnen 
schlusz,  dasz  schon  in  der  indogermanischen  nrzeit  die 
fünf  opferthiere  (mensch,  rosz,  rind,  schaf,  ziege)  in  zwei 
classen  eingeteilt  wurden,  deren  erstere  den  namen 
amhhayädant  (skt.  ubhayädant^  gr.  äfiqxubovT- ,  ital.  anibfäeni-) 
führte  und  die  beiden  obersten  opferthiere  menech 
und  rosz  einbegriff,  wie  dies  uhJkiyädant  noch  im  vediachen 
ritual  thut. 

Für  die  thiere  der  wildnis  (einiges  nähere  über  die  hans- 
und  opferthiere  folgt  unten  s.  451  f.)  wird  ebenfalls  eine  in  einem 
bruchstück  des  Av.  besonders  deutlich  vorliegende  einteünng  nach* 
gewiesen,  die  selbst  wissenschaftlichen  anforderungen  der  neoseit 
einiges  genüge  leisten  könnte,  dieselben  werden  nemlich  gegliedert 
in  säugethiere,  vögel,  amphibien,  fische  und  'schmuzige%  dh.  in- 
secten  und  wÜrmer. 

Von  den  ersten  ist  im  Bigveda  besonders  der  frei  umher- 
schweifende herscher  der  waldbewachsenen  berge,  der  menschen 
und  thieren  gleich  gefährliche  löwe  gefürchtet;  man  sucht  sieh  des 
unbequemen  gesellen  auf  alle  weise  zu  entledigen,  durch  fallen, 
hinterhalte  und  gröszere  treibjagden;  vgl.  Strabon  15,  1,  31  s.  700. 
in  den  spätem  SamhitA,  dh.  eben  in  den  östlicher  gelegenen  Wohn- 
sitzen, in  Bengalen,  tritt  an  seine  stelle  der  im  Big  noch  gar  nicht 
genannte  tiger,  dessen  gefährlichkeit  sprichwörtlich  war  (^es  ist, 
wie  wenn  man  einen  eingeschlafenen  tiger  weckt'),  der  elephant 
erregte  durch  seine  gewaltige  kraft  das  staunen  der  Arier  (über 
elephantenfang  in  späterer  zeit  Megasth.  bei  Strabon  15,  1,  42  f. 
s.  704  f.  und  Arr.  Ind.  13  f.;  fr.  36.  37  Schw.).  die  äffen,  dieses 
^Zerrbild  des  menschen'^,  und  ebenso  die  mit  menschlicher  stimme 
begabten  papageien^,  wurden  gezähmt  und  abgerichtet,  mit  dem 


&  vgl.  Ailianos  ircpl  Iibuiv  16,  10,  1  eliroi  6'  dv  6  f&f|  t6  dXnMc 
clbuic  dcKV)Täc  clvai  oOrdc.         *  Ailianos  ir.  1. 16,  S,  1  ol  irdvTCC  oiHrtMy 


AEaegi:  anz.  ▼.  HZimmer  alünditeliM  leben.  441 

äffen  kam  au8  dem  indischen  Ophir  anoh  der  yielbewnnderte  pfan» 
dessen  heimat  Indien  ist,  wo  ihn  Alexander  noch  wild  yorfaiid,  an 
den  hof  des  königs  Salomo,  and  von  hier,  dh.  ans  dem  semitisehen 
Vorderasien  gelangte  der  prunkrogel  znm  Heraion  anf  Samos  nnd 
weiter  nach  Griechenland/  des  königlichen  adlers  hKnfiges  epi- 
theton  ridschipifa  (urspr.  ardsd^ipsßa)  *an&trebend,  sohneU  auffliegend' 
ist  bei  den  iranischen  brttdem  appellaüvische  beteichnang  des  vogels 
geworden :  altbaktr.  ereMifya]  al^rsisch  dpEitpoc*  deröv  irap&  TT^ 
caic :  Hesychios.  die  namen  für  e nie  (skt  äk^  gr.  v^cca  ans  Vfina, 
lat.  anat,  ahd.  amU:  vgl.  Job.  Sohmidt  in  KZ.  XXm  268)  nnd 
gans  {hahsa  :  xi^v  :  ^ hanser  :  fftms)  gehören  bekaontlieh  schon  der 
indogermanischen  Ursprache  an;  wenn  die  gans  u^iarlmdh  *in  der 
frühe  erwachend'  heiszt  nnd  herrorgehoben  wird ,  dasz  sie  anch  in 
der  nacht  wache,  so  erinnert  das  auffUlig  an  die  rettong  des  Gapüoils 
und  Oberhaupt  an  den  rühm  besonderer  Wachsamkeit,  dessen  sich 
dieses  thier  wenigstens  im  classischen  altertnm  durchweg  erfreute.' 
zu  ente  und  gans  fQgt  nun  Z.  ein  drittes  beispiel  hinzu:  ^äkuna-^ 
fokuni-  ist  (vgl.  nachtr.  s.  430)  ein  allgemeiner  name  ftr  im  wasser 
lebende  yOgel,  welche  Vorzeichen  geben;  laut  wie  bedeutung  machen 
die  Zusammenstellung  mit  KÖicvo-C  und  cicoma,  welche  beide  be- 
kanntlich als  weissagevögel  galten  und  gelten,  auszerordenflich  wahr- 
scheinlich.' 

Unter  den  amphibien  ÜEdlen,  neben  schildkrOte,  krebs,  kroko- 
dil'^  besonders  die  schlangen  auf,  deren  alte,  abgeworfene  httute 
man  unter  groszen  gefahren  aufsuchte  und  für  gute  bezahlung  als 
amulet  gegen  Wegelagerer  verkaufte,  wenn  Megasthenes  berichtet 
in  India  serpentes  in  iantam  moffnüudinem  adciUscerej  ut  solidas 

^aeövTcc  Ujc  iTatÖ€Cf  oOruic  xal  ainoX  'xiyycrrrm  XdXot  Kai  qf>e^ovToi 
(pOiy^ia  dvepuiiTiKÖv.  iv  bi  Tcrlc  OXaic  6pvieuiv  abf  d<piAciv  ^xov,  <puivf|v 
bl  eöciiMÖv  T€  Kai  cöcTo^ov  oO  irpotevTot,  dXk  €iclv  d^iaMc  xal  oöirui 
XdXoi.  Ktesins  fr.  57,  3  s.  80  (Müller)  btoX^ccOai  hi  o0t6  diCTrcp  dv- 
epuiiTOv,  *lv6iCTi'  Av  bi  '€XXT)vtCTi  ^deig»  koI  '€XXTpacT(.  auch  Nearebos 
ciTTOKOuc  übe  bi\  Ti  euO^u  dmiT^CTOi  (Arr.  Ind.  16,  8). 

^  Cartiiis  Kufas  9,  1,  18.  Hebn  cnltiirpflanseD  und  haotthiere* 
f.  307  f.  ^  ausser  Livias  5,  47,  4  und  dem  durch  Cic.  p.  S.  Rotdo 
§  56  bezeugen  (j^ebranch  vgl.  zb.  Lacr.  4,  68S.  Ov.  met,  8,  6M.  11,  698  f. 
nee  voce  tilentia  rumpuni  tolKcitive  emne»  eanibutve  tagaeior  am  er, 
Ailianos  ircpl  Iibuiv  12,  3  (puXdTTCtv  x^vibv  kOvcc  dxpciörcpoi.  Mari. 
3.  58,  13  argutuM  anser.  Verg.  ecl,  9,  39.  Anth.  PaL  7,  486,  3  xdv  bi 
b6\nuy  q>uXaKÖc  ^cXcöv^^öva.  *  für  beide  genüge  die  Verweisung  auf 
WWackemagels  inta  TrrcpöcvTO  (kleinere  scnriften  III  186);  beachtens- 
wert ist  auch  8imrock  deutsche  myth.*  t.  816;  'nach  Arndts  seugnis 
vertritt  in  Rügen  der  Schwan  die  stelle  des  Storchs;  man  sagt  dass 
er  die  kinder  bringe.'  "»  Nearchos  bei  Strabon  16,  1,  26  s.  696  (fr.  6 
Müller)  'AX^Eav6pov  6*  iv  \kiy  rCp  Tbdcmg  KpOKOÖciXouc  (bövra  cöpr)- 
K^vai  bölai  räc  toO  NeiXou  wrff&c.  Arr.  Ind.  6,  8.  Aristoteles  bei 
StrAbon  15,  1,  45  s.  707  (fr.  82  Müller)  xpoKOÖciXouc  oOt€  itoXXoOc 
oOt€  ßXaiTTiKOuc  dvepiiiTTUiv  ^v  T(p  Ivöip  <pr)clv  €6p(CK€c0oi,  da- 
gegen Plinius  6,  20,  76  urbt  jmlckrm  /bstii  pabiMtriku»  wmmtM^  per  quM 
crocodili  humani  corporin  avidi*iimi  adUum  tM  ponte  tum  äanL 


442  AEaegi:  anz.  ▼.  HZimmer  altindiBcbes  leben. 

hauriant  cervos  taurosgue  (Plinius  8,  14,  36),  so  keimen  die  iexte 
wenigstens  einen  adschagara  dh.  ^ziegenverschlinger';  'reis  and 
gerste  hast  du  verschlungen  wie  eine  riesenschlange  sohafe'  haut 
es  im  Av. 

Von  den  fischen,  die  nur  selten  genannt  werden,  läsit  aidi 
blosz  der  delphin  sicher  bestimmen,  von  den  insecten  sden  die 
raupen,  welche  die  bäume  ihres  blatterschmuckes  beranban,  alt  ob 
ein  orkan  darüber  hingebranst  wttre;  die  bienen  mit  dem  liebaii 
honig,  und  die  wadhu  (jH^Ou)  liebenden  fliegen  erwähnt."  über  die 
'goldgrabenden  ameisen',  von  welchen  die  vedischen  texte  nidits 
wissen,  sieh  Lassen  ind.  alt.  V  1021  f. 

Das  vierte  capitel  behandelt  die  Völker  und  stttmme.  wie 
Dareios  in  den  keilinschriften  voll  stolz  ausdrücklich  hervorhebti 
dasz  er  'ein  Arier  aus  arischem  samen,  ein  Perser ,  eines  PerMn 
söhn',  nicht  nur  über  die  arischen  Perser,  sondern  auoh  über  die 
Dahyu  könig  sei,  so  finden  wir  auf  dem  vedischen  Schauplatz  dmdi- 

A 

weg  die  beiden  sich  schroff  gegenüberstehenden  gruppen  der  Ar  ja 
und  Dasyu  oder  An&rya:  es  sind  die  'leute  eignen  Stammes,  die 
Volksgenossen'  und  ihnen  gegenüber  die  'fremden,  die  feinde*. 
die  dunkle  hautfarbe,  verschiedene  spräche,  anderer  brauch  und  vor 
allem  anderer  glaube  trennte  die  eroberer  scharf  von  den  zahlreichen, 
streitbaren  scharen  der  erst  nach  hartem  kämpfe  weichenden  ein- 
geborenen, welche  als  'phallus Verehrer'  bezeichnet  zu  werden  schei* 
nen.  wir  sehen,  wie  nach  und  nach  unter  dem  mftchtig  helfenden 
beistand  der  in  aller  not  angerufenen  g5tter  die  arischen  stftmme 
von  Ostkabulistan  und  den  ufern  des  obem  Induslaufes  'die  schwarze 
haut'  vor  sich  her  treiben  und  deren  blühende  besitzungen  an  sieh 
reiszen;  wer  von  der  Urbevölkerung  in  diesen  kämpfen  nicht  umkam 
oder  nach  norden  in  den  Himalaja,  nach  Südosten  in  das  Vindhya- 
gebirge  zurückwich,  der  wurde  geknechtet,  frauen  und  töchter  wur- 
den Sklavinnen,  aber  auch  die  Arier  unter  sich  befehden  sieh  viel- 
fach; nicht  jedet  stamm  hat  gleiche  lust  und  gleiche  neigong  tor 
friedlichen  pflege  der  herden,  zur  ruhigen  bestellung  der  aaatoi; 
manchem  mochte  es  viel  vorteilhafter  erscheinen,  die  herden  des 
nachbarstammes  wegzutreiben  und  von  der  natur  gesegnetere  land- 
striche  zu  suchen,  während  andere  solchem  vorwärtsdrftngen  ein  halt 
entgegenzusetzen  suchten,  so  entstanden  zahllose  reiberden,  kri^g 
und  kämpf  auch  unter  den  stammverwandten ,  wodurch  die  gann 
Umgestaltung  der  politischen  und  religiösen  anschauungen  und  v«r« 
hältnisse,  wie  wir  weiterhin  sehen  werden,  wesentlidi  ermöglicht 
wurde. 

Der  vf.  geht  nun  allen  einzelnen ,  mit  namen  genannten  rcUo* 
stammen  nach  und  sucht  deren  Wohnsitze,  Wanderungen,  gegenseitige 

^1  erinnert  doch  sb.  BV.  7,  33,  2  'hier  sitzen  deine  beter  Ja  beim 
safte  wie  beim  madba  die  fliegen'  (ähnlich  BV.  4,  46,  4)  anfnUlig  an  das 
gleichnii  Homers  TT  461  ff. 


AKaegi:  anz.  ▼.  HZimnier  sltuidiieliei  Uhmu  443 

hnngen  festzustellen,  da  ihrer  nur  wenige  bei  den  nlaiwiiidnin 
ftetellem  begegnen  —  die  OandbAri,  fotvbdptot  auf  dem  elld- 
der  KubhÄ,  die  Qivi  oder  (Jivt^  Qßat  oder  C(poi  im  Ftedeehab; 
KacndTTupoc ,  Kacirdrupoc  Tgl.  Lenen  ind.  alt  I*  64  anm.  — 
ill  ich  hier  den  ausftlhrungen  Z.8  niobt  weiter  nachgehen  und 
auf  einige,  hier  naheliegende  bemerkungen  betdnrlaken.  gogen- 
den  aufstellungen  neuerer  forseherv  apeeieU  ALodwigs ,  wird 
a^ewiesen  (s.  134 — 138.  nachtr.  s.  483  f.)t  daai  nntar  den  in 
ichen  texten  wie  in  spfttem  sefariften  mehr&oh  vorhommendeii 
il,  Prithu,  P&rthava,  Par^u  durehana  nieht  die  beiden  iramaehen 
me  der  Parther  und  Perser  yeratanden  werden  dürfen ,  daai 

beiden  vielmehr  dem  veda  durehana  unbekannt  sind.  —  Daas 

on  Herodotos  3,  101  beschriebenen  yOlkerstimme  (|i^Xavec  TÖ 

la)  Nicb tarier  sind,  ergibt  sich  nach  dem  obigen  von  seibat; 

die  von  ihm,  von  Helmtaios  ua.  genannten  Kcdlcrriai  erweisen 

lurch  ihren  namen  (von  skt.  kdh  *schwlffi')  als  cur  ^aohwanen 

gehörig;  vgl.  Lassen  ind.  alt  I*  465  f.  —  BV.  6,  89, 10  preist 
dlnger  von  Indra:  'du  zermalmtest  mit  der  wafle  die  anädo 
^n,  in  ihrem  eigenen  hause  die  sdimSber/  daa  adj.  €mä$  tet- 
zu  anfang  deutlich  die  negativpartikel,  kann  aber  ebenso  gnt 
-(-  nds  dh.  naribus  nan  praeäUue  wie  mam  +  48aL9r$  mm 
lUus  zerlegt  werden,  ob  dies  sich  ursprOnglioh  auf  die  kOneni 
L  der  eingeborenen  bezog  ('plattnasig')  oder  ^misgestaltei'  Aber- 
;  besagen  wollte  —  jedenfalls  liegen  hier,  denke  ich«  in 
eimischen  quellen  die  £cT0^0l  des  Hegasthenes 
worüber  nach  Schwanbeck  Meg.  s.  69  ua.  anch  noch  Lassen 
'  698,  2  sagt,  sie  wftren  'in  indischen  Schriften  noch  nicht  anf- 
iden  worden'.  Strabon  15, 1, 57  s.  711  schreibt  (wie  aus  der  fol- 
m  stelle  des  Plinius,  aus  Plutarch  und  Strabon  selbst  hervorgeht, 
Megastbenes,  nicht  nach  Timagenes,  wie  A Vogel  ao.  annimt): 
)pu)nouc  X^T€i,  Ojv  Tivac  dfiiiKTiipac,  ävanvo&c  £xo  vrac 

)V   buo   UTT€p  TOC   CTÖfiOTGC  .  .  dCTOfiOUC  ti  tlVOC  dxOfW^t 

)uc  dvOpuiTTOuc  oUeiv  bk  ircpl  rdc  irtirdc  toO  rdxTOU,  Tp^- 
XI  b'  dTMoTc  ÖTTTuiv  Kp€uiv  kqI  Kopwüjv  Kol  &v66uv  6qidic, 

Tujv  CTOMdTwv  ^x^vTac  dvaiTVodc,  x<^^<xiv€iv  b^ 
buciM)€ci,  kqI  bid  ToöTO  iT€piTiv€c6ai  ^6Xic  kqI  ^dXtcro  tv 
:oitih[p.  deutlich  nach  derselben  quelle  Plinius  7,  2,  25  Ife- 
mes  gentem  inter  Namadas  Indos  narium  loeo  foramina 
um  habentem,  anguium  modo  lonpedem^  voeturi  Sekitaa  (bb 
wol  die  Kiräta  gemeint),  ad  extremos  fines  hMat  ab  orjeiile 
fondem  Gangis  Ästomorum  gentem  sine  ore^  empöre  Mo 
n  vestiri  frondium  lanugine^  halitu  tantum  viventem  et 
e  quem  naribus  trahant,  nuüum  HUs  cibum  mdliitmq%ie 
I,  radicum  t€Mtum  florumque  varios  odores  et  süvestrimm  meHo- 

quae  secum  portant  longiore  itinere^  ne  desü  otf actus,  gror 
paulo  odore  haud  difficuUer  exanimari.  vgl.  Plut  de  feoie  in 
lunae  c.  24  s.  938^.   wie  aus  diesen  beiden  stellen  und  noch 


444  AKae^:  anz.  ▼.  HZimmer  altindiecheB  leben. 

deutlicher  aus  Strabon  2,  1,  9  s.  70  bia(p€pövTiuc  b'  äiriCTCW  fiElov 
Athmäxw'  t€  kqI  M€Tac9€V€i.  oötoi  t^P  €lciv  ol  touc  ^vurrOKoiTOC 
KCl  TOUC  dcTÖjLiouc  KQI  äppiVQC  lcTopoövT€C  hervorgeht,  er- 
zählte Megasthenes  sowol  von  'mundlosen'  ah  auch  von  'nasenloacn', 
und  da  er  selbst  s.  711  die  q)iXöcoq>oi  dh.  die  br&hmanen  als  teiiie 
gewährsmttnner  nennt,  so  drängt  sich,  scheint  mir,  die  yermntaiig 
auf,  dasz  jene  beiden  fabelhaften  menschengattnngen  in  lettter  Imie 
ihre  entstehung  der  doppelten  etymologischen  erklttrong  jenes  ad- 
jectivs  anäs  verdanken ;  wir  hätten  dann  einen  deutlichen  fingeneig, 
wie  die  fabeleien  alter  autoren  über  Indien  ihren  ani- 
gangspunct  wol  auch  etwa  in  einheimischer,  priester- 
lich-scholastischer gelehrsamkeit  (Vedenexegese)  haben 
mögen. 

Das  zweite  buch  behandelt  die  äuszern  zustände  unter 
dem  vedischen  volke,  und  zwar  zuerst  in  cap.  5  ansiedlang 
und  Wohnung. 

Die  vedischen  Arier  waren  schon  bei  ihrer  ankunft  im  Indai- 
gebiet  kein  eigentliches  nomadenvolk  mehr,  sie  hatten  das  beweg- 
liche zeit  des  nomadisierenden  hirten  schon  mit  einem  festem  Ob- 
dach vertauscht;  man  trieb  auch  ackerbau  —  ist  doch  krishü  'pfltt- 
gung'  geradezu,  abstractum  pro  concreto,  bezeichnung  ftlr  (das  acker- 
bautreibende) Wölk'  —  und  wohnte  zusammen  in  dörfem  und  Ort- 
schaften {gräma)'^  die  umfriedigte,  geschlossene  niederlassnng  ge- 
währte schütz  gegen  den  einbruch  reiszender  thiere.  gegen  die 
angriffe  der  feinde  wie  gegen  Überschwemmungen  waren  die  jpm 
angelegt:  grüszere,  befestigte,  auf  erhöhten  puncten  gelegene  und 
durch  erdaufwürfe  und  graben  geschützte  platze,  in  denen  man  nr 
zeit  der  gefahr  sich  mit  hab  und  gut  barg,  die  'lieblingsidee'  ver- 
schiedener gelehrten,  das  vedische  volk  und  noch  mehr  die  vertrie- 
benen Dasyu  in  zahlreichen  ^städten'  (pur  ist  warzelhaffc  iden- 
tisch mit  nöXic) ,  dh.  in  gröszem ,  enger  aneinander  gebauten ,  mit 
wall  und  graben  umgebenen  und  fest  bewohnten  häusercomplaien 
seszhaft  zu  denken,  zertrümmert  der  vf.  besonders  durch  den  hisr 
weis  auf  die  Verhältnisse  der  Slaven ,  Germanen  und  Italiker  (über 
diese  vgl.  Mommsen  RG.  I^  37  f.).  wer  hier  von  ^stftdten*  spridit, 
begeht  denselben  anachronismus  wie  Ptolemaios,  der,  im  gegensaU 
zu  Tacitus  werten  Genn.  16  nullas  O-ermanorufn  papuU»  urbes  fuMr 
tari  satis  notum  est  von  nahezu  neunzig  städten  (nöXcic)  G^rmaaifiis 
spricht,  während  solche  nachweisbar  bis  zum  beginn  des  achten  jh. 
im  innem  Deutschland  unbekannt  waren.  —  Hof  und  haus  {dam  ■» 
bu»,  dama-  ■»  böfio-c)  sind  umfriedigt  und  verschlieszbar,  eine  wol» 
befestigte  thür  war.  also  ein  wesentlicher  bestandteil  des  hanses. 
das  ganze  haus  war,  wie  in  den  ebenen  noch  zu  Megasthenes  Beüea"« 

1*  Arrian  Ind.  10,  2  iroXCuiv  bi  dpiO^öv  oük  ctvot  Av  drpcicic  dva- 
TpdHiat  tCüv  'Iv6ik(£iv  {iirö  irAfiOcoc  dXXd  y&p  Öcat  TropoirordMiai  oÖT^wv 


AKaegi:  anz.  ▼.  HZimmer  altindiichei  leben;  445 

reiner  holzbaiu  ^fitrebepfeiler  wurden  anf  festem  gninde  errichtet, 
sttttxbalken  lehnten  sich  schräg  wider  dieselben:  deökbaUcen  ver- 
banden die  grund*  und  eckpfeiler  des  hanses;  lange  bambnsstftbe 
lagen  auf  ihnen  und  bildeten  als  sperren  das  hohe  dach,  swisohen 
den  eckpfeilem  wurden  je  nach  grOsze  des  baos  Terschiedene  pfiwtan 
noch  aufgerichtet,  mit  streb  oder  rühr«  in  bflndel  gebunden ,  fttUte 
man  die  zwischenrftume  in  den  winden  aus  and  ttbenog  gewister- 
maszen  das  ganze  damit,  riegel,  klammem,  stricke,  riemen  hielten 
die  einzelnen  teile  zusammen,  die  rnnfSueong  der  thttr  in  der  yorder* 
wand,  der  rahmen  samt  der  thflr  selbst  heisit  4M.'*  yerBohlossen 
wurde  die  thttr  ähnlich  wie  beim  Homerischen  hause  mit  einem 
riemen'  (s.  153).  von  einzelnen  räumlichkeitan  des  hauaes  werden 
die  Stätte  des  herdfeuers,  das  allgemeine  wohngwuach,  dann  die  ror* 
ratskammer,  das  frauengemach  und  die  nebengebiude;  als  teile  der 
mOblierung  bänke ,  sanften  oder  tragsessd ,  und  das  lager  mit  sitz* 
kissen,  kopfpolster  und  milchweiszer  decke  namhaft  gemacht. 

Waren  die  sitze  der  vedischen  stamme  im  allgemeinen  reich  an 
Wasser,  so  konnte  doch  öfters  Wassermangel  eintreteiL  ^dieeem  ttbrt 
wüste  man  abzuhelfen,  man  grub  brunnen,  die  Ton  bedeutender 
tiefe  waren:  denn  um  das  wasser  heraufzub^rdem,  bedurfte  man 
kflnstlicher  Vorrichtungen,  oben  war  ein  steinernes  rad  befestigt,  Ober 
welches  ein  riemen  lief;  an  diesen  riemen  wurde  das  scliöp%efltos 
gebunden  und  bo  das  wasser  aus  der  tiefe  heraufgerollt  und  in  die 
neben  dem  brunnen  angebrachten  tränken  ausgegossen.'  auch  kfinst- 
liche  Wasserleitungen  wurden  angelegt,  um  allzu  entfernte  quellen 
oder  angesammeltes  regenwasser  fernhin  nutzbar  zu  machen,  ja  viel* 
leicht  noch  mehr :  BV.  10,  4,  1  heiszt  es :  dhänvann  iva  prapä  asi 
tväm  agnc\  'du  bist,  o  Agni,  wie  eine  tränke  in  der  wttste'; 
daraus  wird  man  doch  wol  mit  Roth  im  Petersburger  Wörter- 
buch auf  'tränken,  schuppen,  in  denen  reisende  wasser  antre£fen' 
schlieszen  dürfen:  gewis  eine  auszerordentlich  humane  einrichtung 
in  so  früher  zeit. 

Den  folgenden  abschnitt  über  Staat  und  recht  (cap.  6)  er- 
öffiiet  eine  genaue  darstellung  der  Volkseinteilung,  worin  die 
vedisch-arische  als  mit  der  altiranischen,  altslavischen,  altgermani- 
schen und  altitalischen  identisch  nachgewiesen  wird,  behufs  abwehr 
drohender  angriffe,  zum  zweck  von  beutezügen  in  das  gebiet  anderer, 
besonders  nichtarischer  stamme  bildeten  sich  grössere  coalitionen 


f\  trapaOoXdcciai,  Tuurac  )kiy  EuXivac  iToU€c6ar  oö  läp  ctvm  im  vXivOou 
iroicoM^vac  biapK^cai  4irl  xP<^vov  toO  t€  ööotoc  bnKa  toO  IE  oöpavoO, 
Ktti  ön  ol  iroraMol  aOroIctv  OircpfdXXovrcc  önlp  Tdc  6x6ac  l^mirXda 
ToO  O^oToc  Tä  iT€bia.  öcai  h"  ^v  öncpöcEiotci  tc  koI  f&ercdipoia  röiroia, 
Kul  TouToiciv  (nifiiXotctv,  ifjKicfi^vai  clci,  Tai>Tac  hi  Ik  vmvOou  tc  KOl 
in^XoO  iTot^ccOai. 

1^  wie  Osthoff  in  KZ.  XXIII  84  erkannte,  sind  ved.  äU,  Ut,  an/atf, 
altnord.  Omd  identisch;  Zimmer  weist  s.  154  auch  das  altbaktriscbe  äqui- 
valent nach. 


446  AKaegi:  anz.  y.  HZimmer  altindiBches  leben. 

Ton  Völkerschaften;  doch  war  man  nach  errungenem  siege  glflck- 
lich  wieder  heimgekehrt,  in  friedenszeiten,  stand  das  einzelvolk  oder 
der  einzelne  stamm  als  hOchste,  politische  einheit,  für  sich  als  sellh 
ständiges  ganzes  da(8kt.  dschana,  lat  civüas,  osk.  tota^  gem.  ttiiMia). 
die  nächste  Unterabteilung  des  Stammes  ist  der  gau  (ski.  vi^,  itaL 
tribus,  genD.pagus\  welcher  sich  seinerseits  aus  den  einzelnen  sippeD 
oder  dorfschaften  (skt.  grdma  oder  vridschana,  ital.  gens^  germ.  trä», 
thorp^  langob.  fara:  vgl.  Schweizer-Sidler  zu  Tac.  Otrm,  7,  10)  ra- 
sammensetzt  die  letztem  waren  ursprünglich,  wie  die  termini  in 
den  texten  noch  deutlich  durchblicken  lassen,  je  eine  Verwandt- 
schaft, eine  anzahl  unter  sich  noch  eng  zusammengehöriger 
famili  en.  diese  uralte,  bei  den  Afghanen  noch  heutzutage  zu  recht 
bestehende  Stammeseinteilung  kam  nicht  nur  im  frieden,  sondern 
auch  im  kriege,  in  der  schlacht  zur  geltung:  dicht  neben  einander 
kämpften  die  kriegerschaften  der  gleichen  fiamilien,  Ortschaften,  gaiie 
und  stamme,  also  genau  so  wie  wir  es  aus  einheimischen  quellen  und 
Tacitus  von  den  Germanen  wissen:  quodque praeäpumm  fartUitdims 
inciiamenium  est ,  sagt  jener  &erfn.  7 ,  non  casus  nee  farhiüa  e(m^ 
hatio  turmam  aut  cuneum  facU^  sed  familiae  et  propinquiiates] 
wozu  man  femer  Nestors  rath  vergleiche  IL  B  362  xpiv*  fivbpOC 
KQTd  (pOXa,  KaTd9piiTpac,  'AxÖMCfxvov,  djc  (pp^Tpti  q>pVj- 
Tpricpiv  äprJTQi  qpOXa  bi  (puXotc  und  Ameis-Hentze  anhang  I* 
8.  90.  129  f. 

Die  regierung  der  in  der  angegebenen  weise  gegliederten 
arischen  Staaten  war  natürlich,  ihrem  ursprang  aus  der  fiamilie  ge- 
mäsz,  eine  monarchische,  an  der  spitze  des  grdma  stand  der 
grämani  ^führer  der  dorfschaft',  den  gau  führt  der  vig^i  ^gauheir*! 
dem  Staate  steht  als  *lenker'  des  ganzen  der  kCnig  vor  (rädsckam^ 
rix),  in  vielen  fällen  war  seine  würde  erblich ,  in  andern  wurde  er 
von  den  vereinigten  gauen  in  der  stammesversamlung  {sanhUi)  ge- 
wählt, 'ich  habe  dich  herbeigeholt'  heiszt  es  in  einem  bei  der  ein« 
führung  eines  wahlkönigs  gesprochenen  liede,  'sei  fest  im  innen, 
steh  und  wanke  nicht:  alle  gaue  lieben  dich,  nicht  soll  deinem  baupt 
das  diadem  entgleiten,  hier  bleib,  nicht  entferne  dich  mehr,  wie 
ein  fels  sei  unbeweglich;  steh  fest  wie  Indra,  hier  erhalte  das  reiefa» 
treu  ist  alles  lebende  hier,  treu  sei  der  herscher  da  der  gaue'  nsw. 
ob  die  wähl  an  die  glieder  einer  bestimmten  herscherfamüie  geboi- 
den  war,  oder  ob  sie  aus  den  edlen  geschlechtem  überhaupt  vorge- 
nommen wurde,  läszt  sich  nicht  bestimmen,  wol  aber  erkennen  dass 
es  an  Wettstreit  um  den  vorrang  und  an  kämpfen  um  die  herschaft, 
ja  selbst  an  Vergewaltigung  einer  versamlung  durch  einen  throncan- 
didaten  nicht  fehlte,  'überlegen  bin  ich  hierher  gekommen  mit  ttner 
zu  allem  fähigen  schar;  eurer  absieht,  eures  beschlnsses,  eurer  ver- 
samlung bemächtige  ich  mich'  spricht  ein  solcher  BV.  10,  166,  4. 
femer  weisen  deutliche  spuren  darauf  hin,  dasz  etwa  angehOrige  der 
königlichen  familie  sich  mit  beeinträchtigung  ihrer  verwandten  zu 
alleinherschem  aufwarfen,    also  genau  derselbe  Vorgang,  wie  er 


AEaegi:  aaz.  t.  HZimaiar  altiiidiMliM  iebcoiL  447 

uns  beim  stamme  der  Cheruaker  ttberlifiCftrt  iit»  ^  es  ist  danun  Zu 
«och  geneigt  nach  altgermanisohem  Yorbild  nad  wdtoren  spnrai 
im  Avesta,  auf  welche  früher  eohon  Spiegel  hingedentethaitei  neben 
dem  erblichen  kOnigtom  und  der  waUmonacehie  noch  eine  dritte 
Staatsform  anzunehmen,  nemlich  die,  dasi  im  frieden  der  stamm  kein 
einzelnes  Oberhaupt  hatte,  sondern  dass  mehrere  ^^iadsr  der  kOnig- 
licben  familie  die  herschaft  gemeinsam  ansHUen*  jedenftlla  war  das 
kOnigtum  nirgends  ein  absolotesi  sondern  flberall  dnroh  den  willen 
des  Volkes  beschränkt,  welches  seine  thfttigkeit  und  mitwirimng  in 
Tersamlungen  der  unter  sieh  yerwaadten  dorfgemeinde  (sotM,  Wur- 
zel wort  des  deutschen  sißpe^*)^  des  gans  (der  deutseben  tansend* 
schaft)  und  des  Stammes  zur  geltnng  bnchte. 

Der  könig  war  in  friedensseiten  ^besditttKer  seines  volkes', 
welches  ihm  dauernden  gehorsam  su  leisten  hatte»  widrigenfalls  er 
sich  denselben  erzwang*  festgesetzte  abgaben  zahlte  das  volk  dem 
kOnig  nicht,  nur  freiwillig  brachte  es  ihm  gesohenke  (ygL  Tao. 
Oerm,  15  mos  est  cwüatibus  ultra  ae  vküim  eonfetrre  pHnclpOm$ 
vd  armeniorum  vel  frugum)]  freilich  wird,  wie  die  Mfe  bei  den  Ger^ 
manen ,  die  freiwillige  gäbe  auch  hier  mit  der  zeit  zur  fordemng  ge^ 
worden  sein;  jedenfalls  fiel  dem  kftiig  als  heerflihrer,  wenn  nicht 
der  ganze  tribut  zinspfliditig  gemachter  stftmme,  doch  ein  bedea* 
tender  teil  der  kriegsbeute  su:  denn  er  hatte  snrkriegszeit  — 
das  erscheint  als  seine  herroiragendste  beftignis  —  das  redit  des 
Oberbefehls  und  im  weitem  die  Verpflichtung,  in  ernsten  momenten, 
zb«  bei  einer  bevorstehenden  schlacht,  für  den  stamm  das  opfer  zu 
veranstalten,  entweder  selbst  darzubringen  oder  durch  einen  ihm  be« 
freundeten  s&nger  darbringen  zu  lassen,  fast  bei  jedem  stamme 
finden  wir  in  der  Umgebung  des  kOnigs  solche  stogerfianilien,  welche 
die  thaten  des  herschers  und  seines  Volkes  preisen*  und  weil  ein 
opfertrunk  ohne  preisgebet  und  eine  opfergabe  ohne  lied  den  gOttem 
nicht  genehm  ist,  es  aber  auch  nicht  jedem  kOnige  gegeben  ist,  solch 
einen  preisgesang  fUr  ein  gröszeres  opfer  kunstgeredbt  und  wolge- 
ordnet  zu  stende  zu  bringen,  so  tritt  ein  £^d  einer  sftngerfamilie  an 
seine  stelle  (jmrohUa  'vorangestellt,  anwalt').  war  das  opfer  von 
sichtlichem  erfolg  b^leitet,  so  vergaszen  die  sBnger  nicht  dies  wol 
auszunutzen :   'nur  der,  der  reichlich  opferlohn  dem  priester  spendet, 

**  s.  177:  'ao  der  spitze  der  Cherusker  standen  Analaias,  sein 
oheim  lo^uiomcras,  der  ebenfalls  verwandte  Begoites  und  deiaea  bmder 
Segimenu  (Tac.  ann.  1,  SO;  S,  17;  1,  66.  57);  alle  fOhrea  den  titel 
prtiictfp«  uod  machen  die  reffim  Mlirpg  an«  (aan.  11,  16).  als  nun  Armi* 
nina  danach  «trebte  alleinhertoher  zu  werden,  da  brach  ein  kämpf 
aas,  in  dem  er  unterlag:  ArwätUm  regmtm  mäfteUau  doio  propimqvormM 
ctcidit  (ann.  8,  88).'    vgl.  überhaupt  anch  Bchwelser-Sidler  su  Qerm,  7. 

I»  schon  die  bedeutungtentwieklunr  von  uhh4  ^versamlnDg  der  ge- 
meinde —  gemeindehaue  —  getelliget  loeal  für  mlaner  —  ^elkana' 
seigt,  daaz  auf  den  geach&ftliehen  t^l  der  vertamlong  gemütliches  bei- 
•ammensein  mit  Unterhaltung,  spielbret  und  wärfei  folgte;  vgl.  die 
Schilderung  bei  Tac.  Germ,  SS  und  griech.  X^CXil* 


448  AEaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindisches  leben. 

kann  jeden  feind  durch  seine  mannesstärke  schlagen  und  überallher 
sich  vom  feinde  wie  vom  freunde  schätze  sammeln*,  so  sagen  sie  und 
führen  es  den  fürsten  immer  und  immer  wieder  zu  gemflte,  wie  not- 
wendig es  sei  der  sänger  gunst  nicht  zu  verscherzen,  sondern  durch 
freigebige  geschenke  an  sich  zu  fesseln,  und  dasz  die  geschenke  oft 
sehr  bedeutend  waren ,  zeigen  die  zahlreichen  dänastuH  ('preis  der 
gäbe'),  abschnitte  welche,  in  die  eigentlichen  lieder  eingeschoben 
oder  ihnen  angefügt,  der  fürsten  reiche  gaben,  auch  wol  mit  Über- 
treibungen, preisen.  *^ 

Dasz  ausgebildete  rechtsbegriffe  schon  vor  der  vedi- 
schen  zeit,  schon  in  der  indogermanischen  urzeit  vorhanden  waren, 
zeigen  unwidersprechlich  proethnische  ausdrücke  wie  dgM  «=*  ^oc 
'unrecht',  apacUi  =  dirÖTici-c  *bestrafung',  dschndtar  —  TVuiCTr)p  ^ 
nötor  ^zeuge'  ua.  dasz  aber  die  beziehungen  der  einzelnen 
arischen  Volksgenossen  unter  einander  nicht  immer  die 
friedfertigsten  und  besten  waren,  ist  ebenso  deutlich :  wir  hüren,  wie 
betrüger  auf  alle  weise,  durch  Verleumdung,  lüge,  falsches  spiel  zu 
schaden  suchen ;  wie  diebe  im  dunkel  der  nacht  ihr  unsauberes  band- 
werk  treiben ;  wie  spitzbubon  und  gauner,  Wegelagerer  und  rftuber,  die 
selbst  ihr  eigen  leib  und  leben  daran  wagen,  um  ihre  beute  in  sicher^ 
heit  zu  bringen,  dem  friedlichen  und  rechtschaffenen  das  leben  ver- 
bittern, die  gesellschaft  der  letztem  sucht  sich  denn  auch  jener  nn- 
heimlichen  gesellen  möglichst  zu  erwehren,  und  weil  der  Staat  da- 
mals noch  nicht  auf  seine  kosten  Zuchthäuser  mit  den  nOtigen  hnma- 
nitätsgarantien  hinstellte,  so  musten  die  übelthäter  auf  andere  weise 
einige  zeit  festgehalten  und  schadlos  gemacht  werden,  man  band 
sie  zu  diesem  zweck  mit  stricken  oben ,  unten  und  in  der  mitte  an 
eine  feststehende  holzseule,  wie  Slaven  und  Oermanen  solche  Indi- 
viduen bis  in  die  neueste  zeit  'in  den  block  schlugen'. "  stammes- 
genossen ,  die  sich  durch  irgend  ein  vergehen  der  arischen  gemein* 
Schaft  unwürdig  gemacht  hatten,  wurden  ausgestoszen  und  musten 
flüchtig  werden,  solche  'verstoszene' '  -  wendeten  sich  meist  nach  dem 
Süden ,  in  die  von  den  Ariern  noch  nicht  occupierten  gegenden.  — 
War  man  über  schuld  oder  Unschuld  im  ungewissen,  so  scheint  man 
sich  an  beschwörer  gewendet  zu  haben ;  in  schwierigem  fallen  diente 
das  gottesurteilals  rechtsinstitut ,  und  zwar  nennt  ein  stttck  des 

^^  es  sind  deren  einige  mitgeteilt  auf  s.  70  meiner  abh.  ^der  Kigveda, 
die  älteste  litteratur  der  Inder'  (Zürich  1878.  79),  welche  demnichtt 
in  erweiterter  bearbeitung  separat  erscheinen  wird.  '^  ••  182:  'Iha- 
liche  Sitte  ist  bei  Germanen  und  Slaven  nachweislich!  man  sperrte  die 
fÜBzo  eines  Verbrechers  in  einen  ausgehölten  klotz  (block),  befesttett 
zuweilen  auch  nacken  und  mittelkörper  an  demselben.  Grimm  dentscEos 
Wort.  II  135  u.  'blocb'.  deutsche  rechtsalt  s.  720.  noch  Shakespeare 
läszt  Kent  blocken  (König  Lear  2,  2):  ^doch  diese  niedre  iflcht*giiBg 
ist  solcher  art,  wie  man  verworfnen  trosz  für  manserein  and  gaas 
gemeinen  unfug  bestraft.'  '^  skt.  pard-vridMch  ist  worselhaft  iden- 
tisch mit  dem  bekanntlich  in  gleicher  bedeutung  gebrauchten  ags.  vneeei; 
altsüchs.  tcrekkio,  ahd.  reccho^  recke:  vgl.  GCurtius  grundiQge  n.  141L 


AKaegi:  anz.  ▼.  HZimmer  altindisches  leben.  449 

Atharvaveda  ein  feuerordale  in  doppelter  art:  entweder  hat  der 
schwörende  einen  glühenden  gegenständ,  zb.  eine  glühende  axt,  in 
die  band  zu  nehmen ,  oder  er  musz  durchs  feuer  schreiten:  es  sind 
alao  hier  genau  die  beiden  arten  des  feuerordals  verbanden,  wozu 
auch  die  wttchter  beim  leichnam  des  Poljneikes  sich  zur  betheurung 
ihrer  Unschuld  anerboten:  Soph.  Ant.  264  f.;  vgl.  Becker  Charikles 
I'  279  f.  Schömann  gr.  alt.  II'  273.  daran  hätte  wol  um  so  eher 
erinnert  werden  dürfen,  als  diese  und  andere  arten  ordale  sich  ja  ganz 
gleich  bei  Germanen  und  Slaven  finden  (JOrimm  deutsche  rechtsalt. 
b.  912  —  916.  933  f.)  und  wir  hier  deutlich  urindogermanischen 
rechtsbrauch  vor  uns  haben. 

Am  Schlüsse  dieses  cap.  unterzieht  der  vf.  diejenige  einrichtung, 
welche  sonst  überall,  wo  über  'staat  und  recht'  in  Indien  gehandelt 
wird,  im  Vordergründe  steht,  die  der  kästen,  einer  gründlichen  und 
hoffentlich  abschlieszenden  besprechung  (s.  186  ff.),  die  beantwortnng 
der  frage,  ob  die  ^vedische  zeit'  die  kästen  gekaunt  habe,  so  führt  Z. 
aub ,  mubz  verschieden  ausfallen  je  nach  der  fassung  des  begriffes 
'vediäche  zeit',  begreift  man  darunter  auch  die  zeit  der  ausgebil- 
deten hierarchie,  welcher  zb.  die  Yadschustexte  entstammen,  so  ist 
die  frage  unbedingt  zu  bejahen;  soll  aber  mit  jenem  aasdruck  die 
ül teste  periode  indischer  geschichte  gemeint  sein,  die  zeit  da  die 
Arier  in  Ostkabulistan  und  im  Indusgebiet  saszen,  welcher  zeit  der 
Rigveda  im  groszen  und  ganzen  entstammt,  so  ist  die  frage  —  in 
übereinjjtimmuDg  mit  Aufrecht,  Benfej,  Max  Müller,  John  Muir, 
Roth,  Weber,  Whitney  im  gegensatz  zu  Haag,  Kern,  Ludwig  — 
unbedingt  zu  verneinen,  sehen  wir  ja  doch  die  Umgestaltung 
der  alten  staatseinrichtungen  vor  unsern  äugen  sich  allmählich  voll- 
ziehen, jene  oben  erwähnte  sitte  der  könige  einen  Sänger  {purohUa: 
b'icrrdos  civitatis  Tac.  Germ.  10)  zu  halten  ward  schon  gegen  ende 
der  altvedischen  zeit  mehr  und  mehr  Verpflichtung:  hier  liegt,  wie 
Roth  in  seiner  erstlingsschrift  *zur  litteratur  und  geschichte  des 
veJa'  b.  117  zuerst  erkannte,  der  Ursprung  des  indischen  priester- 
tums  und  damit  der  indischen  kästen,  die  priester  betonten  immer 
eindringlicher  und  nachdrücklicher  die  notwendigkeit  ihrer  ver- 
riiiitlung  zur  erlangung  göttlicher  hilfe.  in  derzeit  der  kämpfe  und 
gährung,  in  dem  ringen  der  kleinen  fürsten  um  die  oberherschaft, 
um  die  grUndung  einer  gröszern  macht  konnte  die  entscheidung 
solch  eines  Sängers  den  ausschlug  geben,  und  den  erfolg  vergasz  er 
gcwi>  nicht  sich  bezahlen  zu  lassen,  während  das  weiter  ostwärts 
ziehende  volk  durch  die  bekämpfung  der  Ureinwohner,  durch  sein 
r.n^en  um  neue  Wohnsitze  vollauf  beschäftigt,  sein  sinnen  und  den- 
ken gunz  in  Anspruch  genommen  war,  blieb  in  jenen  Sängerfamilien 
die  keuntnis  der  alten  hymnen  aus  der  väter  zeiten,  welche  schon 
oft  sicbtbarlicb  hilfe  gebracht  hatten,  und  weil  die  fremde  das  aus 
der  alten  heimat  mitgebrachte  und  dort  bewährte  stets  mit  einem 
mü*.hti;^en  zuuber  umgibt,  so  fiel  es  diesen  sUngerfamilien  mit  ihrem 
i/:.'.'i^'e  wicht  der  bildung  und  dem  dadurch  gestärkten  intellectuellea 

iiiM'j  'U-r  für  .-:*».%.  ph  io!.  l^^O  hfl.  7.  SO 


450  AKaegi :  anz.  y.  HZimmer  altindisches  leben. 

und  sittlichen  einflusz  ganz  naturgemäsz  zu,  auch  in  en  nenend 
Wohnsitzen  den  altbewährten  cultus  wieder  einzurichten,  die  zeit 
der  Übergänge,  der  neugestaltungen  bleibt  wegen  des  mangels  an 
bestimmten  nachrichten  vielfach  dunkel ";  sobald  es  wieder  heller 
wird,  haben  sich  die  neue  lebensweise,  die  neuen  socialen  und  reli- 
giösen anschauungen  schon  zum  guten  teil  befestigt  und  erstarken 
immer  mehr,  jenen  geschlechtem,  welche  durch  gemeinsamkeit  der 
interessen  und  einheit  der  bildung  fest  unter  einander  verbanden 
waren,  denen  die  höchste  entscheidong  in  göttlichen  dingen  unbe- 
stritten zukam,  war  es  durch  planmäsziges,  vereintes  vorgehen  ge- 
lungen, auch  die  ganze  bürgerliche  Ordnung  von  sich  abhflngig  zu 
machen,  widerstandslos  hatten  sich  freilich  jene  herscher  und  der 
kriegerische  adel  den  immer  maszloser  werdenden  ansprttchen  der 
priesterinnung  nicht  gebeugt ;  in  einer  reihe  von  liedem  des  Atharva 
spiegelt  sich  die  zeit  der  gewaltigen  kämpfe  der  fürsten  und  edlen 
gegen  die  priesterschaft,  welche  ihrerseits  mit  bewundernswerter 
Zähigkeit  und  consequenz  ihre  ansprüche  aufrecht  hielt  und  ihre  vor> 
rechte  durchsetzte,  bis  sie  in  der  kasteneinrichtung  das  von  ihr  an- 
gestrebte ziel,  die  vollendete  hierarchie,  verwirklicht  sah. 
an  der  spitze  des  Staates  bei  der  neuen  Ordnung  der  dinge  steht 
natürlich  als  oberste  und  bevorzugte  käste  diejenige  der  br&h- 
man  en.  sie  sind  die  'leibhaftigen  götter'  und  müssen  durch  opfer- 
geschenke  gnädig  gestimmt  werden,  während  die  *der  sinnlichen 
Wahrnehmung  sich  entziehenden  götter'  opfer  erhalten ;  ihnen,  den 
^erdengöttem',  darf  nicht  widersprochen  werden,  sie  behalten  immer 
recht  und  stehen  zum  teil  sogar  auszerhalb  der  naturgesetze ,  denen 
die  andern  sterblichen  unterworfen  sind,  ihnen  zunächst  steht  der 
kriegerische  adel,  der  ritterstand  {k8hatriya\  die  weltliche  macht 
neben  der  geistlichen,  wie  diese  darauf  angewiesen,  die  gemeinireien 
so  viel  als  möglich  auszubeuten,    aus  ihm  wurde  der  könig  genom- 


*^  'es  hat  dieser  dunkle  Zeitraum  indischer  entwicklung  am  meisten 
ähnlichkeit  mit  der  periode  des  germanischen  volket,  die  wir  die 
Tölkerwanderung  zu  nennen  pflegen,  in  beiden  perioden  verlassen 
Volksstämme,  deren  Staatseinrichtungen,  deren  culturzustand  so  ähnlieh 
ist,  wie  es  nur  die  verschiedenen  lebensbcdingungen  d«8  von  ihnen  bis 
dahin  bewohnten  landes  zulassen  (vg;l.  anz.  für  dentschet  alt.  II  896  ff.)» 
aus  bitfher  nicht  ermittelten  antrieben  ihre  alten  Wohnsitze  und  dringen 
in  glücklichere,  von  natur  mehr  gesegnete  länder  vor;  beide  male  geht 
die  alte  gau-  und  Stammverfassung  der  ausziehenden  lu  gründe,  die 
kleinen  Stammkönige  verlieren  ihre  macht,  heerkönige  vereinigen  meh- 
rere Stämme,  bilden  einen  kriegerischen  adel  um  sich  und  grfinden 
grüszere  reiche:  die  Ordnung  der  gesellschaft  wird  eine  andere,  nnd 
unter  mitwirkung  veränderter  religiöser  anschauungen,  die  bei  den 
Germanen  von  auszen  kamen,  bei  den  Ariern  infolge  der  innem  ent- 
wicklnng,  entstand  der  christlich-germanische  lehensstaat  nnsera  mittel- 
alters  einerseits,  der  brahmanismus  auf  der  andern  seite.  was  letzterer 
darstellt,  die  ausgebildetste  hierarchie,  dh.  eine  verschmelsnng  von 
kirche  und  staat,  wie  die  geschichte  keine  zweite  kennt,  dai  ans  dem 
christlich -germanischen  lehensstaat  zu  machen,  war  bekanntlich  das 
ziel  der  kirche  während  des  ganzen  mittelalters.*     Zimmer  8.  198. 


AKAegi:  am.  ▼.  BZiauDer  altindiidiet  leb«.  461 

men ,  dessen  anerkennung  jedoch  ent  yon  der  boetitigimg:  eis^ 
brähmana  abh&ogig  war.  die  gern  ein  freien  (vaifga)  sind  na^ 
den  Worten  eines  spätem  teites  nnr  dazu  da,  nm  den  beiden  ersten 
kästen  tribut  zu  bringen,  Yon  ihnen  anfgesehrt  und  nach  belieben 
ausgenutzt  zu  werden,  ^splch  ein  yaifja  ist  auf  dem  gipfel  seines 
glfickes  angelangt,  wenn  er  es  zum  dorfyorsteher  gebracht  hat.'  das 
vierte  kaum  noch  eiistenzberecbtigte  mitgUed  des  brahmaniaehea 
Staates  waren  die  Qüära^  wol  nrsprOnglidb  einer  der  «raten  nieht 
arischen  stAmme  Hindostan^i  der  sich  dem  arischen  glauben  fttgte 
(etwa  die  Cubpoi  des  Ptoleipaios?),  und  dann  beseichnung  aller 
Dafiyu.  ausgeschlossen  von  der  neuen  gesellschafWordnung  blieben 
die  Arier,  welche  sich  des  prieste^ocheSy  westlich  der  Sarasvatl,  er- 
wehrten, und  die  kastenlosei),  al^kOmmlinge  von  angehOrigen  ver* 
schiedener  kästen. 

Nur  6ine  seite  zeigt  das  neue  hierarohisobe  Staatswesen,  das 
uns  einige  anerkennung  abnOt^gt:  das  rege,  wissenschaftliche 
leben  unter  den  brähmanen,  wdchem  wir  ja  auch  die  eriialtong 
der  alten  texte  und  damit  eine  der  allerwichtigsten  quellen  fOr 
sprach-  und  culturgeschichte  verdanken,  aehfller  giengen  jähre  lang, 
während  deren  sie  strenge  enthaKsamkeit  m  ttben  hatten,  zn  einem 
erfahrenen,  vedakundigen  lehrer,  und  es  mag  hier  nicht  ohne  inter- 
esse  sein  zu  erfahren,  wie  es  bei  dem  untmieht  gehalten  wurde, 
^jedes  einmalige  pensum  besteht  ans  sechzig  Strophen  (pra^ia 
«frage»),  je  zu  zwei  vorsen,  üzlls  deren  metrum  mehr  als  40  silben 
hat,  zu  2  oder  3  verseUi  falls  es  40silbig,  und  zu  8  versen,  fhlls  ea 
weniger  als  40  silbig  ist.  es  besteht  somit  jedes  pensum  aus  minde- 
stens 120,  höchstens  180  versen.  der  lehrer  wendet  sich  zunächst 
an  den  rechts  von  ihm  sitzenden  schttler^  und  sagt  ihm  die  erste 
Strophe  vor;  der  recitiert  dieselbe  nach,  und  ebenso  gehen  der  reihe 
nach,  nach  rechts  hin^  auch  die  übrigen  damit  vor.  und  zwar  sagt 
der  lehrer  dem  schüler  zunächst  das  erste  wort  der  Strophe  vor,  falls 
dies  ein  compositum  ist,  resp.  zwei  wOrter,  falls  es  dies  nicht  ist. 
der  schaler  spricht  dem  lehrer  nach,  der  dann  weiter  geht,  und  zwar 
unter  beobachtung  verschiedener  specialitäten,  die  sidh  insbesondere 
auf  die  mehrfache  hervorhebung  gewisser,  um  ihrer  kleinheit  oder 
um  lautlicher  eigentümlichkeiten  willen  besonders  zu  markierender 
Wörter  durch  ein  ihuen  nachzusetzendes  iiiy  dh.  sie,  sowie  von  Seiten 
des  Schülers  auch  noch  auf  die  häufige  Wiederholung  des  an  den 
lehrer  zu  richtenden  ehrentitels  hho  beziehen,  am  Schlüsse  der 
Strophe  angelangt  wiederholen  sie  alle,  und  zwar  wol  im  zusammen- 
hange, hinter  einander,  wenn  so  alle  das  pensum  strophenweise  her- 
gesagt haben,  werden  sie  zu  ihren  andern  geschäften  entlassen' (s.  210). 

Cap.  7:  Volkswirtschaft  haupterwerbsquelle der vedischen 
Arier  ist  die  v i e h z u ch t.  hausthiere  sind  rosz,  rindvieh,  schaf,  ziege, 
esel  und  hund.  das  rindvieh  wird  morgens,  nachdem  man  es  ge- 
molken, in  groszen  herden  vom  hirten  durch  lauten  zuruf  auf  die 
weide  getrieben,  abends  wieder  zusammen  gebracht  und  nach  dem 


452  AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindisches  leben. 

dorf  in  die  schützenden  hürden  geführt,  die  männlichen  rinder, 
welche  nicht  als  zuchtstiere  bei  der  herde  giengen,  wurden  zum  pflü- 
gen und  zum  schleppen  von  lastwagen  gebraucht  und,  damit  ihr« 
leistungsffthigkeit  gesteigert  würde,  meistenteils  castriert.  die  gare, 
weisze  milch,  welche  nur  durch  göttliche  wunderkraft  in  der  rohen, 
roten  kuh  geschaffen  werden  kann'^  wurde  zu  brei,  zu  butter,  der  lieb- 
lingsspeise  der  götter  und  menschen,  vielleicht  auch  zu  kftse  bereitet 
und  auch  durch  künstliche  mittel  zum  gerinnen  gebracht,  bei  festen 
der  götter  opferte  man  ganze  hekatomben  von  stieren;  die  kuh  zu  töten 
trug  man  scheu  und  that  es  nur  bei  besonders  feierlichen  gelegenhelten, 
wie  bei  hochzeiten.  die  haut  des  geschlachteten  rindviehs  wurde  zn 
leder  gegerbt  und  dieses  zu  schlauchen  (dcKÖv  ßoöc  Od.  k  19),  zu 
bogensehnen  (v€Gpa  ßöeta  II.  A  122),  schleuderriemen  und  ande- 
rem riemengeflecht  verwendet,  der  schafe  wolle  zur  kleidnng  für 
menschen  und  zu  decken  für  thiere  verarbeitet,  das  neben  dem  rind- 
vieh  besonders  geschätzte  rosz  ward  nicht  zur  weide*geirieben,  son- 
dern sorgfältigst  im  stalle  gepflegt,  den  hohen  wert  des  thieres  be- 
zeugt auch  der  umstand ,  dasz  das  roszopfer,  wie  .bei  den  Germanen, 
als  das  vornehmste  und  wirksamste  nach  dem  menschenopfer  galt 
der  als  lastthier  geschätzte  Mangohr'  war  auch  damals  schon  wegen 
seiner  häszlichen  stimme  verrufen ;  der  hund  hilft  dem  hirten,  dem 
Jäger  und  bewacht  die  gehöfte.  —  Um  das  vieh,  wenn  es  sich  von 
seiner  herde  entfernen  und  zu  einer  andern  verlaufen  würde,  kennt- 
lich zu  machen,  brachte  der  besitzer  am  ohr  oder  Schenkel  eine  marke 
an^  und  zwar  (nach  angäbe  von  sütren  und  scholien)  mittels  eines 
messerä  oder  glühenden  eisens  in  gestalt  von  sicheln  oder  zahlen 
( ?  ashidkarm^  pancakartjM :  mit  einer  8,  resp.  5  im  ohr,  oder  mit  8, 
resp.  5  strichen  im  ohr:  vgl.  AWeber  ind.  Studien  V  36.  XIII 466). 
auch  hier  hätte  eine  erinnerung  an  den  ganz  analogen  griechischen 
gebrauch  (Anakreonteia  26^  Bgk.  dv  icx^oic  jüiiv  TiTTtoi  nupöc 
XäpaTM*  ^xovciv)  sehr  nahe  gelegen,  von  dem  die  ausdrücke 
KOTTTTaTiac,  ca^q)6pac  das  deutlichste  zeugnis  geben. '^ 

Den  ackerbau  hatten  nach  loslösung  der  europäischen  ver- 
wandten die  noch  vereinigten  iranischen  und  indischen  stamme  in- 
tensiver zu  betreiben  begonnen,  und  zur  blütezeit  des  vedischen 
lebens  nahm  er  unter  den  erwerbsquellen  eine  bedeutende  stelle  ein. 

*^  *€o  sage  mir,  wie  geht  es  zu,  gibt  weisse  milch  die  rote  kuh?> 
heiszt  es  in  einem  deutschen  kinderlied.  auch  einen  indischen  weisen 
hat  es  mit  wunder  geschlagen,  dasz  die  rohe,  rote  kuh  gare,  weisse 
milch  gebe,  dieses  mirakel  wird  dann  aber  und  aber  verkündet.'  Aof- 
reubt.  *i  scliol.  Ar.  Wo.  23  KOTrnaTiac  Virirouc   dKdXouv  olc  ixKC* 

XdpaKTai  TÖ  r, ,  cTotx€lov  \bc  kqI  ca^(p6pac  rouc  £tkcx<^P<iTM^vouc 
TÖ  cdv.  al  bi  xopdEeic  aOrai  kqI  iiixpx  tö  vOv  cüiZovrai.  Eust.  zu  IL 
K  ein!,  (s.  785,  28)  .  .  biä  rö  ix^xy  k  dvTCTuirui^^vov  üicircp  ca|ii- 
(pöpav,  (L  c  ^TK^KoiTTai  f^  ^YK^Kaurai,  öirep  Aujpielc  CXctov  cdv. 
Photios:  dTKCKomii^voc.  schol.  Ar.  Ki.  603  ^TK€xapaTM^voi.  gegen- 
über andern  erklUrungen  bemerkt  Teuffei  zu  Ar.  Wo.  23:  'n&ber  IKge  die 
buohstabcn  als  Zahlzeichen  (nummer)  aufzufassen.* 


AKaegi :  aai«  ▼•  HZImmw  tltiodiaehat  Iftbtn«  463 

mit  pflüg  und  egge^  backe  und  kartt  wurde  der  erde  muttersohoss 
bearbeitet,  die  aus  der  saat  empoi^gediehene  finidii,  bes.  weisen  imd 
gerste,  gedrosohen,  die  kerne  mit  der  schwinge  von  hfllaen  und  eprea 
ausgeschieden,  gemahlen  nnd  su  brod  verarbeiiet.  anfiUliger  weise 
wird  der  in  ganz  Indien  so  anszerordentUch  wichtige  nnd  na^  ans« 
weis  des  namens  von  dort  nach  Europa  gelangte  reis**  im  Bigveda 
noch  gar  nicht  genannt,  wol  aber  im  Atbarva  nnd  in  den  Yadiohna* 
texten,  daneben  wurde  sesam  (Tbeophrast  fdansengeeeh«  8, 6, 1«  2, 
Plinius  18,  10,  96)  und  yerschiedene  kern-  und  hfllaanfrttcbtei  ib. 
der  kUrbis  gebaut  (über  diesen  vgl.  Phanias  bei  Athen.  3  a.  68'. 
Hehn  ao.  s.  270  ff.).  —  üeber  die  Jahreszeiten  der  bestellung 
der  saaten  besagen  die  texte,  dasz  die  gerate,  einen  teil  der  winter- 
cultur  bildend,  im  sommer ;  der  reis,  bei  beginn  der  regenzeit  (npd 
Tuiv  ÖMßpuiv :  Megillos  bei  Strabon  Ib,  1, 18  s.  692)  gesit,  im  herbst; 
bohnen  und  sesam,  zur  zeit  der  sommerr^gen  bestellt,  erst  in  kalter 
Jahreszeit  zur  reife  gelangen,  und  dasz  die  saat  zweimal  des  jabres  aus- 
reift, in  genauer  Übereinstimmung  mit  den  berichten  der  Oriedieni 
bes.  des  Megasthenes  bei  Diodor  2,  36  (ygl.  Eratosthenes  bei  Stra- 
bon 15,  1,  13  8.  690)  und  bei  Strabon  15, 1,  20  s.  693.  Diodor  2, 
35,  3.  —  Die  jagd  auf  wild  und  YÖgpi,  mit  pfeil  nnd  bogen,  mit 
fallen  und  schlingen,  wird  noch  vielCacb  geObti  spielt  ab«r  keine 
rolle  als  erwerbszweig;  noch  viel  weniger  der  fiscbfang. 

Unter  den  gewerben  wird  der  holiarbeiter,  nodi  Zimmer- 
mann, wagner  und  schreiner  in  6iner  person,  am  hftufigslen  genannt, 
der  mit  hilfe  des  beils  und  der  schnitzbank  streit-  und  lastwagen, 
aber  auch  feineres  scbnitzwerk,  wie  geschnitzte  becher,  kunstvoll  an- 
zufertigen versteht,  metallarbeiter,  schmied  und  Schmelzer,  und  der 
t5pfer  bringen  durch  die  erzeugnisse  ihrer  fertigkeit  manche  erleich- 
terung  im  leben ;  von  des  gerbers  arbeit  war  schon  oben  die  rede* 
den  frauen  lag  weben,  nähen,  flechten  udgl.  ob.  dasz  im  spfttem 
brabmanischeu  staat  die  arbeitsteilung  schon  sehr  weit  gediehen 
war,  zeigen  die  von  Z.  s.  253.  255  beigebrachten  kataloge  von 
bandwerkem  aus  dem  weiszen  Tadschur veda. 

Dasz  von  weitausgedehnter  Schiffahrt  und  handel  der  alten 
Arier  nicht  gesprochen  werden  könne,  sahen  wir  schon  oben  s.  436. 
damit  stimmt  ttberein,  dasz  aller  handel  noch  tauschhandel  war* 
die  grundlage,  gleichsam  die  mttnzeinheit,  war  die  kuh:  nach  ihr 
wurden  schafe,  pferde,  ziegen  uam.  abgeschitzt.  'rührig  sich  tum- 
melnde h&ndler*  und  'auf  den  tag  sehende'  Wucherer  melden  sich 


"  Hehn  cuUurpflansen '  s.  48S  ff.,  welcher  i.  459  auf  die  ^enane 
betchreibnns  in  Tbeophrastt  pflansengetcb.  4.  4.  10  und  die  noch  merk- 
würdigere des  Arifltobaloa  von  aeioem  anbao  bei  Strabon  16,  1,  18  s.  69S 
aufmerktam  macht,  'skt.  vnhi  ronste  in  den  iraniachen  sprachen  sa 
brizi  werden;  wol  ana  dieier  form  machten  die  Griechen  ihr  5puZa, 
6pu2Iov,  weichet  letztere  wort  dann  dnrch  vennlttlung  des  lateinischen 
der  bei  allen  neuenropäischen  Völkern  vorhandenen  benennoug  tu  gründe 
lifgt.'     Vauicek  fremdwörter  a.  39. 


454  AKaegi:  anz.  y.  HZimmer  altindisches  leben. 

übrigens  auch  schon,  und  der  Übergang  zur  münze  wird  durch  gol- 
denen schmuck  udgl.  angebahnt,  wie  bei  den  Oermanen.*' 

Auf  kleidung  und  schmuck(cap.  8)  wurde  nach  den  auBter^ 
ordentlich  zahlreichen ,  dahin  zielenden  epitheta  nnd  gleichniuen 
auch  in  der  alten  zeit  schon  ein  besonderes  auganmerk  gerichtet, 
wie  denn  auch  Megasthenes  die  neigung  zu  putz  an  den  Indem  be« 
sonders  auffiel.'^  die  kleider  wurden  vielfach  verziert  (Arrian  Ind. 
5,  9  £c6^c  auTOici  KaräcTiKTOC  €oCca),  glfinzend  nnd  lebhaft  ge- 
färbt ;  auf  der  brüst ,  an  handgelenken ,  auf  der  fuszbekleidnng  nnd 
am  hals  trug  man  goldschmuck,  ringe  und  spangen ;  halsbänder  zom 
teil  als  amulete  (nia^i:  vgl.  lat.  monUe),  und  speciell  wird  herrcr- 
gehoben,  dasz  es  der  mutter  sorge  gewesen,  ihre  tOchter  heranszu- 
putzen.  das  haar  wurde,  wie  bekanntlich  auch  von  den  Griecheii| 
mit  besonderer  Sorgfalt  regelmttszig  gekttmmt  und  gesalbt;  nnge« 
salbte ,  aufgelöste  haare  zu  tragen  galt  als  zeichen  der  traaer.  hm 
schwachem  und  abnehmendem  haarwuchs  suchte  man  durch  die  aas 
einer  heilpflanze  gewonnene  flüssigkeit  nachzuhelfen,  die  frauca 
flochten  das  haar  in  flechten  oder  banden  es  in  einen  zopf  auf  (TgL 
Tac.  Germ,  38  von  den  Sueben:  insifffie gentis  obliguare crinemnod»- 
que  suhstringere)]  die  haarflechten  wurden,  ebenfalls  als  untet^ 
scheidendes  zeichen  berühmter  geschlechter  wie  der  VaaiahthideB, 
in  form  einer  muschel  auf  dem  köpf  aufgewunden  (vg^.  die  germa- 
nischen Uazdinge :  Schweizer-Sidler  zu  Chrm,  43, 14).  —  Die  mftnner 
schlangen  eine  köpf  binde  um  das  haar,  die  frauen  einen  kwmbßt 
identisch  mit  mhd.  hühe^  oder  ein  netz  (vgl.  Becker  Charikles  III' 
302  f.).  als  besonderer  schmuck  werden  auch  blumengewinde  und 
krttnze  erwähnt.  —  Als  zierde  des  antlitzes  trugen  die  männer  den 
hart,  und  zwar  allgemein:  denn  er  ist  geradezu  kennscichen  der 
gattung:  Vas  hart  hat,  gehört  zum  menschen,  was  ungehOmt,  n 
den  pferden,  was  auf  der  einen  seite  Schneidezähne,  zum  rindeige- 
schlecht'  heiszt  es;  vgl.  Megasthenes  bei  Diodor  3,  63,  8  TOk 
'Ivboic  vö^iMov  ^4x9^  '^c  T6XeuTf]c  £m^€Xuic  dvacrp^qKiv  touc 
TTiuY^vac.  den  toten  ward  vor  der  bestattung  der  hart  gewaschen 
und  geschoren  (skt.  kshurd-  *»  gr.  Supö-v). 

Ueber  die  lebensmittel  (cap.  9)  ist  nach  dem  vorigen,  bss. 
s.  452  und  453,  nicht  viel  mehr  zu  sagen,  die  manigfacbsten  milch« 
gerichte,  allerlei  pflanzennahrung  mit  baumfrüchten,  daneben  fleiidi, 
am  feuer  an  spieszen  gebraten  oder  in  topfen  gekocht,  und  fleisdi* 
brühe  machten  den  Speisezettel  aus.  eine  viel  gröszere  rolle  all  die 
ispeiäen  spielte  im  vedischen  altertum  der  trank,  insbesondere  dtf 
s  0  m  a.    dieser  ward  aus  dem  kraut  einer  auf  den  bergen  wachsenden 

*'  Tac.  Germ,  5.  15,  und  näheres  in  W Wackernagels  trefflicher  abk. 
'gewerbe,  bandet  und  Schiffahrt  der  Germanen*  in  HaapU  seiUohrift 
IX  530  ff.  >-i  kl.  Schriften  I  35  ff.«  speciell  s.  55.  57.  *>  bei  Strabon 
15,  1,  54  8.  709  OircvavTiuic  bi  tQ  dXXr|  Xitöthti  kocmoOvtu"  xpucofO- 
poOci  fäp  Kai  6iaX{6(4J  k6c|liiu  xp^vrai  ctvbövoc  T€  q>opoOciv  €Dav6ClQ 
Kai  CKidöia  aCrrolc  ^irerat.  tö  fdp  KdXXoc  ti|uiu)vt€C  dcKoOciv  6ca  ui- 
XwiriZIei  Tf]v  Öhiiv. 


AKaegi:  anz.  t.  HZimmer  «Itinditoliei  laben«  465 

pflaDze  gewonnen,  der  ans  deren  atengehi  ansgepresste  nttt  wurde 
behufs  Iftuterung  durch  eine  seihe  geschOttet,  dann  mit  firischer 
milch  oder  mit  einem  absud  Yon  gerste  gemischt  und  entweder  so« 
fort  genossen  oder  nachdem  er  einige  seit  gegoren,  dieeer  trank 
▼ersetzte  die  vedischen  singer  in  die  höchste  yenückung:  *wir  tran- 
ken soma,  wir  sind  nun  unsterblich,  tum  licht  gelangt  erschauten 
wir  die  gOtter'  singt  ein  KanTide,  und  ganz  Ihnliä  Euripides :  Atov 
Täp  ö  6€dc  €ic  TÖ  cwm'  £AOq  iroXöc,  X^xciv  TÖ  fUXXov  Toöc  fiCMt)- 
vörac  7roi€t.  6  b'oöpavöc  moi  cuj^acmitm^voc  boKCt  xQ  tQ  qp^peäai, 
ToO  Atöc  T€  TÖv  Opövov  Xcöccui  t6  irfiv  te  baifiivuiv 
dyvdv  c^ßac  (Bakohai  300  f.  Eyklops  678  IL),  die  wunderbare 
kraft  des  berauschenden  trankes  wurde  schon  im  hohen  altertum  als 
«twas  göttliches  angesehen;  er  wurde  daher  opfsrtrank  und  als  gott 
verehrt  wie  Dionysos.  ^  nftchst  diesem  gOttertrank,  der  bei  opfern  und 
festen  (oTvöv  t€  tap  od  irivctv,  dXX*  iv  Oucfcoc  pövov  Hegasth. 
bei  Strabon  15, 1,  53  s.  709)  auch  bis  tum  ttbermast  genossen  wurde, 
war  das  gewöhnlichste  getrtnk  der  mSnneri  wenn  sie  in  der  sabh& 
saszen  und  spielten,  ein  aus  kom  oder  gerste  (später  reu)  gewonne- 
ner branntwein,  die  surd  (ir{v€iv  V  dir*  6pü£t|€  dvrt  Kpidivuiv  cuv- 
TiO^vrac  Megasth.  ao.,  vgl.  auch  Ailianos  ir.  Zibosv  18,  8). 

unter  den  Vergnügungen  (cap.  10)  der  mtnner  steht  das 
Würfelspiel  obenan:  es  wurde  ebenso  leidenschaftlidi  betrieben 
wie  bei  den  Germanen ,  so  dasz  mancher  hab  und  gut  und  suletst 
seine  eigne  person  verspielte;  nichts  hilft  des  vaters  strafe  an  dem 
liederlichen  söhn,  nichts  dasz  der  Spieler  sieht,  wie  sein  hausstand 
zurückgeht,  sein  familienglück  zertrümmert  ist:  niederlage  im  spiel 
wird  ebenso  sehr  gefürchtet  wie  verhungern  und  verdursten,  über 
die  einrichtung  des  spielst  erfahren  wir  wenig  sicheres ;  als  Würfel 
dienten  die  nüsse  eines  baumes.  die  technik  der  spieler  war  eine 
bedeutende,  und  betrug  im  spiel  scheint  einer  der  hftufigsten  ver- 
stösze  gegen  die  Satzungen  des  weltenordners  Yaruna  gewesen  tu 
sein.  —  Zum  tanze  schmückt  und  putzt  man  sich,  wenn  feld  und 
wiese  sich  in  frisches  grün  gekleidet  hat  und  man  ein  gütterfest  be- 
geht oder  eine  hocbzeit  feiert;  Jüngling  und  Jungfrau  schwingen  sich 
herum ,  dasz  der  erdboden  erdrühnt  und  eine  dicke  Staubwolke  die 
gesellschaft  um  wirbelt,  musik  von  trommeln  und  fluten,  von  har- 
fen  und  lauten  ertönt  zum  preislied  beim  feste  der  gOtter,  bei  wel- 
chem auch  mimen  und  stabtftnzer  ihre  konststficke  vorführten,  das 
wagenrennen  war  in  der  alten  zeit,  bevor  das  volk  durch  den 
druck  der  priesterherschaft  ganz  erschlafft  und  unkriegerisch  gewor- 
den war,  in  friedenszeiten  eine  beliebte  Vorübung  für  den  ernsten 
kämpf  in  der  feldschlacht. 

*^  über  Dionysos  als  deo  grieoh.  Soma  handelt  Moir  'original  sanskiit 
texts'  V  269  ff.  —  Dem  indischen  8omacalt  steht  der  ganx  analoge  Uaoma- 
cult  d«r  Iranier  zur  seile,  hanma^  die  regelrechte  baktrische  form  von 
•kt.  suma.  will  Plutarch  wiedergeben  de  Iside  et  Osir.  46  s.  369*  iröav 
Vdp  Ttva  KÖiTTovrec  Ö^UJ^l  KaXou^^vnv  asw. 


456  AKaegi:  anz.  y.  HZimmer  altindiscbes  leben. 

Von  krieg  und  kämpf  (cap.  11)  reden  die  lieder  oft  und  viel ;  im 
kämpf  sucht  sich  Indra  seine  freunde  aus;  kämpf  und  treiben  drauszen 
bringt  dem  mann  erfahrung  und  rühm,  naht  ein  feind,  so  wirft  man 
eine  verschanzung  von  erde  mit  einem  zäun  von  p^len  auf,  nSht 
dicke  und  breite  panzer  zusammen,  macht  eherne,  undurchdringliche 
wehren  und  bringt  den  göttem  ein  opfer  dar,  um  ihre  hilfe  sich  wo 
möglich  zu  sichern,  oder  man  rückt  unter  lautem  schlachtgesang, 
beim  klang  von  pauken  und  schlachttrompeten  mit  flatterndem  ban- 
ner  gegen  einander  (Megasth.  bei  Arr.  Ind.  7,  9  xat  ic  'AX^SavbpOV 
f Ti  und  Ku^ß<i^^jv  xe  kqi  Tufiirdvujv  ic  idc  Mdxac  Mvboi  KaticTavTc). 
auf  dem  Streitwagen  —  dasz  man  auch  zu  pferde  gekämpft,  läszt 
sich  nicht  erweisen  —  steht  links  der  wagenkämpfer,  neben  ihm  der 
lenker  der  rosse,  und  zu  fusz  kämpfen  die  scharen,  dorf  neben  dorf, 
stamm  neben  stamm  in  geschlossener  Ordnung  (vgl.  s.  446).  panzer 
und  heim  von  metall  beschützen  den  krieger,  der  mit  dem  bogen 
den  feinden  die  befiederten,  mit  giftführender  (vgl.  Hom.  a  261  f.) 
hom-  oder  metallspitze  versehenen  pfeile  entgegenschleudert,  oder 
mit  Speer  und  axt,  mit  lanze  und  schleudersteinen  auf  den  gegner  ein- 
dringt, ist  der  feind  geschlagen,  dann  ertönt,  dem  tosen  sich  erheben- 
der stürme  vergleichbar,  lauter  jubel  der  siegenden  mit  trommel- 
wirbel  und  paukenschall :  man  entflammt  den  Agni,  um  den  göttem 
dankopfer  und  danklied  zu  bringen  und  dann  die  beute  zu  verteilen« 

Das  dritte  buch  über  die  innern  Verhältnisse  beginnt  mit 
(cap.  12)  familie  und  Sittlichkeit,  dasz  das  familienleben  bei 
dem  indogermanischen  urvolk  schon  wol  geordnet  war,  geht  bekannt- 
lich daraus  hervor ,  dasz  nicht  nur  für  die  nähern  beziehungen  wie 
vater,  mutter,  söhn  und  tochter,  sondern  auch  für  viel  fernere  bei 
mehreren  gliedern  dieselben  bezeichnungen  sich  vorfinden,  die  fest 
geschlossene  familie  bildete  schon  damals  die  sichere  grundlage  des 
Staates  und  der  gemeinde;  an  ihrer  spitze  steht  der  hausvater  als 
hausherr.  vom  manne  geht  der  anstosz  zur  gründung  einer  familie 
aus.  bei  festversamlungen,  bei  hochzeiten,  wo  die  freunde  des  brftn- 
tigams  und  die  freundinnen  der  braut  sich  zusammenfinden,  bot  sich 
öfter  gelegenheit  zur  anknüpfung  von  bekanntschaften  zwischen 
Jüngling  und  Jungfrau,  und  es  wurde  auch  von  sorgsamen  mttttern 
nicht  versäumt,  den  töchtem  mit  rath  und  that  bei  solchen  gelegen- 
heiten  behilflich  zu  sein,  wollte  trotzdem  nichts  verfangen,  blieb 
das  mädchen  länger  in  des  vaters  hause  sitzen  als  ihr  lieb  war,  und' 
wollte  kein  freier  sich  zeigen ,  oder  führten  erweckte  und  vielleicht 
sehr  berechtigte  erwartungen  nicht  zum  erwünschten  ziele,  dann 
nahm  man  seine  Zuflucht  zu  den  geheimnisvollen  krftften  die  in  doi 
pflanzen  liegen,  zum  liebeszauber,  wie  uns  viele  lieder  des  Atharva 
bezeugen,  welche  sehr  lebhaft  an  Theokrits  <t>apfiaK€UTptai ,  an  des 
Keratins  Canidia  uä.  erinnern,  sollte  ein  angeknüpftes  Verhältnis 
ein  dauerndes  werden,  so  muste  vom  vater  oder,  nach  dessen  tod, 
vom  ältesten  bruder  der  erwählten  die  erlaubnis  zur  ehe  erlangt 


AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  aliindischeft  leben.  457 

^Verden,  dies  besorgte  als  brautwerber  einer  der  freunde  de8  heirats- 
candidaten,  welch  letzterer  immer  der  älteste,  unverheiratete  söhn 
einer  familie  ist,  indem  es  auch  hier  schon  wie  im  spätem  Indien 
fester  brauch  ist,  dasz  die  kinder  einer  familie  dem  alter  nach  sich 
verheiraten ;  für  unmoralisch  und  verwerflich  galt  die  geschwisterehe 
wie  bei  den  Bömem.  ist  der  freier  als  eidam  genehm,  so  hat  er  mit 
reichen  gescbenken  an  den  künftigen  Schwiegervater  sich  die  braut 
zu  erkaufen.^'^  darauf  wird  die  hochzeitsfeierlichkeit  im  beisein 
der  beiderseitigen  familien  und  bekannten  im  eiternhause  der  braut 
vollzogen,  nachdem  die  braut  in  altherkömmlicher  weise,  ganz  ähn- 
lich wie  bei  den  Römern ,  geschmückt  ist ,  entflammt  der  bräutigam 
den  Agni,  beginnt  das  opfer,  erfaszt  die  band  der  braut  samt  dem 
daumen,  und  spricht  dann«  während  er  sie  dreimal  rechts  um  das 
feuer  (dh.  so  dasz  er  das  feuer  zur  rechten  hat)  herumführt '\  tra- 
ditionelle verse,  wie:  Mch  ergreife  deine  band  zum  heile,  dasz  du 
mit  mir  als  deinem  gatten  ein  langes  leben  führen  mögest,  er  bin 
ich;  sie  bist  du.'^  wir  beide  wollen  uns  vereinigen  und  kinder  uns 
erzeugen,  die  lange  leben.'  durch  das  ergreifen  der  band  (dexterarum 
iunciio)  und  die  umfUhrung  um  das  feuer  ist  die  braut  gesetzlich 
gattin,  der  bräutigam  ehemann  geworden,  und  nach  ablauf  der  wei- 
tem hocbzeitsfeierlicbkeiten  fand  die  Überführung  ins  neue  heim 
statt  vom  gatten  geleitet  besteigt  die  junge  frau  den  blumenver- 
zierteUf  von  zwei  weiszen  stieren  gezogenen  wagen  mit  weichem 
polster.**  unter  warmen  Segenswünschen  wird  sie  aus  dem  Vater- 
haus entlassen  und  mit  ähnlichen  Sprüchen  und  auch  ermahnungen 
im  haus  des  gatten  empfangen,  dasz  der  jungen  frau  eine  aussteuer 
bei  ihrer  Verheiratung  mitgegeben  wurde,  ist  zwar  in  den  texten 

*'•  ebenso  bekanntlich  bei  den  Griechen:  Hom.  TT  190  i'jTdYCTO 
TTpöc  6u;MaT\  ^ttcI  iT6p€  ^upla  ^6va  ua.  (s.  zb.  Ameis  zu  a  277  mit  an- 
hand und  NäffeUbach  Hom.  theol.*  8.  265  ff.)  und  bei  den  Germanen: 
6cbweizer-SidIer  zu  Tac.  Öertn,  18,  ö.  WWackernagel  kl. ^Schriften  I 
6  ff.  Weinhold  'die  deutschen  frauen'  8.  209  ff.  "  nach  A^v.  1,  7,  6 
pradakxhinam,  also  penau  wie  die  Römer  (^iri6^Eia),  8.  Marqaardt  Privat- 
leben der  Römer  I  49,  6.  den  (gerade  hier  auszerordentlich  zahlreichen 
nnd  schlafi^endün  analogien  bei  den  verwandten  Völkern  Europas  genauer 
nachzugehen  musz  ich  mir  hier  versagen;  es  sei  bloss  im  allgemeinen 
auf  die  Abhandlungen  von  Weber  und  Haas  in  Weber8  indischen  Stu- 
dien V  177  ff,  verwiesen,  bes.  die  Übersicht  s.  410  ff.  *"  Zimmer  sagt 
9.  313  dasz  nach  den  sütra  der  spmch  'er  bin  ich*  usw.  von  dem 
bräutigam  bei  der  ceremonie  des  handergreifens  gesprochen  werde;  da- 
gegen üei  'das  altrömische  ubi  tu  Gaius,  ibi  ego  Gaia  bekanntlich  bei  der 
ankunft  in  der  neuen  heimat,  vor  der  Überschreitung  der  schwelle  der- 
belben'  gesprochen  worden,  so  steht  allerdings  fast  überall  zu  lesen, 
zb.  in  Pauiys  realencyclop.  vielfach,  bei  Preller,  Rossbach  ua.  aber 
MarquarUt  ao.  I  47  (jnit  anm.  3}.  51  urteilt,  durchaus  nur  von  römischer 
anschauung  und  römischen  quellen  ausgehend,  anders  und  trennt  jenen 
spätem  brauch,  nachdem  die  formel  unverständlich  geworden  war, 
von  dem  alten,  ursprüngliclien,  welcher  genau  mit  dem  indi- 
schen übereinstimmt.  •*  vgl.  Becker  Charikles  IIP  371  (iir* 
oxnwaTOC  Top  Tüc  vü^qpac  ÄTo^ctv  .  .  &\iala^  KXtvic  .  .  ßou>v  Zcöyoc  bei 
Ptoui.  9.  3,   1,. 


458  AKaegi:  anz.  r.  HZimmer  altindisclieB  leben. 

nicht  geradezu  bezeugt,  aber  doch  angedeutet,  aowie  auch,  dan  eine 
in  aussieht  stehende  reiche  aussteuer  manchem  mftdohen ,  das  ohne 
dies  Jungfrau  geblieben  wSre ,  zu  einem  manne  yerholfen  liabe.  im 
neuen  heim  wird  die  fran  als  unterthanin  des  mannes  begrfiazt,  die 
aber,  gleichwie  er,  dort  gebieten  soll  über  gesinde  und  Sklaven  nickt 
nur,  auch  Ober  Schwiegereltern  und  schwttger.  zugleich  mit  dem 
hausherm  bringt  sie  als  hausherrin  den  gOttem  das  opfer  dar,  und 
manche  stelle  in  den  liedem  zeigt  uns  ein  zartes ,  inniges  veiilIßtBifl 
zwischen  gatte  und  gattin.  'die  gattin  eben  ist  das  heim,  sie  ist  die 
iieblingsst&tte  und  die  wonne  in  des  mannes  hause/  dies  verhSltais 
begreift  sich  nur ,  wenn  —  und  darauf  führen  in  der  that  die  texte 
auch  direct —  monogamie  die  regel  war.  zweifelsohne  kam 
polygamie  vor,  und  zwar  besonders  bei  königen  and  vornehmen  (ob 
kebsen Wirtschaft  oder  Vielweiberei  im  strengen  sinne,  ist  nicht  zu 
entscheiden),  aber  der  gewöhnliche  zustand  war,  wie  bei  den  0er- 
manen  ^,  ein  'einträchtig  gattenpaar  mit  6inem  herz  und  6inem  ainn, 
von  Zwietracht  frei',  und  die  ehe  wird  durchaus  als  eine  göttliche 
einrichtung  betrachtet,  als  ihr  Vorbild,  als  das  prototjp  und  ideal 
aller  menschlichen  hochzeiten  und  eben  gilt  die  Verbindung,  der  kpdc 
TdjLioc  von  Soma  und  Sürjä,  von  mond  und  sonne."  wie  diese  bei* 
den  beharrlich  sich  gegenseitig  unterstützen  und  ablösen  in  ihrem 
beruf,  von  dessen  stetiger  erfüUung  nicht  nur  das  gedeihen  der  gan- 
zen leblosen  natur^  sondern  auch  die  möglichkeit  des  verkehre  zwi- 
schen den  menschen  und  die  regelung  aller  bürgerlichen  verhSltnisae 
abhängt ,  so  sollen  mann  und  weib  einmütig^  zusammenwirken  und 
mit  vereinten  kr&ften  die  in  ihrem  berufskreis  auferlegten  pflichten 
zur  förderung  der  familie  unermüdlich  erfüllen,  der  zweck  dieser 
gottgewollten  Vereinigung  ist  natürlich  auch  hier  die  fortpflanzong 
und  Vermehrung  des  eignen  geschlechts ;  einen  söhn  seines  eignoi 
leibes  zu  erhalten,  welchen  adoption  nie  ersetzen  kann,  ist  diuroa 
der  unendlich  oft  wiederkehrende  wünsch  der  vedischen  sfinger,  wäh- 
rend die  gehurt  eines  mädchens  nirgends  ausdrücklich  gewünscht, 
ja  geradezu  abgelehnt  wird  ('die  geburt  eines  mädchens  schenke 
anderswo,  hier  schenke  einen  söhn'),  und  der  vater  mochte  voi 
seinem  auch  hier  wie  bei  Griechen,  Römern  und  Germanen  bezeuge 
ten  rechte,  durch  aufheben  oder  liegenlassen  des  neugeborenen 
über  dessen  loos,  leben  oder  tod,  besonders  durch  aussetzung" 
am  häufigsten  bei  mädchen  in  letzterm  sinne  gebrauch  machen. 

'0  Tac.  Getin,  18  prope  soli  barbarorum  nngutU  uxoribus  contenli  Morf, 
txceptis  admodum  pauciSf  gut  non  Hbidine,  sed  ob  nohitUatem  phaimiM  nmpHk 
ambiuntur,  vßl.  Schweiser-Sidler  zdst.  vom  spRtem  Indien  Megaathtnei 
bei  Strabou  16,  1.  54  h.  709  iroXX&c  bk  inmoOciv  d»VT)T&C  VOpd  v3n 
Tov^uiv,  Xa^ßdivouci  tc  dvTibibövrcc  JIcOtoc  ßodiv,  d»v  Tdc  fi^v  cömi- 
Ociac  x^ptV)  ''^dc  b'  dXAac  f|6ovfjc  xal  iroXuT€Kv(ac.  ^  dasi  hier  dai 

analogfon   zti  dem  lepöc  TdfiOC  des  höchsten  h  i  m  m  e  1  s  gottes  Zeot  vnd 
der   mondf^öttin    Hera   vorliege,    hat    schon    WHRoscher    stndien   inr 
vergl.  mjthol.  II  Juno  nnd  Hera  (Leipzig  1876)  s.  70  f.  bemerkt 
"  Griechen:  Schömann  gr.  alt.  1^  631.  113.  Becker  Charikles  IP tt  ff. 


AKaegi:  ans.  r.  HZiiiimer  idtindMchei  M>te.  4ö9 

blieb  das  kind  durch  des  vaten  wülen  am  leben ,  so  fand  acht  tage 
nach  der  gebart  eine  feierliche  abwaachnng  desselben  mm  iwedc 
der  reinignng  statt,  ein  Vorgang  der  dnreh  die  giinane  ttberein* 
Stimmung  mit  den  griechischen  d^q>ibpd^ta,  dem  rOmisehen  dk$ 
hairieu8'{lu8tratio)  und  der  wasserbeigiestong  bei  den  Oehnanen  als 
uralte  indogermanische  sitte  erwiesen  wird*,  welche  ihrerstfta  spift^ 
der  ja  allerdings  nur  in  der  inszem  form  analogen  diristliehen  tMifll 
den  eingang  erleichtem  mochte.  -*  Von  sonstigen,  besonders  herror- 
tretenden  momenten  im  leben  des  kindes  h9ren  wir  nicht  riel  bis  tat 
^odänavidhi,  einer  ceremonie  die  nngefthr  im  18n  lebemjahr,  beim 
eintritt  der  vollen  mannbarkeit  vorgenommen  wurde  und  der  wehr- 
haftmachung  der  germanischen  jttnglinge  oder  der  attischen  ephebeni 
oder  der  Verleihung  der  toga  viriUs  bei  den  B9mem  ganz  analog  ist 
also  auch  hier  uralter  brauch,  wie  nodi  in  zwei  weiteren  poncten,  die 
heute  am  allermeisten  befremden,  die  aber  trotzdem  Jahrhunderte 
lang  zu  recht  bestehende  sitte  waren:  ich  meine  die  behandlang 
der  greise  und  witwen,  wie  sie  vielleidit  nicht'allzn  oft,  aber 
doch  ganz  sicher  vorkam.*^  war  bei  den  Germanen  der  hausherr 
aber  sechzig  jähre  alt  und  waren  die  zeichen  der  altersechwlche  er- 
wiesenermaszen  der  art,  dasz  er  *nicht  mehr  das  vermOgen  hatte 
zu  gehen  oder  zu  stehen  und  zu  reiten  angehabt  and  ougestabt,  mit 
wolbedacbtem  mut,  frdem  willen  and  guter  vemunft',  dann  moste 
er  sein  regiment  dem  söhne  abtreten  und  knechtsdienste  tfann;  da 
mochte  denn  greisen  von  harten  sOhnen  und  flbermfltigen  enkeln 
schmerzlich  vergolten  werden,  was  sie  selbst  in  kitfUgem  jähren  an 
liebe  und  milde  verabsftumt  hatten;  ja  die  unnütz  und  lästig  ge- 
wordenen wurden  geradezu  entweder  getötet  oder  ausgesetzt  und 
dem  hungertode  preisgegeben.  *  durchaus  ähnlich  werden  wir  uns 
die  Verhältnisse  bei  den  hidem  zu  denken  haben,  wenn  die  tezte  von 
^ausgesetzten  greisen'  sprechen,  dies  um  so  mehr,  weil  uns  von  den 
begleitem  Alexanders  des  grossen  ganz  ähnliches  aber  mehrere 
iranische  stamme  erzählt  wird  und  es  sogar  bei  den  ROmem  eine 
zeit  gab,  wo  man  die  mehr  als  sechzigjährigen  greise  aber  die  brache 
hinab  in  den  Tiberis  warf.** 


Römer;  Marquardt  ao.  13  anin.  1.  81.  Germanea:  JGrimm  deutsche 
rechtsalt.  s.  466  ff.  Weinhold  deatsehe  frauen  s.  76  f.  altnord.  leben 
».  260  ff. 

»  Griechen:  Schömann  ao.  II*  6SZ  ff.  Becker  Char.  U*  Sl  ff. 
('einige  ta|^c  nach  der  gebart,  doch  niobt  vor  dem  fünften*;  vgl.  Soidas 
n.  d^qpiöpÖMia.  Hetychioa  n.  6po^tdM<ptov  ^\»ap'  £cTt  M  f\pipa  kfbdyin 
dirö  Tf\c  T€vvi^C€U)c).  Römer:  Marqnardt  ao.  i.  81.  Becker  Gallus  II* 
64  f.  (bei  knaben  der  neunte,  bei  mädchen  der  achte  tag).  Germanen: 
WWackernagel  kl.  achriften  I  86.  Weinbold  altnord.  leben  a.  S02. 
^  Tac.  Germ,  13;  Tgl.  8cherer  im  ans.  f.  d.  alt  (1878)  IV  86  ff. 
**  Grimm  dentsche  rechUalt.  1.487  ff.  Haupts  seitsebrift  V  7t.  WWacker- 
nai^el  ao.  1  16—17.  Weinhold  altnord.  leben  ■.478.  **  Hebn  cultur- 
p6ansen  s.  472  ff.  Strabon  11,  11,8  s.  617  Ton  den  Baktrern:  X^u- 
ctv  oi  frcpl  *Ovi^c{KptTov  ToOc  dircimKÖTOC  6id  Y^tpoc  fi  vöcov  2:d^vTOC 
ir€ptßdXX€c6at  TpcqpoM^voic  kucIv  ^icm^öcc  iip6c  toOto,  oOc  ^vra^tacrdc 


460  AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindisches  leben. 

Ueber  die  läge  der  wit wen  sind  die  berichte  nach  der  art  der 
quellen  spärlich,  immerhin  steht  fest,  dasz  die  anderwftris  nicht  be- 
liebte, ja  verpönte  Wiederverheiratung  gebräuchlich  war,  and  dait 
der  alte  text  des  Rigveda  nichts  weisz  von  der  sitteder  witwen- 
verbrennung,  welche  der  brahmanismus  bekanntlich  Jahrtausende 
mit  der  ihm  eignen  grausamen  consequenz  forderte  und  erst  durch 
englisches  edict  vom  j.  1830  gezwungen  aufgab,  nachdem  er  Üx 
seine  forderung  durch  geringe  fUlschung  eines  alten  verses"  die 
nötige  sanction,  die  höchste  und  nie  zu  beanstandende  autoritttt,  die 
des  veda,  geschaffen  hatte,  da  jener  uns  mit  schaudern  erftülenda 
brauch  indes  als  uralt  und  allgemein  indogermanisch  nachgewiesen 
ist^,  so  wird  man  sich  die  sitte  nicht  als  eine  erfindung  des  brah- 
manismus vorzustellen  und  aus  einer  textcorruption  zu  erklären 
haben ,  sondern  der  historische  verlauf  wird  der  folgende  gewesen 
sein  (s.  331) :  'die  uralte  sitte  der  Indogermanen,  dasz  sich  die  firan, 
der  lieblingsdiener  usw.  mit  dem  gatten  zu  verbrennen  hat,  war  wie 
bei  mehreren  zu  einiger  cultur  gelangten  indogermanischen  Völkern 
in  abgang  gekommen ,  hatte  sich  nur  noch  local  oder  bei  einzelnen 
stammen  teilweise  erhalten,  von  den  brahroanen  im  lande  der  spä- 
tem indischen  cultur,  welche  eben  dieser  cultur  ihr  zum  teil  ver- 
hängnisvolles gepräge  aufdrückten,  wurde  dieselbe,  gerade  unter 
jenen  stammen  üblich,  als  altheilige  sitte  angesehen  und  dann  von 
ihnen  nach  ihrer  erstarkung  mit  der  schauerlichen  indischen  conse- 
quenz ausgedehnt  und  allgemein  gemacht,  was  noch  schlagender  als 
alle  diese  erwägungen  ist,  ein  unverdächtiger  vers  des  Atharvaveda 
bezeugt  das  sterben  der  frau  mit  dem  toten  gatten,  die  erwihlnng 
der  weit  des  gatten  im  gegensatz  zur  weit  der  lebenden  als  uralte 
sitte',  die  übrigens  jedenfalls  der  anschauung  entsprungen  war,  dasi 
eben  mann  und  frau  unauflöslich  und  untrennbar  für  immer  sn- 
sammengehÖren  (vgl.  Herod.  5,  5). 

Wenn  nun  also,  wie  wir  sahen,  aussetzung  von  greisen  und  Ver- 
brennung von  witwen  bei  den  arischen  Indem ,  ob  auch  vereinielti 

KaXcicOai  t^  iraTpib(;i  yXuütti]  .  .  KaraXOcai  hi  töv  vömov  'AXftavbpov. 
ebd.  11,  11,  8  8.  520  von  den  Kaspiern:  Touc  On^p  ^ßbOMf|KOVTa  Cn| 
Xt^OKTOvncavT€C  elc  Tf)y  ^pr^iav  ^KTtO^aciv.  ebd.  11,  8,  6  t.  618  von 
Massageten.  von  den  Kömern  (vgl.  Orimm  ao.  s.  489,  8.  WWaokcr^ 
nagel  ao.  I  17.  Helm  ho.)  Festua:  deponiani  senet  appellabmUur  firf 
gexagenarii  de  ponle  deiciehantur,  nud  sex agenariog  de  ponte  oHm  deide* 
hant  usw.  Cic.  p.  S,  Hosrio  85,  100  habeo  etiam  dicere  quem  contra  wkorem 
maiorum  minorem  LX  annis  de  ponte  in  Tiberim  deiecerii.  dem  patriotit- 
muB  eines  Varro  and  anderer  war  die  Sache  anstössig  and  man  «oehU 
sie  wegzudifputiercn:  s.  Osenbriiggen  einl.  zur  rede  s.  46—68. 

^'  das  nähere  s.  zb.  bei  MMülIer  essajs  II  80  ff.  *^  von  JUrina 
gescb.  d.  d.  spr.  s.  139  f.  aus  vielen  germanischen  quellen  bei  Ger- 
manen, aus  ProkopioB  b.  Goth.  2,  14  bei  den  Heralem;  ferner  aus  Herod. 
4,  71  und  5,  6  bei  Skythen  und  Thrakern,  aus  Mela  2,  S,  4  bei  dca 
Geten,  aus  Paus.  4,  2  ae.  bei  den  Hellenen;  Zimmer  fQgt  naehweiit 
für  die  Slaven  bei  und  verweist  auf  das  reiche  material  bei  Hehn  lO. 
s.  476  ff. 


AKaegi :  anz.  t.  HZimmer  altinduchei  Mben.  461 

doch  sieher  yorkamen,  so  konnten  solehe  Torginge  leieht'  nnser  von 
modemer  denkweise  aufigebendee  nrieil  ttber  tiliUdikeit  nnd  eoltar: 
stufe  der  Arier  ttberhaapt  trüben;  aber  wir  dürfen  eben  nicht  rer- ' 
gessen,  dasz  naturvOlker  niemals  sentimental  Bind  (ygl.  Hehn  ao« 
s.  473).  wenn  wir  ausser  dem,  was  wir  oben  über  das  zarte  TerhUtiiis 
von  mann  und  fran  hOrten,  femer  yemehmen,  dasx  gewalttlittigkeit 
an  wehrlosen  Jungfrauen  und  eheliche  untreue  seitens  der  fran  zu 
den  schwersten  vergehen  gehOren,  so  zeigt  das,  dasz  echte  weiblidi- 
keit,  zucht  und  schäm  im  allgemeinen  heorschten.  dasz  aber  sdiatten- 
Seiten  auch  nicht  fehlten,  liegt  auf  der  band«  nnbestlndigkeit,  flatter- 
haftigkeit  und  geringe  einsieht  werden  schon  hier  dem  weihe  vorge- 
worfen*; von  jungferasOhnen  ist  hin  und  wieder  die  rede;  entehrte 
suchten  sich  der  folgen  ihrer  fehltritte  auf  strafbare  weise  zu  ent- 
ledigen; selbst  buhlerinnen  und  Mbntliche  frauenzimmer  sind  dem 
brahmanischen  Staate  nicht  fremd. 

In  künsten  und  Wissenschaften  (cap.  18)  stehen  die  vedi- 
schen  Arier  noch  in  den  anflbigen;  nur  6ine  kunst  steht  bei  ihnen  in 
voller  blute:  die  dichtkunst«  kunstvoll  wie  der  kflnstler  den 
wagen,  so  'zimmert'  der  dichter  ans  seinem  geiste  heraus  in  gehobe- 
ner  Stimmung  das  lied,  gestattet  die  ab  drang  und  fülle  des  ge- 
müts  den  gOttera  zustrebende  andacht  nach  den  regeln  der  metrik, 
deren  gmndzttge  bekanntlich  Westphal  sdion  1860  in  KE.  IX  487  if. 
als  der  indogermanischen  urzeit  angehOrig  nadigewieeen  hat«  die 
metrik  der  vedischen  lieder  zeigt  bereits  den  ersten  fortschritt  über 
das  ursprünglich  einzig  gültige princip  der  silbenzfthlnng  hinansi 
den  Übergang  zur  quantitierenden  poesie,  indem  der  anf an g 
der  reihe  noch  die  stufe  der  bloszen  silbenzfthlung  zeigt,  dagegen 
der  versausgang  bereits  prosodische  bestimmtheit  erlangt  hat, 
wShrend  bekanntlich  die  letztere  uns  bei  den  Griechen  von  anfismg 
der  Überlieferten  litteratur  an  völlig  herausgebildet  und  ab  oberstes 
princip  der  metrik  entgegentritt,  wie  auch  die  metra  der  spfttem 
indischen  poesie  völlig  quantitierend  geworden  sind,  weitaus  die 
gröste  masse  der  lieder,  wie  oben  bemerkt  wurde,  sind  lyrische  ge- 
dieh te  religiösen  inhalts,  welche  freilich  durchweg  stark  realUtbch 
gehalten  sind,  daneben  finden  sich  aber  auch  weltliche  stücke,  histo- 
rische  siegeslieder,  didaktisch-gnomische  spruchsamlungen ,  Zauber- 
formeln KU  allen  gedenkbaren  zwecken,  femer  eine  priesterlich-ge- 
lehrte rftthselpoesie,  spottverse,  und  endlich  auch  vereinzelte,  aber 
hoch  bedeutsame  anf&nge  philosophischer  dichtung.  ^ 

'^  also  varium  ei  muiabüe  usw.,  |(«os  wie  Simonides  von  Amorgos 
1.  16  f.  44  f.  i^  CUV  T*  dvdTKQ  c6v  T*  ivtlrQciv  ^ÖTic  CcrcpScv  div  diravTO 
Kai  irovncaTO  dpccrd  und  fr.  7,  1  (nach  Meioeke)  x^pic  iwctlKac  6€6c 
itroinccv  vöou  Td  irpOtira.  ^°  ein  übersichtliches  bild  vom  inbalt  des 
Rigveda  geben  die  'sivbensig  lieder  des  Rigyeda  fibersetit  von  KQeldner 
and  AKaegi,  mit  beitragen  von  RRoth'  (T&bingen  1876).  noch  mehr 
ins  einzelne  geht  meine  abhandlang  Ober  den  Rigveda  (s.  oben  anm.  16), 
welche  im  engsten  anschlass  an  den  tezt  die  einzelnen  gotiheiten  sowie 
aach  die  nicbtreligiüsen  lieder  betrachtet. 


462  AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindischefi  leben. 

Die  kunst  des  Schreibens  ist  dem  vedischen  volke  jedenfalk 
abzusprechen;  ja  noch  Megasthenes  (Strabon  15,  1,  53  8.  709;  fr. 
27,  3  Schw.)  sagt:  ovbi.  yäp  TP^MMCiTa  €iö^vai  aÖTOuc,  dXX*  dii6 
MvrJMiic  IxacTa  öioiK€ic6ai,  ähnlich  Nearchos  (Strabon  15,  1,  66 
s.  716)  Touc  \xiv  vÖMOuc  dTpdqpouc  €Tvai,  touc  m^v  KOiyouc,  touc 
ö'  ibiouc.  die  höchste  bestimmte  zahl  im  Rigveda  ist  100000  (gofd 
säliasrä  =  ^-Karöv  x^^ici^cc);  spätere  texte  reichen  allerdings  sdion 
viel  höher  hinauf,  von  maszeinheiten  werden  angula  *finger', 
dagahgula  ^zehnfinger'  und  vyutna  ^klafter'  genannt,  dieses  wie 
6pfv\&  das  masz  der  ausgespannten  arme,  über  manä'^'ixya  8.  s.  437. 

Die  astronomie  erfreut  sich,  wie  auch  später  noch  (Strabon 
15,  1,  70  s.  719  aa.),  guter  pflege,  allerdings  wesentlich  praktischen 
zwecken  dienend :  mit  hilfe  der  gestime  kann  man  die  groszen  Opfer 
regeln  und  die  bürgerlichen  Verhältnisse  ordnen,  der  mond ,  dessen 
ewiger  Wechsel  als  besondere  göttliche  Weisheit  und  grosse  gepriesen 
wird,  und  die  sonne,  von  welcher,  wie  dem  vedischen  volke  tief- 
innerlich bewust  war,  so  deutlich  alles  menschliche  leben  und  ge- 
deihen abhieng :  sie  beide  in  ihrer  regelmäszigen  abwechslung  heissen 
die  räder  der  ewigen  Ordnung,  die  natürlichen  Ordner  der  Zeiten. 
von  den  stemcn ,  unter  denen  der  mond  in  einsamer  nacht  dahin- 
wandelt,  hatten  unsere  vorfahren  schon  in  der  indogermanischen 
Urzeit  den  baren  beobachtet  und  benannt  (skt.  rksha  «*  fipKTO-c  ■« 
ursu'S:  Cnrtius  grundzüge^  s.  133  nr.  8);  die  Iranier  and  Indier 
scheinen  auch  den  Sirius  mit  gemeinsamem  namen  zu  bezeichnen; 
schon  die  jungem  partien  des  Big  weisen  die  kenntnis ,  die  spätem 
Sanhitä  auch  die  namen  der  fünf  planeten  Mercur,  Venus,  Mars» 
Juppiter,  Saturn,  sowie  der  vier  mondphasen  und  der  viel  besproche- 
nen näk^atra  oder  'mondstationen'  auf.  es  sind  dies  sterngrappen, 
mit  deren  hilfe  man  den  lauf  des  mondes  zu  liturgischen  zwecken 
genauer  ermittelt;  den  Ursprung  dieser  mondhäuser  sucht  übrigens 
Z.  gegenüber  andern  forschem  mit  AWeber  in  Babylon ,  woher  sie 
mit  der  kenntnis  der  planeten  auf  demselben  wege  nach  Indien 
gelangt  seien ,  wie  zb.  das  älteste  gewicht  manä ,  ^vfi. 

Ueber  kosmologische  Vorstellungen  vemehaien  wir 
nicht  sehr  viel :  uralt  ist  die  teilung  des  weltenraumes  in  die  drei 
reiche  des  himmlischen  lichts,  der  luft  und  der  erde,  welche  in 
Griechenland,  wo  der  alte  öiärpixa  öac^öc^'  allerdings  ganz  umge- 
staltet entgegentritt,  sich  deutlich  zeigt  in  der  unterscheidunff  der 
untern,  dickem  luftschicht  mit  wölken  und  nebel,  des  drjp,  vom  onMjpt 
^jenem  ewig  stralenden  glänze  ^  den  man  für  die  quelle  alles  lichts 
und  die  Substanz  aller  himmlichen  erscheinungen  hielt'.  ^  wenn 
dann  femer  auch  jedes  der  drei  genannten  reiche  dreigeteilt  erscheint, 
so  erinnert  das  gewis  auffällig  an  die  nordischen  'neun  heime*.  — 

41  Hom.  hy.  an  Demeter  86.  0  189  Tpix6&  6^  irdvra  b^6acTai,  vgl. 
Hentze  im  anhanf?.  4*  Preller.  Hom.  £  287  f.  clc  4XdTr)v  dvaßdc 

TTcpiMriKCTOv,    f)    TOT*   dv  "161]  fiQKpoTdTn  n€<puüta  br  i^^poc  alO^p* 
IKQVCV.     Lehrs  de  Arist.  stud.  Hom.  s.  167 — 75. 


AKaegi:  aoz.  t.  HZimiper  altinditehi«  laben.  4ßftf 

ie  Übrigen  astronomiflehen  and  kounologifohini  yorpteUiuigen  blie- 
m  noch  lange  zeit  kindlich  und  umt;  wie  ib.  eines  der  brfthnmpa 
eint,  tausend  über  einander  etehende  kflhe  geben  da^  naea  d^  ent- 
rnung  von  der  erde  zum  himmeL 

Mehr  respect  flOezt  die  in  ihren  gnuditlgen  dentlich  in  die  nr- 
it  hinaufreichende  Zeiteinteilung,  nee  dienm  UMmecMm,  yt 
w,  9ed  nodium  can^^uiant;  HeamstiiuufU^meoondicimt:  mattduieert 
em  videtur  berichtet  Tacitoa  {Oerm.  11)  Ton  den  Germanen  dea 
gtlandes;  skandinaTigche  qnellen,  altdentache  leAtebOeher,  sowie 
(gl.  sennight^  fortnigU^  nhd.  meikfiacMefi,  fasimaM  pnd  nocb  ben- 
^  brauch  bei  uns  in  der  Schweiz  ('vor  aohtnftehtem'  sagen  fitere 
ate  statt  Wor  acht  tagen')  erweisen  die  riehtigkeit  seiner  beob* 
htnng;  über  die  rechnung  der  Gallier  nach  nSditen  beriehtet 
lesar  h.  G.  6^  18 ;  ebenso  zählt  das  Avesta  nach  alohten,  ebenso  daa  / 
dische  altertum.  im  groszen  Jahresgewebe  spannt  die  naeht  den 
ttel  auf,  während  die  tage  den  einschlag  bilden;  in  der  nacht  lehrte  . 
tr  'messende'  mond  zuerst  die  seit  einteilen,  die  ewig,  nnabinder- 
»he  Wiederkehr  von  wachsendem  nnd  ab]|ehnMi|dsm  mond  gab  in 
»r  ToUmonds-  und  neumondsnacht  die  festen  grenzpancte  ittr  regel- 
ftszige  Zeitabschnitte,  monatshilften  (Tao.  fifenn^  11  eoömU  eertiß 
ehm^i  cum  aut  incohatur  htna  atU  impldm');  deren  nochmalige  tei* 
ng,  worauf  das  zu-  und  abnehmen  des  mondes  ebenftU^  brachte, 
hrte  zu  wochen  (askfokd:  die  'achte*  nacht);  der  seitranm  von  tag 
id  nacht  zusammen  wird  -*  wahrscheinlich  auch  nach  babylo- 
gchem  Vorbild  —  in  30  'strecken'  eingeteilt.^  zwOlf  jenßr  ge- 
iten  vom  vollmond  zum  vollmond,  also  zwOlf  mondmonate  von  , 
)/30  tagen  kommen  ungefähr  dem  Umlauf  des  goldenen  tagesge- 
ims  gleich ;  sie  bilden  die  höhere  einheit,  das  jikhr.  ^  dasz  mond- 
id  sonnenjahr  nicht  ganz  gleich  grosz  seien,  mnste  man  bald  be- 
erken,  und  man  half  sich  auf  doppelte  weise,  um  beide  in  ttberein- 
immung  zu  bringen :  entweder  schob  man  jährlich  zu  einer  be- 
immten  zeit  die  überschüssigen  tage  ein,  oder  man  liesz  sie  zu- 
mmenkommen  und  fügte  von  zeit  zu  seit  einen  dreisehnten  monat 
fi.  beide  methoden  liegen  in  Indien  vor.  die  erstere  erweist 
3h  als  uralt:  am  ende  des  Jahres,  wenn  die  sonne  ihren  tiefsten 
and  erreicht  hat  und  gleichsam  auszuruhen  scheint,  wird  durch  den 
aschub  der  zwOlf  tage  dos  wintersolstitiums  das  854tägige  monden- 
br  mit  dem  366tägigen  sonnenjahr  in  Übereinstimmung  gebracht, 
ese  zwölf  tage  sind,  wie  A  Weber  schon  länger  erkannt  hat*,  deut- 
ik  die  'zwölften'  unseres  Volksglaubens,  welcher  sie  jetst  in  die  zeit 
»n  Weihnachten  bis  zum  dreikönigstag  verlegt  die  zweite  methode, 
ich  gewissen  Zeiträumen  einen  dreizehnten  monat  einznschalten,  fisnd 
re  feste  regelang  in  Indien  wie  anderwärts  in  verschiedenen  cyclen, 

**  yodtchana  ist  später  auch  wegrmats,  ea.  SO  minnten  and  deckt 
:h  also  fast  mit  der  ursprünglich  babyloniicben  parasange.        ^  sn  skt. 
rivaU-ara  uä.  ygl.  ^iecb.  F^TOC,  Ut.  vetus,        ^  'omina  und  portenta* 
den  abhandlongen  der  Berliner  akademie  1858  s.  888. 


464  AKaegi :  ans.  v.  HZimmer  altindisches  leben. 

dort  besonders  in  einem  fünf  jährigen  cyclus  nach  nychthemerB, 
in  welchem  die  rechnung  nach  mondjahren  und  mondmonaten  auf- 
gegeben ist:  12  monde  zu  je  30  tagen  von  Sonnenaufgang  bis  wie- 
der Sonnenaufgang  machten  ein  bürgerliches  jähr  von  360  tagm  ans. 
fünf  solcher  jähre  (1800  tage)  bildeten  eine  periode,  an  deren  ende 
ein  monat  von  ebenfalls  30  tagen  hinzugefügt  wurde. 

In  der  Jahreseinteilung  waren  die  Indogermanen  in  folge 
der  klimatischen  Verhältnisse  ihrer  ursitze  nicht  über  die  scheidoag 
zweier  Jahreszeiten,  einer  kalten  und  einer  warmen,  hinausgekom- 
men; man  rechnete  nach  wintern  und  sommern,  und  spuren  dieier 
rechnung  haben  sich  bei  den  meisten  indogerm.  völkem  erhalten.* 
neben  dieser  Zweiteilung  stellte  sich  dann  den  ostwärts  ziehenden 
Indoiraniern,  abweichend  von  den  Kuropftem^,  als  dritte  ji^reszeit 
die  zeit  der  ernte  und  reife  (garad)  ein ;  der  frflhling  gelangte,  wenn 
auch  sein  name  vtisanta  aufs  engste  mit  der  europ.  bezeichnang 
Fdcap,  ver  zusammenhängt,  erst  spät  zur  anerkennung  als  eigne 
Jahreszeit;  in  der  eigentlichen  vedischen  zeit  ist;  entsprechend  den 
klimatischen  Verhältnissen  der  damaligen  Wohnsitze,  des  heutigen 
Pendschab,  diese  dreiteilung  des  jahres  die  herschende,  und  noch  als 
die  indischen  Arier  längst  ins  eigentliche  Hindostan  vorgerückt  waren 
und  dem  dort  vorgefundenen  klima  gemäsz  fünf  oder  sechs,  ja  sieben 
Jahreszeiten  zählten,  feierte  man  (wie  bis  auf  den  heutigen  tag)  nodi 
die  tscMturmäsya  f  dh.  die  viermonats-  oder  tertialopfer  am  beginn 
der  alten  drei  Jahreszeiten  sommer ,  emtezeit ,  winter. 

In  der  heil  künde  steht  das  vedische  volk  noch  in  den  an- 
fangen, zwar  unterscheidet  bes.  der  Atharvaveda  schon  eine  ganz 
stattliche  anzahl  von  krankheiten :  auszehrung  und  Schwindsucht, 
speciell  lungensch windsucht;  das  fieber  mit  seiner  abwechslnng  von 
hitze  und  frost,  Schüttelfröste;  wechselfieber  mit  husten,  kopf- 
schmerzen,  hautausschlägen  und  gliederreiszen;  femer  gelbsndit, 
herzkrankheit,  Wassersucht,  aussatz,  indigestion,  rühr,  hämorrfaoideB, 
urinzwang  uam.  werden  namhaft  gemacht,  ganz  abgesehen  von  den 
äuszern  gebrechen  wie  Verletzungen,  Verrenkungen ,  brüchen,  blind« 

**  v^l.  Schweizer-Sidler  zu  Tac.  Germ.  2^,1,  Zimmer  8.  371:  'nach 
lialbjahreo  (miweri),  specioll  wintern,  rechnet  Bkandinavitcbet  altertuii 
tvalihvintruH  «zwölfwinterif^»  übersetit  UlfiUs  gr.  ^Tiiiv  bUiöCKO*  xO^lpOC« 
Xi^aipa  bezeichnet  bei  Dorieru  die  junf^e,  eiigähnge  siej^e;  lat.  6ra0- 
trimo'j  aus  bihimo-  trihimo-  entstanden,  bedeutet  demnach  €xwei|  drei 
winter  alt;^  altbaktr.  thrifaiozima  meint  cdreibundertjfthrig».'  Mikloiieh 
brinj^t  'merkwürdige  tlavinche  nnd  litanitche  analoffien*  so  lat.  bhu^ 
usw.  bei  (Curtius  grundz.  n.  194);  oO  x^iMOTOC  oöö£  6^pCUC  begreifk 
Od.  t]  iiS  das  ganze  jähr  usw.  *^  diese  fügten  früher  als  den  herbat 
den  frühling  als  das  Ubergau{;s8tadium  vom  winter  snm  tommer  hinia; 
bei  den  Griechen  tritt  erst  Od.  X  192  die  T€6aXuta  örtibpr]  (nicht  schlecht- 
hin Mierbst*)  auf  neben  xdfiiiiv,  F^cap,  6^poc.  von  den  festländi- 
schen Germanen  berichtet  Tacitus:  hie  ms  et  ver  et  ae»tat  inteHtchm 
ac  vocabiäum  habent,  autumni  nomen  ac  bona  ignorantur  (Germ,  2^),  in  be- 
nennung  des  herbstes  gehen  alle  europäischen  sprachen 
auseinander. 


AKaegi:  «ni.  t.  HZimmer  altiiidifcliet  leben.  485 

heit  und  taubheit.  aber  die  therapie  ist  noch  nicht  sehr  weit  ge- 
diehen» jede  krankheit  hat  nach  anfhssong  der  tiefem  natoren  im 
vedischen  volke  ihren  gmnd  in  versfindignng  gegen  irgend  eine 
Satzung  des  weltenordners  Vamna,  welchw  die  freyler  durch  dieee 
«gottgesandten  fesseln'  bindet  solche  leiden  können  daher  nnr 
durch  aufrichtige  reue  und  besserung  gewendet  werden,  dieee  rei* 
nere  anschauung  ist  jedoch  seltener;  d^  meisten  fllhren  die  krank- 
heiten  auf  den  angriff  dunkler  und  feindlicher  mftdhte,  auf  dftmonen» 
Zauberer,  bösen  träum  und  'bösen  blidk  des  schlimmen'  surflck«  in 
diesen  fWen  hat  also  die  diagnose  suerst  die  art  des  lanbere  festra« 
stellen,  und  dann  w^den  Tom  kundigen  arst,  der  aneh  sugleidh 
apotheker  ist  und  selbst  sich  seine  medicamente  beschalt,  dämonen* 
feindliche  heilpflanzen  herbeigebrmcht  und  amnlete  oder  salben 
daraus  bereitet^;  doch  alles  das  wird  erst  wirksam  durch  den 
Spruch,  die  rechte  Zauberformel,  welche  unter  yersdiiedenen 
symbolischen  handlungen,  ab.  handauflegen,  heiysagt  wird«^  des 
Megasthenes  angäbe  ttber  die  Tersprechungen  solcher  träte  (Strabon 
15,  1,  60  s.  713;  fr.  41  Schw.)  Mvacdai  bk  KüX  iroXurtfvouc  irotetv 
Kai  dppevoTÖvouc  xal  OnXurovouc  bi&  9opMcnccunicf(c  findet  ihre 
bestfttigung  in  den  alten  texten,  welche  indes  auch  schon  eine  ge- 
wisse fertigkeit  in  der  Chirurgie  aniudeutm  sdieinen,  wenn  es  heisit 
dasz  die  A^vin-Dioskuren,  die  göttlichen  Srste,  einer  im  kämpf  Ter» 
stümmelten  frau  ein  eisernes  bdn  angesetit  hätten. 

Das  14ecap.  behandelt  in  kurzen  sögen  todund  bestattun'g. 
der  mensch  ist,  das  kann  einmal  nicht  geändert  werden,  *des  todes 
genösse';  er  kann  hier  auf  erden  nicht  ewig  bleiben;  doch  klammert 
er  sich  mit  aller  Zähigkeit  an  das  dasein  hienieden:  langes  leben  ist 
der  stets  wiederkehrende  wünsch  aller  sttnger,  hundert  herbste  lang 
das  licht  der  sonne  zu  schauen;  wer  früher,  vor  dem  greisenalter  da- 
hin gieng,  der  starb  vor  der  zeit :  'es  reisse  nicht  der  feden  meiner  ; 
andacbt,  es  breche  nicht  zu  frtth  der  stab  des  werkmanns'  fleht  ein 
sSnger  (vgl.  ps.  102, 25).  —  Die  angehörigen  des  verstorbenen  haben 
auch  hier  die  pflicht  den  leichnam  zu  baden,  dann  haupthaar,  hart, 
haare  am  körper  und  nttgel  zu  scheren,  hierauf  dem  toten  eine  fusz« 
fessel  anzulegen,  damit  er  nicht  wieder  störend  in  die  weit  zuröck- 
kehre,  und  endlich  denselben,  wie  es  scheint  in  voller  rfistung,  zur 
erde  zu  bestatten  oder  den  flammen  zu  übergeben,  das  vedisdie 
Zeitalter  kennt  beide  sitten,  das  völlig  brahmanisierte  Indien  nur 

«-*  Ariatobulos  bei  Strabon  15,  1,  46  s.  796  ae.  (fr.  SS  M.)  Tf|v  hä 
ßo^iav  (bei  tchlangenbiss)  ^6{av  clvai  bxä  Tf|v  dpcTfjv  Til^v  1v- 
öiKUiv  ^i2Iuiv  Kol  q>ap^dKuiv.  ^  Nearebot  berichtet  bei  Arrian 
Ind.  15,  12  (fr.  14  M.)  über  die  indischen  ftrste:  oOroi  KUl  vSnt  dXXunr 
vouciuv  T€  kqI  nae^uiv  (aasxer  ecbUngenbisi)  litrpol  f|cav.  oO  iroXXd  5# 
^v  Mvbotci  irde€a  tivcTot,  5n  od  dipot  cö|ifi€Tpo(  ciav  oOrdOi*  cl  5(£  n 
M^Zov  KQTaXaHßdvot ,  Tolci  coq>iCT4civ  dvCKOtvoOvro*  Kai  IkcIvoi  oök 
dvcu  6€o0  ^56k€0v  (ffceai  ön  ircp  ii^ciMOV  —  und  femer  Strabon  15, 
1 ,  45  t.  706  4it4iboOc  bi  ircpi^oiTdv  UtcOai  ircincTCu^^ouc,  ical  ctvui 
cx€5öv  Ti  fiöviiv  TaÖTiiv  \axpiKi\yf, 

Jahrbü  her  für  dast.  philol.  1880  hft  7.  81 


466  AKaegi:  anz.  v.  HZimmer  altindiBches  leben. 

die  letztere;  an  beide  bestattungsarten  scblieszen  sich  bestimmte 
lieder,  von  denen  Z.  die  beiden  bedeutendsten  in  extenso  mitteilt.  — 
An  der  unheimlichen  statte,  wo  die  gebeine  der  verbrannten  gesam» 
melt  wurden,  übten  zauberer  ihre  lichtscheue  kunst  aus. 

Cap.  15:  das  leben  nach  dem  tode.  das  grab  ist  anchdem 
Yedischen  wie  dem  classischen  altertum  durchaus  nur  ein  haas**  f&r 
den  von  erde  genommenen  und  zu  ihr  zurückkehrenden  leib;  die  eigne 
Persönlichkeit  aber,  die  seele  (äitnan)  geht  im  tode  nicht  nnter;  dieser 
ist  nur  der  durchgang  zu  einem  bessern  leben,  freilich  von  derepl- 
tem  indischen  lehre  der  Seelenwanderung  enthält  der  veda  trotz  aller 
gegenteiligen  behauptungen  durchaus  noch  keine  spur :  er  lehrt  die 
persönliche  Unsterblichkeit  der  seele,  womit  natürlich  auch  persönliche 
Verantwortlichkeit  nach  dem  tode  verbunden  ist.  die  bösen,  welche 
nicht  fromm  lebten  und  in  feindschaft  mit  den  göttem  vom  tode  er* 
eilt  wurden  —  sie  ^sind  geboren  für  jenen  tiefen  ort  und  stürzen  in 
den  pfuhl^  in  die  tiefste,  haltlose  finstemis,  ins  untere  dunkel',  wie 
die  texte  sagen.  ^*  die  aber  fromm  und  gottergeben  hier  auf  erden 
lebten,  deren  seele  gelangt  in  die  ewig  andauernde  Seligkeit  im 
himmlischen  lichtraume  Jamas.  der  weite  weg  ins  land  der  seligen 
wird  von  zwei  gefleckten  hunden  bewacht'^,  damit  kein  unwürdiger 
sich  einschleichen  könne,  und  führt  schlieszlich  über  einen  flnsz  lun- 
weg  in  jenen  unendlichen  lichtäther.  in  des  himmels  mitte,  wo  lieht 
ist  welches  nie  erlischt,  und  wo  des  himmels  glänz  erstndt,  wo  Inst 
und  freude  und  fröhlichkeit  und  wonne  wohnen,  wo  der  wünsch  des 
wünschenden  erfUllung  hat:  dorthin  sehnt  sich  der  Arier  nach  dem 
tode  zu  gelangen ,  frei  von  den  gebrechen  des  irdischen  körpers,  in 
einen  neuen ,  vollkommenen ,  lichtumstralten  leib  gekleidet,  um  mit 
vater  und  mutter  und  söhnen  vereint  bei  den  göttem  ein  seliges 
leben  zu  führen,  diesen  selber  ähnlich  an  ansehen  und  macht,  deren 
begleitende  helfer  bei  ihren  werken,  und  diese  Sehnsucht  hat  ihre 
volle  berechtigung :  denn  dort  ist  des  menschen  eigentliche  heimat; 
von  dort  ist  seine  seele  zur  erde  gekommen,  dorthin  kehrt  sie  nadi 
der  erdenwanderung  mit  des  leibes  tode  zurück. 

*u  8.  MArquardt  privatleben  der  Römer  I  SM  f.  Weinbold  altnoH. 
leben  s.  490  ff.  ^*  dass  schon  der  glaube  der  indogerm.  nnieit  eincB 
bestimmungsort  für  die  verstorbenen  bösen  kannte»  tdiUeasi  der  vf.  Bit 
AWeber  aus  der  Übereinstimmung  des  Schicksals  von  Bhrigu  mit  dem 
der  0XcTOai:  jener  wurde  wegen  Übermuts  verurteilt  die  hSllenstrata 
£U  sehen,  letztere  werden  wegen  Übermuts  zu  harten  höHenstrafen  ver- 
dammt; dagegen  findet  auch  Zimmer,  wie  ich  selbst  anderwärts  ge- 
urteilt habe,  die  ausführungen  Benfejs  nicht  überseugend,  weleher 
V'Hermes,  Minos,  TarUros',  Qöttingen  1877,  s.  17  ff.  S3  ff.)  selbst  die 
identität  von  Tdprapo-c  mit  skt  talätala,  dem  namen  einer  hoHe  ia 
späten    sanskritwerken,    nachzuweisen  sucht.  ^  sie  heliien  pmbalm 

'gefleckt',  was  eine  dialektische  nebenforro  von  fjorvarm'  «i  K^pßcpO-C 
ist.  obschon  diese  gleichung  längst  erkannt  und  unumstösslich  riehtif 
ist,  so  werden  doch  immer  noch  aucli  in  sonst  vortrefflichen  werken 
'albcmheiten  wie  die  Zusammenstellung  von  K^pßcpoc  und  fpcßoc  aaf- 
getischt\ 


AKacgi:  aas.  T.  HZiinmer  iltiiidiaelieilebMi.  407 

Mit  recht  hebt  Z.  hervcHTi  da»  weniger  epecoUtive  Mtnreiii  dats 
die  groeze  maeee  des  Tolkes  eich  zu  eolob  tief  gm^tigv  OTfhaiiHBf 
des  zukünftigen  lebens  kaom  werde  emporgesdiwangfgi  buhen,  Uii 
er  weist  aus  dem  weniger  speoifiach  priestarUehtn  als  yieloehr  toUb»- 
tOmlichen  kreisen  entstammeoden  Athanraveda  nadi,  daaz  diaae 
ktstem  sich  das  leben  naeh  dem  tode  vialfacfa  als  eine  TeraoUiiertt 
fortsetzung  des  irdisehen  dachten  nndiMich  veeht  siMlieb  «usmaUeni 
auf  immer  nach  wünsch  milchende  kflhe,  die  nioht  mit  dm  fosae 
aosscblagent  hofft  der  eine, :  auf  laue  woltknond*  winde^  kOUendfl» 
regen,  teiche  von  butter,  bttche  Ton  honig  und  skOma  jaH  mil^  iwd 
8ur4  (s.  455)  statt  waaaer  der  andire;  ein  dntter  Matei  sieh«  ^ws 
dort  der  schwächere  dem  stftrkem  kaine  i^Abe  mehr  tu  bringen 
habe ;  ein  vierter,  dasz  auch  für  ges(QUeditlic£a  ganflsae  geaorgt  und 
überhaupt  die  dortige  wonne  hundert  mal  so  groaa  sei  alad^  Utehata 
wonne  und  das  hOchste  glOck  auf  dieser  weit,  wenn  nun  Z.  s«  ilS 
davor  warnt  'als  anschauungen  des  vedisofaen  Volkes  auszugeben, 
was  in  Wirklichkeit  nur  eigentuus  weniger  geistiger  grOsien  war, 
unter  denen  zb.  ein  Vaaish^  daa  zeug  Bitte  ein  SäkrathnstFa  seines 
Volkes  zu  werden',  so  hat  er  meine  vollste  Zustimmung*  gugeii  seine 
fernem  worte  ^oder  sollte  eine  ansehannng,  naeh  dar  i»r  tod  nnr 
ein  eingehen  in  die  groeze  nnendliekkeit  iit,  der  der  menaeh  ent> 
stammt,  nach  der  das  dortsein,  die  wiedememnigiing  mit  derselben 
schon  Seligkeit  ist,  in  der  that  filtar,  un^vAngUober  und  natlldidher 
sein  als  die  welche  das  leben  nach  dem  tode  als  eine  verbesserte  auf« 
läge  des  irdischen  anaieht,  in  dem  man  aller  drangsale  und  mfihen 
ledig  mit  den  göttem  fröhlich  zecht  und  auch  nach  lust  der  liebe 
genieszt  ?'  —  liesze  sich  doch  vielleicht  einiges  erinnern,  dasz  unter 
den  in  frage  kommenden  Worstellungen,  in  denen  wir  Überall  an- 
knüpfungspuDcte  an  die  ältesten  anschaunngen  verwandter  indo- 
germaniäcber  Völker  wahrnehmen,  die  ihren  wesentlichsten  zC^gBi 
nach  arisches  gemeingut  waren'  (s.  422X  jene  reinem  anschauungen 
'älter,  ursprünglicher,  natürlicher  seien',  wird  kaum  jemand  be- 
haupten wollen;  aber  dasz  auch  in  der  urzeitaehon  sichoin* 
zelne  jener  reinem  anschauungen  herausgebildet  hat- 
ten, ob  auch  nur  von  wenigen  geteilt  und  von  noch  weniig^rn  v.er* 
kündet,  das  läszt  sich  meines  erachtens  voHhommon  erweisen,  ich 
habe  in  dem  zweiten,  fast  gleichzeitig  mit  Zimmers  buch  auqgege* 
benen  teile  meiner  abhandlung  *der  Bigveda'  aus  dem  iraniscban, 
griechischen,  römischen  und  deutschen  glauben,  wenn  auch  noch  erst 
mehr  andeutungsweise,  doch  so  sohlageade  Übereinstimmung  mit 
dem  vedischen  nachgewiesen»  wie  sie  nicht  laicht  anders  als  auf 
historischem  wege,  durch  die  annähme  ursprünglicher  gemeinsam* 
keil,  erklärbar  sein  dürfte,  wenigstens  auf  zwei  in  kürze  nachzu- 
weisende puncto  sei  mir  auch  hier  hinzuweisen  gestattet. 

'Zur  heimat  kehre  zurück,  aller  mängel  ledig*  wird  in 
einem  totenliede  die  entflohene  seele  angeredet,  entsprechend  lehrt 
bei  den  Iraniern  der  Bundehesh:  'die  seele  ist  firüher  geschafEen 

8l» 


468  AEaegi:  ane.  v.  HZimmer  altindisches  leben. 

als  der  körper.  sie  kommt  vom  himmel  her  und  regiert  dea 
leib,  so  lange  er  lebt;  wenn  der  leib  stirbt,  wird  er  mit  der  erde  ver* 
mischt  und  die  seele  geht  zum  himmel  zurftck«'  and  bei  den 
Griechen  zb.  Moschion  in  Eur.  Hik.  532  f.  öOev  ö'  £k(XCTOV  tc  tA 
cujji'  dq>iK€TO,  dvTaCO'  dTicXOeiv,  TiveC^a  fiiv  irpöc 
aiO^pa,  TÖ  cüjm<x  ^'  ^c  inv.  CI6. 1  n.  1001  yaia  b€  kcuO€1  cd^ 
irvof|v  b*  aiOfip  fXaßcv  TidXiv,  öcircp  fbuiKCV  (Aber  cdUip 
als  den  ewigen  lichtraum  s.  oben  anm.  42).  so  auch,  allerdings  nicht 
nur  vom  menschen,  Eur.  fr.  836  X^P^^  ^'  ÖTricuj,  lä  ixiv  iK  fcuoc 
qpuvT'  dcTaiav,  rd  b*  dTi"  alOcpiou  ßXacTÖvra  Tovfic  clc 
oupdviov  TrdXiv  fjXOc  ttöXov.^  ebenso  bei  den  BOmera 
Lucretius  2,  999  ff.  cedit  idem  retro^  de  terra  quod  fmt  anUj  in  ier- 
rasy  et  quod  missumst  ex  aetheris  ort«,  id  rursum  caeli  rel' 
latum  templa  receptant\  noch  bezeichnender  Macrobios  8ai.  1, 
10, 15  quod  aestimaverunt  antigui  animas  ah  love  dari  ei  ruf" 
su$  post  mortem  eidem  reddi,  bei  den  Germanen  heisit 
^sterben'  'zu  gott  heimkehren'. 

Indische  quellen  sagen:  *die  väter  (dh.  die  geister  der  ver- 
storbenen frommen)  schmückten  den  himmel  mit  gestirnen 
aus ;  welche  menschen  tugendhaft  zum  himmel  gehen,  deren  glänz 
sind  diese  sterne.  die  frommen  sind  der  glühenden  sonne 
stralen.'  in  iranischen  Schriften  heiszt  es:  *all  die  nngeiählteii 
und  unzählbaren  sterne  werden  geister  der  menschen  genannt«'  für 
die  Griechen  zeuge  Aristophanes  Fri.  832  oÖK  fjv  fip'  oub*  & 
X^TOuci,  Kara  töv  d^pa  d)c  dcT^pec  TiTVÖficO",  örav  Tic  diro- 
8dvi];  für  die  Römer  Yerg.  georg.  1,  32  anne  novum  tardis  sidut 
ie  mensihus  addaSy  qua  locus  Erigonen  ifUer  Chdasque  seqimiik 
pandUur?  und  ebd.  4,  225  ff.  scüket  huc  reddi  deinde  ac  resokäa 
referri  omnia^  nee  morti  esse  locum^  sed  viva  volare  aideris  in 
numerum  atque  aUo  succedere  cado,  am  nächsten  zum  indischem 
tritt  aber  der  deutsche  glaube ,  nach  welchem  *die  sterne  wir 
kungen  der  elbe  (dh.  der  abgeschiedenen  seelen)  sind' ;  'sterne  sind 
Seelen :  wenn  ein  kind  stirbt,  macht  der  herrgott  einen  neuen  stem; 
die  seele  der  guten  gelangt  nach  Gimill,  wo  sie  mit  den  liohtalfeni 
dh.  den  geistern  der  gerechten  vereint  den  himmels gestirnen 
licht  erteilt';  Von  den  seelen  geht  der  glänz  der  sonnen- 
stralen  und  der  glänz  aller  gestirne  aus'  (Mannhardt  germa- 
nische mjthen  [1859]  s.  378.  310,  3.  439.  474).  besonderes  lioht 
fiLllt  auf  die  Vorstellungen  über  die  m&nner  der  voneiti  wie  sie  !■ 
Hesiods  werken  und  tagen  121  ff.  vgl.  252  f.  vorliegen,  deren  bessen 
Überlieferung  sich  trotz  Lactantius  inst.  div.  2,  14  angensoheinlidi 
aus  Piaton  vom  staat  469*.  Kratylos  398*.  Plut  de  def.  orac  39 
s.  431*  ergibt,    doch  für  diesmal  genug  hiervon. 

M  auch  Epicharmos  bei  Plnt.  consol.  ad  Apoll.  15  CUvcicpiOq  HOl 
bt€Kpi8r)  Kdirf)v6€v  ÖBcv  f|v6€v  irdXiv,  tA  \iiy  cic  Tdv,  irvcOfi'  dvüi,  vad 
ähnliches  oft  in  epigrammen ;  vgl.  Kaibel  epigrammAta  graecas.  680  uiter 
anima,  auch  WHRoscher  'Hermes  der  windgott'  (Leipzig  1878)  s.  68  ff. 


FBfibl:  Thnkydidei  über  Themistdkke.  460 


Das  von  Zimmer  im  anhing  mitgeteilte  'enltnrbild  ans  dem 
Tadschurveda'  zeigt  ans  sehlieszUch  noch  das  leben  der  spitesten 
vedischen  periode:  die  seit  der  ansgebildeten  priesterfaersohaft. 

Bef.  kann  diese  anzeige,  welelie  ihm  ob  der  flille  des  stoflbs 
nnter  den  bänden  länger  geworden  ist  als  er  beebaiehtigt,  nieht 
scblieszen,  ohne  dem  vf.  den  anfrichtigsten  and  wärmsten  dank  >lllr 
das  vortreffliche  werk  aoszaspreehen,  welches  nicht  nor  selbst  aof 
zahlreichen  pnncten  die  yedisdie  ezegeee  weeentUdi  fSrderti  senden 
aach  allen,  denen  die  texte  nicht  sagängHeh  sind,  ein  möglichst 
Tollständiges,  lebensyoUes,  wahres  bild  jener  alten  asit  bietet,  wenn 
das  nttchteme,  besonnene  arteil  sowie  die  ToUständigkeit^and  saver^ 
lässigkeit  seiner  angaben  das  baeh  jedem  Sanskritisten  and  historiker 
äaszerst  wertvoll  and  onentbehriidi  machen,  so  empfiehlt  sich  das- 
selbe anch  allen  femer  stehenden  geschichtafreonden  als  reichlich 
lohnende  and  darch  seine  lebendige,  znweilen  ans  piksnte  streifende 
Schreibweise  zugleich  angenehm  erfrischende  leetllre« 

Zürich.  Adolt  Kaboi* 


60. 

THÜKTDIDES  OBEB  THEMI8T0KLE8. 


Die  viel  besprochenen  werte  des  Thakjdides  Aber  ThemistoUes 
(I  138,  3)  oiK€{(ii  T&P  Suv^cei,  ical  o&re  irpOMCtddiv  ic  €nM|v  oöbiv 
oOi*  im^iaOihVy  tüüv  t€  irapoxpflMa  bt*  £kaxicTT]€  ßouX^c  Kpd- 

T1CT0C    TVÜÜMUÜV    KQI    TUIV    MCXXÖVTUIV    tlA    TlXctCTOV   TOO    T€Vf|CO- 

^ivox)  öpicTOC  eUacTfic  spielen  bekanntlich  in  den  neaesten  Ter- 
bandlungen  über  Stesimbrotos  eine  grosse  rolle,  denn  nadidem 
Wecklein  (tradiiion  der  Perserkriege  s.  63)  hier  eine  beziehang  aaf 
Herodots  bericht  Ober  Mnesiphilos  (Vm  57  f.)  gefanden  hatte,  stellte 
Wilamowitz-MOllendorff  (Hermes  XII  s.  364)  die  behaaptang  aaf, 
wie  TTpo^aOuiV  *die  anekdote  von  Mnesiphilos  diem  Phrearrier  pariere', 
so  müsse  diri^aOuiv  Mer  verbindang  mit  Anaiagoras  and  Melissos 
gelten',  Thok  jdides  polemisiere  also  hier  gegen  Stesimbrotos,  wobei 
denn  der  geistreiche  philologe  mit  bewondemswUrdiger  kanst  es  ver- 
stand, zugleich  vielen  als  arheber  der  vermatong  Aber  Mnesiphilos  sa 
erscheinen  nnd  doch  darchblicken  za  lassen,  eigentlich  hätte  das  der 
schon  wissen  müssen,  welcher  zehn  jähre  früher  über  die  sache  ge- 
schrieben, ebenfalls  als  polemik  gegen  Stesimbrotos  fasite  die  worte 
gleichzeitig  Adolf  Schmidt  (das  Perikleische  seitalter  I  s.  S20),  and 
ganz  neuerdings  pflichtet  AvOatsohmid  in  der  ^allgemeinen  seitang* 
1880  8. 1515  dieser  meinang  rückhaltlos  bei.  indessen  haben  alle  ein 
paar  stellen  eines  viel  gelesenen  Schriftstellers  übersehen,  welche  ge- 
eignet sein  dürften  der  an  sich  ja  sehr  feinen  hypothese  den  halt  za  ent- 
ziehen, die  frage  nemlich,  ob  Themistokles  bi&  cuvouciov  nvdc  T«2iv 
coq>uiV  f\  q)uc€i  tocoOtov  bi/|v€TK€  rdrv  iroXrri&v,  gehörte,  wie  wir 


470  FRühl :  Thnkydides  über  Themistoklea. 

aus  Xenophons  apomnemoneoiData  IV  2,  2  schlieszen  dttrfen,  za  den 
controversen ,  welche  zur  zeit  des  peloponnesisohen  krieget  TieUaeli 
im  athenischen  publicum  verhandelt  wurden ,  und  Sokratas  erklärt 
sich  bei  Xenophon  für  die  erstere  alternative,  dasz  er  das  nicht  bloaz 
that ,  um  Euthjdemos  zu  reizen ,  sondern  dasz  er  damit  seine  wirk- 
liche ansieht  aussprach,  lehrt  eine  stelle  in  Xenophons  ajmpoaion 
8,  39,  wo  Sokrates  sagt:  ck€1tt^ov  ^^v  coi  Tioio  £incT6M€voc  6c- 
^ictokXtic  Ikqvöc  £t^v€to  Tf|v  '€XXdba  iXeuOepoOv,  ciceirr^ov  bi 
TToTä  noT6  elbthc  TTepiKXf^c  KpdTiCTOc  ^öicci  t^  Trorrpibi  ciJMßouXoc 
€lvai.  die  parallele  mit  Perikles  löst  jeden  zweifei,  der  hinsicht- 
lich der  auslegung  dieser  werte  etwa  bestehen  könnte,  ei  li^  also 
gar  kein  grund  vor  anzunehmen,  dasz  Thukjdides  gerade  gegen  8te- 
simbrotos  polemisiert  habe;  er  wendet  sich  lediglich  gegen  eine  da- 
mals in  Athen  sehr  verbreitete  meinnng.  ob  er  recht  hat  —  wer 
wollte  das  mit  bestimmtheit  zu  behaupten  oder  zu  verneinen  wagen, 
da  wir  seine  gründe  nicht  kennen  ?  allein  ich  mosz  gestehen  dasz 
mir  die  gewöhnliche  auslegung  der  verzwickten  und  jedenfalls  un- 
glücklich gefaszten  stelle  des  Thukjdides,  die  ich  selbst  früher 
(quellen  des  Plutarch  im  leben  des  Kimon  s.  40  f.)  nur  schärfer  ge- 
faszt  habe,  seit  jähren  mehr  und  mehr  zweifelhaft  geworden  ist 
was  sagt  denn  eigentlich  Thukjdides  im  zusammenhange?  fjv  T^P 
6  6€^iCT0KXfic  ßeßaiÖTQTa  hi\  9ÜC€ujc  icx^v  btiXuicac  xal  öiaq>€- 
pövTUic  Ti  ic  auTÖ  M^^^ov  ^T^pou  ä^ioc  Oaujidcar  olKcia  yop 
Euv^cei  usw.  lassen  wir  die  werte  kqi  oijT€.  irpofioOuiV  ic  aörfpf 
oxihhv  GOT  *  ^iTtMaOuüV  zunächst  fort,  so  ist  der  letzte  satz  nnzweifel- 
haft  zu  übersetzen:  *denn  durch  eignes  urteil  [oder  eigne  einsieht] 
war  er  für  das ,  was  der  augenblick  forderte ,  nach  kürzester  ILbez^ 
legung  der  einsichtigste  beurteiler  und  für  das  zukünftige  weit  hin- 
aus der  beste  abner.'  warum  soll  nun  jener  Zwischensatz  nicht  direet 
in  den  Zusammenhang  einbezogen  werden,  in  dem  er  steht?  wie 
wäre  es,  wenn  wir  ihn  auslegten  *ohne  durch  andere  vorher  darauf 
gebracht  oder  nachher  veranlaszt  zu  sein  es  zu  modificieren'?  Thu- 
kjdides hätte  dann  nicht  sowol  hervorheben  wollen,  dasz  Themisto- 
kies  alles  blosz  seiner  eignen ,  nicht  durch  den  Umgang  mit  andern 
entwickelten  einsieht  verdankte,  als  dasz  sein  urteil  stets  rasch,  selb- 
ständig und  treffend  gewesen  sei  und  alle  iälle  im  voraus  erwogen 
habe,  unterstützt  wird  eine  solche  auffassung  durch  die  veranlaa- 
sung,  bei  der  Thukjdides  diesen  beitrag  zur  Charakteristik  des  The- 
mistokles  liefert,  er  hat  eben  erzählt,  dasz  Themistokles  zum  Perser- 
könige  gekommen  und  zu  hoher  grünst  bei  ihm  gelangt  sei ,  fbidXtCTa 
bk  diTÖ  ToO  TTeipav  öibovic  Euv€TÖc  q)aiv€c6ai.  unmittelbar  daran 
schlieszt  sich  unsere  stelle,  die  einzig  und  allein  das  letzte  glied  der 
vorhergehenden  periode  erläutern  soll,  und  für  diesen  zweck  war  es 
ganz  gleichgültig,  ob  und  wie  Themistokles  seine  natürliche  einsieht 
durch  fremde  lehre  ausgebildet  hatte,  aber  es  war  nicht  gleichgültig, 
in  welcher  weise  sie  sich  zu  äuszem  pflegte.  > 

KÖNIOSRERO.  FbANZ  BÜHL. 


FSohfiU:  ni  CttoUnt.  4T1 

(19.) 

ZU  CATÜLLU8.* 


I. 

Bei  den  vielen  Terhandlungen,  welche  neaerdings  wieder  Aber 
le  einbeit  der  Lesbia-elegie  (e.  68)  mm  teil  in  diesen  jabrbttdiflm 
sftlhrt  worden  sind,  8oUte  es  flberflilssig  sein  darfiber  noch  ein 
ort  zn  reden,  wenn  nach  gebtQir  dabei  gewürdigt  nnd  bAendgt 
orden  w&re,  was  üsener  am  scfalnss  der  WxesbaAmer  philoIogen- 
»rsamlung  so  wahr  und  schön  ansspradi:  es  gibt  nnröine  intaipxe- 
ition,  die  grammatische!  die  Tidbeliebte,  andi  Ton  einsicfatigem 
snrteilem  als  dem  lotsten  Terteidiger  beliebte  senpaltong  des 
sdichts  ist  dnrch  einen  groben  grammatischen  sdmitser  erkauft, 
n  hauptgmnd,  der  sich  bei  allen  anhXngem  jener  ansieht  wieder- 
>lt,  lantet:  nachdem  Catnllus  dem  frennde  die  bitte  nm  gedidbte  ab- 
schlagen, könne  er  nicht  60  distiehen  folgen  lassen,  ohne  sich 
oherlich  zn  machen,  also  wenn  Cat.  t.  89  sagt  quid  tibi  non 
triusquepäUi  cqpia  praeshst^  so  heisst  dies  im  latein  der  chori- 
mten  quod  tibi  neuirius  peUH  e.  p.  (oder  qi§od  tOd  utriuaque 
c.  nonp.),  dem  wird  dann  noch  der  xweite  ftUer  hinnigeftlgt, 
Mz  V.  10  muneraque  et  Musantm  hmepetisei  Feneriseinon  einhait- 
eben  begriff,  eine  art  (v  bid  buotv  bilden  soll,  die  einsig  mQg- 
che  und  richtige  erkISrung  dieser  werte  nnd  damit  weiter  der  be- 
ehungen  in  v.  39  {utrumque  päihm)  nnd  dann  t.  149  hoc  tibi  quo 
otui  confedum  cartnine  munus  (TgUv.  82  haec  tibi  non  trtbuo 
unera,  cum  nequeo),  die  erklilmng  von  scherzhaften  liebesge- 
lohten  einerseits  {munfra  Veneris  TgL  t.  16 — 20),  gelehrt  alexan- 
-iniächcn  anderseits  (munera  Musarum  v.  32 — 36)  wird  eine  *wnn- 
>rsame  trennung'  genannt ,  wfthrend  Cat.  doch  gerade  die  deutlich 
ennenden  partikeln  et  —  et  angewandt  nnd  eine  andere  beziehnng 
IT  nicht  offen  gelassen  hat.  ^ 

*  [die  oben  s.  135  veröffentlichte  conjector  Ton  MNietski  cn  Catnlloa 
»,11    nudum  sinum  recludens  iBt  schon  in  dieien  jahrbQchern  1866 
298  von  A  Kiese  vorgeschlagen  worden.  A.  F.] 

1  der  weitere  einwand,  dasz  ja  das  Torllegende  gedieht  ingleieh  ein 
}ctum  and  amatorium  sei,  ist  gans  von  aasten,  nicht  aus  Cat.  gemacht. 
\  zeigt  sich  deutlich«  dass  Cat.  nnter  «nmera  Fenerig  seine  na^oe  und 
eptiae  versteht  (vgl.  multa  9atis  luH  t.  17,  e.  60),  wahrend  sich  c.  68 
•  ein  munus  Musarum  nicht  nur  durch  den  Charakter  und  die  —  natfir- 
:h  der  una  Capsula  v.  36  entnommene  —  Laodameiasage,  sondern  aus- 
dicklich  auch  dnrch  die  anrede  an  die  Musen  t.  41  kund  gibt  ob  die 
aebrenssche  poetik  diese  einteilung  antreffend  findet  oder  nieht,  ist 
eichgültig:  wiiisen  sollte  er,  dasE  die  alten  sich  nicht  vom  Inhalt  (liebe), 
»ndern  von  der  form  bei  solchen  eintellungen  bestimmen  liesien.  der 
irbreitete  Irrtum,  dasz  der  freund  Cat.  um  btteher  gebeten  habe  (so 
ich  Magnns),  widerspricht  nicht  nur  den  werten  des  dichters  und  dem 
»rachgebrauch  überhaupt,  sondern  ist  auch  in  sieh  absurd:  hat  er  doch 
I   der   weitern  annähme  geführt,   dast  der  freund  nicht  in  Rom,  son* 


472  FSchöll:  zu  CatuUnB. 

Damit  ist  für  jeden  philologen  die  frage  entschieden,  und  wenn 
zuletzt  gesagt  worden  ist,  dasz  sich  die  einheit  nie  und  nimmer  er- 
weisen lasse,  wenigstens  nicht  für  homines  elegantiores» 
so  kann  dies  nur  in  dem  bekannten  sinne  gelten,  in  welchem  dcffantia 
dilettantismus  bedeutet. 

Die  sonstigen  momente,  welche  ftir  die  einheit  sprechen,  brauche 
ich  nicht  nochmals  hervorzuheben;  nur  auf  namen  und  peraon  des 
adressaten  der  elegie  möchte  ich  eingehen,  wenn  man  das  erste 
stück  —  mehrfach  sogar  das  ganze  —  dem  Manlius  {Targuatus)  tor 
weisen  wollte,  so  war  der  anlasz  dazu. ein  möglichst  verkehrter: 
man  schlosz  aus  v.  6  desertum  in  lecto  caelihe  auf  einen  unglOck- 
liehen  witwer,  der  nun  der  glückliche  bräutigam  von  c.  61  sein 
sollte,  als  ob  dazu  der  ausdruck  passte  quem  neque  sanda  Vema 
tnoUi  requiescere  samno  des.  in  L  c.  perpetitur !  da  konnte  der  dichter 
wol  sagen,  jener  sei  todunglücklich,  da  sein  lager  verwaist,  dar  liebe 
beraubt  sei  uä. ;  aber  so  ausgedrückt  würde  er  geradezu  den  gedankei 
involvieren,  der  verwitwete  könne  sich  nicht  durch  eine  Uebschaft 
schadlos  halten,  nicht  einmal  auf  die  annähme  eines  durch  zwistig- 
keiten  gestörten  liebesverhältnisses,  welche  kürzlich  wieder  Eiessling 
mit  überfeiner  ausdeutung  vorgebracht  hat',  will  jener  ausdruck  mit 
seiner  Umgebung  passen:  selbstverständlich  ist  doch  desertum  tu 
leäo  caelihe  nicht  anders  zu  fassen  als  v.  29  desertum  cubtte  »«  'ver- 
lassen, einsam'  (nicht  Won  jemand  verlassen,  vereinsamt'),  und  so 
wenig  alle  ^homines  elegantiores'  von  Verona  witwer  waren,  so 
wenig  ist  der  angebliche  Manlius  ein  Wir  amissa  coniuge'  (Baehi^ns, 
ähnlich  Schwabe  ua.).  wie, aber  Cat.  in  Verona  wegen  der  klein- 
städtischen Verhältnisse  ein  desertum  cubäe  hat,  so  der  freund  in 
Bom  —  weil  er  krank,  todkrank  war:  darauf  weisen  die  ausdrücke 
easu  oppressus  acerbo  v.  1,  mortis  Umen  v.  3,  mens  anxia  pervigüait 
V.  8,  daher  die  Sehnsucht  nach  dem  freunde  und  nach  neuer,  an- 
regender, erheiternder  lectüre  durch  ihn :  der  kdus  caeUbs  ist  das 
krankenlager. 

Dasz  dieser  freund  AUius  hiesz ,  ist  jetzt  durchaus  festgestellt, 
sowol  in  der  nennung  v.  41.  50.  66  als  bei  der  anrede  v.  150:  anck 

dem  auf  seiDem  landgut  oder  in  Bajae  sei  —  alt  ob  dadoreh  begnif- 
licher  würde,  da8E  er  sich  bücher  von  Verona  vertchreibtl  die  besie- 
bong  von  y.  38  ff.  ist  klar  und  der  Übergang  durch  nam  quo4  gans  wie 
in  den  reden  beim  verfolg  eines  weitem  ponetes. 

*  'analecta  Gatulliana'  (Greifswald  1877)  s.  14:  'repetit  igitnr  Ca- 
tullus  in  prooemio  ipsa  amici  verba  vel  sensa,  ut  ficto  eins  ei  snpra 
modum  aucto  propter  amicae  perBdiam  dolor!  vera  sui  ipsius  incommoda 
coDsulto  opponat.  neque  quidquam  in  toto  hoc  earmine  .  .  .  saaTh» 
et  ele^antius  excogitatom  est,  quam  quod  poeta,  qui  amicam  Mnsanui 
munere  consolari  studet,  in  extrema  votoram  pra  AUii  eiusqoe  pnellae 
Salute  nuncopatione  (165  sUis  felices  et  tu  simul  et  tua  vita)  consolaüone 
sua  non  iam  opus  esse  auguratur.  qui  enim  amico  illi  dnriori  et  cob* 
stantiori  esse  licuit  quam  ipse  fuerat  CatuUns  puellae  discidiam  ob- 
Btinata  mente  perferre  frastra  gestiens?  atque  «amantium  irae  aneria 
integratiost^.' 


FSchdIl:  m  CatuHdt.  478 


im  ersten  teil  kann  die  anrede  keine  andere  sein,  tmd  der  Ton  Laeh- 
mann  und  seinen  nachfolgem  eingeftlhrte  Tomame  Moni  v.  11  nnd 
30  Terstöszt  gegen  den  Gatnllischen  gerbraoch.'  aber  andi  die  ttber- 
liefening  weist  auf  denselben  namen,  indem  sie  in  der  nireimaligen 
cormptel  maU  die  elemenie  des  ToeaÜTS  ABi  ToUstlndig  bietet  Tön 
selbst  emendiert  sieh  t.  30  id  mmli  nan  td  turpe^  nu^  miBorumst 
durch  die  zartiokbeiiebnng  anf  t.  27  qi§od  9erihi$  Veranaetwrpe  OaMo 
esse:  es  fehlt  bei  der  wiederanfiiahme  dieser  worte  der  CbMfo  ent- 
sprechende begriff,  also  iä  mi,  ÄUif  nan  esttmpevmw.  nieht  so 
einfach  ist  die  sadie  vorher  t.  11  aeel  MM  ne  mea  sM  igmia  fMeoM- 
moda  malu  denn  hier  den  vocatiT  iiH.i8leinsnsetten(wteiii<jFVibiiBe 
13, 1  gegenüber  FdbuUe  ▼.  13,  mi  0mke  56, 89  gegenttber  amiee  t.  7) 
erscheint  nicht  unbedenklich  wegen  der  sjnaloiphe  innerhalb  des 
letzten  fhszee,  die  sich  wol  bei  Lucilius  Luereüns  nnd  Horaüns,  nicht 
aber  bei  Catullus  belegen  liest;  durdi  eine  nmstellung aber,  nmme^ 
ABi,  oeUsseputes  wird  man  audi  kanm  helfen  wollen.  TieSeicht  ist 
ein  ursprüngliches  incommoda^  mmee  durch  wwU  glossiert  worden 
(wie  c.  55  zuerst  amiee,  erst  v.  S9  Cameri  angeredet  wird):  jeden- 
falls ist  ja  das  maU  t.  11  nicht  ohne  einwirkung  der  in  ihrer  ent- 

stehung  so  deutlichen  cormptel  von  t.  90  (fiuü(t)i)  entstanden  \  und 
da  wir  somit  hier  keine  einfache  Terderbnis,  sondern  eine  interpo- 
lation  vor  uns  haben  (auch  Tor  wwU  steht  eommoäa  statt  mesmmoda 
nach  V.  21),  so  kann  auch  ein  stirkeree  heilmittel  nOtig  und  ge- 
stattet sein ;  über  etwas  mögliches  wird  man  in  diesem  falle  kram 
hinauskommen ,  wfthrend  die  ftnderung  v.  80  als  sicher  gelten  darf. 
Nach  dem  ausgeführten  ist  wol  klar,  wie  verkehrt  es  war  auch 
die  Verschiedene'  anrede  für  die  zerspaltung  des  gedichts  aniuführen; 
selbst  wenn  Manli  überliefert  wftre,  würde  daraus  nichts  folgen  nach 
maszgabe  von  v.  66,  wo  die  anscheinend  kühne  herstellung  jiJUus 
für  Ifan/tu^  jetzt  aus  dem  Oxoniensis  urkundliche  bestAtigung,  Laoh- 
manns  ttuszerlich  näher  liegender  Mernkts  wideriegung  gefunden 
hat:  ganz  zu  geschweigen  der  verkehrten  auseinandersetamng  West- 
phals.  so  sehr  aber  Westphal  hinsichtlioh  der  namen  irrte,  so  richtig 
erkannte  er,  dasz  der  haspes  v.  12  kein  anderer  sein  künne  als  der 
domum  dedit  v.  68.  156:  und  wenn  er  nichts  desto  weniger  das  ge- 
dieht teilte,  so  geschah  dies  in  der  beftmgenheit  seiner  theorie  vom 
Terpandrischen  nomos,  welche  zwar  die  composition  innerlich  gar 
nicht  berührte,  dagegen  alles  schOn  und  heriich  fand,  sobald  man 
sagte :  dieser  teil  ist  archa,  und  jener  omphalos,  und  der  sphragis  usw. 


*  vgl.  Schwabe  qaaest.  s.  20.  darOber  kann  die  Horasisehe  redens- 
art  gaudeni  praenomine  moUet  awrinäae  bei  Kiesiling  s.  15  sieht  hinweg- 
bclfen,  uod  wenn  dertelbe  swiseben  der  nennung  mit  AUktM  und  an- 
rede mit  Manüia  scheiden  will,  so  übersieht  er  y.  160,  wo  AIH  in  der 
anrede  Yorkommt  gerade  im  schlatztei),  der  gans  snm  tone  des  ersten 
Stückes  sorückkehrt.  ^  gans  dieeelbe  cormptel  eines  eigennamens 
findet  ticb  hei  Cicero  ad  Att,  XV  8,  1  de  mmlo  geripti  tarn  fridem^  wo- 
für noch  nichts  befriedigendes  gefunden  ist  (weder  in  Mario  noch  in 
Maüo  noch  in  Moniano). 


474  FScböll:  zu  CatalluB. 

als  ob  eine  solche  nomenclatur  mehr  wäre  denn  rauch  und  sdhalll  wie 
sich  die  composition  wirklich  erklftrt,  nicht  aus  der  nomenpoene, 
welche  mit  der  elegie  so  wenig  zu  thun  hat  wie  mit  den  epinikioi 
des  Pindaros  und  den  chorgesängen  des  AischjloB,  sondern  ans  den 
speciellen  Verhältnissen  des  CatuUus  wie  aus  der  ihn  beeinflnaeend« 
alezandrinischen  schule,  das  hat  namentlich  Haupt  vorBehiedentlioh 
in  seiner  feinen  weise  angedeutet,  und  wer  diesen  spuren  folgt,  wiid 
erkennen  wie  schon  die  alezandrinischen  ästhetiker  die  Schönheit 
suchten  als  manigfaltigkeit  in  der  einheit  und  einheit  in  der  maaig^ 
faltigkeit,  und  wie  sie  glauben  mochten  diesem  ideal  besonders  nabi 
zu  konmien  durch  die  kunst  eines  so  merkwürdig  ▼erschlongenfli 
aufbaus,  wie  sie  Cat.  hier  offenbart.^ 

Statt  dem  ganzen  gewebe  nachzugehen,  will  ich  lieber  eiat 
reihe  besonders  schwieriger  stellen  des  ^.  68  zu  erledigen  tnchoi, 
und  stelle  dabei  an  die  spitze  die  behandlung  von  v.  118,  dem  aoi- 
gangspunct  für  Kiesslings  programm,  das  dann  weiter  die  wiederholt 
berührte  Baehrenssche  auslassung  in  diesen  Jahrbüchern  [1877 
s.  409  fiF.]  hervorrief: 

sed  tuus  ältus  amor  barafhro  fuit  aUior  iüo, 
qui  tuum  damitum  ferre  iugum  docuU, 

die  Kiesslingsche  conjectur  qui  vi  du  am  domin  i  f.  i.  d.  kann  frei- 
lich weder  sprachlich  noch  sachlich  befriedigen,  dennoch  bedeutet 
sie  einen  entschiedenen  fortschritt  gegen  die  sonstige  behandlung, 
den  nur  die  leidenschaftliche  polemik  von  Baehrens  verkeuMB 
konnte,  wenn  der  letztere  in  einer  combination  älterer  conjeGtnren 
schreibt  qui  torvum  (oder  invitum)  dominum  f.  t.  d.,  so  beruht 
dies  auf  der  Vorstellung,  dasz  die  glühende  Laodameia  den  kenschea 
Protesilaos  vermocht  habe  vor  der  zeit  und  vor  den  weihen  sich  mit 
ihr  zu  vereinigen,  diese  widerliche  Vorstellung  hat  zunächst  in  der, 
übrigens  von  Baehrens  selbst  mit  ungewohnter  grttndliehkeit  und 
feinheit  dargelegten  sage  keinen  anhält,  vor  allem  aber  widerspridit 
die  Vermutung,  und  ebenso  zahlreiche  sonstige  versuche  (^iit  tum 
oder  tarnen  indomitam^  qui  durum  domitam^  qui  taturi  indamitam  uam.), 
dem  Zusammenhang  der  CatuUischen  stelle,  da  hier  die  rede  ist  von 
der  zeit  nach  dem  tode  des  Protesilaos :  v.  105  ff.  quo  tibi  tum  oem, 
pulcherrima  Laodamia^  ercptum  est  vita  dulcius  atquennima 
coniugium:  tanto  te  ahsorbens  vcrtice  amoris  aestus  in  abrup' 
tum  dctulcrat  barathrum,  quäle  ferunt  ,  .  .  sed  tum 
altus  amor  barathro  fuit  altior  illo.  danach  kann  die  tieft 
der  liebe  hier  nur  gemeint  sein  im  Verhältnis  zum  gatten  im  Hades. 
diesen  sonnenklaren  Zusammenhang  hat  vor  Kiessling  meines  Wis- 
sens nur  Is.  Vossius  erkannt,  wenn  er,  freilich  recht  ungesohiekt, 

^  und  dieser  fast  raflinierte  bau  konnte  nicht  nur  einem  AW«ieSv 
sondern  sogar  einem  Bernhardy  als  zusammengewürfelter  trttamerhaiifi 
erscheinen,  gans  zu  schweigen  von  Gruppes  einsichtslos  wegwerfendes 
(buchstäblich  wegwerfendem)  urteil! 


F8ehOU:  m  G^ituUiu.  476 

^i  in  vüa  indomUum  vonehlug  und  dies  «rklftrte  (obsenr*  s.  3S4) : 
^Laodomia  viveniem  maritum  fleotere  non  potait,  qnommnt  se 
relicta  Troiun  proficiaceretor«  mortao  pematit  vt  vriietia  iafariB 
ad  se  rediret/  der  notwendige  ainn,  iße  besitliang  der  «teile  ist 
hier  riditig  erkannt,  nnd  wenn  wir  diee  feethalteSf  weiden  wir  niekt 
iweifeln,  dasz  in  domitum  fare  iugum  doemä  dae  riehtig  Aber- 
lieferte  domüus  im  sinne  yoa  gr.  b^ii|6€ic  «»  mortmm  in  faeses  iat» 
EQgleich  zu  ferre  tugum  doeuU  in  einer  ari  oiymoron,  welobea  dem 
alezandrinisch  überladenen  flül  dieaee  gansen  paaene  t»  107 — 118 
BO  angemessen  ist.  da  aber  damitus  alleia  fttr  den  JUtoer  ao  melit 
▼eretftndlioh  war,  mnsz  in  dem  eormpten  #iMfiii  der  nOtige  naala 
stecken,  kaam  eine  ftndemng  wftre  ^  tum  vi  iomUinm  (t|^  ßlq 
Kttl  x^pcl  bajidccac);  doch  bezweifle  ieh  dasz  dies  der  xiedite  ana- 
druck wäre,  und  besser  als  dies  und  anderae  (wie  qui  imm  Oreo^ 
9fM  telo^  leto^  faio  domihm)  sebeint  mir  ftnanriieh  und  inner- 
lich :  ^t  Diti  domitum  ferre  iuffum  dödtU. 

Auch  im  weitem  knüpfe  ich  an  dne  bemerknng  Kieeslings  an. 
derselbe  sagt  s.  18:  'ceterum  elegia  mnlto  minna  depravata  in  libria 
f ertur  quam  7ulgo  opinantnr.  pauea  enim  ennt  qnae  etianumnc  emen- 
dationem  exigant,  modo  ne  loeoa  propter  Terannm  hiatna  inaanabilea, 
▼elut  Y.  46  et  141 ,  aut  propter  remm  ignorationem  desperandoa, 
▼elut  y.  157,  tem^re  attemptemus;  pandora  yero  quae  allter  atqne 
in  Hauptii  recensione  omnium  nitidissima  £sctnm  eat  conatitnere 
Telis,  sicut  in  versu  39  praesUat  et  68  domimae  a  Froefalichio,  in 
▼ersu  102  Qraia  a  Muellero  inyentnm  recipiendum  puto.'*  idi  gUnbe 
nun  einmal,  dasz  wir  über  die  drei  als  verzweifelt  hingestellten  yerse 
noch  einiges  licht  gewinnen  können,  dann  aber,  daaz  noch  mehr 
stellen  wirklich  verderbt  sind. '  zunächst  ist  sprachlich  unmöglich 
V.  68  f. 

*  aamerkün^Bweise  empfiehlt  Kiestling^  noeh  v.  65  das  preee  •  . 
bmploraia  der  Itali,  zu  dessen  baatätifiiog^  auch  noeh  Nipperdej  opase« 
t.  117  beitrftRTt,  nnd  v.  68  Ate  veluti  tägro  stati  Me  veUa  in  nigra:  dieae 
•iebere  emendation  hat  schon  AReeck  'deCat.  cana.  re  rramiD.et  metriea' 
(Breslau  1872)  thesis  I  gemacht  eben  derselbe  tbeais  fl,  sowie  OFraoke 
'de  artificiosa  carm.  Cat.  compositione'  (Berlin  1866)  thetit  IV  empfiehlt 
auch  mit  recht  87,  3  —  wie  Döring  und  Fröhlich  —  an  Mhreiben  nmlia 
fide$  nullo  fuit  umquam  in  foedert  UnUa,  was  der  folgende  Ters  qmuäa  in 
awKtre  tuo,  sowie  die  paraüelstelle  76,  8  nee  foedert  in  nüo  so  oo- 
swoifelhaft  empfiehlt,  dass  man  sich  hier  wie  in  jenem  falle  wandert 
die  leichte  und  sichere  änderung  rerkannt  tu  sehen.  *  in  der  aorfiek* 
Weisung  der  Baehrensschen  yernnstaltungen  stimme  ieh  KietsUng  natfir- 
Itch  ganz  bei;  nur  scheint  mir  der  yon  ihm  übergangene  yorseklag  y. 98 
beachtenswert,  und  gegenüber  der  yon  Kiessling  yerteidigtea  ynlgata 
ananfechtbar  die  Überlieferung  des  y.  61  didee  fdatorum  hmeee  in  emdore 
Ifvwmen;  Baehrens  Knderte  erst  croito^  jetst  talMO  mit  der  loftigen  be- 
hauptung,  bastua  gehöre  nur  der  yulgartpracbe  an,  die  dnreh  den  eigen- 
namen  widerlegt  wird:  vgl.  Löwe  prodr.  glose.  lat.  s.  66  (VIII  898),  der 
die  schöne  emendation  von  89,  11  durch  die  überlieferaag  jenes  yertes 
noch  hätte  stützen  können,  was  Lachmaans  yerbeMemag  y«  189  be- 
trifft, so  hat  sie  Baehrens  wol  deshalb  durch  sein  eoneipii  irosiinihr 


476  FSchOll:  zu  Catullne. 

isque  damum  nohis  isque  dedü  daminae^ 
ad  quam  communes exerceremus  amores'^ 
noch  unmöglicher  freilich  ist  die  jüngst  vorgetragene  ooigectnr  tob 
Baehrens  ad  quem  c,  e.  a.,  da  ad  dliquem  amcrtm  txere&re  ebenso 
wenig  lateinisch  ist  wie  ad  d&mum  aliquam  exereere:  tu  dem  phn> 
seologischen  fügt  sie  aber  noch  einen  syntaktischen  ttbelitand,  da 
durch  die  Verbindung  des  relat.  ad  quem  mit  dem  conj.  exereermnu 
die  Vereinigung  bei  Allius,  und  gerade  bei  ihm,  als  iweck  hinge- 
stellt würde,  während  der  zweck  die  Vereinigung,  Allins'  peraon  für 
diesen  gedanken  nebensächlich  ist.  ich  schlage  vor  ui  dam  com- 
munes  exerceremus  amores.  bei  der  verderbung  wirkte  vielleicht  dar 
versanfang  101  ad  quam  tum  praperans  ein,  da  dergleichen  Über- 
tragungen im  CatuUtext  nicht  selten  sind^  wovon  noch  deatliehi 
beispiele  folgen  werden. 

Nicht  sprachlich ,  sondern  sachlich  unmöglich  ist  die  allgemeia 
recipierte  Schreibung  v.  143 

nee  tarnen  iUa  mihi  dexstradeductapatema 
fragrantem  Assyrio  venu  odore  damum^ 
wo  deastra^  überliefert  ist.   der  einzige  Döring  macht  hier  in  dff 
altem  ausgäbe  die  bemerkung:  nicht  vom  vater  werde  doch  dia 

gegen  teil  verkehrt,  weil  er  wie  andere  (sb.  Weise)  anttosi  daran  nsha, 
dasz  Judo  das  bild  der  Überwindung  statt  der  ewigen  eifertncbt  Mb 
sollte.  dasB  der  gedankensosammenhang  den  letstem  sinn  ebenso  deot- 
lieh  indiciert,  wie  ihm  das  concipit  iram  ins  gesiebt  soblägt»  ÜUst  ibs 
nngerührt.  anf  jenen  allgemeinen,  von  aussen  herbeigeiogenen  einwtad 
könnte  man  sanftchst  allgemein  'erwidern,  dass  Juno,  wenn  sie  Inuur 
wieder  eifersüchtig  wird,  daswischen  auch  immer  wieder  vom  lome  lasisa 
musB  —  sonst  würde  sie  ja  in  beständigem  schmollen  von  Jappiter  ab- 
seits leben,  es  gibt  aber  dasu  noch  eine  treflFliche  parallelatelle  bii 
Plautus  im  Mercator,  wo  Eutjchus  den  Charinns  bittet,  er  möge  salas 
mutter  versöhnen,  die  durch  eifersucht  auf  ein  mädchen  mit  dem  Taltr 
entzweit  war,  und  dieser  sagt  v.  966  tarn  propiHam  reddam  ftutm  fmm 
propitieut  luno  lovL  cum  überfluss  rechtfertigt  diese  stelle  auch  aeeh 
das  prHsens  eoncoquii  an  unserer  stelle,  an  dem  Pohl  and  Hertiberg  SB- 
stoss  nahmen,  übrigens  mag  die  etwas  auffallende  vergleiehnng  dtf 
Verhältnisses  der  Juno  mit  dem  des  Catullus  dadnreh  veranlaaii  sda, 
dass  im  kreise  der  Clodia  ßoCtivric  diese  ganie  ideenweit  besonders  gf- 
läuiig  war:  vgl.  c.  70.  72. 

^  so  hat  doch  offenbar  v.  148  quem  iapide  Uta  dies  cmmdidiore  aeM 
durch  V.  152  haec  atque  illa  die»  atque  a&a  atque  mKa  gelitten,  oad  et 
ist  ganz  unkritisch  sich  gerade  an  dies  die»  (statt  dien^  ma  halten,  um 
entweder  —  so  Munro  —  die  künstliche  naöhschiebung  ^mesi  impa$t§a, 
die»^  c,  n,  zu  verteidigen,  oder  notai  und  die9  ihre  stellen  tansehen  se 
lassen :  so  Baehrens  und  vor  ihm  schon  RFisch  in  seiner  sehwäehliehsa 
disB.  'de  Catulli  in  vocabulis  coUocandis  arte'  (Berlin  1876)  ■•  61. 
*  die  Ellis-Baehrenssche  Schreibung  decMtra  ist  reine  spielereL  tbai^ 
haupt  aber  hätte  die  behandlung  der  Orthographie  bei  B.  noch  sehlrfHa 
tadel  verdient  als  den  von  Kossberg  in  diesen  jahrb.  ansgesproehi 
denn  —  von  sonstigen  Irrtümern  und  fehlem  su  schwelgen  ^  i 
eulonia  und  gar  Etroscus  und  connus  uns  als  CatuUlsohe  arehalsi 
aufgetischt  werden,  so  zeugt  dies  von  ebenso  geringer  einsieht  in  die 
teztkritik  wie  in  die  lateinische  lautgeschichte.    wenn  B.  es  ferner  llr 


FSchOU:  n  OiteUni.  477 

braut  ins  hau8  des  briaiiganis  gefllhrty  und  doch  könne  die  stelle 
nur  auf  die  sollenne  dedmcUo^  nidit  auf  das  tu  fNOfiifNi  doft  beaogen 
werden,  über  diese  handgreifliche  nnmOglidikeit  haben  sich  m^- 
wfirdigerweise  alle  kritiker,  Döring  seihet  in  seiner  spitem  ausgäbe, 
hinweggesetzt  und  sich  bei  dem  ftosaerlich  naheliegenden  dmetm  he* 
rohigt  imbraachbar  war  freilich  Dörings  dmtm  Mmiapat&rnmm 
f»  Ä.  V.  0.  d.,  wo  das  vftteriiche  haus  des  briutiganiSTerstanden  wer> 
den  soll  mit  sehwerilüligem  aosdrock,  besonders  aber  mit  nndenk* 
barer  isolierong  von  desira*  Tielmehr  werden  wir  in  deosfra  etwas 
anderes  zu  suchen  haben,  nnd  Ton  den  eehriftiOgen  dee  Veronensis 
entfernt  sich  kaum  nee  tarnen  iUa  mihi  clau$iri8  ißämiia  paietni$\ 
▼gL  im  epithalamium  61,  76  dmutta  pomäiU  •ofNiae,  sowie  das 
Horasische  nequt  nUra  daustra  ttmibo  (carw»  III 1 1, 48),  endlich  den 
dausirUumus  in  Laevius  Protesilaodamia  bei  OeUins  XII 10,  6« 

Ich  wende  mich  gleich  zu  dem  anmittelbar  Toran|gehenden  vers 
mgratum  tremuli  toüe  parentis  omiSf  Aber  dessen  nnTerstindKchkeit 
alle  einsichtigen  einig  sind,  da  weder  Tom  Täter  der  Lesbia  die  rede 
sein  noch  Cat.  sich  hier  mit  dem  Tater  Tcrgleichen  kann.  allgemeiA 
hat  man  eine  lacke  angenommen,  mit  mm  teil -r- man  seheEUisl — 
abenteuerlichen  annahmen,  die  wir  auf  sidi  bemhen  lassen  mir 
scheint  eine  lücke  nidit  indiciert,  sondern  nnr  die  annehme  einer 
schweren  corruptel:  denn  wie  voriiergeht  atqmi  nee  äms  hominei 
eampemer  aequom  est^  so  folgt  nee  tarnen  (Beehrens  sinnlos  tandmn) 

wichtig  genug  hielt  jede  'herBtallnng'  eines  ei  statt  i  als  eigentliche 
conjectur  aufzaführen  —  sb.  62,  14  *nei  wUrum  scripti:  necminm  T% 
wo  schon  Schwabe  nimintm  hatte,  nl.  —  so  hitte  er  rar  einen  guten  teil 
Torgänger,  wie  Henssner  'observ.  gramm.  in  Cat.*  (Berlin  1670)  nennen 
müsaeD:  aach  MoedUa  r.  HS  geUihrt  LMQUer  (ßnd  B.  selbst  aar  die 
weitere  verkrüppelang  des  verses).  wenn  ftbrigens  jedes  nee  für  ne^ 
jedes  u  oder  a  für  i  auf  altes  ei  führen  soll,  so  wird  man  dergleichen 
'spuren'  dutzendweise  in  handschriften  von  sehriftstellem  finden,  bei 
denen  an  ursprüngliches  ei  nicht  an  denken  ist.  hat  nun  B.  in  den 
genannten  f&llen  und  sonst  nicht  selten  seine  Vorgänger  verkürBt,  so  ist 
doch  ein  viel  grösseres  unrecht,  dass  er  87,  4  (vgl.  paef.  s.  XLIX  f.), 
Haupt  SU  seinem  Vorgänger  in  adoption  der  Geluanisehea  lesart  eMa 
aeima  macht,  was  Rossberg  bei  seiner  bespreehnng  dieser  stelle  nicht 
nngertigt  lassen  durfte.  Haupt  führt  (opuse.  II  s.  126)  gerade  das  geges- 
teil  von  dem  aus,  was  er  nach  B.  'unus  aoate  agaovit',  und  Haopt  war 
1)  ein  viel  zu  feiner  spraehkenner  als  dass  er  Cat.  das  inconeinne 
eMa  ebriosiores  vindiciert  hätte,  2)  ein  viel  su  feiner  metiiker  als  dass 
er  den  hiatus  in  den  hendecasyllaben  ohne  weiteres  sugelassen  hätte, 
8)  ein  viel  sn  feiner  kritiker  als  dass  er  nicht  dnrenschaot  hätte, 
warum  ein  Gellins  die  hss.  mit  ebria  vortog.  die  eleganUa  hendeea- 
BjUaborum  hat  übrigens  Baehrens  auch  64,  1  verdorben  durch  hinein* 
conjicieren  einer  sjnaloiphe  im  letsten  fnse  Oionii  capmi  {ppAdo  eei 
pmMum  o$!)  Afri  ru$tica  »endlauta  crura  mit  der  fast  naivea  bemerknng 
*o$  hie  dest  in  VM  in  Ei  eri  v.  2  findet  er  oe  Afri  nnd  verhnnst  durw 
09  den  vers  und  sinn,  da  sich  die  parenthese  an  cmpmi  aasehliesst.  in 
EteH  steckt  wol  auch  nicht  HeH,  Veiü^  Neri^  Tkori  oder  gar  ei  iti 
{ruMÜce)  [Munro!],  sondern  einfach  Terei^  vgl.  den  Uhertm»  fereme  bei 
Plinins  n.  h.  XVII  17  nnd  die  TereimM  eaeimtem  daselbst,  welche  XV  24 
in  den  hss.  auch  eine  Eter(ei)atui  geworden  ist. 


478  FSchöll:  zu  Catullos. 

üla  mihi  usw. :  wir  haben  also  eine  anfzählung  von  grflndan ,  mit 
denen  Cat.  sich  selbst  zu  beschwichtigen  sacht;  in  diese  reihe  gehArt 
auch  der  fragliche  vers,  der  mit  ingratum  dem  vorhergehenden  mec 
aequam  entspricht,  nur  dasz  es  nun  natürlich  gleich  mit  leiser  Ende- 
rung  heiszen  mnsz  nee  gratum  iremüU . .  onus,  dasz  aber  dabei  nkU 
von  der  undankbaren  last  des  tremuhis  parens  die  rede  ist,  li^gt 
auf  der  band,  und  ebenso  leuchtet  wol  schnell  ein,  dass  dersdbe  iater- 
poliert  ist  aus  der  parallelstelle  61, 51  tesuis  t remulu 8  parens  m- 
vocat.  hier  kann  nur  von  dem  ängstlich  verfolgenden  liebh aber 
die  rede  sein,  der  stultorum  more  moUstus  ist,  wie  bei  Ovid  am 
III  4, 42  si  sapisj  indulge  dominae  voUusque  severas  exue  nee  rigiM 
iura  tuere  viri  {dure  vir^  inposüo  tenerae  custode  pueüae  $iü  agis) ;  o.  o. 
III  602  nmium  duri  cura  molesta  tnri  ua.  also  etwa  nee  grahmtre- 
muH  tollere  amaniis  onus  oder  tcUere  onus  vigiliSy  so  daeidor 
Wegfall  von  vigüis  nach  onus  oder  die  oorruptel  ^oSe  ftantis  zu  de 
interpolation  von  {pa)re(ntis)  auf  grund  jener  stelle  geführt  hftta 

Auch  in  betreff  der  hinter  v.  46  statuierten  Iflcke  kann  nsi 
sehr  zweifelhaft  sein;  der  lose  pentameter  noteseatque  wuiigis  IM^ 
tuus  atque  magis  gibt  nur  eine  matte  amplification  zu  dem  vorb«- 
gehenden  sed  dkam  vobis,  vos  porro  dicite  muUis  miUbus  et  fitäk 
haec  carta  loqtuUur  anus  und  dem  folgenden  nee  tenmem  iesms 
subUmis  aranea  telam  in  deserto  Aüi  nomine  opus  faaai^  and  lo 
möchte  ich  jene  schon  von  älteren  kritikem  verdächtigten  worti 
eher  als  eine  zu  den  bildlichen  versen  49  f.  beigeschriebene  parallel- 
steile  entfernen,  als  durch  sie  und  einen  zugehörigen  hexameter  glei- 
ches inhalts  die  rede  verwässert  denken. 

So  bleibt  uns  noch  die  besprechung  der  verae  157  £,  wol  dar 
schwierigsten  im  ganzen  Catull,  an  welchen  ohne  den  geringsten  e^ 
folg  alle  mittel  der  kritik  versucht  sind  und  welche  die  verständig- 
sten für  einfach  unheilbar  erklärt  haben,  ich  glaube  aber  dasx  wir 
sie,  wenn  auch  nicht  sicher  emendieren,  so  doch  in  ihrer  beciehoig 
und  bedeutung  klar  machen  können. 

et  qui  prindpio  nöbis  terram  dedU  aufert 
a  quo  sunt  primo  omnia  nata  bona. 
zunächst  haben  wir  hier  den  besten  beleg  fttr  die  schon  öfter  hervor- 
gehobene interpolation  aus  parallelstellen,  seltsamerweise  bat  noA 
niemand  gesehen,  dasz  das  sinnlose  terram  übertragen  ist  ans  66, 49 
et  qui  principio  sab  terra  quaerere  venas.^^  daraus  folgt  dau 
die  bemtthungen  auf  grund  der  buchstaben  von  terram  etwas  hersa- 
stellen  verfehlt  sind,  am  verfehltesten  der  neaeste  Vorschlag  voa 
Munro  teeteram  dedit^  mit  der  monströsen  synaloiphe  von  fe  and 
et^  die  natürlich  durch  die  angebliche  analogie  von  te  adibit  uä.  nicht 


*®  nach  solchen  beispielen  m%f(  es  auch  wahrecheinlieh  werde», 
dasz  39,  19  Apulejas  de  mayia  s.  10,  6  Kr.  mit  deniem  alque  tmusm 
pumicare  gingioam  die  eigentümliche  und  echte  lesart  bewahrt,  der 
Veront'niis  sein  defricare  aus  37,  20  et  den*  liibera  defritoiuM  uHmm  Aber- 
tragen  hat. 


FMuni:  la  CSKlaIliit;j  470 

gestütst  wird:  aber  auch  teneram  (Btathn),  eiifiMii  oder  iaedam 
(BaehreBt),  cartnn  (Peiper)"  na.  sind  baltloee  Tertnehe.  dteee  er* 
keimtnis  bringt  ja  nun  znnttcliet  eher  einen  negathren  gewinn,  indem 
aie  der  emendation  Reibet  den  geringen  anhält  an  den  'tberliefarten 
hnchetaben  hinwegtiefat;  doch  wird  dieaer  sebeinbare  näoMeQ  ddi 
später  ausgleichen,  zonftohst  fragt  ee  sieh:  auf  wen  sind  die  Terse 
sn  beziehen  ?  mit  seltener  übereinsümmnng  hat  man  an  denOenigen 
gedacht,  der  entweder  die  freondsohall  nut  AllinSi  oder  dai  TdiUli- 
nie  za  Lesbia,  oder  beides  'dem  Cat.  Termitldt  hibe,  ja  man  hat 
weiter  in  aufert  den  namen  des  fermitllers  gesudil,  taerst  Sealiger 
OufenSy  dann  Hejse  (LMttller,  BaehivBs)  jifMr,  ndettt  Mnnro  Aferi 
dasz  wir  weder  von  beziehongen  n  lauten  dieses  namens,  nodi  Ton 
einem  derartigen  rermittler  llberhattpf  etwas  wissen,  dasz  auch 
sonst  das  gedieht  gerade  eine  demrtige  beziehung  durch  nichts  nahe 
legt,  ist  dabei  emfacb  tibersehen«  aber  nicht  einmal  die  fraglidien 
corrupten  worte  konnten  darauf  ftümmt  dehn  für  einen  soSehen  Ter- 
mittier wäre  der  auadruck  a  fuo  amma bona  naia  smif  und  ToUends 
a  quo  primo  n&ia  stmt  ganz  unbegrdflioh;  dieser  hätte  den  anlasz 
zu  allem  glück  geboten '^  nicht  läes  ^Qck  geboren:  und  welche 
^Wiedergeburt'  {primo)  soll  dem  -entsprechen?  an  sich  aber  ist  da- 
nach schon  mindestens  der  ausdniek''ton  dem  zuerst  geboren  sind* 
absurd,  und  auch  deshalb  kann  die  emsdilebung  Ton  inj  ab  hiatus- 
tilger  nach  iMtmo ,  bei  der  sieh  die  meisten  beruhigt  haben,  keines- 
wegs befriedigen^:  damit  wird  verpflastert,  nicht  geheflt.  gerade 


II  Peiper  «'Q.  Valerius  Catnllas'  (BresUa  ISU)  t.  64  mit  der  che- 
rakteriatiscbeii  'begrUndong' :  'wenn  die  verie  graviter  cormpti  sind, 
wie  Sehwabe  tagt,  to  muss  man  wenigtteas  terrmk  in  t.  167  ans* 
nehmen,  hier  war  cm-Am,  fei*!  absolot,  sei'«  mit  riSekbesieknng  aaf 
damino  zu  schreiben.'  in  tthnlich  apodiktiseher  weise  hSaft  Peiper  Tor- 
Bchläge,  oft  der  bodenlosesten  und  thöricbtsten  art.  '*  was  Baehrens 
in  den  'analecta*  über  CatuUs  TerhlQtnis  sn  Anser  schreibt,  entstammt 
leider  derselben^ '  qneüe  %  der  wir  auch  Gabil  als  rebortsort  Tibnlls, 
den  zweiten  elegiker  Albins,  narolleadete  Stacks  des  Meaaadros  na* 
verdanken:  seiner  eignen  pbantasie.  der  einzige  versnob  fttr  die  an 
unserer  «teile  gemeinte  persönlichkeit  einen  anhält  in  den  gediehten 
Catalls  zu  finden  ist  von  Rlessling  gemacht  In  den  cosunentationes 
Mommseoianae  s.  364  f. ,  indem  er  den  Alfenns  Varus  aaf  gmnd  von 
c.  30  hierberzieht;  doch  ist  aneh  ditae  dentnng  ans  den  werten 
heraus-  oder  noch  mehr  in  sie  hineingepresst  ^  so  etwas  wollte 

Peiper  mit  seinem  a  qvo  iunt  primo  semma  oder  wtomina  nata  bonif  wobei 
das  sinnlose  primo  blieb,  das  charakteristische  osuila  6eiis  weggeschafft 
und  dafür  ein  onlateinisehes  aad  unsinniges  temiiut  oder  sissdiMi 
mala  iuni  hineingebracht  wurde,    viel  auf  eiassall  ^  Haupt  selber, 

der  dies  vorschlug  und  in  seinen  tezt  setste,  verbelte  sieh  dies  keines- 
wegs: vgl.  opusc.  n  s.  126  'emendandum  esse  inserto  sit*  post  primo 
c«nfidentius  diceremus«  si  enm  versnm  qul  hnnc  praecedlt  eorrigere 
possemus.  ouüis  versus  emendatlo  neque  Sealigero  neqae  alüs  olim 
snccessit,  nuper  autem  pessime  temptata  esk'  das  letate  geht  auf  Hejses 
(von  LMüUer  später  adoptiertes)  te  trmuäedUf  Anter ^  wobei  (von  Atuer 
abgesehen)  auch  nobU  ie  tradidii  statt  tiof  tfM  tradidit  (*■  commendaoit) 
steht. 


480  FSchöU:  zu  CatuUus. 

die  worio  omnia  nata  bona  können  uns  aber  auf  die  rechte  spur 
bringen,  man  hat  richtig  erkannt  dasz  sie  von  der  geliebten  ge- 
braucht sind,  wie  77, 4  ei  misero  eripuisti  omnia  nostra  bona,  es  ist 
das  eine  ungewöhnliche  und  charakteristische  wendung,  die  sich  nur 
an  diesen  stellen  wiederholt  nun  gilt  für  Cat.  dasselbe  gesetz  wie 
für  Horatius ,  dasz  Wiederholungen  bei  ihm  nie  ohne  bestimmte  ab- 
sieht und  beziehung  sind,  wenn  wir  dann  das  unpassende  nata  her- 
yorheben(  so  werden  wir  geneigt  sein  dasselbe  für  eine  cormptel 
aus  nostra  zu  halten,  zugleich  aber  werden  wir  durch  die  ganze  Wen- 
dung darauf  geführt ,  dasz  kein  anderer  als  Bufus  der  in  den  versen 
157  f.  bezeichnete  ist.  das  nach  principiQ  im  vorhergehenden  verse 
vollends  unpassende  und  weiter  durch  den  hiatus  verd&chtige  pnmo 
ist  demgemäsz  so  zu  emendieren ,  dasz  ein  diesen  verbfiltnissen  ent- 
sprechendes participium  zu  sunt  gewonnen  wird,  etwa  a  quo  gufU 
praerepia  omnia  nostra  bona  oder  besser  noch  a!  quoi  sunt  per- 
missa  omnia  nostra  bona  mit  leicht  erklärbarer  verderbong  (n 
a  quo  sunt  fimiffo  und  weiter  unter  prindj^o  zu  primo)  und  mit 
zartem  ausdruck  und  andeutung  zugleich  des  Schmerzes  im  nach- 
geben, diese  beziehung  auf  Rufus  gewinnt  aber  noch  eine  doppelte 
bestätigung,  die  eine  aus  der  stelle  selbst,  die  andere  aus  dem  gan- 
zen Zusammenhang,  vorher  hatte  sich  ja  Cat.  bereit  erklärt  sein  glück 
mit  andern  zu  teilen  v.  135  f.  quae  tarnen  etsi  uno  non  est  content^ 
CaiuUo,  rara  verecundae  furta  feremus  erae  und  147  f.  qnuxre  9M 
satis  est^  si  nobis  is  datur  unis^  qiiem  lapide  iUa  diem  candidiore  ndtat. 
damit  ist  indiciert  eine  annäherung  an  die  glücklichen  nebenbohler, 
vor  allem  an  Bufus ,  der  schon  vorher  sein  nächster  freund  gewesen 
war,  bevor  die  rivalität  sie  entzweite,  in  den  werten  selbÜBt  aber 
passt  für  den  bei  Bufus  zu  erwartenden  gedanken  vortreflflioh  das 
wort,  in  dem  die  kritiker  gerade  die  cormptel  suchten,  dedü  auferi: 
das  prägnante  aufeinanderklappen  der  im  gegensatz  stehenden  verba 
durfte  nicht  wegcorrigiert,  sondern  muste  durch  herstellung  der  aats- 
form  ermöglicht  werden  (vgl.  Ov.  rem.  am.  306  noä^  quas  mihi  non 
dat  habet  uä.) ;  dafür  bietet  sich  jetzt  die  stelle,  wo  die  interpolation 
von  terram  uns  freie  band  läszt,  und  wir  versuchen 

ä  qui^  principio  nobis  era  quae  dedity  aufert  — 
a!  quoi  suntpermissa  omnia  nostra  bona! 
zur  satzform  vgl.  44,  7  ff.  matamque  pedore  expuli  tussm^  nan  in- 
merenti  qi4am  mihi  meus  venter^  dum  sumptuosas  appeto^  dedity  eenoi» 
eine  nennung  des  Bufus  war  bei  dieser  deutlichen  bezeichnung  nicht 
nötig,  ja  ihre  Unterlassung  ist  dem  complicierten  Verhältnis  ebenso 
angemessen  wie  die  überhaupt  etwas  gewundene  spräche:  in  diesen 
Worten  reicht  der  dichter  gleichsam  mit  abgewandtem  antliti  dem 
ehemaligen  freund  die  band  zur  Versöhnung,  zugleich  schlagen  ans 
diese  worte  noch  eine  brücke  zum  Verständnis  des  ganzen  verhältaiBses 
zwischen  Cat.  und  Bufus  in  seinem  merkwürdigen  verlauf,  was  im 
folgenden,  hoffentlich  befriedigender  als  bisher,  erledigt  werden  solL 


FSchdU:  SQ  CMtaUot.  481 

IL 

Nur  mit  unwahncheinlidikeiteii,  wülkürliehkeiten  und  plampeiL 
irrtOmern  hat  man  bestreiten  können,  daez  die  Lesbia-Clodia,  die 
Jano  des  Catnll,  welche  znletst  cenhtm  an  dueenü  mtmes  €mabmU^ 
identisch  sei  mit  der  Clodia  qnadrantaria,  der  ßotdmc  und  imnhtm 
amica  bei  Cicero,  zu  den  von  Schwabe  ua.  gi^benen  belegen  ftige 
ich  noch  pro  Cadio  §  49,  wo  die  worte  sifuae  fum  nupki  muUer  . . 
virorum  alienissimarum  comnvüa  uH  inetUuerit  an  CataU  e.  37  ge- 
mahnen, die  Worte  si  demque  Ma  se^getai  fion  inee$$u  9ahim . . 
fineretrix  procaxque  videatur  an  42,  7  t  Uh  qumm  vUkUä  turpe  in- 
cedere,  mimice  ac  mckste  usw.  übrigens  glaube  ieh  dasz  aucb  auf  Gat. 
selbst  eine  hinweisung  in  der  Caeliana  zu  finden  M^  %99  kie  eHam 
miramury  si  ülam  eornmefiUciaim  pifxidem  ob8eaeni$$ima  e$t  fa* 
hula  consecuta?  nihü  esi  quoi  m  ems  madi  mMerem  nan  eadere 
videatur:  audita  et  pereelehrata  »ermoniVins  res  est  per- 
cipitis  animis^  iudices,  iam  dudi»m  quid  pdim  tfelpoikts  quid  ncUm 
dicere.  quod  etiam  si  est  faetumy  certe  a  CkuÜo  mm  est.  qwd  m^m 
attinehat?  est  enim  ah  aliquo  fortasse  adulescente  nontam 
insulso  quam  non  vereeundo*  mn  aidem  est  fietum^  noniUud 
quidem  modestufH^  sed  tarnen  est  non  infaeäum  menib»eium:  quod 
profedo  numquam  hominum  sermo  atque  qpMo  compfübasset^  nisi 
ornntOy  quae  cum  turpitudine  aiiqua  dieerentur^  in  is tarn  quadrare 
apte  viderentur.  wie  gut  die  worte  aduleseens  non  tarn  insulsus  quam 
non  verecundus  im  munde  des  Cicero  den  Catull  charakterisieren 
würden,  liegt  auf  der  band,  nun  kommt  aber  noch  weiteres  hinzu, 
wie  die  anspielung  auf  die  fcibula  obscaenissima ,  percddmäa  mit 
den  schlusz werten  des  §  69  quadrare  vid&rentur^  so  beweist  der 
ausdruck  §  62  nisi  forte  mutier  patens  quadrantaria  Uta  per* 
mutatione  familiaris  facta  erat  halneatori  in  Verbindung  mit 
der  Clytemestra  quadrantaria  des  Caelius,  dasz  die  bezeichnung  Clo- 
dia quadrantaria  in  besonderer  beziehung  auf  jene  geschiehte  mit  der 
pyxis  vcneni  im  bade  entstand :  die  ftltere  wie  die  neuere  erkllrung 
des  Spitznamens  ist  also  vOllig  unzureichend ,  und  die  aenigmata  des 
Caelius,  von  denen  Quintilian  VIII 6,  53  sagt:  et  nunc  quidem  solr 
vuniur  et  tum  erant  notiora  cum  dicerentur^  harren  fAr  uns  noch  einer 
gelehrtem  und  scharfsinnigem  lOsung.  ich  musz  sagen  Daves  sum^ 
non  (kdipuSy  finde  aber  weiteres  hierher  gehöriges  material  bei  Pro* 
pertius  III  30  (11  32),  wo  es  heiszt  y.  23  ff.  nuper  enim  de  te  nostram 
maledixit**  ad  aurem  rumor,  et  in  tota  non  honus  urhe  fuit. 

<^  unzweifelhaft  findet  sich  umgekehrt  eine  besiehnng  auf  die  Cae- 
liAoa  hei  C«t.,  der  40,  7  den  Cicero  dareh  den  aatdmok  opämms  ommtMm 
patronuM  zu  einer  adTocatitchen  hure  macht  in  deatlicher  parodie  der 
omnium  amica  {pro  Caelio  §  82).  vermotUch  hatte  Cicero  ia  der  cmuia 
Fatiniana  auf  epigramme  des  Cat.  gegen  Vatinios  mit  der  beseiohnung 
detaelben  hIs  peuimus  poeia  bezug  genommen  und  dafür  zahlt  Cat.  beim. 

'*  anf  nottram  aurem  statt  des  bisher  üblichen  ploral  weilt  die 
Überlieferung  (s.  Baehrens'  ausgäbe);  in  dem  oorroptea  wieHs)eäit  suche 

Jikhrbttcher  für  cläi«.  philol.  1880  hft.  7.  32 


482  FSchöll :  zu  CAtDl1u8. 

sed  tu  non  debes  inimicae  credere  linguae:  semper  formosis 
fahula  poena  fuit.  non  tua  deprenso  damnaiasi  fama 
veneno:  testis  eris  puras,  Phoehe^  videre  inanns,  weiter  aber  t.  41  ff. 
an  quisquam  in  tanto  stuprorum  examine  quaerit  *cur  haec  tarn  dives? 
quis  dedit?  unde  dedit?*  o  nimium  nostro  fdicem  tempore  Bamamr 
si  contra  mores  una  pueUa  facU !  haec  eadem  ante  illam  inpw 
nite"  et  Leshia  fecit:  quae  sequUurj  certest  invidiosa  minus. 

Musz  schon  die  Schilderung  der  person  und  lebensart  der  bei- 
den Clodien  die  identificierung  nahelegen  —  wofern  man  nicht  die 
einfachsten  dinge  auf  den  köpf  stellt  —  so  zwingt  förmlich  dazu 
das  noch  viel  schlagendere  zusammentreffen  auf  beiden  seilen  in  dem 
intimen  verhSltnis  zu  einem  Rufus  und  dem  nnzflchtigen  Umgang 
mit  einem  Clodius.  wer  das  alles  in  derselben  zeit  bei  zwei  ▼ersehie- 
denen  personen  desselben  namens  für  wahrscheinlich  oder  nur  mOg> 
lieh  hält,  der  ist  ein  sonderbarer  schwärmen  was  den  zweiten  der  ge- 
nannten coincidenzpuncte  betrifft,  so  brauche  ich  nach  anderen  nidit 
auszuführen,  dasz  und  warum  der  Lesbius- Clodius  c.  79  Sex.  Clodins 
der  cunnüingus  der  Clodia  sein  musz ,  und  nichts  ist  hohler  als  der 
einwand,  derselbe  sei  häszlich  gewesen,  während  Cat.  sage  Lesbius 
est  pulcher:  fügt  doch  Cat.  sogleich  hinzu  quidni?  quem  Leshia  mäU 
quam  te  cum  tota  gente^  CatuUe^  tua\  eine  solche  begrflndung  hatte 
er  nicht  nötig,  wenn  der  betreffende  wirklich  schön  war,  und  wenn 
wir  nicht  schon  wüsten  dasz  jener  häszlich  war ,  mftsten  wir  es  aus 
diesen  werten  des  epigramms  schlieszen.  nicht  so  einfach  erledigt 
sich  der  letzte  vers  sed  tamen  hie  pulcher  vendat  cum  gente  Cb/ußnm, 
si  tria  notorum  {natorum  G)  savia  reppererit:  weder  drei  küsse  von 
^bekannten'  oder  'kennem'  noch  die  von  *kindem*  geben  einen  sinn**, 
noch  weniger  eine  pointe;  auch  des  Calpumius  amatorum  saf>ia  hilft 
nichts,  Peipers  aratorum  aber  ist  noch  sinnloser  als  die  überliefenmg« 
wenn  Cat.  in  den  vorbereitenden  versen  sich  und  sein  verhältiiia  za 
Lesbia  so  nachdrücklich  betont,  so  musz  dem  auch  der  schlusiyen 
entsprechen,  es  ist  aber  von  küssen  die  rede,  deren  Lesbius  nicht 
drei  gewinnen  kann  trotz  des  Vorzugs  den  er  jetzt  bei  Lesbia  hat: 
wer  denkt  dabei  nicht  gleich  an  die  tausend  und  aber  tausend  küsse 
des  Catull  ?  nehmen  wir  dieselbe  Verwechslung  an,  die  uns  oben  bei 
68, 158  begegnete,  und  schreiben  si  tria  nostrorum  savia  reppererüt^ 
so  ist  das  ganze  epigramm  treffend  und  witzig :  Lesbius  gilt  jetzt 
mehr  als  alles  was  Catullus  heiszt,  und  doch  —  die  freiheit  znm 
pfände  —  nicht  drei  ihrer  früheren  küsse  wird  sie  ihm  geben,  die 
art  der  wollust,  für  die  jener  ihr  recht  ist,  macht  ihn  ihr  selber  ekel- 


ich  maledixit  (peruenit  g,  pervadit  HeineiuB,  praeeedit  Hoschke,  dtkitu 
LMüUer,  devenit  Baehrens,  [malus  Mt  inzwiachen  Leo]). 

'^  inpunite  habe  ich  eingesetEt  für  inpune\  die  Tulgata  tilgt  den 
hiatus  durch  iam  nach  ülam^  was  neben  dem  folgenden  et  LeMa  kann 
anseht.  *^  den  abgeschmackten  erkläningsversiich  von  Wettphal  and 
anderes  dürfen  wir  auf  lieh  beruhen  lassen:  die  Widerlegung  ift  m  bilKg 
nnd  der  gegenständ  su  widerlich,  um  ohne  not  dabei  in  verweilea. 


FSchOU:  tti  CfttuUm.  483 

haft  für  solche  genüsse  reiner  liebe,  bei  der  berfihmtlieit  flbrigeiii 
gerade  der  hasia  CatuUiana  wird  man  noch  besser  schreiben  n  tria 
nostrarum  hasia  peppererity  um  so  mehr  als  $auia  fOr  uasia  sich 
ebenso  leicht  durch  das  bekannte  umspringen  der  silbe  erklftren 
kann,  wie  durch  Übertragung  ans  dem  drei  Terse  Torher  Oberliefer- 
ten fnkgmenised  nuf^  id  doko  quod  purae pura  piuüae  $avia  (Mute 
V,  wie  an  unserer  stelle  0)  eommmxU  ßpurea  aaUw»  tua* 

Verwickelter  ist  die  erledigung  des  anden,  frtthem  Terhilt- 
nisses ,  das  zuerst  Catulls  liebe^lflä  stOrte.  wen  hat  es  nicht  ge- 
ftffl  und  geftrgert,  dass  man  mit  dem  Caelius-Bofns  nicht  gans  ins 
reine  kommen  konnte?  da  ein  historisches  bedenken  gegen  den 
Caelius  des  Catull  ■»  M.  Caelius  Bofus  su  sprechen  schien,  so  hat 
man  sich  bemüht  Bufus  und  Caelius  bei  ihm  als  möglichst  Tsrschie- 
den  darzustellen,  den  Buftis  als  crudde  venetmm  viUte,  pettis  anrnd» 
tiae  (c.  77)  dem  Caelius  mit  seiner  untco  mwictfifl,  cum  vesana  tarre' 
ret  flamma  meduUaa  (c.  100)  gegenüberzustellen,  ein  starker  gegen- 
satz  besteht  hier  allerdings;  jedoch  fidlen  beide  gedichte  auch  in 
ganz  verschiedene  perioden,  so  dass  die  seit  den  gegensats  sehr  wol 
ausgleichen  konnte,  wie  ja  eben  Bolus  einst  schon  unu$  atque  111110119 
amicus  (c. 73),  neguicquam  credäus  amioo^^  (e.  77)  gewesen  war.  den 
Caelius  n  i  c  h  t  für  den  M.  Caelius  Bufus  su  halten  muss  schwer  fidlen 
schon  wegen  der  allgemeinen  erwSgung,  dass  es  doeh  ein  buchst 
sonderbarer  zufall  wftre ,  wenn  ein  Caelius  (Bufus)  suerst  die  liebe 
gestört,  ein  anderer  desselben  namens  den  tollen  liebenden  gerettet 
fafttte :  w&hrend  es  dagegen  ein  ganz  natürliches  yerhftltnis  ist,  wenn 
der  busenfreund  des  Catullus,  durch  die  unselige  leidenschaft  für 
dieselbe  frau  mit  ihm  zerfallen,  dann  von  dieser  leidenschaft  geheilt 
sich  dem  freund  wieder  zuwendet  und  auch  ihm  die  äugen  üffhet 
Ober  das  weib,  das  jenen  noch  dSmonisch  umgarnt,  eine  Vorstufe 
für  diese  Wandlung  würden  die  verse  68, 157  f.  bieten,  wenn  wir  sie 
oben  richtig  gefaszt  haben,  fiist  mehr  noch  aber  als  diese  allgemeine 
erwfigung  spricht  für  die  identitftt  des  Caelius  mit  Buius  c.  68  Cadi^ 
Leshia  nostra,  Lesbia  iUa,  iUa  Lesbia^  quam  Catidlus  unampius 
quam  se  atque  siu>s  atnavit  omnes^  nunc  in  quadriviis  d  ongiporHs 
glübit  magnanimi  Remi  nepotesf  bei  der  thatsache,  dasz  ein  Caelius 
einst  die  Clodia  geliebt  hatte,  bei  dem  weitem  zusatz  tJZa,  quam 
Catullus  unam  .  .  atnavit  ist  es  unmüglich  das  Lesbia  naslra  anders 
zu  fassen  als  im  eigentlichen  sinn :  an  Caelius  gerade  wendet  sich 
dieser  aufschrei,  weil  auch  er  bei  dieser  herabgekommenheit  der 


>*  Baehrens  hat  mit  unrecht  die  jetst  durch  den  Ozonientia  be- 
•tHti{?tu  vulgata  neqtäcqnam  ereäUe  amice  dem  vod  Laehmann,  Haopt, 
LMüiler  aufg^eDommeneD  h.  c.  amieo  (O)  vorgeforea:  das  hanptgewicht 
mit  nicht  auf  den  begriff  des  frenndss  und  der  treuadestrene  —  so  bei 
amice  —  aondem  auf  den  der  vemntreQQng  —  so  bei  awdeOt  wo  credite 
entsprechend  herTortritt:  daher  magno  cum  pretio,  eripuUH  ammia  nottra 
bona  und  noMtrae  pestis  amicitiaey  was  nur  gedankenlose  auf  die  freond* 
Schaft  mit  Knfiis  (statt  Lesbia)  beziehen  können. 

32  • 


484  FSchöll:  zu  CatuUus. 

frühem  zeit  ihrer  liebe  denken,  das  ehemalige  verhKltnis  zn  einem 
eolchen  weib  beklagen  muste.*"  der  identit&t  des  Caelias  mit  IL 
Gaelias  Bufus  soll  nun  entgegen  stehen ,  dasz  der  Caeliua  dee  CiL 
ein  Yeroneser  wäre,  während  jener,  zwar  sicher  nicht  —  wie  noch 
einige  der  neuesten  bearbeiter  der  frage  annehmen  *'  —  aus  Puteoli, 
wol  aber  aus  irgend  einem  municipium,  also  nicht  aus  Venma, 
stammte :  c.  100  Cadius  Äußenum  et  Quintius  Äufilenam  flos  Vero* 
nensum  depereunt  iuvenutn»  dies  kann  man  nicht  entkräften  durch 
beziehung  des  flos  Veranensum  iuvenum  nur  auf  den  nächst  yorher- 
gehenden  Quintius,  sofern  der  plural  depereunt  dazwischen  tritt; 
nun  glaube  ich  aber  diesen  plural  selbst  beanstanden  zu  müseen: 
denn  dasz  zwischen  die  zum  singular  flos  gehörigen  genetiTe  das 
yerbum  im  plural  treten  könne,  der  sich  nach  den  Torhergehenden 
namen  richtet,  hat  man  zwar  ruhig  hingenommen,  aber  keineswegs 
belegt  und  gerechtfertigt;  selbst  aber  wenn  dies  geschehen  könnte, 
wäre  immer  noch  keine  nötigung  dies  anzunehmen,  da  ja  jener  plu- 
ral gar  nicht  Überlieferung,  sondern  nur  alteingebürgerte  coigectar 
ist:  Qhat  depereretj  0  deper^t^  daraus  können  wir,  äuszerlich  min- 
destens ebenso  plausibel,  machen  flos  Veronensum  deperit^  et, 
iuvenum  mit  demselben  gebrauch  der  interjection,  wenn  auch  mit 
anderm  ethos,  wie  in  dem  gedieht  an  Quintius  **  82,  8  eripert^  a, 
noU  mtdio  quod  carius  Uli  est  oculis.  nun  ist  nicht  die  geringste  Ver- 
anlassung das  flos  F.  t.  auf  Caelius  mit  zu  beziehen ,  nur  Quintius 
wird  so  genannt  (wie  der  geliebte  des  Cat.  flcsculus  luvenüorum), 
und  dasz  er  allein  hier  sein  prädicat  erhält,  ist  vollkommen  ange- 

*®  LMüller  scheidet  zwischen  diesem  CaeliiiB  (a*  Rafas)  und  den 
(Veroneaer)  Caelins  des  c.  100  —  da  hört  vollends  jede  probabilität  auf. 

'^  auch  das  alter  des  Caelius  geben  sie  noch  mehrfach  nach  der  voa 
Nipperdej  widerlegten  bestimmung  des  Plinius  an.  dasz  er  aaoh  nicht 
85  vor  Ch.  (Nipperdey),  sondern  c.  88  geboren,  also  mit  Cat.  fast  voU- 
ständigf  gleichaltrig  war,  hat  kürzlich  Wegehaapt  nach  Mommseni  dar- 
legungen  über  die  ämter  und  besonders  nach  Cic.  p.  Caelio  §  18  fest- 
gestellt (programm  des  Breslauer  Magdal.-gymn.  1879  s.  6).  "  auch 
ein  artiges  zusammentreffen,  dasz  von  dem  fraiemum  vere  dulee  ModaNehm 
(100,  4)  der  eine  ehemals  dem  Cat.  die  geliebte  hatte  entrelssen  wolleB 
(eripere,  eU  noH)^  der  andere  sie  dann  wirklich  entriss  {eripuUÜ^  eikex  $8,4). 
dasz  übrigens  in  eripere  ei  noli  das  ei  nicht  etwa  pronomen  ist,  kann 
bei  Uli  in  demselben  verse  nicht  zweifelhaft  sein,  beiläufig  bemerke 
ich  dasz  die  interjection  ei  wol  mit  unrecht  durch  Lachmann  borge- 
stellt  ist  76.  21  ei  mihi  tubrepens  imos  ui  torp&r  m  artus  (frühere  mtm 
oder  haec  mihi^  Peiper  unlateiniscb  ceu  mifd).  unmittelbar  nach  enjflU 
hanc  pesiem  pemieiemque  mihi  ist  ei  mihi  kaum  am  platze,  und  in  oem 
überlieferten  teumihi  dürfte  eher  nensim  mthrepem  stecken,  was  avoh 
die  passende  allitteration  bewahrt,  noch  unpassender  hat  in  demselben 
gedieht  y,  10  Munro  die  interj.  a  zur  tilgung  des  hiatus  benutzen  wollea, 
die  zwischen  Worten  wie  iam  ampliut  gar  nicht  stehen  kann,  freilich  ver- 
ttoszen  von  den  bisherigen  versuchen  die  Umstellungen  puire  iwm  ie  cur 
und  te  iam  cttr  gegen  den  sinn,  Baehrens'  Verdoppelung  des  iam  beim 
comparativ  gegen  die  spräche,  Peipers  iamque  gegen  beides;  es  ist  wol 
tu  vor  te  einzuschieben,  wodurch  der  ansdruck  der  selbstqnälerel  noch 
gehoben  wird. 


FSchOU:  u  CatiillQt.  485 

messen,  da  über  das  den  CaelioB  empfehlende  moment  Cat.  dana 
besonders  spricht:  cui  faveam patma?  Codi  iOn,  nom  titm  nMs  new. 

Steht  demnach  nichts  mehr  im  wege  das  vorhin  alt  wahrscheia- 
lieh  bezeichnete  sachverhftltnis  anznaehmen  **,  so  kann  uns  dies  aaeh 
noch  unterstützen  bei  der  emendation  der  oormptea  worte  zwischen 
nam  tua  ndbis  und  umoa  amkUia  r.  6.  bei  dem  schieksal  der  freimd- 
schaft  zwischen  Caelios  and  Cat  wie  bei  dem  zosats  t.  7  eimi  ve$tma 
meas  torreret  flamma  meduüa$  liegt  niehts  niher  alt  den  den  B0mem 
gleich  uns  geläufigen  ansdrack  sa  suchen  ^  dass  die  umea  amieMi 
gleichsam  die  feuerprobe  bestanden  habe,  und  gerade  auf  igm$  wei- 
sen auch  die  spuren  der  Überlieferung  i^erfecfa  i  g  i  0^  perfecta  e^ 
igUur  e  G :  das  letztere  wol  schon  ein  herstellnngsrersuch  der  Ton  0 
mehr  nachgemalten  unyerstftndlichen  spuren  des  Yeronensis;  lOsen 
wir  sie  &\xiex  ignest^  so  können  wir  zugleich i^erfeefa  halten,  was 
fast  alle  kritiker  antasten^:  es  ist  TortraSlidh  indem  gerade  zu  ex 
ignest  passenden  sinn  und  gebrauch  Ton  einem  ToUeadetenkunstwerk. 
so  verlangt  nur  noch  der  erste  vers  des  gedichts  eine  kleiae  Verbesse- 
rung, mehrere  erklftrer  des  Cat.  haben  gesagt,  Cat.  mOge  auch  des- 
halb die  liebe  des  Quintius  zu  Aufilena  nicht  begünstigt  haben  — 
weil  er  selbst  auf  diese  anstrengungea  gemacht  habe  nach  c  110  und 
111.*^  so  lächerlich  wird  sich  Cat.  aicht  gemacht  habea;  ia  jeaea 
gedicbten  ist  auch  keine  spur  davon,  dasz'Cat  die  Aufilena  für  sich 
verfolgte,  vielmehr  verhandelt  er  nur  mit  ihr  über  ihr  beaehmea 
und  ihre  übernommene  verpfiichtung  —  natürUch  für  CaeUus,  dem 
er  in  c.  100  seine  begünstigung  versprochen  hatte  {cm  faveam piriiue? 
doch  nicht  nur  in  gesinnung,  sondern  durch  die  that  I).  also  viel- 
mehr Caelius  Aufilenam  et  QuifUiiis  Außenum^  wozu  auch  stimmt 
V.  3  Äic  fratremj  ille  sororem» 

Unter  den  früheren  gedichten  an  Bufiis**  verlangt  aber  ein  viel 
und  oft  verkehrt  behandeltes  noch  eine  besondere  besprechung :  c.  71. 

'^  darüber  wird  man  sich  nicht  wandern,  dass  er  den  frennd  nach 
der  aussöhnuDg  anders  anredet  als  in  den  schmähgfedichten :  ohne  sol- 
chen grand  wechselt  er  in  der  anrede  Lieini  (e.  60)  nnd  (Mfe  (e.  14 
und  96).  nicht  mehr  aber  wird  man  sich  darüber  wandern  dürfen,  dasa 
er  nach  der  aussöhnung^  die  ach  mäh  gedieht«  in  seine  saralnng  aufnahm, 
wenn  man  die  Bitte  des  altertums  darin  kennt  sind  doch  aneh  die  noch 
bösern  gedichte  aaf  Caesar  trots  der  offieiellen  anssdhnong  stehen  ge- 
blieben. '*  die  meisten  pertpeeia,  daan  exigii  hoc  Colneins,  €9i  igitur 
Fruterius,  est  signis  Fröhlich,  extane  esi  Koch,  egregie  tti  Baehrons,  end- 
lich per  facta  exhibita  est  Lachmann  (Hanpt,  Schwabe,  H^jse,  LMüUer). 

^  man  wollte  sogar  c.  82  auf  dies  Verhältnis  besieheo,  w&hrend  die 
dort  gewählten  ausdrücke  unsweifelhaft  die  Lesbia  beseicbnea  (vgl. 
104,  2],  die  einzige  wirkliche  liebe  Catnlls.  **  ans  dem  kreis  dieser 
gedichte  läszt  man  e.  69  wol  besser  bei  seite,  wenigstens  so  lange  man 
die  lücke  des  ersten  Terses  Bononienti»  rufa  ru/km  feUU  nicht  besser  ans- 
xufüUen  weiss  als  durch  das  für  ein  solches  gadieht  imdeukbare  Aa/Waai 
^Palladius)  oder  den  schwerfallligen  naehsohnb  eines  edax  (Westphal) 
oder  onus  (Munro)  nach  rufum:  der  ooneinnitftt  würde  eher  ein  wort 
oder  name  zu  rufum  entsprechen,  wie  rufkam  Aprum* 


486  FSchöU:  zu  CatuUus. 

zwar  dasz  der  erste  vers  zu  schreiben  sei  si  quoi  iure  hano  saeer 
alarum  ohstitü  hircus^  darüber  sollte  nach  Haupts  ua.  anseinander- 
setzungen  kein  wort  mehr  nötig  sein,  in  Baehrens'  text  si  quai^  Ftrro, 
Inmo  sacratorufn  ohstitU  hircus  gibt  quoi  bona  sacraiarum  (das 
letztere  nach  0,  sacrorum  0)  eine  kaum  lateinische,  jeden&Us  sinn- 
lose Wortverbindung  —  das  erstere  wegen  bona ,  das  letztere  wegen 
sacrcUarum  —  dazu  kommt  aber  das  von  Parthenius  aufgenommene 
VirrOy  ein  nicht  bezeugter,  zugleich  gegen  das  metrum  verstoszender  "^ 
name  —  und  mit  dem  allem  sind  die  ttbelstände  dieser  Schreibung 
noch  nicht  erschöpft,  doch  trifft  der  weitere  anstosz  auch  sonstige 
Vermutungen  zu  diesem  gedieht,  eine  anrede  {Aiei^  Atti)  haben  an 
anderer  stelle  auch  Hejse  und  Schwabe  hineincorrigieren  wollen  f&r 
das  corrupte  mirifice  est  a  te  naäus  utrumgue  maHum  v.  4.  allein 
von  anderm  abgesehen  kann  hier  mirifice  allein  gegenüber  dem 
correspondierenden  iure  hono  v.  1  und  merüo  v.  2  nicht  genügen; 
den  dadurch  nahe  gelegten  begriff  gibt  aber  auch  nicht  GHermanns 
mehrfach  gebilligtes  mirifico  est  fato^  während  Baehrens*  mirifica 
est  poena  wieder  zu  viel  sagt:  denn  nicht  durch  strafe  hat  der  be- 
treffende utrumgue  mcUum  erlangt,  sondern  zur  strafe,  ich  fasse  a  te 
als  misverstandenes  ap  te  =»  apte  und  kann  so  mirifice  bewahren, 
denn  die  Verbindung  der  beiden  adverbia  mirificest  apte  fi.  u,  m.  ist 
dem  römischen  Sprachgebrauch  überhaupt  und  dem  des  Cat.  insbe- 


>7  denselben  Verstoss  hat  Baehrens  noch  29,  22  gemacht  in  der 
schon  von  andern  anch  des  sinnes  and  der  äaszern  impruDabilität  wegen 
verworfenen  conjectur  eone  nomine,  oro  vom  levissimei  (daneben  oro  j^iü" 
dissimeil),  merkwürdifrer  weise  an  derselben  versstelle,  deren  miahand- 
lang  dorch  Peiper  urbis  o  lenUssimei  ihn  veranlasste  diesem  die  boreoh* 
tigang  zar  Catollkritik  abzusprechen,  übrigens  sind  alle  die  mehr  oder 
weniger  künstlichen  versuche  urbis  opulentissimae  zu  emendieren  verfehlt, 
da  dies  offenbar  glossem  za  uncta  patrimonia  v.  22  ist  (vgl.  v.  17—20), 
so  dasz  Scaligers  kühne  Vermutung  eone  nomine  imperator  unice  ans 
V.  11  zu  wiederholen  bereohtigung,  durch  v.  6c=a9  bestfttigung  gewinnt, 
während  aber  Baehrens  oro  im  vierten  fusze  duldet,  macht  er  denen  die 
V.  20  die  länge  (nunc)  im  ersten  fusze  belassen  den  vorwarf  eines 
metrischen  fehlere,  während  doch  v.  3  mit  Mamurrmn  beginnt  (was  Cak 
durch  Mentula  hätte  vermeiden  können)  und  auch  c.  26  für  zulaasimg 
der  länge  an  dieser  stelle  spricht,  nunc  ist  aber  nach  prima,  teemnäm^ 
teriia  v.  17  f.  vom  sinne  geboten,  den  man  freilich  weiter  mit  GaUim 
timetur  et  Britanniae,  worin  Fröhlich,  Schwabe  und  Westphal  lasammen- 
trafen  und  was  neuerdings  wieder  Rossberg  empfiehlt,  durcbaat  ver- 
fehlt, von  einem  blossen  titnere,  was  mit  der  Überlieferung  auch  die 
sonstigen  conjecturen  (ein  volles  dutsend  bei  Schwabe)  belussen  and 
zum  teil  sogar  verdoppeln,  kann  nicht  die  rede  sein  nach  v.  3  f.  Mmamr» 
ram  habere  quod  Comata  Gallia  habebat  ante  et  uUima  BrUannia,  diesen 
übelstand  vermeidet  Baehrens  durch  eeine  Gattiae  optima  et  BrUminia€^ 
briugt  aber  —  von  anderm  zu  schweigen  —  dadurch  eine  arge  ellipaa 
and  eio  unUteinisches  optima  Gailiae  hinein,  ich  denke,  es  springt  in 
die  äugen,  dasz  das  unmögliche  timet  dem  soUennen  beiwort  BriUmmim 
ultima  {,=»  V.  4.  12)  entstammt,  und  so  empfiehlt  sich  $eeunda  prmeda 
Pontica,  inde  tertia  Uibera^  quam  trit  amnü  aurifer  TaguM^  nunc  Gsiiim 
ekt  et  ultima  Britannia,  was  aus  dem  überlieferten  hune  gottU  tUmt 
et  britannie  leicht  durch  gallia  e  et[ult]ima  gewonnen  wird. 


FSchdU:  la  CatnUai«  487 

sondere  entsprechend:  TgL  36,  10  iocose  lepide  und  46,  11  dwene 
rarU.*^  wieder  anders  hat  jflngst  Hnnro  eine  anrede  hineingflbndit 
darch  si  quai  iure  bona  sacer^  o  Bufe^  obstUU  hinms.  aber  hier 
ist  0  Rufe  znn&ohst  an  sich  faladh:  es  ist  nnriGhtig,  daaz  Cat.  in  der 
anrede  o  gebrauche;  88,  6  ist  o  Odk  deallieh  aoamf,  die  anrede 
daselbst  y.  1  einfach  QtOi,  nnd  ebenso  wenig  findet  sich  sonst  o 
anders  als  in  anariifen.  dann  aber  —  und  dies  spricht  auch  gegen 
die  vorher  besprochenen  einfttgungen  von  Tino  und  AMi  —  was 
kann  klarer  sein  als  dasz  der  mit  hmus  behaftete  ommduB  eben  der 
in  den  umstehenden  gedidhten  69  nnd  78  (mit  je  einem  swischen- 
gedieht  nach  der  so  hftufigen  anoirdnung)  bebandalte  Bofos  ist,  also 
der  aemuliM  des  Cat.?  wie  kann  man  annehmen  dass  Cat.  diesen 
selbst  (Munro)  oder  auch  nur  einen  dritten  (Behwabe,  Baehrwis) 
getröstet  habe  mit  dem  hinweis  auf  das  Abel  bei  seinem  nebenbuhler, 
das  gerade  Bufus  anhaftete?  ans  dieser  erwägung  scheint  zunichst 
z\x  folgen,  dasz  ▼.  2  aemidus  iste  iuu$  selbstaiurede  des  Cat.  sei: 
diese  einfache  annähme  stOsst  aber  sofort  auf  Schwierigkeiten  bei 
den  Worten  qui  vestrum  exercä  amarem.  da  vester  nicht  ••  htua  sein 
kann^,  so  mOste  der  ausdruok  ge£ssst  werden  ••  iwtm  Mmqite 
{amicat)  amorem  fthnlich  dem  communes  exereeremus  amatea  68,  69. 
dies  wäre  vortrefflich,  wenn  ein  anderer  angeredet  wttrde;  dasz  aber 
Cat.  sich  selbst  so  weit  objectivieren  könne,  musz  billig  besweiMt 

'*  gegenüber  den  äaderungen  diversag  variae  (vhe  rtjN^rtenl),  diwerte 
variae  (Scaliger),  dioersae  varie  (Oaarinns)  —  jetst  noch  Peiper  dioertim 
variae  —  hat  sich  des  diverse  varie  Süss  angenommen  in  seinen  nüts- 
liehen  zusammenstellangen  (Catulliana  s.  18  in  den  Acta  sem.  phil. 
Erlang.  I),  hat  aber  dabei  den  hauptgmnd  vergeasen,  dass  die  ent- 
sprechuDg  des  voranfgehenden  verses  longe  quo*  simul  a  domo  profecioi 
es  verlangt,  kaum  eine  erwäbnanff  verdient  es,  das«  Borsian  in  seiner 
recenflioD  von  Süss  (litt,  centralblatt)  jenes  ioeoee  lepide  wegschaffen 
will  durch  die  plumpe  änderong  et  hoc  pesmma  me^statt  $e)  puella  vidii 
10 CO  se  lepido  vovere  divis:  damit  ist  glüeklich  die  ganse  absieht  des 
CatuUischen  scherzes  zerstört,  welcher  eben  darauf  beruht,  dass  Cat. 
stillschweigend  als  peseimtu  poeia  den  Volosius  unterschiebt. 
**  die  von  Schwabe  quaest.  s.  166  dafür  angeführten  stellen  beweisen 
f^ar  nichts:  39,  20  ut  quo  Ute  vester  expoUHor  den»  e«l,  hoe  te  ampäuM 
Misse  praedicet  loti  steht  vester,  weil  vorher  die  laadsleute  des  Egnatins 
für  jene  sitte  angeführt  sind.  99,  6  dum  tibi  me  pttrgo  nee  possmm  fleti" 
bus  uilis  tantiliiim  vestrae  demere  saevttiae  ist  die  «oevffia  auch  auf  selten 
des  Furios  und  Aurelias,  die  pwrgaiio  gilt  nur  dem  Jnventins.  hierher 
gehört  auch  29, 13  fuisti  in  ultima  oceidentis  ineula^  ut  ista  voetra  diffk- 
tuta  mentuiü,  wo  voster  bedeutet  'der  dir  und  deiner  partei  anhingt*, 
zwar  hat  mau  auch  dies  vostra  für  die  Mommsensehe,  von  Baebreas 
ganz,  von  Schwabe  teilweise  adoptierte  Umstellung  geltend  gemacht, 
indessen  speeiell  auf  Caesar  und  Pompejus  könnte  vostra  meniuta  doch 
nicht  firehen:  der  plural  findet  sich  aber  schon  vor  der  nennung  der 
beiden  auch  bei  Mommsen  und  Baehrens  ▼.  21  quid  kune  malum  fovetis, 
was  sich  ebenso  wie  vostra  erklärt,  die  umstellUBgen  verderben  das 
gedieht  und  bringen  die  pointe  gener  socerque  perdÜdi^iis  omnia  in  die 
mitte,  weder  v.  20  (s.  oben)  noch  v.  22,  welche  beide  su  ansführungen 
des  grundgedankens  gehören,  geben  einen  wirklichen  und  wirksamen 
abschlusz. 


488  FScböll :  zu  CataUuB. 

werden,  und  weit  wahrscheinlicher  ist  es,  dasz  die  ttberliefening  von 
6  qui  nostrum  exercet  amorem  richtig  ist  —  anch  ohne  flberliefe- 
rung  dürften  wir  ja  nötigenfalls  ohne  weiteres  dies  einsetzen  —  und 
dasz  in  aeniulus  iste  tuus  ein  epitheton  steckt,  das,  sei  ea  etn&eh 
sei  es  durch  Übertragung  aus  81,  3  praeterquam  iste  tuus  mori- 
hxinda  ah  sede  Fisauri,  verderbt  ist.  indem  ich  zunächst  rathend  auf 
aemulus  iste  putus  verfiel'^  und  nach  einer  rechtfertigang  dafür 
suchte,  fand  ich  nicht  nur  diese,  sondern  £Ekst  den  beweis  für  die 
richtigkeit  dieser  conjectur,  und  zwar  in  dem  neunten  der  gediehte 
Catalepton:  scilket  hoc  sine  fraude,  Vari  duldssime,  dicam:  ^dispe- 
ream  nisi  me  percUdU  iste  putus*;  sin  autem  praefsepta  vetasä  mm 
dicere^  sane  non  dicamy  sed  ^nte  perdidit  iste  puer\  das  epigramm 
gehört  zu  den  nachahmungen  Catulls  in  jener  samlung  schon  durch 
seine  ganze  form,  die  so  deutlich  an  c.  92  anklingt,  dass  man  sieh 
wundert  dies  von  den  samlem  Catullischer  nachklänge  übersehen  n 
finden  (Lesbia  mi  dicit  semper  male  nee  taoet  umquam  de  me:  LeMa 
me  dispeream  nisi  amat.  quo  signo?  quia  sunt  totidem  mea:  depreeor 
iUam  assidue ,  verum  dispeream  nisi  amo).  da  es  sich  nun  hier  um 
eine  von  Augusteischen  sprachmeistem  nicht  mehr  zugelassene  foim 
iste  putus  B=  iste  puer  handelt,  so  liegt  bei  der  beschaffenheit  ünsersr 
stelle  zu  tage,  dasz  Cat.  gewährsmann  für  jenen  archaismus  war. 

III. 

Wenn  in  dem  zuletzt  behandelten  gedieht  an  Bufns  t?e8ter  in 
der  selbstanrede  unmöglich  erscheinen  muste,  so  hat  etwas  noch  viel 
unmöglicheres  in  dieser  richtung  Baehrens  8,  5  geleistet 

cum  ventitahas  quo  pueUa  ducebat*^ 

amata  vohis  quantum  amahitur  nuHa. 

^^  dafür  dasz  M.  Caelius  Rufus  etwas  klein  war  apricht  anch  die 
bezeichDnnfi:  aU  pule  he  Uns  Jason  fleitens  des  Atratinas  bei  Foitsaa* 
tianus  III  7.  la  aemulus  iste  putus  vgl.  ausEerdem  66,  6  deprendi  mod» 
pupulum  puellae  trusantem  aad  37,  16  omnes  pusilli  et  sewdtürU  «oeeK. 
sehr  schwach  bat  übrigens  in  dem  letztem  gedieht  v.  10  Manro  vorge* 
schlagen  namque  totius  vohis  frontem  tabernae  pusionibus  scribam,  dass 
die  überlieferuDg  sopionibus  aas  Marias  Plotius  [M.  Claadioal  Saeerdot 
8.  462,'  2  K.  licht  erbalte  zugleich  mit  der  schon  früher  von  la.  Vosslat 
na.  herbeigezogenen  stelle  des  Petronias  c.  22,  das  würde  ich  nicht 
mehr  bemerken,  nachdem  es  von  Peiper  and  MHertz  (Jahrb.  1878  s.  S54) 
schon  mitgeteilt  ist,  wenn  es  mir  nicht  anrichtig  schiene  das  an  die- 
sen beiden  stellen  überlieferte  sopionibus  aub  jtntr  4inmk  in  ropjütdkns 
zn  ändern,  vielmehr  hat  das  nmgekehrte  am  so  eher  statt,  als  das  r 
bei  Sacerdos  sich  aas  der  erklUrang  pisrts  robeus  eingeschlichen  babea 
kann:  gerade  die  beiden  neben  das  richtige  pem>  gestellten  erklämngea 
out  minium  aut  piscis  robeus  stammen  •  aber  vielleicht  ans  dem  anklaag 
von  sopio  an  sepia,  [vgl.  s.  496  f.]  '*  Baehrens  schreibt  mit  Donsa 
(und  Heinsins)  dicebat.  in  der  bedeatang,  welche  einige  anch  hier  ümr 
den  wollten,  ''nasführen',  wäre  ducebat  freilich  nnpassena;  dagegen  treff- 
lich and  weit  ansdracksvoller  als  dicebat  ist  es  in  der  bedootong  des 
nnwideriitehlichen  anziehens  and  nachziehens,  wie  sie  besonders  Plaotos 
Bacch.    1205    ducite    nos   tamquam   addictos   offenbart,     auch    ▼.  9   hätte 


FSchOU:  so  CatoUnt.  489 

vos  in  der  anrede  an  ^inen,  ToUenda  in  der  aeibatanredel  jedoch  der 
anstoaz,  den  Baehrens  an  dem  überlieferten  amata  nobi$  nahm  *(nim 
toio  hoc  carmine  poeta  se  ipee  adloquator*,  wird  nicht  dadurch 
widerlegt,  dasz  man  die  flflchtigkeit  rfigt,  in  der  er  y.  12  iam  Ckäuir 
lus  obdurat  ttbersehen  hat;  es  sollte  nnr  *toto  hoc  ennntiato'  heinen: 
denn  cum  ventüahas  quo  pueOa  aimaia  nobis  duednä  ist  nnirfattrt 
und  undenkbar,  auch  liegt  die  richtige  heilung  aussemhrdenttich 
nahe :  sie  ist  einfach  zu  entnehmen  aus  der  Catollischen  wiederiiolung 
dieses  verses  in  dem  spfttem  e,  37, 12  pu^Ia  naim  m»,  gttae  meo  sinu 
fuffiij  ^amata  tan  tum  quantum  amabüur  n«Oa%  cansedü  iaUc  (Tgl. 
auch  87,  1  nüUa  p(Ae8t  mulier  tanium  $e  äicere  amatam  vere^ 
quantum  a  me  Lesbia  amata  mea  %  auch  68,  58):  tanium  konnte 
nach  amata  wie  vor  qtmntum  allzu  leicht  ausfallen,  nclbis  aber  ist 
interpolatorische  versfüllung  nach  dem  ausfall,  ganz  wie  64,  1S9  ai 
non  haec  quondam  nobis  promissa  dedisH  voce,  wo  das  fOr  poce  ver- 
miszte  epitheton  blanda  —  das  nach  quondä  ausgefallen  war, 
jetzt  aus  dem  Oxoniensis  hergestellt  ist«  noch  an  einer  dritten  stelle 
scheint  aber  nobis  interpoliert  zu  sein:  107,  3  quam  hoc  est  gratum 
nobis  quoque  carius  auro,  hier  haben  schon  Baehrens  und  Ellis  nobis 
beseitigt,  der  erstere  indem  er  quovis^  der  letztere  indem  er  Udo  da- 
far  einsetzt,  gegen  quotns  hat  Bossbeig  in  seiner  reoension  mit  recht 
bemerkt,  dasz  es  sprachlich  falsch  sei;  er  hfttte  lunsu Algen  mflssen 
—  was  zugleich  gegen  Ellis  gilt  —  dasz  daneben  der  längst  gefühlte 
anstosz  an  quoque  für  que  nicht  erkannt  und  beseitigt  sei;  dagegen 
durfte  er  nicht  behaupten,  nobis  kOnne  gar  nicht  entbehrt  werden, 
neben  quod  te  restUuis  mi  cupido  ist  hoc  est  gratum  nobis  eher  lästig 
als  unentbehrlich ,  und  gerade  so  geht  doch  unmittelbar  yoraus  si 
quid  quoi  cupidoque  optaniique  obtigii  umquam  insperanti,  hoc  est 
gratum  animo  proprie  ohne  entsprechend^  pronomen.  wenn  aber 
Rossberg  gar  vorschlägt  quare  hoc  est  faäum  nobis  quoque  carius 
auro,  so  ist  das  reine  prosa,  zudem  aber  ist  quoque  deutschlatein :  w  ir 
sagen  'deshalb  ist  uns  das  auch  (entsprechend  dem  yorhergesagten) 
willkommen',  im  lateinischen  könnte  quoque  nur  stehen  im  sinne 
yon  'auch  uns'  (wie  andern  bestimmten  personen)  oder  'auch 
dies'  (wie  andere  ähnliche  ereignisse).  die  meist  beliebte  änderung 
Haupts  nobisque  est  (frühere  nobisque  hoc)  ist  anch  unzulänglich, 
weil  so  nobis  ungebührlichen  nachdruck  erhält,  deshalb  müchtein 
quoque  eher  ein  epitheton  zu  auro  stecken,  und  zwar  wol  fulvoque 
est  carius  auro^  so  dasz  nobis  wieder  interpoliert  erscheint  nach  der 

corruptel  zu  fnoque. 

Auch  die  letzten  verse  dieses  gedichts  yerlangen  eine  andere 
herstcllung  als  bisher :  quis  me  uno  vivit  felicior  aut  magis  hac  i 

Baehrens  nicht  (mit  Scaliger)  ergänsen  sollen  titpeten«  ne  «I«  statt  (mit 
ATAntias)  inpotens  noli:  das  letxtere  ist  geboten  naeh  mtne  Um  iila 
non  toltj  tu  quoque,  das  erstere  (cibt  gans  rerkehrten  sion,  wie  er* 
sichtlich  aas  100,  8  Ht  in  amort  poiens. 


490  FSchöU:  zu  Catullus. 

(so  0,  me  est  0)  optandus  vUa  dicere  quispoterü?  yon  andern^  ftlien 
zu  schweigen  hat  Lachmann  ha  eres  optandas  geschrieben,  nnd  ihm 
sind  die  meisten  gefolgt.^  indessen  ist  doch  res  für  diesen  gedanken 
zu  allgemein  und  matt,  und  ansprechender  erscheint  bei  gleicher 
leichtigkeit  ä  magis  horas  optandas  vita  dicere  quispoierit^  was  in 
?ioc  est  und  weiter  kac  (zu  vita)  gemacht  wurde:  vgL  62,  80  gM 
datur  a  divis  felici  optatius  hora,  gleichfalls  von  der  seligen 
stunde  des  liebesgenusses. 

IV. 

Haben  wir  in  den  zuletzt  besprochenenen  gedichten  die  Inter- 
polation eines  pronomen  gefunden,  früher  gelegentlich  29,  23  die 
Worte  urbis  qpulentissimae  als  glossem  bezeichnet,  so  glaube  ich 
gegenüber  den  vielen  vergeblichen  versuchen  ganze  verse  bei  Cat  n 
streichen  —  gewöhnlich  verzweifelt  corrumpierte,  wie  68,  157  f. 
—  wenigstens  in  6inem  fall  eine  gröszere  Interpolation  nachweisen 
zu  können. 

62,  63  findet  sich  in  G  der  armselige  scheinvers  tertia  pars  paki 
data,  pars  data  tertia  matri,  in  0  und  T  unmetrisch  tertia  pars  pairi 
est  {patris  pars  est  T)  data^  tertia  matri.  im  anschlusz  an  T  Änderte 
Haupt  tertia  pars  patrist,  pars  est  data  tertia  matri:  damit  begnügte 
man  sich,  nur  Baehrens  zog  vor  noch  freier  zu  schreiben  patri  tertia 
pars,  pars  est  data  tertia  matri.  nun  erhebt  sich  aber  nicht  nur  der 
prosodische  einwand,  dasz  bei  Cat.  pätri^  unerhört  ist,  ebenso  wie 
pätria,  pätrias  —  nur  pätrimonia  ist  in  den  iamben  c.  29  entsohol- 
digt  —  sondern  auch  ein  stilistischer  oder  vielmehr  sachlicher,  es 
heiszt  'du  hast  nicht  allein  über  deine  Jungfräulichkeit  zu  verfügen' 
virginitas  nofi  tota  tuasty  ex  parte  parentumst:  was  soll  nun^NifV  eä 
data  patri,  matri*?  nicht  gegeben,  sondern  natürlich  zustehend  ist 
ihr  teil"^,  während  sie  ihn  allerdings  dann  dem  bräutigam  geben 
(v.  65  gut  genero  sua  iura  simtd  cum  dote  dederur^t).  es  zeigt  eidi 
nun,  dasz  die  worte  v.  62.  64  ex  parte  parentumst  ^  tertia  sola  tuast: 
fioU  pugnare  duobus  sich  vollkommen  anschlieszen  und  durch  die 
breite,  incorrecte   und  dem  hexameter  widerstrebende^  durchzlb- 

'*  Baehrens  hat  nur  noch  verkehrter  weise  das  Eweite  quU  in  fmm 
verwandelt.  Peiper  glaubt  seine  Unkenntnis  des  gebranehs  der  iate^ 
jection  a  —  wie  Baehrens  an  andern  stellen  —  durch  die  coigeetiir 
magis,  a  me!  opiandam  viiam  (das  letztere  nach  Donsa)  documentierea 
zu  sollen,  anszerdem  will  Peiper  in  diesem  gedieht  noch  v.  1  dareh 
exoptanti  die  schöne  allitteration  zerstören,  ▼.  8  durch  intper^tum  atatt 
insperanti  (vgl.  v.  5)  verschlechtern,  und  v.  7  durch  nunc  statt  11110  eine 
unnötige  Zeitbestimmung  an  stelle  der  angemessenen  steigorong  des 
ausdrucks  (vgl.  82 ,  6)  hineinbringen,  das  ist  keine  'carte  doota  et 
laboriosa',  sondern  —  das  gegenteil.  "  dies  vermeidet  MureU  (und 
Vossius')  Schreibung  tertia  pars  patris  est,  p.  e,  d,  /.  m.  —  aber  mit  andern 
übelständen.  '*  vgl.  Martialis  XIV  174,  2  pars  est  nna  pairig,  ctterm 
matris  habet,  ^^  zweifelhaft  ist  ein  weiteres,  äuszeres  moraent:  T  llait 
den  vorhergehenden  vers  aus,  so  dasz  die  erst  am  rande  stehende  inter- 
polierte zeile  ihn  vertrieben  haben  könnte,  doch  kann  ebenso  gat  der 
gleiche  versschlusz   necesse  est  —  parentum  est  den  aasfall  veranlasit 


FSchOU:  zu  Catolliit.  491 

lang  tertia  pars  patri  est  daia^  tertiia  mairi  nur  Terwltsert  werden. 
«Iso  eine  ^manifesta  interpretaÜo  et  interpolmtio'. 

Nach  Wegfall  dieses  Wersee'  erscheint  die  sweite  epodoe  t.  69 
— 66  der  ersten  Tollends  ungleich,  bekanntlich  haben  die  belorbeiier, 
um  beide  auszugleichen ,  teils  den  onachaldigen  vers  li  ▼«rdammti 
teils  lieber  am  ende  den  aos&U  eines  Terses  angenommen  -*-  nun 
müsten  sogar  zwei  fehlen.  Termiest  wird  ja  fftr  den  godanken  nichts ; 
trotzdem  könnte  allenfalls  nodi  eine  erneute  und  renstlrkte  w>^itntitig 
platz  gehabt  haben,  allein  die  vermeinte  responsion,  fllr  die  so  viele 
und  namhafte  forscher  eingetreten  sind,  kann  hier  durch  nichts 
statuiert  und  erreicht  werden;  es  käme  höchstens  eine  inszere  und 
ioszerliche  Zahlengleichheit  ohne  wert  herans.  in  allen  Strophen  und 
antistropben  ist  aber  nicht  nur  der  umfang  gleich,  aondem  es  sind 
auch  durchgängige  gedankenbexiehungen  uiä  wortentspreohungen 
vorhanden ;  selbst  für  den  lückenhaften  passus  v.  32  if.  dOrftn  wir 
dies  behaupten,  teils  wegen  der  analogie  dar  fibrigen,  teils  weil  die 
vorhandenen  worte  notwendig  auf  eine  veiiiHrene  benehung  führen, 
ja  weil  selbst  die  lOcke  sich  ain  einfachsten  durch  überspringen  von 
dem  ersten  vers  der  Jungfrauen  auf  den  zweiten  der  jüng^ge  er- 
klärt in  folge  des  gleichen  eingangs  mit  HeBpems  (so  üsener  bei 
Franke),  keine  spur  einer  solchen  bexiehung  findet  sich  zwischen 
V.  11 — 19  und  V.  59 — 66:  während  die  epodos  des  prooemiums  ihre 
beziehung  zum  vorausgehenden  hat*,  markiert  die  des  eigentlichen 

haben,  wie  auch  v.  42.  43  in  T  und  O,  alto  wol  im  arehetjpos  ant- 
fielen  (während  sie  O  in  V  am  rande  nachgetragen  fand)  und  wie  v.  14 
in  V  aosiiel,  weil  drei  verse  mit  N  begannen. 

^  nar  niclit  in  der  künstlichen  und  verdrehten  weise,  welche  Riese 
in  diesen  jahrb.  1865  s.  301  annahm:  t.  3.  4  and  8.  9  entsprechen  sich 
ebenso  vollständig  wie  v.  1.  2  und  6.  7;  und  wenn  sich  in  der  epodos 
anklänge  an  beide  Strophen  zeigen,  so  ist  das  nicht  eine  'mit  der  stro- 
phischen responsion  nicht  gleichlaufende  logische',  sondern  eine  fort- 
fühmng  der  gedanken  zu  randem  abschloss.  noch  grösier  ist  freiUeh 
die  verschrobenbeit,  in  der  Kiese  s.  303  (und  ebenso  £llis)  annimt, 
V.  39—48  ohne  den  von  Spengel,  GHermann  ua.  angenommenen,  durch 
den  sinn  gebotenen  einschab  eines  verses  and  v.  49—68  ohne  den  in 
den  bt»«.  fehlenden  interealaris  respondierten  in  der  verasahl,  hätten 
aber  andere  Ökonomie  'am  den  Übergang  snm  aufhören  der  responsion 
anxadeaten\  wahrhaftig,  der  darchgefeilteste  parallelismas  in  Jedem 
vers  and  wort,  nur  immer  um  eine  seile  verschoben  and  verrenkt;  da 
Busz  man  wol  merken  dasx  alles  aufhört  —  nemlich  bei  solcher  Inter- 
pretation, den  ausfalL  eines  verses  leugnet  Peiper  nicht,  dagegen  be- 
geht er  im  anschlusx  an  Bossbach  den  fehler  einmal  den  interealaris 
nicht  cur  atrophe  xa  rechnen  —  was  längst  ans  e.  61  widerlegt  Ist  — 
dann  aber  das  ganze  gedieht  in  vier-  und  fünfseilige  ^Strophen'  so  ser- 
legen  mit  annähme  von  gliederungen  innerhalb  der  von  derselben  partie 
gesungenen  stellen,  er  sagt  'schon  die  länge  sehnseiliger  Strophen  hätte 
bedenken  erregen  sollen',  rechtfertigt  aber  weder  dieses  selbstfixierte 
masz  noch  den  unerhörten  begriff  der  'strophe\  wie  äosserlich  und 
willkürlich  aber  die  ganze  Sache  ist,  tritt  gerade  hier  hervor,  wo  seinem 
6  :  5  «■  6  :  5  zu  liebe  nicht  nur  der  nachsats  $ie  wirgo  vom  Vordersätze 
ut  ßo»  {vUia)  getrennt,  sondern  sogar  die  parenthese  mit  der  entspre- 
chung  muHi  ülum  pueri,  multae  optavtrt  pueÜae  —  miUi  Uhtm  pueri,  nuümt 


492  FSchöll :  zu  Catullus. 

hymenaeus  den  abschlasz  gerade  durch  das  abbrechen  des  streiiaii 
das  fehlen  weiterer  beziehungen :  nachdem  der  klage  und  dem  widcr^ 
streben  gentige  geschehen  ist,  schlieszt  ein  krftftiger  ansdraek  &c 
notwendigkeit  des  nacbgebens :  dieser  bildet  eine  epodos  wie  vorher, 
aber  beide  entsprechen  sich  nicht  weiter,  und  gerade  dadurch  wird 
ein  wirklicher  abschlusz  für  das  gefühl  erreicht  —  sonst  kOnnte  es 
cum  gratia  in  infinitum  weitergehen ,  wie  bei  dem  bekaiintea  wet^ 
gesang  zwischen  Uhland  und  Rückert.  auch  dieser  gesichtiponct 
gilt  für  so  manche  willkürliche  annähme  nenerer  stichometriker. 

V. 

Dasz  über  den  bau  eines  so  complicierten  und  dabei  mehrMt 
empfindlich  corrumpierten  gedichts  wie  c.  62  manche  difEerenui 
herschten  und  herschen,  kann  weniger  befremden,  als  dws  ein  so 
einfaches  und  kleines,  dabei  so  beliebtes  und  bertthmtes  gediehtdui 
wie  das  erste  an  den  passer  in  seinem  bau  verkannt  wird,  und  dodi 
hätte  die  richtige  einsieht  darüber  zugleich  zur  richtigen  hebung  der 
kritisch  schwierigen  stelle  desselben  geführt,  an  der  sich  so  räk 
vergeblich  herumgeplagt  haben,    zur  heilung  der  verse 

cum  desiderio  meo  nifenti 

carum  nescio  quid  luhet  iocari 

et  solaciolum  sui  dolaris 

credo  ut  cum  gravis  acquiescei  ardor 
bat  man  zunächst  et  in  in  (auch  ad)  verwandelt"  —  so  wieder 
Baebrens  —  obwol  iocari  in  scHacialum  sprachlich  unerhGrt  ist  uid 
•  eher  noch  iocis  insequi  solaciolum  bedeuten  kOnnte^  oder  aber  mia 
hat  nach  einer  andeutung  Lachmanns  carccm  nescio  quid  iocari  H 
solaciolum  von  luhet  abhängig  gedacht ,  ohne  dasz  ein  analoges  bei* 


optavere  puellae  aaseinanderg^rissen  wird,  gerade  die  rOllige  gleiehMt 
des  bau8,  nicht  bloss  der  verszahl,  ermögliobt  das  volle  erfaseea  sAit 
der  langem  responsion ;  ohne  das  sind  aber  ancb  bei  kttrsem  abvehnitlei 
keine  responsiooen  anzunehmen,  so  häufig  dies  auch  von  den  mederaea 
Zahlenmystikern  geschieht,  gelegentlich  sei  noch  eine  bemerknug  über 
die  entsprechenden  verse  jener  parenthese  63.  66  hinsagefUgi  AoneiMfll 
agricolae^  nuili  coluere  iutenciy  multi  Warn  a.,  mmlti  e.  iuvenei.  fBr  hmwd 
hat  Riese  mit  LMüllers  beifall  bubuM,  Baebrens  eatoni  gasehriebea. 
was  die  bubulci  mit  der  vitii  sa  tbnn  haben,  bat  sieb  der  erstere  wtl 
ebenso  wenig  klar  gemacht,  wie  der  letztere  was  colomi  neben  eyitoslif 
soll,  aus  der  nächstliegenden  onelle  Verg.  georg;  II  854  ff.  {ßeHüt 
luctantes  int  er  vineta  iuvencoi)  hätte  man  die  sachliche  riebtifkctt 
der  Überlieferung  erkennen  können  —  und  einen  ästhetischen  anrtw* 
wird  man  doch  nicht  etwa  an  iuvend  nehmen  wollen. 

"  geradezu  unlogisch  ist  das  von  LMtiller  eingesetite  ut  felffctohei 
—  wie  kann  das  traute  scherzen  in  vergleich  gestellt  werden  mit  deA 
dadurch  zu  erzielenden  trost?  auch  Hands  egi^  das  neverdiBgi 
wieder  Rossberg  vorgebracht,  wird  sich  als  nnsulänglich,  wenn  aaek 
nicht  falsch  erweisen,  schief  und  schwerfällig  ist  dagegen  Mnnrofl  Bit 
Tersnmstellung  verbundenes  tit  {credo,  ut^  cum  gratnM  aequieieti  mrdor,  ni 
solaciolum  t.  d.):  warum  trost  gerade  dann,  wenn  das  btn  inr  nhe 
kommt? 


FSehOU  r  la  CatoUiis,  488 

spiel  vorhanden  wäre  —  denn  jßoiul/um  quid  lubä  aUoeuHonis  ent- 
spricht dem  ersten  teil,  nidit  d  aoktckkim  —  und  ?or  aUmn  ohne 
dasz  ein  richtiger  sinn  herauskftme,  ds  kihä  solacMmn  nnd  vollends 
lubet  iacari  soladohim  —  und  iooari  mflstesa  beiden  gliedern  gesogen 
werden  —  höchst  problemstisch  ist.  die  nnsnreicbenden  versuche  an 
V.  3,  den  man  —  wie  zum  teil  auch  v.  7  •—  als  parentbeee  fiMste,  fiber* 
gehe  ich  ebenso  wie  den  haarstrttnbenden  erklimngsversudi  von  EUis : 
hat  man  es  doch  mit  lücke,  Interpolation,  nmstellnng  und  wettgreifen- 
der  Veränderung  versucht  —  ohne  das  geringste  zu  erreichen,  man 
hat  nemlich  die  letzten  verse  ieaim  Mhire  skiU  ipsapoBaemti  irist%$ 
ammi  kvare  cwras  als  nachsats  zu  dem  voribergehenden  jtollgefasst; 
Westphal  ist  meines  wissens  der  einzige  der  darin  abweiehti  ohne  dass 
er  im  übrigen  die  Schwierigkeit  erledigt  hätte,  bei  der  durchgängigen 
auffassung  ist  schon  die  oompoeition  des  kleinen  gedichts  äusserst 
schwerföllig,  bedenklicher  aber  noch  ist  der  gedanke.  dem  Vorder- 
sätze 'wenn  mein  liebchen  mit  dir  zu  scherzen  liebt*  usw.  kOnnte  wol 
folgen  *dann  möchte  auch  vAx  dabei  sein  können'  oder  ähnlich;  alleim 
iecum  ludert  sicui  ipsapasaem  schlieszt  sich  an  solehen  Vordersatz 
im  gedanken  und  in  der  gedankeofonn  absolut  nicht  an:  es  kann  nur 
als  selbständiger  wünsch  im  ansohlusz  an  das  vorhergehende  gefissst 
werden,  so  war  es  ein  richtiger  gedanke  von  Wee^ihal,  das  aus  cmm 
V.  8  schon  von  andern  hergestellte  tum  nicht  in  einen  von  itf  ab- 
hängigen Satz  zu  bringen  (andere  tdi  oder  Mi  fam),  sondeim  fttr  den 
nachsatz  zu  cum  desiderio  zu  verwerten  {ui  streicht  Westphal) ;  indem 
er  aber  et  solaciolum  zum  Vordersatz  stellte,  blieb  die  bedenkliche  con- 
struction  lübet  solaciolum  und  entstand  ein  schiefer  sinn :  denn  v.  7 
gehört  schon  zum  gedanken  des  richtig  erfaszten  nachsatzes,  zu  dem 
zweck  und  erfolg  des  vorher  beschriebenen  spiele,  danach  ist  das 
einzig  passende  einen  doppelgliedrigen  nachsatz  anzunehmen,  also 
in  ut  cum  nach  steter  Verwechselung  d  tum  zu  suchen'*  (wobei  wir 
auch  acquiescet  halten  können),  vorher  aber  entweder  vor  sui  zu 
schreiben  sdacioUnnsi  oder  lieber  noch  ed  aus  d  zu  madien: 

jyasser,  deliciae  meae  pudlae, 

quicum  ludere^  quem  in  sinu  tenere^ 

quoi  primum  digüum  dam  adpdenti 

et  actis  seid  incitare  morsus  : 

cum  desiderio  meo  niienti 

carum  nescio  quid  luhd  tocori, 

est  solaciolum  sui  doloris 

(credo)  d  tum  gravis  acquiescd  ardor, 

tecum  ludere  sicut  ipsa  possem 

et  trist is  animi  lei^are  curasf 

**  der  satx  ist  wie  84, 1—4,  our  dacz  dort  das  glied  mit  cum  nach- 
folgt: chommoda  dicebat,  H  quand»  commoda  veUei  dteertf  et  imrtdim$ 
ArriuM  hintidiai^  et  tum  mtrißct  sperabat  ge  e$9e  locwtwm^  cum  quaMtmi 
poterat  d  ix  erat  hinnidia». 


494  FSchöll :  ZQ  Catullus. 

tantae  molis  erat  —  obwol  wir  uns  bei  den  zablreichen  bisherigen 
yersuchen  nur  wenig  aufgehalten  haben  —  dies  kleine  gedieht  n 
restaurieren,  wir  haben  ein  reizendes  bild  vor  nns:  die  sehOne  ge- 
liebte scherzend  und  spielend  mit  dem  yOgelchen,  zu  diesem  härm- 
losen  spiel  im  gegensatz  die  im  innem  wühlenden  liebesschmensB, 
dieser  contrast  aber  innerlich  durchweg  yerbunden  und  dmdarch  ge* 
einigt,  dasz  das  ganze  herausgesprochen  ist  aas  der  seele  des  in  glei- 
chen schmerzen  gepeinigten,  aber  gleiches  trostes  entbehrendes 
liebhabers. 

Dies  kleine  seelengemälde  ist  so  vollkommen  abgeschlosseB, 
dasz  man  den  Stumpfsinn  nicht  begreift,  welcher  anch  nur  für  mOg* 
lieh  halten  kann  den  anschlusz  der  —  sogar  im  Ozoniensis  getrenn- 
ten —  Zeilen 

tarn  gratum  est  mihi  quam  ferunt  pudlae 
pernici  aureolum  fuisse  malum^ 
quod  eonam  soluU  diu  ligaiam. 
doch  bedürfen  diese  zeilen  einer  ntthem  besprechnng.  zonttchst  ist 
in  ihr  recht  einzusetzen  die  Überlieferung  der  hss.  quod  gonam  scMi 
diu  negatam^  weil  gerade  für  Atalante  das  lange  versagen,  nidt 
nur  geschlossensein  des  gürteis  charakteristisch  ist.  die  angebliebe 
nachahmung  in  dem  Priapeum  (1704  Meyer)  te  vocant  prece  virgine$ 
pudicae  zonulam  ut  soluas  diu  ligatam  kann  für  Ugatam  nichts  be- 
weisen, da  für  den  Zusammenhang  dieser  stelle  negatam  ebenso  sinn- 
widrig wäre,  wie  es  für  Atalante  sinngemäss  ist;  wie  wird  man  aber 
die  durch  gröszere  Proprietät  ausgezeichnete  hsl.  lesart  gegen  dsi 
Zeugnis  des  Priscian  s.  16  H.  aufgeben  wollen,  der  so  oft  ongensi 
citiert  und  auch  hier  das  bei  söluii  naheliegende  participinm  einsetste? 
wenn  aber  G  selbst,  nicht  0,  zu  negatam  setzt  at  Ugatam ,  so  ist  die 
Variante  eben  aus  Priscian  hinzugefügt  es  musz  überhaupt  rond- 
weg  erklärt  werden,  dasz  die  vielbesprochenen  Varianten  in  6  nad  0 
gar  keine  besondere  autorität  haben :  es  sind  teils  leseversnohe  teib 
Verbesserungsversuche ,  an  dem  schwer  zu  entziffernden  Veronensii 
von  den  gelehrten  des  vierzehnten  jh.  angestellt,  dies  ist  eigent- 
lich schon  dadurch  gesichert,  dasz  sie  nach  Bonnets  endgültigem 
Zeugnis  in  G  von  verschiedenen  bänden  eingetragen  sind ,  wihread 
doch  die  subscriptio  dieser  hs.  ausdrücklich  bemerkt,  dasz  nur  die 
6ine  vorläge  zu  geböte  stand:  'a  corruptissimo  ezemplari  tnm- 
scripsit.  non  enim  quodpiam  aliud  eztabat  unde  posset  libelli  hoins 
habere  copiam  ezemplandi.'  aber  auch  die  innere  beschafienheit 
der  Varianten  spricht  dafür  —  es  ist  nicht  eine  darunter ,  welche 
auf  ein  besonderes  hsl.  mittel  hinwiese ,  und  die  absurde  bypothes» 
von  einem  codex  Belgicus  **,  die  mehrfach  sogar  geglaubt  oder  min- 

^  nur  aaf  der  gleichbeit  des  fnndorts  beruht  ja  überhaupt  die  pro- 
babilität,  dasz  gerade  die  hs.  des  Katherius  im  14n  jh.  wieder  gefnnden 
wurde,  nach  Baehrens  dagegen  nahm  der  bischof  den  alten  VeroüeBais 
mit  nach  Belgien,  dabin  kam  nach  mehr  als  drei  Jahrhunderten  aber* 
mala  ein  Veroneser  und  brachte  das  inzwischen  collationierte  exenplar 


FSchöU:  m  CttteUi».  495 

destens  beachtet  worden  ist,  zerftUt  in  niehts.  so  erkUrt  sieh  auch 
das  yerbftltnis  des  0  zu  6  in  d«i  Yariaaten:  0  wnrde  früher  ans  V 
copiert,  in  den  erst  wenige  Varianten  eingetragen  waren,  wShrend 
bei  und  nach  der  copie  des  6  mehr  darin  gemacht  wnrde.  Baehrens 
erklärt  das  spftrliche  hervortreten  in  0  —  oder  erUflrt  es  vielmehr 
nicht  —  ans  reiner  bnne  des  absehreibers,  was  gerade  seiner  im 
ganzen  richtigen  benrteilung  dieser  hs*  widerspricht. 

Kehren  wir  von  dieser  abschweiftmg  zn  den  drei  versen  snrttck, 
so  musz  ich  mich  abermals  wnndem  Aber  den  beifisU  den  eine  kühne 
hjpothese  gefunden,  auf  welche  gleidizeitig  ein  so  verdrehter  geist 
wie  Pleitner  und  ein  so  enger  und  sonst  Ingsüicher  kritiker  wie 
Klotz  verfiel :  dasz  nemlidi  dies  fragment  den  nachsats  enthalte  zn 
dem  auf  c.  14  folgenden  si  qui  forte  mearum  it^epHamm  leäares  eri- 
tis  manusque  vestras  n<m  horrÄHia  aämoven  MoUff.  dagegen  Uszt 
sich  freilich  nicht  anführen  die  auffisssnng  He jses  und  anderer,  nach 
welcher  die  letztem  verse  vielmehr  eine  art  quos  tgo!  wftren:  denn 
80  kann  (braucht  aber  nicht)  mamm»  admavere  an  sich  gefaszt  wer- 
den, nicht  aber  non  horrehitis  admoiWß,  wonach  allerdings  von 
einem  nicbtverabscheuen  (freondlich)  und  nicht  von  mangeln- 
der scheu  (feindlich)  gesprochen  wird,  wol  aber  spricht  dagegen 
das  unzutreffende  der  vorstellnng,  als  ob  CSat  mit  senien  gedichten 
längere  zeit  die  Atalante  gespielt  habe,  noch  stärker  aber  und  deat- 
lieber  das  unlateinische  der  folge  si  qui  forte  leetcres  eritiSy  tarn 
ffratum  est  mihL  und  doch  luä>en  diesen  bissen  nach  Pleitaer  und 
Klotz  noch  Schwabe,  Baehrens^,  8(lss  ua.  verschluckt  und  wol* 
schmeckend  gefunden. 

Nachtrag  zu  anm.  30.  über  ropio  hat  sich  inzwischen  auch 
Bücbeler  im  rhein.  museum  XXXVI  s.  399  ausgesprochen  und  rdpio 

nach  Verona  zurück!  dieses  m&rchen  nennt  RoBtberg  'in  jeder  bezie- 
bnng^  befriedigend',  seine  scbwftehe  in  der  ezegese  hat  B.  auch  an 
dem  bekannten  epigramm  bewährt,  indem  er  —  ent^gea  dem  bildliehea 
•til  desselben  —  immer  von  der  CatuU-hs.  erklärt,  was  von  dem  (lands- 
mann)  CatuUus  gil^  trotz  des  dentlicben  y.i6  vtMtrtim  eeltbrate  Caiuilum, 
^  derselbe  Bnehrens,  dem  diese  snsammenleimong  gefiel,  hat  die 
glänzende  herstellnng  Scaligers  verschmäht,  der  ans  e.  83  mit  75  ein 
wirkliebes  ganzes  zasaramenbrachte ,  in  dem  sieh  sats  and  regensats 
Ton  der  liebe  und  trene  ehedem  nnd  jetst  so  voHkommen  dnreh&ngen. 
dabei  bezeichnet  B.  unrichtig  das  nunc  des  Caiacianos  als  eigentli<3ien 
aosgauf^spunct  der  hypothese  sogar  für  Lachmann,  sowie  des  letztem 
dtdueta  statt  deducta  als  ausflnss  derselben:  während  doch  mme  wie  didtteia 
speciell  für  die  verse  r.  75  notwendig  ist,  gans  abgesehen  von  dem  so- 
sammenbang  mit  c.  87,  sofern  hier  nicht  von  einer  Sinnesänderung  nnd 
herabstimmung  (mens  huc  dedueta),  sondern  von  dem  innem  widerstreit 
die  rede  ist,  ut  tarn  nee  bene  velle  queat  Ubi,  H  optmma  /foff,  nee  desUtere 
Omare  y  omnia  Mi  facias.  so  zeigt  sich  der  mangel  an  reinerm  Verständ- 
nis der  lateinischen  spräche  allQberall:  dadurch  wird  Baehrens  ände- 
rungen  wie  Aue  :  nunc^  de  :  di  gegenüber  plötslich  ooaservativ,  während 
er  den  unlateinischen  plural  vitit  miscet  ditletm  amariüem  statt  des 
guten  ntrig,  diMcistat  amieitioM  statt  oHm  mi$$at  (im  sinne  von  'durch 
den  tod  getrennte' !)  für  wahrscheinlich  hält,  das  hochseitsmahl  (82,  18) 
zu  einem  bivouac  macht  uam. 


496  ASchaube:  zur  yita  Tibulli. 

etymologisch  zu  rechtferügen  gesucht,  da  auch  ihm  dabei  noch  ein 
bedenken  geblieben  ist  wegen  des  p  statt  5,  so  habe  ich  nm  so  weni- 
ger grund  meine  oben  für  söpio  geltend  gemachten  erwftgungen  zu- 
rückzuziehen, als  sie  vielmehr  von  anderer  seite  volle  bestätignng  und 
Sicherung  erhalten,  einer  freundlichen  belehrung  meines  coUegen 
Osthoff  verdanke  ich  die  kenntnis,  dasa  ein  nomen  «fjNi- m.  ^ 
penis  bereits  in  den  brähmanas  vorkommt ,  und  daez  an  einer  brfth- 
manastelle  dazu  kommt  ein  part.  praes.  sdpdyant- ,  von  BOhtlingk- 
Both  als  futuens  aufgefaszt.  das  denominativum  skt  adpdjfämi  wire 
lat.  *söpo  söparei  dazu  verhält  sich  söpion-  wie  curian-  zu  curare^ 
sannion-  zu  sannare  uam.  danach  wird  man  auch  in  jenem  vers  auf 
Pompejus  im  ausgang  nön  homost,  sed  sdpio  nicht  verkennm  können 
und  die  vorhergehenden  werte  als  q\iem  nön  pudet  et  ruhe{t)  zu  mes- 
sen oder  sonst  entsprechend  zu  gestalten  haben. 

Heidelberg.  Fbitz  Scböll. 

61. 

ZUR  VITA  TIBÜLLI. 


Albius  TibtdluSy  eqties  JR.,  e  Gabiis,  insignis  forma  cultuque  cor* 
poris  ohservabiliSy  ante  alios  Corvinum  Mcssalam  f  anginem  f  düaäy 
cuius  et  coniuhernalis  Äquiianico  bello  müitarüms  donis  donahu  eä 
(in  Uaehrens'  ausgäbe  3.  88).  Baehrens  verwirft  mit  recht  daa  orti- 
tarem  älterer  ausgaben  für  anginem'^  auch  seine  eignen  conjectox« 
ob  ingenium  und  or. ,  adfinem  betrachtet  er  wol  nur  als  notbehell 
GLöwes  Vermutung ,  dasz  die  correctur  für  originem  in  dem  hinter 
Messalam  zu  stellenden  Corvinum  liege,  wird  palftographisch  schwer 
zu  halten  sein,  im  gegensatz  zu  diesen  besserungsvorschlftgen  glanbe 
ich,  nicht  zum  geringsten  teile  seiner  augenfälligen  Sinnlosigkeit 
wegen,  an  dem  originem  als  einem  echten  bestandteil  des  ursprOng* 
liehen  textes  festhalten  zu  sollen;  nur  ist  es  meines  erachtens  an 
eine  falsche  stelle  gerathen.  ante  älios  Chrvinmm  MessaHam  däuM 
ist  für  sich  vollständig  abgeschlossen  und  sinngemäez;  originem  da- 
gegen weist  auf  eine  notiz  über  die  herkunft  des  dichtere«  diese 
findet  sich  in  e  Gabiis  (Baehrens'  vortrefflicher  conjectur)  des  ersten 
Satzes;  beides  mit  einander  in  Verbindung  zu  bringen,  bleibt  mr 
übrig  hinter  originem  ein  dt4xit  zu  ergänzen,  eine  er^nzung  die,  wn 
sich  zeigen  wird,  in  dem  folgenden  ddexit  eine  nicht  unwesentlide 
stütze  findet,  die  stelle  würde  also  nach  dieser  annähme  laaten: 
Albius  TibuUus,  eques  /?.,  e  Gabiis  originem  duxit^  imignis  forma 
cultuque  corporis  observahilis.  ante  alios  Chrvinum  Messalam  düexä^ 
cui/us  usw.  ein  Schreiber  übersah  originem  duxü,  bei  einer  nocli- 
maligen  durchsieht  bemerkte  er  das  fehlen  dieser  werte  oder  viel* 
mehr  nur  das  von  originem :  denn  nur  flüchtig  zusehend  hielt  er 
dilcxit  für  das  zu  originem  gehörende  duxit  und  schob  deshalb  ori' 
gincm  an  falscher  stelle  vor  diles^t  ein. 

HlRSCIIBERQ  IN  SCHLESIEN.  AdOLF  SoHAUBS. 


EJangmann:  za  HieroDymot  and  Gemuidiiu.  49T 

62. 

ZU  HIERONYMUS  UND  GENNADIUS. 


Von  den  vielen  fragen,  die  sieh  um  die  Überlieferung  der  'scrip- 
tores  de  yiris  illustribus' ,  spedell  am  Hieronymne  and  Oennadins 
drehen,  harren  bis  aaf  den  heutigen  tag  gerade  die  wichtigsten  noch 
ihrer  erledigong.  so  ist  eine  ontersadiong  der  quellen,  aus  denen 
die  genannten  ihre  wertvollen  notisen  geschOpfl  haben,  noch  nioht 
einmal  angebahnt  worden  and  somit  in  jedem  einaelnen  fidle  der 
grad  ihrer  verläszlichkeit  erst  su  prüfen,  eine  solche  prttfäng  wird 
aber  wesentlich  dadurch  erschwert,  wenn  nicht  geradesu  unmOglidi 
gemacht,  dasz  unsere  texte  sidi  in  einem  ziemlich  verwahrlosten  ta> 
Stande  befinden  und  keineswegs  die  ursprüngliche  fassung  des  Hiero- 
nymus  oder  Gennadius  bieten,  sondern  sicheiiich  eine  grosse  zahl 
von  interpolationen  enthalten,  vielleicht  auch  lückenhaft  sind,  bei- 
des ist  bei  80  gearteten  Schriftstellern  leicht  erUtrlich:  denn  je 
nach  ihrem  religiösen  standpancte  haben  gelehrte  bearbeiter  oder 
fortsetzer  in  die  zahl  der  vki  ükutrea  bisher  übergangene  autoren 
aafhehmen  zu  müssen  geglaubt  oder  haben  andern  die  ehre  einer  er- 
wähnung  aberkannt  und  sie  gestrichen;  kars  die  jeweilige  beschaffen* 
heit  einer  einzelnen  hs.  oder  ganzer  classen  derselben  eiUlrt  sidi 
fast  immer  aus  einer  bestimmten  tendenz.  bei  dieser  Sachlage  musten 
alle,  welche  sich  der  unsicheriieit  der  überiieferung  gegenüber  oft 
in  rathlosigkeit  befunden  haben,  mit  groszer  erwartung  dem  von 
WHerding  in  aussieht  gestellten  neuen  texte  entg^;ensehen.  die 
ausgäbe  ist  nun  in  der  bibliotheca  Teubneriana  erschienen'*  und  hat, 
wie  verschiedene  recensionen  beweisen,  im  in-  und  ausländ  aner* 
kennung  gefunden,  worüber  soll  man  sich  mehr  wundem ,  über  die 
harmlosigkeit  des  herausgebers,  der,  ohne  jede  entfernte  ahnung  von 
den  Schwierigkeiten  seines  Unternehmens,  die  Wissenschaft  durch 
einen  gleich  als  maculatur  gedruckten  text  glaubte  fordern  zu  kön- 
nen, oder  über  das  urteil  der  kritiker,  die,  durch  kein  wissen  in  die- 
sen dingen  befangen  gemacht,  dieser  leistung  ihre  anerkennung 
zollten,  obwol  schon  die  Herdingsche  praefatio  geeignet  war  die 
grösten  bedenken  hervorzurufen?  aber  mit  den  recensenten  wollen 
wir  nicht  rechten :  sie  ahnten  wol  dasz  eine  neue  ausgäbe  dieser 
autoren  dringend  notwendig  sei  und  glaubten  bona  fide  annehmen 
zu  können ,  der  hg.  müsse  doch  wol  die  sache  besser  verstehen  ak 
sie  selbst,  einem  so  umsichtigen  gelehrten  wie  Joh.  Huem er  konnte 
natürlich  der  wahre  Sachverhalt  nicht  entgehen,  und  er  hat  sich  so 
eben  (zs.  f.  d.  Ost.  gymn.  1880  s.  443  ff.)  entschieden  dahin  ausge- 
sprochen, wie  wünschenswert  es  sei  'dasz  entweder  die  nicht  unbe- 
deutenden mängel  dieser  ausgäbe  durch  eine  nenauflage  beseitigt, 

*  llieronjmi  de  viris  inlustribus  Über,  aocedit  Qennadii  cata- 
lof^us  virornm  inlastrinm.  ex  recensione  Gailelmi  Herdingii.  Lip* 
«iae  in  aedibns  B.  G.  Tenbneri.    MDCCCLXXIX.    XLIV  a.  112  8.  8. 

Jahrb'icher  fdr  cUtt.  philol.  1880  hfl. 7.  33 


498  EJungmann:  zu  Hieronymus  und  Gennadiae» 

oder  dasz  wir  bald  mit  einer  andern,  wirklich  kritischen  ausgäbe 
dieser  für  die  christliche  litteratur  so  wichtigen  Schriften  beglückt 
würden'. 

Gleich  der  beginn  der  vorrede  ist  wenig  zutranenerwedcend : 
'permulti  exstant  Codices  quos  enumerare  longum  est.  vetastissimi 
sunt:  Vaticanus,  Veronensis,  Vercellensis.  ex  bis  qaod  Yaticannm 
solum  conferre  potui  yehementer  doleo/  der  schmerz  sollte  sich  nnr 
zu  bald  als  begründet  erweisen :  denn  nachdem  prae&tio  und  text 
fertig  gedruckt  vorlagen,  wurde  H.  durch  Alfred  SchOne  auf  eine 
Pariser  hs.  aufmerksam  gemacht  (mscr.  Lat.  12161  trait^s  de  St 
J^röme  et  de  Gennadius  sur  les  honmies  illustres,  mannscrit  palim» 
pseste  du  VII  siäcle  [de  Tabbaye  de  Corbie])  und  erhielt  gleichzeitig 
von  ihm  eine  collation,  für  deren  vortrefflichkeit  der  name  des  ver- 
gleichers bürgt.  H.  erkannte  bald  dasz  seine  textgestaltong  dmrck 
dieses  neue  hilfsmittel  vollständig  umgestoszen  werde  nnd  hat  nim 
auf  vierzig  Seiten  Varianten  und  correcturen  zu  dem  texte  des  Hiero- 
nymus,  der  selbst  nur  Sechsundsechzig  Seiten  nmfaszt,  gegeben. 
Huemer  hat  durchaus  recht,  wenn  er  meint  dasz  nur  aof  dieser 
praefatio  die  eiistenzberechtigung  der  ausgäbe  beruht,  wer  nun 
der  Sachlage  weiter  nachzugehen  keine  gelegenheit  hat,  mosz,  wie 
Huemer  ao.,  annehmen  dasz  die  Pariser  hs.  trotz  der  aufschrift  den 
Grennadius  nicht  mit  enthält,  nur  dasz  in  den  werten,  dasz  ASchOne 
'collationem  codicis  illius  ad  legendum  perdifficillimi ,  qoi  quidem 
Hieronymi  librum  contineat,  ineundam  suscepit  et  peregit*  der  con- 
junctiv  ^contineat'  wol  andeuten  soll ,  dasz  der  codex  nur  zum  teil 
verglichen  worden  ist.  das  ist  bei  der  bedeutung  der  hs.  natOrlich 
beklagenswert,  und  eine  entschuldigung  für  den  hg.  gibt  es  hiernach 
keiner  seite  hin :  denn  wir  haben  es  keineswegs  mit  der  ^entdeckung 
eines  neuen  palimpsestes  in  der  Pariser  nationalbibliothek*,  wie  wol 
Herding  meint  (vgl.  Franz  Pauly  randbemerkungen  zu  Senrins  usw., 
Graz  1879,  s.  11),  zu  thun,  sondern  die  hs.  ist,  wie  wir  an  anderer 
stelle  zeigen  werden,  seit  Jahrhunderten  bekannt  und  benutzt;  und 
das  hätte  H.  merken  müssen ,  wenn  er  sich  um  die  alten  ansgabea 
einigermaszen  gekümmert  hätte ;  so  aber  hat  er  sich  lediglich  anf 
den  Yaticanus  verlassen  und  diesen  im  wesentlichen  zu  gründe  ge- 
legt, daneben  sind  noch  benutzt  ein  Bambergensis ,  ein  Bemensii 
und  ein  Norimbergensis.  schon  in  dem  von  ihm  selbst  hervorge- 
hobenen umstände,  dasz  zwischen  diesen  vier  Codices  ^maxima  didcn- 
pantia'  besteht,  hätte  der  hg.  eine  genügende  aufforderung  finde! 
müssen  den  textesquellen  weiter  nachzuforschen :  denn  wie  hier  aaeh 
den  oben  gemachten  bemerkungen  die  dinge  liegen^  ist  bei  diesen 
hss.  der  grundsatz,  dasz  die  ältere  ohne  weiteres  als  die  bessere  in 
betrachten  sei,  nur  mit  groszer  vorsieht  anzuwenden,  eine  nähere 
Untersuchung  wird  zu  dem  resultate  führen,  dasz  die  zuletzt  genann- 
ten drei  hss.  bei  der  constituierung  des  textes  besser  unberflcksich- 
tigt  geblieben  wären,  da  sie  interpoliert  sind,  wenn  nun  die  verglei- 
chung  des  Vaticanus  eine  zuverlässige  wäre,  so  hätte  man  in  H3 


RBilichoftky:  zn  Siitiiit.  499 

ausgäbe  wenigstens  dankenswertes  material,  allem  aneh  das  mnsz 
entschieden  in  abrede  gestellt  werden,  in  Tiehn  ftUen  erf&hrt  man 
aberhanpt  nicht,  ob  ein  abschnitt  in  dem  codex  steht  oder  nicht; 
einzelne  Varianten,  die  ich  controlieren  konnte,  sind  migenan,  andere 
mitteilungen  Terurteilen  sich  selbst:  so  wenn  xa  einer  ganzen  leile 
die  öfter  wiederkehrende  bemexkung  gemacht  wird  *hoc  Tocabulnm 
deest  in  Yat.'  zuweilen  wird  auch  ohne  jede  oonseqnenz  der  be- 
kannte Veronensis  citiert,  natflrlich  nach  VaDarsi;  was  man  indessen 
von  den  angaben  dieses  gelehrten  zn  halten  hat,  ist  doch  seit  Beiffer- 
seheids  erOrterong  darftber  krin  geheimnis  mehr,  nnd  es  mnate  dem- 
nach notwendiger  weise  eine  nene  rergleichnng  dieser  widitigen  hs. 
▼orgenommen  werden,  andere  massgebende  Codices  kennt  H«  nicht 
einmal  dem  namen  nach;  dahin  gehgrt  xb.  der  ansBobio  stammende 
cod.  rescriptas  Yindobonensis  aaec.  Vui.  wir  behalten  nns  Tor  die 
handscbriftenfrage  demnichst  anf  gnind  neuer  coDationen  im  zn- 
sammenhange  zu  erOrtem;  diese  wenigen  bemerknngen  sollten  nnr 
einstweilen  vor  der  vertrauensseligen  benntznng  einer  ausgäbe  war- 
nen, in  der,  ganz  abgesehen  ron  der  wortkritik,  die,  wie  Huemer  ge- 
zeigt hat,  auszerordentlich  viel  zu  wtlnsdien  übrig  Ifiszt,  mindestens 
ganze  capitel  gestrichen  werden  mtlsseni  wenn  sie  wirklich  das  bie- 
ten soll,  was  Hieronymus  und  Oennadius  geschrieben  haben. 
Leipzig.  Ena  Junomaiir. 

es. 

zu  STATIUS. 


Theh,  IV  107  ff.  adhuc  imis  vix  truncam  attcUere  froniem 

ausus  aquis  glauooqut  caput  submersus  in  antra 
maerety  anhelantes  aegrescunt pulvere  ripae. 
an  stelle  des  überlieferten  aegrescunt  vermutet  MHanpt  (opusc. 
111  128  f.)  aresainty  fügt  jedoch  selbst  zum  schlusz  die  einschrän- 
kende bemerkung  hinzu:  'aber  erweisen  iBszt  es  sich  schwerlich 
da:$z  Statias  nicht  dennoch  den  übertriebenen  und  Yon  der  gewöhn- 
lichen lateinischen  rede  abweichenden  ausdruck  gesucht  hat.*  in  der 
that  findet  sich  eine  einigermaszen  analoge  stelle  bei  Statins,  die  ge- 
eignet sein  dürfte  den  zweifei  an  der  richtigkeit  des  seltsamen  aus- 
drucks  zu  heben.  Theb,  XII  712  ff.  heiszt  es  nemlich:  dirisgue 
vapcribus  aegrum  acra  pulverea  penihis  sub  casside  ducens  inge- 
mity  et  iustas  belli  flammatur  in  iras.  also  aeger  als  epitheton  zu 
aer  mit  einem  abl.  verbunden ,  und  zwar  so  dasz  es  nahe  liegt  das 
entstehen  jener  'grausigen  dünste'  zum  teil  wenigstens  von  dem 
staube  herzuleiten,  womit  der  beim  bedeckt  war. 
Ach.  1  59  f.  i7/i  spumiferos  glomerani  a  peäore  cursus^ 

pone  natant  delenique  pedum  vestigia  cauda. 
Weytingb  und  nach  ihm  Haupt  (ao.  s.  129)  wollten  mit  geringer 
ünderung  schreiben  catulae.    dagegen  bemerkt  Kohlmann :  'at  recte 
Menkius:  «anteriorem  corporis  partem  pedibus  instructam  cogita,  cf. 

Ulk* 


500  RBitfichofskj:  zu  Statius. 

Theb.  II  46  sq.,  quorum  vestigia  cauda  deleri  poeta  dicit.»  cf.  Verg. 
georg.  IV  389.'  ich  möchte  zu  weiterm  schütze  des  abl.  noch  einen 
Vergilischen  vers  anführen,  der  den  gleichen  schlusz  hat:  georg,  TU 
59  et  gradiens  ima  verrit  vestigia  cauda,  dasz  Statins  den  Verg. 
nachahmte,  steht  fest;  derartige  versschlttsse  aber  waren  stereotyp. 
silv,  I  2,  26  ff.  cedant  curaeqtie  mäusque, 

cessent  mendaces  ohliqui  carminis  asius, 
fama  tace:  stMit  leges  et  frena  wamardU 
iUe  solutus  atnor:  consumpta  est  fabula  vuUgL 
mendaces  wollte  Markland  sehr  ansprechend  in  mardaces  ftndem. 
der  umstand;  dasz  dann  in  dem  unmittelbar  folgenden  versa  ein 
wort  desselben  Stammes  {mcmordii)  enthalten  wftre,  hat  bei  Statins 
nicht  viel  zu  besagen,  der  fall  wäre  keineswegs  yereinzelt.  Mark- 
land citiert  silv.  lU  1,  153  f.  ich  füge  hinzu  I  5,  54  f.,  Theb.  1 144  f. 
und  verweise  im  übrigen  auf  Grosse  observ.  in  Statu  Silvas  spec 
s.  11  ff.  ob  nun  wirklich  mordaces  das  ursprüngliche  war,  wird  frag- 
lich bleiben  müssen,  zu  gunsten  desselben  möchte  ich  nicht  bleu 
eine  stelle  des  Apollinaris  Sidonius,  des  bekannten  nachahmen  dei 
Statius,  anführen,  ep,  IV  18,  17  f.  livor  abi  mordax^  aibsohaih 
turque  priores,  nil  novet  aui  addat  gamüa  posteritaSy  sondern  aadi 
folgende  verse  von  Joseph  von  Devonshire,  womit  dieser  'sein  nicht 
selten  von  antikem  schwunge  getragenes  gedieht  über  den  trojani- 
schen krieg'  beschlieszt  (vgl.  Euno  Francke  'zur  geschichte  der  Ist 
schulpoesie  des  12n  und  13n  jh.,  München  1879,  s.  17):  vive  Itter, 
liberque  vige:  sed  si  qua  fwcebunt,  disce  libens  livor e  nUtü  subUmnu 
esse,  cum  tibi  mordaces  obliquent  laeva  cachinnos  fnummra*^ 
cum  cupiant  Unguis  lacerare  profanis^  sis  utinam  invidia  dignus^  qitat 
summa  lacessit,  quam  pascit  praesens  extremaque  terminal  aetas.  die 
verse  klingen  so  lebhaft  an ,  dasz  man  versucht  ist  zu  glauben,  der 
dichter,  der  ja  antike  muster  nachahmte,  könne  bei  Statins  nicht 
andere  gelesen  haben  als  mordaces. 
süv.  IV  1,  44  ff.  sie  lanus  dausoque  libens  se  poste  recepit. 

tunc  omnes  favere  dei  laetoque  dederunt 
Signa  poto^  longamque  tibi,  rex  magne^  iuveniam 
annuit  atque  suos  promisU  luppUer  cmnos. 
so  steht  bei  Baehrens  im  texte,   überliefert  ist  patuere.   iöh  vermute 
plaudere  (vgl.  Marklands  conjectur  tunc  omen  plausere  fores)  mit 
rücksicht  auf  eine  stelle  des  Apollinaris  Sidonius,  wo  die  sitnatioi 
eine  ganz  ähnliche  ist.  nachdem  Juppiter  in  der  götterversamlnngdsi 
leben  und  die  thaten  des  Avitus  erzählt  hat,  folgen  zum  schloss  dii 
verse  (c.  7,  598  ff.)  finem  pater  ore  vix  dederat,  plausere  det,  firmi- 
tusquc  cucurrit  conciUo,  felix  tempus  nevere  sorores imperiis  AugutU 
tuis,  et  constdis  anno  fulva  volubiUbus  duxerunt  saecula  pensis, 

*  merkwürdig  ist  es,  dasz  Baehrens  io  der  adn.  crit.  su  der  angt- 
führten  stelle  der  Silven  vermatet  obliqui  murmuris  ornts. 

Wien.  Rudolf  BiTSOHorsKT. 


HRönsch:  e^rniologitehet  and  leodcaliiehei.  501 

64. 

ETYMOLOGISCHES  UND  LEXICALISCHE8. 


I. 

decumanuSy  groma.  die  herknnft  dieser  beiden  substantiT* 
scheint  noch  nicht  genOgend  AufgeheUtzn  sein*  was  znvOrderst  deeu^ 
man  US  anlangt,  so  findet  man  es  bei  den  agrimensoren  Frontinns, 
Hyginns  und  Dolabella  durch  *duocimanu8  erUftrt,  welches  von 
einem  alten  *duocere  'zweiteilen'  abgeleitete  wort  jede  sweiteilang 
des  raumes  bedeute,  diese  etymologie  aber  befriedigi  in  spraehlicher 
hinsieht  ebenso  wenig  wie  in  sachlicher  die  jetst  gebriuchlidie  ta- 
rOckfahrung  auf  decumus  ■-  decimus  nebst  der  daran  geknüpften 
erläuterung,  dasz  das  hauptthor  des  rOmisehen  lagers  iMMta  deeumana 
genannt  worden  sei,  weil  daselbst  die  zehnten  oohorten  der  legionen 
lagen,  zur  gewinnung  eiAer  andern  etjrmo]ogie  haben  wir  nns  daran 
zu  erinnern,  dasz  in  der  etruskischen  harnspidn  und  in  der  darauf 
basierten  rOmischen  gromatik  deenmamu  eine  Ton  Osten  nach  westen 
gezogene  linie  hiesz,  durch  welche  der  horizont  in  zwei  teile  zerschnii* 
ten  wurde,  während  die  senkrecht  darauf  errichtete  linie,  also  die 
sfidnOrdliche  mittagslinie,  den  namen  eardo  trug  (näheres  s.  in  Can- 
tors  röm.  agrimensoren,  Leipzig  1875,  s.  66  if.).  für  die  erstgenannte 
linie,  welche  den  sichtbaren  himmelsraum  in  eine  sfldUche  und  eine 
nOrdliche  bälfte  zerlegte,  würde  teilschnitt  ohne  zweifei  eine  ganz 
passende  bezeichnung  gewesen  sein;  und  in  der  that,  es  liegt  die 
mOglichkeit  vor,  dem  worte  decumantis  diese  bedeutung  etymologisch 
zuzuweisen,  wenn  man  griechischen  Ursprung  annimt.  könnte  nicht 
dessen  etymon  *decuma  aus  bceiui,  baTEui  divido  und  aus  KÖ^ia  in- 
cisttra  entstanden  sein?  die  form  •euma  des  zweiten  bestandteils 
wird  nicht  befremden,  wenn  man  erwägt  dasz  nicht  blosz  incama 
für  incomma  (>»  f TKoppa) ,  sondern  auch  incufnare  fdr  incommare 
gesprochen  und  geschrieben  wurde;  vgl.  gloss.  Isidori  s.  682,  50 
incoma^  mensura  militum;  passio  Maximiliani  c.  1  (Buinart  acta 
martyrum,  Verona  1731)  quoniam  probabüis  esi^  rogo  tä  income- 
tur  .  .  Dion  proconsul  dixit:  incumetur,  cumqtie  incumetus  [so 
im  cod.]  fuisset .  .  (vgl.  meine  Itala  u.  Yulgata  s.  254.  256 ,  wo  man 
zwei  ungenauigkeiten  hiemach  yerbessem  wolle),  mit  dem  aus 
*decuma  gebildeten  substantivierten  adj.  decumanuB  (sc.  Umes) 
konnte  daher  füglich  die  einen  teilschnitt  zwischen  sflden  und 
norden  darstellende  ostwestliche  grenzlinie  bezeichnet  werden,  ana- 
loga  sind  übrigens  in  ansehung  der  endung  der  name  SummanuSy  in 
betreff  des  griechischen  Ursprungs  femp/tim,  welche  beide  auf  Etrurien 
hinweisen.  —  Zur  absteckung  einer  senkrechten  linie  auf  dem  felde 
bediente  man  sich  desjenigen  instrumentes,  dem  die  gromatiker  ihren 
namen  verdankten,  nemlich  der  auch  mackimda  oder  stdia  genannten 
groma.  dasz  dieses  wort  aus  TVU>MUiv  oder  aus  Tvui^a  corrumpiert 
sei,  wie  man  angenommen  hat,  ist  schwer  zu  glauben,  noch  viel  weni« 


502  HHönsch:  etymologisches  und  lezicalisches. 

ger  aber  kann  man  mit  dessen  zurückftthrung  Aiif  grumus  (Paoliu 
ep.  Festi)  oder  auf  congruere  (Hyginus)  einverstanden  sein  (s.  Cantor 
ao.  8.  72  ff.),  vielleicht  ist,  da  sich  das  wort  auch  in  der  geatalt 
cruma  überliefert  findet,  an  xpoueiv  in  der  bedeutong  'prttfen, 
untersuchen'  zu  denken,  so  dasz  man  unter  KpoOjLia  ein  zur  auf- 
suchung  und  erforschung  (des  cardo)  bestimmtes  instrument  ver- 
stand, die  vertauschung  der  dritten  gegen  die  erste  declination  bei 
cruma  würde,  wie  hei pliismaf  sagma,  Stigma  ua.,  auf  rechnung  der 
Vulgärsprache  zu  setzen  sein. 

luricula,  diesem  worte  hat  Paucker  ^addenda  lexicis  lat.'  s. 50 
die  frage  «a  Xaüpa?»  nebst  folgender  belegstelle  aus  ps.-Eucherios 
in  Begg.  comm.  III  11  beigefügt:  ^quibus  tabulatis  seu  muris  vel 
cuncellis,  cum  ad  tutelam  viae  ponuntur,  vulgus  lurictdarum  nomen 
indidit;  haec  autem  tabulata  s.  lurictdae  supra  sunt  latera  vocata' 
(vgl.  Regg.  in  6,  5).  das  richtige  betreffs  der  ableitung  hatte  schon 
GJVossius  gesehen,  der  Me  vitiis  sermonis  et  glossematis*  (Amst 
1645)  s.  482  dieselbe  stelle  (aus  Beda  in  libros  Begum  quaest.  13) 
anführt  und  die  erklSrung  vorausschickt:  Huriaila  pro  hricuila  sive 
exigua  lorica  et  xard  |Li€Taq)opdv  pro  omni  eo  quod  est  quasi  pro 
lorica.'  aus  dem  commentar  des  ps.-Eucherius  ersieht  man,  dasz  der 
ausdruck  JoricuJa  =  ^brustwehr,  schutzgeländer '  (vgL  Hirtiua  6. 
GalL  VIII  9,  2)  zu  den  volkstümlichen  gehörte. 

reviminatum,  in  dem  höchst  wertvollen  bruchstück  eines 
griechisch  -  lateinischen  glossars  aus  dem  5n  oder  6n  jh.,  welches 
ThBemd  im  rhein.  mus.  V  (1837)  s.  301—329  mitgeteilt  und  erlfta- 
tert,  neuerdings  aber  GLöwe  im  Prodromus  s.  217  f.  rühmend  erwtimt 
hat,  lautet  die  glosse  n.  53:  nAP€CTPAMM€NON  REUIMINATUM. 
hierzu  hat  jener  bemerkt :  'iTap€CTpajLi|üi^vov,  verdreht,  von  Theophrast 
gebraucht .  .  b^vbpov  TrapecTpajLi^^vov  einen  bäum  zu  bezeichnen, 
dessen  stamm  nicht  schlicht  und  gerade,  sondern  wie  herumgedreht, 
gewunden,  gewachsen  ist,  wird  hier  lateinisch  durch  das  sonst  unbe- 
kannte reuiminatum  gegeben,  von  einem  viminare,  ein  geflecfat,  wie 
ein  geflecht  machen,  gleich  einem  zum  flechten  dienenden  reise  drehen 
und  beugen,  wo  d&nn  rei^iminare  von  neuem,  wiederum,  zurückdrehen, 
-beugen  bedeuten,  rcvimifiatum  also  aus  seiner  geraden  richtung  hin 
und  her  gedreht,  verdreht  sein  würde.'  wir  möchten  behufs  der  ety- 
mologischen sicherstellung  lieber  von  dem  ausgehen,  was  bekannt  ist, 
nemlich  von  dem  subst.  revhnenium.  dieses  bezeichnet  bei  Fronto  lamä* 
fumi  s.  325  Rom.  einen  saumüberschlag ,  dh.  den  übergeschlagenen 
imd  eingesäumten  rand  irgend  eines  Stoffes  oder  kleides.  auf  den- 
selben begriff  laufen  die  glossographischen  Überlieferungen  hinaus: 
denn  im  gloss.  Thiloxeni'  s.  187,  17  lesen  wir:  revmenium^  itopo- 
CTpoqprj,  und  so  auch  in  der  sog.  sylloge  Vulcanii  (die  nach  Löwe  ao. 
s.  201  eigentlich  ^Servii  grammatici  glossarium'  heiszen  sollte)  bei 
Labb.  I  156  und  im  gloss.  Tjrilli'  s.  569,  29,  nur  dasz  an  den  bei- 
den letztgenannten  stellen  durch  versehen  der  copisten  redtmen^MM 
für  rehimcnfum  [dh.  reiim.']  geschrieben  ist.   auch  das  diesem  sab- 


HRönsch:  etymologiickei  und  Itioallgeh^fc  60S 

stantiT  zu  gmnde  liegende  Terbcim  findet  sieh  Teneidinet  im  ^oes. 
^Cjrilli'  s.  569,  28  TrapacTp^<pui,  rMo.  mng  nna  mit  diesem  inter« 
pretament  revio  nach  der  yierten  com*,  oder  revko  nach  der  «weiten 
gemeint  sein,  so  iXszt  sich  doch  jedenfalls  daraus  ersehHesseni  dass  das 
80  oder  so  flectierte  zeitwort  die  bedentnng  hatte  'umbiegen  und  nüt 
einer  naht  versehen',  daraus  aber  entstand  (mit  hilfe  der  zwisohen* 
stufe  *revimen)  das  gleichbedeatende  Yerbnm  nmmmare^  so  dan 
wir  berechtigt  sind  dem  oben  ersiohtlidien  partieip  revkmimtmm  die 
bedeutung  beizulegen  'das  mit  übergeschlagener  sannmaht  einge- 
£aszte'. 

suggerenda^  auggrundo*  sollten  nicht  diese  beiden  femi- 
nina  verschiedene  formgestaltungen  eines  und  desselben  wertes  mimt 
das  erstere  kommt  zweimal  vor  in  daraus  dem  j. 488  naeh  Ch.  stam- 
menden 'historia  persecutionis  Afrioanae  provineiae  temporibus  Oei* 
serici  et  Hunirici  regum  Wandalorum'  des  bischofs  Victor  von  Vita 
(in  der  provinz  Bjzacena),  von  der  wir  seit  kurzem  eine  von  Halm  ftbr 
die  ^monumenta  Germaniae  historica'  besorgte,  auf  genanester  band- , 
schriftenvergleichung  beruhende  neue  und  vortreffliche  ausgäbe  be- 
sitzen (Berlin  1879).  daselbst  nemlich  heiszt  es  n40  nuiOum  invenU 
remedium  imminens  cälamitas^  nisi  a  samäo  Engimo  ro^tMoMts,  H 
cor  harhartim  moUketur^  auggerenda  [-do  ri l^/enda  • .  epitkla Bp] 
daretur  iali  iexiu  canscripta.  11  42  e<  guia  seamdo  ruponao  $ug- 
gerendam  [-dum  LB]  me promiai  obHaimumy  merUo  suppUcUer päo 
magnificentiam  tuam  .  .  im  index  ist  suggerenda  durch  suggeHio  er- 
klärt, gewis  mit  recht,  da  seine  abkunft  nebst  dem  susammenhange 
«erweist,  dasz  man  darunter  ein  anbringen,  einen  bericht,  eine  ein- 
gäbe oder  Vorstellung  an  vorgesetzte  bebOrden  verstanden  hat.  von 
diesem  subst.  suggerenda^  ae,  f.  unterscheidet  sich  das  weit  bekanntere 
suggrunda  zwar  bedeutend  dem  sinne  nach,  nicht  aber  hinsiditlieh 
»eines  Ursprunges :  denn  suggrvmda  wird  nichts  anderes  sein  als  ein 
verkürztes  suggerunda^  welches  man  fttr  die  zum  subst.  erhobene 
weibliche  gerundivform  von  suggerere  [»»  unten  anbringen]  zu  halten 
hat ;  vgl.  Schottgen  zu  Varro  rerum  rust.  m  3,  6 :  'derivatur  autem 
(subgrunda),  ut  vult  Becmannus  Orig.  206.  207,  a  guggerendo,  quia 
»uggeruntur  quaedam  ligna.'  hieran  wird  man  nicht  im  mindesten 
zweifeln,  wenn  man  erwägt  dasz  das  part.  fut  pass.  nachgewiesener- 
maszen  (s.  zb.  Neue  lat.  formenlehre  II*  s.  384  f.)  ursprünglich  als 
part.  praes.  pass.  gebraucht  wurde,  gleichwie  demnach  die  verbal- 
derivata  merenda,  praebenda  (Cassiod.  Yar.  5,  S9  praebendarum  imwr 
adscrij4t48.  gloss.  Amplon.  s.  342,  20  inpensa^  praebenda)  und  das 
schon  bei  Cato  de  reru^.  89. 157  vorkommende  InriMida  [^  <«nfiMbi] 
eigentlich  etwas  bezeichnen,  was  verdient,  dargereicht,  durch  drehen 
abgerundet  wird ,  so  ist  für  suggerenda  das  was  (von  einem  amtlich 
tiefer  stehenden)  eingegeben  und  angebracht,  f&r  suggerunda  was 
unten  (tiefer  als  das  eigentliche  dach)  angebracht  wird^  als  ursprüng- 
liche bedeutung  anzunehmen,  die  letztere,  nur  wenig  modificiert,  auch 
für  das  analog  gebildete  aggrunda  (gl.  ^Cjrilli'  s.  447,  34  iic6<TliC| 


504  HROnech:  etymologisches  und  lezicalisches. 

6  ^EuJCTTic,  proieäuSy  aggrunda).  dasz  in  den  wörterbücheni  A19- 
grunda  von  einem  subst.  grunda  abgeleitet  wird ,  ändert  an  dinem 
ergebnis  nichts:  denn  dieses  blosz  im  glosaar  des  'Philozenns' 
(s.  105,  5  grunda,  cziv]  ^ai  tö  uirfep  töv  iruXeduva  dS^xov)  auf- 
tretende wort  ist  vielleicht  nur  eine  etymologische  fiction,  die  man 
sich  gestattete,  um  für  jenes  compositum  eine  ableitong  zu  erlangen, 
und  selbst  in  dem  falle,  dasz  sein  vormaliges  leben  im  munde  des 
Volkes  nachgewiesen  werden  könnte,  würde  man  mittele  der  an* 
nähme,  aus  dem  einfachen  gerere  sei  gerunda  entstanden,  zu  einem 
fast  ebenso  befriedigenden  resultate  kommen,  übrigens  ist  in  den 
'castigationes'  des  Ducange  zu  dem  bekannten  glossarienindez  des 
Labbaeus  I  s.  243  bezeugt,  dasz  HStephanus  in  dem  bei  seinem 
glossarium  graeco-latinum  benutzten  cod.  Sangerm.  suggantnda  [lies 
siigger,]  anstatt  suggrtinda  vorgefunden  habe ,  worin  man  eine  remi- 
niscenz  an  die  urform  des  wertes  erblicken  könnte,  jedenfalls  aber 
erklärt  sich  die  an  Wendung  von  -tmdus  (nicht  -endtui)  bei  demselben 
und  bei  turunda  aus  dem  hohem  alter  dieser  wortgebilde. 

IL 

Im  nachfolgenden  geben  wir  einige  beitrage  zur  Wortbildung, 
zur  Sinngestaltung  und  zur  formenlehre ,  nemlich : 

1.  Lexilogisches. 

grossamen,  der  im  j.  890  nach  Ch.  geschriebene  lat.  bibel- 
codex  Gothicus  Legionensis  enthält  auf  seinem  rande  hie  und  da  sehr 
beachtenswerte  bruchstücke  einer  alten,  aus  der  zeit  vor  Hieronymui 
stammenden  Übersetzung,  wo  ua.  crassamen  in  der  vulgttrgestalt 
grossamen  [=»  Tifixoc  LXX]  auftritt,  3  Regn.  7,  15  (7,  3  Alex.)  ä 
grossamen  instrudurae  cölumnae  IUI  digUorum  cavatkmes.  zu- 
gleich sind  in  dieser  stelle  die  nicht  eben  häufig  vorkommenden 
substantiva  instructura  und  cavatio  bezeugt. 

proripium.  auf  dem  rande  des  Legionensis  stehen  zwei  alte 
Übertragungen  der  stelle  1  Regn.  14,  4  u.  5.  die  eine  lautet:  .  .^  H 
erat  proripium  [=»  dKpuJTiipiov  Vatic.  LXX;  im  cod.  steht  f&lsch- 
lich  proprium]  petrae  hinc  et  proripium  [proprium  cod.]  petrae 
illuc  .  .  ^proripium  [propium  cod.]  unum  est  ab  aquilone  quoi 
habet  magntiSy  et  proripium  [propium  cod.]  aliitd  est  ab  austro  qucd 
habet  collctn ;  die  andere :  .  .*  via  erat  per  praeruptum  [so  lies  für 
praedudum,  oder  sollte  j?raertipmm  gemeint  sein?]  rupishincetpro* 
ripium  pdrae  iUinc  .  .  ^proripium  [propium  cod.]  unum  est  ab 
aquilone  quod  est  iu<da  Magmas ,  et  proripium  [propium  cod.]  aHmd 
est  ab  austro  quod  iuxta  collem  Gabeae,  dasz  unter  proripium  hier 
eine  felsklippe  oder  felsenzacke  zu  verstehen  ist,  erhellt  aus  dicpui« 
Trjpiov  und  dem  hebräischen  grundtexte,  demselben  zur  seite  stellt 
sich  praeripium,  wodurch  im  Palatinus  der  evangelien  6  xpimvdc 
Übersetzt  ist  (s.  meinen  aufsatz  'das  Italasubst.  |>raeriptum'  in  dem. 
f.  wiss.  theologie  187G  s.  291  ff.),  sowie  praerupium  bei  Tertulliin 


HRODBch :  etymologitdiet  imd  lesioBluehet.  606 

und  Servius;  vgl.  anch  im  gl.  Thiloxeni'  8.  174, 16  pronq9ia[no 
lies  8t.  pr(>ruj4ia] ,  dirdicptvivo.  mag  iraii  ripa  oder  rwpea  das  ety- 
xnon  sein,  jedenfalls  sind  die  beiden  w6rtm praripkim  vanipraeripmm 
fttr  identisch  zu  halten ,  da  man  im  Tolksmnnde  pnh  nnd  proe-  pro- 
miscue  gebraucht  bat.  wir  ftthren  einige  belege  an:  proeeswr  ond 
procursor  (Itala  und  vnlg,  8.  68),  letsieres  auch  im  ood.  Aahbnni« 
hamiensis  in  der  bibelstelle  Nom.  18,  21  dies  erofU  dies  im»,  prO' 
Cursor  es  [npööpoMOi  LXZ]  «wie  —  eodann  propcMio  im  gl.  'Cj- 
riUi'  8.  593,  22  npöirocic ,  pr<fpoUido  —  Utma:  proedUirt  —  prae- 
edlere  im  epistelcodez  Claromontanne  Hebr*  1,  4  iuanio  proceU 
lentius  [tnaq>op({iT€pov]  hispaseidd  ncmen  —  nxuäi  im  Über  mon- 
stromm  1 4  (MHaaptii  opn8C.  II 221 — 262)  prope  tmmia  Bomae  uftia 
opera  .  .  procellii  [A]  —  desgleichen  im  gL  Thilozeni*  s.  171,  12 
proceüo,  7Tpoq>8<ivui,  mrep^xu'«  171, 18  prooeOif,  irpo^x^^  i^^  *- 
ebenso  prapanere  ■-  praqp<mere  beim  interpres  Irenaei  IV  26,  6  in 
der  eTangelienstelle  Matth.  24,  46  fiddia  aetar  . .  qitem  proponit 
[xaT^CTiicev  gr.]  dominus  super  famüiam  9uam\  umgekehrt  prae- 
ponere  »■  proponere  in  der  historia  Apollonii  regte  Tjrri  o.  2  (Biese) 
vix  eatn  .  .  revocat  ut  apraepoaUtae  mortis  mmamUsie  excederet'y  in- 
gleichen praevidere  ^  providere  im  gl.  Amplon.  8.  281,  88  oonsu- 
Jens ,  praetndens. 

praesepiarium  findet  sich  —  wie  wir  glaaben  —  in  einem 
der  Würzburger  Italacodd.  Tor,  wo  seine  nrsprfingliche  gestalt  dnreh 
einen  Schreibfehler  entstellt  ist  daselbst  nemlich  ist  der  yers  Ezech. 
41,  20  LXX  Ik  toO  £baq>ouc  Suic  toO  (poTvibMorroc,  t&  Xepouß^i  xal 
oi  (poivtK€C  biaT€TXu^fi^voi  mit  den  werten  wiedergegeben:  apam- 
mento  tisquc  ad  praesepiarum^  Cherulnn  et  pälmae  seulptae.  so  wenig- 
stens steht  in  dem  genanen  teztabdmcke  bei  EBanke  *par  palim- 
psestonim  Wirceburgensium'  s.  368  (vgl.  8. 116),  mit  der  note  unter 
dem  texte  'tujv  (paTvui|LiaTuiv  pro  tou  q>OTVui^aTOC  nullibi.'  allein 
sowol  das  fehlen  einer  solchen  yariante  als  auch  der  umstand  dasz 
man  eine  sonst  nicht  bezeugte  femininform  |>rae8epta,  -ae  und  die 
construetion  von  ad  mit  gen.  annehmen  mttste ,  deutet  onTcrkenn- 
bar  darauf  bin,  dasz  der  copist  einen  buchstab  weggelassen  hat. 
wir  dürfen  uns  daher  wol  der  Zustimmung  auch  des  um  die  Itala 
hochverdienten  herausgebers  versichert  halten ,  wenn  wir  praesqna- 
rum  in  praesepiarium  um&ndem  und  darin  ein  dem  griechischen 
qxxTVUjpa  [=»  laqueare,  lacunar]  nicht  ohne  glück  nachgebildetes 
neutralsubst.  erblicken. 

precatorium,  sacratorium^  sacrificatorium  im  cod. 
Ashbumh.  sind  von  gleichem  geprftge,  —  IXacTtfiptov,  dnnacn^piov, 
Buctacrripiov  der  Alexandriner.  Num.  7,  89  loqueniis  ad  se  dtsuper 
precatorium.  Lev'\tA2^A  omnem  sanctum  non  atHnget  et  in  saera^ 
torium  non  introibit,  Num.  3,  31  et  custodia  eonifn,  arca  et  mensa 
et  candelabrum  et  sacrificatoria  et  vasa  sancta. 

arcatura^  infultura.  jenes  erscheint  auszer  bei  Cassiodor 
Var.  3,  52  auch  auf  dem  rande  des  Legion,  bei  3  Regn.  7,  9  a  fun» 


506  HRönsch:  etymologiachea  und  lexicalisches. 

danieniis  usque  ad  arcaturam  [tuüv  t^icuiv  LXX];  letzteres  iA 
einem  andern,  ebenfalls  von  Vercellone  (Variae  lectionea  .  .  t.  I, 
Born  1860)  angefahrten  versionsbmchstttck ,  3  Begn.  10,  12  et  fedt 
rex  de  lignis  non  dolatis  infulturam  [so  oder  infMuras  lies  für 
inflaiuram;  UTTOCTnpiYMOtTa  LXX]  damus  damini  et  domus  regia  . . 

crenatus  =  dXucibuiTÖc.  so  wird  dieses  adjectivierte  parti- 
cipium  ursprünglich  gelautet  haben,  welches  nach  Vercellonefl  seng* 
ni^  der  vulgatacodez  K  in  der  gestalt  crincUus  aufweist  in  der  stelle 

1  Begn.  17,  5  lorica  crinata  induehatur^  wo  der  pttbstlich  approbierte 
tezt  squamata  hat.  ohne  zweifei  heiszt  es  'ausgekerbt',  wichtig  ist 
sein  auftreten  insofern,  als  dadurch  indirect  auch  das  subst.  crena 
'kerbe,  einschnitt'  bezeugt  ist,  auf  welches  zahlreiche  romanische 
Wortbildungen  zurückgehen  (vgl.  Diez  Wörterbuch  d.  roman.  spra- 
chen II'  s.  266  f.),  obschon  die  kritik  es  aus  Plinius  n.  h.  XI  §  180 
verbannt  hat  und  auch  seine  legitimation  durch  das  Onomastioon  des 
Yulcanius  (s.  33  crenae^  f\\)(p\bec)  nicht  mehr  anzuerkennen  vermag. 

praesepiatus  in  dem  oben  erwähnten  Würzburger  palim« 
psest  dient  zur  wiedergäbe  des  griech.  iT€(paTVU>^^voc  [3=  laqueanii 
tedus]  Ezech.  41,  15  et  tetnplum  et  anguli  et  ada{m)  extenusprae- 
sepiata  [praetiata  cod.;  LXX  tö  alXd^  tö  dEiiiTcpov  ireqMXTVUi- 
jLi^va].  hierzu  hat  Bänke  bemerkt:  ^praetiata  cum  toto  caelo  absit  a 
ireqpaTVUJfi^vo,  aliud  verbum  latinum  huic  graeco  magis  simile  quae- 
ramus  opus  est ;  suspicor  scriptum  fuisse  prciesepiaitn ,  quod  vooabn* 
lum  eadem  ratione  e  substantivo  prciesepe  sive  praesepia  efformatam 
est,  qua  id  quod  sequitur  retiaiae  a  rete  sive  retia  derivatnr.' 

miricius,  im  gl.  Vatic.  bd.  VII  s.  568  (Mai)  steht  (vgl.  Qoi« 
cherat  add.  lex.  lat.  s.  173):  miniciuSy  hericius;  ziemlich  so  auch  ia 
gl.  Isidori  s.  686,  9  minicuSj  erilitts.  gl.  arab.  lat.  s.  707,  37  tmm' 
cuSf  ericius.  die  lemmata  sind  wol  durchgängig  verschrieben;  nach 
unserm  dafürhalten  ist  miricius  zu  lesen,  von  M^P^T^  ^^9  worani 
miricius  «=»  setosus  ebenso  gebildet  wurde  wie  ericius  aus  er,  xAP* 

stibiare  =  CTißi2l€c6ai  [stibio  linere^  fucare]  bietet  der  rand 
des  Legion,  dar  in  4  Begn.  9,  30  Hiezabel  audivU  de  adventu  enu  ä 
stibiavi t  sibi  ocidos  suos. 

supracoopcrire  =  diriKaXuTTTeiv  ist  im  cod.  Ashbumh.  be- 
zeugt, wo  es  in  der  stelle  Num.  4,  13  heiszt:  et  supr acooperient 
desupcr  vestimento  toto  purptireo. 

2.  Semasiologisches. 

dormitorium  bezeichnet  gewöhnlich  den  schlummere rt  für 
lebende  oder  tote,   mitunter  aber  auch  das  schlaf ge wand;   vgL 

2  Begn.  17,  28  atttderunt  decem  dormitoria  [KoiTOC  LXX]  di^tcJa, 
niarg.  cod.  Legion. ;  gl.  'Cyrilli'  s.  441, 18  dTKoi^iiGpov,  darmitarium 

subtilitas.  die  lat  Wörterbücher  enthalten  keinen  hin  weis 
darauf,  dasz  dieses  wort  auch  in  der  bedeutung  von  doUu,  venutia 
gebraucht  worden  sei,  und  doch  musz  dies  wenigstens  im  nördlichen 
Africa  zur  zeit  der  Vandalenherschaft  der  fall  gewesen  sein,  wie  ans 


HRöoBch:  e^ymologitcht  und  laiiciiilwnlMW  607 

folgenden  stellen  der  oben  «ngefOhrtan  hiaiorU  peceoootUmui .  •  dee 
Victor  ViteneU  hervorgeht:  n  1  morimo  igitm  Oeüerieo  Emmkm 
maior  fiUus  patri  suooedU.  gui  tu  primordia  regm^  ¥i  käbä  sub^ 
iilitas  barbarorum^  co^  müiits  et  itioderMit$  ag$r€.  n  28  M^er« 
vtnientts  igüur  camiUs  äuo  $ubiiliiaie  damtuMU  hUmdis  9eniiam' 
bus  ct*m  dei  oanfessonhus  agere  coeperunt.  ULll  übi  cum  uemmtemit 
carta  eis  ostendUur  invchda  didhurqueiOisieia  euhiilitaie  smfmiik: 
dominiM  nosler  rex  HuniHx  . .  tefNim  de  veXris  eogUamt.  bek>nniTieh 
verbindet  der  franz^teisohe  nnd  eagliache  spnudigebnHich  mit  mMSiU 
und  ^&<t/i^y  ebenfalls  die  b^griffis  der  Hat  nnd  der  betrügerischen 
Schlauheit. 

suspirium.  es  laaaen  sich  einige  atellen  nacbweistn,  aoa  denn 
erhellt  dasz  dem  werte  siiupiriMm  bieireilen  die  bedentong  'not,  be- 
schwerde,  drangsal'  beigel^  worden  ist.  so  im  Itaheodex  des  gra- 
fen  von  Ashbumham  folgende  drei:  Leyit  25, 48  non  dtgpnmee  Ami 
flfi  suspirio  Uv  Ti|i  M<^8ifi  LXZ].  46  firairem  mmmm  nan  deprmuä 
in  suspiriis  Uv  ToTc  ^öxBotc].  63  nom  deprimie  iOmm m  auspirio 
[dv  Tqj  M<^X94^I  caram  te,  Victor  bist  persec  IQ  39  Ummteeprae- 
cipitium  cum  suspiriie  laerimarum^  ne  divelkreniur,  comdrimgebaM 
manihus  genua  sociarum.  hiermit  harmoniert  die  gloase  bei  XTrillos* 
8.  308,  48  f.  suspirai  . .  CTevoxuipetTOL 

Das  adj.  vaetue  ist  in  des  Apulejna  phyaiognomonia  (aneodota 
gr.  et  lat.  ed.  VBose  I,  Berlin  1864)  sehr  oft  gleichbedeutend  mit 
craesus  (gegensatz  tenuie):  s.  113,  11  capSU  detm  ä  vaeti  imsßta 
iempora.  135,  25  vasta  cervix  (136,  1.  8.  138,  3.  158,  4>  142,  17 
sivasta  (icxia)  et  came  eompUxa^  m/uUebre  inge^mim  deeignani. 
143, 14  imi  pedes  et  calcanea  cum  nmium  vaeta  eufU  et  referta  cor- 
nibus  .  .  143,  17  ^  ff  humHes  digücs  et  vastos  m  isdem  pedibue 
esse  contigerU.  161, 18  articulis  mar^uum  etpedum  vastis  atguedurie. 
daher  findet  sich  naxuc  auf  dem  rande  des  Legion,  geradezu  durch 
vastus  übersetzt  3  Begn.  12, 10 pusiUitae  mea  vastior  [iraxuT^po 
LXX]  est  qucrm  lumborum  (!)  patris  mei\  das  subst.  iraxoc  aber 
durch  vastitia  in  der  stelle  3  Regn.  7,  46,  wo  Veroellone  ao.  zu 
den  werten  der  vulgats  in  argiüosa  terra  folgendes  bemerkt  hat:  *in 
veteri  opusculo  Maius  (Spicileg.  Rom.  IX  73)  adnotatum  legit :  «alia 
editio  in  vastitia  terrae  . .  suspicamur  tarnen  argillam  aignificari 
qua  ad  vasa  conficienda  utuntur  figuli,  quae  olim  vaeesria  terra  dicta 
fuit.'  dieser  ansiebt  können  wir  unaerseits  nicht  beitreten,  man 
braucht  nur  terrae  anstatt  terra  zu  lesen,  um  sofort  zu  erkennen, 
dasz  vastitia  hier  eine  Übertragung  des  grundtextlichen  Ti|^  iroX€t 
ist:  denn  bei  den  Alexandrinern  lauten  die  betreffenden  worte  iv 
vi)  ndxei  xnc  tflc. 

3.  Morphologisches. 

primordia  ist  als  femininum  der  ersten  decl.  aufzufassen  in 
der  oben  citierten  stelle  des  Victor  Vitensis  11 1  tn  prhnardia  regni^ 
wo  primordia  von  den  besten  hss.  geboten  wird,   ebenso  findet  man 


508  HRönsch:  etymologisches  und  lezicalisches. 

das  ganz  ühnliche  praecordia  gebraucht  hist.  Apollonii  c.26  perarth 
fices officiosae  manus  tr actus praecordiam  [Voss.]  sensu.  epiBt  Bar- 
nabae  interpr.  c.  8  Hilgenf.  .  .  qui  nuntiaverufU  nobis  remisshnem 
peccatorum  et  castUatem  praecordiae nostrae [Corbei.].  gl. *Philox.* 
s.  167,  2  praecordia,  KapbiOTiic  (?).  ferner  vgl.  bist.  Apoll,  c  26 
non  longe  apraedia  [6]  meäici  cuiusdatn.  gl.  'Cyrilli'  s.  606,  58 
ciKxacia  .  .fastidia.  645,  36 f.  öircpoxi^  •  -  fastidia,  645,4ÖTr€p- 
iiqKxvia  .  .  fastidia^  fastidium.  Gal.  5,  21  invidiae,  homieidiae 
Ciarom.;  Exe.  Sangerm.  ap.  Labb.  I  201  stillicidiay  CToXariiöc. 

quisquilia  erscheint  als  neutram  nicht  blosz  bei  Petronins 
c.  75,  8 ,  sondern  auch  bei  Victor  Vitensis  lU  58  aniiquas  radkes 
herbarum  vel  quisquilia  alia  [BV,  quisquüia  aliqua  B]  requirenUs 
(welche  stelle  zu  Neue  ao.  P  474  nachzutragen  ist),  dasz  in  derselben 
schrift  II  20  mit  BV  penetralio  zu  lesen  sei  {lapides . .  ifiirantesm 
peneträlio  damarum  quos  invenerunt  incendehant) ,  könnte  vielleiolit 
durch  den  hinblick  auf  gl.  'Cyrilli'  s.  456, 23  dvbo^uxov^  penetraHum 
einige  Wahrscheinlichkeit  gewinnen. 

Die  regelwidrigen  verbalformen  treten  auf  dem  gebiete  der  vol- 
gKren  latinität,  wie  allbekannt,  in  einer  fast  überwältigenden  häufig- 
keit  und  manigfaltigkeit  auf,  so  dasz  man,  um  sich  in  diesem  laby- 
rinthe  zurechtzufinden ,  genötigt  ist  den  massenhaften  stoff  mit  Zu- 
hilfenahme gewisser  kategorien  auf  eine  übers ichtlicho  weise  za 
gruppieren,  wir  haben  vor  einiger  zeit  einen  derartigen  versuch  zu- 
nächst in  betrefiP  der  vulgären  formen  des  perfectum  und  supinnm 
gemacht  (in  der  zs.  für  wiss.  theologie  1876  s.  399^-414)  und  diese 
auf  drei  haupterscheinungen  zurückgeführt:  auf  metaplasmendh. 
formen  nach  anderer  conjugation,  sodann  auf  analogismen  dh. 
bildungen  nach  anderer  grundform,  und  endlich  auf  sjncbysmen 
dh.  formen  von  einem  andern  werte,  von  denen  die  erstgenannten 
durch  conjugationstausch ,  die  zweiten  durch  falsche  analogie,  die 
letzten  durch  confundierung  der  Wörter  selbst  entstehen,  indem  wir 
uns  hier  aus  räumlichen  rücksichten  auf  die  dritte  kategorie  be- 
schränken ,  erlauben  wir  uns  zu  dem  dort  aufgestellten  Verzeichnis 
der  synchjsmen  einige  nachtrage  zu  geben,  es  finden  sich  unter 
einander  vertauscht:  1)  metare  (tnetari)  und  meiere,  Ruth  1,  SS 
reversa  est  in  Bethleliem,  quando  primumhordeametabantur[bt 
apx4  6€piC)LioG  xpiOufV  LXX],  so  nach  Vercellone  ao.  in  den  hss.  CD 
der  vulgata  und  in  drei  editionen.  2)  fugare  und  fugere,  Matth. 
8,  33  quipascehant  fugarunt  [o\  ßöcKOVTCC  ^cpuTOv]  im  Italacodex 
von  Turin  (5s  jh.);  Deut.  32,  30  quo  modo  perseqtmtur  un%is  miBe, 
et  duo  fugient  [fugent  vulg.,  ^eraKivricouci  LXX]  decem  müUa?  in 
den  vulgatacodd.  CDU  und  einem  Casinensis;  Nennius  hist.  BritoniUB 
§  54  daemones  ah  ohsessis  corporibus  fugiebat\  Hebr.  11,  34  effu- 
gaverunt  [fcpuTOV,  effitgerunt  al.]  ades  gladii  Ambros.  de  pan- 
diso  3,  auct.  libr.  de  XLII  mansion.  [actm];  cffugarunt  [-genmi 
al.]  aciem  gl.  Ambros.  de  offic.  ministr.  col.  47.  S)  praedicare  and 
praedicerey   1  Thessal.  3,  4  praedicavimus  [TrpoeX^TOMCv]  vMi 


CWagener:  n  Dietiji.  609 

Ciarom.  Boerner. ,  praedMoJbaimm  vobis  SeduL  Hibeni.  in  L  4)  ie»% 
i^r  temi  in  Victors  bist,  persec.  IH  96  petdUMi  MtUNoe  damiidem, 
quam  in  tda  virgineamm  membrwrym  decem  menribua  iexi  [BLBTpi 
Bern. '];  umgekehrt  ^ea;ttj  «- ta»  eM.  m  48  aW  MM ..  eOiM  %ii&H 
iexuerunt  [BLY],  nonmM  caeno  foäido  UmenmL  5)  tonder$ 
und  iundere^  schol.  luvenaL  10,  225  (Gnmer)  quot  väla$  kabeai 
exUmsor,  eo  die  quo  me  tutundit  [•-■  taUmdU]  semUcr  fodm  (bei 
Neue  II'  460  blosz  belege  su  tuhmdi  ««  tuMm^ 

Beachtenswerte  beispieie  von  abnormen  fatorbiUlangea  sind 
bei  Victor  Vitensis  d^otbo  (s.  Neue  11'  461)  und  ^pmUbo  (n  beiden 
s.  Itala  u.  yulg.  s.  291  f.),  III 36  exuOurn  stoUm  rex  eompMämpüa' 
lern  dicebitque  [BBV]  tibi,  n  31  taiii  forU  dieebai  (Exod.  15,  9): 
partibo  [BBV,jparft&ored.Buin.]  igpoNa,  r^^lebo  atmum  meam  .  • 
die  active  form  partibo  liefert  zugleÜh  eine  eiigSnzung  der  bei  Neue 
II'  310  ersichtlichen  Zeugnisse;  ebenso  dient  zur  vervoUsÜndigung 
dessen  was  daselbst  II'  294  ttber  luerare  gesagt  ist,  hist.  pereee. 
I  36  ingentem  muUüudinem  gtvdüium  borbiMrontm  Guritto  dommo 
lucraverunt. 

Lobenstein.  Hermann  Bönsoh. 


6S. 

ZU  DICTYS. 


Da  noch  immer  darüber  gestritten  wird ,  ob  die  Ephemeris  des 
Dictys  ursprünglich  lateinisch  abgefaszt  gewesen  sei  oder  ob  L.  Septi- 
mius  dieselbe  aus  dem  griechischen  original  übersetzt  habe,  so  drSngt 
sich  einem  jeden,  der  sich  für  Dictjs  interessiert,  die  frage  auf,  welche 
vorläge  Jordanis  oder  vielmehr  Cassiodorius  benutzte ,  der  in  seiner 
Gothengeschicbte  cap.  9  (s.  42  f.  Closs)  die  erzfthlung  von  Telephus 
dem  Dictys  entlehnt  hat.   die  betreffenden  stellen  lauten : 


bei  Jordaniö  de  rebus  Oeticis 

c.  9  d  dum  (Tdiphus) 
Äiacem  imfeäus  ifwadä 
Vlixemque  perseguiiur^  viH- 
bu8  equo  oadenU  ipse  cor- 
ruU  AchüUsque  iacido  /e- 
nmr  sauäaius  diu  mederi 
nequivU 

c  9  is  ergo  TdephueHer- 
culis  filius .  .procerusquidem 
corpore  sed  plus  vigore  terri- 
büis,  patemam  fortitudinem 
propriis  virtutibue  aequana 

dasz  die  Übereinstimmung  im  Wortlaut  ziemlich  genau  ist,  ja  dasz 
beide  Schriftsteller  in  manchen  puncten  fast  wörtlich  übereinstimmen, 


bei  Dictys  ed.  Meister 

II 3  s.  19, 26  infestus  {Tdephus)  aciem 
invadii  aitjue  ihi  fugatis  quos  adversum 
icraty  cum  obstinate  Vlixem  inter  vineas^ 
quae  ei  loco  adiundae  erant^  insequere- 
tuTy  praepediius  trunco  viiis  ruit,  id  ubi 
AchiUes  procul  animadvertii^  tdum  tocu- 
latus  feniur  sinisirum  regi  transfigit 

II  4  s.  20,  6  i$  {Telephus)  namque 
Ilercule  genitus  procerus  corpore  ac 
pofkns  viribus  divinis  patriis  virtutibus 
jfropriam  gloriam  aequiperaverat 


510 


CWagener:  zu  Dictys. 


darauf  hat  ThMommsen  (Hermes  X  383)  schon  aufmerksam  gemadit. 
trotz  der  Übereinstimmung  aber  neigt  er  sich  doch  zu  der  ansieht, 
dasz  Cassiodorius  nicht  den  lateinischen  text  des  Dictjs,  senden 
*eine  reinere  quelle  benutzt  hat  als  die  uns  vorliegende  sehrift ,  das 
heiszt  deren  griechisches  original',  weil  einige  sachliche  verschied»- 
holten  da  seien,  über  die  ich  weiter  unten  sprechen  werde,  eins  aber 
hat  Mommsen  bei  besprechnng  dieser  frage  nicht  beachtet,  dasz  nem- 
lich  Dictys  bei  dem  satze  patriis  virtutihus  prqpriam  gUmam  o^^in- 
peraverat  ohne  zweifei  die  worte  des  Sallustius  (Jti^.  4,  6)  neque 
prius  sedari  quam  virttis  eorum  famam  atque  ghriam  adaeqtMverU  im 
sinne  hatte,  zuerst  kannte  man  freilich  leicht  geneigt  sein  diese 
fthnlichkeit  für  reinen  zufall  zu  halten;  bedenkt  man  jedoch  dan 
Dictjs  ^nicht  nur  in  bezug  auf  Wörter  und  redensarten,  sondern  auch 
in  constructionen,  Satzverbindungen^  in  der  kürze  und  knappheit  des 
ausdrucks ,  in  der  verliebe  für  archaismen  usw.'  *  dem  Sallustiiu 
folgt  und  sich  ihm  in  einzelnen  Schilderungen  ganz  genau  anschliesst, 
so  darf  man  auch  bei  obigem  satze  nicht  an  einen  zufall  denken,  son- 
dern musz  vielmehr  annehmen  dasz  diese  fthnlichkeit  auf  nachahmong 
beruht,  und  wie  sehr  dem  Dictjs  gerade  in  c.  3 — 5  des  zweiten 
bucbes ,  das  Cassiodor  bei  der  erzählung  von  Telephus  vor  äugen 
hatte,  Sallustius,  und  besonders  dessen  lugurtha,  vorgeschwebt  hat, 
wird  am  besten  aus  folgender  Zusammenstellung  klar  werden: 


Dictjs  ed.  Meister 

c.  3  s.  19,  11  uhi  animadvertere 

.  .  eventum  belli  trahi 
s.  19,  13  pro  tempore  cohortaü 

suos 
s.  19,  18  primi  aut  inter  primos 

heUantes 
s.  19, 18  praedaram  .  .  famam . . 

effecere 
s.  19,  23  propere  ad  ettm  convertit 

s.    19,  23    t&t^ue  pugnando  .   . 

occuhuU 
s.  19,  27  fugatis  quos  advers^im 

ierat 
s.  19,  29  praepeditiis  trunco  vitis 

c.  4  s.  20, 1  iamque  diei  plerumque 
processerat,  ciwi  .  . 

s.  20,  7  poUens  virihtis 


Sallustius  ed.  Jordan 

lug.  23  s.  53,  7  übt  inteUegit . . 

bellum  trahi  passe 
lug.  49  s.  69,  6  pro  tempore  mtUlef 

hortatus 
lug.  6  s.  42,  4  primus  aut  in  pri- 

mis  ferire 
Cat.   1  s.  3,  8  memoriam  nosiri 

quam  maxume  longam  effkere 
lug.  101  s.  100, 3  adpedites  con- 

vortU 
Cat.  61  s.  37,  32  quem  quiBque  • . 

pugnando  loeum  ceperat 
lug.  101  s.  100,  11  prafUgaJtis  iif 

quos  advorsum  ierat 
lug.  53,  s.  70,  38  impedäus  rmms 

arborum 
lug.  51  s.  69,  38  itaque  nmäum 

diei  processerat  (vgl,  lug,  81 

s.  52,  12) 
lug,  6  s.  41,  35  poüens 


*  HDuDger  Dictja-Septimias  (Dresden  1878;  8.  7;  \g\.  Doch  Dederick 
praef.  ad  Dictyn  8.  XXXM;  Körting  Dictys  und  Dares  s.  6  aod  bes. 
HPratje  quaestiones  Sallustianae  (Göttingen  1874)  s.  9—40. 


CWag«ner:  la  Bieijs.  511 


8.  20,  12  sed  H  vulneraii  maxima 

pars 
c.  5  8.  20,  22  fMÜta  invicem  cum- 

5Wffip(a  orcAvmit 
8.  20,  32  od  ea  Tdephyis^  etsi .  . 

affliäahatury  benigne  tarnen  re- 

spondem  aU 


Ing.  58  8. 78«  37  magna  par$  t^ 

neraü 
Ing.  26  s.  54,  26  nnOia  tarnen 

aratkme  eonmmpta 
lug.  11  8.  44,  ISadea  lugmrtha 

tametsi  • .  inteUegdMü  et . .  agi- 

tabat^tamen..bemigneft9ponM 


Wenn  nun  Dictjs  in  diesen  capiteln  so  oft  nnd  inweilen  w5ri- 
lich  mit  Sallustius  ttbex^einstimmt,  so  mOssen  wir  tnch  annehmen 
dasz  bei  dem  oben  angefahrten  satse  kein  snftll  geherscdit  hat,  son- 
dern dasz  derselbe  knf  einer  nacbahmnng  des  Sallnstins  bemht;  nnd 
ebenso  klar  scheint  es  mir  zu  sein  nnd  bedarf  gewis  keines  beweises 
weiter,  dasz  auch  die  werte  des  Cassiodorins  patemam  foHUudinem 
proprüs  virtutibus  aeguans  nicht  ans  einem  griechischen  Dictjs  fiber- 
setzt sein  können,  sondern  dasz  der  lateinische  Dictjrs  als  Torbild 
gedient  hat:  denn  es  wftre  doch  geradezu  merkwürdig,  wenn  der 
lateinische  Dictjs  an  der  stelle,  wo  er  den  Sallustins  nachahmt, 
genau  mit  Cassiodorius,  der  den  griechischen  Dictys  fibersetzt  haben 
soll,  abereinstimmte,  und  was  von  diesem  satse  gilt,  gilt  auch  von 
den  oben  angefUhrten  stellen,  daher  ich  kein  bedenken  trage  zu  be- 
haupten, dasz  sich  aus  des  Cassiodorins  worten  absolnt  nichts  anf 
die  existenz  eines  griechischen  Dictjs  schliessen  Uszt;  HFläoh  bitte 
erst  genauer  prOfen  mfissen,  ehe  er  (untersnchnngen  fiber  Endokia 
und  Suidas,  Leipzig  1879,  s.  80)  ohne  weiteres  Mommsen  als  zeugen 
für  einen  griechischen  Dictjs  aufstellte. 

Was  die  Verschiedenheiten  zwischen  Cassiodorius  und  Dictjs 
betrifft,  die  Mommsen  mit  recht  hervorhebt,  so  Iftszt  sich  jetzt  die 
eine  leicht  beben,  des  Telephus  gemahlin  Astjoche  soll  nemlich  bei 
Dictjs  als  des  Priamus  tochter  bezeichnet  sein,  w&hrend  sie  bei 
Cassiodorius  des  Priamus  Schwester  heiszt.  nun  lautet  aber  bei 
Dictys  (II  5  s.  21,  7)  die  stelle  so:  ceterum  müüiam  adversum  Pria- 
mum  rectisare:  Ästyochen  enm  Priami  mndam  sibi  nuUrimanio^  und 
sie  wird  gewöhnlich,  aber  mit  unrecht,  so  erklftrt,  dasz  fOktm  bei 
Priami  zu  ergänzen  sei;  aber  diese  erklärung  steht  im  Widerspruch 
mit  der  sonstigen  fib erlief erung,  wonach  Astjoche  die  Schwester  des 
Priamos  ist  (vgl.  Fuchs  de  varietate  fiibularum  Troicarum  s.  99  nnd 
die  von  Mommsen  citierten  stellen),  da  wir  nun  gesehen  haben,  dasz 
Cassiodorius  nur  den  lateinischen  Dictjs  benutzt  haben  kann,  so 
scheint  mir  am  einfachsten  die  Vermutung,  dasz  in  den  hss.  des 
Dictjs,  von  denen  die  älteste  aus  dem  neunten  oder  zehnten  jh. 
stammt,  sororem  vor  oder  nach  Priami  ausgefallen  ist,  dasz  aber 
Cassiodorius,  der  um  520  (vgl.  üsener  anecdoton  Holderi  s.  72 — 74) 
seine  Gothengeschichte  abfaszte ,  also  ungef&hr  300  jähre  ftüher  als 
die  älteste  auf  uns  gekommene  hs.  geschrieben  wurde,  einen  bessern 
text  benutzte  und  in  demselben  sororem  noch  vorfand. 

Was  die  andere  stelle  des  Cassiodorius  betrifft,  in  welcher  der 
Sturz  des  pferdes  (equo  cadente^  angeführt  wird,  von  dem  Dictjs 


512  WHRoacher:  die  Stellung  von  tUerqine  und  vbique, 

nichts  weisz,  so  ist  es  mir  zweifelhaft,  ob  dieser  zug  von  Cassiodoriiu 
herrührt  oder  nicht,  doch  glaube  ich  bestimmt,  dasz  dieser  zusatz 
weder  zu  einem  beweise  für  die  benutzung  eines  griechischen  Dictjs 
dienen  kann,  noch  dasz  die  oben  ausgesprochene  behauptung,  Cassio- 
dorius  habe  nur  den  lateinischen  text  benutzt,  dadurch  umgestoszen 
wird. 

Bremen.  _.  Carl  Waoener. 

66. 

DIE  STELLUNG  VON  UTEBQUE  UND  UBIQUE. 

In  den  meisten  mir  bekannten  neueren  compendien  der  latei- 
nischen grammatik  (Zumpt  §  800^  Madvig  §  495,  Krüger  §  691, 
Ellendt-Seyfifert  §  232  usw.)  liest  man  die  regel,  dasz  in  der  classi- 
schen  prosa  quisque  fast  ohne  ausnähme  nach  dem  pron.  reflex.,  nach 
suKS,  im  nebensatze  nach  relativen  und  interrogativen,  endlich  nach 
Superlativen  und  Ordinalzahlen  seine  stelle  hat ;  nirgends  findet  sich 
jedoch  die  beobachtung ,  dasz  ungefähr  dasselbe  auch  von  den  be- 
deutungsverwandten Wörtern  uterque  und  uhique  gilt,  welche 
ebenfalls  von  Schriftstellern  wie  Cicero,  Caesar  und  Sallustius  fast 
ohne  ausnähme  unmittelbar  nach  skus  und  siti  sihi  $e  sowie  noch  den 
relativen  und  interrogativen  geset^.t  werden,  die  von  mir  zum  be- 
weise dieses  Sprachgebrauchs  gesammelten  beispiele  sind  folgende: 
Cicero  in  Verrem  IV  4,  7  Verres  quod  ubique  erii  pulchetrimum 
auferef?  de  lege  agr,  II  21,  57  ceteri  agri  omnes^  qui  ubique  mm^ 
sine  ullo  dclectu  .  .  decetnviris  addicentur.  pro  Mur.  12,  26  suit 
utrisque  supersiiiibus  praesentibxis  istam  viam  dico:  ite  viam.  de 
div.  II  44,  93  vohtnt  etiitn  illi  onines  eodem  tempere  ortas,  quiuhi' 
que  sini  nati,  cadetn  condie'wne  nasci.  Caesar  b.  GroU.  III 16,  2  hm 
navium  quod  ubique  fuerat  .  .  coegerant.  VII  32,  3  cum  .  .  $e 
uterque  eorum  legibus  creatum  esse  dicat,  b.  civ.  I  36,  2  anerofiat 
fiaves,  quas  ubique possunt,  deprehendufU.  40,  7  acsuas  uter- 
que legiones  reducit  in  castra,  47, 1  ut  se  utrique  superiarea  diseu- 
sisse  cxistimarent.  II  20, 8  quid  ubique  habecU  frumenti  et  navium 
ostendit  (vgl.  ebd.  27,  4  u.  28,  4).  Sallustius  Cot.  21,  Ipostülavere  itf 
propofieret  .  .  quid  ubique  opis  aut  spei  Itahercnt.  27,  1  alium  älk 
{misii),  quem  ubique  ojyportunufn  sibi  fore  credebat.  37,  5prmMMi 
omn ium,  qtii  ubique,, maxume praestabant . . Bomam . •  conßuxermiA, 
51,  38  postremo  quod  ubique  apud  socios  aut  hostis  idoneum  vid^ 
batur.  lug.  52,  5  ncquc remittii  quid  ubique  hostis ageret  explorart. 

Eine  ausnähme  von  der  regel  habe  ich  nur  bei  Caesar  6.  OoM, 
V  50,  1  gefunden:  utrique  sese  suo  hco  continent\  doch  hat  hier 
jedenfalls  die  seltene  Verbindung  sese  suo  die  ungewöhnliche  stellang 
von  utrique  bewirkt,  ebenso  gibt  es  auch  beispiele  für  ungewöhn- 
liche Stellungen  von  quisque^  namentlich  bei  Livius:  vgl.  Nägelsbach 
lat.  Stil.  s.  250.  Zumpt  lat.  gr.  §  801. 

Meiszen.  Wilhelm  Heinrich  Roschbs. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HKRAU8GBGEBBN  VON  ALFBBD  FlBCKBISKM. 


67. 

DIE  DECLINATION  DER  NOMINA  AUF  -IC  BEI  HOMER. 


Die  nomina  auf  -ic,  welche  nnprOnglich  wol  nur  6iiie  oiasse  bil* 
»ten,  finden  sich  in  der  hifitorischenzeitiBXweistftmme,  einen  Toea- 
schen  und  einen  consonantischen,  geaehieden,  die  in  nnsera 
18.  nicht  immer  scharf  auseinander  gehalten  werden  und  wol  aaÄ 
d  mündlichen  gebrauch  oft  in  einander  Obergegangen  sein  mOgen: 
a^l.  Lobeck  zu  Phrjn.  s.  326.  abgesehen  nun  von  den  oijrtona,  die 
le  t-stämme  sind,  können  wir  im  allgemeinen  die  yerbalsabat.  gen. 
im.  auf  -cic  und  die  fem.  auf  -ic  wie  bf\ptc  k6vic  (wegen  KOviui, 
sks  bei  Homer  die  einzige  form  ist)  |yif\vic  (wegen  ^f^viui,  obwol  sich 
Ir  das  Homerische  juriviGC  attisch  ^yjviboc  findet)  tröXic  fißpic  nam. 
1  den  vocalischen  stammen  rechnen,  während  dagegen  die  a^jeeiiva 
nf  -TIC,  ob  sie  epicoena  oder  nur  fem.  sind  und  im  letsten  fidle  wie- 
er  ob  sich  das  masc.  wirklich  in  der  spräche  findet  oder  nicht,  fer- 
er  die  ebenso  gebildeten  subst.  auf  -TIC  wie  ^dVTtC  \if\inc  osw.,  diA 
igentlich  nur  ac^ectiva  sind,  und  endlich  Überhaupt  so  ziemlich  alle 
ij.  epicoena  oder  fem.  auf  -ic  nebst  den  dazu  gehörigen  substaa- 
Yen  wie  dKpic  auXic  usw.  den  consonantischen  stammen  ange* 
Gren.  ebenso  finden  sich  die  nom.  propria  gen.  masc  und  fem.fiiat 
ur  als  ^8tftmme,  in  der  gewöhnlichen  spräche  natürlieh:  denn 
[erodotos  gebraucht  sie  allerdings  mit  wenigen  ausnahmen,  wie 
XpTcpic  fpic  x<^i^  vocalisch,  und  aus  ihm  nahmen  anch  andere 
chriftsteller  solche  formen  in  ihren  dialekt  herüber,  die  oompotita 
ehalten  im  ganzen  die  flezion  der  simplicia,  doch  mit  ausnähme  der 
om.  propria  und  adjectiva  die  sich  auf  personen  beliehen :  t^. 
lobcck  zu  Phrjn.  s.  606. 

Dies  sind  die  wesentlichen  gesichttpunote,  die  sieh  mir  bei  einer 
ergleichung  der  nomina  auf  -ic  für  die  untersoheidong  der  Tooali- 
chen  und  consonantischen  stftmme  ergaben,  und  nach  ilmen  habe  ich 

iAhrbOcher  fOr  cIms.  philol.  1810  hft  S.  M 


514       JSitzler:  die  declination  der  nomina  auf  -ic  bei  Homer. 

bei  der  folgenden  Untersuchung  über  die  declination  der  nomina  auf 
-IC  bei  Homer  die  nomina  der  oder  jener  cladse  zugewiesen,  absolnte 
Vollständigkeit  des  materials  habe  ich  nicht  angestrebt,  wol  aber  wird 
jede  form  durch  mindestens  eine  belegstelle  vertreten  sein,  unbe- 
rücksichtigt bleiben  natürlich  die  ozytona,  die  ja  nichts  aofÜAllendes 
aufweisen;  so  kommen  also  nur  die  barytona  der  consonantischen 
stamme  und  die  vocalischen  zur  besprechung. 

Den  genetiv  sg.  der  cons.  stamme  endigt  Homer  gewöhnlich 
auf  -tboc  (iTOc) ;  -IOC  findet  sich  nach  meinen  aufzeichnungen  nur  in 
^dvTioc  K  493.  jLi  267.  TTdpioc  f  325.  ttcXumiitioc  0  355. 
iTÖpTioc  £  162.  sehen  wir  uns  nun  diese  nomina  genauer  an,  so 
bemerken  wir  unter  den  vier  drei,  in  denen  bei  dem g^wöhnlicbea 
genetiv  auf  -iboc  zwei  Maute  zwei  unmittelbar  nacheinander  fol- 
gende silben  beginnen  würden,  erwägen  wir  femer,  dasz  sich  auch 
in  den  übrigen  casus,  wie  wir  gleich  sehen  werden,  das  gleiche  findet, 
so  werden  wir  wol  von  selbst  zu  der  regel  kommen:  beginnt  die 
letzte  silbe  des  Stammes  mit  einem  /-laut,  so  wirft 
Homer  bei  der  declination  der  cons.  barytona-stftmme 
den  vor  der  endung  stehenden  ^-lautab,  damit  nicht  zwei 
silben  hintereinander  mit  Maut  anfangen,  nach  dieser  beobachtnng 
werden  wir  aber  auch  TTdpioc  nicht  mehr  als  richtig  anerkennen, 
sondern  dafUr  TTdpiboc  schreiben,  wie  umgekehrt  statt  B^Tiboc 
A  512.  e  370.  0  598.  TT  860.  Y  270  e^Tioc,  das  sich  auch  bei 
Pindaros  Ol.  9,  76.  Isthm.  7,  27  findet. 

Aehnlich  ist  es  beim  genetiv  sg.  der  vocalischen  stftmme.  er 
endigt  immer  auf  -loc  mit  alleiniger  ausnähme  von  iröXrioc, 
das  gewöhnlich  den  vers  schlieszt  a  185.  n  383.  u>  213.  308  usw^ 
Einmal  auch  vor  der  cäsur  KQTd  rpiTov  rpoxaiov  gelesen  wird  X  417; 
r\  hat  immer  den  ictus.  über  die  form  vgl.  Delbrück  in  Cnrtini 
Studien  II  s.  194.  nach  analogie  dieser  form  wollte  man  auch  k  493b 
jLi  267  )LidvTiioc  statt  ^dvTioc  schreiben,  um  in  dXaoO  die  Ewei  arstei 
silben  kurz  messen  zu  können,  wie  wenig  die  analogie  paast,  eigiU 
sich  aus  unserer  darstellung  von  selbst;  dies  ist  consonantisdberi 
jenes  vocalischer  stamm,  aber  auch  abgesehen  davon  stAnde  dort  1| 
in  der  thesis ,  hier  in  der  arsis ,  was  dem  Charakter  der  Homerisch« 
spräche  wenig  entspricht,  überhaupt  liegt  gar  kein  grund  snr  Inde- 
rung  vor.  dasz  die  mittlere  silbe  von  dXaöc  lang  sein  kann, 
zeigt  schon  die  nebenform  dXaiöc,  die  Hesycbios  aus  Aischjloi 
anführt  und  die  Hippokrates  wirklich  gebraucht;  allerdings  schreibt 
man  bei  Aischylos  auch  dXeöc,  aber  die  bildung  ist  wie  tcpoifc 
Ycpaöc,  öXoiöc  öXoöc.  so  gut  nun  in  'AXK)Liduiv*a'AXKMaiuiv  nnd  ia 
'iXacc  a  lang  gebraucht  werden  konnte,  so  auch  in  dXaoO  «■  dXaioO; 
die  erste  aber  ist  lang  wie  so  manche  sonst  kurze  unter  dem  ietaa 
ebenso  wenig  berechtigung  hat  die  form  ir  ö  X  €  0  c ,  die  man  B  811. 
O  567  an  stelle  von  iröXioc  setzen  wollte,  hier  ist  entweder  mit 
synizese  zu  lesen  oder  ttöXjoc  :  vgl.  Hartel  Hom.  Studien  in  St  1S> 
ähnliches  findet  sich  beim  acc.  pl.  6  560.  574. 


JSitsler:  die  declimtioii  der  noaniia  auf  «k  bei  Homer.      516 

Im  dativ  sg.  ist  die  gewöhnliche  endnng  der  cons.  etMmme-tbt; 
aber  dieselben  nomina,  die  im  gen.  -lOC  haboi,  xeigen  hier  -t:  6^ti 
C  407  (e^Tibi  Soph.  fr.  548,  2),  Kv/jcTi  A  640,  ndcTi  V  600, 
pifJTi  M' 315.  V  299,  iropaKoiTiTdai.  Hes.  aspis  14. 46.  hy.  Dem. 
343.  danach  ist  auch  zn  &ndem  f  219  &(bp€l  in  äibpi  (noXutbptbl 
soll  Sappho  gebraucht  haben  fr.  166  Bgk.),  K  460  XiiiTtbi  in  Xi)lTt, 
was  um  so  leichter  in  XT|(Tibi  verderbik  werden  konnte,  da  bfaj  da- 
rauf folgt;  N  69  ^dtVTCT  in  |idvTi.  in  &hnlioher  weise  lesen. wir  bei 
Aristophanes  Ljs.  642  dpXTTT^  P  ^  »t  statt  <l>pdvTibt  ni  leeen 
<t>povTibi. 

Wenn  demnach  die  endung  i  ansechlieszliches  eigenium  idea 
datiy  sg.  der  cons.  stftmme  ist,  so  mfissen  wir  aadorseite  <\  (-^I) 
als  einzige  form  dee  dat.  sg.  der  toc  stftmme  in  anapmch  nehinen. 
diese  endung  ist  durch  die  diftrese  gesichert  in  formen.wie  iCTÖXcl 
P  152.  Q  707,  tröcel  £  71.  ohne  diftreae  findet  sie  sich  in  nöXcl, 
das  13mal  vorkommt,  zb.  Z  88.  297.  817.  H  845,  iröc€i  X  480. 
p  555.  T  95,  drupci  TT  661.  Q  141,  Sipct  Y  205.  ip  94.  demnaoh 
haben  wir  auch  KÖvci  .Q  18.  X  191,  v€p^cc€i  Z  385  und  fißp€t 
E  262.  p  431  zu  lesen,  wo  die  has.  awischen  ci  und  i  schwanken« 
die  einzige  ausnähme  von  dieaer  n^gel  macht  wieder  das  ridge- 
branchte  iröXic,  das  neben  dem  gewöhnlichen  wöXci  tinmal  sneh 
n  ö  X  n  I  r  50  bietet,  jenem  icöXi|OC  entsprechend. 

Manigfaltiger  sind  die  formen  des  aoeusativ  sg.  der  oona. 
Stämme:  hier  begegnet  uns  bei  manchen  wOriem  -iv,  bei  andein 
-ibc^  und  wieder  bei  andern  bald  die  eine  bald  die  andere  dieser  bei- 
den endungen.  beginnen  wir  mit  den  letzteni.  wir  leeen  dvdX- 
Kiba  e  153.  N  777.  E  126.  0  62.  TT  355.  656.  0  555.  dvaXKiv 
T  375  (Find.  Ol.  1,  81)  —  'ApT^fiiba  hy.  4,  16.  ''ApTC^iv  hj. 
Ap.  D.  159.  9,  1.  27,  1.  Hes.  th.  14.  918  —  rXauKi&iTtba  6  378 
(Pind.Nem.  7,  96.  Ibjko89);  ebenso cöi(»iriba  1 113. 142. hy.  Dem. 
333  und  ^XiKUiTTiba  A  98.  TXauK<&inv  al56.  hy.  Ap.  Py.  136. 
28,  2  —  Kunpiba  £  458.  883.  Kunptv  €  330  —  dirtba  i  82. 
u  215.  6iTiv  TT  388.  qp  28  —  cpuXÖTTiba  X  314.  Hes.  aspis  114. 
«puXoTtiv  A  15.  65.  A  278. TT  256.  ebenso  KÖpuOaA  375.  C 611. 
KÖpuv  N  131.  TT  215.  wann  gebraucht  nun  Homer  die  eine,  wann 
die  andere  form  des  acc?  eine  vergleichung  zeigt  dass-ib<inur 
vor  consonanten,  -iv  nur  vor  Tocalen  steht,  wir  werden 
also  nach  dieser  beobachtung  hy.  Ap.  Py.  145.  hy.  Aphr.  8  TXau- 
KUI7TIV  zu  schreiben  haben  statt  YXauKi(mib*;  eboiso  b  635  '^HXtv 
statt  'HXiö';  "HXiba  findet  sich  v  275.  o  298.  ui  430.  hy.  Ap.  Del. 
426.  von  fpic  lesen  wir  ipxba  T  7.  €  861.  A  3.  529.  x  149.  389. 
TT  662.  Y  55.  l  92.  8  210.  ipxv  1 136. 161,  jenes  vor  consonanten, 
dieses  vor  vocalen ,  und  in  so  weit  in  völliger  Übereinstimmung  mit 
der  regel;  aber  tt  292  und  T  11,  welche  beide  verse  gleich  sind,  st^t 
f  piv  vor  consonani.  wir  mttsaen  also  annehmen ,  entweder  dass  es 
au8  äpT]V  (=  streit)  verderbt  ist,  oder  dasz  die  stellen  spfttem  Ur- 
sprungs sind;  schon  bei  Hesiodos  kommt  nur  die  form  fptv  auch 


516       JSitzIer:  die  declination  der  nomina  auf  -ic  bei  Homer. 

Yor  consonanten  vor  th.  225.  erga  16;  ebenso  spftter  im  attischen. 
ähnliches  sehen  wir  auch  bei  ^H\iv,  das  bei  Pindar  Ol.  1, 126  in  der 
form  *AXiv  vor  consoDant  steht. 

Nach  aufstellung  dieser  regel  können  wir  jetzt  zu  den  nomina 
weiter  gehen,  die  sich  entweder  nur  auf  -xba  oder  nur  auf  -tv  finden. 
natürlich  folgt  daraus ,  dasz  ein  wort  sich  nur  mit  der  endung  -iba 
Yor  cousonant  findet,  nicht,  dasz  es  keine  form  auf  -iv  gab ;  im  gegen- 
teil  scheint  uns  dies  ganz  sicher,  wenn  auch  keine  belegatelle  ans 
Homer  dafür  angeführt  werden  kann,  dasselbe  gilt  aach  von  den 
Substantiven  und  adjectiven  auf  -iv  vor  vocalen.  wird  -iv  aber  vor 
oonsonanten  oder  vor  consonanten  und  vocalen  gebraucht,  so  ergibt 
sich  daraus  sicher ,  dasz  Homer  nur  diese  6ine  form  des  acc.  im  ge- 
brauch hatte,  auf  -iba  nun  lesen  wir  bei  Homer  XeuKdciribaX  294; 
XeuKacTTiv  aber  hat  Soph.  Ant.  106  vor  vocal,  ebenso  Enr.  Phoin. 
1099.  auszerdem  hat  Homer  noch  vr)iba  H  198.  viel  zahlreichsr 
sind  die  nomina  die  sich  auf  -iv  endigen  und  vor  vocalen  stehen : 
KäXTTiv  11  20  (Arist.  Ljs.  370),  während  KdXTribo  vor  cone.  Pind. 
Ol.  6,  40  gelesen  wird;  auXiv  I  232.  x  470.  hy.  Aphr.  168.  kj. 
Herni.  71;  i'iviv  K  292.  t  382,  wobei  -iv  lang  gebraucht  ist;  S^Cirtv 
a  328.  e  498.  p38ö  usw.;  eoOpiv  H  164.  6  262.  C  157,  wo  wie 
bei  ifviv  -IV  als  länge  zählt,  auszerdem  findet  es  sich  öfter  ale  von- 
schlusz  A32.  0  308.  Y  162;  kXutö^titiv  hy.  20,  1,  KÜCTIV 
e  67.  N  652,  ^ävTiv  A  62,  iroXüibpiv  V  82.  Hes.  th.  616, 
OpovTiv  T  279,  qpuSiiXiv  P143.  vor  consonanten  findet  sieh -iv 
in  folgenden  Wörtern:  äTpuiCTiv  l  90,  (Skviictiv  k  161,  6äfiU- 
piv  B595,  KiOapiv  N  731.  a  153,  jiiäcTiv  0  182,  TTdpivZSM. 
N  490.  Q  249,  TTpÖKpiv  X  321,  TTupivTT416;  XXuipivX381. 
vor  vocalen  und  consonanten  endlich  kommen  vor:  eOviv  X  44— 
I  524.  e^Tiv  n  574  -  N  350.  iTTiroupiv  Z  495  mit  langer  eirit 
sübe  —  r  337.  A  42.  0  481.  TT  138.  x  124.  'Ipiv  Q  117.  Hes.  th. 
784  —  e  398.  A  185.  0  55.  144.  157.  Q  143.  hy.  Ap.  D.  102.  hy. 
Dem.  314.  Hes.  th.  266  schlieszt  es  den  vers.  0 Sri v  i  369  —  1 366. 
Xdpiv  zb.  6  211.  I  613.  0  458  —  €  874.  V  650.  o  320.  nur  am 
ende  des  verses  stehen  dKOiTiv  zb.  Z374.  I  397.  399.  a  39.  f  268, 
irapdKOiTiv  zb.  T  53.  Q  60.  X  298.  o  26,  iroXuMnTiv  hy.  28,  2. 

Einfacher  ist  der  acc.  sg.  der  vocalischen  stamme :  diese  bietn 
immer  die  endung  -iv;  nur  nöXic  findet  sich  auch  analog  dem  gel. 
TröXr]oc  und  dat.  ttöXiii  in  der  form  TTÖXr^a,  aber  nicht  bei  Homer, 
sondern  nur  in  Hesiodos  aspis  105. 

Damit  haben  wir  die  besprechung  des  sing,  beendigt:  denn  im 
vocativ  brauchen  wir  kaum  zu  erwKhnen;  er  endigt  in  voc.  und  cont. 
stammen  eben  auf  -i,  wie  dies  jetzt,  wenn  ich  nicht  irre,  aUgemeil 
anerkannt  wird;  dasz  sich  dafllr  aus  metrischen  gründen  auch -IC 
findet,  erklärt  sich  eben  daraus ,  dasz  die  dichter  sich  anch  des  nom. 
statt  des  vocativs  bedienen:  vgl.  Krtlger  di.  §  45,  2.  über  den  plvral 
aber  können  wir  uns  kurz  fassen. 

Bei  den  conäouantischen  st&mmen  werden  die  casus  des  plnr.  in 


JSitder:  die  dedinatum  d«r  nomisa  auf  -ic  bei  Homer.      517 


d^r  weise  gebildet,  dasz  an  den  anf  Mant  endigenden  stamm  die  ge- 
wohnlichen  endongen  angesetzt  werden,  im  datir  kann  der  f-lant. 
vor  -ci  ausfallen  (vgl.  KdXmci  hj.  Dem.  107)  oder  assimiliert  werden - 
(ygl.  tpicci  A  27).  dasz  aneh  -€Ci  (-€ca)  angehlngt  werden  kann» 
ist  selbstverständlich ,  aber  nur  an  den  auf  b  (t)  radenden  stamm, 
also  zb.  nicht  Tpecci,  wie  Apollonios  Soph.  92,  29  bietet  in  folg« 
dieser  beobachtung  mOssen  wir  auch  den  aco.  fjvic  Z  94.  275.  809 
fttr  eine  spätere  form  halten,  für  ursprüngliches  fjvtbac,  das  überall, 
in  den  vers  passt.  so  hat  Aischjlos  Perser  289  cCvtftac  nur  im. 
einklang  mit  der  von  uns  oben  au^estellten  regel  ist  es,  dass  solche 
nomina,  deren  letzte  silbe  mit  Mant  beginnt,  das  letite  i  des  atam-- 
mes  abwerfen:  Tbpicc  f\  108.  v^jcTicc  C  870.  iröpTicc  hj.  Dem. 
174 ;  ebenso  ist  auch  k  410  zu  lesen  statt  nöpicc,  das  als  metrischer 
notbehelf  später  eingetragen  wurde;  zu  nöpijec  vgl.  obttd  irö\joc 
aber  statt  &(pi€C  hy.  Dem.  882  musz  es  dxpibcc  heiszen;  ebenso 
im  acc.  dxpibac  statt  dicptac  i  400.  k  281.  S  2.  rr  865.  hy.  27,  4. 
richtig  ist  dagegen  vi^cnac  T  156.  207,  iKotTiac  rdKOiTjac)  k  7, 
das  sich  von  selbst  aus  den  beiden  lesarten  äKOirtc  und  aKOiTOC  ergibt. 

Aehnlich  ist  es  bei  den  vocaliachen stammen;  an  den  stamm  auf 
t  werden  die  endungen  angeftlgt:  iirdXEtec  M  424.  480.  iröXiCC 
o  412.  neben  iröXicc  findet  sich  anoh  dem  Singular  entsprechend- 
nöXiiec  als  versschluss  A  51.  T  174,  vor  der  ciaar  Kord  Tpirov 
Tpoxaiov  A  45.  hy.  11, 8.  der  genetiv  heiszt  noXiuiv  A 125.  B  117. 
131  usw.  im  dativ  haben  wir  troXiecci  qp  252.  ui  855.  danack 
wäre  auch  X  5  statt  ^irdXEeci  zu  lesen  iiraXEicci  (£naX^'€Ci);  wahr- 
scheinlicher scheint  mir  aber  dtrdXEici:  denn  im  dativ  tritt  an  den 
stamm  -ci  oder  -€Ci  (-€cci).  als  acc  findet  sich  tröXiac  A  808.  hy. 
Dem.  93  und  mit  sjnizese  oder  lesung  des  i  als  j  6  560.  574.  da- 
nach ist  auch  C  342.  490.  B  648.  hy.  Ap.  Del.  175  ttöXioc  sUtt 
TTÖXeic  zu  corrigieren ;  ebenso  ^TrdXStac  statt  iirdXIcic  M  258.  268. 
308.  375.  TTÖXnac  steht  nur  p  486  als  versschlusz.  iröciac  lesen 
wir  Z  240. 

Taubbrbischofsreim.  Jacob  Sitzleb. 


68. 

DER   RESCRIBIERTE  CODEX  ME8SANIÜ8  DES  HESIODOS. 


Erst  nach  dem  erscheinen  meiner  Hesiodausgaben  (der  dritten 
Göttlingschen  und  der  Teubnerschen  teztausgabe)  gelang  es  mir  eine 
tollation  des  codex  Messanius  zu  erhalten ^  den  Gustav  Löwe  so 
freundlich  war  für  mich  zu  vergleichen,  nachdem  derselbe  von  Messina 
nach  Rom  geschickt  worden  war.  folgendes  ist  das  resultat  dieser 
sorgfältigen  Untersuchung,  die  hs.  ist  gezeichnet  *  Anonymi  Graece 
M.  S.  8  (alte  nummer  12),  membr.  4'  bestehend  aus  86  blftttem,  die 
rescribiert  sind  mit  ausnähme  der  (im  15n  jh.  ergänzten)  fol.  82 — 84; 
!<ie  gehört  dem  13n  oder  14njh.  an  (nicht,  wieBluhme  [vgl.Köchly« 


518        UFlach:  der  rescribierte  codex  Messanius  des  Hesiodot. 

Kinkel  praef.  s.  VI  anm.  2]  angab,  dem  12n).  sie  enthftlt  nur  die 
fyya  Kai  f))Li^pai  Hesiods  mit  dem  commentar  des  Johannas  Tzeties 
und  einem  ßioc  'Hciöbou.  wiewol  sie  zweifellos  zu  der  familie  des 
-vortrefflichen  Mediceus  (XXXI  39)  gehört,  zu  dem  sie  im  allenildi- 
sten  verwandtschaftlichen  verhälüiis  steht,  ist  ihr  wert  wegen  dw 
zahlreichen  fehler  und  der  vielen  hftnde,  die  daran  herum verbea- 
sert  haben,  nur  ein  sehr  geringer,  wobei  erwähnenswert  ist  (worm 
ich  niemals  gezweifelt  habe),  dasz  die  in  der  Kdchlj-Kinkelachai 
ausgäbe  mitgeteilte  collation  von  AGuethius  durchaas  ungenügend 
ist.  was  die  Kltere,  ausgetilgte,  in  zwei  columnen  abgefasste  scfarift*, 
die  Löwe  dem  12n  jh.  zuweist,  enthalten  hat,  ist  schwer  zn  sagen, 
doch  dürfte  mit  reagentien  alles  lesbar  gemacht  werden  kOnnen. 
folgendes  ist  eine  von  Löwe  entziffierte  probe  daraus.  foL  76  ^  -nl 
biOKXiiTiavoG  Kai  |  iiiaSi^iavoG  tujv  ßa  |  ciX^uiv  xai  dpciovoG 
f|T€MÖvoc'  dv  KXeoira  |  Tpibi  6vt€c  dbeXqpol  |  KaTOcdpxa'  iicvt  |  — 
fol.  75'  xpövouc-  I  Xai  Oeoböcioc  6  ßaciXcuc  |  tQ  vmoMvncci  irpö  | 
kXou  TTarpidpxou  toG  |  dvcTKai  tö  Xciqiovov  |  KOt  Tf)c  XdpvOKOC 
fif)  I  dvoiTOji^VTiC'  ^Tpdjqpri  ibiöx€ipov  b^nciv  irpoc  |  aurdv'  hA 
ToG  X  —  fol.  75^  cuu^a  KaraKOiTd.  öctic  Kai  djcpdr)  aÖTi|i  X^ttuv* 
Odpcei  dbcXq)^  iuidvvii'  aCpiov  Tdp  d)ia  dcöfieto*  uKpOri  ^  ^ 
Tuüi  TrapafidvovTi  TuDi  vauji  auroG  Trpccßur^puj  X^tuiv*  Eurp^mcov 
TU)V  ^€TaXo)LidpTupi  iiudwii*  fpxctai  ydp  usw.  nach  der  vermutoag 
Lowes  sollen  dies  griechische  heiligenleben  sein,  die  an  bestimmten 
tagen  zu  verlesen  waren. 

Aus  der  mir  vorliegenden  vollständigen  collation  will  ich  dts 
wichtigste  zu  meinem  apparat  der  Göttlingschen  ausgäbe  nachtragen. 
V.  5  peia  .  .  ^€ia         12  dTTOivrjccu  alia  manu  corr.  ex  iiraiv^ccic 

20  dndXajLivov  (sed  v  deletum)         22  dpöjuicvai  (sed  o  ex  ui,  vt 
videtur,  coit.)         29  dtopfic  t'  dnaKOudv        36  iOeiiiciv  lUKnciV 

39  biKdcai        43  ^pTdcaio        48  dEriTTdriicc        50  n6k, 
55  xciipoic         62  dOavdnic  bi  6€f]C  (corr.  ex  defjc)         65  xpw- 
cnv        68  'GpjLieiriv        75  dvOeci  ciapivoici        77  CTifi8€cq>i 
91  drep  t€  KaxoG        111  dßaciXeuev        1 13  drep  wövuiv        119 
keXoTci         134  dcppabirjciv         139  dbibujv  .  .  ecoiciv         141 
TOix6övioi         146  f)Li€XX€         147  Kaprepöcppova        148  äirXirroi 

150  Tuiv  .  .  be  T '  oTkoi         154  dirXdTOuc        156  dirciice 
158  ino\r\c€        162  uq)'  ^TTTanuXw         169  deest         172  TOid 
^eXiTib^a  177  KajidTOU  corr.  ex  KajudTOio  186  ßdCovTCC 

fnecci         187  eure  .  .  oub^  m^v  oVt€  (o\'t€  in  ras.)         190  oÄM 
biKaiou         193  dw^iTUiv        199  Irnv        203  YpnE        206  jßA 
dnböv  doGcav        209  atK€  G^Xui        210  kc  GcXci        215  ßopuSci 
b'  UTT*       225  bibd)VT€C  in  contextu,  biboGciv  in  marg.  m.  post. 
234  KaTaßeßpiOouci        235  tiktouci        247  dTroriwurai        248 

<  auch  sie  war  in  quart  gesell  rieben;  die  alten  blUttar  sind  oben  nad 
unten  gekürst  worden  für  den  neuen  codex,  die  Überschriften  des  altea 
textes  sind  mit  rother  tinte  geschrieben,  aber  sehr  abgekUnt,  was  vom 
texte  nicht  gilt. 


HFlaoh :  der  reteribinte  oodes  MeüMiiii»  des  Hitiodoi.       519 

«arouppiUIccOai  255  iccdfüicvoi  261  ßoaXlfiiuv  26^  itapo^ 
kX(vouci  .  .  ^vv^irovTCC  263  Mudouc  265  oT  t*  aiM^  273 
finTiöevTO  280  ^e^Xoi  283  viiK€C60v  293  voif^ci  '396 
^r\B*  auTUJ  301  TTiirXr)Ct  303  d€pY<2»c  304  ficcXXoc  (sed 
mlterum  X  erasom)  310  ßpOTOtn  319  ävoXß{t|V . .  6Xßov  < 
320dp€iu)        322XTiic€Tai  325^iabi        827  fpEci       328 

ßaivoi      344  ^tX^^ov      357  koI  ixija  bdnj      358  ripn^*  Mv 

3G4  elvi  oIku)       370—872  desttnt      876  eTt|      881  cQav 
386  aöOic      389  vaiCTduic'      391  voiuiav  . .  tv^vöv  M  cnctpctv 

395  trru)CC6ic  .  .  dtv^ic  403  hom  406  ii\Yü6e\  411 
irtüCiepTÖc  425  dirö  k€v  cqN^pov  tc  480  iHAidc  et  om.  iv,  quod 
m.  alt.  in  marg.  adBcripsit  431  irpocap/ipeTai  -447  iirrör|Tm 
452  doucac  456  t66'  458  h1\  462  muXciv  470 
fidKcXXav  477  cöox^wv  . .  fiEec  487  t^pirct  bt  488  rpiTqi 
in'  T^Mon  .  .  \if\T*  dtroX^iToi  490  npoopnpörq  494  dv^pat 
cTpTOV  495  6<p^XX€i  497  niSlOic  502  G^pouc  505  TOÖ- 
TU)v  509  uipoKÖMuiv  510  ^ojc  •  .  itouXußouT€(pn  512 
liäle '  514  bidcrici  518  rpdxoXdv  tc  525  Kcd  iv  fjOeci 
528  TTov^XXiici  531  (petitouct  548  6ifdt€ . .  CXOoi  544  vcö- 
ßpiu  549  7Tupo<pöpoc  ivT^Torat  556  xP^ol  hk  559  inX  b* 
dv^pi  nXciov  561—563  desunt  (dies  ist  dae  wiehtigste  resnltat 
der  hs.,  da  diese  verse  Eweifelloe  oneefat  imd  dedialb  sohon  to& 
Plutarch  atbetiert  sind)     568  Tf|v  bk  (sed  al.  mann  oorr.  ex  TÖv  bt) 

586  bi  TOI       595  dewdou       607  f|Miövoici      611  dirobp^- 
1T61V       617&p^€VOC       619  6^ßpi^ov      625dövTUiv      627£incdT- 
6€0        640  e^p€i  T*  dpToXdr)        646  Tpi^t]C       658  MouCf)C 
660  TT€TT€ipafiai       665  OvTiToici       683  aIvT]Mi      684  T€  q>uTQC 
691  miMaci      693  koi  qiopxi*       695  ln\  oIkov       705  öfjKCV 
709  dpx€i  (sed  €i  in  r\  corr.)     711  bk  TÖciji  tlvvcceai .  .  aöOiC 
714  KOTaXeTX^Tiw       721  etnijc  . .  dKOticciC      723  nX^jcni      725 
dviTTTOici       726  ou  Tdp  B*  o!t€       727  öp9u)C       728  dviövTOC 
730  dTTOTU^viuOrlc       733  TTCTraXoTM^voc  m.  rec,  corr.  ex  TTCTroXcrr- 
^^vov        post  vi  737  Sequilar  y.  758        743  aTOumt  (sed  n  al.  m. 
61  V  corr.)       744 — 828  receniiore  maiSi  additi  snnt  saec  XY  con- 
scripti*       756  8€Öc  vu  TOi       770  ivvf\      771  xpucdopov       779 
TTpoßdXXoiTO      781  dK9p^i)iac6ai      784  oCtc  dp      785  KOÜpq  T€ 
T€v^c8ai       793  Treirvu^^oc       795  tc  oul       796  fmidvouc  pro 
oupfiac  (certe  glossemate  ortom)       797  irpauvciv       801  o!  T*  tn* 
{pTMOTi     804  TivvujLi^vac     807  aaXofiViia  igrfa     808  dp^cva 
8 1 2  M^v  Tdp  T '  i\bi      814  aÖT  *  Tcaci. 

Scfalieszlich  dflrfte  auch  eine  probe  der  lesarien  ans  dem  conti- 
mentar  des  Tzetzes  von  interesse  sein.  y.  504 — 518  sind  fol.  63 — 64 
commentiertf  und  der  commentar  enthftlt  folgende  abweichnngen 
Ton  Gaisford  (Leipzig  1823)  8.308  ff.  s.  808, 15  xiOViKdv  (sed  prins 

<  doch  sind  für  v.  770—776  und  791^808  auch  die  swei  alten  blitter 
noch  vorbanden,  wenn  auch  sehr  unleserlich  and  in  nrogekehrter  ord- 
iiunf^,  da  das  letzte  blatt  fol.  86  Tor  dem  vorletiten  stehen  mufs. 


620        EKönig :  in  Donati  ad  Terenti  Adelphon  I  1,  1  scholioB. 

i  in  rasura)       16  ird^iuuci       17  TÖ  pro  tüj  in  unius  littene  rasim 

^XXrjvujv       18  bi€TAouv      19  f^  bi      20  toutov  toGv      22 

ßoupd      23  ^€T€ßXr)eiicov      25  iroXXot .  .  iirdprccTC      27  oApca 

KQi  ckottAoic  .  .  dpiOupoi        28  TTiiXuribcc  .  .  a^i  bi        s.  309,  1 

rpupouci . .  dvoüpeciv      2  bajuaOelc      3  ndxvii  imö  fala  p^iiUKCV 

4  o\       18  1Xdv  om.      21  ^KÖapxTiKd      s.  310,  7  irpocmim- 

KoO  dTTiKuuc      20  TiOeica      s.  31t  7  öc  T€  . .  ßopäc      9  cucrA- 

XecOai  Kai  (sed  ccOai  Kai  e  corr.)       20  lemma  om.       s.  312,  3  ßo6 

i^X^^       ^  vrjpiiTOC       14  TTiKVoOvTai       16  lemma  om.       i|iuxoü- 

|yi€Voi       17  uTrcKpiTTTOuciv       18  bucpiT^Oarai      20  tö  b^pfia  om. 

21  dv  om.       Tpixu)C6i  (sed  €i  corr.)  tö  bipixa  KardcKiov       24 

bidrici  (sed  iici  e  corr.)      25  diiciv  (sed  &r]  e  corr.)      26  Ka\  dr)Ct 

s.  313,  9  ßodc  ^Touv  biaircpd  (€  corr.  ex  o)  touto         12  bio  om. 

juaKpörpixoc  (sed  pö  e  corr.)         15  oÖTOi  ou  bianpci        36 

TpöxaXov.   K€Kuq)ÖTa  bi  uttö  toG  qiuxouc  töv  T^povra  iroici  steht 

am  ende  des  scholions        s.  314,  1  b^  oÖTOi  (sed  alieram  o  eras.) 

bidriciv      ÖTi  -nriv  ^iav  ou  Ticpiccriv. 

Demnach  scheint  der  cod.  Messanius  für  die  teztgestaltung  dei 

commentars  wichtiger  zu  sein  als  für  die  Hesiodischen  ifffO,  KOl 

fm^pai  selbst,  und  eine  neue  —  so  sehr  wünschenswerte  —  ausgibe 

der  commentare  zu  jenem  gedieht  wird  ihn,  was  den  des  Tzetzes  aiH 

y       belangt,  in  erster  linie  zu  berücksichtigen  haben. 

Tübingen.  Hams  Flach. 

69. 

IN  DONATI  AD  TERENTI  ADELPHON  I  1,  1  8CH0LI0N. 

Etiam  apud  Bitschelium  opnsc.  III  p.  350  id  quod  Lindenbm* 
chius  ediderat  scriptum  legimus :  et  puer  .  ,  vd  a  ludo  et  a  gestielt 
latione  Circus,  nomen  Circi  cur  ita  ezplicaverit  Donatus,  non  in- 
tellego ,  cum  KipKOC  nusquam  habeat  notionem  quae  illam  interpr«" 
tationem  admittat;  deinde  illud  nomen,  quod  ne  in  Benselori  qnidem 
lexico  nominum  propriorum  eztat,  neque  a  Plauto  neque  a  Terentio 
neque  ab  alio  poeta  usur^tur.  videtur  igitur  vitiam  contraxisse. 
Klotzius  ezcogitavit  Corycus  KuipUKOC,  quod  nomen  in  parasitnm 
magis  convenit  (cf.  Timocles  apud  Athen.  VI  246^  iauTOÖc  dvii 
KUipuKUJV  b^peiv  7Tap^xovT€C  d6Xr)Taiciv),  non  cum  Donaii  Tsrbii 
congruit.  codd.  scripturae  sunt:  A  drtus^  B  cirus^  C  cmcuSy  D  {yrv 
cus.  leniorem  igitur  medelam  adhibemus  scribentes  id  quod  iam 
proposuimus  in  scriptiuncula  nostra  Me  personarum  nominibus  apud 
Plautum  et  Terentium'  p.  2:  Scirtus.  haec  nominis  forma  prozinM 
accedit  ad  Parisini  optimi  scripturam  drtus^  deinde  est  nomen  pwri 
Ter.  Hec.  78 ,  denique  Donatus  ipse  ad  h.  1.  canvenii  namem  iiiquit 
servo  puero  naga  xb  axiprcrv,  quod  est  gestire  et  ludere,  de  hoe 
nomine  iisque  quae  eiusdem  stirpis  sunt  CKipTloc  CKipriri  GciptoXoC 
vide  Benseleri  lexicon  s.  1. 

Patschkaviae.  Aemilius  Kobnio. 


AOroMBUum:  sn  ThnliT^idai.  521 

70. 

Zu  THUKTDIDE8. 


I  73,  2  €l  kqI  br  6xXo\}  ^fiXXov  ictai  äcl  irpopoXXo^^voit.  •■ 
handelt  sich  um  TrpoßoXXoM^votc.  die  erkUbrer  flbefMtwB  et  Wor* 
rflcken,  vorhalten,  vorwerfen',  diese  hedentiing  hat  dae  aotiv  irpo- 
ßdXXeiv.  Poppe  überträgt  eie  einiaeh  auf  das  medium  (Venn  es  uns 
auch  Iftstig  sein  wird  euch  dieses  immer  yonnraeken*);  so  viel  ieh 
sehe,  wird  das  von  niemand  gebilligt  Krüger  und  Bonits  ndmen 
die  form  für  ein  passiv  and  erkUren  *wenn  es  eaeh  andi  listig  seia 
sollte,  euch  dies  bei  jeder  gelegenheit  Torrflcken  sa  lassen*,  wena 
diese  Übersetzung  auch  dural  analogiea  hinreichend  als  mOglich  ge* 
sichert  ist,  so  scheint  mir  Krüger  damit  doch  den  vorwmf,  wel* 
eben  er  der  Popposchen  erklftnmg  macht,  selbst  niefat  vermieden  sa 
haben,  gegen  Poppe  führt  er  nemlich  an,  seine  erklirang  involviere 
ein  geständnis  unzeitig  bewieeaner  prahlerei  seitens  d«r  Athener, 
dieses  geständnis  liegt  doch  wol  in  Krügers  erklämng  anoh^  wenn 
auch  etwas  versteckter;  die  vorwerfenden  würden  ja  doch  meist  die 
Athener  sein,  weil  sie  am  meisten  dabei  interessiert  sind.  Classen 
coBjiciert  TrpoßaXXÖMCVa:  die  übersetsnng  wird  dadordi  swar  ein^ 
fach;  aber  es  fragt  sich  doch,  ob  man  nicht  ohne  indenmg abkommt. 
ich  mOchte  eine  andere  erklänmg  aufstellen,  die  mir  näher  zu  liegen 
scheint  als  die  Krügersche.  frpoßdXXoMai  läszt  sieh  ja  als  medium  sehr 
gut  übersetzen  mit  *sich  etwas  zum  schütze  vorhalten',  also  in  folgen* 
der  weise:  'wenn  es  uns  auch  zur  last  gereichen  (anfeindungen  eintra» 
gen)  wird,  dasz  wir  sie  (die  Mederkriege)  immer  zu  unsem  gunsten 
anführen.'  das  geständnis  der  prahlerei  ist  hier  allerdings  auch  darin ; 
aber  das  wird  sich  wol  überhaupt  nicht  vermeiden  lassen,  ist  auch 
nicht  so  schlimm  zu  beurteilen ;  die  Athener  hatten  ja  das  beste  recht 
dazu.  —  Das  M&XXov  ^.  dci  faszt  Classen  mit  LHerbst  als  in  correlati* 
vem  Verhältnis  zu  einander  stehend :  'immer  lästiger,  wenn  es  euch 
jedesmal  vorgerückt  wird ,  dh.  um  so  lästiger,  je  öfter  vorgerückt' 
näher  scheint  mir  die  aufbssung  zu  liegen  MdXXov  f^  xä  irdvu  iroXaid. 

ebd.  fjc  Tou  M^v  Ipfou  füi^poc  m€T^cX€T€  usw.  Krüger,  Classen 
und  Poppe  fassen  fpTOV  als  Hhatsächlidie  folgen'  der  UnpcXia  und 
Xöyou  als  'rühmliche  erwähnung'  derselben,  so  dasz  der  gedenke 
dieser  ist:  'wir  haben  zum  allgemeinen  nutzen  gekämpft;  von  dessen 
thatsächlichen  folgen  habt  ihr  euren  teil,  nehmt  uns  den  mhm  nicht 
ganz.'  allein  die  Zusammenstellung  tö  fi^poc  TOÖ  ifujox)  Tf)c  dNpc- 
Xiac  in  diesem  sinne  scheint  mir  doch  etwas  zu  subtil :  Ifujov  ist 
darin  für  den  sinn  ja  ganz  überflüssig,  ausserdem  was  ist  das  für 
ein  gegensatz:  'ihr  habt  an  den  folgen  euren  teil,  nehmt  uns  den 
rühm  nicht  ganz'  ?  wenn  sie  die  folgen  auch  ganz  und  allein  hätten, 
sie  könnten  den  Athenern  ihren  rühm  ja  doch  nicht  nehmen,  mir 
scheint  die  stelle  so  verstanden  werden  zu  müssen:  'an  der  er- 
kämpfung  des  nutzens  habt  ihr  nur  einen  teil,  nehmt  uns  den  rühm 


522  AGroBsmann :  zu  Thukydides. 

nicht  ganz.'  fpTOV  als  'kampfesarbeit'  ist  ja  häufig  bei  Thuk. ;  diese 
bedeutung  dürfte  überhaupt  auch  näher  liegen  als  jene,  im  folgen- 
den reden  die  Athener  auch  immer  von  dem  was  sie  gethan  haben 
im  gegensatz  zu  der  lauen,  abwartenden  politik  der  Spartaner.  — 
Krüger  notiert:  'Seidler  hat  beigeschrieben  «bewerkstelligong».'  ich 
sehe  darin  eine  bestätigung  meiner  ansieht,  wundere  mich  aber  dau 
Krüger  nichts  weiter  darüber  gesagt  hat. 

I  84,  4  KpdTicTov  bk  eTval  dcnc  dv  toic  dvaTKatOTäroic  irw- 
b€Ü€Tai.  Krüger  erklärt  *wer  in  den  grOsten  dr^gsalen  erzogen 
wird' ;  Classen  'unter  dem  unerbittlichsten  (den  Spartanern  eigenen) 
willenszwange' ;  beide  finden  den  gedanken  nicht  recht  an  seiner 
stelle;  er  soll  ohne  rechten  Zusammenhang  mit  dem  vorigen  dastehen, 
das  finde  ich  auch,  wenn  man  wie  sie  eine  eigenart  der  lakoniechea 
erziehung  darin  sieht  und  meint,  es  werde  hier  angegeben,  wer  ttber- 
haupt  der  stärkste  sein  werde,  auch  Bonitz  und  Herbst  scheinen  auf 
diesen  gedanken  hin  zu  übersetzen,  Herbst  'in  der  zwingendsten  und 
beschränktesten  notwendigkeit' ;  Bonitz  'in  der  notwendigsten  und 
unentbehrlichsten  bildung',  als  gegensatz  zu  den  dxp€iader  Athener. 
es  scheint  auch  mir,  wie  gesagt,  nicht  folgerichtig  dasz,  nachdem 
vor  einer  unbesonnenen  Unterschätzung  der  feinde  gewarnt  ist,  nim 
die  angäbe  folgt ,  wer  der  stärkste  sein  müsse,  ich  komme  nnr  auf 
folgende  weise  zu  einem  logisch  richtigen  gedanken:  'ihr  mUazt  nicht 
glauben'  heiszt  es  'dasz  die  feinde  schlechtere  Soldaten  sind  als  ihr; 
es  ist  falsch  für  einen  feldherm ,  sich  darauf  zu  verlassen ,  dasz  die 
menschen  verschieden  seien ,  sondern ,  wenn  er  ein  dcqxxXÜJC  iTpo- 
voou|Li€VOC  ist,  musz  er,  ebenso  wie  er  sich  selbst  für  kriegstQchtig 
hält,  auch  seinen  feind  dafür  ansehen,  selbst  wenn  er  keine  beweia- 
gründe  dafür  hat.  demgemäsz  übersetze  ich  mit  anlehnung  an  Boniti: 
'man  darf  nicht  glauben  dasz  ein  mensch  vom  andern  sich  nnteraoheide, 
sondern  musz  annehmen  dasz  schon  d6r  sehr  stark  sei ,  welcher  aack 
nur  die  allernötigste  (kriegerische)  bildung  bekomme.'  das  folgende 
TauTac  .  .  iLieX^Tac  würde  dann  alles  vorhergehende  zusammenfaseeB 
und  zu  übersetzen  sein  'diese  praktisch  geübte  denkweise'. 

I  120,  1  Td  Tbia  i£  icou  v^MOvrac  usw.  ibia  wird  überall  Ter- 
standen  'die  einzelinteressen  der  bundesglieder',  also  als  gegensats 
zu  rd  KOivd.  der  Zusammenhang  legt  aber  doch  etwas  anderes  niher. 
in  ihrer  ersten  rede  (I  71,  1)  machten  die  Korinther  den  Spartanen 
vorwürfe,  weil  sie  zu  sehr  darauf  bedacht  seien  nur  selbst  keum 
schaden  zu  nehmen  und  das  allgemeinwohl  darüber  vernachlässigten; 
jetzt  nehmen  sie  diesen  Vorwurf  zurück  in  den  werten  OÖK  fiv  In 
alTiacai|Li€Oa  usw.  und  heben  das  geziemende  des  nunmehrigen  vo^ 
hältnisses  hervor  in  den  werten  XP^  Tdp  Touc  f)T€]iövac  T&  Ibia  & 
Icou  ve^ovTQC  Td  Koivd  irpocKOTTCiv  usw.:  'ihr  mttszt  auch  die  eiga« 
Interessen  der  gesamtheit  unterordnen ;  dafür  werdet  ihr  andersdti 
zum  entgelt  hervorragend  geehrt'  ich  erkläre  also  Ibia  nicht  ab 
'einzelinteressen  der  bundesglieder',  sondern  als  ^sonderinteresaen 
der  Lakedaimonier  allein*. 


AOroummn:  su  Tliiikydidaib  ISS 

U  11,  7  Ttfia  jap  iv  toic  6M|iaa  ml  £v  ti}p  nopourfaca  6pAv 
irdcxovTdc  ti  äiiOcc  6prfi\  Trpocirfarret  usw.  «ne  Helle  mit  der  niobt 
yiel  anzufangen  ist.  es  fragt  sidi  was  lusammmgeliOrt.  Krfiger 
setzt  ly  Totc  dfyiMaa  für  sich  and  li^t  iy  i^  iropourtica  öpAv 
Trdcxovxac  xusammen;  dann  moss  er  flbersetMn:  *beim  anblicke 
nnd  wenn  sie  eben  ungewohntes  erdulden  sehen'  —  nnd  da  ist  das 
^beim  anblicke'  gewis  sehr  flberflttssig  und  stOrend.  Olassen  nimt 
iy  TOic  öik^acx  und  iy  rtp  itapaurixa  opdv  als  gleichwertige  nihere 
bestimmungen  zu  ndqcovTOC  und  muss  in  folge  dessen  diesen  acca« 
sati?  mit  irdci  zu  rereinen  suchen,  er  fllhrt  Ar  die  mSgliohksft  die- 
ses Casuswechsels  an  I  53, 1  IboEcv  aÖTOic  dvbpcec . .  ^ßißdcavtac 
• .  iTpöcn^fii|iai;  dann  I  72,  1  ibcHy  ainoic  itapiTnrte  •  •  clvcu  .  • 
diroXoTTicoM^vouc  und  U  7,  2  toic  rdiceivtuv  filofii^oic  voOc  £ii€- 
TdxOncav  iTOi€icOai . .  ical  äpTäpiov  ^n^v  ^i^dZctv,  td  t*  dXXsi 
f|Cux(Ü[ovTac  usw.  indessen  diese  steliea  seheinen  mir  der  nnsrigen 
doch  nicht  analog  zu  sein,  denn  der  ungewöhnliche  aoeusatir  lehnt 
sich  in  ihnen  an  einen  infinitiv  an  nnd  hatdadnrch  seine  berechtigung. 
Thuk.  hat  allerdings  stellen,  wo  ein  auffidlender  easas Wechsel  an* 
zweifelhaft  ist,  zb.  I  62,  8  (wo  sieh  auf  toö  'Apicr^uK  nachher  Jxovn 
bezieht);  aber  auch  so  scheint  es  mir  an  unserer  steUe  sdir  sehwierig 
einen  solchen  casuswechsel  anzunehmen,  weil  nemlieh  das  Terbaoni 
TTpocmiTTeiv,  das  in  der  bedeutung  ^zustoszen,  bei&llen'  nur  dem 
datiY  bei  sich  hat,  hier  am  ende  des  satzee  und  ^rst  nach  irdq(OVtllC 
steht,  also  dem  autor  bei  diesem  acousativ  nicht  aus  dem  sinne  ge^ 
kommen  sein  kann,  es  bleibt  jetzt  noch  die  ansieht  flbrig,  die 
Böhme  vertritt,  iy  Toic  dmyiaci  und  iy  v^  Trapaurixa  als  gleich- 
wertige nähere  bestimmungen  zu  öpav  za  nehmen,  es  ist  dann  zu 
erklären:  ^denn  alle  werden  zornig,  wenn  sie  yor  ihren  äugen  und 
auf  frischer  that  leiden  sehen' ;  zu  TrdcxovTOC  ergänzt  man  aus  dem 
sinne  leicht  *ihre  eignen  landsleute'.  hier  wäre  höchstens  öpdv  als 
epexegetischer  infinitiv  etwas  hart,  wie  Poppe  wenigstens  will,  die 
stelle  mag  wol  verdorben  sein,  und  der  fehler  wird  in  iy  toic  i^^cia 
liegen,   vielleicht  ist  dasselbe  eine  randbemerkung  und  zu  streichen. 

II  42,  2  boK€i  bi  Moi  biiXoOv  dvbp6c  dperfiv  irpum)  t€  ia\Yü' 
ouca  Kai  TeXeuiaia  ß^ßaioOca  i\  vOv  Twvbe  Korocrpoq)/!.  die  stelle 
wird  fast  allgemein  so  erklärt,  dasz  irpumi  Kflrracrpoq)!)  eine  erste 
waffenthat  junger  männer  bezeichne  und  TcXeirraia  KaTacTpoq>ii  eine 
letzte  von  greisen,  dem  scheint  mir  aber  doch  der  Zusammenhang 
der  ganzen  stelle  sehr  zu  widersprechen,  vorher  geht  der  gedenke, 
dasz  bei  den  gefallenen  ihre  rede  und  ihre  hanidlungsweise  sich  genau 
decken,  demgemäsz  ftigt  sich  nun  am  passendsten  üi:  ^diejenige 
tapferkeit  scheint  mir  die  wahre,  mannes würdige  zu  sein,  welche 
jemand  zuerst  in  seinen  werten  und  seiner  handlungiweise  docu» 
montiert  und  zuletzt,  wenn  es  darauf  ankommt,  auch  durch  den  tod 
besiegelt  denn  auch  der  schlachtentod  allein,  ohne  vorheriges  mänii* 
lich-untadelliches  handeln  ist  schön  und  sühnt  viele  vergeben;  aber 
bei  diesen  toten  trifft  eben  beides  zu.'  gegen  das  ende  des  cap.  wird 


524  AGroBRinanii :  zu  Thukydides. 

die  gegenüberstellung  der  rede  und  des  handelns  noch  einmal  aaf- 
genommen:  TÖ  ^^v  aicxpöv  ToO  XÖTOU  fq)\rrov,  tö  b'  fprov  uw. 
80  passt  alles  sehr  schön  zusammen,  bei  jener  erklärong  aber  be- 
greift man  erstens  nicht ,  warum  bei  jungen  männem  der  tod  nicht 
eben  so  gut  die  tapferkeit  besiegelt  als  bei  alten ;  femer  konunt  die 
Unterscheidung  junger  und  alter  krieger  im  folgenden  mit  keiner 
Silbe  wieder  vor,  und  das  T&XXa  im  nächsten  satie  ist  nicht  gleich 
verständlich,  es  ist  nun  allerdings  schwer  diesen  sinn  mit  der  form 
zu  vereinen;  aber  er  scheint  mir  unumgänglich  zu  sein,  ich  meine 
(mit  Krahner),  KaTacTpoq>ri  ist  per  zeugma  zu  den  beiden  partidpien 
gesetzt,  seine  eigentliche  bedeutung  *tod'  hat  es  nur  bei  dem  ihm 
zunächst  stehenden  ßeßmoOca,  dagegen  bei  )yii)VU0uca  ist  mehr  an 
die  letzte  zeit  vor  dem  tode  zu  denken,  danach  wären  dann  die  ad- 
jectiva  TTpiÜTT]  und  TcXeuraia  zu  verstehen  als  ^die  wendung  ihres 
lebens  im  anfang  und  am  Schlüsse'.  Krttger  findet  diese  erkllm^g 
unmöglich ;  er  sagt  leider  nicht,  aus  welchen  gründen. 

11  42,  4  Kai  bi'  iXaxicTou  KaipoO  Tuxnc  &Ma  dicfid  ji\c  bibf 
fifiXXov  f\  ToO  b^ouc  dniiXXdTTicav.  Krüger  läszt  die  stelle  unerklärt; 
Classen  sagt:  ^da  ihre  seele  nicht  von  furcht,  sondern  im  höchsten 
masze  yon  dem  gedanken  des  zu  erringenden  ruhmes  erfüllt  war*; 
dKfüiiQ  soll  dabei  seine  volle  bedeutung  nur  für  bö^n^  haben,  diee« 
letztere  scheint  mir  hier  hart  zu  sein;  auszerdem  aber  sollte  der 
redner  nach  allem  was  vorhergegangen  ist  von  furcht  gar  nicht 
reden :  er  schwächt  den  eindruck  des  von  der  heldenhaftigkeit  der 
toten  gesagten  damit  nur  ab.  femer  ist  es  wol  auch  zu  gesncht, 
böEa  mit  ^gedanke  an  den  mhm'  zu  übersetzen,  andere  fassen  biSfl 
als  'ho£fnung' ;  das  würde  denselben  zweifeln  verfallen,  ich  verstehe 
die  stelle  so :  'ihr  Schicksal  vollzog  sich  schnell ;  sie  starben  dahin' 
—  und  nun  als  apposition  zu  dem  ganzen  gedanken :  fifia  dx^jj  Tfjc 
b6lr\c  usw.:  ^(und  ihr  tod  ist  damit)  die  spitze  des  rahmes  mehr  sli 
des  Schreckens',  welchen  nemlich  die  hörer  Über  das  jähe  ende  der 
ihrigen  empfinden  müssen. 

II  89,  5  füiiP)  M^XXovTdc  Ti  ä£iov  toO  napa  iroXu  irpoSeiv  dv- 
6icTac8ai  v^xäc.  es  handelt  sich  um  das  napd  ttoXii.  Poppe  eigänzt 
dazu  TTpdcceiv,  'aliquid  dignum  singulari  vel  eximia  agendi  ratioat*; 
das  wäre  doch  nur  eine  sehr  breite  Umschreibung  für  dEiuic.  Krüger 
ergänzt  veviKiiK^vai  und  denkt  an  den  ersten  sieg  der  AtheMr. 
Classen  erklärt  ^etwas,  was  der  bei  weitem  kleinern  schiffsiahl  (also 
um  so  gröszera  taperkeit)  würdig  ist',  bei  allen  diesen  erkllrnngsa 
ist  doch  der  mangel  nicht  wegzuleugnen,  dasz  man  gerade  das  widi- 
tigste,  was  auch  keineswegs  von  selbst  hinzu  verstanden  werdsB 
kann,  ergänzen  musz.  mir  scheint  die  stelle  in  dieser  fassung  nicht 
gut  erklärbar,  man  braucht  indessen  noch  nicht  mit  Stahl  (jahrb. 
1866  s.  219)  die  worte  toG  Trapd  iroXu  zu  streichen,  sondern  nur 
mit  einer  sehr  geringen  änderung  zu  schreiben  toO  TrapdirXoik 
dann  bedeutet  die  stelle:  'sie  glauben  wol  nicht  dasz  ihr  eudi  mit 
euren  wenigen  schiffen  ihnen  entgegengestellt  hättet,  wenn  ihr  nicht 


JRichter:  zu  lL$aophoBM  HeUenika  [1  ^  i].  625 

auch  etwas  solchem  mute  entsprechendes  leisten  wolltet'  dh.  ge- 
nauer: etwas  was  eure  heranfahrt  an  die  peloponnesische  flotte  recht- 
fertigt, man  vgl.  nemlich  86, 1  o\  TTeXoirovvyictot .  •  irap^irXcuccrv 
tc  TTdvGpfiGv  TÖv  'AxaiKÖv  . . .  irap^irXcucc  b^  xal  6  <t>opM(uiv  ItA 
TÖ  'Piov  TÖ  MoXuKpiK6v.  die  versehreibong  noiid  iroXu  ist  leidit 
aus  der  erinnerung  an  das  kniz  vorhergehende  f|ca)06rTCC  irayd 
TToXu  zu  erklftren,  wenn  sie  überhaapt  einer  erldftning  bedarf. 
Neumark  in  Westprbuszbii.  Adolv  ChuMiaiiAiiv. 

71. 

Zu  XEN0PH0N8  HELLENIKA. 


I  6f  4  dürfte  der  ursprüngliche  wortlaat  wol  folgender  gewi 
sein :  KorafiaOdiv  bi  örrö  nSiv  Aucdvbpou  qrfXmv  KaiacTaaat6|K> 
voc,  DU  fiövov  äirpoMfiujc  ömipCTodvTuiv,  dXXA  Kfld  btadpooOvtunr 
ly  TQic  TTÖXeciv ,  8ti  Aouccbai^övioi  ^ixicta  irapoiriirrotev  ^v  t^^ 
biaXXdTT€iv  Touc  vaudpxouc,  iroXXdxic  ävr'  imnibciuiv  rcvofi^wiv 
Kai  dvri  SuvUvtujv  Td  vauriKd  Kod  dvdpi&iroic  die  %pqctiov  tttvio- 
CKÖvTuiv  dneipouc  OaXdccnc  n^Mirovrcc  Kttl  drvi&Tac  rote  ixci,  ictv- 
buvۆoi^v  T^  Ti  noOeiv  bid  toOto  usw.  das  richtige  haben  hieor, 
xum  teil  wenigstens,  schon  Jaoobs  addil  animadT.  ad  Athen«  t«  21, 
JOSchneider  und  LDindorf  gesehen,  indessen  erfinenen  sich  bialMr 
ihre  conjecturen  bzw.  correcturen  wegen  ihrer  nnYolktl&digkeit 
und  Unzulänglichkeit  eines  weit  geringem  beifalls  als  folgende  er- 
klftrung  unserer  stelle  in  ihrer  ttberlieferang  dv€mT?|b€{iuv  fitvo- 
^evuiv  Kai  dpTi  Suvi^vtujv  von  seiten  CPeters  comm.  crit.  s.  28  f. : 
^Lacedaemonios  maximopere  decipi  classis  praefectos  saepe  oomma- 
tando  sie,  ut  creontur  (TiTVOfi^vuiv)  qui  minus  idonei  sint  et  rem 
militarem  modo  recens  perdiscant  et  hominibus  quomodo  utendnm 
sit  nesciant,  ita  igitur  (dTreipouc  brj)  quod  mittant  rei  maritimae 
imperitos  et  eis  qui  illic  sint  ignotos,  eos  periculum  addncere ,  ne 
idcirco  aliquid  detrimenti  capiant.'  diese  erUftrung  Peters  begleitet 
Büchsenschatz  in  seiner  3n  ausgäbe  der  Hellenika  s.  89  ganz  sn* 
treffend  mit  den  skeptischen  bemerkongen :  ^dabei  ist  das  von  den 
hss.  nicht  verbürgte  bf)  hinter  dneipouc  erhalten ;  ausserdem  mOohie 
TiTVCcOai  ohne  nähere  bestimmung  schwerlich  die  bedeutnng  cge* 
wählt  werden»  haben,  bia  toCto  erscheint  als  lästig  und  beide  glie- 
der  der  periode  drücken  eigentlich  genau  dasselbe  ans.  eine  nach 
allen  seiten  genügende  erklärung  wird  der  überlieferte  text  wol  nioht 
gebtatten.'  dagegen  gestattet  der  eingangs  gemachte  Vorschlag  aller- 
dings eine  nach  allen  seiten  genügende  erklämng,  ohne  in  gramma- 
tischer oder  lexilogischer  beziehung  irgendwie  anstflesig  zn  sein. 
auch  erscheint  darin  die  abweichung  von  der  Überlieferung  formell 
nicht  gerade  erheblich,  und  sie  wird  noch  unerheblicher ,  wenn  man 
sich  in  berücksichtigung  der  genetivi  abeoluti  bei  Thok.  I  2,  2  oder 
1 .3,  2  ua.  entschlieszen  kann  ou  vor  xrTVuiCKÖVTuiv  stehen  zu  lassen, 

Nakbl.  Johammu  Riobtbb« 


526  KJLiebbold:  zu  PlatonB  PhileboB. 

72. 

ZU  PLATONS  PHILEBOS. 


14^  KoraTie^vTec  bi  elc  tö  m^cov  toXmijüm€v,  fiv  ing  dX'crxo- 
liivw  MnvOcujci,  it6t€pov  f)boviP)v  TdraGov  b€i  X^t^iv  t{  q>pövi|civ 
usw.  Madvig  adv.  er.  1 391  meint,  dasz  hinter  ToX)iu»^€V  ein  Infini- 
tiv ausgefallen  sei  und  dasz  sich  diejenigen  erkl&rer,  welche  den  flb6^ 
lieferten  text  verteidigten ,  vergebens  abmühten,  er  schlKgt  vor  n 
schreiben  ToX|LiOj^ev  |Li€Tt^vaif  dv  irr)  usw.  sollte  es  nicht  empfeh- 
lenswerter sein  TToX6fiulfi€V  xu  schreiben,  da  das  verbom  ttoXc- 
^€iv  häufig  genug  von  Streitigkeiten  über  wissenschaftliche  gegen- 
stände gebraucht  wird? 

18»*»   fiCTTCp  T^  ^V  ÖTIOÖV  €1  TIC  TTOTC  XdßOt,    TOUTOV,    Ac 

q>afi€V;  ouK  in*  dircipou  q)uciv  bei  ßX^Treiv  eüOuc  äXX*  ini  tiv' 
dpiOfiöv,  ouTUj  KQi  TouvavTiov  ÖTQV  TIC  TO  fiTTCipov  ävcTTKacSQ 
irparrov  Xo^ißdveiv,  fif|  ^m  tö  tv  euOuc  dXX'  In*  dptO>AÖv  ad  TivA 
7iXf]6oc  ^KacTov  fxovTtt  Ti  KcrravoeTv,  TeXeirrav  t6  ^k  Trdvruiv  ck 
£v.  anstatt  KorravocTv,  welches  hier  Schwierigkeiten  bereitet  w^goi 
der  construction  mit  im,  hatte  Stallbaum,  bevor  er  sich  für  den  fibir- 
lieferten  text  entschied,  xaTavuciv  (sc.  öböv)  vorgeschlagen,  ata« 
weder  dieser  verschlag  noch  die  von  Madvig  frei  gegebene  waU 
zwischen  KaTavOeiv  oder  KcrraOeiv  ist  annehmbar.  kOnnte  man  dodi 
mit  demselben  rechte  noch  andere  verba,  zb.  KaTaq)UT€iV  als  wahr- 
scheinlich hinstellen,  aber  da  das  verbum  xaTavociv  von  Piaton  so 
oft  von  der  scharfsinnigen  verstandesthätigkeit  gebraucht  wird,  ib. 
Phil.  40«.  48  \  Soph.  227  ^  264  ^  und  es  an  dieser  stelle  sn  den 
vorangehenden  ßX^irciv  eine  deutliche  Steigerung  enthält,  so  dürfte 
man  mit  der  annähme,  dasz  durch  die  gedankenlosigkeit  irgend  ein« 
abschreibers  die  präp.  ^Tri  aus  der  vorangehenden  construction  noch 
einmal  in  den  text  gerathen  und  zu  entfernen  sei,  dem  sprachgebnsd 
des  Philosophen  am  nächsten  kommen,  demnach  wäre  zn  lesen  dXX' 
dpiOfiöv  ai  Ttvd  TTXf)6oc  Skqctov  ^xovrd  ti  KaTavo€iv  new. 

34«  billig  fi  TTOU  X^TOM^v  ^KdcTOT^  ti;  diese  werte  enthalt« 
für  die  erklärung  unbestrittene  Schwierigkeiten  und  dürften,  «o  wie 
sie  überliefert  sind,  kaum  einen  erträglichen  sinn  geben,  dägßgm 
gewinnt  man  durch  die  fast  unscheinbare  änderung  von  irou  in  TOU 
und  von  ti  in  Tic,  so  dasz  die  werte  lauten  bii|;^  t^  tou,  X^yOMCVi 
^KQCTOT^  TIC  >B  *man  dürstet,  pflegen  wir  zu  sagen,  jedesmal  na4di 
irgend  etwas',  einen  klaren  gedanken.  die  wahrscheiiüichkeit  dieier 
Vermutung  wird  noch  gesteigert  durch  die  construction  der  bald  da- 
nach folgenden  worte  35^  dXXd  )yif|v  6  t'  ^ttiOu^iIiv  Ttv6c  £m0u|ytcli 
qxxM^v. 

41 «  TIC  toOtujv  npöc  dXXr|Xac  ficiZuiv  xal  Tic  dXdrruiv  Kcd  tk 
fiäXXov  Kai  TIC  cq>obpoT€pa.  Madvig  ao.  s.  393  bemerkt  zn  der  stelle: 
'neque  per  se  dici  posse  Tic  fyiaXXov,  ubi  de  duobus,  nter  maior  sit| 
quaeratur,  neque  in  hac   cum  reliquis  adiectivorum  comparatiTii 


K JLiebhold :  in  Flatoat  Plulcliot.  fiS7 


ooniunetione,  manifestum  est.  ridetnr  foisse:  Kid  t{c  MO^UlKunipa 
ant  öfioXurr^pa.'  Stallbaom  beruft  sieh  auf  seiae  interpiretaiiaii 
zu  Phaidon  93^  und  meint  dasz  ^AXXov  auch  hier  su  flbersetieB 
sei  'in  höherem  grade',  dagegen  teile  ieh  den  anetoss  den  SoUeier- 
macher  an  der  stelle  nahm,  und  Terrnnte  mit  ihm  daes  hinter  ^äXXov 
ein  adjectivum  ausgefallen  sei,  füge  aber  lu  der  aUgemeinen  Söhleier- 
macherschen  Vermutung  noch  die  spadelle  hiniu,  daat  dieses  a4jMti* 
yum  wegen  der  ähnlichkeit  der  scfariftxCtgeund  wegen  des  wflneeheaa* 
werten  gegensatzes  wol  kein  anderes  als  dwXf)  gewesen  sein  kaan, 
so  dasz  die  worte  lauten  würden  Kai  Tic  MdXXov  AirX^  ml  Tic  cqia- 
öpoT^pa.  an  einer  spätem  stelle  (61  ^)  lOet  sieh  die  aufgäbe  leiditer, 
insofern  dort  dnXf)  nicht  zu  eigllnzen ,  sondern  nur  ans  dem  flher- 
lieferten  äXXr|  wiederherzustellen  ist,  so  dass  der  text  folgende  ge- 
etalt  annimt :  f)v  ()^iv  f)bovt^  T€  dXt)Oi&c,  die  olÖMCOo,  MffilXov  ^^pac 
äirXfj  Kai  bfi  Kai  t^x^  t^XVIK  dKptßecripa;  dasz  endlich  MfiXXov 
mit  einem  dazu  gehörigen  poaitiT  die  oomparation  bestimmter  und 
eindringlicher  erscheinen  Ittszt,  ergibt  sieh  nnter  anderm  ans  66^ 
2p'  ouvou  T^rapra,  &  Tf)c  miux^c  oörflc  ^Ocmcv,  imcTi^Mac  tc  Kcd 
T^vac  Kai  bö£ac  öpOäc  XexBekac,  toOt'  cTvat  tA  irpöc  toSc  rpicl 
T^Topra,  €i7T€p  ToO  draOoO  t^  icn  MfiXXov  t^  fibovftc  EuTTCvf); 

45*  dp*  oöv  al  irpöxcipoi,  cdfircp  Kai  iiijKtm  tÄv  f|&ovi&v,  8 
X^TOficv  iToXXdKic ,  al  iicpl  tö  cdt^d  cictv  ofirai ;  Madtig  ao.  Ter- 
mutet  €{Tr€p  fOr  aYtrcp.  wahrscheinlicher  ist  es,  dass  Piaton  mit 
weglassung  von  ö  geschrieben  habe  dcirep  Kod  ^cxicTac  vSUv 
f|bovaiv  X^TOMCV. 

47''  TT€pi  bi  Tuiv  iv  Miux4,  cui^ait  jdvavTta  EupßdXXcTai, 
XOnnv  T€  &Ma  irpöc  f)bovf|v  Kai  f)bovf|v  wpöc  XOtttiv,  &ct^  de  piav 
dMq>ÖT€pa  xpäciv  t^vai,  xaCrra  f^irpoc0e  m^v  bii^XOoMCV,  dK  öird- 
Tav  aC  Kcvuiiai  irXiipiüceuiC  imOuMcl,  Kai  iXiriZuiv  iiiv  X^^U^^h 
K€VOÜ^€voc  b€  dXT€i,  tauTa  bi,  rdtk  m^v  oök  ^apTupd)yuda  usw. 
Buttmanu  vermutete  £v  HfuxQ  Kai  Cib^QJiy  Sray  ^uxi\  ct6^aTl  Tdvav- 
Tia  EuMßdXXrijai ,  Winckehnann  irepl  hk  tuiv  &  i|iux^  cuMian  .  • 
EuMßdXXcTQi  oder  ircpl  bi  iwv  dv  . .  JEufißdXXiyroi,  StaJlbanm  ircpl 
b€  TUIV  iv  Miuxq  Kai  cubfiaTi,  Stc  Tdvcnrria  £u^ßdXX€Tat,  Madvig 
n€pi  bk  Turv,  ei  miux^P)  cui^aTi  rdvcnnia  EupßdXXcrot.  dagegen 
glaube  ich  dasz  die  ftnderung  in  wepl  bk  Tt&v  ^v  MnixQi  ^  clilkoen 
TdvavTia  fu^ßdXXriTai  die  geringste  umwftlzung  des  überlieferten 
mit  sich  bringen  würde. 

50  "*  vöv  ouv  X^Tc,  iTÖTcpa  i(plr\c  fie  f\  fi^cac  woiificcic  vöktck  ; 
elTTÜbv  bk  c|LiiKpd  or^ai  cou  TCuEcctoi  ^eOeivai  fi€.  wenn  man  dem 
attischen  Sprachgebrauch  gerecht  werden  will,  so  wird  man  nicht  um- 
hin können  zu  schreiben  olfiai  irapd  cou  T€u£€c6ai  ^cOeivaiMC,  um 
damit  den  sinn  zu  treffen,  den  Äst  lex.  Plat.  udw.  durch  seine  rieh* 
tige  Übersetzung  'fore  ut  a  te  impetrem'  wiedergibt,  die  verglei- 
chuDg  mit  Hippias  maior  291*  dXXd  ydp  ToO  dvbpöc  oö  TUTX^^- 
pev  ist  auch  nicht  schlagend,  wie  die  Übersetzung  von  Ast  Wiri  sen- 
tentiam  non  assequimur'  ebenflEdls  beweist,  abgesehen  davon  dass 


528  KJLiebbold:  zu  Platons  Philebos. 

eine  ergäozung  von  irapd  wegen  des  vorhergehenden  T<ip  in  dionr 
stelle  auf  noch  geringere  formelle  hindemisse  stoszen  wflrde. 

64«  ovbk  y&p  Kpäcic,  dXXd  Tic  äKparoc  EuMir€q>opiiM^VT|  dXq- 
6wc  f)  ToiaäTTi  TiTV€Tai  ^KdcTore  övtujc  toic  xeicrnM^voic  EuM<pop&. 
es  ist  wol  anzunehmen  dasz  £ufiTT€q>upfi^VT)  im  tezt  gentaadoB 
habe ,  weil  dieses  verbum  an  früheren  stellen  des  Philebos «  nemlieh 
15 « und  51  *  bereits  gebraucht  und  auch  in  andern  dialogen,  xb.  Phai- 
don  66  ^  Sujc  &v  .  .  EuMTT€q>upfi^vr|  fj  f))yiüjv  i\  i|iux^  \x^Tä  ToO  TOiou- 
TOU  KaKOÖ  nicht  ungewöhnlich  ist.  dasz  aber  Kpacic  ein  misohongt- 
verhältnis  bezeichnet,  welches  sich  zu  einer  geordneten  einheit  iwd 
harmonie  gestaltet  im  gegensatz  zu  einer  verwirrten  anhSafiiiig  nod 
chaotischen  massenvereinigung,  ergibt  sich  unter  anderm  aiu  Phai- 
don  86'».  111  •*.  Phüeboa  47  <=  und  Sjmp.  188*. 

65  "*  oTfiai  Tdp  f)bovf)c  ^kv  kqI  nepixapciac  oub^v  n&v  Avrunr 
iTeq)UKÖc  dfi€TpÖT€pov  eüpeiv  dv  Tiva,  voO  bk  xal  £mcnfj^f|c  ^fifie- 
TpÖTepov  oub*  dv  £v  itot€.  in  dieser  stelle  dürfte  ir€q>uic6c  ab 
müsziger  zusatz  eines  glossators  anzusehen  und  deshalb  in  mt- 
fernen  sein. 

66  ^ :  nach  der  aufzählung  der  vier  voraufgehenden  stufen  in  dtf 
auch  von  Stallbaum  proleg.  ad  Phil.  s.  80  f.  und  Zeller  phil,  d.  Qr.  11 
s.  559  ff.  behandelten  sog.  gütertafel,  nemlieh  jüi^Tpov,  CUJU^lCTp0V| 
voOc  Kai  q>pöviicic,  dTTicrfifiai  t€  kqI  T^xvai  xal  böEm  öpOai,  kornnt 
der  Philosoph  endlich  zu  der  fünften,  zu  den  f)bova\  Ka6opa{  in  M- 
genden  werten:  Treniirrac  Toivuv,  de  f|bovdc  fOcfiev  . .  KoOapdc^RD- 
vo^dcavT€c  TTic  ipuxnc  auTfic  [£iTicTiifiac],  tqTc  bk  a(cOif|C€av  £m>- 
fi^vac ;  zuerst  hat  Schleiermacher  an  diriCTrJiAOC  anstoss  genommei 
und  Stallbaum  es  ohne  bedenken  aus  dem  tezt  entfernt,  wihreii 
Trendelenburg  ^de  Plat.  Philebi  consilio'  s.  26  folgende  ftndmm 
vorschlägt:  KaOapdc  dTTOvofidcavTec  rfic  Miuxf)c  €EÖTf)c,  rak  U 
akOr|C€civ  kqi  dmcr/jinac  ^Tro^dvac,  womit  schlechterdings  nieUi 
anzufangen  ist.  dasz  zur  abrundung  des  gedankens  ein  wort,  im 
zugleich  einen  der  f)bovii  übergeordneten  begriff  bezeichnet,  tM^ 
fühlt  man  heraus  und  kommt  ungezwungen  auf  die  vermutnng,  dM 
hinter  inofiivac  das  wort  öpfidc  zu  ergänzen  sei,  ein  begnff  dM 
der  Philosoph  auch  sonst  bei  dem  thema  des  vorliegenden  dialogi 
nicht  entbehren  konnte ,  wie  sich  ergibt  aus  35 '  Miuxf)c  EuuiraaDf 
Tr)v  T€  6pixi\v  Kai  dmOufiiav  und  57**  al  (r^xvat)  ircpl  iriv  tAv 
ÖVTUiC  q)iXocoq)ouvTUJV  öpMrjv. 

BUDOLSTADT.  KSlRL  JuLIUS  LiBBHOLD. 


GG  ilbert :  erste  u.  zweite  lesuDg  in  d.  athenischan  Tolksvenamlniig.  529 

.  73. 

£RSTE  UND  ZWEITE  LESUNG  IN  DER  ATHENISCHEN 

V0LK8VEB8AMLUNG. 

zweiter  artil^el. 


Auf  meine  in  diesen  jahrb.  1879  s.  225  ff.  abgedrocktaa  ba* 
merkungen  über  die  von  WHartel  in  leinon  'StemoetheniBoboft 
Studien'  und  in  seinen  'studien  Qber  attisches  Staatsrecht  und  or- 
kundenwesen'  vorgetragene  hjpothase  einer  doppelten  lesung  indar 
athenischen  volksversamlung  hat  derselbe  in  im  ^Wiener  Stadien'  I 
s.  269  ff.  geantwortet,  wenn  ich  in  Sachen  besagter  hjrpoihese  hier 
noch  einmal  das  wort  nehme,  so  geschieht  dies  einerseits,  weil  die 
frage  für  unsere  kenntnis  des  etlichen  Staatsrechtes  vcn  so  hoher 
bedeutung  ist,  dasz,  nachdem  Harte!  noch  einmal  fttr  seine  hjrpo- 
these  plädiert  hat,  auch  eine  kurze  entgegnong  meinerseits  berech- 
tigt erscheint  einen  zweiten  persönlichen  grund  ftbr  diese  neue  ent- 
gegnung  will  ich  kurz  erledigen,  ich  erfahre  nemlich  von  Hartel  in 
seiner  erwiderung  s.  282  (s.  auch  s«  290  £.)  die  fttr  mich  aber- 
raschende  thatsache,  dasz  ich  mich  seiner  ez^gese  and  anfEsssang 
der  inschriftlichen  denkmäler,  vielleicht  ohne  es  xa  wollen  und  an 
wissen,  so  genähert  habe,  dasz  die  annähme  einer  ersten  nnd  zwei- 
ten lesung,  einer  vor-  und  schlussverhandlung ,  im  wesentlichen  sa- 
gestanden sei  und  nur  noch  streitig  bleibe,  ob  diese  beiden  verband* 
lungen  und  abstimmungen  in  derselben  oder  in  verschiedenen  ek- 
klesien  stattgefunden  haben,  diese  bemerkung  H.8  kann  sich  nur 
auf  die  von  mir  s.  232  f.  im  anschlusz  an  die  probuleumaUsdie  for- 
mel  gegebene  erörterung  über  den  geschäftsgang  bei  der  einführung 
fremder  gesandten  in  die  ekklesie  beziehen,  wo  ich  annehmen  za 
müssen  glaubte ,  dasz  tlber  die  einzelnen  bestimmnngen  des  probu^ 
leuma  gesondert,  zuerst  tlber  die  einfCLhrung  der  gesandten  über- 
haupt,  abgestimmt  worden  sei.  den  von  H.  daraus  gezogenen  schloas 
halte  ich  für  ebenso  richtig,  als  wenn  einer  ans  dem  umstände,  daas 
in  einer  parlamentarischen  versamlung  über  die  verschiedenen  para* 
graphen  einer  vorläge  gesondert  abgestimmt  wird,  schlieszen  wollte, 
eine  bolche  gesonderte  abstimmung  bedeute  eine  erste  und  zweite 
lesung,  eine  vor-  und  schluszverhandlung. 

Ich  wende  mich  jetzt  zu  der  frage  selbst,  da  H.  in  seiner  sweir 
ten  Schrift  s.  180  aussprach,  dasz  er  für  seine  in  derselben  erweiterte 
hjpothese  in  den  'Demosthenischen  stodien'  den  weg  gebahnt  habe, 
indem  er  für  eine  reihe  parlamentarischer  Verhandlungen  die  beiden 
Stadien  der  ersten  lesung  und  der  schluszverhandlung  nnd  für  das 
erste  Stadium  den  terminus  technicus  TrpoX€ipoTOvia  nachgewiesen 
habe,  muste  es  selbstverständlich  die  hauptauigabe  meiner  erwiderung 
sein ,  den  nach  weis  zu  versuchen ,  dasz  dieser  so  angebahnte  weg  in 
die  irre  führe. 

JahrbOch«r  für  cImi.  philol.  ISSO  hft  S.  ^ 


530    GGilbert:  erste  u.  zweite  lesung  in  d.  athenischen  ToUnTenamlung. 

Was  H.  hierauf  entgegnet,  besteht  zuerst  s.  288  f.  in  einer  neuen 
erklftrung  von  Demosthenes  24,  11  ff.,  wo  er  nicht  mehr  zwei  zeitlich 
getrennte  acte,  die  procheirotonie  und  die  durch  diese  vorbereitete 
hauptverhandlung,  sondern  eine  Schilderung  des  6inen  actes  der  |iro- 
cheirotonie  erkennt,  mit  dieser  neuen  interpretation  scheidet  Äese 
stelle  aus  der  zahl  derjenigen  litterariächen  Zeugnisse,  welche  eine 
erste  und  zweite  lesung  beglaubigen  können,  denn  da  nach  der  neuen 
erklärung  H.s  die  stelle  nur  die  Schilderung  der  durch  die  worte 
Trpoiix€ipOTÖVTiC€V  ö  bfiiioc  angedeuteten  TTpoxcipOTOvia  oithaltn 
soll,  80  hat  dieselbe  offenbar  vom  standpuncte  H.s  nur  noch  d6n  wert, 
dasz  sie  uns  die  form  dieser  TTp0X€ip0T0via  kennen  lehrt,  fi&r  den- 
jenigen dagegen,  dem  die  von  H.  gegebene  definition  der  procheiro- 
tonie, für  deren  richtigkeit  er  in  seiner  erwiderung  keine  neaen  eiga- 
mente  beigebracht  hat ,  nicht  erwiesen  zu  sein  scheint,  hOrt,  wie  ge- 
sagt, die  Demosthenische  stelle  auf  ein  selbständiges  zeugnis  für  eise 
doppelte  lesung  zu  repräsentieren. 

Weiter  erörtert  H.  in  seiner  erwiderung  s.  289  f.  noch  einmil 
die  stelle  des  Aischines  g.  Tim.  §  23.  bei  meiner  an  die  bei  Harpo- 
kration  überlieferte  definition  der  Trpox€ipOTOvia  sich  anschiiessei- 
den  interpretation  der  gesetzesstelle  bei  Aischines  würde  sich  nieb 
H.  das  gesetz  und  sein  ausleger  Aischines  der  Verworrenheit  xai 
Unklarheit  schuldig  machen,  er  begründet  das  durch  die  firage:  wu 
aber,  wenn  das  volk  —  nemlich  durch  die  procheirotonie  in  der  bei 
Harp.  gegebenen  bedeutung  —  keine  debatte  verlangt?  war  dann 
mit  der  procheirotonie  die  sache  abgethan?  das  war  sie  nach  Harp. 
unzweifelhaft :  denn  wenn  nach  Verlesung  des  probulenma  die  volltt- 
versamlung  auf  die  anfrage,  ob  das  volk  über  dasselbe  eine  berathnqg 
anstellen  wolle  oder  ob  das  probuleuma  genüge ,  dh.  angenonunai 
werden  solle,  sich  für  die  letztere  alternative  entschied,  so  wardis 
Sache  damit  selbstverständlich  abgethan.  warum  in  dem  gesetie  nur 
von  einer  TTpox€ipOTovia  ircpl  Tepoiv  xai  öciujv  Kai  lafipuEt  zd 
iTp€C߀iaic  die  rede  war,  habe  ich  in  dem  frühem  aufsatu  s.  i40 
angegeben.  H.  interpretiert  das  gesetz  folgendermaszen :  *die  erste 
stelle  haben  nach  der  bestimmung  des  gesetzes  die  antrftge  des  rathn 
und  zwar  die  religiösen  vor  den  andern,  hierauf  ist  es  jedem  ait- 
glied  der  ekklesie  gestattet  sich  zum  worte  zu  melden ,  dh.  aatrf|t 
einzubringen ,  die  selbstverständlich  mit  dem  beschlosz  Tf|v  ßOuX^V 
(iTpoßouXeOcacav)  dHevefKcTv  an  den  rath  geleitet  werden,  um  in 
einer  nächsten  ekklesie  verhandelt  zu  werden.'  ich  erwidere  hieraafi 
dasz  nach  den  werten  des  gesetzes  das  iTpox€ipOTOV€iv  ebenao  wie 
die  religiösen  eröffhungsceremonien  und  der  fluch  des  heroldee  nur 
6inen  act  in  dem  verlaufe  der  ekklesie  bezeichnet,  wfthrend,  wenn 
hier,  wie  H.  meint,  eine  Schilderung  des  Verlaufes  der  irpoxopo- 
Tovia,  dh.  der  ersten  lesung,  gegeben  würde,  das  irpoxciporovffvali 
das  ganze,  zu  dem  dann  auch  die  eröffnungsceremonien  und  der  flach 
des  heroldes  zu  rechnen  wären,  hätte  hingestellt  werden  mtteeen«  ob 
den  in  wörtlicher  Übersetzung  folgendermaszen  lautenden  wortsn 


OOilbert :  erste  u.  zweite  leiung  in  d.  athenitehen  yoUaTenamlinig.   531 

des  Aischines  'die  pro^droi  sollen  über  religiöse  und  answftriige  an- 
gelegenheiten  die  procheirotonie  Tomebmen,  und  dann  fragt  der 
berold:  wer  will  reden?'  durch  die  oben  dtierte  Interpretation  H.8 
weniger  gewalt  angetban  ist  als  durch  die  meinige,  flberlasse  ich  ver- 
trauensvoll  der  entscbeidung  anderer. 

Der  weitere  schlusz  H.s,  dasx  es  sich  in  der  stelle  des  Aisdiinee 
um  eine  rangfolge  der  antrftge  handle,  und  zwar  so  dasz  die  reli- 
giösen allen  andern  v oraufgiengen ,  ergibt  sich  aus  den  Worten  des 
Aischines  nicht,  notwendig  wfirde  dieser  schlusz  nur  sein,  wenn 
irpoxeipOTOveiv  dieselbe  bedeutung  wie  Trpoxf>i1M<XTC€tv  hfttte,  wo- 
gegen sich  aber  H.  (studien  s.  177)  selbst  erklärt,  deshalb  habe  ich 
auch  die  inschriftliche  bestimmung ,  durch  welche  die  einfOhrung  in 
die  ekklesie  einzelnen  personen  angesetzt  wird  Trpt&TOtc  M€T&  Td 
kpä  oder  iy  kpoic  (s.  Studien  s.  173  ff.) ,  auf  die  religiösen  erOff- 
nungsceremonien  der  ekklesie  beziehen  zu  mttssen  geglaubt,  diese 
beziehung  bedarf  für  den  erstem  ausdruck  keiner  begrfindung;  ftlr 
die  Worte  ty  Icpoic  ist  zu  bemerken,  dasz  dieselben  in  der  probulen- 
matischen  formel  eigentlich  nur  zu  TTpocafOTCtv  gehören,  wie  sich 
CIA.  n  325  (s.  auch  11  593.  605)  diese  Verbindung  noch  findet,  dass 
sie  aber  spftter,  als  sie  formelhafte  bedeutung  bekommen  hatten,  auch 
mit  xpTiMorricai  yerbunden  werden,  dasz  unter  iy  Icpotc  niidit  die  reli- 
giösen berathungsgegenstfinde  der  ekklerie  Terstanden  werden  können, 
scheint  sich  mir  aus  den  angaben,  was  nach  CIA.  11 593.  605  iy  kpotc 
geschehen  soll  oder  geschehen  ist,  mit  bestimmtheit  zu  ergeben. 

Gegenüber  meiner  ausführung  hinsichtlich  der  Verhandlungen 
über  den  frieden  des  j.  346  bemerkt  H.  (s.  293  f.),  dasz  der  auf  an- 
trag  des  Demosthenes  gefaszte  beschlusz,  die  ekklesien  für  die 
iriedens Verhandlungen  auf  den  18n  und  19n  Elaphebolion  anzu- 
setzen, auch  für  die  zulassimg  der  gesandten  in  der  ersten  jener 
beiden  ekklesien  unerläszlich  gewesen  sei ,  und  begründet  dieses  da- 
mit, dasz  nach  Dem.  18,  28  in  dem  antrag  des  Demosthenes  auch 
die  einführung  der  gesandten  beantragt  sei.  aber  nach  den  von  Dem. 
18,  28  gebrauchten  worten  dXXd  ri  ^XP^v  fi€  noteiv;  fifj  irpocätciv 
TpdH'ai  Touc  im  toö8*  T^KOvrac,  Kv*  öpTv  bioXcxOuictv;  dh.  'aber 
was  hätte  ich  thun  sollen?  den  antrag  stellen  die  gesandten  nicht 
einzuführen,  die  zu  dem  zwecke  gekommen  waren,  um  mit  euch 
zu  verhandeln  ?'  musz  der  vorher  durch  die  werte  el  bk  ßouXcOuiV 
^T^  TTpocdTCiv  TOUC  TTp^cßcic  ^MHV  b€iv,  toCtö  lüiou  biaßdXXei  um- 
schriebene antrag  des  Demosthenes  erst  nach  ankunft  der  gesandten 
gestellt  sein  und  kann  deshalb  mit  demjenigen  antrag ,  der  die  zwei 
ekklesien  bestimmte,  nicht  identificiert  werden,  wenn  H.  auch  jetzt 
noch  die  von  Demosthenes  beantragte  zweitttgige  Verhandlung  für 
den  gesetzmftszigen  modus  in  solchen  füllen  erklftrt,  so  will  ich  ihn, 
da  Thuk.  5,  45,  wie  mir  scheint,  ohne  grund  vor  seinen  äugen  keine 
gnade  gefunden  hat,  auf  die  Schilderung  einer  ekklesie  bei  Xenophon 
Hell.  7,  1,  1 — 14  verweisen,  wo  es  sich  um  den  abschlusz  einer 
»ymmachie  zwischen  Athen  und  Sparta  handelt. 


532    G Gilbert:  erste  u.  zweite  leaung  in  d.  athenischen  volksvenainlaiig. 

Aber  auch  sonst  lassen  sich  aus  der  litterarischen  überliefenuig 
—  und  das  will  ich  hier  noch  bemerken ,  bevor  ich  zu  den  inschrift« 
liehen  Zeugnissen  Übergehe  —  berichte  über  einzelne  volksyerMm- 
lungen  beibringen,  welche  die  annähme  einer  ersten  und  zweiten 
lesung  absolut  ausschlieszen.  auf  Dem.  21,  162  f.  hat  bereits  Phi- 
lippi  aufmerksam  gemacht  (rhein.  mus.  XXXIV  s.  610),  ich  ftlge 
noch  Thuk.  6,  8.  Xen.  Hell.  6,  5,  33—49.  7,  1,  1—14  hinzu,  frei- 
lich ist  damit  wenig  gewonnen :  denn  die  hjpothese  H.s  kann  nach 
seiner  erwiderung  s.  282  der  litterarischen  Zeugnisse  entrathen,  was 
sie  in  den  ^Studien'  offenbar  noch  nicht  konnte,  und  beruht  vor  allem 
auf  der  exegese  und  auffassung  der  inschriftlichen  denkmftler.  zuerst 
zu  zeigen  hat  sich  dieselbe  bei  der  sog.  probuleumatischen  formel, 
die  in  decreten  mit  der  sanctionierungsformel  f  boSe  T^  ßOuXQ  xal  T^ 
brjfiiu  folgendermaszen  lautet:  £ipTiq)ic6ai  tQ  ßouXq  toOc  irpo^bpouc 
o^i  &v  Xdxuict  iTpO€bp€U6iv  iv  Tuj  brJMHJ  clc  Tf|v  ixpdjTxiv  iiocXricIav 
(irpocataTeiv  töv  beiva  kqi)  xpilM<iTicai ,  TVUüMnv  bi  £u)ißdXX€cOai 
TTic  ßouXf)C  eic  TÖV  bfifiov  ÖTi  bOKcT  T^  ßouXQ  (Varianten  der  fonnel 
bei  U.  Studien  s.  166  ff.),  s.  179  der  ^Studien'  gibt  H.  zu  dasz  fttr 
€lc  Tf)V  TTpuüTTiv  ^KKXiidav  eine  doppelte  bedeutung  möglich  sei,  je 
nachdem  man  die  nächste  ekklesie  von  der  rathssitzung,  in  welcher 
der  antrag  eingebracht  war,  oder  von  der  ekklesie,  in  welcher  dar 
rathsantrag  eingebracht  wurde ,  rechnete,  ich  habe  mich  in  meitter 
frühern  ausführung  der  ersten  bis  auf  H.s  hjpothese  herschendea 
auffassung  angeschlossen  und  die  unveränderte  aufnähme  dei  pro- 
buleuma  in  den  volksbeschlusz  durch  eine  darlegung  der  art  und' 
weise  zu  erklären  gesucht,  wie  man  sich  die  abfassung  der  attiadwn 
Urkunden  zu  denken  habe.  H.  (s.  283)  bemerkt  gegen  diese  dar 
legung,  es  sei  undenkbar,  dasz  der  Schreiber  das  probuleuma  erat 
nachträglich,  dh.  nachdem  der  antrag  im  rathe  angenommen  war,  tat- 
muliert  und  jedes  mit  einem  selbständigen,  auf  die  rathssitzong  bezflg^ 
liehen  praescript  fttr  sich  ausgestattet  und  ausgestellt  habe,  der  daim 
folgenden  Schilderung  der  rathsprotokoUe  stimme  ich  zu,  nur  kannte 
man  mit  beziehung  auf  dieselbe  ebenso  wie  H.  von  meiner  ausflih- 
rung  über  die  abfassung  der  attischen  Urkunden  bemerken ,  daaz  H. 
anzugeben  vergessen  habe ,  wie  er  dieses  erkundet,  was  aber  seinm 
oben  citierten  einwand  betrifft,  so  bezeugt  das  bei  Arist.  TheaaL 
372  ff.  sich  findende  probuleuma,  das  gewis  ein  solches  ist,  wie  idi 
gegen  H.  Studien  s.  229  bemerke,  dasz  bei  der  volksversamlu^g 
ein  ordentlich  formuliertes  probuleuma  mit  einem  selbständigen,  aaf 
die  rathssitzung  bezüglichen  praescript  eingebracht  wurde,  welohia 
denn  doch  wol  der  ratibsschreiber,  dessen  au^abe  es  bekannUicli  war 
ävTiTpaq>a  TroieicOai  (s.  CIA.  II  61),  aus  den  Protokollen  des  rathsi 
formuliert  haben  wird,  dasz  dann  weiter  der  rathsscfareiber  bei  der 
abfassung  des  volksbeschlusses ,  fUr  welchen  ein  probuleuma  mate- 
riellen inhalts  vorlag ,  dieses  benutzt  habe ,  suchte  ich  an  zwei  nr- 
kunden  zu  erweisen,  an  CIA.  I  40  und  II  403. 

Aus  meiner  ausführung  über  die  erste  dieser  urkundea  hat  H. 


GOilbert:  ente  a.  zweite  lesiiDg  in  d.  atheniteben  TolktTenaiBluiig.  S33 

(s.  279  ff.)  als  meine  meinung  folgendes  heraosgelasen :  der  erste  vom 
mir  angeführte  teil  der  Urkunde  sei  in  der  CMsnng  stehen  gebliebeSi 
die  er  ursprünglich  als  probolenma  gehabt  habe,  die  beiden  andern 
teile  aber  hätten  eine  umsetsong  aas  ihrer  probnlenmatischen  Om- 
snng  in  die  form  von  TolksbescblllBsen  erüihren.  thatsSchlich  aber 
ist  die  von  mir  vorgetragene  ansieht  folgende:  ein  materiellee  pro- 
buleuma  konnte  vor  Eukleides  der  ratiissehreiber  nur  mit  verinde- 
nmg  des  (boE^  T^  ßouXQ  in  (boi€  tQ  ßouXQ  KOl  Ti^  Mi^qi  gaax  in 
den  volksbeschlusz  herflbemehmen.  den  ersten  volksbeeohlosx  fllr 
Methone  habe  ich  angeführt  als  das  beispiel  eines  volksbeschlnsaeei 
dessen  proboleoma  fttr  einzelne  ponote  bestimmte  vorsohUge  machte, 
andere  der  selbständigen  entscheidnng  der  ekkleeie  flberliesz.  ich 
verstehe  deshalb  nicht,  zu  welchem  zwecke  H«  in  seiner  erwiderong 
(s.  280)  an  meine  adresse  den  satx  richtet:  'vielmehr  werden  alle 
drei  ponote  so  und  nicht  anders  im  probuleoma  formoliert  gewesen 
sein,  wie  sie  uns  jetzt  als  volksbeschlosz  formoliert  vorliegen.'  nach 
meiner  meinong  ergibt  sich  aos  meinen  frflhem  werten,  daez  wir 
ons  in  diesem  poncte  in  einer  vollständigen  flbereinstimmong  befin- 
den, meine  interpretation  der  inschrift  ist  dann  folgende :  die  ekklesia 
stimmt  zuerst  darüber  ab ,  ob  der  erste  teil  des  proboleoma  ange- 
nommen werden  soll ,  und  zwar  in  der  form  der  von  Harpokratios 
definierten  procheirotonie,  als  beantwortong  der  frage,  d  dtpicet  tA 
TrpoßoOXcD^a.  die  eigentliche  abstimmong  entschied,  welcher  von 
den  beiden  vorschlagen  des  proboleoma  angenommen  werden  sollte, 
ich  behaupte  nun,  dasz  in  einem  regelrocht  formulierten  volks- 
beschlusz aus  den  worten  bi(a)x€ipOTOvf)cai  töv  bfi^kov  usw.  und 
aus  den  scblusz worten  ^x^^POTÖvi|C€V  usw.  ein  satz  von  ungefähr 
folgender  fassung  hätte  formuliert  werden  müssen :  TcX^cai  M€6uj- 
vaiouc,  öcov  t^  Oeiu  dnö  toö  qxSpou  driTvCTO ,  8v  toic  irpor^poic 
TTavaOlivaioic  £T€TdxaTO  qp^pciv,  toC  bi  dXXou  äreXcic  cTyai.  dasz 
der  rathsschreiber  die  Urkunde  nicht  so  formuliert  hat,  halte  ich  Air 
eine  Ungeschicklichkeit  desselben,  entstanden  aus  der  gewohnheit 
bei  der  formulierung  der  Volksbeschlüsse  sich  möglichst  genau  an 
das  in  die  sitzungsprotokolle  der  volksversamlung  aufgenommene 
probuleuma  anzuschlieszen.  ans  dem  in  dem  ersten  teile  des  rbths- 
antrags  sich  findenden  auTiKa  den  schluss  zu  ziehen ,  es  sei  erst  ein 
volksbeschlusz  nötig  gewesen ,  dasz  über  den  ersten  teil  des  probu- 
leuma unverzüglich,  dh.  in  derselben  volksversamlung,  abge- 
stimmt werden  dürfe,  halte  ich  deshalb  nicht  für  richtig,  weil  gar 
nicht  abzusehen  ist,  weshalb  man  ftbr  den  ersten  teil  des  proboleoma 
diese  autorisation  nötig  hatte,  für  die  beiden  andern  teile  dagegen 
nicht,  eine  regelung  der  tribotverhältnisse  erfolgte  regelmäezig  bei 
der  alle  vier  jähre  wiederkehrenden  T&Sic  qxSpou.  das  aöriKa  in 
dem  ersten  teile  des  proboleoma  steht  in  einem  gegensatz  zo  dieser 
regelmäszigen  TdEic  q>öpou,  indem  der  rath  die  sofortige  regelong 
der  tribotverhältnisse  der  Methonaier  beantragt. 

Was  dann  CIA.  II  403  betrifft,  so  hat  H.  (s.  278)  auch  hier 


534   GGilbert :  erbte  u.  zweite  lesung  in  d.  athenischen  volksTersamlung. 

offenbar  meine  worte  gänzlich  misverstanden ,  wenn  er  fragt,  wen 
ich  glauben  machen  wolle  dasz  sich  das  praescript  auf  die  ratha- 
sitzung  beziehe,  das  habe  ich  niemand  glauben  machen  wollen,  son- 
dern nur  gesagt  dasz  die  worte  von  Iboie  tcT  ßouX(€i)  bis  dahin 
wo  die  worte  im  Tf)V  KaTaoceufiv  usw.  beginnen  ein  regelrechtes 
probuleuma  seien  und  dasz,  wenn  der  Schreiber  nicht  das  resullat 
der  durch  das  probuleuma  beantragten  wähl  einer  commission  hätte 
hinzufügen  müssen,  die  durch  das  praescript  als  volksbeschlusz 
documentierte  Urkunde  uns  nur  das  probuleuma  bieten  würde,  ich 
möchte  jetzt  dieses  mein  urteil  dahin  modificieren,  dasz  ich  mit  rück- 
sicht  auf  das  (bil^ou  ipri)q>ic^aTa  mit  H.  Studien  s.  53  annehme, 
dasz  Eukles  die  inschrift  aus  den  Protokollen  der  volksversamlung 
entlehnt  und  selbst  aufgestellt  hat.  damit  kann  ich  aber  die  von  H. 
ebd.  s.  80  ff.  für  notwendig  erklärte  ergänzung  von  Ka\  Tqi  bi|fii|j 
zu  iboie  tQ  ßouXri  auch  jetzt  nicht  billigen,  vielmehr  schliesze  ich 
aus  dieser  Urkunde,  dasz  in  den  Protokollen  der  volksversamlung 
zuerst  das  probuleuma  des  rathes  aufgezeichnet  zu  werden  pflegte, 
dem  sodann  die  angäbe,  wie  die  ekklesie  beschlossen  hatte,  folgte, 
wenn  der  rathsschreiber  alsdann  mit  der  aufzeichnung  des  volks- 
beschlusses  beauftragt  wurde,  so  diente  ihm  das  protokoU  als  gmnd- 
läge,  wonach  er  den  volksbeschlusz  formulierte,  dasz  er  dabei,  wenn 
ein  probuleuma  materiellen  inhalts  in  den  Protokollen  vorlag,  za 
dem  die  Zustimmung  des  volkes  in  denselben  nur  kurz  angemerkt 
war,  dieses  probuleuma  in  den  volksbeschlusz  unverändert  herüber- 
nahm, empfahl  sich  der  bequemlichkeit  wegen  sehr,  und  daher  glaube 
ich  dasz  das  eic  Tf)V  TrpuiTr|V  ^KxXiiciav  der  probuleumatischen  for- 
mel  auf  die  erste  ekklesie  von  der  rathssitzung ,  in  der  das  probu- 
leuma angenommen  wurde,  gerechnet  zu  beziehen  ist. 

Eine  solche  beziehung  ergibt  sich  aber  auch,  wenn  man  die  pro- 
buleumatische  formel  vorurteilsfrei  betrachtet,  sie  wird  eingeleitet 
durch  £ipr)(pic8ai  ti^  ßouX^  und  erklärt  damit,  wie  mir  scheint,  deat- 
lich  die  von  diesen  worten  abhängigen  sätze  als  probuleuma.  wäre 
die  probuleumatische  formel  mit  rücksicht  auf  die  vorläge  in  der 
ekklesie  stilisiert  worden,  wie  H.  will,  und  sollte  sie  beurkunden,  dan 
die  volksversamlung  die  prot^droi  autorisiere  die  betreffende  ange- 
legenheit  in  der  nächsten  ekklesie  zur  schluszabstimmung  zu  bringen, 
so  könnte  sie  nur  mit  £q)Tiq>ic6ai  T^  ßouXQ  Kai  Tip  bi^MUi  beginnen, 
einen  weitern  beweis  dafür,  dasz  die  worte  cic  Tf|V  TrpuüTnv  £kicXt|« 
Clav  von  der  rathssitzung  aus  zu  rechnen  sind,  hat  AHOck  (Jenaer 
LZ.  1879  8.  263)  in  CIA.  II  76  erkannt,  wo  die  probnlenmatiache 
formel  damit  motiviert  wird,  dasz  der  demos  dem  rathe  befohlen 
habe  über  die  proxenie  eines  gewissen  Ainiers  ein  probuleuma  ein- 
zubringen, mit  recht  bemerkt  Hock :  Venn  das  volk  den  rath  auf- 
gefordert hatte  ein  gutachten  abzugeben ,  sollte  dann  der  rath  erst 
wieder  durch  eine  procheirotonie  sich  die  erlaubnis  erbitten  den 
gegenständ  auf  die  Tagesordnung  der  nächsten  volksversamlang  in 
setzen?    wenn  aber  in  einem  solchen  falle  sofort  entschieden  werden 


^rt:  erste  a.  zweite  lesang  in  d.  athenischen  TftlVtTftWftinlnng.   ö35 

tie,  müssen  wir  in  der  probuleumaüschen  formel  de  Tf^  irpilmpr 
|ciav  in  dieser  Urkunde  und  dann  wol  in  allen  andern  vom 
punct  der  rathssitzung  verstehen.'  H.  in  seiner  erwidening 
L  f.  hat  verschiedene  mOglichkeiten  der  erkllmng  bereit  und 
it  zuletzt  zu  dem  allerdings  unanfechtbaren  sohlasz,  dasi  die 

erwähnte  inschrift  seine  erklämng  der  werte  cic  Tf|v  irpdm)v 
|ciav  nicht  umstoszen  könne,  wenn  diese  doreh  andere  inaehrif- 
nweigerlich  gefordert  werde,  dieser  schlnsz  ist,  wie  gesagt,  nn* 
btbar,  aber  wo  sind  die  insohriften?  in  meiner  ersten  ansflih- 
habe  ich  allerdings  nur  zwei  inschriften  herangezogen,  welche 
im  beweis  einer  doppelten  lesnng  angefllhrt  hatte,  CIA.  II 114 
L68.   ich  war  der  ansieht  und  bin  es  noch  heute,  dass  H.8  hjpo- 

steht  und  föllt  mit  dem  nachweis  litteraoscher  Zeugnisse  fttr 
solche  doppelte  Verhandlung,  die  inschrifUichen  sengnisse  be- 
n  nach  meiner  Überzeugung  nichts,  und  ich  habe  deshalb  ge- 
it  durch  anführung  von  zwei  derartigen  beweisen,  von  denen 
ine  (CIA.  II 168)  nach  H.s  meinung  die  doppelte  lesnng  g^gen 

Widerspruch  sichert,  genug  gethan  za  haben*  H.  hat  in  seiner 
1er ung  (»276  f.)  in  betreff  der  letzten  inschrift  bemeilcti  die  von 
idoptierte  erklämng  derselben,  der  die  erste  nrknnde  als  ein 
3hes  probuleuma,  die  zweite  als  der  infolge  desselben  gefiuBte 
beschlusz  erschien,  beruhe  auf  einem  vollstindigen  verkemien 
taatsrechtlichen  begriffs  des  probuleuma,  das  weder  beorkondet 
erden  brauche  noch  beurkundet  werden  kOnne.  ich  erwidere 
in  Urkunden ,  welche  von  staatawegen  aufgestellt  wurden ,  das 
ileuma  in  der  form,  wie  es  sich  CIA.  II  168  findet,  allerdings 

aufgenommen  zu  werden  pflegte,  die  private  aufstellung  der 
ade  durch  die  Kitier  habe  ich  schon  früher  H.  zugegeben,  und 
cheint  mir  die  vollständige  auftiahme  des  probuleuma  befrie- 
id  zu  erklären,  die  Kitier  entnahmen  die  Urkunde  den  proto- 
Q  der  volksverHamlung,  von  denen  sie  wol  durch  den  raths- 
iber  eine  abschrift  erhalten  hatten,  in  diese  Protokolle  pflegte 
das  probuleuma  vollständig  aufgenommen  zu  werden,  wie  oben 
,' führt  wurde,  der  rathsschreiber  würde  in  diesem  falle,  da  das 
ileuma  ein  formelles  war,  den  beschlusz  durch  den  auf  daspro- 
ima  folgenden  volksbeschlusz  beurkundet  haben,  die  Kitier  ent- 
en  den  Protokollen  probuleuma  und  volksbeschlusz.  man  mag 
diet>e  erklärung  denken  wie  man  will,  jedenfalls  kann  ein  docu- 
.,  welches  sich  selbst  durch  das  vorgesetzte  £bo£€  tQ  ßouXiJ'als 
uleuma  documentiert  und  als  solches  gar  kein  bedenken  erregt, 
welches,  um  zeugnisfähig  zu  werden,  von  H.  erst  emendiert 
en  musz,  nun  und  nimmer  eine  hypothese  g^egen  jeden  wider- 
:h  sichern. 

Auf  das  zweite  der  von  mir  früher  angeführten  inschriftlichen 
aisdc  H.s  (CIA.  II 114)  hat  derselbe  nichts  erwidert,  ich  begnüge 

deshalb  mit  dem  was  ich  früher  gesagt  habe. 

Auszer  diesen  beiden  sind  es  noch  folgende  Inschriften,  die  für 


536    GGilbert:  erste  u.  zweite  Icbung  in  d.  atheniBchen  YolksTenainliuig. 

H.s  hjpothese  beweiskräftig  sein  sollen,  dasz  sich  der  rath  Tom 
yolk  autorisieren  liesz  ekklesien  auszuschreiben  und  ein  probideiuna 
in  einer  nächsten  yersamlung  dem  volke  vorzulegen,  beweisen  nach 
H.  (Studien  s.  188)  CIA.  I  37.  40.  55.  II  61.  96.  175\  von  diesen 
inschriften  beschlieszt  in  der  ersten  (I  37)  das  volk ,  dasz  die  pry- 
tanen  bei  einer  geldstrafe  wol  in  Sachen  der  tributansStze  an  das  volk 
berichten  sollen;  durch  1 40  wird  die  zweite  prytanie  verpflichtet  Aber 
eine  angelegenheit  so  lange  volksversamlungen  anzusetzen ,  bis  die- 
selbe erledigt  sei ;  durch  I  55  wird  den  prjtonen  befohlen  innerhalb 
zehn  tagen  eine  ekklesie  abzuhalten,  in  allen  drei  inschriften  liegen 
befehle  der  ekklesie  an  die  prytanen  vor,  die  sowol  diese  wie  auch  den 
rath  zu  berufen  hatten,  die  berufung  der  volksversamlung  innerhalb 
einer  bestimmten  zeit  und  zu  einem  gewissen  zwecke  zu  veranlassen, 
wenn  diese  beschlüsse  auf  antrag  des  rathes  gefaszt  wurden,  so  li^ 
darin  nicht  eine  vom  rathe  beantragte  autorisation  über  eine  be- 
stimmte angelegenheit  ein  probuleuma  in  einem  bestimmten  sinao 
einbringen  zu  dürfen ,  sondern  der  rath  wollte  damit  nur  von  dem 
souverain  einen  befehl  fUr  die  prytanen  extrahieren.  II  61,  wo  das 
praescript  fehlt,  ist  ein  selbständiges  psephisma  des  rathes,  da  fUr 
die  aufstellung  der  Urkunde  der  Schatzmeister  des  rathes  das  geld 
hergibt  ^k  twv  Karä  i|iiiq>icMaTa  ävaXiCKO|Li^vuiv  t^  ßouXiJ.  die 
prytanen  sollen  nach  diesem  rathsbeschlusz  eine  rathssitcnng  aus- 
schreiben und  der  rath  alsdann,  wenn  es  nötig  ist,  (d£€V€TKCtv  ck 
TÖv  5)fi^ov.  als  bestimmung  des  probuleuma  ist  auch  das  £S€v(€T- 
K€iv  eic  TÖv)  bf^jLiov  II 96  zu  fassen,  indessen  ist  diese  inschrift  eben- 
so wie  II  175^  so  fragmentarisch  überliefert,  dasz  sich  flberbanpt 
etwas  bestimmtes  aus  denselben  nicht  erschlieszen  Ittszt. 

£in  weiteres  zeugnis  für  eine  doppelte  lesung  bietet  nach  H. 
(Studien  s.  192  f.)  CIA.  II  73,  2,  wodurch  dem  Pbilokles  das  bisher 
nach  dem  tode  seines  vaters  provisorisch  versehene  amt  eines  volks- 
und  rathsheroldes  definitiv  verliehen  wird,  in  dieser  Urkunde  findet 
sich  in  der  probuleumatischen  formel  zwischen  (xpnM<nicGn  ircpl 
0)iXokX^ouc  tou  EukX^ouc  und  (Tviupiiv  £)u|LißäXX€c6ai  nsw.  der 
zusatz  (Kai  ddv  ^iv  xP^cimo)c  koI  köcmioc  bOKCi  clva(i  oicircp 
UTnipeTTiK€)  TTpurdveci  toTc  TTpuT(av€ucaciv),  und  daraus  sehlieszt 
H.  dasz  hier  die  weiterftthrung  der  sache  von  dem  ausfaU  einer  die 
einbringung  begleitenden  vorverhandlung  abhängig  gemacht  werde. 
die  richtigkeit  der  ergänzung  vorausgesetzt  finde  idb  diesen  cnsati 
ganz  natürlich,  der  rath,  welcher  über  die  thätigkeit  des  Philokles 
nur  während  seiner  amtszeit  urteilen  kann ,  provociert  mit  diesem 
Zusatz  das  urteil  derjenigen  leute  in  der  eÜlesie,  welche  früher 
prytanen  gewesen  waren  und  denen  Philokles  gleichfalls  gedient 
hatte,  wird  von  ihrer  seite  gegen  die  emennung  des  Philokles  wegen 
seiner  frühem  amtsthätigkeit  kein  protest  erhoben ,  dann  sollen  die 
pro^droi  seine  emennung  zur  abstimmung  bringen. 

Weiter  tritt  nach  H.  (studien  s.  193  ff.)  die  ingerenz  des  demos 
bei  der  einbringung  eines  probuleuma  in  jenen  wenigen  fUlen  her- 


GGilbert :  erste  u.  zweite  lesung  in  d.  fttheniiclien  TolkirerMmlaag.  637 

Tor^  wo  das  fehlen  der  worte  iiinf^pfcOat  tQ  ßouXi}  in  der.probolea- 
matischen  formel  es  ganz  unzweifelhaft  mifteht,  daas  ein  in  seiner 
gesamtheit  zu  ratificierender  rathsantng  dem  demos  unterbreitet 
worden  war.  es  sind  dies  vier  flüle:  CIA.  U  17^.  49.  MK  rheln. 
mus.  XXXm  420.  ich  bin  der  meinung  daes,  wenn  Ton  ungefthr 
150  probuleumatischen  decreten,  die  Ton  H.  (etudien  s.  65)  zuenn- 
mengestellt  sind,  vier  das  £i|iT|<picOai  tQ  ßouXQ  nioht  haben,  man 
wol  berechtigt  ist  anzunehmen,  diese  analaflsung  sei  ebenso  wie  die 
nicht  seltene  auslassung  von  bcböxBai  rCp  bV^Mip  in  den  yolks- 
decreten  auf  eine  allerdings  in  diesem  fidle  weniger  zu  entschuldi- 
gende, aber  wol  zu  erklftrende  nachlftssigkeit  des  die  Urkunde  con- 
cipierenden  Schreibers  zurttckzufllhren.  wie  man  aus  Arist.  Thesnu 
372  schlieszen  darf,  war  (boH  tQ  ßouXi)  die  sanctionierungsformel 
des  probnleuma.  nehmen  wir  an  dasz  die  vier  oben  angeführten 
Urkunden  in  ihrer  fassung  als  rathsantrige  diese  formel  an  der 
spitze  trugen ,  so  waren  sie  damit  hiareiohend  als  probuleumata  ge- 
kennzeichnet, der  rathssehreiber  beglaubigte  sie  nMh  ihrer  annähme 
in  der  ekklesie  als  Yolksbescfalllsse  dnreh  hiuEufDgnng  von  ical  vp 
bi\^^l  zu  IboH  jfji  ßouXi}. 

Fttr  den  nachweis  der  competens  des  demos  hinsichtlich  der 
einbringung  eines  rathsantrags  ist  femer  nach  H.  (studien  s.  199  ff.) 
Ton  besonderem  interesse  CIA.  II 136  wegen  der  sanctioniemngB- 
formel  IboH  T\b  b^^ip  ical  tQ  ßouXQ.  die  insohrift  gehört  zn  der 
classe  deijenigen  beschltUse,  fttr  die  der  rath  durch  ein  psephisma 
des  Volkes  ein  probuleuma  abzufassen  beauftragt  war,  wie  in  den 
betreffenden  Urkunden  ausdrttckUch  angegeben  wird,  wenn  nun  in 
andern  derartigen  decreten  —  sie  sind  zusammengestellt  bei  H.  Stu- 
dien 8.  183  ff.  —  die  sanctionierungsformel  regelmässig  (boH,  T^ 
ßouXq  Kai  Tip  biiiLiui  lautet,  so  kann  ich  in  der  6inen  ausnähme  nicht 
mit  H.  einen  unter  der  Voraussetzung ,  dasz  sich  die  praescripte  auf 
die  Urkunde,  durch  welche  der  einbringungsaet  nach  staatsrechtlieher 
anschauung  perfect  wurde,  bezogen,  feinen  zug  der  athenisehen 
kanzlei  erkennen,  denn  es  wftre  doch  wunderbar,  dasz  dieser  feine 
zug  uns  nur  einmal  begegnet,  während  Böckhs  annähme,  es  liege 
ein  fehler  des  Steinschreibers  vor,  die  Vereinzelung  des  falles  hin- 
reichend erklärt,  ich  halte  die  insohrift  vielmehr  für  ein  Zeugnis 
gegen  ü. :  denn  es  gilt  von  ihr  derselbe  schlusz  den  Hock  aus  CIA. 
II  76  gezogen  hat  und  der  oben  citiert  ist. 

Aus  den  bis  jetzt  behandelten  inschrifüichen  Zeugnissen  zieht 
H.  Studien  s.  202  den  schlusz,  dasz  die  doppelte  lesung ,  welche  er 
in  den  'Demosthenischen  studien'  fOr  eine  beschränkte  sahl  von  an- 
trägen  wahrscheinlich  geiiiacht  habe,  fttr  alle  antrage  gleichmäszig 
gelte,  seine  inschriftlichen  Zeugnisse  selbst  sind  freiUeh  damit  noch 
keineswegs  erschöpft  ich  musz  mir  aber,  um  den  umfang  dieser 
duplik  nicht  übermäszig  zu  er  weitem ,  versagen  auf  dieselben  noch 
weiter  einzugehen,  dasz  die  von  mir  angefahrten  Zeugnisse  die  be- 
weiskräftigsten sind,  wird  H.  selbst  zugeben,   wer  deshalb  glaubt 


538  RArnoldt:  zu  Diodoroa  [XX  74]. 

dasz  durch  dieselben  H.s  hjpothese  nicht  erwiesen  sei^  für  den  wer- 
den die  andern  Zeugnisse  H.s  und  seine  ausführungen  (Iber  dieselben, 
die  er  Studien  s.  204  ff.  nachlesen  möge,  keine  beweiskrafb  besitzen, 
wer  dagegen  mit  H.  in  der  erklärung  der  von  ihm  beigebrachten  In- 
schriften übereinstimmt,  wird  sich  in  seinem  urteil  schwerlich  durch 
meine  einwendungen  beeinflussen  lassen,  eine  weitere  betrachtung 
der  noch  restierenden  inschriften  und  eine  Widerlegung  der  ihnen 
yon  H.  gegebenen  deutung  scheint  mir  deshalb  überflüssig  zu  sein. 
Gotha.  Gustav  Gilbert. 


74. 

ZU  DIODOROS. 


XX  74  iv  d9u|Liiqi  5'  övtu)v  dirdviuiv  Kai  TtpocboKUi^^vric  fibr\ 
rnc  diTUjXeiac,  tö  ^iv  7^v€u^a  KaTeiraucev,  i]  bk  |li€t*  *Avtitövoü 
buvapic  KaTavTTjcaca  tiXticiov  toO  ctöXou  KaT€CTpaTOiT^€uc€v. 
ist  es  wol  denkbar,  dasz  Diodor  in  dem  sinne  'der  wind  liesz  nach, 
legte  sich'  (flatus  remisit),  wie  hier  übersetzt  wird  und  übersetzt 
werden  musz ,  gesagt  habe  TÖ  TTveu^a  KaT^irauccv?  sonst  sagt 
er  ganz  regelmSszig  KaieTrauce  xfjv  rapaxriv  XVI  79 ,  toö  itoXXoO 
Gpdcouc  fnaucav  touc  ßapßdpouc  XV  13.  XII  12  lesen  wir  aller- 
dings bei  ihm :  f q)Ti  ydp  touc  ptv  iTpdjTOV  TTlMOvrac  xal  dtriTuxdv- 
Tac  b€iv  eörmcpouvTac  KaTairaueiv.  allein  einmal  ist  dieser  aas- 
druck einer  dichterstelle  entlehnt  (vgl.  ebd.  c.  14  €ur)p€pi&v  KCrrd- 
Ttaucov) ,  sodann  heiszt  das :  *sie  müsten  ein  ende  machen  mit 
ihrem  glücklichen  leben.'  und  derartig- sind  alle  die  beispiele,  welche 
überhaupt  für  intransitiven  gebrauch  von  KaTairaueiv  oder  irau€iv 
angeführt  werden,  immer  wird  durch  ein  beigesetztes  pariicipiam 
oder  einen  genitiv  angegeben,  worauf  die  thStigkeit  des  beendigens, 
das  aufhören  sich  richtet ;  wo  diese  zusStze  fehlen  —  und  dieser  fall 
tritt  nur  ein  bei  dem  namentlich  bei  Aristophanes  so  häufigen,  der 
Umgangssprache  entlehnten  TtaGc  'mach  ein  ende,  lasz'  —  da  sind 
sie  leicht  zu  ergänzen,  so  absolut  aber  wie  hier  bei  Diodor  gebraucht 
ist  KaiaTtaueiv  in  neutraler  bedeutung  ganz  unerhört,  und  dieser 
gebrauch  verdiente  gewis,  wenn  die  werte  für  unverdorben  gelten 
sollen,  im  Thesaurus  nachgetragen  zu  werden,  doch  dürfte  ohne 
zweifei  eine  verderbung  vorliegen  und  zu  lesen  sein :  tÖ  M^v  ttvcömq 
KaT^TT€C€V  =  concidit,  Megte  sich',  vgl.  Caasius  Dion  XXXIX  48 
iirei  b'  ö  T€  dv€MOc  dEairivaiuic  f  tt€C€  Kai  tö  KÖ|Lia  £cT0p^c6n  -  . 
freilich  bleibt  auch  die  möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass  im 
original  KaT^TTaucaro  geschrieben  war  und  der  blick  des  schreiben 
zu  dem  nahen  KaiccrpaTOTT^beucev  abschweift^,  infolge  dessen  -C€V 
statt  -caro  entstand. 

EöNiosBEBG.  Richard  Arnoldt. 


HWekhofer:  die  reden  bei  Polybiot.  689 

76. 

DIE  BEDEN  BEI  P0LTBI08. 


Ueber  die  in  antiken  geechichte  werken  enthaltenen  reden  sind  be- 
kanntlich seit  Jahrhunderten  die  widersprechendsten  meinungen  aof* 
gestellt  worden,  auf  der  einen  seite  ist  —  allerdings  nur  in  fiüherer 
zeit  —  behauptet  worden,  diese  reden  seien  zumeist  wOrtliohe  repro- 
ductionen  wirklich  gehaltener  reden,  während  man  auf  der  andern 
Seite  bis  zu  dem  entgegengesetzten  extrem  gegangen  itt  und  erkUKrt 
hat,  dieselben  seien  fast  durchgSngig  eigne  erfindung  der  geschieht« 
Schreiber;  und  zwischen  diesen  ftuszersten  ansichten  ist  noch  eine 
menge  vermittelnder  annahmen  aufjgetauoht«  im  ganzen  ist  in 
neuester  zeit  dieser  streit,  der  früher  mit  groszer  lebhaftigkeit  ge- 
führt wurde,  zum  stillstand,  aber  keineswegs  zum  austrag  ge- 
kommen, 80  dasz  die  ganze  fruge  auch  jetzt  noch  eine  offene  ist. 
ich  ersehe  dies  aus  verschiedenen  neueren  philologischen  werken, 
in  denen  sich  nichts  weniger  als  übereinstimmende  annahmen  über 
die  reden  in  alten  geschichtswerken  finden. 

Was  in  früherer  zeit  der  Schlichtung  dieses  Streites  und  der  er- 
reichung  eines  sichern  wissenschaftlichen  resnltates  im  wege  stand, 
dürfte  vor  allem  der  mangel  einer  kritischen  sonderung  und  dasaip 
ficierung  der  einzelnen  historiker  des  altertums  gewesen  sein,  indem 
nemlich  nicht  unterschieden  wurde  zwischen  zuverlftssigen ,  halb  zu- 
verlässigen und  unzuverlässigen  historikem,  muste  man  notwendig 
auf  fehlschlüsse  gerathen,  je  nachdem  man  sich  aufreden  die  das 
unzweifelhafte  geprttge  freier  erfindung  an  sich  trugen,  oder  auf 
solche  die  wenigstens  nach  ihrem  inhalt  auf  echtheit  anspruch  zu 
haben  schienen ,  stützte,  da  nun  die  neuzeit  den  kritischen  wert  der 
einzelnen  historiker  sorgfältig  abgewogen  hat,  so  dürfte  damit  wol 
auch  für  die  beurteilung  der  reden  eine  neue  basis  gewonnen  sein, 
die  darin  besteht,  dasz  nicht  mehr  mit  gleichem  masze  alle  histo- . 
riker  gemessen  werden  dürfen,  sondern  jeder  einzelne  auch  in  diesem 
puncte  nach  seinem  werte  geprüft  werden  musz.  von  dieser  basis 
aus  wird  man ,  denke  ich,  zu  dem  resultate  kommen,  dasz  auch  hin- 
sichtlich der  reden  ein  groszer  unterschied  zwischen  den  einzelnen 
historikem  besteht,  wonach  dieselben  sich  abstufen  von  solchen  der 
unzweifelhaftesten  echtheit  bis  zu  solchen  der  freiesten  erdichtung. 

Den  ausgangspunct  derartiger  Untersuchungen  müssen  not- 
wendig solche  historiker  bilden,  welche  sich  selbst  mit  eignen  wer- 
ten über  ihre  grundsätze  und  ihr  verfahren  bezüglich  der  an  Wen- 
dung der  reden  in  ihren  geschichtswerken  aussprechen,  dies  haben 
bekanntlich  Dionjsios,  Diodoros  ua.  gethan,  aber  keiner  mitgrösze- 
rer  prficision  und  in  gröszerer  Übereinstimmung  mit  seinem  wirk- 
lichen verfahren  bei  der  ausführung  als  Polybios.  dieses  histo- 
rikers  ansichten  über  die  reden  in  geschichtswerken  sollen  daher  im 
nachfolgenden  in  kürze  beleuchtet  werden. 


540  HWelzhofer:  die  reden  bei  Polybios. 

Sie  finden  sich  in  theoretischer  weise  ausgesprochen  in  seiner 
kritik  des  geschichtschreibers  Timaios  (XII  25).  nichts  findet  er  m 
demselben  mehr  zu  tadeln  als  den  misbrauch  den  er  mit  der  Anwen- 
dung der  reden  in  der  geschichtserzfthlung  getrieben  habe,  daaz  ihm 
gerade  dieser  fehler  des  Timaios  als  ein  so  schwer  wiegender  er- 
scheint, erkl&rt  sich  aus  der  groszen  bedentong  die  Polybios  den 
reden  zuschreibt:  er  nennt  die  reden  'den  kern  der  begebenfaeiteB 
und  die  grundlage  der  ganzen  geschichte'  (XII  25*  &  cxcböv  ÜKCl 
K€q)äXaia  tu»v  TTpäEeiuv  icri  xal  cuv^x^^  ^fjv  ÖXnv  lcTop{av).  dieser 
ausspruch  bildet  gleichsam  den  Vordersatz  seiner  ganzen  folgenden 
argumentation  und  verdient  daher  wol  nach  seiner  Wahrheit  geprfift 
zu  werden. 

In  modernen  geschichtswerken  ist  den  reden  so  got  wie  gar 
kein  platz  eingeräumt,  in  der  that  würde  sich  ein  historiker,  der  in 
ein  geschichtswerk  über  mittelalterliche  oder  neuere  geschichte  so 
viele  reden  wie  etwa  Livius  einstreuen  wollte,  nur  Iftcherlich  maebeB. 
und  es  ist  nicht  zu  leugnen,  dasz  ein  derartiges  verfiEJiren  bei  der 
gänzlichen  Verschiedenheit  der  bezüglichen  Verhältnisse  des  alter- 
tums  und  der  neuzeit  durchaus  unstatthaft  wäre,  wie  denn  auch  die 
ähnlichen  historiographischen  versuche  im  Zeitalter  der  renaiesance 
und  des  humanismus  heute  mit  recht  als  verfehlt  bezeichnet  weiden. 
der  Charakter  des  altertums  war  nemlich  ein  eminent  rhetorischer, 
während  im  mittelalter  und  selbst  in  der  neuzeit  trotz  aller  Parla- 
mente und  öffentlichen  versamlungen  das  rhetorische  ein  verschwin- 
dend geringes  moment  für  den  gang  der  geschichte  und  politik 
bildet,  bei  der  ungeheuren  masse  von  begebenheiten,  die  der  mo- 
derne historiker,  mag  er  sich  auch  noch  so  sehr  Ortlich  und  Eeitlieh 
beschränken,  zu  berichten  hat,  musz  er  daher  notwendig  auf  die  mit- 
teilung  von  reden ,  selbst  solcher  die  völlig  authentisch  und  an  sich 
bedeutend  sind ,  verzieht  leisten,  der  antike  historiker  dagegen  war 
schon  durch  die  natur  der  damaligen  veriiältnisse  darauf  angewiesen, 
•diesen  damals  wesentlichen  factoren  der  geschichte  in  ausgibigem 
masze  rechnung  zu  tragen ,  und  konnte  dies  um  so  mehr,  ale  die  be- 
schränktheit  des  kreises,  in  dem  sich  die  damalige  politik  in  der 
regel  bewegte,  eine  viel  eingehendere  und  weitläufigere  darstelhnig 
der  ereignisse  als  gegenwärtig  ermöglichte,  es  ist  ein  grober  irr- 
tum  der  gegen  wart,  wenn  man  glaubt  dasz  die  antikoi  hietoriker 
in  willkürlicher  und  künstlicher  weise  ihrer  geschichtechreibung 
diese  rhetorische  färbung  gegeben  hätten;  sie  waren  vielmehr  dnnh 
die  forderungen  ihres  rhetorischen  Zeitalters,  dessen  getreiaen  reflei 
sie  in  ihren  werken  geben  wollten  und  musten,  hierzu  genUtigt 
freilich  lag  dabei  die  gefahr  nahe,  über  der  rhetorik  die  strengcB 
gesetze  der  wahren  geschichtschreibung  zu  vernachlässigen,  wae  Po- 
lybios besonders  dem  Timaios  zum  Vorwurf  macht,  hören  wir  mImb 
Vorwurf  (XII  25*):  'dasz  Timaios  in  seine  denkwflrdigkeiten  die 
reden  gegen  die  Wahrheit  und  zwar  mit  absieht  eingefügt  hat,  sieht 
wol  jeder  seiner  leser.    er  hat  nicht  das  wirklich  gesprochene  be- 


HWelshofer:  die  reden  bei  Poljbioe. 


richtet,  noch  es  in  der  form  berichtet,  wie  es  in  Wahrheit  gesprochelK^OflGi 
worden,  sondern  seine  absieht  war  zu  berichten,  wie  es  geeprodMii 
werden  sollte  (ou  fäp  rd ^nO^vra T^paq>€v,  oöb* ibc ipfrifif\Kax* 
dXii0€iav,  dXXd  npoG^icvoc  die  bcf  /^rjOftvoi),  nnd  .eo  führt  er  alle 
die  gehaltenen  reden  und  die  folge  der  begebenheiten  eo  Ter,  wie 
einer  in  der  schule  ein  thema  behandeln  wflrde,  wie  wenn  er  eeiae* 
eigne  fifchigkeit  zu  beweisen  nnd  nicht  das  in  wirUiehkeit  gesprocheie 
d^zustellen  hätte.'  die  stelle  ist  so  klar,  daas  kein  misrerstindnii 
möglich  ist,  und  es  ist  auch  nie  bezweifelt  worden,  daei  Polybioe 
hierin  die  forderung  aufstellt,  dasz  die  in  geschichtewerkea  berioti-* 
teten  reden  nichts  weniger  als  erfunden  oder  au^geiohmttokt  werden 
dürfen,  sondern  dasz  sie  in  ihrem  ganzen  inhalt  durchaus  wahr  und 
authentisch  sein  müssen;  ja  sogar  die  form  der  reden  will  er  mög- 
lichst beibehalten  wissen,  dieee  ToUe  eohtheit  der  reden,  die  in 
geschichtswerke  eingefügt  werden,  hebt  er  dann  noch  wiederholt 
nachdrücklich  hervor  (Xn  25^):  'es  ist  eine  wesentliche  ao^be  der 
geschichte,  vor  allem  die  wirklich  gesprochenen  reden,  wie  sie  immer 
beschaffen  sein  mögen,  kennen  zu  leinen  (6ti  Tf)c  \CTOpicK  ibiuifia 
toOt'  ^tI  tö  irpuiTOV  ^^v  aÜToOc  toOc  kot'  dXifjdciov  clpiui^vouc, 
oioi  ttot'  dv  u5ci,  Tvujvm  X^touc)..  Timaioa  jedoch  übergeht  die  ge> 
haltenen  reden  und  die  tiefem  gründe  mit  stillaohweigen  und  gib^ 
dafür  unwahre  schulübungen  und  künstlich  gearbeitete  reden  nnd 
zerstört  so  das  wesen  der  geschichte.' 

Die  ecbtheit  der  reden  ist  demnach  für  Polybios  die  erste  be- 
dingung  zu  ihrer  Verwendung  in  der  geschichtschreibung.  aber  selbst 
mit  echten  reden  kann  noch  ein  groszer  misbrauch  getrieben  werden, 
wenn  man  ihnen  einen  zu  groszen,  zu  ihrer  gescMchtlichen  beden- 
tung  nicht  im  Verhältnis  stehenden  ranm  gewährt,  in  seiner  wei- 
tem polemik  gegen  Timaios  spricht  er  seine  daranf  bezüglichen  an- 
sichten  aus  (XII  25') :  'zur  unzeit  aber  abschweifen  und  bei  jeder  ge- 
legenheit  alles  mögliche  sagen,  wie  dies  Timaios  thut,  der  bei  jedem 
anlasz  reden  vorzuführen  strebt,  ist  völlig  wahrheitswidrig,  tli^cbt 
und  schülerhaft .  .  dagegen  ist  es  notwendig,  seine  personen  jedes- 
mal das  passende  und  schickliche  sagen  zu  lassen.'  über  das  masz 
der  anwendung  der  reden  gibt  er  nun  unmittelbar  darauf  folgende 
Vorschrift :  'wenn  die  geschichtschreiber,  nachdem  sie  uns  die  zeit- 
Verhältnisse,  die  bestrebungen  und  Stimmungen  der  sich  berathenden 
peräonen  dargelegt  und  alsdann  die  wirklich  gehaltenen  reden  (toOc 
KOT '  dXiiOciav  ^riS^vrac  Xötouc)  mitgeteilt,  uns  die  Ursachen  klar 
machten,  aus  denen  die  sprechenden  ihren  zweck  erreicht  oder  ver- 
fehlt haben,  so  würde  man  ein  wahrhaftes  Verständnis  von  der  sache 
bekommen,  und  wir  könnten  zugleich  uns  ein  urteil  darüber  bilden 
und  durch  Übertragung  auf  ähnliche  fälle  stets  das  richtige  treffen. 
freilich  ist  es  schwierig,  die  Ursachen  anzugeben,  leicht  aber,  selbst- 
gefertigte reden  vorzuführen ;  und  weniges  zutreffend  zu  sagen  und 
hierzu  eine  richtige  anleitung  zu  geben  ist  nur  wenigen  erreichbar, 
während  lange  und  zwecklose  reden  halten  zu  lassen  jedem  zu  ge- 


542  HWelzhoi'er:  die  reden  bei  Polybios. 

böte  steht.'  nach  diesen  grundsätzen  nnn  beurteilt  Poljbios  den  Ti- 
maios  und  wirft  ihm  vor,  dasz  er  in  unverantwortlichster  weise  gegen 
sie  gefehlt  habe,  ich  enthalte  mich  auf  diese  kritik  nfther  einin* 
gehen,  da  schon  die  angeführten  worte  seine  gedanken  klar  genug 
aussprechen.  Poljbios  will  offenbar  dasz  die  reden  nur  insoweit  xnr 
Verwendung  kommen  sollen,  als  sie  einerseits  thatsSchlieh  den  gang 
der  ereignisse  mit  bestimmt  haben  und  anderseits  auch  für  ghtilii>li^ 
fälle  noch  praktischen  wert  besitzen,  seinen  bekannten  gnmdsati, 
dasz  die  geschichte  Einmal  wahr,  dann  aber  auch  nützlich  sein  mflsse, 
will  er  auch  auf  die  reden  in  geschichtswerken  angewandt  wissen. 

Zum  überflusz  sei  noch  auf  zwei  andere  stellen,  an  denen  sich 
Polybios  in  anderm  Zusammenhang  auf  ganz  übereinstimmende  weise 
ausspricht,  hingewiesen,  denn  man  könnte  yielleicht  einwendai 
wollen,  dasz  Poljbios  blosz  durch  eine  gewisse  hjperkritische  sackt 
fehler  bei  andern  ausfindig  zu  machen  zu.  diesen  strengen  forde- 
rungen  gelangt  sei.  wenn  er  aber  wiederholt  und  bei  verschiedenfli 
gelegenheiten  genau  dieselben  forderungen  auüstellt,  so  ist  wol  nicht 
zu  zweifeln,  dasz  er  mit  ihnen  seine  innerste  und  vollste  übenea- 
gung,  die  er  auch  selbst  in  seinem  geschichtswerke  praktisofa  m  be- 
thtttigen  entschlossen  war,  ausgesprochen  hat. 

.  Im  zweiten  buche  erklärt  er  (56,  10) :  *e8  soll  der  geschickt 
Schreiber  nicht  nach  reden  haschen,  welche  möglich  gewesen  wBra, 
und  alle  begleitenden  nebenumstände  aufzählen,  wie  die  tragOdisB- 
dichter  thun,  sondern  einzig  und  allein  das  in  Wirklichkeit  ge- 
schehene und  gesprochene  anführen  .  .  in  der  geschichte  gilt  es 
durch  die  wirklichen  thaten  und  worte  für  alle  zeit  übeneugend  so 
belehren'  (tüüv  bk  iTpaxB^VTU)V  kqI  ^ii6^vtu)V  kot'  äXrjOciov  oAn&v 
Mvii)Liov€U€iv  TTapTtav  . .  iv6äb€  bk  bxä  Tüüv  äXriOivuiv  €pTuiv  itfd 
XÖTU)v  €ic  TTovra  töv  xpovov  bibd£ai  kqI  Trcicai  TOik:  91X01111- 
OouvTac).  noch  bedeutsamer  ist  folgende  stelle  (XXXVI  1*):  'viel- 
leicht möchten  einige  fragen,  warum  wir  nicht  diese  sich  uns  dar- 
bietende gelegenheit  zur  mitteilüng  der  einzelnen  gehaltenen  radn 
benutzen,  um  ein  redeprunkstück  zu  liefern*,  wie  es  die  meisten  g«^ 
Schichtschreiber  thun^  indem  sie  beide  teile  ihre  gründe  entwickrin 
lassen,  dasz  ich  dieses  verfahren  teilweise  nicht  misbilligey  habe  ich 
an  mehreren  stellen  meiner  geschichte  gezeigt,  indem  ich  öften 
öffentliche  reden  und  darlegnngen  von  Staatsmännern  berichtet  habe; 
dasz  ich  dies  jedoch  nicht  bei  jeder  gelegenheit  thun  will,  wird  jelit 
einleuchten  . .  so  wenig  es  dem  Staatsmann  ziemt,  bei  jeder  gelegen- 
heit in  ausführlichen  reden  seine  redegewandtheit  zu  zeigen,  er  viel- 
mehr nur  am  rechten  orte  das  geeignete  sprechen  darf,  ebenso  wenig 
soll  auch  der  geschicbtschreiber  bei  jeder  gelegenheit  seinen  lesen 
seine  geschicklichkeit  zeigen  wollen,  sondern  er  soll  nur  die  wiik- 

*  oOk  iy  dTUivicMOTi  KCXprmcOa.  es  ist  derselbe  gedanke  oodaiish 
derselbe  ausdrack,  wie  ihn  Thukjdides  in  der  bekannten  ttcHe  I  St 
ausspricht:  Ktf\^d  tc  ic  dcl  ^äXXov  f\  dfUiviCMa  ic  Td  iropoxpitiMi  dicoOciv 


HWelshofer:  die  reden  bei  Polybioe.  643 

lieh  gesprochenen  reden  auf  grond  sorgfUtigsterforsdiiiBg' mitteilen, 
und  zwar  nur  das  wichtigste  und  belehrendste  davon  (&XX&  T&  KOT* 
dXrjOeiav  ^n^vra  kqO'  öcov  oIöv  t€  iroXurrpoTMOVificavTOC  bioca- 
<p€Tv,  Kai  TouTuiv  Tä  KaipiiUTaTa  Kod  irpaTManKtirrara). 

Wer  möchte  nun  glauben  dasz  Polybios  diese  ansichten  nnr 
theoretisch  ausgesprochen,  nicht  aber  anoh  eelbst  in  seinem  ge- 
schieh ts  werke  zur  praktischen  durehftthnmg  gebracht  habe?  wer 
möchte  diesen  historiker,  dessen  Wahrheitsliebe  und  suTerlissigkeit 
durch  die  neuem  forschungen  in  immer  h0henn  grade  erkannt  worden 
ist,  bezüglich  der  von  ihm  selbst  aufgenommenen  reden  der  inconee- 
quenz  beschuldigen?  wie  könnte  man  zweifeln,  dasz  er  seinen  eignen 
forderungen  gemftsz  nur  echte  reden,  die  er  gewissenhaft  aosgen^Übh» 
mitteilen  wollte  und  wirklich  mitgeteilt  hat? 

Bekanntlich  finden  sich  in  seinem  werke  ziemlich  viele,  bald 
kürzere  bald  längere  reden,  ihre  form  ist  bald  die  directe  bald  die 
indirecte,  mitunter  direct  und  indirect  zugleich;  indem  die  indirecte 
form  plötzlich  in  die  directe  überspringt  doeh  gleichviel  ob  direot 
oder  indirect,  als  echt  müssen  sie  ohne  ausnähme  angesehen  werden; 
die  directen  reden  können  vielleicht  ale  inhaltlich  und  wörtlidi  ge- 
nauer, die  indirecten  als  kürzer  zusammengefiuzt  and  nur  das  wesent- 
liche der  wirklich  gehaltenen  reden  vorführend  beieiehnet  werden* 
der  inhalt  von  diesen  wie  von  jenen  ist  aathentisdi.  freilich  die 
stilistische  form  kann  unmöglich  genau  die  orsprüngliehe  sein :  denn 
Einmal  hatte  man  im  altertum  nidit  die  mittel  die  reden  wortgetreu 
aufzufangen* ;  sodann  konnte  Polybios  von  manchen,  wie  von  denen 
Hannibalä,  nur  Übersetzungen  geben,  und  endlich  mochte  er  es  auch 
der  äuszern  gleichförmigkeit  seines  Werkes  schuldig  zu  sein  glauben, 
gewisse  formelle  ftnderungen,  denen  sich  der  berichterstatter  der- 
artiger reden  niemals  entziehen  kann,  anzubringen. 

Im  ganzen  bilden  allerdings  die  von  Polybios  mitgeteilten  reden 
keinen  sehr  groszen  bruchteil  seines  umfassenden  werkes.  aber  auch 
dieser  umstand  entspricht  völlig  dem  von  ihm  ausgesprochenen 
grundsatze,  dasz  der  historiker  bezüglich  der  aufnähme  von  reden 
in  hohem  grade  eklektisch  verfahren  müsse,  er  hatte  ohne  zweifei 
eine  ungeheure  anzahl  von  reden  vor  sich,  von  denen  er  jedoch  nur 
die  zweckdienlichsten  der  aufnähme  würdigte,  eine  in  dieser  be- 
Ziehung  sehr  bemerkenswerte  stelle  findet  sich  noch  im  fünften 
buche  (c.  103) :  'zuerst  schickte  der  könig  alle  gesandten  der  bundes- 
genossen  hinaus  und  liesz-  den  Aitolem  unter  der  bedingnng  frieden 
anbieten,  dasz  beide  teile  ihre  gegenwärtigen  besitzungen  behalten 
sollten ;  als  die  Aitoler  bereitwillig  darauf  eingiengen,  fanden  über 
die  einzelnen  puncto  botschaften  herüber  und  hinüber  statt  ^  von 
denen  wir  die  mehrzahl  übergehen  wollen,  da  sie  nichts  enthalten, 
was  der  erwäbnung  wert  wäre;  nur  der  anspräche  des  Agelaos  aus 
Naupaktos  wollen  wir  erwähnung  thun,  welche  derselbe  gleich  bei 

*  [Tgl.  dagegen  GardtbautenB  griech.  palilograpbie  8.  813  f.  SS9.] 


J 


544  HWelzhofer:  die  reden  bei  Polybios. 

der  ersten  Zusammenkunft  an  den  könig  und  die  anwesenden  bundea- 
genossen  richtete.'  hier  stand  dem  geschichtschreiber  offenbar  eine 
ähnliche  reihe  von  reden  und  gegenreden  zu  geböte,  wie  sie  uns 
Thukydides  im  fünften  buche  (c  85  ff.)  bei  den  Verhandlungen 
zwischen  den  Athenern  und  MeUem  vorftihrt.  wären  jene  für  den 
von  Polybios  behandelten  Zeitraum  so  wichtig  gewesen  wie  diese 
für  den  peloponnesischen  krieg,  so  wären  sie  sicher  gleichfalls  in 
ihrer  gesamÜieit  auf  uns  gekommen. 

üeberhaupt  scheint  Thukjdides  gewissermaszen  das  vorbild  das 
Polybios  gewesen  zu  sein,  ich  habe  schon  an  einem  andern  orte  auf 
verschiedene  berührungspuncte  zwischen  diesen  beiden  historikem 
hingewiesen  und  möchte  jetzt  auch  auf  ihre  unverkennbare  ähnlich- 
keit  hinsichtlich  des  Charakters  der  von  ihnen  in  ihren  geschichts- 
werken  mitgeteilten  reden  aufmerksam  machen,  freilich  mag  dieser 
hinweis  allen  jenen ,  welche  noch  immer  in  den  Thukydideischen 
reden  oratorische  kunststücke  des  geschichtschreibers  sehen^  unpas- 
send und  zwecklos  erscheinen,  mögen  dieselben  aber  doch  erwägen, 
dasz  sie  durch  ihre  annähme  Thukydides  weit  tiefer  im  ränge  als 
Polybios  stellen,  ja  dasz  sie  ihn  vollständig  zu  einem  Timaids  herab- 
drücken, oder  müssen  etwa  nicht  die  ausstellungen ,  die  PolybiM 
an  Timaios  zu  machen  hat,  nach  jener  annähme  auch  Thukydides 
treffen?  Thukydides  soll  ja  'nicht  das  wirklich  gesprochene  in 
seiner  ursprünglichen  form  berichtet  haben,  sondern  so  wie  es  ge- 
sprochen werden  sollte'  —  was  ja  eben  Polybios  an  der  vorhin  an- 
geführten stelle  dem  Timaios  zum  Vorwurf  macht,  dann  aber  mQge 
man  auch  aufhören  des  Thukydides  Wahrheitsliebe  und  gewiasen- 
haftigkeit  zu  bewundem :  denn  diese  eigenschaften  kann  er  dann  so 
wenig  wie  Timaios  besessen  haben. 

Thukydides  hat  allerdings  von  der  anwendung  der  reden  in 
seinem  geschichtswerke  einen  viel  ausgibigem  gebrauch  gemacht 
als  Polybios.  aber  der  gmnd  hiervon  kann  nur  in  der  Verschieden- 
heit der  Stoffe  liegen,  die  beide  historiker  bearbeiteten,  der  atoff 
des  athenischen  geschichtschreibers  ist  ja  ein  örtlich  und  seitlich 
viel  beschränkterer  gewesen  als  der  des  Polybios  und  konnte  daher 
auch  weit  detaillierter  und  unter  viel  gröszerer  berücksichtigung  der 
gehaltenen  reden  behandelt  werden,  als  dies  die  geschichte  der  ent- 
wicklung  der  römischen  macht  erlaubte,  zudem  war  daa  Zeitalter 
des  peloponnesischen  krieges  verhältnismäszig  ein  ungleich  rhet«^ 
rischeres  als  die  epoche  der  römischen  eroberungen,  so  dasz  dem 
Thukydides  eine  im  Verhältnis  weit  gröszere  anzahl  von  reden  u 
geböte  stand  als  dem  Polybios.  aber  trotzdem  haben  beide  unsweifel- 
haft  genau  dieselben  grundsätze  gehabt  und  durchgeführt,  denn 
auch  Thukydides  wollte  nur  echte  reden  möglichst  getreu  wieder- 
geben, und  auch  das  eklektische  verfahren,  immer  nur  die  besten  und 
lehrreichsten  vorzuführen,  hat  er,  wie  zahlreiche  stellen  in  aeiaeBi 
werke  auf  das  unwiderleglichste  darthun ,  durchgängig  eingehalisB. 

München.  Heinrich  Welzhofbr. 


ThPiüM:  sar  erklinmg  der  AiBiii  [II  tSSi^-MI].  64^ 

76. 

ZTJB  EEtKLÄBDNQ  DEB  AENEI8. 

(fortsetzong  von  Jahrgang  1871  ••  896  f.  1875  ••  685—648.) 


Sollte  ein  heldengedioht  von  io  anagaprigt  IjriMh-riiaioriseber 
art  wie  die  Aeneia,  Tom  diehtar  an  empfiadnngaroUeiny  ja  laidaa* 
schaftlichem  Vortrag  vor  einer  grSaxem  Teraamlnag  beatimmtf  im 
einer  zeit  and  in  einem  volka  entatandaB«  fllr  daran  innanta  badflrf* 
nisae  ein  Homerisdiea  epoa  nnd  eine  nflelitaima  logik  gMeh  wartloa 
waren  —  aoUte  ein  aolcbaa  heldangedioht  nieht  aaine  aigantllniliohaB 
darstellangsformen  von  raditswegan  haben  dürfen?  idi  meine  dar- 
Btellangsformen,  die  ona  die  dargaataUten  thaten  oder  ailebniaaa  tot 
allem  mit  unserer  empfindnng  mit  erlaben  laaaen.  an  dar  bildeneluMi 
im  ersten  buche  der  Aeneia  nnd  an  dar  haeraohan  im  aaehatan  habe 
ich  frfiher  solche  daratellnngaforuien  naohinweiaen  gaaooht;  dmlieh 
ist  im  zweiten  buche ,  in  den  Taraen  928— *949|  daigeaiaUtt  wie  die 
Trojaner  daa  hölzerne  ross  anf  die  bnrg  bringen* 

Episch  betrachtet  ist  die  daratallnng  dieaaa  Torganga  eratana 
lückenhaft  und  zweitena  rerwornuL  der  dichter  aagt  una,  wie  die 
Trojaner  das  rosz  zurflatetan,  um  et  in  aiahen;  er  aagt  nna  nicht, 
waa  doch  episch  wichtiger  wSra,  daai  sie  ea  logan  nnd  nrit  walcbar 
anatrengung  sie  ea  zogen;  er  teilt  nna  mit  daas  daa  roaa  die  msnem 
Überstiegen  habe,  aber  er  Tergiazt  jede  andeotung»  daai  aie  ea  TOm 
strande  drauszen  durch  die  ganze  ebene  bia  an  die  mauern  erat  hin- 
schaffen musten.  er  schildert  ausführlich  i  wie  die  Trojaner  er- 
scbQttert  waren  vom  Schicksal  Laocoona  und  die  überfBhrung  des 
rosses  forderten;  daran  schlieszt  er  die  kurze  naehridit,  daaa  man 
den  mauerring  zerrissen  habe;  er  verschweigt  also,  wie  der  f orderung 
der  menge  auch  die  ftthrer  und  ftlrsten  aich  fügten,  wie  6in  teil  nach 
der  Stadt  zog,  um  ein  stück  mauer  niederzulegen,  wfthrend  die  andern 
drauszen  das  rosz  zurüsteten,  alle,  sagt  er,  machen  sich  ana  werk: 
der  mauer nzeratörung?  dann  sind  also  ohne  weiterea  alle  auf  Einmal 
drin  bei  der  stadt,  ohne  daaz  vom  hin-  oder  vom  zurückgehen  irgend 
etwas  verlautet,  und  an  die  zerstOrungaarbeit  wird  die  zurflatnng  dea 
pferdes  mit  einem  que  angefügt,  ala  gibe  ea  kein  riumlichea  und 
zeitliches  auseinander,  oder  ist  das  werk,  an  daa  sich  alle  machen, 
die  Vorbereitung  des  pferdes?  dann  klingt  daa,  ala  wlre  die  nieder- 
legung der  mauern  überhaupt  nicht  auch  ein  werk,  die  niederlagnng 
wird  merkwürdig  kurz  abgethan  mit  dem  Mnen  verse,  und  eben  noeh 
reiszen  wir  die  mauern  ein,  da  sind  auch  schon  wieder  alle  bei  der 
arbeit  am  rosse,  das  ist  doch  nicht  etwa  bloaz  keine  anafUudiche  und 
ruhig  objective  darstellung,  sondern  es  iat  eine  lückenhafte,  durch- 
aua  unzureichende  darstellung.  aie  ist  aber  zudem  nodi  wideraprocha- 
voU  und  verworren,  die  manem,  hören  wir,  werden  auseinander» 
gelegt,  die  feste  weit  aufgethan.  wozu?  dodi  um  das  roaz  bequemer 
hineinzubringen?  aber  vom  hineinbringen  in  den  manerring  brancht 

Jahrbaeh«r  flr  clu>.  phllol.  18S0  hfU  8.  86 


546  ThPlüBs:  zur  erklärung  der  Aeneis  [II  228—249]. 

der  dichter  nachher  den  ausdruck  scandit  muros^  der  auf  alle  fülle 
pathetisch  bildlich  zu  nehmen  ist  und  bildlich  ebensogut  das  ein- 
dringen des  feindes  durch  die  gewöhnliche  mauerlücke  des  thorweges 
wie  durch  eine  eigens  dazu  gerissene  lücke  bezeichnen  kann,  und 
weiterhin  erweckt  der  ausdruck ,  das  pferd  sei  stehen  geblieben  an 
der  schwelle  des  thores ,  entschieden  die  Vorstellung ,  dasz  es  durch 
das  thor  und  zwar  das  übliche  thor  habe  hineingebracht  werden 
sollen ,  und  später  wird  davon ,  dasz  die  Trojaner  selbst  eine  Ittcke 
in  die  mauer  gebrochen  haben,  vom  dichter  kein  gebrauch  mehr 
gemacht,  was  doch  beim  eindringen  des  heeres  sehr  nahe  Iftge.  wenn 
femer  zuerst  der  durchgang  durch  die  maner,  dann  das  aufsteigen 
mitten  in  die  stadt  hinauf,  weiterhin  die  aufstellung  oben  auf  dem 
burghofe  erwähnt  wird ,  so  macht  das  allerdings  den  eindruck  einer 
richtigen  zeitlichen  und  räumlichen  aufeinanderfolge;  wenn  aber 
mitten  zwischen  dem  innem  der  stadt  und  dem  burghof  auf  6inmal 
das  thor  mit  seiner  schwelle  genannt  wird,  so  schweift  die  einbildnng 
wunderlich  wieder  rückwärts,  und  die  aufeinanderfolge  ist  verwirrt 
ich  habe  bei  dem  thore  freilich  auch  an  das  bürg  thor  gedacht,  aber 
rein  aus  not  und  vom  schein  einer  sachlich  richtigen  anordnung  be- 
trogen :  denn  von  selbst  wird  niemand ,  ehe  die  bnrg  genannt  ist, 
bei  dem  ausdruck  des  dichters  an  etwas  anderes  als  an  das  stadt- 
thor  denken,  hätte  dann  aber  Verg.,  um  zu  sagen  dasz  er  etwas  schon 
früher  geschehenes  erst  später  erwähne ,  wenigstens  das  tempus  des 
früher  geschehenen  gebraucht,  das  plusquamperfectum !  er  gebraucht 
aber  die  absoluten  perfecta:  ipso  in  limine  portae  substitit  aiquie 
utero  sonitum  qwüer  arma  dedere,  gerade  als  käme  auf  die  Vor- 
stellung des  richtigen  Zeitverhältnisses  gar  nichts  an. 

Episch  und  nach  epischer  logik  ist  die  darstellung  onsttglidi 
schlecht,  lyrisch-rhetorisch  ist  sie  schön  und  wirksam,  die  ganie 
partie  ist  in  fünf  teile  gegliedert;  jeder  der  fünf  teile  hat,  nicht 
grammatisch  aber  rhetorisch,  einen  Vordersatz  und  einen  naohsati; 
Vordersatz  und  nachsatz  bilden  logisch  immer  einen  gegensati  mit 
einander,  so  dasz  der  nachsatz  das  widerspruchsvolle  ergebnis  der 
handlung  des  Vordersatzes  enthält;  sie  sind  so  zu  deolamiereni  dass 
der  Vordersatz  allemal  steigenden  ton ,  der  nachsatz  fallenden  hat 
also  Vordersatz:  *  jetzt  beben  sie  alle;  Laocoon  habe  gefrevelt  aa 
einem  heiligtum,  so  geht  es  von  mund  zu  mund;  das  heilige  bfld 
gehöre  auf  die  bürg,  man  müsse  den  heiligen  schütz  Athenes  damit 
erflehen,  schreit  alles  — ';  dazu  der  nachsatz  —  nach  der  hier  gaas 
bedeutungsvollen  pause  eines  halbverses  — :  '  so  reiszen  wir  dem 
die  mauern  auseinander  und  öSaen  weit  die  schützenden  festen  der 
Stadt.'  zweiter  Vordersatz:  *sie  gehen  alle  ans  werk,  das  ross  hinein- 
zuführen, heben  es  auf  räder  und  spannen  taue  an  — ';  nachsati: 
'so  übersteigt  denn  das  verhängnisvolle  rüstzeug  die  mauern,  waflSn- 
schwanger.'  dritter  Vordersatz  und  nachsatz:  *kinder  singen  6m 
göttem  fromme  lieder  und  freuen  sich  arglos  spielend  an  dem  ein- 
zuge  des  rosses :  so  rückt  denn  das  ros  hinan  ins  innerste  der  stadt' 


ThPlÜM:  tut  erUftnmg  dtr  Aeiidt  [II  »8--M0].  MT 

vierter  satz :  *am  stadttbor  blieb  das  roaivieniial  sieheDf  und  warnend 
tönten  die  rttstnngen :  und  wir  —  dae  war  der  erfolg  —  fthrten  es 
eifrig  weiter  und  weiter,  bis  anf  den  bnrgplats.*  ftidter  sata:  ^elafc 
wurde  uns  sogar  nocb  aasdrOcklich  unser  sdiioksal  von  Cassandva 
geweissagt:  und  wir  —  wir  schmfloken  an  nnserem  todestage  den 
göttem  ihre  tempel  mit  festlich  heiterm  grfin/  —  Man  erkennt 
leicht:  nicht  ein  anschauliches  bild  des  episdien  Vorgangs  mit  siner 
gewissen  subjectiven  ftrbung  Iflszt  Verg.  den  Aeneas  geben,  nicht 
auf  das  rftumliche  und  seitliche  nacheinander  der  encheinungen  des 
ereignisses  kommt  es  ihm  an;  vielmehr  will  er  ^e  und  fiesdbe 
empfindung  und  empfindungsvoUa  idee  mit  möglichst  grosser  eneigio 
im  hörer  reproducieren  ^  indem  er  6in«n  und  denselbMi  widersproeh 
zwischen  gOtterwillen  und  menschenwillen  durch  eine  reihe  von 
gegensätzen  hindurch  entwickelt:  in  dem  angstvollen  dränge,  den 
schütz  der  gOtter  sich  und  der  Stadt  zu  gewinnen «  erfüllen  sie  den 
willen  der  götter,  sie  und  die  Stadt  zu  verderben;  mit  ihrem  eifer 
und  ihrer  arbeit  arbeiten  sie  nur  eifrig  an  ihrem  nnteigange,  mit 
ihrer  frommen  dankbarkeit  und  arglosen  frende  geben  sie  nur  ihrtm 
verderben  das  geleite;  trotz  allen  deutlichen  vorteichen  sdion  gleidi 
beim  eintritt  ruhen  sie  nicht,  bis  sie  das  nngeheoer  ans  heilige  sad 
gebracht  haben;  trotz  ausdrflcklicher  sdrioksalsveiknndignng  noeh 
im  letzten  augenblick  feiern  sie  ihren  todestag  als  DrOhlichen  Mer- 
tag  der  gOtter.  o  blOdes,  blindes  erkennen,  wollen  und  thnn  der 
menschen!  harter,  unerbittlicher,  furchtbarer  wille  der  gOiterl  das 
ist  das  gefühl  des  dichtere,  dies  gefEÜil  drflckt  er  durch  Aeneas  dar- 
Stellung  aus  und  will  es  im  hörer  durch  sein  kunstbild  wiederer- 
wecken. 

Die  entwicklung  jenes  Widerspruchs  zwischen  götter-  und 
menschenwillen  ist  natürlich  im  ganzen  eine  steigende,  steigernde, 
im  einzelnen  gehören  von  den  fünf  sfttzen  der  zweite  und  der  dritte 
enger  zusammen,  ebenso  der  vierte  und  der  fünfte:  im  zweiten  und 
dritten  steht  dem  guten  eifer  und  der  —  durch  die  kinder  reprlsen- 
tierten  —  kindlichen  arglosigkeit  der  Trojaner  das  böse,  boshafte 
Verhängnis  und  die  verderbliche  Sicherheit,  womit  das  Werkzeug  der 
götter  auf  sein  ziel  losgeht,  gegenüber;  in  satz  vier  und  fünf  tritt 
zu  der  deutlichkeit  und  ausdrücklichkeit  der  Warnungen,  die  fisst 
wie  ein  ironisches  spielen  des  Schicksals  erscheinen,  die  Verblendung 
und  wahnwitzige  freude  und  dankbarkeit  der  Trojaner  in  einen  noch 
schroffem  gegensatz.  zwischen  den  beiden  paaren  selber,  wie  inner- 
halb der  einzelnen  paare ,  findet  also  für  den  affect  ein  fortschritt 
zum  stSrkem  statt;  die  Steigerung  beim  Übergang  snm  zweiten  paare 
Iftszt  der  dichter  als  hauptsteigung  auch  dadurch  hervortreten,  dasz 
er  den  Aeneas  seine  gleichmSszige  antithetische  entwicklung  durch 
eine  affectvolle  apostrophe  an  die  dem  verderben  so  unerbittlich  ge- 
opferte stadt  unterbrechen  iSszt.  derschlusz  ist  natürlich  das  stärkste: 
ein  dankfest  fttr  gnädige  errettung  durch  die  götter  am  Vorabend 
der  göttlichen  Vernichtung;  zugleich  ist  er  das  aJlgemeinste,  indem 

S6* 


548  ThPlfisB :  zur  erkl&rung  der  Aeneis  [II  228—249]. 

er  das  besondere,  die  verhängnisvolle  einholung  des  götterweih- 
geschenkes ,  erweitert  zu  einem  verhängnisvollen  gOtterfeste  in  der 
ganzen  stadt.  —  Jetzt  ist  vielleicht  auch  die  bedeutung  des  ersten 
vorder-  und  nachsatzes  leichter  zu  erkennen,  die  Schwierigkeiten  der 
gewöhnlichen  auffassung  des  Zusammenhangs  der  sätze,  im  besondem 
die  Schwierigkeit  des  satzes  ^  wir  legen  auseinander  die  mauern^ 
wenn  damit  eine  niederreiszung  eines  Stückes  mauer  zum  behuf  der 
einflihrung  gemeint  sein  soll ,  ist  schon  oben  besprochen,  die  alte 
nachricht,  dasz  die  Trojaner  eine  solche  mauerlücke  zu  diesem  zwecke 
gerissen,  durchaus  in  ehren:  Verg.  macht  nachher  keinen  gebrauch 
davon  und  macht  ihn ,  meiner  meinung  nach ,  auch  hier  nicht,  die 
Trojaner  thun  die  mauern  damit  eben  auseinander,  dasz  sie  das  rosz, 
in  welchem  feinde  verborgen  sind,  durch  das  thor  in  den  mauern 
hineinführen;  sie  öffnen  weit  die  schtltzende  umwallung  der  stadt, 
indem  sie  das  ganze  feindliche  beer  damit  in  die  stadt  aufnehmen, 
dieser  vers,  der  sonst  ganz  verloren,  zusammenhangslos  dasteht, 
wird  so ,  mit  seiner  energischen  kürze  und  präcisen  gliedemng ,  ein 
affect-  und  efifectvoUer  nachsatz  fallenden  tones  zu  dem  langesi 
lockern,  aufsteigenden  Vordersatz,  worin  die  angst  und  anfregong 
und  steigende  leidenschaft  der  Trojaner  dargestellt  ist.  der  gann 
erste  teil  aber  wird  zur  richtigen  einleitung  für  die  ganze  fünfteilige 
partie:  er  schickt  ihr  den  allgemeinen  gedanken  voran,  däsz  Troja, 
dessen  mauern  und  festen  von  den  Achäem  nicht  zerstGrt  worden 
waren ,  infolge  grausamen  Verhängnisses  von  der  band  der  Trojaner 
selbst,  den  göttem  zu  ehren,  den  feinden  geö&et  worden  sei ;  diesen 
allgemeinen  gedanken  mit  seinem  Widerspruche  führen  die  folgendea 
vier  teile  im  einzelnen  durch ,  und  der  letzte  dieser  vier  teile  bringt 
mit  seinem  allgemeinen  inhalte  zugleich  den  ersten,  einleitenden 
gedanken,  so  zu  sagen  das  thema  von  dem  Widerspruch  swisehen 
götter-  und  menschen  wissen  und  götter-  und  mensohenwillen,  za 
seinem  stärksten  ausdruck. 

Also  der  dichter  will  uns  darstellen,  wie  menschen  in  sohanem- 
der  bangigkeit  vor  dem  göttlichen  willen  und  in  jubelnder  dankbar- 
keit  für  göttliche  gnade  blind  den  göttem  helfen,  sich  selber  n 
vernichten;  das  ist  die  dichterische  idee  lyrischer  art,  an  einm 
epischen  stofife  und  mit  poetisch-rhetorischen  formen  dargestellti 
allerdings  kann,  wie  man  gesagt  hat,  Aeneas  unmöglich  mit  wd- 
gefallen  bei  der  thorheit  seiner  landsleute  verweilen;  aber  Yeigiliiis 
kann,  wie  oft  in  aller  seiner  dichtung,  so  auch  hier  das  bedflrflds 
haben,  sich  und  seine  Zeitgenossen  den  in  der  Wirklichkeit  so  schreck- 
lichen Widerspruch  zwischen  götterwillen  und  menschenwillmi  in 
einem  kunstbilde  als  schön  erleben  zu  lassen. 

Pforta.  Theodor  PlOss. 


FRöhl:  euanekdotoniargotibitehMUitMUflUt.  619 

77- 

EIN  ANEEDOTON  ZUB  OOTHISCHEN  ÜBOB80HICHTE. 


Wer  auf  ein  anekdoton  am  den  taiten  dee  ainkeBden  altartant 
stöszt,  wird  selten  yeranlaasnng  haben  üch  aeinea  ftindet  in  franaBi 
Tiele  von  diesen  Behriftatttckoi  konnten  ohne  aehadan  ewig  anakdota 
bleiben,  allein  neben  den  realen  dieeer  epochai  walelia  naaer  wiaaen 
▼on  den  politischen  vorgingen  oder  nnaara  anaehawingan  ?on  dar 
onltur  der  zeit  wahrhaft  tu  bereiehani  im  atanda  alndt  wie  daran 
doch  dann  und  wann  immer  nodi  anljjaftuidan  wardan,  gibt  aa  auch 
andere,  die  ein  so  bedentendea  intaraaaa  awar  nicht  ia  aMpmah  nah* 
men  können,  aber  dennoch  dem  atatibe  dar  bibliothAaii  entriaaan 
zu  werden  verdienen,  weil  aia  gaaignat  aind  alnan  etniefaMn  pnnot 
unserer  Überlieferung  etwas  \M&r  sn  bdanditan.  ao  dflifen  denn 
auch  vielleicht  die  folgenden  mittaümigan  harvomtratan  wagen  nnd 
versuchen  einen  kleinen  beitrag  zur  gennani  kanntaia  «inaa  werkae 
zu  liefern,  dessen  varlust  alle  diajanigan  lattaft  beUagan,  waleha 
den  Zeiten  des  Übergangs  vom  altartnm  mm  mittalalter  einige  aaf^ 
merksamkeit  schenken. 

In  der  beschreibung  des  wegen  dar  *hiatoria  Apollonii  [regia 
Tyrii '  neuerdings  vielgenannten  Laarantianna  66,  40  aaee.  Z  hebst 
es  bei  Bandini  Ö  col.  812  na.  fölgandermasnn:  '11  pag«  ead.  Titoloa 
Operis  oecurrit  maioribus  item  litteria  ezpraaana  hoc  pacto:  In  nomine 
Datnini  indpU  Exardium  Begis  ÄBSffhcrmn,  qid  piimi  regnaneruni 
in  terram.  Historia  ine  Exordia  Nini,  Ninm  Sex  Assjfricrum  ptir 
mus  beUa  intuUt  etc.  Sequnntur  deinde  Sxardia  Amag&nmn  H  8ej^ 
tharumj  quorum  postrema  verba  sunt  ei'mater  em$  Ol^fmpiadm  nnn^ 
cupaiur,*  da  mir  dieses  stttck  einen  anasug  aus  Justinua  zu  enthalten 
schien  und  die  auffindung  bisher  unbekmmter  italilnischer  Jnstin- 
hss.  ftlr  die  kritik  des  textes  von  grosser  Wichtigkeit  werden  kann, 
so  bat  ich  meinen  freund  Qardthausen,  der  damala  in  Plorens  weiHe, 
um  eine  nShere  Untersuchung  der  hs.,  und  er  hatte  die  gttte  mir 
eine  vollstftndige  und  genaue  abschrift  des  betreffenden  atfldn  aowie 
ein  facsimile  von  sieben  seilen  zu  überaenden.  ich  ftbersengte  mich 
sofort,  dasz  hier  kein  auszug  ans  Justinus  vorliege,  aondem  eine  selb- 
stftndige  bearbeitung  einzelner  teile  der  alten  geachichte,  der  haapt* 
messe  nach  wie  es  schien  allerdinga  ans  Justinus  entnonmien«  kors 
darauf  hatte  ich  durch  die  liebenswflbrdigkeit  der  voratlnde  der  MTent- 
liehen  bibliothek  in  Bamberg  und  der  nniveraititabibliotliek  in  Leip- 
zig gelegenheit  den  codex  Bambergenaia  E III  14  einsnaehen,  den 
WaitB  in  Pertz  archiv  IX  678  ff.  beachrieben  hat  und  deesen  ich  in 
meiner  scbrift  'über  die  Verbreitung  des  Justinus  im  mittalalter* 
s.  40  gedacht  habe,  das  von  Waits  ala  ^Oroaius,  doch  mit  mehr  detail 
der  erzähbng'  bezeichnete  stflck  ergab  sich  ala  ein  zweites ,  aller« 
dings  mehrfach  abweichendes  exemplar  des  Florentiner  auasngs,  nnr 
am  schlusa  weniger  vollstBndig.  denn  obwol  der  Bamb.  eine  wescb^ 


\ 


FRfihl:  ein  anekdoton  snr  gottiinehan  ugMeliielilt.  661 

sich  wegen  der  groszen  zahl  der  abweichmigeii  ab  ebenao  mswodc- 
mä8zig  wie  der  Tersnch  einer  restitation  des  nrsprflngUdwn  teztes. 
der  conjectnralkritik  habe  ich  mich  fisst  ginslieli  enthalten,  da  der 
wirklichen  cormptelen  sehr  wenige«  die  abweiehnngen  yon  der  latei- 
nischen laut-  und  formenlehre  nelmehr  dem  idiomi  m  welchem  die 
hss.  geschrieben  sind,  eigentümlich  zn  sein  scheinen,  ich  habe  midi 
bemüht  zu  allen  aufbllenden  formen  parallelstellen  aus  demselben 
stück  beizubringen  und  modite  auch  wo  das  unmügUoh  war  selteii 
ftndem ,  wenn  mir  eine  anfallende  redeweise  nach  der  analogie  an- 
derer als  möglich  erschien,  trotsdem  habe  ich  Tielleioht  nooh  in  yUL 
geändert,  unter  dem  texte  habe  ieh  ausser  den  rarianten  nooh  die- 
jenigen stellen  erhaltener  autoren  au%efllfart,  mit  denen  der  anonym 
mus  sich  berührt 

So  mOgen  denn  jetzt  die  beiden  auszüge  folgen. 

ÄU8  dem  codex  Laurmikmus  66^  40. 

V  In  nomine  dni  incipit  ezordium  regis  AssTrionmii  qui  primi 

reguauerunt  in  terram. 

Incip  exordia  Nini. 

Ninus  rex  Assyriorum  primns  beUa  intulit  adque  regna  primns 
imperauit.   primus  termenus  populos  usque  ad  Lybiam  perdomuit.  5 

'  ad  postremum  cum  loastra  rege  Bacterianorum  qui  didtor  primns 
inuenisse  artes  magicas  et  mundi  prindpia  dderumque  motns  dili- 
gentisäirae  scrutasse.   ipso  occiso  et  ipse  Ninus  postea  discessit.  qui 

'  relicto  inpube  filio  nomine  Nino  et  uxore  Samirame.  qui  et  ipsa 
8amirainis  nee  inmaturo  puero  ausa  est  credere  imperium  ipsa  se  pro  lo 
puero  aptat  ipsaque  omamenta  et  uestis  femineae  relicta  baronilem 
conposuit.  quem  morem  uniuersae  gentis  ad  uidendum  usque  in  pre- 
sens  tenet.  sicque  femina  sexum  femine  mentita  puer  esse  credit» 
nee  ipsam  dignitatem  regni  admisit.   sed  admirationem  multum  ad- 

*"  auxit  quod  mulier  in  prelio  ante  uiros  iret  hec  Balbyloniam  con-  16 
didit  sibi  et  aedificauit.  Aethiopiam  et  Aaiam  imperio  suo  subiuga- 
nit  et  in  Indis  bellum  intulit,  quod  praeter  illam  et  Alexandrnm 
Magnum  ducem  nemo  postea  ausus  fuit  introire.  quadragesimo  anno 
et  secundo  post  Ninum  regnum  potita  tenuit  postea  per  multos 
annos  effeminati  fuerunt  reges  Assjriorum  quidem,  postremum  Ad  so 
Astiagem  regnum  Persarum  et  Medorum  suocedit. 

Qui  et  ipse  ex  unica  filia  quam  habebat  nepotem  futurum  nbi 
suseepit,  qui  nomen  accepit  Cyrus.  qui  cum  cognouisset  Cyms  in-' 

2  terram]  vgl.  z,  29.  37  4  Juti.  11  5  popnloi  t«rminof  nsqne 
Libjae  Jutt,  1  1,  5  8  nach  scmtasse  ickeint  bellnm  geisit  oder  etwm» 
dkmiichei  autgefaUen  zu  sein  9  Jusi.   1  2  qui]  vgl.  s.  32.  37.  48 

ime.         II   ormenta  cod.         baronilem]  mdrmerkiekUr         If  more  cod. 

14  admisit]  nee  hoc  illi  dignitatem  regni  ademit  Jmit.  1  2,  $.  etwa 
amitit?        15  babjlloniam  cod.       19  mnitis  annii  vor,  mnltos  annos  nach 

der  correctur  cod.        20  infeminati  cod.        Ju»i.  14        S2  Jutt.  15.$ 


552  FRühl:  ein  anekdoton  zur  gothischen  urgesdliichte. 

sidias  Astiagem  aduersus  se  *  ^i^  in  Persas  fugiit.  bellnm  contra  Astu- 

25  gern  auum  suum  iniit.  qai  et  in  ipso  belle  Astiagea  a  Cyro  capitar, 
qui  et  postea  regnum  Medorum  et  Persamm  Cyrns  potitas  tenoit. 
tantamque  pietatem  Cyros  contra  Astiagem  habuit,  ut  eum  in  alinm 
regnnm  postea  restituit  Cyros  quoque  post  uictoriam  conpositis 
rebus  suis  in  Babylloniam  bellum  intulit  in  Lydiam  cum  Cressam 

30  regem  Lydie.  qui  et  ipsam  Lydiam  cum  ipso  rege  perdomuit.  deinde 
Cyrus  subacta  Asiam  in  potestatem  bellum  in  Ezitis  intolit.  erat 
eo  tempore  regina  Exitarum  Tameris  uiduitate  uiri  orbata,  qni  non 
muliebriter  aduentum  faostium  terruit,  sed  audaciter  bellum  intolit 
cum  prohibere  transitu  Arasis  fluuius  potuisset  transire  Cyram  com 

35  ezercitu  Persarum  permisit.   itaque  Cyrus  in  Ezitia  caatra  meiatni 
est.    qui  postera  die  simulato  |  metu  Cyrus  quasi  refagiens  CMtn  i^ 
deseruit  uinumque  ebolis  qui  erant  in  castra  dereliquid.    qui  cum 
regine  nuntiatum  fuisset,  aduliscentulum  filium  quem  nnicum  habe- 
bat  cum  tertia  parte  copiarum  hostium  ut  Cyrus  persequeretar  misii 

40  qui  cum  adulescens  ad  castra  Cyri  peruenisset  ignams  non  consuetado 
prelii  potat  se  uelut  ad  ebolas  non  proelium  uenisset.  qui  Cyma  rem 
cognita,  quod  Eziti  castra  sua  preualuissent  ortatur  Persas  ut  per 
noctem  super  eos  ueniant. 

Qui  statim  Cyrus  reuersus  per  noctem  saucios  oppressit  omnis- 

45  que  Exitas  qui  ibidem  aderant  cum  regine  filio  interfecit.  prini 
Exiti  ebrietatem  uicti  fuerunt  quam  prelium.  Tameris  regina  hoc 
cum  cognouisset  orbitatem  filii  non  lacrimis  effimdit,  sed  oltionem 
solacii  ad  praeliandum  intulit;  ipsa  se  in  fugam  simulat  datam.  qui 
usque  ad  angustias  montium  Cyrum  pertraxit.    qui  conpositis  in 

50  montibus  insidiis  sicque  praelium  iniit  et  trecenta  trig^ta  milia  Per- 
sarum cum  ipso  rege  Cyro  trucidauit.  in  qua  uictoria  etiam  illo 
memorabile  fuit  ut  ne  nuntius  quidem  exinde  euasit.  capnt  Cjrri 
amputatimi  in  utre  humano  sanguine  repleto  conici  regina  iabet  emn 
exprobritatem  dicebat:  'satia  te  sanguinem  humanum,  impie,  qaod 

24  nach  se  fehlt  ein  verhum      fagiit]  vgl,  z.  lOi,  i08      25  abnm  toi, 

capi^tnr  cod,      26  medorum  et  medorum  et  persamm  cotf.      28  lArtf- 
1  7      niotoria™  cod.      29  Babylloniam  $tatt  Babylooia.    vgl,  zu  z.  1 
cum  Cressum]  vgL  z.  54,  91      30  ipse"^  Ijdia"*  cod.      31  Just.  I  8      Asiam] 

vgl,  z.  41, 56     ezitis  cod.  vgl.  z.  17, 99. 172.  Ezitae  nnd  Scjthae     32  nidniUle 

■ 
niri  orbata]  fehlt  bei  Justin  34  prebere  cod.  36  simulatan  meto 

cod.    aber  vgl.  z.  101  37  ebolis  für  epalis;  es  ist  daiiv,  vgi,  Jm»L  I 

S^  4  38  quem  unicum]  qn  ce'  cod.;  vgl.  Just.  I  8,  9  89  ptrst- 

queramr  cod.,  ur  al.  m.     ad  insequendum  Just,  I  8,  5^  ad  peraeqoea* 

u 

dam  Oros.  11  8         40  ignaros  cod.  41  potat  Ouischmid^  patat  ea^ 

sese  potantes  =>  *sich  betrinkend^  findet  sieh  foL  34^  der  edUio  pr.  9,L 
et  a,  {Coloniae  1465)  des  Methodiusbuehes  {ca.  700  nach  Ch.)  44  Mo«» 
cod.  vgl  Just.  1  8,  8  47  nltionis  solacia  Just.  1  8,  9  bO  29808$ 
Perser  gibt  Justin  1  8,  11.  XXXVll  3,  2  an  52  et  rod.    twl.  z.  US 

53  ampatadum  cod.        conici  regina]  Coi  cirt  gena  eod,    nibit  e9d. 


FRflhl;  em  anakdolcm  mr  gMMbm  mg^MMk,         -6B8 

setisti,  qnod  semper  mBaiiabiliSi  impie,  foistL*  tioqoe  Gjvo  trneidato  66 
Tameris  filinm  nindicmto  regnnm  omn  aoctoritate  tenoit 

Exordia  Amasonnm  qui  Bzite  et  ipae  foenmt 

Apud  Ezitas  fuerunt  aliqnando  dao  reges  iuiieiiiet  qm  öoea- 
paueront  Cemerinas  campoe  inzta  Anmem  et  Tenaodentom  flaniiis. 
qui  et  ipsi  inuenis  ibidem  per  plarimoe  auioe  fiaittmes  tmeidaamiBt  eo 
quod  eonun  azores  ernn  uidisaent  taatoin  eizeidiiim  quod  eomm  vm 
gerebant,  arma  suinimt  uiris  eomm  iaterfieimit  iaiaque  eaoi  InfereB- 
ÜB  belle  defendoBt«  nubeBdi  qnoqiie  aaimimi  amiaenmiy  eoaeaU- -' 
tum  finitemoram  iniimt  et  ei  qai  maieenaacimtar  interfieiebaBt,  idr- 
gines  in  eadem  more  noB  otio,  noB  laaefieio  fdaam  eed  araria  et  aeqnia  66 
uenationibusque  exeroebaat  inoetie  poellk  dezterioria  inaimwia  imde 
nee  sagittanim  iaeUis  impediator. 

Unde  antem  dictae  simt  AaiaaoBe.  doe  ez  hie  priaiom  ftiemat 
regine,  nna  Marteda,  altera  Lampedo,  qai  nnne  eo  tempore  in  dnas 
partee  agmine  dioiso  belle  gerebant.  ibi  BfdMeoe  et  moltae  aliae  70 
nrbis  conditae  sunt,  qni  dun  et  ipeaa  in  Atia  bdla  gerebaat  eoB- 
cnrso  barbaromm  Martesia  onm  qataqaaginta  milia  a  barbarieiaier- 
feeta  est.  qui  Oridria  postea  regaum  sneeepii  qui  eo  tempore  Br- 
cnli  regi  Orecomm  cnm  AaiazoBis  bellum  iatolit.  qni  et  enm  mnlta 
ezequia  aeqnitatum  ibi  ueniitent,  |  -  eaatra  snper  Amnem  flnninm  75 
poeuit  ibiqne  bellum  enm  Brenli  geieemnk  qni  plarima  femiaaram 
centum  milia  uirinm  in  ipeo  praelio  tmeidaaeraai.  ad  jlkMlremnm 
Amazonas  nietas,  qni  et  Oridria  nina  in  eo  praelio  ab  &enli  ei^^ta. 
qai  post  nictoriam  Ercnlis  Oridria  sorori  snae  reddidit  qni  ia  hac 
regne  tunc  tempore  presidebat.  80 

Nam  Oridriam  Ezitis  legationem  mieit  nt  ei  anzilia  prebereat 
et  contra  Erculem  nounm  praelinm  repararent.  Arpedo  erat  eo  tem- 
pore rex  Exitarum.  qui  cum  mnltitudiae  ezeequia  aeqnitnm  onm 
filio  8U0  ad  auxilium  prebendum  Oridriae  et  Antiabia  reginie  Ama- 
zonis  derexit.  qui  hoo  Eroulie  rem  anditam  aibi  et  oognitam  ante*  85 
quam  praelinm  commieisaet  fugam  in  Chredam  iniit.  qni  poet  boo 


66  fiUum  die  ertU^  filio  die  zweite  hand      feforna .  •  tenuU]  w^  Jprdmdi 

c.  10  aaoU  oictoria      58  Just,  11  4      reg^e'  cod*      59  comeritfiift  caaptte 

l 

eod,  vielleicht  war  zuerst  cemerinQ  eanpS  gewcM^hen      60  Ipie  cod.     plnri- 

o  o  • 

miB  annif  cod.  61  qaod]  qni,  aber  i  marmdlert  azorif  cad»  ezidinm 
cod.  die  stelle  ist  lückenhaft  und  verdorben;  vgL  den  Bamö.  68  aaimo 
cod.      Com  copito  fine  temoram  cod,      64  qai  omC.  aber  i  ma  sl  gentmeki 

naicuntor  durch  rasur  aus  maieaatar  cod.  65  atio  eodL  f^iaamj 
otam  cod.^  fiuum  Bomb.  67  iaotae  eod,  70  agmeai  cod.  ibi  eektimi 
für  tnnc   zu   stehen        71   ipta*]   «9/.   x.  78,  81,  89        oam   eareo  eod, 

72  die  zahl  der  Amazonen  fehtt  bei  Justinus  OrosiMe  umd  Jordtsde 
78  anders  Justin  11  4^  2S  ff.  Jord.  e,  $,  Oroe.        75  ezequfa  ^  *ffefbi§e*. 
wäUeitung  des  hm.  prof.  Faueker  in  ßeval  77  aaok  dteae  xakt  fektt  bei 

Just.  Oros.  und  Jord.  dasz  die  Amazonen  ^öiet  worden  f  nickt  töteten^ 
zeigt  Bomb.  79  sororii  eod.  81  Oridriaai]  wgt.  x.  89  f,  84  Aatiabii 
eiehi  für  Antiopae.    es  ist  dath        ref  oit  eod,    andere  Jaei.  II  4,  26,  19 

86  commiiiisaet  eod. 


554  FRühl:  ein  anekdoton  zur  gothiichen  Urgeschichte. 

actum  Pentiailea  regnum  suscepit,  quia  Troianis  aduenam 
auxilia  prebuit.   qui  et  ipsa  Pentisilea  in  ipso  praelio  ftb  Alixe  fiUo 
interempta  est  cum  septuaginta  milia  Amazonum ;  armatai  paacai 
90  de  ipsas  Amazonas  inde  redienmt. 

Post  eam  Talastridis  regnum  suscepit,  qui  cum  AlezaadniB 
amicitias  et  federatas  ferunt  pacem  fecisse.  erant  enim  uaria  nesto 
conpositas,  capillo  a  fronte  tunso,  a  ceruice  emisso.  mamille  dezien 
parte  nihil  habebant  et  altera  sub  tonica  tegebant  ut  ne  iaculudA  \ 
95  aut  in  armis  inpedimento  sentirent.  quia  eo  tempore  CC  milia  armi^ 
tas  de  regno  eorum  ad  preliando  cum  aequitibos  eziebant.  qui  per  1 
sepüngentis  annis  regnum  potitas  |  tenuemnt  et  sie  ferunt  quod  U 
usque  ad  lulio  Cesare  perdurauerunt.   explioit. 

Darius  rex  Persarum  in  Exitis  bellum  intulit  cum  armatis  sep- 

100  tingentiä  millebus  hominum  Exitiam  ingressus.  qui  et  ipse  Dariai 
antequam  certamen  Exitarum  cognouisset  meto  pertenitus  fogam 
iniit.  amissis  octuaginta  millebus  hominum  inde  in  Persas  refngüi 
postquam  de  Exitiam  Darius  reuersus  fuit  Asiam  et  Macedoniaai 
perdomuit.    postea  cum  Atheniensebus  et  Lacedemoniis  in  Gracia 

106  Darius  bellum  intulit  in  campis  Maratoniis,  qui  eo  tempore  cmentii- 
sima  praelia  in  ipsis  gerebantur.  sed  tamen  uicti  ibidem  in  eo  prelk 
Persi  ab  Atheniensebus  et  Lacedemoniis.  Darius  duabus  uulneribni 
sauciatus  in  nauibus  fugiit.  qui  in  eo  prelio  tantaque  cedis  Per- 
sarum fuit,  ducenta  milia  Persarum  ibidem  interempta  faerunt.   ai^ 

110  que  Athenienses  et  Lacedemoniis  uictoria  facta  domua  suas  triampha- 
uerunt.   explioit. 

Bellum  lulii  Cesaris  quod  gessit  super  regnum  cum  Germania 
in  qua  praelio  Romani  grauiter  pugnauerunt  ut  ibi  in  ipso  praelio 
centum  quinquaginta  milia  Bomanorum  militum  armatoram  amisM 

115  fuerunt.    de  Germanis  tantaque  cedis  fuit,  qui  usque  ad  Constaatio 
Augusto  nullumque  bellum  aduersus  Romanos  gerere  potuerunL  sed 
uicti  apud  lulio  Cesare  uectigalia  persoluemnt.  deinde  in  Brittania  | 
bellum  intulit  qui  et  ipsis  Brettis  uictis  stipendiariis  fecit.   ad  poi-  <•' 
tremum  Gallis  domuit.  qui  et  sedis  nouas  ibidem  Romanae  feceront 

120  deinde  ad  Spaniam  proficiscens  qui  et  ipsam  conquisitam  in  Italiam 
reuertens.  deinde  Romam  triumphauit,  postea  totumque  orientan 
occidentem  meridiem  perdomuit,  Asiam  Greciam  Macedoniam  Sjriam 
ludeam  Arabiam  Dalmatiam  Frigiam  Pamphiliam  Damascam.    ad 

87  quin]   vielleicht  qui  et?  88  das  föfgende  feMi  bei  JuMt.  Orot. 

Jord.  89  dasz  die  stelle  verdorben  ist  zeigt  Bomb.  92  d09  föigenäs 

fehlt  bei  Just.   Gros.  Jord.  95  Julius  Valerius  c.  7i  96  ad  pra- 

n&ndo]  vgl.  z.  U8  99  Just.  II  5         100  millebus]  vgl  z.  102         101 

cod^ou'sset  cod,         .103  Asiam]  Just.  II  S,  i2.    Oro$.  II  8.    vgL  nrtv 
bemerkung  in  diesen  Jahrb.  1870  s.  21         104  acÜDsebas  cod.    JmMt.  II  $ 
107  Persi  adaCCunseb;  cod.  duabus   uulneribas]    »gi,  «Ätff.  // 

i/,  19         108  Just.  II  y,  20         110  aCCunsis  cod.        111  ixlicit  eaA 
112  Eutrop.  FI  17        117  uecti  Gallia  persolsernnt  eod,        IM  ptr- 
domit  rod. 


JTRahl:  ein  anekdoton  mr  gothlidian  oigflinlikhN  S66 

postremum  in  Pardam  bellnm  intolit  ibiqae  a  suis  consiilibiis  mter- 
fectua  fuit.  115 

Primus  toio  orbe  terranim  Octamanna,  pronepna  lulio  Caam. 
preter  Exitarum  regna  totnm  orbem  tarranun  perdomoit.  sab  ipao 
natus  est  Cbristus  in  Betbleem  Inda,  qni  et  ipae  Oetamanna  Angastna 
per  quadraginta  annis  sab  nno  imperio  ingo  toio  orbe  tarramm  im- 
perauit.  Exiti  et  Indie,  qood  antea  Bomanorom  imptrhim  nniiqiiam  lao 
fuerant,  subiugati  supplicea  mnnera  et  legmtos  ad  enm  miaemnt^  qni 
pace  federata  cum  enm  fecenmt. 

De  exordia  Exitarum. 

Exiti  antiquicriapopalusibominibna  in  terrae  noUiinia.  Bxitia 
I'  in  Oriente  est  posita  |  et  interolaaa  eat  aieot  et  Oothia»    qui  primva  llft 
eam  regionem.   Magog  filina  lafeth  eam  inooloit.    Bxitia^    Magog. 
Gog  et  Magog  nuncupantur.  nnUnm  agnun  exeroent.  nnUoa  aodiia 
inter  eos  forto  grauius.  nulla  domna  niai  sola  tentoria.  laote  et  melle 
ueecuntur.   uestem  lanefioie  ignoti,  aad  pellia  feramm  monaBaniai 
ad  uestimenta  utendo.   aorum  et  aigentum  ninüa  aioat  li^idia  ibi-  iio 
dem  inuenitur  et  multa  alia  gemmanun  dioeraitaa  et  pigmentamm 
inmensitas  apud  eos  abundabilis.  nibil  alienom  cimeapiaoent,  qoia 
ibi  omnis  diuitiarum  copioaum  eat.  peeora  et  alimenta  innuwiaitaa, 
nollusque  uitius  inter  Exitaa  eat,  aed  aolna  matriBxmiitt.  apodnnllia 
bominibus  alienia  imperium  ftienmt  anperati.  Darinm  vaga  Peraamm  145 
Exitaa  torpiter  fugauerunt  deinde  C^rum  rege  Peraaram  com  tre- 
centa  milia  de  exercitu  suo  ipsom  aimnl  Gjrrom  trnddananuit.  Alazaa- 
drum  Magnum  ducem  qui  orbe  terramm  totom  per  praelia  oa^it 
ipsum  turpiter  fugauerunt.    a  Bomania  arma  andienintt  nam  non 
senserunt.  gens  laboribus  et  bellis  aapera,  uiri  corpore  inmenae,  nnlli  150 
tam  fortis  nibil  babent,  quod  admittere  dubitent.  et  uietoria  quando 
V  fiunt  praeter  |  gloriam  eorum  nulla  ooncupiacunt.  anlla  gens  Exitarum 
terminus  post  Cyrum  ot  Darium  et  Alexandrum  Magnum  ducem  nemo 
auaus  est  introire.  Amazonia  feminaa  quoa  nunc  audiatia  qnia  et  ali- 
quando  iuxta  Exitia  Epheao  tenuerunt  ex  Exitia  proceaaerunt.  et  ibi  165 
iuxta  Exitia  per  septingentitf  annia  ipaoque  r^gno  tennerunt.   et  aic 
ferunt  quod  usque  ad  lulio  Cosare  perduraoerunt.  gena  Ezitanun 
aspera ,  ad  praeliandum  per  aequia  uelodaaimi,  toti  luricato  eorpore, 


128  xpa  cod.  129    toto    orbe   scheinen   accuMaiioe  zu  sein,    vgL 

z,    156  134  Junt,    11  S,  21.     II  2,  3.     II  t,  1  186  fekli  bei  JuMi. 

Oros.  Jord.        1^6  das  verHehe  ick  nicAi,    Exitia  .  .  niineapaBtiir  i$i  viel- 

• 

ieichi  ein  gloisem.     Ex'tia  cod.  187   JumL  II  2  ealoa  coä,    wgl' 

z.  144         139  JuMt.  II  2  pelUbus  Urnen  ferinii  ac  muiinit  attiDttir 
pellb]  ««IUb  cod.         149  von  den  gemmae  et  pigmenfta  wckmeigi  JmÜmtM 
Wi  concupisceot]  vgl.  tefreot  acnä  atent  i.  iS9      148  ft$L  Juti.  II 2«  i5, 
der  aber  von  den  eAeverhdlinisten  mektt  hat       aitint]  vgL  x.  iJ7.  I$9 
144  Just,  n  3         146  reflre]  vgL  z,  146        die  zahlen  fehlen  bei  Justina». 
Just.  I  S\  12.   XXXril  3,  2  redet  nur  von  200000  Pereem  162  vgl. 

Just,  XXXrill  7.  3        164  vgl.  oben        167  Juet.  II  3,  7.     vgl.  XLI  2, 
4.  10.     der  Verfasser  hält  die  Parther  für  Skythen 


556  FRühl:  ein  anekdoion  zur  gothischen  Urgeschichte. 

crurA  ferro  tegent,  in  capite  galeas  aureas  utent.  hec  simt  Exiti,  es  pro- 

160  genie  laphet  filii  Noe,  qui  genau  Magog  qui  etipsam  regionem.  Magog 
filios  laphet  eom  primus  incoluit.  Exitia  in  Oriente  est  poaitai  in- 
cluditar  ab  uno  latere  Ponto,  ab  alio  latere  monte  Bifeis,  a  tergo 
Asia,  Thesaise  flumine  incloditur.  sicque  Exiti  ab  nullis  hominibai 
superati  nsque  in  presens  habitare  uidentur. 

166  Darius  cum  Alexandro  Macedo  per  duobuB  praelüs  truddatii 

de  ezercitu  Darii  trecenta  milia  Persarum  magno  praelio  oictoi. 
deinde  Alexander,  postquam  Darium  nicit,  totnm  orientem  per- 
domuit  preter  Exitarum  regna.  inde  reuersos  Albaniam  expngnanit, 
qui  iuxta  Amazonis  eo  tempore  regnuB  |  esse  nidebatnr.    qai  cum  ^^ 

170  Amazonis  feminis  et  regina  eorum  Talastride  sine  praelio  federatu 
adquisiuit.  qui  eo  tempore  ducenta  milia  armatas  cum  aeqmtea  ad 
praeliandum  exiebant  deinde  eas  conquesitas  in  Indiam  bälom  in- 
tulit.  quos  et  ipsos  Indes  graui  praelio  uicit  ipsosque  soperatoi  w- 
que  mare  Caspium  Libiam  perdomuit   ad  postremum  in  Bacteriaiii 

176  Boxane  uxorem  eleganti  formam  accipit  filia  loastre  r^ge  Baoteria- 
norum.  deinde  in  Susis  oppidum  nenit,  postquam  orientem  meridim 
et  aquilonem  expugnauit  ibique  regiam  atque  pulcherrimam  domu 
prospexit.  totamque  columnis  aureas  imminentem  aureisque  lagm- 
naribusque  distinctam ,  simulacrum  caeli  continens  ex  aoro  munlii- 

180  simo,  gemmisque  diuersis  tegitur  pro  stillis.  qui  cuneta  gener»  gm- 
marum  in  ipso  positas  esse  noscuntur.  cetera  et  alia  oper»  inenam* 
bilia  presignata  qui  et  faominum  incredibilia  sunt  dioenda.  postquan 
ipsam  aulam  regia  conspexit,  Darii  Alias  in  matrimoninm  sibi  oop«- 
lauit.   pöst  haec  Babyllonem  uenit  ibique  a  Casandro  et  lobaa  Abü- 

186  patri  filius  a  ueneno  peremptus  est.  qui  et  postea  ibi  Alexander  poil- 
quam  mortem  sibi  futuram  sciens  Perdiccam  proconsule  sno  regasB 
tradidit,  |  Boxanem  uxoremque  suam  commendauit.  inter  prineipai  ^^ 
sua  regna  diuisit. 

Monumentum  suum  de  auri  talenta  centum  in  Aegypto  Arideo 

190  facere  iussit  ibique  regio  more  in  honore  sepulto  requieuiti  aniiia  tri- 
ginta  tribus  natus.  cum  annis  tredecim  regnasset,  uitam  eommn* 
tauit.  haec  foit  Alexander  Magnus  dux  Macedonum  Philippi  filioi 
qui  totum  orbem  terrarum  in  tredecim  annis  subiuganit.  et  maftsr 
eins  Olympiades  nuncupatur. 

169  9gL  z.  J36  ff,   das  folgende  fehlt  im  Bamb.        160  mag  fili«t  toi. 

161  Just,  II  2.  1        162  PONTO  cod.       164  uidantnr  eod,       166  tri- 
ginU  Bamb,         168  Just.  XUl  3,  7        169  reguus]  vgl.  z.  J37,  143 
170  aidebantur  cod,        171  vgl,  z,  95        176  rohane  rocf.,  aber  vgt,  c  197 

176  Buti  Bopedum  cod,        178  laguenaribns  steht  für  laennaiibus 
182  Just.  XII  10,  9        183  TuAschen  conspexit  und  Darii  ist  im  cadax  Hm 
lücke  von  5  buchstaben  184  Just,  XII  14         186  vgl.  Jord,  e,  S0 

192  xnacedOD  cod. 


FBfihl;  ein  anekdoton  nur  gottdidiift  mgmdAM^  667 


Aus  dem  codex  Bamb&rgmiU  E III 14, 

H  EXOROIUM    REGIS    ASSIEIORVIff    QUI  PRIXUS   IV   TMULA   RBGÜ-* 

UERAT. 

Ninus  fnit  rex  prirnns  qoi  regnsoit  anper  Amyno%,   aale  illmii 
omnes  gentes  in  pace  eraat.  ipee  <sa«pit  pognare  et  prinuim  poganä 
fecit  cum  Zoroastrae  rege  BaoManomiii,  qiri  Mi  magiu,  et  ooddit  6 
enm.    predictas  uero  Ninus  com  aederet  evper  nnam  eMtateai  de 
terra  Asiae  et  pngnaret  ibi  peroosant  de  aagitta  BMrtmia  eat.  aed 
dimisit  filiom  nomine  l^nm  adhno  pnemm  et  matrem  eins  nomine 
Samiramis.   illa  antem  timnit  cedere  ipeun  legnnm  ffHo  Sno  eo  qnod 
non  erat  de  legitima  aetate,  aed  ipsa  proieoit  fbmineA  neattmente  et  lo 
nestinit  se  baronilia.  et  aic  com  eaaet  fbmina  i^parebaft  qnaai  piier 
et  in  pugnam  ante  omnes  ibat  et  erat  magna  admimtio  qnod  feminft 
iret  in  pugnam  ante  uiros.    haec  foniaa  iecit  Babiloniam  et  snb- 
iuganit  Asiam  et  Aetbiopiam  snb  suo  regno«  pngnanit  in  Indiä.  ab 
illo  tempore  nemo  ausus  fuit  ibi  intrare  nisi  postea  magnna  Alexen-  15 
der  solus.  ita  uero  Samiramis  per  qnadnginta  et  dnos  annoa  post 
mortem  sui  mariti  regnnm  tenmt.    postea  nero  per  mnltos  aanoe 

'A  feminae  regnum  Assjriorum  |  tennenmt.  deindiB  pernemt  regnnm 
Persarum  et  Medorum  ad  qnendam  regem  nomine  Asttagen ,  qni 
babuit  nepotem  nomine  Cyrum.  qni  com  ereeeeret  et  eognooisset  io 
aliquas  insidias  aui  sui,  qnod  eum  ndlet  oeeidere,  (bgit  in  Persas  et 
congregato  ezercitu  de  Persis  cepit  pngnare  oum  Astiiage  auo  suo  et 
appraebendit  eum  in  ipsa  pugna  et  tantam  pietatem  babnit  super 
eum ,  ut  in  aliud  regnum  illnra  constituerst.  Cyrus  uero  post  uieto- 
riam  pugnauit  contra  Babiloniam  et  contra  Crassnm  regem  Libiae  26 
et  subiugauit  sibi  Libiam  cum  ipso  rege,  deinde  cum  snbiugaseet 
sibi  et  Asiam ,  pugnauit  cum  Soitbis ,  ubi  regnabat  regina  Tameris, 
que  erat  uidua.  ipsa  uero  Tameris  regina  non  ezpauit  sicut  mulier 
de  aduentu  ipsius  Cyri,  sed  fortiter  praeparanit  se  ad  pugnam.  et 
si  uoluisset  potuit  contendere  ad  fluuium  Ararim,  ut  non  dimitteret  80 
Cyrum  in  suum  regnum  intrare.  sed  propter  fidociam  quam  babebat 
in  multitudine  populi  et  propter  loca  distriota,  quae  babisbat,  dimisit 
eum  transire  ipsum  fluuium.  Cyrus  cum  transisseti  non  longe  ab 
ipso  fiumine  posuit  castra  sua,  alia  uero  die  replenit  oastra,  que 
uulgo  aliperga  dicuntur,  de  uino  et  de  omnibus  delidis  et  fimtit  se  $6 

'B  fugere.    hoc  cum  audisset  Tameris  regina,  fiüum  suum  man|danit 
cum  populo  ad  persequendnm  Cyrum.  ille  autem  com  peruenisaet 

3  Oro/r.  /  •/  5  magnas  cod.  8  Just,  12  le  samiramis  hi.  /, 
semirmmis  m.  3  17  miMventänttniM  von  Juii,  J  2^  ii.  9§L  dem  LtMttn- 
tianuM  z,  19        18  Just.  14        20  JmmU  I  5.  6,  aber  mekrfitek  dkmeitkend 

24  Jiutt.  7  7        26  ich  habe  niekt  gewagt  die  namen  zu  werdtidi^rn 
27  JuMt.  18  28  v^/.  zwn  Law.  z.  32  89  sed  .  .  pagnam  (Mi  hei 

Justin,    vgl.  den  Laur.  z.  32  81  s^.  Oros.  1  7  propter  fidneiam  sol 

38  transsissct  cod.  86  aliperga]  albergo  ^kerberge'  87  per* 

seqaenduin]  90  OroM.  II  7;  inseqoendom  Jutt.  I  8,  5 


558  FRflhl:  ein  anekdoton  zur  gothischen  Urgeschichte. 

cum  populo  suo  ad  ipsum  alipergum,  ceperunt  manducare  et  biben, 
ut  uideretur  eis  quasi  ad  prandium  uenisseut,  non  ad  pugnam.  Cjm 

40  autem  noctis  tempore  ueniens  super  illos  omnes  in  ipso  alipezgo 
occidit,  netiam  et  ipsum  filium  reginae.  Tameris  regina  hoc  aadieu 
non  dedit  se  in  planctum  pro  morte  filii  sui ,  sicut  consaetado  eit 
mulieris,  sed  congregato  exercitu  iuit  ad  persequendum  Cyrum.  cmn- 
que  iam  prope  illum  esset,  finzit  se  fugere,  ille  uero  reuersas  oepit 

45  eam  persequi.  illa  protraxit  eum  usque  ad  districta  loca  znontinm  «i 
posuit  ei  ibi  insidias  et  sie  cum  eo  cepit  pugnare  et  trecenta  tria 
milia  Persarum  cum  ipso  rege  occidit.  unde  aetiam  nee  unus  ex  cm 
fugit,  qui  nuntium  exinde  portaret.  caput  Cyri  fecit  deeoUari  et  ii 
utrem  plenum  de  humano  sanguine  misit  et  cum  inproperio  dicebat: 

50  ^sacia  te,  impie,  de  sanguine  humano,  quem  sitisti,  de  qao  per  annoi 
triginta  insaciabilis  fuisti.'  sicque  mortuo  Cyro  Tameris  regin» 
filium  suum  uindicauit  et  regnum  cum  auctoritate  tenuit.  | 

UNDE  DICTAE  SUNT  AMAZ0NE8  QUALITRR  PUONARE  CEPERITHT.      ^ 

Aliquando  fuerunt  aput  Scithas  duo  regales  iuuenes  Plinos  et 

55  Scolopecius,  qui  egressi  de  terra  sua  cum  multitudine  iuaenum  habi- 
tauerunt  iuxta  fluuium  qui  dicitur  Termedontus.  illi  uero,  in  quonm 
terra  babitabant,  per  inuidias  occiderunt  eosdem  iuuenes  cum  eil 
qui  secum  erant.  uidentes  autem  mulieres  eorum,  quia  remaoBeraiit 
uidue,  irate  appraehenderunt  arma  et  suos  uiros  qui  remanseraat 

60  occiderunt,  ut  omnes  essent  uiduae.  deinde  ab  illo  die  nolaeroot 
habere  maritos ,  sed  tantum  pugnare  ceperunt,  in  illis  autem  locia  in 
quibus  habebant  pacem  ibant  et  fornicabant  cum  quibus  aolebaat 
et  si  masculus  ex  eis  nascebatur,  occidebant  illum,  feminas  nsro 
reseruabant  et  incendebant  dextras  mamillas  earum,  ut  non  haberent 

65  aliquod  impedimentum  quando  sagittabant.  inde  et  Amazones  dictae 
sunt,   uirgines  autem  earum  non  tenebant  fusum  ad  operandum  ali- 
quod ,  sed  tantum  in  armis  et  equis  et  |  uenationibus  erant  positSi  ^ 
due  ex  eis  primum  fuerunt  reginae,  una  habuit  nomen  Marthesia  et 
alia  Lampedo ,  et  ambe  inter  se  diuiserunt  ipsum  exercitnm ,  et  miA 

70  ibat  ad  pugnandum  per  uices  et  alia  custodiebat  domoB  ipsas.  oos- 
structa  est  autem  ab  eis  Ephesus  et  aliae  multae  ciuitates.  dum  oero 
in  Asiam  ipsae  Amazones  pugnarent,  superuenerunt  barbari  et  occi- 
derunt Marthesiam  cum  quadraginta  milibus  Amazonum.  post  Mar- 
thesiam  regnauit  Oridria  et  ipsa  cum  Hercule  rege  Orecomm  pugna- 

75  uit.  et  in  ea  pugna  occidit  Hercules  de  ipsis  Amazonibus  centnm 
milia  et  Oridriam  uiuam  in  eo  praelio  appraehendit  et  postea  reddii 
illam  sorori  suae.   postea  praedicta  Oridria  misit  ad  Scithiam  missos 

38  manducare,  n  aus  correriur        45  pereeqai  aa»  perseqoere  rmdUH 
46  JumL  I  S,  II.     XXXril  3,  2  hat  duc«nU  milia,   der  Lomt.  tn- 
centa  triginta  milia       52  vgl.  zum  Laur,  :.  56      53  iiidb  rod.       ciPliirT 
cod.      54  Ju»t,  II  4      57  int  etwa  inuidias  zu  nehrtihenf      72  pafl^narent 
aus  puf^narant  corrigiert  73  qainqnaf^inta  der  Lmtr,  :.  72.   dit  uM 

fehU  hei  JuMt,  11  4,  16  74  vgl.  den  Laur,  z.  7J  /f.,  der  sein  arifftn^ 

offenbar  misventanden  hat.    die  ganze  partie  weicht  vom  JuMtinui  etm&M  m^' 


FRfihl:  ein  «oekdoton  rar  gottijgfihiw  vgwoiUelile^  669 

snos,  at  ei  adiatoriom  fAoerent,  qmditer  contr»  Herouleiii  magnimi 
repararent  bellum.   Arpedo  antem  erat  illo  tempore  rex  Sdibttnun, 
qui  tulit  filiom  säum  cum  mnltitadiiie  popnkniin  et  maadanit  eum  80 
in  adiatorium  Oridriae  et  Antiauia  reginis  AmaEOBnm.  hoo  aadito 
Hercules  fugit  in  Greeiam.    post  hoo  faetnm  Pentheeilea  regniim 
Amazonarum  susoepit  et  ipsa  in  adintorinm  ibat  TroiaDtt«  qnaado 
Greci  super  Troiam  sedebant.  in  qno  praelio  ooeiM  est  ab  AobiU« 
^-   filio  P3rrri  et  fuerunt  com  ea  eeptnaginta  mil|a  AmaaMmom  armatae.  9^ 
'▲  pance  inde  reuersae  sunt,  post  Penthetileam  regnnm  |  Amaionanutt' 
soscepit  Thalisaridis  et  babuit  paoem  com  Almndro.  erant  enim 
ipee  Amazones  compoaitae  de  naria  nettae«  oapillis  a  fronte  tonais,  a 
oeniicaedimi88i8;niamilla8deztera8i]tceniaekabebant|Bini«traaneio  - 
anb  tonica  tegebant  erant  enim  in  ülo  tempore  Amatonea  armaie  90 
cum  aequitibus  plus  qnam  dneenta  milia  et  tennenmt  regnnm  per 
septuaginta  annoa  et  regnaoemnt  niqne  ad  lolinm  Ceaarem. 

Darius  rex  Persanim  cum  eeptingentis  milibaa  armatomm  in 
Bciibiam  ingressus  est,  sed  timore  perterritoa  ftagit.  perdidit  ibi 
bomines  octoginta  milia  et-  sie  renersne  est  in  Penidem.  deinde  95 
snbiogauit  sibi  Asiam  et  Maoedoniam  et  pognanit  in  eamjris  Mara- 
toniis  cum  Lacedemonüs,  ubi  illo  tempore  mvdto  pvignae  fiebant.  ibi 
Lacedemones  uioerunt  Persaa.  in  eo  prielio  Dwintt  reoepit  dnas 
piagas  et  sie  fugit  in  nanibus.  et  mortui  sunt  ibi  in  ipsa  pagna 
dncenta  milia  Persarum.  Laoedemonee  antem  renersi  sont  enm  lOO 
uictoria  in  terram  suam. 

Bellum  quod  fecit  luHns  Cesar,  in  qno  bello  Bomani  fortiter 
pugnauerunt  et  in  ipso  praelio  centom  quinqnaginta  milia  Boma- 
*B  norum  |  mortui  sunt,  qui  usque  ad  Constantixun  Angnstom  nullam 
pugnam  contra  Romanos  facere  potuenut.  sed  tantnm  fnerant  snb-  106 
iugati  lulio  Cesare,  ut  censum  Bomanis  darent.  deinde  pn^auit  in 
Brittania  et  Brittones  pensionarios  feeit.  ad  ultimum  Galliam  uicit 
et  sedem  nouam  Romanam  ibi  fedt.  deinde  neniens  in  Hyspaniam 
subiugauit  sibi  et  reuersus  est  in  Italiam.  post  hoc  factum  Bomam 
uiotor  introiuit.  postea  abiit  et  perdomuit  totum  orientem  oeoi-  110 
dentem  meridiem,  Asiam  Qreoiam  Maeedoniam  Byriam  ludeam 
Arabiam  Dalmaciam  Frigiam  Pamphiliam  Damascnm.  ad  ultimum 
Bomam  rediens  consentiente  senatn  in  curia  interfectus  est  et  u( 


82  fagit  auM  faait  corrigiert        wider$nrieAt  JuMt,  II  4^  Z9  f. 
83  AmazoDarum]  voL  z,  86        84  feMi  bei  Juit.  Jord,  Orot.        86  pjrry 
cod,  86  Just.  Il  4,   32    ^     Hl  fkr  da$  folgende  iet  die  fuelU  nieki 

direci  nachiuweUen  91   qna  cod*  Jui.  VaXer,  c.  72  92  per 

septlDgentii   annis  Laur,  cecasarem  cod*^    aber  dm»  xweüe  e  au»  i 

corrigiert  93  Juet.  II  9  94  tehithia  eod,  97  laeedemonis ,  i 

über  der  leile  von  3r  kand  98  vgU  Ju»L  II  IJ,  19         101  ma;  cod. 

102  vgl.  Eutrop.  VI  17  104  neben  tant  iet  ein  zeichen  da»  mifden  ranä 
verwcittt  und  dort  steht  von  3r  hand:  de  gennaiiis  taata  mortui  •»  je  da»t 
also  Romanonim  ein  Schreibfehler  ist  107  pentonarios  cod*  109  sibi 
ist  ausradiert        112  danasom  cod*        118  Oro».  Fi  17.    JSmirop.  VI  25 


560  FRühl:  ein  anekdoton  zur  gothischen  Urgeschichte. 

dicunt  fuerunt  in  consilio  mortis  illius  sexaginta  Romani  et  fecerunt 

115  illi  uiginti  et  tres  piagas.  mortuo  lulio  Cesare  Octauianud  nepos 
eins  Romanum  suscepit  imperium  et  dictus  est  Augustus,  id  est 
imperator.  et  subiugauit  sibi  totum  mundum  absque  Scithiam  et 
Indiam.  sub  ipso  natus  est  Christus,  et  quamais  non  esset  Seithia 
et  India  illi  subiugata,  tarnen  cum  muneribus  ad  eum  miserunt,  qoe- 

120  rentes  ab  eo  pacem ,  quam  acceperunt.  | 

Scithe  antiquiores  populi  et  est  posita  Seithia  in  Oriente  etf.a 
interclusa  est  sicut  et  öothia.   nam  ab  uno  latere  mare,  ab  alio  mon- 
tes  Biphei ,  a  dorso  Asia  et  Tanais  fiuuius.   primum  in  ea  habitauit 
Magog  filius  lafet,  et  dicunt  quidam,  ut  aliquando  fuisset  gens 

125  sapiens  et  mansueta.  aetiam  nee  campos  laborabant  et  nallum  peo- 
catum  erat  inter  eos.  non  habebant  domos ,  sed  tantum  lac  et  mel 
manducabant.  uestiti  erant  de  pellibus  ferarum.  aurum  et  ar^gen- 
tum  et  gemmas  sicut  lapides  habebant  et  pigmenta  multa.  non  con- 
cupiscebant  aliona,  quia  omnes  diuites  erant.   animalia  et  uictualia 

130  multa  habebant.  non  erant  fomicatores ,  sed  solummodo  suas  habe- 
bant. et  a  nullo  imperio  superati  sunt,  postea,  ut  dicunt  quidam, 
ad  tantam  crudelitatem  peruenit  iam  dicta  gens,  ut  camem  humanam 
manducaret  et  sanguinem  biberet.  Daryum  regem  cum  turpitadine 
fecerunt  fugere  predicti  Scithe  et  perdidit  ibi  Daiyus  centum  milia 

135  hominum  et  sie  cum  timore  fugit  in  Persas*   et  Cyrum  regem  Per- 
sarum  cum  trecentis  milibus  Persarum  occidit.  Alexandrum  Magnum, 
qui  multa  regna  pugnando  sibi  subiugauit,  ipsum  turpiter  fugarant 
pugnas  llomanorum  audi|uerunt ,  sed  Uomani  cum  eis  non  pugna-  r  n' 
uerunt,  quia  gens  iUa  dura  erat  ad  sustinendum  omnem  laborem,  ia 

140  belle  fortis,  corpore  magna,  nihil  habebant,  quod  perdere  timerent; 
quando  uictoriam  habebant,  nihil  de  praeda  uolebant,  nisi  tantum 
laudem  exinde  quercbant,  et  absque  Cyro  et  Dario  et  Alezandro 
nulla  gens  ausa  fuit  intrare  infra  terram  illorum.  Amasonea  aam- 
que,  quas  audistis,  aliquando  de  gente  Scitharum  exierunt.  predicta 

145  uero  gens  Scitharum  dura  erat  ad  pugnandum  super  aequos,  uelocM 
omnes,  loricati,  tibias  ferro  circumdabant,  in  capite  galeaa  aureai 
habebant.  Darius  uero  rex  Persarum,  de  quo  ante  dizimusi  dual 
pugnas  fecit  cum  Alexandre  et  uicit  eum  Alexander  et  occidit  illi 
triginta  milia  Persarum,  et  postquam  Darium  uicit,  totum  orienteni 

150  subiugauit  sibi  Alexander  sine  regno  Scitharum.  inde  rediens  ez- 
pugnauit  Albaniam.  cum  Talisaridae  regina  Amazonum  pacem  fecit 
pace  facta  introiuit  ad  pugnandum  in  Indiam  et  cum  fort!  pugna 

118  xp«.  cod.        quanis  cod.       121   Just,  II  i,  21       123  riphejr  cod, 

vgl.  zu  Laur,  z.  135,     zeile  124.  125  fehlen  auch  im  Law,         124  Jcrdm  r.  5 

125  Ju»t.  II  2         126  nach  tAntuiii  acheint  tentoria  auggefallen  zu  tebt 

127  vgl.  zu  Laur.  z.  140  /*.         180  vgl,  zu  Laur.  r.  144         131  Jaal.  //  J 

132  fehlt  auch  im  Laur,    vgl,  Jord.  c,  5  h,  31  Clots  138  Juai.  il  J 

134  die  zahl  fehlt  bei  Just.  II  3.    derselbe   II  5,   10  hat  octo|^U 

milibuB  136  vgl,  zu  Laur,  z.  146  140  magna  von  tr^   magnl  so» 

3r  hand        142  vgl.  Just,  XXXyill  7,  3        144  Just.  Il  i,  3        146  Vfi. 

zu  Laur.  z.  157        149  trecenta  Laur.         151  Just.  XI 1  3,  5 


FRflhl:  ein  anekdoton  tor  golhfaehen  mgetehidite,  561 

Indos   uicit  et  deinde  iotam  Libiam  perdomoit  tisqne  ad  mare 
Caspium.    ad  ultimum  in  ierram  Bactnanorum  introinit  et  filiam 
loroaatrae  regis  Bactrianomm  nxorem  accepit.  deinde  nenit  in  caatd-  166 
^  A  Iura  nomine  Susis  et  uidit  ibi  regiam  domum  Gyn  la|pide  eandido  et 
aaiio  omatam  et  columnas  anreas  et  panimenta  exomatai  oontineni 
etiam  simulacfarum  caeli  stellibna  ftilgentibns  omatnm  et  cetera  homa- 
nis  mentibus  incredibiüa.  postqoam  eandem  glorioeam  domnm  nidit| 
accepit  mores  duas  filias  Darii.  deinde  nenit  in  Babiloniam  ibiqne  i60 
a  Cassandro  et  lobas,  qui  fuerunt  filii  Antipatria,  neneno  ooeiana 
edt.    sed  uidondo  se  in  mortis  pericolo  atare  Perdieca  prooonanli 
sno  regnum  tradidit  et  commendaait  illi  nxorem  anam  Boianem. 
alia  sua  regna ,  quae  caepitf  prindpibna  ania  dioiait  et  praeoepit  Ati» 
deo,  ut  de  centum  talentis  aori  beeret  illi  a^nlehmm  in  A^gypto,  166 
quod  et  fecit;  ibique  sepnltns  est.  a  nicesimo  natiuitatia  anae  anno 
regnare  cepit  et  regnauit  annoa  trededm. 

153  mar^  eod.        166  fecet  eod* 

£s  folgt  im  Bamb.  eine  geadiichte  dea  trojaniachen  kriegs  und  dea 
Aeneas,  die  anfUngt :  Thäis  fitU  mater  oMBia.  d  fpea  thäis  dtda  i 
de  numero  quinquaginta  nereitarum.  d  dkimm  unde.  aie  acheint 
identisch  mit  derjenigen  2U  sein,  die  Bandini  coL  818  ala  fiertea 
atflck  des  codex  Laur.  66,  40  anflührt,  und  rieUeicht  mit  dem  letz- 
ten teile  des  in  Pertz  archiy  IX  600  beschriebenen  codex  aaec.  IX 
aus  der  k.  privatbibliothek  zu  Turin. 

Offenbar  liegt  in  allen  diesen  hss.  eine  selbstftndige  Verwen- 
dung und  bearbeitung  desselben  originale  vor ,  im  Bamb.  eingefügt 
in  eine  art  von  Weltgeschichte ,  die  durch  Überarbeitung  verschiede* 
ner  selbständiger  geschichtswerke  xusammengestellt  wurde,  der  text 
kann  weder  hier  noch  im  Laur.  der  ursprüngliche  sein ;  man  bedarf 
mehrfach  der  worte  der  einen  hs.,  um  die  der  andern  zu  erklären, 
sprachlich  unterscheiden  sich  beide  in  der  aufiiallendsten  weise ;  wäh* 
rend  der  Laur.  uns  eine  vollkommene  auflOsung  der  lateinischen 
formen  zeigt,  aber  im  Wortschatz  einigermaszen  lateinisches  gepräge  ' 
festzuhalten  sucht,  ist  der  Bamb.  in  den  formen  ziemlich  correct, 
aber  die  gut  lateinischen  Wörter  sind  überall  mit  einer  gewissen  Sorg- 
falt durch  barbarische  ersetzt,  oder  wenigstens  durch  solche  latei- 
nische, welche  die  geforderte  bedeutung  —  wenn  überhaupt  —  erat 
in  sehr  später  zeit  erlangten,  dazu  liest  sich  das  ganze,  wie  wenn 
ein  schlechter  quartaner  eine  moderne  vorläge  ins  lateinische  über- 
setzt hätte. 

Indessen  die  sprachlichen  fragen,  die  hier  auftauchen,  mGgen    ^ 
andere  beurteilen;  zunächst  fragt  es  sich:  was  war  das  original 
der  beiden  stücke,  auf  wen  geht  es  zurück? 

Es  war  gewis  nicht  die  arbeit  eines  mannes,  der  selbständig 
aus  den  quellen  sich  eine  Übersicht  über  die  exordia  verschiedener 
Völker  gemacht  hatte,   wer  sich  mit  so  dürftigen  und  abgerissenen 

Jahrbftcher  fAr  da*».  phUol.  18S0  hfl.  8.  87 


562  FRühl:  ein  anekdoton  zur  gothischen  Urgeschichte. 

notizen  begnügte,  der  fühlte  schwerlich  verlangen  seine  naohrichten 
ans  mehreren  quellen  zusammenzuarbeiten :  ihn  hätte  der  6ine  Oro* 
siuB  vollauf  befriedigt,  wir  werden  also  wol  kaum  irren,  wenn  wir 
dieses  original  seinerseits  wieder  für  einen  auszug  aus  einem  grOne- 
ren  werke  halten,  aber  in  welche  zeit  dürfen  wir  dieses  werk  setten, 
wovon  mag  es  gehandelt  haben,  wer  war  der  Verfasser? 

Da  hilft  uns  die  beschreibung  des  Skythenlandes  auf  die  spur, 
dort  heiszt  es  (Laur.  z.  134  f.,  Bamb.  z.  121  f.)  e^  posüa  ScUhia  m 
Oriente  et  interclusa  sicut  et  Gothia.  das  zeigt  uns,  dasz  der  yerfiMser 
des  original  Werkes  zu  einer  zeit  geschrieben  haben  musz,  wo  dit 
Qothen  ein  gegenständ  des  öffentlichen  interesses  waren,  and  mackt 
es  höchst  wahrscheinlich,  dasz  in  einem  frühem  teile  seines  bnchfli 
von  dem  lande  und  also  auch  wol  von  dem  volke  der  Oothen  dii 
rede  gewesen  ist.  nun  finden  wir  weiter,  dasz  den  hauptinhslt 
unserer  auszüge  die  geschichte  der  Amazonen  und  der  Skythen  ani- 
macht;  die  geschichte  des  Eyros  ist  aufgenommen,  weil  er  durch 
Tomyris  föUt;  die  erzählung  von  Alexander  offenbar  auch  nnrum 
seiner  beziehungen  zu  den  Amazonen  und  den  Skythen  willen;  tob 
Caesar  werden  insbesondere  seine  ;kampfe  mit  den  Oermanen  her- 
vorgehoben, erwägen  wir  nun ,  dasz  die  Skythen  ab  vorfahren  dar 
Qothen  galten,  dasz  die  Amazonen  abkömlinge  der  Skythen  lind, 
so  ergibt  sich  der  schlusz  von  selbst,  dasz  wir  auszüge  ans  einer 
gothischen  geschichte  vor  uns  haben,  deren  Verfasser  Orosins  md 
Justinus  (oder  Pompejus  Trogus)  benutzte,  dasz  die  geschichte  dei 
Ninus  und  der  Semiramis  voraufgeschickt  wird ,  entspricht  dem  ge* 
wohnlichen  brauch  christlicher  Schriftsteller. 

Es  stimmt  nun  aber  unser  auszug  auf  eine  merkwürdige  mm 
überein  mit  der  schrift  des  Jordanis  de  origine  et  rebus  gestis  Gtianm 
die  ersten  capitel  seines  werkes  behandeln  ganz  dieselben  dinge,  md 
er  folgt  (wenn  wir  von  der  kosmographie  absehen)  ganz  deiisdbei 
quellen,  die  geschichte  des  Ninos  und  der  Semiramis  fehlt  iDer 
dings  bei  ihm  und  ebenso  die  frühere  geschichte  des  Kyros  bis  nr 
eroberung  von  Lydien.  dagegen  erzählt  auch  er  den  krieg  des  KyrM 
mit  Tomyris  und  seinen  Untergang  und  führt  hier  ausdrücklich  im 
Pompejus  Trogus  als  quelle  an.  ja  in  seiner  vorläge  scheint  aogir 
etwas  gestanden  zu  haben ,  was  dem  regnum  cum  auctcrüaU  imiä 
(sc.  Tomyris)  im  Laur.  z.  56.  Bamb.  z.  52 ,  wofür  sich  bei  Jostii 
kein  anhält  findet,  entspricht:  denn  er  bezeichnet  c.  10  die  Tomyrii 
als  auäa  uiäoria\  und  das  kann  nur  den  sinn  haben,  dasz  ihr  an- 
sehen in  folge  ihres  groszen  sieges  sehr  gewachsen  war.  dan  Joi^ 
danis  weiter  in  seiner  vorläge  wesentlich  dasselbe  fand,  was  nucn 
auszüge  berichten,  steht  fest;  wie  mängelhaft  er  hier  «o^geiogBB 


*  auda  ist  doch  wol  als  die  einzig  richtige  leiart  in  betraehlM. 
ich  bin  für  den  tezt  des  Jordanis  auf  die  ausgaben  von  Moratori  uad 
Closs  und  eine  collation  des  Palatinus  und  unseres  Bamb.  aagewlesea* 
der  letztere  ist  ganz  unbrauchbar,    an  unserer  stelle  liest  er 


FRühl :  ein  anekdotos  rar  gotluMlien  mgesdiichta«  663 

hat,  habe  ich  an  einem  andern  orte  gezeigt^  die  abweiohnngen 
zwischen  Jordanis  und  nnsem  anazflgen  anf  der  einen  und  JnettaoB 
auf  der  andern  seile  erklftren  eich  daraus,  dasz  die  jenen  gemein- 
schaftliche vorläge  ausser  Trogus  noeh  einen  oder  mehrere  andere 
schriftsteiler  benutzte,  die  seltsamen  angaben  des  Lanr.  z.  59,  dasz 
die  beiden  edlen  skythischen  jfinglinge  die  Cemerifms  campua  iuxta 
Amnem  et  Termodontem  ßuuius  (fkmus  iei  natOrlioh  aoo. 
plur.)  besetzt  hätten,  und  z.  75,  dasz  Hercules  cashra  stuper  Amnem 
fluuiumposuU^  erklären  sich  sehr  ein&ch,  wenn  man  annimt,  daas 
der  Verfasser  des  auszugs  sich  vorBtellte,  dasz  die  Amazonen  zwischen 
zwei  Aussen  gewohnt  hätten,  und  in  der  that  liegen  die  themisl^- 
Tischen  gefilde  zwischen  Chadisios  und  Thermodon.  der  name  Amnis 
für  den  einen  der  beiden  flflsse  wird  dann  keine  cormptel  sein,  son- 
dern folge  einer  glosse.  dasz  Hercules  ein  lager  an  einem  der  beiden 
flösse  aufgeschlagen  habe,  und  zwar  nicht  am  Thermodon,  ist  auch 
sonst  überliefert,  es  folgt  der  zug  des  Dareios  gegen  die  Skythen, 
von  dem  auch  Jordanis  c.  10  berichtet,  und  dann  eine  confnse  er- 
zShlung  von  den  kämpfen  der  Perser  mit  den  Ghriecfaen,  ans  der  nnr 
80  viel  hervorgeht,  dasz  die  ursprüngliche  vorläge  sowol  Ton  dem 
zuge  nach  Marathon  als  von  dem  feldzuge  des  Xerzes  berichtet  haben 
musz.  nehmen  wir  nun  an ,  dasz  hier  wieder  dieselbe  quelle  wie  bei 
Jordanis  vorliegt,  so  erhalten  wir  aufschlnsz  darüber,  weshalb  Jor- 
danis den  Xerzes  einen  zug  gegen  die  Skythen  unternehmen  Iftszt, 
den  er  genau  so  beschreibt,  wie  Justinus  seine  ezpedition  gegen 
die  Griechen,  seine  quelle  erzählte  eben  nach  dem  unglücklichen 
feldzuge  in  das  Skythenland  in  einer  digression  (oder  um  in  der 
spräche  der  zeit  zu  reden  in  excessu)  die  eben  so  unglücklichen  Unter- 
nehmungen gegen  Griechenland,  und  er  übersah  die  kleine  wendung, 
von  der  uns  im  Laur.  z.  104  f.  eine  spur  erhalten  ist  in  den  werten 
postea  cum  Ätheniensebus  et  Lacedenumüs  in  Oreda*  Darius  h^lum 
intulit. 

Was  dann  weiter  in  unsem  auszügen  von  Caesar  berichtet  wird, 
hat  ohne  zweifei  auch  in  der  vorläge  des  Jordanis  gestanden ;  er  deu- 
tet in  c.  1 1  darauf  hin.  und  wie  jemand  dazu  kam,  Caesars  in  einer 
gothiscben  geschichte  zu  gedenken,  zeigt  der  satz  bei  Jordanis:  cuku 
(sc.  Dicenei)  consilio  Gothi  Oermanarum  ierras,  quas  nunc  Franci 
obtineni^  depopulati  sunt,  der  unmittelbar  folgende  satz  bei  Jordanis 
aber  {Caesar  vero  .  .  Gothas  tarnen  crebro  pertenians  nequimU  subi- 
cere)  macht  es  höchst  wahrscheinlich,  dasz  in  der  Torlage  des  Jor- 
danis auch  schon  vorher  von  Caesar  die  rede  war  und  ihm  dort  die 
besiegung  'der  Franken  zugeschrieben  ward,  dasz  dann  in  dieser  vor- 
läge wie  in  den  auszügen  auch  von  Augustus  gehandelt  wurde,  ist 
sehr  wahrscheinlich:  der  satz  Gaius*  ^berius  tarn  tertius  regnai 

*  'die  verbreitang  des  Jnstiniis  im  mittelalter'   s.  7  f.  *  Qot- 

flchmid  in  diesen  jahrb.  1862  s.  144  emeodiert  Caesar  7Y6erfatf,  dem  sinne 
nach  richtig:,  aber  es  bleibt  doch  zweifelhaft,  ob  der  fehler  wirklich 
den  abschreiben!  oder  nicht  schon  dem  Jordanis  selbst  soanscbreiben 

37  ♦ 


564  FKühl:  ciu  anekdoton  zur  gothi»chen  Urgeschichte. 

Romanis  deutet  darauf  hin,  und  die  heitere  namensform  zeigt,  wie 
wenig  sorgfUltig  Jordanis  auch  hier  excerpierte. 

Der  folgende  abschnitt  der  auszüge ,  über  das  skjthische  volk, 
fehlt  bei  Jordanis ;  dagegen  musz  dessen  quelle  wieder,  wie  die  ans- 
Züge,  von  Alexander  gehandelt  haben  (Jord.  c.  10),  und  die  auazOge 
weisen  wenigstens  keinen  Widerspruch  mit  Jordanis  auf. 

Die  einzige  quelle  des  Jordanis  aber ,  abgesehen  von  ein  paar 
streitigen  puncten ,  wo  er  ansschlieszlich  eigene  Weisheit  zu  miükt« 
bringt,  ist  die  historia  Gothorum  des  Cassiodorus.*  hat  Jordanii 
mit  unsern  auszügen  die  gleiche  quelle ,  so  stammen  sie  aas  dieaem 
buche,  um  das  zu  prüfen,  steht  uns  noch  ein  anderes  hilfsmittd 
zu  geböte,  die  kosmographie  des  Aethicus  Hister,  Ton  dem  lA 
an  einem  andern  orte^  nachgewiesen  habe  dasz  er  CasBiodor  fae^ 
nutzte,  und  dieser  bietet  nun  in  der  that  eine  menge  von  berfik- 
rungspuncten  mit  unsern  excerpten.  man  darf  sich  nur  nicht  dnnk 
die  grauslichen  namen  irre  machen  lassen,  die  er  sonst  ganz  bekam- 
tcn  orten  und  Völkern  gibt,  und  musz  sich  —  so  unerfreulich  es  seil 
mag  —  kühn  in  den  trüben  sumpf  seiner  darstellung  hinein wagei.' 

Zunächst  musz  der  Verfasser  des  Aethicus  in  seiner  quelle  etwai 
über  die  königin  Tomyris  gefunden  haben :  denn  es  heiszt  a.  fiO|  1 
Tamaris  rcgina  aciem  contra  Medos  et  Persas  cum  prodio  magm 
st^ituit. '  ferner  ist  die  Übereinstimmung  in  bezug  auf  die  Aw«ft»mi^ 
so  bedeutend ,  dasz  ich  sie  hier  nicht  weiter  hervorzuheben  braudtf 
und  es  genügt  auf  meine  oben  angeführte  abhandlung  zu  verwoMi. 
es  finden  sich  auszerdem  noch  ganz  specielle  ähnlichkeiten.  ao  ent- 
spricht der  ausdruck  feminas  reseruant  Aeth.  s.  51,  19  dem  Bank. 
z.  63  f.  feminas  uero  reseruahant,  und  die  wendungm  ülisaiiäemlodi 
in  quibus  hahehant  pacem  Bamb.  z.  61  f.  klingt  an  das  tumc  i 


8oi.  an  der  von  Gutschmid  ao.  angeführten  stelle  c.  16  liest  der  Pab- 
tinus:  Maximihus  inquiens  Caesar  morUto  aiexandro  ab  exercüu  tfttiB 
est  hnp.  —  Gaius  Tiberius  lesen  übrigens  auch  die  codd.  FQ  bei  EntiM- 
VII  11. 

®  ich  glaube  bis  auf  weiteres  auch  nach  den  erÖrterongen  v«i 
Usener  'anecdotoii  Holdcri'  s.  16  an  dieser  form  dei  namens  festhält« 
zu  sollen,  es  ist  bekanut,  wie  sehr  die  abschreibor  (und  Insboeoiflsn 
in  über-  uud  Unterschriften)  es  lieben,  das  i  am  Schlüsse  der  wSrlBrM 
vordoppeln,  aus  der  geuitivform  wäre  daher  nichts  su  schlieaaen,  aack 
wenn  sie  coiistant  wäre.  ÜKiZ  nur  Cassiodoru»  etymoIogi8<^  richt(ff  ill| 
wird  doch  wol  nicht  bestritten,  und  dasz  die  antiochenischen  Tomma 
des  mannes  sich  Kacciö^wpoc  nannten,  weist  Usener  s.  76  selbst  nach. 
'  'die  Verbreitung  des  Justinus  im  mittelalter*  s.  6  f.  **  Röaler  in  aeiHi 
'romilnisclien  Studien^  s.  17  behandelt  die  Schrift  ohne  weiteres  als  echt: 
aber  er  selbst  liefert  nur  beweise  für  die  nneohtheit.  ich  bedaaii 
doppelt  dasz  eine  ausgezeichnete  abhandlung  über  abfaasangMEeil  oi 
zweck  der  Schrift,  in  die  mir  vor  jähren  gütigst  einsieht  Teratattet  wvlii 
noch  immer  nicht  durch  den  druck  allgemein  zusriinglich  gemacht  wor- 
den ist.  '  ich  citiere  nach  Seiten,  Zeilen  und  wo  nötig  capitehi  dar 
Wuttkescheu  ausgäbe,  die  mit  grosser  Sorgfalt  angefertigt  ist»  wie  lob 
mich  bei  einer  teilwcisen  nachcollation  des  codex  Lipsienaii  fiberaaaft 
habe,  nach  Bcthmaun  in  Pertz  archiv  XII  314  büte  übrigens  der  oodcz 
Keginensis  126<.i  (saec.  IX;  den  besten  text. 


FRuhl:  ein  anekdoton  rar  gotlntcheii  nrgeidiieliie.  565 

pace  patrata  bei  Aeth.  s.  51, 18  an.  Jttstiii  weisz  tob  dieser  nSheni 
bestimmuDg  nichts,  der  atimis  Murgkieen  bei  Aetb.  51,  2,  der  m 
diuersis  riuolis  diuidUury  ist  der  Tbermodon  (ygl.  Apollonioa  Arg.  11 
972  ff.  mit  den  scholien).  auch  über  die  waffen  und  den  aa£rag  der 
Amazonen  (Laur.  z.  92)  wird  Cassiodor  gehandelt  haben,  nad 
Aethicua  bat  dann  51,  8  ff.  52,  22  ff.  das  in  seine  ediaiierliehe  Schil- 
derung verwandelt  möglich  ist  es  ttbrigens,  dass  Casdodor  ftbr  die 
Amazonen  neben  Trogus  noch  Ammianns  MaroeUinns  zogezogen 
und  entweder  beide  Versionen  der  sage  neben  einander  gestdlt  oder 
sie  in  einander  verwebt  hat.  wenigstois  stimmt  die  stelle  Aeth.  51,5 
(guae  post  gyratam  SchUiam  a  meridie  Amajsonae  profitgae  tOgue 
prosdUae  in  eadem  pälusiria  dm  exuks  reseeienffi^)  im  wesentlichen  mit 
Ammian  XXII  8,  17  flberein,  der  die  Anuusonen  erst  als  flüchtlinge 
an  den  Tbermodon  kommen  Iftszt,  während  sie  nach  Justin  von  je- 
her dort  sitzen. 

Was  die  Skythen  betrifft,  so  hat  Aethicus  die  einzelnen  von 
Cassiodor  überlieferten  zOge  auf  drei  verschiedene  vOlker  verteilt, 
die  Skjrtben,  die  Sachsen  und  die  Tttrken.  von  den  Sachsen  scheint 
das  unglaublich,  es  geht  aber  hervor  aus  Aeth.  s.  83, 28,  wo  Seitkaet 
Chriphae^  Traconiae  und  Saxanum  genm  maphkUistinmm  zusammen 
genannt  werden,  und  noch  mehr  aus  der  Schilderung  in  c  81,  wo 
sie  gar  an  den  quellen  des  Tanais  wohnen  sollen,  setzen  wir  das, 
was  über  jene  drei  vOlker  gesagt  wird,  zusammen,  so  erhalten  vrir 
parallelsiellen  ftlr  alle  einzelnen  puncto*  unserer  excerpte. 

Zunächst  wird  das,  was  Laur.  z.  181,  Bamb.  z.  119  f.  von  dem 
tribut  berichtet  wird ,  den  die  Skythen  dem  Augustus  leisteten ,  bei 
Aetb.  8.  19  von  den  Türken  erzählt,  und  die  ganz  überflüssige  notiz 
der  auszüge ,  dasz  unter  Augustus  Christus  geboren  sei ,  tritt  in  ihr 
richtiges  licht  durch  die  angäbe  des  Aethicus  s.  19,  5  ff.,  die  Türken 
hätten  tribut  gezahlt  iunc  quidem  spawte,  uidenies  qtioque  uicinas 
regiones  censum  dare:  arhUrati  stmi  quod  detis  dierum  nouus  arhi$ 
fuisset. 

Dann  stimmen  mit  Aethicus  diejenigen  teile  tmserer  auszüge, 
die  nicht  aus  Justinus  stammen,  vor  allem  die  angebliche  abstam- 
mung  der  Skythen  von  Oog  und  Magog,  eine  genealogie  die  Aethi- 
cus  den  Türken  andichtet  (s.  18,  80).  ja  bei  Aethicus  finden 
sich  sogar  die  naraen  Oogetae  und  Magogdae  (s.  28,  18),  wodurch 
die  dunkle  stelle  Laur.  z.  136  f.  erklärt  wird,  wo  offenbar  eine  cor- 
ruptel  vorliegt,  ich  zweifle  keinen  augenblick,  dasz  MagogeUte  eine 
vermeintliche  etymologie  von  Massagdae  ist  und  dasz  der  letztere 
name  die  erflnder  der  theorie  von  der  Identität  von  Gothen,  Geten 
und  Skythen  lebhaft  in  ihrer  ansieht  bestärkt  hat.  femer  finden  sich 
die  nachricbten  über  den  mineralreichtum  des  Skythenlandes  (Laur. 
z.  140  ff.  Bamb.  z.  127  ff.)  wieder  bei  Aeth.  s.  18,  11  ff.  48,  28.  49, 
23  ff.  und  auch  die  notiz  über  die  grausamkeit  der  Skythen  im  Bamb. 
z.  131  f.  stinmit  mit  Aeth.  s.  48,  21  ff.  und  50,  11.  wenn  dieser  die 
sitte  des  bluttrinkens  auf  Ninos  zurückführt,  so  ist  das  selbstver- 


566  FRübl:  ein  anekdoton  zur  gotbischen  Urgeschichte. 

ständlich  eine  nur  ihm  angohörige  erfindung,  die  sich  hinlänglich 
erklärt,  wenn  man  bedenkt  dasz  auch  sonst  christliche  autoren  den 
Ninos  verflucht  haben,  weil  er  zuerst  den  krieg  in  die  weit  gebracht 
haben  sollte,  wie  aber  kam  Cassiodor  dazu,  derartige  dinge  Yon 
seinen  geliebten  Skythen  zu  berichten?  offenbar  dadurch,  dasz  die 
idyllische  Schilderung  bei  Trogus  mit  so  vielen  andern  berichten  in 
schneidendem  Widerspruch  stand,  er  half  sich  damit,  dass  er  die 
grausamen  neigungen  einer  andern  entwicklungsperiode  des  volkie 
zuschrieb  als  seine  milden  sitten  (vgl.  Jord.  c.  5). 

Endlich  finden  wir  bei  Aethicus  auch  einige  von  denjenigea 
Zügen  aus  dem  leben  der  Skythen  wieder,  in  denen  unsere  excerpte 
mit  Justin  übereinstimmen,  insbesondere  von  ihrer  Viehzucht  und 
der  rauhheit  des  bodens  redet  er  s.  18,  38  ff.  48,  25  ff.  sogar  von 
den  angriffen  Alexanders  auf  die  Skythen  weisz  er  zu  berichten,  nnr 
dasz  er  wieder  statt  der  Skythen  die  Türken  setzt  (s.  19,  26  ff.). 

Wer  lust  hätte,  könnte  wahrscheinlich  noch  eine  ganze  reibe 
übel  zugerichteter  fragmente  des  Cassiodor  aus  Aethicus  herau- 
schälen,  und  wer  viel  zeit  übrig  hat,  wahrscheinlich  ohne  allzugroiie 
mühe  sämtliche  fugen  des  machwerkes  aufdecken,  für  unsem  zweck 
genügt  das  bisher  erörterte  vollkommen,  ich  möchte  nnr  noch  anf 
eine  stelle  aufmerksam  machen,  niemand  wird  glauben  dasz  da 
elende  sudler,  dem  wir  den  Aethicus  verdanken,  jemals  den  Ammitt 
gelesen  habe,  nun  heiszt  es  aber  bei  Aeth.  s.  18,  34  ff.  von  dea 
Türken :  uinum  pcnitus  igfwrant,  säl  nuUatenus  fdumturj  firumentum 
nunquam  usi,  und  das  stimmt  ziemlich  genau  mit  Ammian  XIV  4, 6, 
wo  es  von  den  Saracenen  heiszt:  plerosque  nos  uidimus  firumiaii 
usum  et  uini  penUtis  ignorantes.  ebenso  konnte  das,  was  wenige  sei- 
len vorher  von  den  gescblechtsverhältnissen  der  Türken  gesagt  wird, 
recht  gut  aus  Ammian  XIV  4,  4  f.  herausgesponnen  werden,  sollte 
etwa  Cassiodor  der  Saracenen  gedacht  und  zu  ihrer  schildenug 
Ammian  benutzt  haben  ? '"  ich  weisz  sehr  wol  dasz  für  den  verfiMser 
des  Aethicus  die  Türken  ein  sehr  reales  volk  waren,  was  er  hier  f  oa 
ihnen  erzählt,  trifft  mit  der  Wahrheit  so  ziemlich  überein;  allein  ei 
ist  bekannt ,  dasz  die  Schriftsteller  des  frühem  mittelalters  sich  die 
phrasen  zur  Schilderung  der  dinge  und  menschen  ihrer  eignen  seit 
aus  alten  büchem  zusammenlasen,  und  dasz  Aethicus  sonst  auch  bei 
den  Türken  so  verfährt,  haben  wir  gesehen. 

Doch  um  auf  die  hauptsache  zurückzukommen,  es  kann  nach 
den  angestellten  erörterungen  wol  keinem  zweifei  mehr  onterliBgai, 
dasz  wir  es  in  den  Florentiner  und  Bamberger  excerpten  wirklich 
mit  auszügen  aus  der  gothischen  geschichte  des  Cassiodoms  sa  thim 
haben,  die  beweisführungen  von  Köpke  und  Junghans,  dasz  aolche 
auszüge  existiert  haben  müssen ,  hätten  damit  eine  reale  unterläge 

'®  über  die  benutzanji;  des  Ammian  durch  Cassiodor  vgl.  Schima 
'de  ratione  quae  inter  lordanem  et  Cassiodomm  intercedat'  s.  St.  OaU 
schmid  in  diesen  jahrb.  1862  8.  128  f. 


FRflhl:  ein  anekdoton  na  gothJMhgn  ugaM&iflkte.  68T 

gewonnen,  und  daraus  erwftchat  nmlohat  eiiie  bftifhmig.  sdDte  mm 
nicht  statt  so  anbedeatender  saohen  nodi  irgendwo  wirUioh  wert» 
Yolle  auszüge  finden  können?  es  wire  wol  der  mtUie  weirt  eifrig 
danach  za  suchen. 

Indessen  auch  aus  den  hier  verCffentlichten  trOmmem  liest  aiek 
einiges  interessante  gewinnen,  halten  wir  sie  mit  Jordanis  soaamp 
men ,  so  bekommen  wir  einen  riemlieh  klaren  einbliek  in  die  wtg^ 
schichte  der  öothen,  wie  sie  Cassiodor  enihlt  hatte.  lia  soheiBt 
sehr  ausftLhrlich  gewesen  xu  sein''  und  war  eine  sorgftltige  mosaik 
nicht  nur  aus  verschiedenen  schriftsiellemi  sondern  aack  ans  Ter- 
schiedenen,  zum  teil  siemlioh  weit  von  einander  entlegenen  stelkn 
derselben  Schriftsteller,  die  gnmdlage  bildet  die  idantifieierong  der 
Gothen  mit  den  Oeten  und  der  Gteten  mit  den  Bkjrthen,  Thiäkmfn 
und  Daken:  das  gab  dann  wieder  Teranlassnng  ^((jenigtn  TOlker 
heranzuziehen,  welche  Yon  den  Skythen  abstammen  soUteni  also  die 
Amazonen  und  die  Parther.  dass  auch  Ton  Caesar  gehandelt  wird^ 
▼erdankt  er  seinen  kämpfen  mit  den  Germanen;  dasx  Ton  AlexaDder 
so  ausführlich  die  rede  ist,  erUftrt  sich  nicht  nur  dnreh  seine  bo- 
Ziehungen  zu  den  Amazonen  und  Skythen,  sondern  aaoh  dnrdi  die 
kftmpfe  der  Thraker  mit  'ihm  und  seinen  naohfolgem  (vgl  Jord. 
c.  10).  Jordanis  und  unsere  aoszOge  erginsen  sieh  flberall  gegen- 
seitig und  lassen  dadurch  die  nrsprflngÜobe  Torlage  siemlioh  doat- 
lich  erkennen,  auch  die  ansfllhrlichen  sittensdülderongen  der  ans- 
zttge  entsprechen  ganz  der  art  und  absieht  Cassiodors. 

Es  verlohnt  sich  nunmehr  wol,  auf  die  einzelheiten  einzugehen 
und  die  Zusammensetzung  der  sttlcke  zu  untersuchen;  es  wird  das 
auch  dazu  dienen,  eine  anzahl  der  von  uns  angestellten  behaup- 
tungen  noch  näher  zu  begründen. 

Zunächst  stimmt  die  erzählung  von  Ninos  und  Semiramis  durch- 
aus mit  Justinus  (1 1,  2).  loastra  Laur.  z.  6  ist,  wie  schon  aus  Bamb. 
z.  5  hervorgeht,  eine  corruptel  aus  Zaroastrc  man  kOnnte  aller- 
dings glauben  —  und  Bamb.  z.  6  f.  predktus  uero  Nwm  cum  sedent 
super  unam  ciuitatem  de  terra  Asiae  H  pugnard  tbi  permssua  de 
sagitia  mortuus  est  läszt  das  sehr  verführerisch  erscheinen  —  hier 
liege  nicht  Justin  (bzw.  Trogus)  zu  gründe,  sondern  Orosios  I  4. 
allein  das  widerlegt  sich  durch  die  schildemng  des  Charakters  der 
spätem  könige  von  Assyrien  (Laur•^19f.  Bamb.  17  f.) ,  die  mit 
Justinus  (1 2, 1 1  f.)  stimmt,  bei  Orosius  aber  fehlt  die  oben  angeführte 
notiz  über  den  tod  des  Ninos  aber  kann  allerdings  ans  Orosius  ge- 
schöpft sein,  welchen  Cassiodor  der  bequemliohkeit  halber  Öfters  sn- 
zog";  es  i.«<t  jedoch  nicht  unmöglich,  dass  sie,  wie  die  angäbe  des 
Orosius  selbst,  direct  aus  Trogus  geschOpft  ist.  *'  von  Ninoe  kommt, 
wie  schon  erwähnt,  bei  Jordanis  nichts  vor ;  dass  Cassiodor  von  ihm 

*<  yg\,  Uiener  'aoeodotoo  Holden'  s.  72.  ^*  dass  erst  Jordanis 

den  Orosius  togeiof^eo  habe,  ist  eine  unerwiesene  bebaoptnng  von  Köpke 
Meutsche  forscbungen'  s.  74.  dass  Cassiodor  ihn  kaoate,  lehrea  die 
instii.  rer.  div.  c.  17.        "  vgL  'die  teztesqoellen  des  Jostiaas*  s.  IM  f« 


568  FRühl:  ein  anekdoton  zur  goihifichen  urgeBcbicht«. 

gehandelt,  läszt  sich,  abgesehen  von  unsem  anszttgen,  nur  aus  Aethi- 
cus  s.  50  schlieszen.  dafür  fehlt  in  den  auszttgen  der  zug  des  Veso- 
sis  gegen  die  Skythen,  den  Cassiodor  nach  Trogus  erzählte  (Jord.c.  6). 
Der  abschnitt  der  auszOge  über  Kyros  dagegen  findet  sich  auch 
bei  Jordanis  (c.  10),  dessen  bericht  auf  Trogus  zurückgeht,  dasx  anch 
der  mit  Justin  I  7  übereinstimmende  bericht  über  die  anftnge  des 
Kyros  bei  Cassiodor  gestanden  habe ,  läszt  sich  wol  aus  den  werten 
des  Jordanis  ao.  qui  (sc.  Cyrus)  elatus  ex  Asiae  uidoriis  schlieszen. 
die  phrase  Laur.  27  Bamb.  23  tantatn  pietatem  Cyrus  contra  Asii- 
agem  habuit  fehlt  bei  Justin,  ist  aber  ganz  in  seinem  Charakter,  und 
obwol  sie  natürlich  stilistische  zuthat  des  Cassiodor  sein  kann,  so 
so  läszt  sich  doch  auch  die  möglichkeit^  dasz  sie  aus  Trogus  entnom- 
men sei,  nicht  bestreiten,  bei  der  erzähl nng  des  feldzugs  gegen 
Tomyris  finden  wir  wieder  einige  Zusätze  zu  Justinus  (I  8).  einmal 
wird  angegeben  (Laur.  32.  Bamb.  28),  dasz  Tomyris  witwe  ge- 
wesen sei,  was  natürlich  ein  einfacher  schlusz  des  Cassiodor  seia 
kann ;  dann  aber  werden  die  gründe ,  weshalb  Tomyris  die  Perssr 
über  den  Araxes  liesz ,  hier  (Bamb.  30  ff.)  weitläufiger  angegebea 
als  bei  Justinus.  das  wird  aus  Trogus  stammen,  wenngleich  in  star- 
ker entstellung.  nun  sagt  freilich  Jordanis  c.  10:  qiuie  cum  ab 
Araxe  amne  {ab  raxem  amnem  cod.  Pal.,  die  beiden  m  von  2r  band 
getilgt)  Cyri  arcere  potuisset  acccssumy  transitum  (so  cod.  PaL)  tamm 
pennisit^  eligcns  armis  eum  uincerCy  quam  locorum  beneficio  subwuh 
uere;  quod  et  factum  est.  das  kann  aber  nicht  aus  Trogus  sein:  denn 
bei  Just.  I  8,  2  legt  sie  dem  fluszübergang  kein  hindemis  in  den  weg 
et  sibi  faciliorem  pugnam  intra  regni  stii  terminos  rata  et  hastüm 
obiectu  fluminis  fugam  difficiliorem.  ebenso  lockt  sie  ihn  §  10  f.  od 
angustias  und  vernichtet  ihn  dann  mit  seinem  beer  ibi  compasUism 
moniibus  insidüs,  es  liegt  also  hier  eine  aus  patriotischer  flUchtigkeit 
hervorgegangene  Verwirrung  der  worte  des  Trogus  vor.  diesen  Wider- 
spruch zwischen  Justin  und  Jordanis  hat  Gutschmid  bei  seiner  be- 
handlung  dieser  stelle*^  übersehen;  unsere  auszüge  lehren  uns,  daa 
er  erst  dem  Jordanis,  nicht  schon  dem  Cassiodor  seinen  Ursprung 
verdankt,  neu  ist  dann  weiter  Bamb.  33  f.  Cyrus  cum  transissei^  mm 
lange  ab  ipso  flumine  posuU  castra  sua.  das  scheint  in  der  that  W 
Trogus  gestanden  zu  haben,  es  läszt  sich  sehr  gut  in  den  satz  Just  I 
8,  3  einfügen:  cum  aliquantisper  in  Scythiam  processisset ^  eastra 
metatus  est.  ob  das  ortatur  Persas  (Laur.  42)  aus  Trogus  sei,  deesea 
stilistischer  art  es  entsprechen  würde,  oder  zusatz  des  Cassiodor, 
läszt  sich  nicht  ausmachen,  möglicherweise  stammt  dann  anch 
Trogus  der  satz  des  Jordanis :  ibique  primum  Gothorum  gens 
uidit  toUoria.    die   Zahlenangaben   in   unsem  auszügen,    330000 

1^  'über  die  fragmente  des  Pompejus  Trog^ns'  s.  107.  der  Wider- 
spruch der  beiden  autoren  liefet  darin,  dass  bei  Justinui  Tomyris  den 
flnsKÜber^anfif  ans  stratef^ischen  (gründen  gestattet,  bei  Jordaniti  weil 
sie  es  für  ritterlicher  hält,  Kyros  in  offener  feldschlaeht  aU  dvok  be* 
nutznng  günstiger  terrainverhältnisso  zu  besiegen. 


FRühl:  ein  anekdoton  rar  goihuidMii  digatdiieble.  669 

(Lanr.  50)  oder,  wol  Terdorben,  B08000  (Bamb.  46)t  ttammen  ge- 
wis  nicht  aus  Trogns,  da  Jottän  an  zwei  stellen  (1 8, 11.  XXXVII 8, 9) 
und  Orosius  II  7  nar  Yon  200000  umgekommenen  Penem  reden, 
sie  werden  von  demselben  antor  herrObren,  dem  Cassiodor  den  bo» 
riebt  über  die  festsetznng  der  Gk>then  in  MOsien  mid  die  grflndnag 
von  Tomi  entnabm  (Jord.  e.  10.  Aetb.  s.  60,  3).  in  den  aoszflgen 
ist  davon  nichts  ttbrig  geblieben  als  regnum  cum  audarUaie  Utmä 
(Laar.  56.  Bamb.  52).  ^* 

Die  erzählnng  von  den  Amazonen  (Bamb.  54  ff.  Lanr.  68  f.)  ist 
in  beiden  aaszflgen  nicht  gans  wol  erhalten  and  ohne  weiteres  T6r> 
ständlich.  Laar.  6 1  f.  findet  sieb  die  anklare  stelle :  fnod  eormm  uantt 
cum  uidissent  tantum  exciämm  -quod  tomm  «M  ^ershM^,  oraia  mk- 
ffumf .  das  ist  nar  zu  erUftren  dnrch  die  annähme  derselben  qnelle 
mit  Jordanis,  der  e.  7  schreibt:  ^iioe  äadoA  a  ums  fartUer  restUe* 
runi.  **  nach  den  Worten  des  Jordanis  c.  8  za  nrteilen  sme  ut  ^nt- 
husdam  placet  hfttte  Cassiodor  Aber  die  Amazonen  ansser  Trogaa  " 
noch  eine  andere  qaelle  benatzt,  and  das  wird  dnrcb  unsere  anssttge 
bestätigt,  sie  stimmen  ja  zum  teil  mit  Jusi.  11  4  genau  flberein ;  in 
der  erzählung  von  den  kämpfen  der  Amazonen  mit  Hercules  aber 
weichen  sie  beträchtlich  von  diesem  ab,  während  sie  trotz  aller  Ver- 
wirrung, an  welcher  sie  ihrem  original  gegwittber  offenbar  leiden,  dodh 
mit  Jordanis  durchaus  nicht  unvereinbar  sind,  seiner  andern  quelle, 
aber  wird  Cassiodor  gerade  fttr  diese  partie  deshalb  gefidgt  sein» 
weil  nach  dieser  die  Amazonen  mit  hilfe  der  Skythen  den  Heroules 
in  die  flucht  jagten,  nichts  wie  Trogus  erzählte,  von  den  Athenern 
eine  niederlage  erlitten,  aas  dieser  zweiten  quelle  stammen  vermut* 
lieh  auch  die  Zahlenangaben,  es*  fragt  sich  nur  noch :  wie  kommt  es, 
dasz  die  eine  Amazonenkönigin  bei  Jordanis  Marpesia^  in  den  aus- 
zügen  aber,  wie  bei  Justinus,  Märtesia  heiszt?  am  wahrschein- 
lichsten ist  mir,  dasz  Martesiäy  wie  andere  ähnliche  corruptelen, 
schon  in  den  bss.  des  Trogus  stand,  während  die  zweite  quelle  rich- 
tig Marpessa  hatte,  und  dasz  Cassiodor  beide  namen  anführte,  von 
denen  die  auszUge  Märtesia  (gewis  mit  rfieksidit  auf  eine  etymologie 
von  Mar8\  Jordanis  Marpessa  Obemahm.  denn  dasz  Jordanis  selbst 
so  und  nicht  Marpesia  geschrieben  habe,  ist  mir  höchst  wahrschein- 
lich, bei  Jord.  c.  7  s.  36, 14  Closs  hat  der  Palatinus  von  erster  band 
MARPESSA,  erst  die  zweite  band  hat  statt  des  zweiten  S  ein  I  ge- 
setzt, es  wird  diese  correctur  ebenso  gut  eine  interpolation  sein 
wie  das  marpesia  z.  17  und  s.  37,  2,  hervorgerufen  durch  die  Jfor« 
pesia  cautes  s.  37^  3.  dasz  die  thatcn  und  Schicksale  der  Amazonen 
im  trojanischen  kriege  bei  Trogus  wie  bei  Cassiodor  etwas  ausführ- 
licher gestanden  haben  als  bei  Justin  und  Jordanis  (c  8  ae.),  ist  an 
sich  wahrscheinlich,  und  dasz  Cassiodor  hier  aus  Troges  schöpfte,  ist 

>^  Tf^l.  noch  Gatscbmid  ao.  f.  800.  **  ^gl.  'verbreitaiig  des  Josti- 
DQS  im  inittelalter'  s.  9.  *'  dass  hier  Tro|niSt  Bleht  Justinus,  benotst 
worden  ist.  hat  Gutfchmid  ao.  s.  198  f^  erwiesen. 


570  FRübl:  ein  anekdoton  zur  gothischen  urgeftchichte. 

leicht  zu  sehen,  es  werden  also  wol  auch  die  angaben  unserer  ana- 
züge  aus  Trogus  stammen,  was  hier  von  dem  tode  der  Pentheaileia 
erzählt  wird,  ist  aber  natürlich  verdreht;  im  original  stand,  sie  sei 
ab  ÄcJiülis  ßio  Pyrrho  getötet  worden,  eine  Wendung  der  sage  die 
sich  auch  bei  Dares  c.  36  findet,  die  angäbe  über  die  sahl  der  Ama- 
zonen zur  zeit  Alexanders  (Laur.  95.  Bamb.  91)  ist  aus  einem 
Alexanderroman  entnommen  (vgl.  Jul.  Val.  c.  25),  dem  wir  untn 
noch  weiter  begegnen  werden,  und  eben  daher  stammt  ohne  zweiüsl 
auch  die  Schilderung  des  äuszem  der  Amazonen  (Lanr.  92  ff. 
Bamb.  87  ff.),  da  dem  campositae  de  uaria  ueste  der  auszttge  ein 
dcOfiTac  bi.  (popoucm  ävOivdc  bei  Pseudokallisthenes  m  27  ent- 
spricht, etwas  räthsolhaft  erscheint  die  notiz,  die  Amazonen  hätten 
bis  zur  zeit  Caesars  existiert  (Laur.  98.  Bamb.  92).  denn  Trogus 
(Just.  II  4,  32)  wie  Cassiodor  (Jord.  c.  8  ae.)  scheinen  berichtet  in 
haben,  sie  hätten  nur  bis  zur  zeit  Alexanders  bestanden,  auch  die 
700  jähre  ihrer  herschaft  (Laur.  92;  die  70  jähre  Bamb.  97  be- 
ruhen gewis  auf  verderbter  Überlieferung)  führen,  auch  wenn  man 
sie  vom  trojanischen  kriege  an  rechnet  und  die  günstigste  Chrono- 
logie annimt,  höchstens  bis  auf  Alexander.  "^  indessen  ist  sa  bemer- 
ken, dasz  nicht  nur  aus  Just.  XLII  3,  7  geschlossen  werden  konnte, 
noch  zur  zeit  des  Pompejus  hätten  Amazonen  existiert,  sondern  daa 
auch  Trogus  sicherlich  wie  Appian  Mitbr.  103  und  Plnt.  Pomp.  35 
erzählt  haben  wird ,  wie  die  Soldaten  des  Pompejus  nnter  den  ver- 
bündeten des  Mitbradates  Amazonen  zu  begegnen  glaubten,  dai 
würde  dann  mit  unsem  auszügen  leidlich  übereinstimmen,  und  dk 
Worte  des  Jordanis  Jiae  quoque  Amazones  scblieszen  nicht  aus,  da« 
Cassiodor  auch  einer  andern  Amazonencolonie  gedacht  habe,  die  sich 
länger  gehalten. 

Der  sich  daran  anschlieszende  bericht  über  den  zug  des  Dareioi 
gegen  die  Skythen  stimmt  genau  mit  Justinus  IX  5.  es  könnte  hier 
ein  Widerspruch  mit  Jord.  c.  10,  dessen  angaben  aus  Trogus  geflosMS 
sind,  gefunden  werden,  wodurch  sich  dann  erweisen  Hesse,  dass  un- 
sere auszüge  lediglich  aus  Justin  geschöpfk  wären,  also  nicht  aaf  Gsi- 
siodor  zurückgehen  könnten.  Laur.  102.  Bamb.  95  wird  nemlich  wie 
bei  Justin  der  verlust  des  Dareios  auf  80000  mann  angegeben,  b« 
Jordanis  jedenfalls  auf  weniger,  und  zwar  glaubt  Qutschmid'*,  beiJor 
danis  sei  VII  müia  arfnatorum  zu  schreiben ,  da  die  zahlen  700000 
für  das  ganze  beer  und  7000  für  die  gefallenen  in  einem  bestimmten 
Verhältnis  zu  einander  ständen,  allein  die  sache  liegt  sehr  ein- 
fach, bei  Jordanis  liest  allerdings  der  Ambrosianus  VII  intUa,  aber 
•  um  •  mf  hat  der  Palatinus,  odo  müia  der  Bamb.  die  lesart  unse- 
rer auszüge  ist  also  bei  Jordanis  herzustellen ,  die  in  den  mir  be* 

^^  jedenfalls  meinen  die  auszüge  aber  einen  andern  seitrmam  ab 
Jordanis  c.  7,  der  mit  seinem  per  centum  paene  annos  bloss  die  seit  der 
herschaft  der  Amazonen  über  Klcinasien,  bis  cum  tode  der  Peathesileia 
bezeichnen  will.  vgl.  Gutschmid  jahrb.  1862  s.  142.  i*  'über  die  fraff- 
mente  des  Pompejus  Trogus*  s.  198. 


FRfihl :  ein  anekdoton  nur  gothlaohen  ugeMJudbte,  571 

kannten  hss.  in  zwei  forUchreiteiideii  stn&n  der  Terdarbnie  Tor- 
liegt.  ob  dann  das  folgende  von  Casriodor  ans  Trogos  oder  «ot 
Orosius  oder  aus  Justinus"^  entlehnt  worden  sei,  listt  aieh  nitfht 
feststellen,  da  gar  nichts  charakteristiachee  enihlt  wird.  Jordanis 
hat  den  Wirrwarr  angerichtet,  Xerxea  einen  tag  gegen  die  Qothen 
(d.  h.  Skythen)  unternehmen  zu  lassen,  unsere  aossOge  werfen  da- 
gegen den  zug  nach  Marathon  mit  der  heer&hrt  des  Xerxes  soaaoi- 
men,  was  Cassiodor  gewis  auch  nicht  gethan  hat  die  gans  iieaa 
nachncht  (Laur.  107  f.  Bamb.  98  f.),  Dareios  habe  in  einer  land- 
schlacht  bei  Marathon  zwei  wunden  erhalten  und  sei  deshalb  anf  dia 
schitfe  geflohen,  hat  sich  aus  einem  misTerstindnia  von  Joat  II  ll,  19 
entwickelt,  wo  es  heisst :  Xerxea  dMobitf  mAieribttf  (dh.  niederlagen) 
terrestfi  prodio  aoc^ßtis  experin  m^fis  fiir^^  diaahldsr 

toten,  welche,  die  auszttge  den  Persem  zuweisen,  stimmt  mit  der 
welche  Justin  U  9,  20  fttr  die  schlaoht  von  Marathon  angibt  non 
bieten  aber  die  auszflge  (Laur.  108.  Bamb.  96)  die  notcuriach  oor- 
rupte  lesart  Äsiam  et  Macedaniam^  welche  auch  bei  Justin  11  6, 19 
und  bei  Orosius  U  8  aberliefert  ist  an  und  für  sich  liegt  der  sohluas 
nahe,  dasz  Cassiodor  hier  dem  Orosius  folgte;  aber  gans  aioher  sind 
wir  nicht,  dasz  wir  es  nicht  wieder  mit  einer  oorruptel  im  teite  des 
Trogus  zu  thun  haben,  denn  Trogus  hat  dieselben  vorginge ,  dem 
plane  seines  Werkes  gemttss,  weitlinflg  im  7n  buche  bdisodelt  (Just 
VU  3),  und  die  mGglichkeit  ist  nicht  aoageeehloefleni  dasz  er  im 
zweiten  buche  nicht  ausführlicher  darftber  war  als  Justinus,  dh.  sieh 
mit  fünf  Worten  begnügte;  wer  es  liebt  über  unwiszbare  dinge  zu 
speculieren,  könnte  dafür  einen  beweis  in  der  sonderbaren  con* 
struetion  finden,  in  der  Justin  seinen  bericht  über  den  ionischen  anf* 
bland  angeschlossen  hat,  den  Trogus  gewis  eingehend  behandelte.*' 
Wir  kommen  zu  dem  abschnitt  über  Caesar,  dasz  und  warum 
Cassiodor  über  diesen  gehandelt  habe,  ist  oben  gezeigt  worden,  der 
tezt  der  auszUge  bietet  nun ,  ebenso  wie  selbst  Jordanis  in  seiner 
kurzen  notiz,  eine  auffallende  tthnlichkeit  mit  Eutropius  VI  17  dar. 
diesem  capitel  soll  zwar  der  seit  lange  herachenden  meinung  zufolge 
der  hauptsache  nach  aus  Suetonlus  geflossen  sein**,  allein  das  ist 
eine  ganz  unhaltbare  behauptung.  Eutropius  enthftlt  nicht  nur  man* 
ches  was  Sueton  nicht  bietet,  sondern  er  drückt  sich  auch  anders 

**  dasz  Cnssiodor  wahracheinlicb  auch  den  Jastinoi  gekannt  hat,  ist 
Dsehfrewiesen  von  GuUchmid  jabrb.  1862  s.  140  anm.,  Ton  mir 'rtrbreltimg 
des  Justinus  im  mittelalter*  s.  5.  *'  es  unierliegt  ja  heute  wol  kdn— 
Zweifel  mehr,  dasz  sich  Justinus  ▼ielfach  gans  wörtlich  an  Trogos  an- 
(^eschloBsen  hat  und  dasz  wir  stilistisch  bei  ihm  iwei  partlen  su  son- 
dern hahen,  die  anverUnderten,  wenn  aueh  TerkQrsten  werte  des  Trogus 
and  die  von  Justin  dazwischen  des  Zusammenhangs  wegen  eingescho* 
benen  sätze:  vgl.  Heeren  'de  Trogi  Pompeii  fontibos  et  anotoritate'  II 
§  30.  Gutächmid  ao.  s.  194.  Fischer  'de  eloontione  lostini'  (Halle  1868) 
B.  61  ff.  '*  so  auch  Pirogoff  Me  Eutropii  brevlarii  indole  ac  fontibos' 
(Berlin  1873)  s.  86  und  etwas  abweichend  HDrojsen  in  den  Mob.  Germ. 
bist.  scr.  ant.  II  s.  103. 


572  FRühl:  ein  anekdoton  zur  gotbischen  Urgeschichte. 

aus,  und  zwar  so  dosz  eine  entlehnung  aus  Suoton  geradezu  ausge- 
schlossen ist  {apud  Äniernos  Eutr.  VI  17,  3,  ad  Gergauiam  Suet. 
lul,  25).  die  ähnlichkeiten  zwischen  beiden  Schriftstellern  sind 
also  anders  zu  erklären,  mit  der  Cassiodorischen  Überlieferung  aber 
stimmen  folgende  stellen :  Eutropius  VI  17  Britannis  mox  bdlum 
intidit,  quih4S  ante  eum  ne  ncmen  quidem  Romanorum  cognUum 
erat,  eos  quoque  uictos  oh^idibt^s  acceptis  stipendiarios  fecit,  Rufus 
Festus  c.  6  in  Britanniam  transiuit^  decimo  anno  Oäüias  et  Bri- 
tannias  (ributarias  fecit.  Jordonis  c.  1 1  adeo  ut  extra  nostrum  orbem 
in  Oceani  sinu  repositas  insulas  ocaiparety  et  qui  nee  nomen  Ropta- 
norum  audiiu  quidem  nouerant^  eos  Romanis  tributari4>3  faeerel, 
Laur.  117  f.  deinde  in  Brittania  bellum  intulit  qui  et  ipsis  Brettis 
uictis  stipendiariis  fecit.  Bamb.  106  f.  deinde  pugnauit  in  Britannia 
et  Brittones  pensionarios  fecit.  was  Laur.  116  f.  Bamb.  105  f.  von 
den  uectigalia  oder  dem  census  erzählt  wird,  den  Caesar  den  Ger- 
manen auferlegt  haben  soll,  bezieht  sich  natürlich  auf  die  Gallier 
(GaMiae  autem  tributi  nomine  annuum  imperauU  sestertium  qua- 
dringenties  Eutr.  VI  17,  3).  bemerkenswert  ist  übrigens,  dasz  Jor- 
danis  (sicherlich  nach  Cassiodor)  in  cap.  2,  wo  er  Britanniens 
ausführlich  gedenkt,  sich  des  ausdrucks  bedient:  quam  diu  alqui' 
dem  armis  inaccessam  Rotnanis  lulius  Caesar  proelOs  ad  gloriam 
tan  tum  quaesitis  aperuit,  das  ist  eine  nachahmung  von  Just. 
11,7  contefttique  uictoria  non  imperium  sibi^  sed  populis  suis 
gloriam  qtia^ebant  und  II  3,  7  nihil  uictores  praeter  gloriam  con- 
cupiscunt.  da  auch  alles  in  den  auszügen  folgende  im  ganzen  mit 
Eutrop  wol  übereinstimmt,  so  wird  anzunehmen  sein,  dasz  auch  für 
diese  partie  Cassiodor  und  Eutrop  eine  gemeinsame  quelle ,  nemlich 
einen  auszug  aus  Livius  vor  sich  hatten,  die  verwirrte  stelle  Laur. 
112  fif.  Bamb.  102  ff.  über  Caesars  kämpf  mit  den  Germanen  wird 
in  ihrer  ursprünglichen  fassung  eben  daher  stammen;  gemeint  ist 
der  krieg  mit  Ariovistus,  wie  sich  aus  dem  satz  qui  usque  ad  Om- 
stantU)  Augusto  ntdlumque  bcUum  aduersus  Romanos  gerere  pot%urwU 
ergibt.  Cassiodor  erwähnt  in  der  chronik  zum  j.  357  die  niederlage 
der  Alemannen  bei  Argentoratum ,  und  der  Vereinigung  der  Ale* 
mannen  und  Sueben  gedenkt  Jordanis  c.  55.  der  heitere  unsinn  über 
Caesars  ende,  den  Laur.  124  f.  darbietet,  rührt,  wie  die  vergleiebmig 
mit  Bamb.  113  ff.  lehrt,  von  dem  Verfasser  dieses  auszugs  her;  doch 
ist  daraus  immerhin  zu  entnehmen,  dasz  Cassiodor  auch  von  Caesan 
planen  gegen  die  Parther  geredet  haben  musz.  aus  den  Wortes 
des  Jordanis  c.  1 1  Gothos  tarnen  crebro  pertentans  nequiuU  suMaere 
darf  man  vielleicht  sogar  schlieszen,  dasz  er  auch  von  dem  unglück- 
lichen feldzug  des  Crassus  erzählt  habe  (auf  die  Geten  beziät  die 
werte  Gutschmid  jahrb.  1862  s.  144).  aus  welchem  Zusammen- 
hang das  länder Verzeichnis  Laur.  122  f.  Bamb.  111  f.  entnommen 
ist,  weisz  ich  nicht  anzugeben,  die  paar  notizen  über  Augustaa  end- 
lich sind  wieder  aus  der  Livianischen  epitome  entnommen  (fgL 
Eutr.  VII  10,  1).   die  zahl  40  für  die  regierung^'ahre  des  OeiiTian 


FRühl:  ein  anekdoton  nur  gothischen  mgetchieMa.  67S 


(Laur.  129)  ist  nicht  etwa  verdorben  y  sondern  die  jähre  eind  von 
der  annähme  des  titeis  Aogastas  «n  gereohnet. 

Wir  kommen  an  die  exardia  Sq^tharum.  hier  werden  Skythen 
und  Parther  zusammengeworfen,  und  schliesslioh  wird  nodi  Gog  and 
Magog  hineingezogen,  die  erstere,  hiBtorische  pariie  etunmt  der 
hauptsache  nach  aus  Trogns.  hier  iet  der  bertthmte  abeehaitt  im 
zweiten  buche  des  Justin  über  die  Bitten  der  Skythen  einÜMsh  Aber» 
nommcn  worden,  und  daran  schliesxt  eich  einielnes»  wae  die  grMe 
fthnlicbkeit  mit  dem  auf  webt,  was  Jnstinna  XLI 2  von  denPartbem 
erzählt,  denn  die  stelle  Lanr.  157  f.  (Bamb.  145)  peiwJEMariMiavera 
ad  pradiandufn  per  aequis  ueHodsskm  kann  aich  nnr  anf  die  Ftariher 
beziehen,  und  das  folgende  tcH  Imrietdo  corpore^  emra  ferro  ie^^^  tu 
capite  gcUeas  aureas  uitfU  ist  eine  snm  teil  erweiterte  aaafUinuig 
dessen  was  Justin  XLII  2,  10  sagt:  mimtmefi^iifii  fpm  eqmaque 
loricae  pHumatae  sunt,  guae  uirumque  feto  corpore  iegwü.  awri 
argentique  nuüus  nisi  in  armia  uauS'  es  ist  uns  also  hier  ein  nenes 
fragment  des  Trogus  erhalten,  dass  Cassiodor  Aber  die  Partber  ge- 
handelt hat  und  dabei  dem  Trogns  gefolgt  ist,  ist  ans  Jord.  o.  6 
bekannt,  und  die  wendung  ao.  unde  eUam  ho^  Ikiffua  ScgOdea 
fugaceSy  quod  est  Parthij  dicitniur  stimmt  mit  Jnst  XU  1,  1  f.  Air- 
ihi .  .  Scytharum  exyks  fuere.  hoc  eUam  ipeorum  uocähdo  mumir 
festatur:  nam  Scythico  sermone  eaoUles  pariki  dieuntur.^  Jordaois 
überträgt  allerdings  nachher  (c.  10)  den  namen  der  Parther  anf  dlis 
Peräcr;  das  ist  jedoch  eine  confusion,  an  der  er  selbst  allein  sdiuld 
ist,  hervorgerufen  durch  die  zu  seiner  zeit  nicht  gans  nngewOhnliche 
archaistische  bezeichnung  der  Neuperser  ab  ParUier.  neben  Trogns 
hat  aber  Cassiodor  für  die  Parther  noch  eine  zweite  quelle  benutzt : 
denn  die  zweite  etjmologie  für  den  namen  bei  Jord.  c.  6  if^  dice- 
rentur  Parihi,  quia  suos  refugere  patentes  stammt  ganz  gewb 
nicht  aus  Trogus.  diese  zweite  quelle  war  Dion,  und  auch  von 
ihr  bat  sich  in  unsem  auszügen  eine  spur  erhalten.  Bamb.  124  f. 
beiszt  es :  et  dicunt  quidam  tä  aliquando  fuisset  gens  sapiens  ei  man" 
sxicta.  damit  vergleiche  man  dann  Jord.  c.  5.  s.  31,  2  ff.  (Closs)  nee 
dcfuerunt  qui  eos  sapientiam  erudirent,  unde  ä  paene  ommbus  bar- 
baris  Gothi  sapientiores  semper  exiiterunt  Graedsque  paene  con- 
simileSj  ut  refert  Dio,  qui  historias  eorum  annaiesque  Graeeo  stäo 
composuit.  mit  diesen  beiden  historbchen  quellen  bt  dann  schliess- 
lich noch  ein  Alexanderroman  verbunden  worden,  ans  diesem 
scheint  entnommen  was  von  dem  metallreichtnm  des  landes  berich- 
tet wird  und  die  ganze  partie  über  Oog  und  Magog.  diese  unreinen 
Völker,  welche  von  Alexander  durch  die  kaspiscben  pforten  abge- 
schlossen werden,  kommen  bereits  in  sehr  frühen  fassnngen  der 
Alexanderhage  vor;  auch  die  menschenfresser  und  bluttrinker  Bamb. 
132  f.  und  bei  Aethicus  stammen  aus  dieser  quelle.*^  es  verdient 

''  verkannt  von  Sybel  'de  fontibuf  libri  lordanb  de  origine  aota- 
que  Gctarum*  t.  16.        **  vgl  Zacher  Pseudokallistbcnes  ■.  17  166  £.2. 

Psea  lokalltsthenes  s.  139  Müller. 


574  FRühl :  ein  anekdoton  tut  gothiscben  Urgeschichte. 

übrigens  hervorgehoben  zu  werden,  dasz  auch  Jordanis  c.  7  Alezan- 
der als  den  errichter  der  Pylae  Caspiae  nennt. 

Es  bleibt  noch  ttbrig ,  die  erzählnng  von  Alexander  selbst  zu 
betrachten,  auch  hier  liegen  zwei  quellen  vor,  und  zwar  Trogus  nnd 
ein  Alexanderroman,  dasz  nicht  blosz  der  letztere  benutzt  worden 
sei,  läszt  sich  aus  Laur.  168  über  Albanien  und  die  Amasonen 
schlieszen,  eine  stelle  die  mit  Just.  XLII  3,  7  übereinstimmt,  als 
richtige  zahl  der  in  den  beiden  treffen  von  Issos  und  Gaugamela  ge 
fallenen  Perser  ist  natürlich  mit  Laur.  166  trecenia  müia  festzu- 
halten. Justin  hat  darüber  überhaupt  keine  Zahlenangabe ,  sie  wird 
aber  dessenungeachtet  aus  Trogus  stammen :  denn  ofifenbar  hat  die* 
selbe  zahl  bei  Ampelius  15,  2  gestanden,  wo  die  abschrift  des  Divio- 
nensis  triginta  bietet,  dasz  für  die  Amazonen  nicht  bloss  Trogus 
benutzt  worden  ist,  haben  wir  oben  gesehen,  die  durch  misverständ- 
nis  der  abschreiber  verdorbene  stelle  Laur.  173  f.  Bamb.  152  f.  sollte 
ursprünglich  ohne  zweifei  die  grenzen  des  reichs  Alexanders  angeben. 
merkwürdig  ist  die  angäbe  über  den  vater  der  Boxane  Laur.  175. 
Bamb.  155.  die  ursprüngliche  namensform  ist  unzweifelhaft  Zor^ 
astres.  aus  welcher  quelle  dieser  name  stammt,  ist  mir  unbekannt 
ein  Alexanderroman  wird  es  schwerlich  sein :  denn  die  machen  sonst 
Boxane  zu  einer  tochter  des  Dareios.  nun  ist  auffallend,  dasz  Diodor 
II  6,  1  den  bei  Just.  I  1  nach  Ktesias  Zoroastres  genannten  kOnig 
von  Baktrien  Oxyartes  nennt '^  und  zwar,  wie  Jacob j  hat  nachweisen 
wollen,  nach  Kleitarchos.  wie  ihn  Trogus  genannt  hat,  wissen  wir 
nicht:  denn  Justin  hat  die  vermtthlung  Alexanders  mit  Roxane  mit 
nur  zu  oft  wiederkehrender  Tüchtigkeit  übergangen,  dasz  derselbe 
mann  später  bei  Just.  XIII 4,  21  als  Oxyartes  auftritt  (exthardms  oder 
ähnlich  die  hss.  des  Justin,  oxyarches  der  Laur.  des  Orosiusj,  beweist 
gar  nichts:  denn  Trogus  folgte  im  13n  buch  einer  andern  quelle 
als  im  zwölften,  aus  unsem  excerpten  dürfen  wir  daher  vielleicht 
schlieszen,  dasz  ihn  Trogus  Zoroastres  genannt  habe  und  dasz  hier 
zwei  verschiedene  griechische  Umformungen  desselben  orientalischen 
namens  vorliegen,  sollte  dagegen  eingewendet  werden,  Trogus  müsse 
dieselbe  namensform  geboten  haben  wie  Kleitarchos,  so  ist  dannf 
zu  erwidern ,  einmal  dasz  Jacobys  beweisfUhrung  nichts  weniger  als 
zwingend  ist,  dann  dasz  bis  jetzt  zwar  vielfach  behauptet,  aber  nodi 
nie  bewiesen  worden  ist ,  dasz  Trogus  in  der  geschichte  Alezanden 
dem  Kleitarchos  folge,  und  dasz  vor  allem  der  beweis  noch  erbraclit 
werden  soll,  dasz  Trogus  (oder  Timagenes?)  hier  nur  eine  einiige 
quelle  benutzt  habe,  indessen  über  die  annähme  einer  mOglichkrit 
möchte  ich  auf  so  schwankendem  boden  nicht  hinausgehen. " 

*>  denn  diese  form  wird  wol  herzustellen  sein.  vgl.  Jacoby  im  rhela. 
mus.  XXX  581  ff.  die  hss.  führen  auf  *OEaöpTYic.  **  Brm  'de  noni- 
nibns  Persicis  apud  scriptores  Graecos'  (Paris  1863)  hat  den  namm 
Oxyartes  übergangen,  die  ausetnandersetznng  von  Spiegel  'eranisebe 
altertuniskunde'  I  s.  676  f.  bekenne  ich  ebenso  wenig  sa  veriteben  wie 
Jacoby. 


FRühl:  ein  aaekdoton  iiir  gotUtdMii  ugMobuU«.  575 

Weiter  ist  ans  dem  romaa  die  enlhliiiig  Ton  der  kdnigsbinff 
in  Susa.'^  aber  woher  stammt  die  angebe,  Alexander  habe  swei 
töcbter  des  Dareios  geheiratet  (Lear.  188.  Bamb.  160)?  ana  dem 
roman  ist  das  nicht  und  auch  nicht  ana  Trogna:  denn  Jnatin  Zu 
10,  9  sagt  blosz:  ßMm  pod  Aoec  Dorei  re§i$  Statwmm  im  imiM- 
numium  recepU.  sollte  hier  nicht  doch  Trogoa  in  gninde  liegen  nnd 
Cassiodor  nur  seine  erzfthlnng  verwirrt  haben?  ea  wiren  iwei  Ter» 
schiedene  möglicbkeiten  dafür  denkbar:  gleidneitig  TermiUte  aiflh 
Hepbaistion  mit  Drypetis,  einer  andern  toohter  dea  Dareioa  (Arriaa 
VII  4),  und  nahm  iJezander  selbst  naoh  Ariatobnloe  (bei  Aitian  ao.) 
noch  eine  tochter  des  Ochoe  znr  fran.  die  ▼ergiffamg  Alexanden 
wird  bei  Pseudokallisthenes  nnd  Trogus  auf  dieeelbe  weise  enllilt, 
die  queUe  ist  daher  nicht  anixnmaohen.  dagegen  geht  dae  fdlgende 
sicherlich  auf  den  roman  snrtlck,  da  Trogna  Ton  einer  von  Alexan- 
der vorgenommenen  reichsteilnng  nnxweiftlhaft  nicht  geredet  hat. 
dagegen  wird  aus  Trogus  sein,  daas  Alexander  in  Aegypten  begraben 
aein  wollte  (vgl.  Just.  Xu  16,  7  od  poBtremmm  earpiu  rnrnnm  m 
Ammonis  templum  condi  iubet) ,  nnd  eben  daher  stammt  aicherlioh 
die  angäbe ,  dasz  Arridaios  mit  der  flberfUumng  dea  leichnama  be- 
traut wurde  (vgl.  Just.  XIII 4,  6).  die  kosten  fOr  daagrabmal  sdiei- 
nen,  wenn  die  zahl  nicht  verdorben  ist,  anf  eine  von  der  gewöhn- 
lichen verschiedene  version  der  Alexanderaage  xnrttckxngehen:denn 
während  unsere  auszüge  (Lanr.  189.  Bamb.  165)  hnndert  talente  an- 
geben, spricht  Pseudokallisthenes  s.  148^  (MOller)  von  zweihundert 
talenten.  dasz  Cassiodor  von  dem  tode  Alexanders  in  derselben  weise 
gebandelt  hat  wie  unsere  auszttge,  zeigt  die  folgende  stelle  des  Jor- 
danis  (c.  10) :  quem  ddum  past  longum  iempus  remimsems  egregms 
Gothorum  dudor  Sithalcus  (so  cod.  Pal.)  CL  uirorum  müilms  oofi- 
gregatis  Atheniensihus  intulU  hdlum  aduersus  Perdiecam  Maeedamae 
regem  y  quem  Alexander  apud  BabyUmiam  ministri  insidUa  pcians 
inieriium  Aiheniensium  princ^MUui  heredUario  hure  reUguerai  mm^ 
cessorem,  magno  prodio  cum  hoc  inito  Oothi  superitfres  inuefUi  sumi^ 
et  sie  pro  iniuria,  quam  iUi  in  Moesia  duäum  feemetUy  isH  in  Orae- 
dam  discurrentes  cunäam  Macedoniam  uastauere.  ana  den  Worten 
hereditario  iure  rdiquerat  successorem  darf  man  wol  schlieszen,  daas 
auch  Cassiodor  von  einem  testament  Alexanders  erzlhlt  habe,  im 
übrigen  ist  dieser  'rattenkönig  von  misverstSndnissen'  von  Ont- 
bchmid  ^ttber  die  fragmente  des  Pompejns  Trogna'  s.  200  f.  im 
wesentlichen  genügend  entwirrt  worden,  nur  scheint  mir  Ontadunid 
nicht  ausreichend  erklärt  zu  haben,  wie  Jordania  daan  kam,  den  xng 
des  Sitalkes  nach  Alezanders  tode  anzusetzen  nnd  den  PerdiUcas 
gerade  als  beberscher  der  Athener  zu  bezeichnen,  es  sind  hier  offen* 
bar  zwei  dinge  zusammengeworfen,  der  krieg  des  Sitalkes  gegen  Per- 
dikkas  II  und  der  krieg  des  Seuthes  gegen  die  Makedonier  zur  zeit 
des  lamischen  krieges.  ob  die  jetzige  Verwirrung,  wenigstens  in  ihrem 

^  Tgl.  Zacher  ao.  s.  171. 


576  Preisaufgabe. 

ganzen  umfange,  bereits  von  Cassiodor  verächuldet  ist  oder  Jorda- 
nis  zur  last  fällt,  Ifiszt  sich  nicht  mehr  ermitteln. 

Somit  haben  denn  diese  barbarischen  bruchstficke  immerhin 
einigen  gewinn  ergeben,  und  wenn  sie  gleich  nicht  gestatten  die 
gothische  Urgeschichte  des  Cassiodor  zu  reconstruieren^  so  zeigen  sie 
doch,  wie  ganz  anders  sie  sich  bei  ihm  ausgenommen  haben  mosz 
als  bei  Jordanis.  hier  mag  nur  noch  darauf  hingewiesen  werden, 
dasz  sie  beweisen,  wie  Cassiodor  noch  von  der  geschmacklosigkeit 
frei  war,  die  Völker  der  vorzeit,  die  er  für  verwandte  der  Gothen 
hielt,  Gothi  oder  Getae  zu  nennen,  was  man  bisher  angenommen 
hatte. '  -  es  ist  das  vielmehr  erst  von  Jordanis  geschehen,  auch  die 
zahl  der  bruchstücke  des  Trogus  haben  wir  um  einige  vermehren 
können,  und  auf  spuren  einer  bisher  unbekannten  Version  der 
Alexandersage  sind  wir  gestoszen.  auch  für  die  kritik  des  Justimu 
sind  die  auszüge  nicht  ganz  ohne  bedeutung,  und  sie  werden  dafür 
an  ihrem  ort  verwertet  werden,  einstweilen  möge  der  binweis  da- 
rauf genügen,  dasz  sie  im  wesentlichen  den  vorzug  der  italiänischen 
Überlieferung  bestätigen. 

'-  CasRcI  ma^^yariache  altertümer  s.  304  f. 

Königsberg.  Franz  Rühl. 

78. 
PREISAÜFGABE. 

Für  die  Lamey-preis-stiftnng  au  der  Universität  Straszburg  ist  aa 
In  mal  1880  die  folgende  preibaufgabe  gestellt  worden:  geicbiehte 
der  stiidtebaukunst  bei  den  Griiciien. 

Zu  verwerten  sind  nicht  blosz  di6  antiken  litterarischen  und  epi- 
graphischen  Zeugnisse,  sondern  auch  die  crgebnisse  von  ausgrabungw 
und  Untersuchungen  an  ort  und  stelle. 

Diejenigen  teile  der  Untersuchung,  welche  bereits  genügend  er- 
forscht und  erörtert  zu  sein  scheinen,  können  unter  hinweis  auf  die 
bezüglichen  arbeiten  von  der  durstellung  ausgeschlossen  oder  kfirwr 
behandelt  werden. 

Bei  der  darstcUung  ist  darauf  zu  achten,  dasz  sie  nicht  einen  am- 
schlicszlich  gelehrten  charakter  trage,  sondern  wenigstens  die  haapt- 
rcsultate  in  einer  allgemein  faszlichen  und  lesbaren  form  ▼orgetragea 
werden. 

Der  preis  betrügt  2400  mark. 

Die  arbeiten  müssen  vor  dem  In  Januar  1884  eingeliefert  seiB. 
die  Verteilung  des  prcises  findet  statt  am  In  mal  1885.  die  bewerboBf 
um  den  preis  steht  jedem  offen,  ohne  riicksicht  auf  alter  oder  natio- 
nalität.  die  einreichuug  der  concurrenzarbeiten  erfolgt  an  den  seBati- 
secretür.  die  concurrenzarbeiten  sind  mit  einem  motte  zu  ▼ertehea, 
der  nanie  des  Verfassers  darf  nicht  ersichtlich  sein,  neben  der  arbeit 
ist  ein  verschlossenes  couvert  einzureichen,  welches  den  namen  und 
die  adresse  des  Verfassers  enthält  und  mit  dem  motto  der  arbeit  ftntier 
lieh  gekennzeichnet  ist.  die  versäumung  dieser  Vorschriften  hat  den 
ausschlusz  der  arbeit  von  der  concurrenz  zur  folge,  geöffnet  wild  aar 
das  couvert  des  verfasse»  der  gckrünten  Schrift,  eine  zurückgäbe  der 
nicht  gekrönten  oder  we{;en  formfehler  von  der  concurrenz  aosfe- 
schlossencn  arbeiten  Hudet  nicht  statt,  die  concurrenzarbeiten  könnca 
in  deutscher,  franzö^ischer  oder  lateinischer  spräche  abgefasit  sein. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜR  CLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HERAUSQEQEBEK  VON  ALFRED  FlECKKIBEV. 


79- 

ÜBER  GEMÄLDE  ALS  TEMPEtSCHXüCK. 

zu  VERGILIUS  AEHEU  I 


Die  beschreibang  der  bildwerke  am  tempel  ehr  Jnao  in  Kar- 
liago  im  ersten  buch  der  Aeneia  v.  466  ff.  iat  aeit  Ribbadc  Teradiie- 
lentlicb  gegenständ  kritiacber  controveraea  gewaaen.  nicht  nindar 
irichtig  jedoch  als  die  kritische  frage  nach  dar  richtigen  aafeinaadar- 
'olge  der  einzelnen  Terse  scheint  mir  die  ezagatiaehe,  wie  man  aidi 
lenn  das  ganze  überhaupt  Torzostellen  habe,  eine  firage  die  hSnfig 
)erübrt  und  verschieden  beantwortet  worden  ist.  nnd  dieea  frage 
ist  keineswegs  müszig:  von  einem  dichter  wie  Yergilina,  der  jede 
seile  seines  werkes  auf  sorgsamster  Oberlegung  nnd  mflhaamaten 
itndien  aufbaut,  kann  man  in  der  that  erwarten,  ja  man  wflrde  einen 
fehler  begehen,  wenn  man  es  nicht  erwartete,  daat  er  aich  im  geiat 
sin  ganz  klares  und  genaues  bild  von  den  bildwerken  gemacht  habe, 
iie  er  beschreibt,  dies  zeigt  auch  seine  beschreibang  des  Schildes  im 
ichten  buch,  wenn  man  sie  mit  der  Homerischen  vergleicht:  allea  iat 
dar  gedacht  und  dargestellt,  alles  ist,  ao  wie  ea  bMchrieben,  auch 
larsteilbar :  jede  einzelne  person  des  bildee  steht  vor  nnaem  aogen. 
n  schreiendem  contrast  zu  dieser  anachaulichkeit  nnd  genaoigkeit 
>tehen  nur  die  letzten  bilder  des  Schildes ,  welche  die  geschichte  des 
A^ugustus  bebandeln :  hier  kam  ea  dem  dicJiter  flreilich  nicht  miekt  auf 
loa  bild  an ,  sondern  auf  den  gegenständ  desselben,  nnd  er  benntste 
jie  gelegenbeit  dem  herscher  seine  hnldignng  danabringen  in  ana- 
^bigster  weise,  so  viel  aber  geht  ans  der  ganien  beschreibang  aowol 
ienes  Schildes  als  des  Junotempels  in  Karthago  und  noch  ana  man* 
^hen  andern  stellen  seiner  dichtungen  hervor,  dasa,  man  mag  über 
las  tiefere  kunstverstftndnis  und  kanatgefühl  der  Bömer  im  allge- 
meinen und  des  Vergiliua  im  beaondem  denken  wie  man  will,  grflnd- 
liehe  kunst  k  e  n  n  t  n  i  s  dem  dichter  nicht  abgesprochen  werden  kann^ 
3er  vermutlich  mit  derselben  sorgsamkeit  altrOmiache  nnd  groai- 

JahrbOcher  Tür  clMt.philol.  1880  hfl.  8.  S8 


578  EZacher:  über  gemülde  als  tempelschmuck. 

griechische  kunst  studiert  haben  wird ,  mit  der  er  sich  in  römische 
geschichte  und  altertUmer  hineinarbeitete. 

Diese  Vorbemerkung  war  nötig  um  die  berechtigang  dei-  nach- 
folgenden Untersuchung  zu  erweisen,  dieselbe  ist  zwar  zunächst  nnr 
negativer  und  epikritischer  natur.  Weidner  hat  nemlich  die  he- 
hauptung  aufgestellt,  Vcrg.  habe  sich  die  scenen  aus  der  belagemng 
Trojas  als  eine  anzahl  von  statuengruppen  im  giebelfeld  des 
tempels  gedacht,  und  gibt  auch  genau  an,  wie  die  verschiedenen 
gruppen  in  dem  giebel  verteilt  seien,  diese  behauptung  scheint  viel- 
fach anklang  gefunden  zu  haben,  so  bei  Ladewig,  der  jedoch  von 
einem  doppelten  giebclfeldc  spricht,  und  ganz  neuerdings  beiKvicala 
(Vergilstudien ,  Prag  1878,  s.  133),  der  darüber  sagt:  'auch  ist  es 
in  hohem  grade  wahrscheinlich ,  dasz  wir  uns  die  vom  dichter  er^ 
wähnte  bilderreihe  als  auf  einem  giebelfeld  be6ndlich  und  in  zwei 
teile  zerfallend  vorzustellen  haben ' ,  und  der  auch  seinerseits  eine 
von  Weidner  abweichende  anordnung  der  gruppen  im  giebel  vor- 
schlägt. 

Dieser  erfolg,  den  Weidners  flüchtig  hingeworfene  idee  gehabt 
hat,  ist  ein  trauriger  beweis  für  die  verderblichen  folgen  der  in 
neuerer  zeit  immer  crasser  auftretenden  arbeitsteilong  in  der  philo- 
logie,  speciell  der  trennung  von  philologie  und  archäologie.  deu 
dasz  jene  von  Vcrg.  beschriebenen  bildlichen  darstellungen  auf  tineiB 
oder  auch  auf  zwei  giebelfeldern  hätten  platz  finden  können,  ja  daai 
überhaupt  ein  Grieche  oder  Bömer  sie  sich  auf  einem  giebelfeld  hitto 
dargestellt  denken  können ,  musz  jedem  als  eine  bare  unmöglidikeit 
erscheinen,  der  mit  der  alten  kunst  auch  nur  einigermaszen  be- 
kannt ist. 

Durch  die  ganz  eigentümliche  natur  gerade  dieser  bildlich  ani- 
zuschmückenden  stelle  des  gebäudes,  durch  die  kräftige  und  ent- 
schiedene abgrenzung  von  allen  andern  teilen ,  durch  die  eigentttan- 
liche ,  nach  der  mitte  sich  concen trierende  form  des  giebelfeldes  iik 
mit  zwingender  notwendigkeit  für  den  ausschmückenden  ktlnstkr 
das  gesetz  gegeben,  dasz  nur  eine  handlung,  nur  6ine  auf  6inen  md 
denselben  gegenständ  sich  beziehende  gruppe  diesen  räum  einnehmen 
dürfe ,  und  nur  so  dasz  in  der  mitte  die  eigentliche  hauptbandlug 
stattfinde,  die  hauptpcrsonen  platz  haben,  während  nach  den  flflgela 
hin  die  erregung  mehr  und  mehr  verklingt,  die  personen  in  immer 
gleichgültigerem  Verhältnis  zur  mittelgruppe  stehen,  cur  mittel- 
gruppe:  denn  das  ganze  darf  wol  in  einzelne  gruppen  zerfallen, 
aber  doch  nur  so  dasz  alle  zusammen  nur  einen  und  denselben  m<H 
ment  üiner  und  derselben  handlung  ausdrücken,  dies  gesetz  ist  lehon 
vor  geraumer  zeit  ausgesprochen  und  scharf  formuliert  worden  Ton 
keinem  geringem  als  Weicker,  in  der  einleitung  zu  der  abh«  Aber 
die  giebelgruppen  (alte  denkmälerls.22).  und  die  richtigkeit  dieses 
gesetzes  wird  eben  dadurch  bewiesen ,  dasz  er  zur  aufstellong  des- 
selben auf  einem  ganz  andern  wege  gelangt  ist,  nicht  wie  wir  anf 
dem  deductiven ,  sondern  auf  dem  inductiven.   das  ist  jn  eben  dift 


KZacher:  Aber  gemftlde  all  tempelMlininelL  579 

grosze  der  griechischen  konst,  dass  noh  in  ihr  das  sweckgemitie 
und  das  sinnenreizende  zu  einer  onaofUslichen  einheit  Termihlt,  daas 
schön  nur  ist  was  auch  der  zwedddee  des  ganzen  entspricht,  so  fin- 
den wir,  wenn  wir  die  giebelgruppen,  die  ans  durch  ein  gütiges  ge- 
schick  erhalten  sind  oder  von  denen  wir  durch  notizen  ans  dem 
altertum  kenntnis  haben,  Oberblicken  (flbersichtlicfasusammeingestellt 
von  Stark  'Niobe  und  die  Niofaiden'  s.  314  fil,  ausführlich  b^andelt 
von  Welcker  ao.)^  jenes  gesetz  in  der  that  auch  durcbgftngig  von  der 
griechischen  kunst  befolgt  (und  mit  einiger  modification  folgen  ihnen 
darin  auch  die  Römer),  einige  fHUe,  in  denen  es  seheinen  kOnnte 
als  ob  mehr  als  6ine  handlung  auf  einem  giebelfelde  dargestellt  wftre, 
sind  von  Welcker  richtig  gestellt  worden,  wie  die  darttellungen  am 
Apollontempel  zu  Delphoi  AD.  I  151  ff»,  und  am  Heraion  beiArgoa 
8.  191  ff.  nur  6in  tempel  verleugnet  jene  kunstnorm,  das  Herakleion 
in  Theben,  wenn  anders  die  nadiricht  des  Pausaaias  suverlftssig  und 
richtig  überliefert  ist:  IX  11,  6  6f)ßaioic  bi  T&  £v  Toic  dCTOtc 
TTpaEiT^Xiic  £iToiiic€  xä  iroXXä  Tuiv  buib€ica  icaXou^uiv  fidXuiv* 
Kai  ccptci  Tä  ic  rdc  öpvtOac  dvb€i  rdc  inX  CTUMqyi/iXip,  koX  die 
ix&Qf]Q^v  *Hpon(Xf)c  Tf|v  "HXclav  x^P<^'  ^evtI  toutuiv  bk  f|  irpöc 
'AvraTov  TidXii  TreirofiiTat.  aber  audi  wenn  diese  Überlieferung  rich- 
tig ist  und  die  bildwerke  des  Praiiteles  nicht  vielmehr  auf  den 
metopen  sich  befanden,  wofür  sie  in  hohem  grade  geeignet  gewesen 
sein  würden,  so  liegt  doch  hier  die  saohe  anders  als  bei  den  Yerg. 
darstellungen.  allerdings  würden  es  elf  gruppen  gewesen  sein  in 
^nem  giebel  (Welcker  s.  207) ,  und  es  mag  den  feinsinnigen  Praxi- 
teles Überwindung  genug  gekostet  haben,  in  dieser  beziehung  sich 
dem  willen  der  boiotischen  auftraggeber  zu  fügen  (denn  anders  liesze 
sich  ein  derartiges  werk  von  einem  solchen  meister  nicht  erklftren); 
aber  immerbin  sind  diese  darstellungen  erstens  mehr  symbolischer 
natur ,  und  zweitens,  was  ganz  besonders  ins  gewicht  fWt,  jede  von 
ihnen  erfordert  nur  etwa  zwei  figuren. 

Die  scenen  aus  dem  troischen  kriege  dagegen,  die  Verg.  am 
Juno  tempel  dargestellt  sein  läszt,  und  es  sind  ihrer  %dit,  erfordern 
jede  weit  mehr  figuren ;  einige  sogar  sind  nicht  denkbar  ohne  eine 
ganze  reihe  von  personen.   gehen  wir  die  Schilderung  durch : 
V.  460   namque  videbat  fdi  heüantes  Fergama  drcum 

hac  fuger ent  Grai^  premeret  Traiana  hwetUus; 

hac  Phryges,  instaret  cwrsu  arisiatus  AMües. 
aUo  zwei  correspondierende  schlachtdarstellungen,  von  denen  jede 
einzeln  mindestens  ein  ganzes  giebelfeld  einnehmen  mttste.  Weidner 
verweist  sie  in  die  beiden  winkel  des  tjmpanon,  Kvicala  alle  beide 
in  den  linken  winkel.  man  bedenke  dasz  in  der  mitte  noch  sechs 
gruppen  stehen  sollen,  und  mache  sich  dann  eine  Vorstellung  von 
den  schlachtbildem  in  der  ecke,  im  spitzen  winkel,  wo  an  den  er- 
haltenen giebelgruppen  nur  ein  lagernder  fluszgott  oder  ein  leichnam, 
allenfalls  ein  gebückt  stehender  bogenschtttz  oder  sklav  oder  eine 
vor  schreck  zu  boden  gesunkene  Sklavin  platz  findet   eine  gruppe 


580  KZacher:  über  gemalde  als  tempeUchmuck, 

wie  sie  Alkamenes  in  dem  Kentauren ,  der  im  begriff  eine  ji 
davonzufahren  von  einem  Lapiihen, durchbohrt  wird,  meiBterbaft  in 
den  ihm  zu  geböte  stehenden  räum  des  westgiebels  am  Zenstempel 
zu  Olympia  componiert  hat,  könnte  doch  immer  noch  nicht  genügen 
zur  darstellung  der  flucht  der  Griechen  oder  des  anstürmens  von 
Achilleus.  man  mag  der  andeutenden  weise  der  griechischen  konst 
noch  so  viel  zu  gute  halten:  die  worte  Verg.  deuten  entschieden  auf 
eine  ganze  anzahl  lebhaftest  bewegter  pereonen.  schon  diese  beiden 
gruppen  also  entziehen  sich  der  einordnung  in  einen  giebel  mit  har^ 
nSckigkeit. 

n£C  procul  hinc  Rhesi  niveis  tentoria  vdis 
agnoscit  lacrimalis^  %>rimo  quae  prodita  somno 
Tydides  muUa  vastdbat  caede  cruenhis^ 
ardentcsque  avcrtit  equos  in  castra^  prhis  quam 
pabula  gxistassent  Troiae  Xanthumque  bihissent. 
für  diese  gruppe  sind  zum  mindesten  nötig  ^ine  person,   die  da 
Diomedes,  und  zwei  rosse;  wahrscheinlich  hat  sich  der  dichter  aber 
dazu  noch  darstellung  von  zelten  und  hingestreckten  leichnamen  ge- 
dacht, wie  man  es  auf  einem  vasenbild  sieht  bei  Overbeck  'bildwerfce 
zum  thebapischcn  und  troischen  heldenkreis*  tf.  XVII  5. 
parte  alia  fugiens  amissis  TroüiM  armis 
infdix  puer  atque  inpar  congresstis  ÄchHUi: 
fcrtur  equis  currwiue  hacret  resupinus  tiuinj, 
lora  tencns  tarnen;  huic  cervixque  camaegue  trahuntur 
per  tcrram^  et  versa  pulvis  itiscribitur  hasta. 
auch  dies  eine  kleine,  aber  langhingestreckte  gruppe :  für  ein  giebel- 
feld  gänzlich  ungeeignet,   der  gegenständ  ist  von  der  kunst  hinig 
behandelt,  vgl.  Overbeck  ao.  s.  344  ff. 

interca  ad  templum  non  aequae  Paüadis  ihant 
crinibus  Iliades  passis  peplumqu^  ferebant^ 
suppiliciicr  tristes  et  tunsae  pedora  palmis: 
diva  solo  fixes  oculos  aversa  tenebat. 
eine  processionsdarstellung  die  ohne  eine  ganze  anzahl  yon  figona 
gar  nicht  denkbar  ist.   man  wird  lebhaft  an  den  Parthenonfriei  er- 
innert,  für  ein  giebelfeld  ist  die  gruppe  absolut  unpassend. 
ter  circa  llia<x>8  raptaverat  lledora  muros 
exanimumque  auro  corpus  vcndcbat  Ackiües. 
tum  vcro  ingcntem  gemitum  dat  pcctore  ah  tmo, 
ut  spdiay  ut  currus^  utque  ipsum  corpus  amid 
icndcntemque  manus  Priamum  conspexit  inermis, 
Hektors  lösung  ist  ein  auszerordentlich  hftufig  von  der  bildenden 
kunst  behandelter  gegenständ,  vgl.  Overbeck  ao.  8. 468  ff.«  fast  stets 
figurenreiche  gruppen.    zu  Achilleus,  Priamos,  Hektors  iMcbnam 
pflegt  noch  hinzuzukommen  Hermes,  ein  gaben  tragender  begleite 
des  Priamos  und  gewöhnlich  noch  einige  andere  fignren.  da  Veig. 
die  aufwägung  des  leichnams  durch  gold  daigesteUt  sein  llstt,  N 
musz  sein  fingiertes  bild  auch  die  wage  und  die  abwSgang  beaorgaBds 


EZacher:  über  gemftlde  als  tempekohmiick.  681 

männer  enthalten,  wie  wir  sie  bei  Orerbeck  ao.  tf.  XX  4  (hier  auch 
die  spolien  und  der  wagen  an  dem  Hektar  geschleift  worden  ist)  und 
12  sehen,  ygl.  text  s.  473.  479. 

se  quoque  prindpibus  permkUum  agnovü  ÄdUvis 
Eoasqae  acies  et  mgri  Memnonis  tttrma. 

wenn  ich  auch  auf  den  ansdrack  ades  kein  gewicht  legen  will,  so 
ergibt  sich  doch  ans  den  werten  se  quoque  prineipihuB  per* 
mixtum  Ächivis^  dasz  der  dichter  sich  nnter  dieser  gmppe  eine 
figurenreiche  schlachtdarstellong  vorgestellt  hat  das  gleiche  gilt 
endlich  anch  von  der  letzten  gmppe: 

ducU  Amazonidum  hmoHs  affminapeUis 
Penihesüea  furens  mediisque  inmilibus  ardäj 
aurea  eubnectens  exsertae  cimgula  mammae^ 
hellatrix^  audetque  viris  conemrrere  virgo. 

£s  ergibt  sich  wie  mir  scheint  aas  dem  flüchtigen  überblicki 
dem  wir  so  eben  die  Verg.  schilderong  untersagen  haben,  mit  evi- 
denz,*  dasz  die  von  ihm  beschriebenen  gruppen  auch  bei  grOster  be- 
schrftnkung  doch  eine  solche  menge  von  Agaren  erfordern  würden, 
dasz  es  absolut  unmöglich  wäre,  diese  alle  in  einem  giebelfelde 
unterzubringen,  denn  in  einem  so  eigentümlich  geformten  räum 
Iftszt  sich  der  natur  der  sache  nach  nur  eine  besehrinkte  aniahl 
gleichgroszer  menschlicher  Agaren  anbringen,  daher  rarüert  die 
zahl  der  figuren-  an  griechischen  tempelgiebeln  zwischen  12  und  20: 
die  Vergilischen  gruppen  würden  kaum  durch  49  personen  ausgefüllt 
werden  können. 

Der  hauptgrund  jedoch ,  warum  die  von  Verg.  beschriebenen 
bild  werke  nicht  in  einem  giebelfelde  vereinigt  gedacht  sein  können, 
bleibt  die  ästhetische  Unmöglichkeit,  eine  menge  so  ganz  von  ein- 
ander verschiedener  und ,  wie  wir  gesehen  haben ,  auch  in  der  aus- 
dehnung  verschiedener  darstellungen  in  einem  räume  zu  vereinigen, 
der  seiner  natur  nach  nur  ftlr  eine  einzige  und  einheitliche  darstel- 
long  passt  und  der  regel  nach  auch  facüsch  nur  zur  aufnähme  einer 
solchen  verwendet  worden  ist 

Und  warum  musz  es  denn  auch  gerade  ein  giebelfeld  sein,  das 
Verg.  beschreibt?  ist  doch  keiner  der  früheren  erklärer  auf  diese 
idee  gekommen,  aber  freilich  in  unserem  Jahrhundert  ist  durch  die 
entdeckung  gerade  von  plastischen  werken  aus  giebelgruppen,  durch 
die  entdeckung  der  giebelgruppen  von  Aigina,  Athen  und  gani 
neuerdings  von  Olympia  ein  so  gewaltiger  fortschritt  in  der  kennt- 
nis  und  schfttzung  antiker  kunst  gemacht  worden,  dass  für  uns  jetzt 
die  giebelgruppen  geradezu  im  mittelpunct  des  interesses  stehen, 
dasz  sie  für  uns  die  gegenstftnde  höchster  bewunderung  sind,  dass 
sie  uns  zu  den  eminentesten  leistungen  der  alten  kunst  und  zu  den 
bedeutendsten  schmuck  werken  der  tempel  zu  gehören  scheinen,  dar- 
aus folgt  aber  nicht  dasz  sie  dies  auch  für  die  alten,  oder  dass  sie  es 


582  EZacher:  über  gemäldc  als  tempelachmuck. 

zu  jeder  zeit  gewesen  seien,  vor  allem  müssen  wir  uns  hüten  sie  ftr 
den  vornehmsten,  noch  mehr,  sie  ftlr  den  in  die  äugen  fallendsten 
und  verständlichsten  schmuck  der  tempel  zu  halten,  und  endlich 
müssen  wir  uns  vergegenwärtigen,  dasz  eigentlich  doch  nur  ver- 
hältnismäszig  selten  das  gicbelfeld  eines  tempels  mit  sculpturen  ge- 
schmückt wurde,  viel  seltener  als  man  jetzt  wol  im  allgemeinen 
glaubt ,  und  in  römischen  landen  noch  weit  seltener  als  in  griechi- 
schen, so  selten  dasz  man  früher  den  Bomcm  diese  art  plastischer 
Zierde  ganz  absprechen  zu  müssen  geglaubt  hat.  mustern  wir  das 
Verzeichnis  das  Stark  ao.  gegeben  hat,  so  finden  wir  von  griechi- 
schen tempcln  oder  tempelähnlichen  gebäuden  mit  giebelgruppen 
(von  solchen ,  die  nur  omamental  mit  thieren  oder  phantastischen 
gebilden  geschmückt  sind,  natürlich  abgesehen)  nur  21  (n.  1 — 21), 
dazu  die  giebelfclder  von  Norchia  in  Etrurien  n.  25.  26.  die  aof- 
zählung  von  Stark  ist  noch  zu  ergänzen  durch  den  ApoUontempel  za 
Aigeira  Paus.  VII  2G,  G  (fcTi  kqi  'AttöXXujvoc  kpöv  ic  xd  ^i&icra 
dpxaiov,  t6  T€  kpöv  aiiö  kqi  öttöcq  iv  toTc  dcroTc)  und  des 
Asklepiostempcl  zu  Titane  Paus.  II 11,  8  (rd  he  iv  toTc  dcTOic,  *Hpo- 
kXtic  Kai  NiKtti  TTpöc  ToTc  TT^paciv  elciv,  wahrscheinlich  cormpt), 
ferner  durch  die  von  Conze  aufgefundenen  reste  aus  Samothnke 
(arch.  unters,  auf  Samothrakc  s.  24  ff.)  und  die  thonfiguren  aus  Ts- 
nagra,  welche  die  giebelfeldcr  eines  tempeiförmigen  Sarkophags  bil- 
deten (ECurtius  ^zwei  giebelgruppen  aus  Tanagra'  abh.  d.  Beriiner 
akad.  1878).  römische  giebelgruppen,  die  allenfalls  in  betracht 
kommen  könnten,  zählt  Stark  sechs  auf  (n.  29.  31.  32.  33.  34.  38). 
(mit  recht  wol  hat  er  in  diese  aufzählung  nicht  mit  aufgenommen  dw 
sigfia  bei  der  restauration  des  Cerestempels  ex  fastigiis  dispersa  dei 
Damoi)hiIos  und  Gorgasos[Plinius  XXXV 154],  und  die  am  Pantheon 
des  Agrippa  in  fastigio  posita  sigjva  des  Diogenes  [ebd.  XXXVI 37], 
da  Plinius  au  einer  andern  stelle  [XXXVI  13],  wo  er  von  Bnpalos 
und  Athenis  spricht  und  erzählt  dasz  Bomac  corutn  Signa  sunt  M 
Palatina  aedc  ApoUinis  in  fastigio  et  Omnibus  fcre  quae  fedt  dhcnt 
Augustus^  der  natur  der  sache  nach  nicht  von  dem  schmuck  emei 
giebelfeldos ,  sondern  nur  von  den  den  giebel  krönenden  stataen 
reden  kann,  welche  die  Griechen  dKpu)Trjpia  nannten  und  deren  nicht 
geringe  Wertschätzung  bezeugt  wird  durch  die  olympische  kttnstler 
inschrift  des  Paionios :  öc  Kai  TdKpwrripia  TTOiricac  dviicT)CC.)  sind 
somit  die  mit  giebelschmuck  versehenen  römischen  tempel  doi 
griechischen  an  zahl  bei  weitem  unterlegen,  so  kommt  noch  hinxfl) 
was  Brunn  gezeigt  hat  (annali  deir  Inst.  18518.297.  1852  8.838  ff.), 
dasz  die  römischen  giebelgruppen ,  von  denen  wir  überhaupt  kenni- 
nis  haben,  einen  wesentlich  andern  Charakter  zeigen  als  die  griedii- 
schen,  dasz  sie  von  den  griechischen  sich  in  ganz  entsprediender 
weise  unterscheiden  wie  die  römische  theologie  von  der  griedd- 
sehen  mythologie,  indem  die  giebel  römischer  tempel  eine repri- 
sentierende  Zusammenstellung  von  durch  idee  und  cultus  lusammen- 
gehörigen  göttcrgestalten  enthalten,  während  in  den  grieehiacheB 


KZacher:  Über  geflnUde  als  tenapelidiiiiiieL  58S^ 

fast  ohne  ausnähme  eine  lebendige  ecene  ans  dem  mythos  daige- 
siellt  ist. 

Nun  hat  sich  aber  Vergilins  offenbar  den  iempel 
der  Juno  zu  Karthago  nicht  wie  einen  griechischen 
tempel  Yorgestellt,  sondern  wie  einen  römischen  iem- 
pel seiner  zeit,  dasz  er  in  dieser  beziehnng  anachronismen  nicht 
scheut,  zeigt  gleich  in  y.  427  die  erwlhnnng  des  fheaters.  nnd  dass 
er  sich  in  der  that  einen  tempel  Ton  speeifisch  römischem 
Schema  vorstellt,  geht«  wie  Weidner  richtig  erkannt  hat,  herror 
aus  V.  505: 

tum  foribus  divaej  media  e  testudine  templi^ 

saepla  armis  solioque  aUe  submiaoa  resedä. 
denn  da  im  römischen  tempel ,  nnd  nur  in  diesem  i  der  cella  eine 
ziemlich  gleich  tiefe  seulengetragene  vorhaUe  sieh  vorlegt,  so  ba- 
finden  sidb  hier  allerdings  die  fons  divae^  dh.  die  thflr  die  in  die 
cella  führt,  media  testudine  tempU^  dh.  unter  der  mitte  des  gesamt- 
daches  (ob  man  für  Yerg.  zeiten  schon  Wölbung  des  ganzen  annehmen 
dürfe,  wie  Weidner  will,  erscheint  mir  zweifelhaft),  also  denkt  sich 
der  dichter  einen  tempel  der  art  wie  die  meisten  erhaltenen  tempel 
in  Pompeji,   damit  Itot  sich  aadi  v.  448 1  in  einklang  bringen: 

aerea  cui  gradibus  aurgehatU  Umma  mesMegue 

aere  träbes^  faribui  eardo  sMdAat  a9m$. 
hier  haben  die  nexae  aere  trabes  den  Interpreten  viel  koplkerbreehen 
gemacht,  und  schon  im  altertum  las  man,  vrie  die  scholiasten  be* 
zeugen,  vielfach  niscae  und  verstand  dies  von  dem  auf  ehernen  seulen 
ruhenden  gebälk.  allerdings  ist  trabes  der  gebrinchliche  ausdmck 
für  das  auf  den  seulen  ruhende  gebälk,  aber  mit  recht  machen  Weid- 
ner und  Kvicala  darauf  aufmerksam ,  wie  abgeschmackt  es  wftre  zn 
sagen :  '  auf  stufen  stieg  empor  die  sdiwelle  nnd  das  auf  erz  ruhende 
gebälk'  statt  ^und  eherne  seulen';  und  wer  hat  je  etwas  von  eher- 
nen seulen  gehört?  vergoldete  seulen  sind  wol  bekannt  (zb.  Cic. 
de  div.  I  24  f  48  cclumna  extrinsecus  inaurata)^  aber  den  luxus  eher- 
ner seulen  wird  sich  auch  Verg.  schwerlich  vorgestellt  haben ,  nnd 
seulen  mit  erzcapitellen,  wie  sie  Plinius  XXXtV  18  erwähnt,  können 
wol  auch  kaum  mit  dem  bloszen  wort  aere  bezeichnet  werden. 

Wenn  somit  die  lesart  nixae  abzuweisen  ist,  so  ist  doch  ebenso 
wenig  zu  billigen  die  erklärung  die  Weidner  von  nexae  aere  trabes 
gibt ,  es  seien  cannelierte  eherne  seulen  damit  gemeint,  wie  diese 
bedeutung  herauskommen  soll,  ist  mir  ganz  nnOTfindlich ,  er  mOste 
denn  meinen  dasz  Verg.  sich  bronceumkleidete  holspfeüer  gedacht 
habe,  aber  irabes  findet  sich  nie  in  der  bedeutung  'senle^  nnd  dasz 
der  dichter  sagen  wolle  Masz  alles  von  kostbarem  ers  gearbeitet 
war'  liesze  sich  wol  denken,  wenn  er  in  nachahmnng  Homers  einen 
königspalast  heroischer  zeit  beschreiben  wollte ,  verträgt  sich  aber 
wenig  mit  dem  bilde  eines  römischen  tempels,  worauf  alle  übrigen 
einzelheiten  seiner  beschreibung  hinweisen. 

Zwar  wendeten  die  Römer  selbst  in  jener  seit  bronca  in  ans- 


584  EZacher:  über  gemälde  als  tempelschmuck. 

gibiger  weise  beim  tempelbau  an,  nicht  nur  decorativ,  wie  ja  auch 
die  Griechen,  sondern  auch  constructiv  (vgl.  KOMUÜer  handb.  d. 
arch.  §  272,  2),  und  gerade  zur  zeit  Verg.  entstand  in  Rom  eins  der 
groszartigsten  bauwerke  der  art,  das  Pantheon  Agrippas.  wie  in  der 
Vorhalle  des  gewaltigen  kuppelbaus  der  dachstuhl  nicht  durch  höl- 
zerne balken,  sondern  durch  eine  geniale  erzconstruction  gebUdet 
wurde,  so  konnte  sich  wol  auch  Verg.  das  dach  seines  tempelä  dordi 
eherne  balken  und  träger  emporgehalten  denken,  und  konnte  die 
durch  diese  dachconstruction  hervorgebrachte  Überwölbung  und  Ver- 
bindung des  auf  den  seulen  ruhenden  gebälkes  wol  mit  den  werten 
nexac  aere  trdbcs  bezeichnen,  und  wenn  man  limina  fassen  könnte 
von  der  vorhalle,  wie  es  Weidner  thut,  und  wie  es  auch  in  der  that 
von  Verg.  selbst  gebraucht  ist  U  485  in  limifie  prmo^  so  würde  sich 
ein  sehr  schöner  gedankengang  ergeben :  auf  den  stufen  erhob  sich 
die  eherne  halle ,  darüber  wölbte  sich  ehern  das  dach ,  eine  eherne 
thür  führte  in  das  heiligtum  selbst,  leider  kann  ich  nicht  nachwei- 
sen, dasz  limina  speciell  vom  fuszboden  gesagt  worden  sei,  und 
ebenso  wenig,  dasz  jemals  bronce  zur  Verkleidung  des  faszbodeos 
gebraucht  worden  sei  * ,  oder  dasz  die  Bömer  sie  sich  so  verwendet 
haben  denken  können,  somit  werden  wir  nicht  umhin  können  Utmna 
von  der  thürschwelle  ganz  speciell  zu  verstehen,  die  eherne 
schwelle  ist  ja  aus  den  Homerischen  königspal&sten  bekannt;  auch 
der  römischen  baukunst  ist  sie  nicht  fremd  gewesen:  vgl.  Pliniu 
XXXIV 13  prisci  Umina  etiam  acvälvas  in  tcmplis  ex  aere  factitapen, 
und  weiter  unten  quin  etiam  privata  opidentia  eo  modo  uaurpata  tä: 
Camülo  inier  crimina  obiecit  Sp,  Carvilius  quaestor,  guod  aercAa  oslia 
hdbcret  in  domo,  Livius  X23  acnea  in  CapUölio  Umina  et  trium  umm- 
sarum  argentea  vasa  in  ceUa  lovis  .  .  posuerunt,  bezeichnet  aber 
acrea  Umina  bei  Verg.  die  thürschwelle,  so  musz notwendig anch 
»)€xae  aere  träbes  einen  teil  der  thür  selbst  bezeichnen,  daun- 
mittelbar darauf  von  den  thürf lügein  gesprochen  wird«  und  ei 
lächerlich  wäre  zuerst  von  der  thürschwelle ,  dann  vom  gebälk  der 
Vorhalle  und  dann  wieder  von  den  thürfiügeln  zu  reden,  man  wird 
also  unter  trahes  mit  Heyne  und  Kvicala  die  thürpfosten  eu  verstehea 
haben,  und  in  der  that  findet  sich  trahes  von  Verg.  zur  bezeichnung' 
eines  teiles  der  thüreinfassung  angewendet  an  einer  stelle  die  cur 
erklärung  der  unsrigen  überhaupt  wol  geeignet  ist  herangesogen  m 
werden,  wenn  gleich  sie  selbst  keineswegs  unbedingt  klar  ist,  II 
479  ff.,  wo  beschrieben  wird,  wie Neoptolemos  die  thÜr  des  könig^ 
jialastes  in  Troja  erbncht: 

ipse  inter primos  corrcpia  dura  hipenni 
limina perrumpit postesque  a  cardine  veUit 


^  mitnnter  finden  sich  eherne  piedestale  für  Btatuen,  wie  Pans.  II 
22,  2.  V  23,  6.  24,  1.  26,  7.  als  beispiel  von  verwendang  von  broaee 
für  den  fuszboden  ist  mir  nur  bekannt  das  irivdKiov  xo^KoOv  vor  den 
füszen  des  Zeus  Horkios  im  buleuterion  xa  Olympia  (Pani.  V  84, 11). 


KZacher:  Aber  gemftldo  als  teiapelBchniiidt  B86 

aeratos;  ia$ngue  excisa  irahe  fkrma  camHfü 
robora  et  ingentem  lato  dedU  are  fhuuiram. 
Fraglich  bleibt  aber  noch,  wie  an  unserer  stelle  die  worte  <Mri0 
nex<ie  zu  erklären  sind.  Heynes  erUlrong:  ^nexoeqite  liminiboSi  ad- 
ianctae  et  impositae  limini  irabes^  posteSi  iurgebatd,  erant  es,  oers* 
scheint  mir  sprachlich  nnmUtosig!  denn  *sie  waren  ans  m*  faum 
nicht  heiszen  aere  aurgebani.  Evuala  lieet  statt  nexaeq^e  Uoes  §msae 
und  erklärt:  *mit  erz  waren  die  pfosten  Terbondenv  dh.  die  (obere) 
Verbindung  der  thürpfosten,  die  obersohwelle  (Jimen  9upentm)  war 
Ton  erz.'  diese  erklärong  ist  sehr  aDEpreohend ,  namentUeh  wenn 
man  in  der  anmerknng  liest,  dass  'die oberschwdle  als  teil  dee  ein- 
gangsthors  spedell  erwähnt  nnd  der  schwelle  entgegengesetst  wird 
auch  Od.  r\  20  dpTupeov  b*  i<p*  öfrepdüpiov.  vgl  nMh  Herod.  I 
179  TruXai  .  .  x<^Keat  irficat,  xal  ctoOmoI  t€  ica\  Td  öic^pOupa 
uicauTUJC.'  man  bemerke  aber,  dass  Horodotos  nidit  bloss  Ton  der 
oberschwelle  spricht,  sondem  dass  er  pfosten  nnd  obersohw  eile 
als  ehern  bezeichnet,  nnd  ebenso  gehen  bei  Homer  dem  thrcpOupiOV 
unmittelbar  vorher  die  croOMOi: 

xpucetat  hk  8öpai  ttvkivöv  böfiov  £vt6c  Icptov* 
craO^ol  b*  äpTtipcoi  Iv  xa\xi\^  {crocov  oöbijif 
äpT^p€0v  b'  <<p*  öircpSOptov,  w\k4x\  ht  Kopuivifh 
und  das  musz  man  auch  bei  Verg«  erwarten;  daher  ist  Evioalas  er- 
klärong nur  zulässig  bei  der  lesart  nexae^ue,  so  dass  ans  dem  vor« 
hergehenden  zu  ergänzen  wäre  aertae  mrgebani  und  der  sinn  des 
ganzen  wäre:  gradibus  surgebani  Umina  aerea  ä  traSbes  aereae 
aere  nexae,  nicht  aber  bei  der  von  ihm  verteidigten  lesart  nexae 
des  Gudianus  und  der  Prager  handschrift:  denn  dann  wttrde  gegen 
£>eine  erklärung  dasselbe  eingewendet  werden  mtUsen ,  weshidb  er 
selbst  und  Weidner  die  lesart  nixae  aere  träbes  verworfen  haben, 
nemlich  dasz  etwas  wichtigeres  und  wesentlicheres  nur  im  vorbei- 
gehen angedeutet,  das  unwesentlichere  aber  als  hauptsache  darge- 
stellt würde. 

Uebrigens  bleibt  noch  eine  andere  mlJglichkeit  der  erklärung.* 
wie  wir  Äen,  V  309  finden  flavaque  capiU  nedenlitr  öUva^  nnd  0?. 
am.  I  2,  23  nede  comam  fiufrto^  so  kOnnte  irabes  aere  nexae  auch 
bedeuten  *  mit  erz  bekleidet",  oder  auch  nur  mit  orz,  also  sb.  mit 


'  za  erwähnen  ist  ausserdem  noch  die  angebe  des  Serrios  (C)f 
quidam  trabet  aenea*  putant  ipmtm  iemphm  ekälcoieum  tigtdfleeart  Thilo 
vermalet  x<^köt€uktov  ,  FSchÖll  xo^K(otKOV.  an  einen  nit  ersplaltea 
belef^teo  tempel  wie  den  der  *A0t)vA  xo^^^koc  in  Sparta  ist  bei  Verg. 
natürlich  nicht  za  denken.  *  thttrpfosten  und  stors  waren  in  der 

regrel  mit  einer  Verschalung  {amUpagw^enia)  vericieidet.  dieselbe  war 
meist  von  holz  (Becker-Marqoardt  Vis.  883),  mitonter  jedoch  anoh 
von  bronce.  Overbeek  Pomp.*  II  s.  SSO.  Ivanoff  ann.  deU'  Inst.  1869 
%.  97.  99.  102.  das  sind  dann  die  aerata  atiia,  von  denen  Pllnias  spricbl 
XXXIV  13.  dergleichen  broncene  pfosten  und  starse  dnd  noch  erhalten 
am  Pantheon  und  an  der  Sophienkirche  in  KonstaatinopeL  vf  L  Semper 
AÜl  I  s.  368.  370. 


586  KZachcr:  über  gemälde  als  tempeUchmack. 

bronccnen  rosetten,  geschmückt,  dann  würde  trdbes  sowol  die  pfosten 
als  das  Urnen  superum  umfassen ,  und  in  der  that  bilden  diese  ja  in 
der  griechisch-römischen  kunst  der  schwelle  gegenüber  eine  eixüieit 
auch  an  der  oben  angeführten  stelle  Aen.  II  481  ist  wol  mit  exdsa 
trahe  nur  überhaupt  ein  stück  dieser  thüreinfassung  gemeint,  wie 
auch  jyostes  daselbst  diese  allgemeinere  bedeutung  hat.  denn  wenn 
es  heiszt:  Neoptolemos  versuchte  postes  a  cardine  veüere  aeraioa,  also 
die  thür  aus  den  angeln  zu  heben,  um  die  eigentliche  ianua  eindrücken 
zu  können  (vgl.  Apul.  met,  I  11,  44  fradis  et  evulsis  fundihis  cardi- 
nibus  ianuae  prostcrnuntur) ,  so  kann ,  da  die  cardines  in  der  untern 
und  obern  schwelle  eingelassen  waren,  hier  mit  postes  eigentlich  nur 
die  obere  schwelle  bezeichnet  sein,  es  müste  denn  das  wort  hier,  wie 
wol  sonst  öfter  in  dichterischem  gebrauch,  die  ganze  thür  bezeichnen 
sollen. 

Wie  dem  auch  sei,  durch  beide  arten  von  erklftrung  ergibt  sich, 
dasz  trahes  acre  nexac  die  broncene ,  bronceverkleidete  oder  bronce- 
geschmückte  thüreinfassung  bedeutet,  von  bronce  ist  also  an 
dem  tempol  die  schwelle,  die  thüreinfassung,  die  thttr- 
flügel:  lauter  gegenstände  welche  auch  am  römischen 
tempel  häufig  aus  demselben  material  bestanden/  und 
so  stimmt  auch  dies  mit  dem  überein,  was  wir  aus  v.  505  schlieszen 
konnten,  dasz  Verg.  sich  den  tempel  der  Juno  nach  art 
eines  römischen  tempels  seiner  zeit  gedacht  habe,  dem 
müssen  nun  auch  die  bildwerke  entsprechen,  die  er  an 
demselben  angebracht  sein  läszt.  dasz  von  giebelgruppen 
nicht  die  rede  sein  kann,  haben  wir  gesehen;  so  bleiben  denn  die 
andern  möglichkeiten  zu  erwägen. 

Man  hat  zunächst  an  darstellungen  auf  den  ehernen 
thürflügeln  gedacht,  und  in  der  that  waren reliefs  und  eingelegte 
arbeit  an  thUren  ein  gern  gesehener  schmuck  und  werden  von  den 
römischen  dichtem  oft  beschrieben,  so  von  Verg.  selbst  Aen,  VI 
20  fiF.  gcorg.  III 26  ff.  Prop.  III  31,  12.  Ov.  met.  II  6  ff.  fast.  V  561  It 
Silius  III  32.  Val.  Flaccus  V  417ff.  dasz  Verg.  auch  an  unsexer 
stelle,  da  er  schon  vorher  bei  der  thür  so  lange  verweilt,  in  der  that 
bildlichen  schmuck  der  thürflügel  beschreiben  wolle,  ist  daher  nicht 
undenkbar,  doch  macht  die  mehrzahl  der  von  ihm  beschriebenen 
scenen  den  eindruck  von  umfangreichen,  langhin  sich  streckenden 
compüs^itionen,  welche  viel  eher  auf  einer  raauer  oder  einem  fiiei 
platz  gefunden  hätten  als  auf  einer  thür.  und  es  ist  nicht  zu  über- 
sehen, dasz  bei  allen  jenen  andern  beschreibungen  von  thflrschmack 
stets  ausdrücklich  angegeben  ist,  dasz  er  sich  eben  auf  den  thür- 
flügeln befinde,  hier  aber  nur  ganz  allgemein  von  bildlichem  schmuck 
des  tempels  die  rede  ist ,  und  zwar  so  dasz  eigentlich  an  die  thflr 


^  über  broDcene  thürflUgcl  vg^l.  Marquardt  ao.  V  S  s.  271.     Scmper 
Stil  I  s.  368. 


KZaoher:  Aber  gemUde  als  temp«liolimiiek.  087 

nicht  gedacht  werden  kann,  denn  nachdetti  y.  448  f.  ansdrtteklich 
gesagt  worden  ist:  thür  und  thOrflfigel  waren  Ton  en,  wird  oüne 
jede  anknüpfung  fortgefahren: 

hocprimum  in  hteo  nova  res  ohMa  tiwu^rtm 
leniit^  hie  primum  Aeneaa  sperare  9aMem 
ausits  et  adfliäia  mdius  conßden  rebus, 
namque  $ub  ingenU  htdnd  dum  singuta  temph 
reginam  cpperienSj  dum,  quae  fbrtuna  sH  urM, 
artificumque  manus  inter  $e  cperumque  läborem 
miratury  videt  lUaeas  ex  ordiuepuffnas  nsw« 
so  kann  der  dichter  nicht  Ton  dem  erblieten  der  bildwerke  spreohent 
wenn  diese  auf  denselben  tbOrflfigeln  sieh  befimden  hltten,  die 
Aeneas  eben  vorher  schon  bewnndeit  hatte,  aondemesisteineiioea 
res^  die  er  bei  weiterer  besichtignng  des  tempeb  entdeokt.  daat  er 
nicht  die  bild werke  der  thürflügel  bewundert,  geht  ferner  ans 
V.  494  ff.  hervor:  haec  dum  Dardanio  Aeueae  minMicia  videntur^ 
dum  stupet  öhtutuque  haerei  defixus  in  uno  (also  wihrend  er  noeh 
staunend  und  beschauend  davor  steht,  ganz  ins  schaoett  versunken), 
regina  ad  templum^  forma  pukherrma  Didö^  meeeeU  magna  iuvenmn 
stipante  caterva.  und  sie  setst  sich  ffwade  in  die  thttr,  wo  doeh 
Aeneas  stehen  müste  (v,  605),  ohne  aiessB  n  bemerken«  aber  auch 
ohne  dasz  dieser  sich  zurückzieht,  endlich  dürfte  aneh  4M  anfmum 
pictura  pascit  inani  wenig  fllr  thflrflflgeldarstellungen'  geeignet 
sein,  wenngleich  man  allerdings  an  eingelegte  arbeit  (KOMllUer 
arch.  §  281 ,  6)  denken  kOnnte* 

Aber  eben  dieses  pictura  führt  uns  auf  das  einzig  natfirliche. 
maierei  ist  es  was  Aeneas  erblickt,  und  zwar  entweder  ein  mit 
bemalten  relieffiguren  bedeckter  fries^,  oder,  was  wahrscheinlicher, 
eigentliche  gemälde  an  den  wttnden  des  tempels  selbst 
oder  seines  peribolos.  als  solche  maierei  hat  es  denn  auöh 
Heyne  (exe.  XY) ,  mit  Verwerfung  der  ansieht  die  schmuck  der  thttr 
darin  erblickt,  aufgefaszt,  und  als  selbstverständlich  ist  diese  an- 
sieht angenommen  von  Lersch  und  Brunn  im  rh.  mus.  Till  137  ff. 
142,  und  von  Ribbeck  emend.  Verg.  s.  10.* 

Bei  der  durchaus  polychromen  natur  der  antiken  architectur 
spielen  überhaupt  für  die  ausschmückung  des  tempels  gemSlde, 
und  zwar  sowol  wandgemSlde  als  auch,  namentlich  seit  dem  pelo* 
ponnesiseben  kriege  in  inmier  zunehmendem  masze,  tafSslgem&lde  die 
an  der  wand  befestigt  wurden,  eine  weit  grOsz^re  rolle  als  man  ge* 
Wuhnlich  glaubt,  es  dürfte  nicht  überflüssig  und  vielleicht  manchem 
erwünscht  sein,  wenn  ich  diese  gelegenheit  benutze  zum  beweis 
meiner  bebauptung  zusammenzustellen,  was  mir  Ober  ge- 


^  oder  auch  ein  nur  einfach  bemalter  friet,  wie  einen  solchen  zeigt 
der  peribolos  dei  VeuQBtempeU  in  Pompeji:  Nissen  pomp^anisobe  sta* 
dien  s.  215.        •  [rgl  mach  Gebhardi  jmbrb.  1879  s.  blO  ff.] 


588  KZacher:  über  gemälde  als  tempehclimack. 

mälde  in  griechischen  und  römischen  tempeln  Uber- 
hauptbekanntist,  wobei  ich  auf  Vollständigkeit  keinen  ansprach 
machen  kann ,  yielmehr  überzeugt  bin  dasz  meine  aufzfthlnng  von 
den  speciellen  fachkundigen  noch  erheblich  wird  yervollständigt 
werden  können,  bei  dieser  aufzählung  wird  sich  freilich  nicht  immer 
mit  Sicherheit  bestimmen  lassen,  ob  von  Wandgemälden  oder  von 
tafelgemälden  die  rede  ist ;  im  allgemeinen  wird  man  annehmen 
dürfen  dasz,  wo  ein  gemälde  als  tabula  oder  irivaE  bezeichnet  wird, 
damit  ein  tafelgemälde  gemeint  sei;  dasz  jedoch  diese  worte  häufig 
genug  ganz  allgemein  gebraucht  sind  und  mitunter  auch  von  Wand- 
gemälden verstanden  werden  müssen ,  haben  GHermann  de  pictnn 
parietum  s.  12  (opusc.Vs.  219),  und  Letronne  lettre  d'un  antiqoair» 
s.  82  ff.  hinlänglich  erwiesen,  anderseits  wird  man,  wenn  von  einem 
maier  einfach  berichtet  wird  dasz  er  aedem  pinxity  mit  fug  anzu- 
nehmen haben,  dasz  von  eigentlicher  Wandmalerei  die  rede  sei.  — 
Es  gab  jedoch  noch  eine  dritte  art  von  malerischer  wanddecozation, 
die  zwischen  wand-  und  tafelmalerei  in  der  mitte  steht  sehr  bäofig 
nemlich  wurden  gröszere  oder  kleinere  tafeln ,  meist  wol  aus  stackj 
mitunter  auch  aus  anderm  material  (wie  aus  bronce,  Philostr.  v. 
Apoll.  U  20  s.  71)  in  die  wand  selbst  eingelassen,  was  mit  den 
technischen  ausdrücken  äp^ö2;€iv,  ivap^öleWy  ^TKpoTeTv,  lat.  im- 
X»rimere^  includerCy  inserere  bezeichnet  wird :  vgl.  Semper  stil  I  s.  297. 
469.  viele  der  pompejanischen  Wandgemälde  sind  von  dieser  art: 
vgl.  Overbeck  Pomp.  II  s.  179.  Semper  stil  I  s.  297.  ODonner  vor 
Helbigs  wandgem.  Campaniens  s.  LlXff.  von  solcher  wanddecora- 
tion  ist  in  den  Digesten  die  rede,  wenn  es  XIX  1, 17,  3  heiszt:  quae 
tahulae  pictae  pro  tedorio  includuntur  iiemque  crustae  marmareae 
aedium  sunt,  imd  dasz  mit  dergleichen  einsatzstücken  keineswegs 
holztafeln  gemeint  zu  sein  brauchen,  zeigt  der  umstand  dasz  nadi 
PliniusXXXV  26  Agrippa  . .  in  thcrmarum  calidissima  parte 
7nannoribus  incluserat  parvas  iabeUas:  denn  holztafeln  würden  solche 
hitze  nicht  haben  aushalten  können,  solcher  art  war  der  wand* 
schmuck  der  von  Augustus  712  d.  st.  erbauten  curia  lulia  (vgl.  mon. 
Ancyr.  4,  1  und  Mommsen  dazu  s.  52),  nach  Plinius  XXXV  27  tu 
curia  quoque,  quam  in  comitio  consecrahaty  duas  tabulas  impressä 
pariäiy  Nemean  scdcntem  supra  leonenty  palmigeram  ipsam^  adttaiäe 
cum  baculo  sene^  cuius  supra  caput  tabeUa  bigae  dependd,  Nkk» 
scripsU  se  inussissCy  tali  enim  usus  est  verbo.  alterius  tahulae  asw.  das 
andere  bild  trug  die  künstlerinschrift  des  Philochares.  —  Da  nun 
auch  die  eigentlichen  Wandgemälde  nicht  auf  dem  blossen  stein» 
sondern  nur  auf  einem  sorgfältig  und  dick  aufgetragenen  stnckbe- 
wurf  ausgeführt  werden  konnten ,  so  war  es  möglich  diese  splisr 
von  der  wand  loszulösen  und  an  anderer  stelle  einzusetzen ,  wie  et 
noch  heute  mit  den  gemälden  in  Pompeji  geschieht,  diese  maaipa- 
lation  aber  haben  die  Bömer  offenbar  in  ausgibigster  weise  ange- 
wandt ,  um  berühmte  griechische  Wandgemälde  nach  Born  zu  ftüuen 
(vgl.  Letronne  lettre  d*un  antiq.  s.  65  ff*. ;  Donner  ao.  s.  LXT  £), 


KZooher:  Aber  gfmlldd  ak  ttmptM^mk.  fi89 

und  deshalb  ist  man  nicht  bereohtigt  ein  grieehiaebes  gemilde  fllr 
ein  tafelgemftlde  za  halten,  weil  beriehtet  wird,  ee  befinde  sieh  jekt 
in  Born,  die  alten  gemilde,  mit  denen  Damc^hiloe  nnd  Qorgaeee 
einst  den  tempel  der  Ceres  anageechmfldct  hatten,  worden  bei  der 
restauration  desselben  in  dieser  weise  Ton  der  wand  losgdflst:  PH- 
nius XXXV  Ib^exhac^  dffn reficeräur^ cnuUtBpmiehtmexeiMmMm- 
lis  marginatis  intkuas  esse,  nnd  die  überfUimng  grieohisoher  wand« 
gemälde  aus  Lakedaimon  nadi  Born  beriehtni  ttbersinslunmend 
y itmvias  and  Plinins :  Vitr.  11  8,  9  Htm  LaeedaenUne  e  ^mtmedam 
pariäibus  etiam  pkturae  exeisae^  i^iieneeUs  Uderibue,  imdmae  erniU 
in  ligneis  formie^  et  m  eomUimm  ad  omahtm  aedUaHi  yarrtmie  et 
Murenae  fueruni  aüatae.  V^.JXXYl7SIxMia0m(mequUlem1aU- 
rieiis  pariäibus  excisum  opus  teetorium  propUr  exceOemäam  pMurae 
ligneis  farmis  indusum  Bamam  dspartavere  in  aeiOstaie  ad  eomUium 
exomandumMurena  et  Vairro;  cum  opus  per  se  mirum  esset^  fraiaium 
tarnen  magis  miräbantur.  das  aosserordentlielie  nnd  angesteonte  da- 
bei war,  dasz  nicht  einfach  der  stock  von  der  wand  lo^geUst,  son- 
dern ein  ganzes  stück  der  wand,  nnd  swar  harter  siegdwand,  selbst 
mit  ausgesägt  war.  wir  sehen  daraos,  dass  an  ond  für  sieh  solches 
überführen  von  wandgemttlden  etwas  gsni  gewöhnKehes  war,  wenn 
es  eben  angieng.  denn  es  war  nicht  immer  müglieh;  in  manehsn 
fUllen  mit  Schwierigkeiten  yerbonden,  wie  bei  den  spartanisehen 
gemttlden ,  in  andern  wegen  der  beschafiiBnheit  des  Stockes  gans  on- 
mOglich,  wie  bei  den  aJten  wandg^emllden  in  LanoTiom,  welche 
Gaius  princeps  toUere  eanaius  est  Ubidine  aeeensus^  si  teetari  natura 
permisissei  (Plin.  XXXV  18). 

Ich  gehe  jetzt  über  zur  aofzählung  der  denkmftler  ond  zeognisse 
für  geraäldescbmuck  in  tempeln,  und  zwar  zonlchstin  rOmischen, 
dann  in  griechischen. 

In  Pompeji  zeigt  gemftldeschmuck  der  peribolos  des  Ve- 
nustempels, architektonische  perspectiTen  mit  figoren  ond  ein- 
gelassenen gemälden  nach  art  der  simmerdecorationen.  mehrere 
bilder  finden  sich  auch  in  den  sog.  priesterzimmem,  die  firüher  eine 
porticus  bildeten  (Overbeck  Pomp.  I  8>  103  ff.  Nissen  ao.  s.  830. 
Heibig  wandgem.  Camp.,  topogr.  ind.  XXI).  noch  reicher  mit  Wand- 
malereien geschmückt  war  der  Isistempel:  die  Innenwände  der 
cella  waren  vollständig  mit  maiereien  bedeckt,  desgleichen  sahireiche 
malereien  in  der  porticus  ond  den  zum  tempel  gehörigen  gemachem 
(Heibig  ao.  s.  2 — 5,  topogr.  ind. XXXII).  desgleichen  war  in  msnig- 
fachster  weise  mit  malerischem  Wandschmuck  versehen  das  macel- 
lum  (Pantheon,  Augusteum)  (Overbeck  I  117.  Heibig  topogr.  ind. 
XXII),  welches,  gleichviel  was  seine  praktische  beetimmong  war, 
doch  jedenfalls  als  ein  heiligtom  aofgefoszt  werden  moss:  vgl.  Nissen 
ao.  s.  275  ff.  —  Als  etwas  den  tempelmalereien  analoges  sind  zo  er- 
wähnen die  etruskischen  grabgemälde  (Müller arch. §  177,3). 

Die  ältesten  Plinins  bekannten  Wandgemälde  hi  Italien  be- 


590  KZacber:  über  gemälde  als  tempeUchinuck. 

fanden  sich  in  Ardea  und  Lanuvium:  XXXV  17  exstant  certe 
Jiodicque  apUiquiores  urbe  pidurae  Ardeaein  aedibus  sacria^  quihus 
equidem  nuUas  aeque  miroTy  tarn  longo  aevo  durantes  in  arhiiate  teäi 
veliiti  recentes,  ob  die  nun  folgenden  auch  bilder  in  tempeln  ge- 
wesen, sagt  Plinius  nicht,  doch  ist  es  wol  anzunehmen:  simüiter 
Lanuvi^  übt  ÄtalafUe  et  Helena  comminus  piäae  sunt  nudae  ah 
eodeni  artifice^  uiraq\te  excelUntissima  formet^  sed*  *  altera  ut  virgo,  ne 
ruinis  quidetn  templi  concussae.  Gaius  princeps  toUere  cos  conaius  est 
libidine  accensus^  si  tectori  7uztura  pcrmisisset,  durant  et  Caere  anti- 
quiores  et  ipsac^  fatebiturque  quisquis  eas  diligenter  aestimaverit  mär 
lam  artiimi  cclerius  conaummatamy  ann  Hiacis  temporibus  non  fuisst 
eam  appareat.   dasz  dies  Wandgemälde  waren ,  ist  klar. 

Was  uns  von  maierei  in  Rom  selbst  bis  zu  Caesars  dictator  be- 
kannt ist,  hat  Urlichs  zusammengestellt  im  8n  programm  zur  Stif- 
tungsfeier des  y.  Wagnerschen  kunstinstitutes  (Würzburg  1876). 
ich  hebe  davon  das  auf  tempel  bezügliche  heraus,  der  Kiteste  uns 
bekannte  tempelschmuck  ist  der  von  den  griechischen  kUnstlen 
Damophilos  und  Gorgasos  an  dem  im  j.  261  d.  st.  (ol.  71,  4) 
geweihten  tempel  der  Ceres  ausgeführte:  Plinius  XXXV  164 
plastae  laudatissimi  fuere  Damophilus  ei  Gorgasus^  iidem  pictores  qm 
Cercris  aedcm  Bomae  ad  circum  maximum  utroque  genere  artis  svae 
cxcolucrantj  versibus  inscriptis  Chracce  ^  quibus  significarent  ah  dextra 
opera  Damophüi  esse^  ab  laeva  GorgasL  ante  Jianc  aedem  Tttscanka 
omnia  in  aedibus  fuissc  auctor  est  Varro^  et  ex  hac,  cum  reficeretur^ 
crustas  parietum  exmas  tabulis  marginatis  indusas  esse^  iiem  Signa 
ex  fastigiis  dispersa,  auch  dies  waren  also  wandgem2Ude  (Brum 
künstlergesch.  I  530). 

Ziemlich  lange  zeit  hindurch  schweigt  alle  nachriebt  von  Aus- 
übung der  malerkunst  in  Rom.  und  wenn  wir  zwei  Jahrhunderts 
spStor  wieder  davon  hören,  ist  es  ein  eingeborener  Römer  selbst  (zur 
beständigen  Verwunderung  der  nachkommen),  der  einen  tempel  mit 
seinen  gemälden  schmUckt,  Q.  FabiusPictor,  der  aedem  Saln^ 
tis  pinxit  amw  urbis  cotulitae  CCCCL^  quae  pictura  duravU  ai 
nostram  memoriam^  aede  ea  Claudii  principaiu  cxusta  (Plin.  XXXV 
11>).  und  zwar  waren  es  wandgemi&lde ,  ^VToixioi  TP<^ciif  wie  sis 
Dionysios  aut.  Rom.  XVI  6  nennt,  vgl.  Val.  Max.  VIII  14,  6  am 
hl  aede  Saluiis  pariefcs  pifixisset.  nach  des  Dionysios  urteil  Torbett- 
den  sie  scharfe  Zeichnung  mit  blühendem  colorit  und  grossartiger  ge- 
samtanlage.  —  Nun  wurde  es  mehr  und  mehr  sitte,  dasz  tempelwiads 
durch  malerischen  schmuck  den  rühm  bedeutender  m&nner  zu  Ter- 
ewigen  bestimmt  wurden,  triumphatoren  lieszen  ihren  triumpksog 
malen,  so  4G1  L.  Papirius  Cursor,  490  M.  Fulvius  Flaccns:  Fflotns 
s.  209  M.  pictura  in  aede  Vcrtumni  et  Consij  quarum  in  äUitra 
M,  Fulvius  HaccuSy  in  altera  L.  Papirius  Cursor  triumphamies  Ha 
(dh.  in  der  toga  pur])urea)  piäi  sufit.  das  siegosmahl,  das  nach  dem 
glücklichen  treuen  bei  Beneventum  540  d.  st.  den  siegem  von  den 
Beneventanem   bereitet  wurde ,   liesz   verewigen  Ti.  Sempronias 


KZacher:  fiber  gamlUto  alt  tempdiehmook.  JBIBl 

Gracchus:  digna  res  f^isa^  ut  smühuntm  ceUbraU  am  Hei  QraeAm^ 
postquam  Eamam  redUt^  pingi  kiheret  in  aede  Lihertaiis,  qmum 
pder  eins  in  ÄvenHno  ex  tnUUaMa  pecnnia  fadendam  ammä  deür 
cavitque  (Livius  XXIV  16).  gemftlde  in  dem  4^  geirahieii  tempal 
des  Aesculapius  auf  der  Tiberineel :  Varro  de  h  laL  YH  67  ]mii§ 
cemodi  equUes pictoa  vidi  in  Äeseulapi  aede  veiere^  HferemUnnoe 
adscriptos.  alte  gemftlde  an  tempelwftnden  hat  walirsoheUieh  anch 
Quintilianus  im  ange,  wenn  er  I  4,  16  tagt  daai  tii  ffehtuiia  operibm 
urhis  nostrae  et  eelehrihus  templie  kganhur  ^Akxamier*  et  ^Oa^ 
8afUra\  femer  Hecoha^  noMx^  CWoKiea,  Puttseena;  Mmerva,  Ldm^ 
magester  und  der  dativ  Diave  Vtäore.  Ürliche  anoiit  dnrdi  sam  teil 
etwas  gewagte  combinationen  nadtzuweisen^  daaiQointilian  irar  den 
461  geweihten  tempel  des  Jnppiter  Victor  auf  dem  Capitol  nnd  den 
des  Apollo  Yor  dem  Carmentalisohen  thor  im  ange  gehabt  haben 
könne. 

Jetzt  wurde  ee  anch  in  Rom,  wie  aehon  aeit  dem  Tierten  jh. 
Yor  Ch.  in  Griechenland,  üblich,  die  tempel  mit  tafelgemildan 
zu  schmücken :  Plinius  XXXV  23  L.  8e^  taMom  vietonae  wmae 
Asiaticae  in  CapitoUo poemt^  idque aegre Miese  fi^ftfemAfirieamtm 
tradunt.  LIyIus  XLI  28  eodem  anno  (580)  tabula  in  aede  Matfie 
Matutae  cumindicehocpoeiiaeei:  *  TL  Semproni  OracM  eeneMe 
imperio  auspieioque  legio  exereiineque  popeiU  Somani  SanUniam  enb' 
egU .  .Herum triumpkans in urbemBamamredOL  <miu8reier§ohane 
tahulam  donum  lovi  dedit*  Sardimae  ineuHae  fenna erat^  aique 
in  ca  simulacra  pugnarum  picta,  welcher  art  die  maiereien  gewesen, 
die  PacuYius  im  tempel  des  Hercules  Victor  am  fomm 
boarium  ausführte  (Plin.  XXXV  19  proxime  celehrata  eei  in  foro 
hoario  aede  Her  cutis  Pacu  vi  poetaepidura.  Enni  earare  genitue 
hie  fuit  dariorcmque  artem  eam  Remae  feeU  gloria  scaenae)^  Iftszt 
sich  nicht  genauer  bestimmen,  wol  am  ende  des  sechsten  jh.  d.  st. 
fanden  die  Icichenspiele  statt,  mit  denen  G.  Terentins  Lncanns  sei- 
nen groszvater  ehrte  und  die  er  durch  ein  gemftlde  Yerewigte :  pingi 
autcm  gladiatoria  munera  atque  in  puhUco  txpam  eo^pta  a  C.  Tertmlio 
Lucano.  is  avo  suo  a  quo  adopiatue  fuerat  triginta  paria  in  foro  per 
triduum  dedit  tabulamque pidam  in  nemore  Dianae posuä  (Plin. 
XXXV  52).  als  Marius  Yon  seiner  flucht  im  j.  667  nach  Bom  sieg- 
reich zurückgekehrt  war,  liesz  er  seine  erlebnisse  bei  Mintnmae  fOr 
das  dort  gelegene  heilig  tum  der  Mari  ca  malen:  6cT€pov  trivoxa 
Tilrv  Trpd£€Uiv  dK€ivu)v  TPOHiäjüicvoc  dv^Orpcev  cic  t6  Upöv  (Plnt. 
Mar.  40).  ja  sogar  das  bild  einer  schOnen  fran  wird  zum  aohmnek 
des  tempels  verwendet :  Plut.  Pomp.  2  KaiTOi  Tf|V  OXuipov  oOtu) 
X^TOuciv  dvOncai  kqi  T€v^c6ai  nepißdiiTOV,  &CT€  KaiidXiov  M^tcX- 
Xov  ävbptdci  Kai  Ypaq>aic  KOC^oGvra  töv  veüiv  tiaiv  Aioc- 
Koupujv  KäK€iviic  ciicöva  TpoH^^MCvov  ävo0€ivoi  bick  t6  KäXXoc. 

Die  selbständige  kunstübung  in  Bom  wurde  jedoch  mehr  und 
mehr  erstickt  durch  die  in  immer  steigender  massenhaftigkeit  ans 
allen  Iftndem  griechischer  zunge  nach  Bom  entführten  bildwerke 


592  EZacher:  über  gem&lde  als  tempelschmuck. 

jeder  art  und  ganz  besonders  auch  gemälde.  alle  heiligtflmer  warn 
mit  ihnen  angefüllt,  und  zwar  nicht  nur  die  tempel  selbst,  sondern 
in  noch  weit  höherem  grade  die  fora  und  porticus,  welche  sie  um- 
gaben und  mit  ihnen  nach  religiöser  und  künstlerischer  idee  ein  ein- 
heitliches  ganze  ausmachten,  den  anfang  dieser  kunstwerkplttndenmg 
machte  bekanntlich  Marcellus,  der  nach  der  Zerstörung  Ton  Syrakna 
sowol  statuen  als  gemfilde  nach  Rom  überflihrte  und  dem  von  ihm 
erbauten  und  geweihten  tempel  des  Honos  und  der  Virtns 
einverleibte :  Liv.  XXV  40  ornamenta  urhis^  signa  tabulasque^  qmbfa 
ahundäbant  Syracusae,  Romam  devexity  vgl.  Cic.  in  Verrem  IV  53, 
123.  seinem  beispiel  mag  Q.  Caecilius  Metellus  Macedonicns  gefolgt 
sein,  als  er  den  tempel  des  Juppiter  Stator  erbaate,  von  dem 
Plinius  XXXVI  43  sagt:  in  lovis  aede  pictura  cuUusgue  rdiqmiB 
omnis  femineis  argumentis  constaL  und  vor  allem  strebte  man  bald 
nach  berühmten  namen,  und  es  liegt  in  der  natur  der  sache,  das 
uns  auch  fast  nur  aus  nachrichten  über  berühmte  gemftlde  auf  male- 
rischen schmuck  eines  tempels  zu  schlieszen  möglich  ist.  die  mir 
bekannten  nachrichten  dieser  art  mögen  nun  folgen. 

Im  tempel  der  Minerva  auf  dem  Capitol  befand  sich  d« 
Nikomachos  raub  der  Persephone:  Fun.  XXXV  108  pinxii  mphm 
Proserpinae ,  quac  tabula  fuit  in  Capitolio  in  Minervae  deluhro  Mfva 
aediculam  luvcntatis,  Plinius  fUhrt  fort :  et  in  eodem  Capitolio  qnum 
Plancus  Imperator  posuerat  Victoria  quadrigam  in  sublime  rapteM. 
also  doch  wol  in  irgend  einem  heiligtum  des  Capitols.  80  bebod 
sich  im  Fidestempel  auf  dem  Capitol  ein  berühmtes  bild  dei 
Aristeides:  Plin.  XXXV  100  spectata  est  in  aede  Fidei  in  Caft 
tolio  imago  senis  cum  lyra  puerum  docentis,  reich  mit  maierei  ge- 
schmückt waren  namentlich  die  tempel  der  Ceres  und  der  ConcoidJ^ 
der  tempel  der  Ceres,  der,  wie  wir  sahen,  schon  früh  mit  wand- 
gemSlden  von  der  band  des  Damophilos  und  Gorgasos  geschmfiekt 
worden  war,  enthielt  noch  andere  werke  griechischer  meister,  toa 
denen  zwei  von  Aristeides  gemalte  erwähnt  werden :  Plin.  XXXV  99 
item  Liberum  et  Ärtamenen  spedatos  Romae  in  aede  Cereris^  Straboa 
VIII  381  TÖv  bk  Aiövucov  ^v  toi  Ar^imriTpeiui  Tip  £v  Tul^n  icdXXh 

CTOV   IpfOV  ^U)pÜJ|Ul€V.    d|U17TpTlC9^VTOC  bt  TOÖ  ^tlJJ  CUVYiqMXVlCOll  KAI 

r\  fQa(pi\  V€U}CTi.  dies  war  also  ein  tafelgemälde.  nicht  gani  ver- 
süindlich  ist  es,  wie  es  möglich  war,  dasz  bei  diesem  brande  dei 
tempels  im  j.  31  vor  Ch.,  wenn  tafelgemälde,  die  doch  Yermntlidiam 
untern  teile  der  wand  befestigt  waren,  zu  gründe  giengen,  die  alta 
Wandmalereien  des  Damophilos  und  Gorgasos  so  gut  erhalten  Ufe- 
ben,  dasz  man  sie  aus  der  wand  ausschnitt  und  in  die  wSndedes 
neuen  tempels,  den  Augustus  im  j.  17  vor  Ch.  weihte,  einsetitB.  im 
tempel  der  Concordia  befanden  sich  gem&lde  von  Zenziii 
NikiasundTheoros:  Plin.  XXXV  66  {Zeuxidis  manu  Bomae est) 
in  Concordiae  deluhro  Marsyas  rcligatus.  ebd.  XXXV  131  opera  «Nif 
(Xiciae) . .  Liber  pater  in  aede  Concordiae.  ebd.  XXXV  144  l%eonu 
(]yinxit)  .  .  Cassandram^  quae  est  in  Concordiae  deluhro,   tob  den 


KZaoher:  Aber  gemBlde  als  tempelicIifltiMlc.  fi0B 

filtern  tcnnpeln  ist  noch  zn  enrihnMt  der  im  Apollo  swisdmi  dorn 
ibeatrom  Marcelli  und  dem  mmB,  wo  m  büd  TOn  der  huid  des 
A  r  i  s  t  e  i  d  e  8  be wundeH  wurde :  Plm.  XXZY 100  lra;pi0e(iMM  ef  j^ 
tVi  ApoUinis,  cuius  tahtdae  graHa  mUHU  pid&ris  inaeäia,  ad  tergm^ 
dam  eam  mandavercU  M,  I^mmB  pradar  mtb  iKe  htdomm  ApdRima 
rttim.  endlich  in  einem  hefligtiun  der  Anna  Perenna  warmem 
bravourstack  des  A  pell  es  sa  sehen:  Plin.  XZXV  94  eimitm  atü" 
trantur  manum  esst  et  m  Afmae  (so  Bamb. ,  die  andern  hss.  lesen 
Antoniae\  vgl.  Sillig  zdst.  und  ürliehs  direst  Plin*  s.  360)  iemph 
Hercülem  aversum^  ul,  quod  est  äiffleMmwm^  fadem  dm  cdmäai 
verius  pidura  quam  pramUM. 

Vor  allem  reich  an  malerischem  sdimnekaber  waren  die  pracht- 
bauten  die  seit  Caesars  zeiten  das  aussdien  der  stadt  Terladerten 
und  namentlich  unter  Augustus  und  dnreh  Angnstos  in  jmsser 
zahl  entstanden,  in  dem  von  Caesar  erbauten  tempel  der  Yenns 
Oenetrix  (geweiht  708  d.  st.)  sah  man  von  dem  seitgenOssisohen 
maier  Timomachos  die  Tielgerflhmten  gemfllde  des  Aiaa  und  der 
Medeia:  Plin.  XXXY  26  sed  praedpum^  aiieUfriiatem  piMjee  toM^ 
fecU  Caesar  didatar  Äiace  et  Media  aitUe  Veneria  Otmbids  aeäem 
dicatis.  ebd.  136  Aiacem  et  Medkmjpkia^  a&  eo  {Caesar  dküdare)  m 
Veneris  Genetrids  aede  p&sitas.  ebd.  Vn  136  oetogkda  (iaieniis)  emU 
duas  {tabulas)  Caesar  didat(>r^MedkmidAkicemTim(niMdd^  im  iemgph 
Veneris  Genetrids  dicaturus.  aus  dem  ansdruck  aitte  K  &.  aeidm 
an  der  ersten  stelle  ergibt  sieh  dasz  die  bflder  sieh  nicht  im  tempel 
selbst  befanden,  sondern  in  dem  peribolos  desselben,  auf  dem  forum 
I  u  1  i  u m.  ebenda  eine  reiterstatue  Caesars :  Plin.  viii  165  hae  efjßgk 
locatus  ante  Veneris  Genetrids  aedem.  auf  dem  forum  Augusti 
(peribolos  eine8  tempels  des  Mars  Ültor)  zwei  berfthmte  gemftlde 
des  Apelles:  Plin.  XXXV  27  super  amnes  divos  Augustus  in  foro 
ftuo  cdeherrima  in  parte  posuit  talndas  duas  quae  BeOi  fadem  pietam 
habent  et  Triumphum.  idem  Castores  ac  Vidoriam  posuüt.  ebd.  98 
Bcmae  {mirantur  ApeUis)  Castorem  d  Pöüucem  cum  Vidaria  d 
Alexandro  Magno,  item  Belli  imaginem  restridis  ad  terga  mamMis, 
Alexandra  imcurru  triumpfmnte^  quas  utrasque  tabutas  dkfos  Augustus 
in  fori  sui  celeberrimis  parttbus  dicaverat  simpiidtate  moderata^  divos 
Claudius  2>luris  existimavit  utrisque  exdsa  Alexandri  fade  divi  Augusti 
imagines  addere.  von  andern  bauten  des  Augustus  sind  zu  erwftlmen: 
die  porticus  Livia,  der  peribolos  um  einen  tempel  der  Con- 
oordia  (Becker  röm.  alt  I  543  anm.  1144),  war  mit  idtm gemftlden 
^'eschmUckt  nach  Ov.  a.  a.  1 71  prisds  sparsa  toMlis porticus  auctoris 
Livia  nomen  habd,  in  der  porticus  Octaviae  (peribolos  um  die 
ültem  tempel  des  Juppiter  Stator  und  der  Juno,  B^ker  ao. 
I  610)  gemälde  des  Antiphilos:  Plin.  XXXV  114  d  Hssionam 
nobilem  pinxU  et  Alexandrum  ae  PhH^ppum  cum  Minerva^  gnisuni  in 
schola  in  Octa viae  portidbus,  aus  Augustischer  zeit :  t e m pl ixm  divi 
I  u  1  ii ,  noch  von  den  triumvim  erbaut  (Cass.  Dion  XLVII 18);  darin 
iJed  Apelles  berühmte  Aphrodite  Anadyomene:  Strabon  XIV  657 

Ja^rbQchef  für  elftes,  philo!.  18S0  hfl.  9.  39 


594  KZacher:  über  gemälde  als  tempelBchmuck. 

Iv  bl  Ti]b  TTpoacTeii)j  Tv on  Kos)  tö  'AcKXriTncTöv  den,  c<p6bpa  £vb(^ov 
Kol  TToXXoiv  dva6riMttTU)v  |li€CTÖv  iepöv,  £v  otc  icn  xal  6  'AitcXXov 
'AvTiTOYoc  *  fiv  bi.  KQi  f)  dvabuoM^vn  'AcppoöiTT) ,  f\  vOv  dväKcnm 
TiH  6€iu  Kaicapi  £v  'Puimi)  ,  toG  CeßacToC  ävaO^vroc  Tip  irorpi  tj^v 
dpxHT^Tiv  ToO  T^vouc  auToO.  Plin.  XXXV  91  Venerem  exeuntem  e 
mari  divos  Äugustus  dicavit  in  ddubro  patris  Caesaris^  guae  ana- 
dyomene  vocatur  .  .  consenuüt  haec  tabula  carie^  aHiarnquepro  ea  mtb- 
stituit  Nero  principaiu  suo  Dorothei  manu,  porticus  Philippi, 
TOD  des  Äugustus  Stiefvater  L.  Marcius  Philippus  um  die  von  M. 
Fulvius  Nobilior  gestiftete,  von  ihm  neugebaate  aedes  Herculii 
Musarumals  peribolos  errichtet  (über  die  zeit  des  baus  Tgl.  Becker 
ao.  s.  613  anm.  1295).  hier  bilder  von  Zeuxis,  Antiphilos, 
Theoros:  Plin. XXXV 66  Zeuxidis  manu  Eamae  Hdena  est  in  PM- 
lippi  porticibus  (das  berühmte  bild,  das  er  ftlr  die  Krotoniaten  malie, 
Ygl.  Overbeck  schriftquellen  n.  1667  —  75).  ebd.  114  Anii^phikg 
(jpinxit)  .  .  in  Philippi  {porticibus)  Liberum  patrem^  Alexandtnm 
puerum^  HippoJytum  tauro  emisso  expavescentem,  ebd.  144  Theonu 
(pinxit)  se  inunguentem^  idem  ab  Oreste  matrcm  et  Äegifthum  inter- 
ficiy  bcllumque  Iliacum  pluribus  tabuliSy  quod  est  BowkH  m 
Phüippi  porticibus.  zu  den  heiligtümem  zu  rechnen  ist  auch  die  por- 
ticus  welche  Agrippa  zur  erinnerung  an  seine  seesiege  baute  md 
dem  Neptunus  weihte,  sie  wird  deshalb  entweder  TToc€ibuivtov  odar 
TToceibüJVOC  (aber  auch  basüica  Neptuni)  oder  nach  den  in  ihr  be- 
findlichen gemälden  porticus  Argonautarum  genannt  (Becker  an 
s.  637):  Cassius  Dion  LIII  27  Tf|Y  CTodv  tP|V  toG  1Toc€ibuivoc 
iJbvopacM^vTiv  Kai  dEqjKoböpncev  tiii  TaTc  vauKporrfaiCy  xal  tQ  ri/f 
'ApTOvauTuiv  TPoq)q  iTreXdpnpuvc. 

Von  nachaugustischen  bauwerkon  finde  ich  nur  erwihnt  dM 
von  Tiberius  errichtete  templum  divi  Augusti  mit  des  Nikiai 
Hjakinthos,  quem  Caesar  Äugustus  ddedatus  eo  secum  deparisioi 
Alexcndrea  capta^  et  ob  id  Tiberius  Caesar  in  tempto  eius  dicavü  kme 
tabulam  (Plin.  XXXV 131),  und  das  von  Vespasian  mit  grosser  pnckt 
erbaute  templum  Pacis:  losephos  b.  lud.  VII  5,  7  In  Kai  TOk  {k* 
TToXai  KaTUjp6u)fxdvoic  Tpaq)fic  tc  koi  irXacriKi^c  £pT(yc  auTo  kotc- 
KÖc^n^^-  ^^^  gemälden  in  diesem  tempel  werden  genannt  die  SkyUi 
des  Nikomachos:  Plin.  XXXV  109  {pinxit)  ScgUamque  guae  mmm 
est  Eomae  in  templo  Pacis ;  und  die  Issosschlacht  der  malenn  Helene: 
Ptol.  Hephaistion  bei  Photios  bibl.  s.  482  Kai  f|  Zuiypdqpoc  *€X^vi| .  • 
ilTic  Tr)V  i\  ''Iccqj  M^^XHV  ^K€ivoic  dK^dZouca  rote  xpdvoic  CTP<n|C 
Kai  dv  TU)  TTic  EiprjvTic  Tcpdvei  ^ttI  OuecTraciavoö  dv€T^Of|  f|  TP<iv4- 
der&elbe  kaiser  baute  auch  den  tempel  des  Honos  und  der  Yirtns 
wieder  auf,  und  hier  finden  wir  wieder  römische  künstler  mit  dem 
malerischen  schmuck  der  wände  beschäftigt:  Plin.  XXXV  ISOjNMf 
cum  fuere  in  audoritate  Cornelius  Pinus  et  Attius  Priscus^  quiEot»- 
ris  et  Virtutis  aedes  imperatori  Vespasiano  Äugusto  restttuefäi  jmi- 
xeruni. 


KZacher:  Aber  gemllda  alt  tenipAltblimiMk  005 

Nicht  minder  reich  in  malorisohem  ecinnack  waren  die  grie« 
lischen  tempel.  xa  dem  waa  nna  anadrlUddieh  beieiigt  wird 
Ossen  wir  noch  den  grOeten  teil  der  werke  grieehieeher  mder 
chnen,  die  wir  so  eben  in  rOmiachen  heüigtümem  kennen  gdemi 
.ben :  denn  wir  werden  von  den  meisten  dmelben  annehmen  mfls- 
Q,  was  uns  von  einigen  ansdrttoklieh  überliefert  wird,  daai  aif  Tor 
rer  Überführung  nach  Bom  grieehiache  heiligtflmer  ffffamüffktin> 
9  natur  der  sache  bringt  es  mit  sichi  dasa  an  aoloher  flberflihning 
ch  Bom  namentlich  werke  der  anagebfldeten,  dnrch  tedmiaehe 
•llendung  reizenden  knnst  locken  mnaten,  die  mit  dem  beatedien» 
n  glani  der  technik«  namentlich  der  Csrbengebnng,  aagleieh  wegen 
rer  geringem  grOsae  nnd  weil  de  meist  ti^elgemllde  waren,  den 
rang  leichterer  transportfihigkeit  verbanden,  ao  erkllrt  ea  aiehi 
ie  Letronne  ao.  s.  155  richtig  bemerkt,  dasa  Pansaniaa  geigenflber 
r  ungeheuren  anzahl  von  plastischen  werken  so  wenig  geinllde  er» 
Ihnt.  es  waren  in  der  that  Ton  bedeutenderen  malern  fiut  nur  die 
andgemälde  gröszem  umfange  in  Griechenland  snrflckgeblieben, 
1er  was%für  den  ROmer  kein  intereese  haben  konnte,  wie  etwa  die 
»rtraits  der  priester  aus  dem  gesohledit  der  Bataden  im  Ereeh- 
eion.  trotzdem  sind  für  die  bedeutende  rolle,  welche  gemUde  für 
n  schmuck  griechischer  tempel  spielten,  hinlinglidi  Tielaeagniasa 
[lalten. 

Beginnen  wir,  wie  es  billig  ist,  mit  Athen,  so  finden  wir  in 
m  ftltesten  heiligtum  der  stadt,  dem  tempel  der  Poliaa  und  des 
)8eidon  Erechtheus,  die  eben  erwähnten  priesteiportraits: 
ut.  Vit  X  erat.  Lyk.  37  KaTfjTOV  xd  T^voc  dnö  Boörou  Kai  *€p€X- 
uic  .  .  Kai  f cnv  auni  f)  dvarurr^  toG  t^vouc  tiSv  kpaco^^vuiv 
»C  TToceibuivoc  £v  irivaKt  TeXei({i,  öc  dvdKCtTat  iy  '€p€X- 
:  1 1^  T^TPOtMjLi^voc  urr '  Icpnviou  toC  XaXxtb^wc  . .  töv  it  nfvaKO 
r^diiKev  ''Aßpujv  ö  iraTc  auroO  Xotxüiv  Ik  toC  t^vouc  Tf|V  Upuicd- 
iv  Kai  TTapaxujpricac  Tt|>  dbeXqMl»  AuKÖ<ppovi*  xal  bid  toOto 
•iToinTai  ö  "Aßpuiv  Trpocbibouc  airip  Tf|V  rpiatvav  (über  die  be- 
utung von  TrivaE  tAcioc  vgl.  OHermann  de  pictura  par.  s.  12). 
rPartbenon  mag  an  weihebildem  besonders  reich  gewesen  sein« 

erfahren  wir  von  den  kindem  des  Themistokles  Paus.  11,3:  qniU 
»vrai  bi  o\  Traibec  o\  6€^ictokX^ouc  xal  KareXSövrec  xal  tP<X9^v 

TÖV  TTapeevüüva  dva^vrcc,  iy  ^  9€fitCT0icXf)c  dcrlTCTPOM- 
voc  auf  den  Parthenon  sind  wol  auch  folgende  nachrichten  su  be- 
fhen :  Seneca  cantr.  10,  34  Parrhasiua  piäor  AihementiB^  cum  PAi- 
pus  captos  Olynthias  venderet,  emit  unum  ex  Ha  senem,  petdmasü 
henas,  iarsU^  et  ad  exemplar  eiuspimcU  Prcmäkea.  OfyfUhim  im 
mentis  periii,  iUe  tabulam  in  templo  Minervae  jpaauU.  Paus. 
M,  1  |Li€Td  bl  ToO  KTiq)icob((ipou  tö  iivfi^a  T^Oairrai  m^v  'HXiö- 
»poc  "AXic  TouTou  TP<«<P^v  löciv  fcn  Ka\  iv  t^  vay  Ti!p  fic- 
iXiu  TT^c  'A6rivdc.  zweifelhaft  ist  was  Plinius  XXXV  101  von 
otogenes  erzfthit:  argumentum  «sm,  quod  cum  Aihmis  cdebernmo 
o  Minervae  delubripropylonpmgeret^  übi  fecU  nobttem  Fa- 


596  KZacher:  über  gemälde  als  tempelschmiick. 

ralum  d  Uammoniada^  quam  quidam  Nausicaan  tocant^  adiecerit  par- 
vdas  naves  Jongas  in  iis  quae piäares parerga  appdlant.   man  beädit 
diese  notiz  gewöhnlich  auf  die  propylSen,  doch  fällt  gegenüber  dar 
sonst  allgemein  Üblichen  und  allbekannten  einfachen  bezeiehniug 
propylaia  oder  propylon  (s.  Urlichs  zdst.)  die  nmstftndlichkeit  und 
ungenauigkeit  des  hier  gebrauchten  ausdrucks  auf:  sollte  etwa  nur 
der  pronaos  des  Parthenon  gemeint  sein?    gemälde  in  einem  der 
Dionybostempel  iv  Ai^vaic ,  vermutlich  in  dem  jungem ,  Pau^ 
I  20;  3  ToG  Aiovucou  b{  icn  TTpöc  tui  OedTpip  tö  dpxaiöronov 
lepöv*  buG  bi  elctv  ivjöc  toO  TrepißöXou  vaoi  Koi  Aiövucoi,  6  n 
'£X€tj9€p€uc  Kai  öv  *AXKa^€Viic  ^iToiiiC€V  dX€q>ovToc  xai  xpuco& 
Tpaqpai  be  aOröOt  Aiövucöc  icriv  ctvdTwv  'Hq)aiCTov  ic  oflpo- 
vöv  .  .  Taurd  te  br\  jeypaßßiva  cici  Kai  TTevOeuc  koI  AuKoCptoc 
u)v  de  Aiövucov  ößpicav  öibövTec  biKac,  'Apidbvr)  bi  KaSeubovci 
Kai  6iic€i;c  dvaTÖjiievoc  Kai  Aidvucoc  r\Kwv  ic  Tf)c  *Apidbvnc  rifi 
dpTrayriv.    das  Anakeion  und  das  Theseion  schmückten  mitg^ 
niälden  Polygnotos  und  Mikon:   Paus.  I  18,  1  TÖ  bk  \€pöv  Tuiv 
AiocKoupujv  dcTtv  dpxaiov  auToi  t€  ^ctOjtcc  ko\  o\  iralb« 
Ka9rm€voi    cq)iciv  i(p'   ittttujv.     ivTaOOa  rToXuYVUJTOC  fitv 
fxovra  ic  auTOuc  f  TpOM^e  td^ov  tüuv  Outot^Piwv  tujv  Aeuximm^ 
MiKUJV  bk  Touc  ^€Td  Idcovoc  ic  KöXxouc  irXcucavTac*  Ka(  oiilic 
Tpaqpfic  f)  cTTOubf)  ^dXicia  ic  ^'AKacTov  Kai  touc  Vitttouc  ?x€i  toöc 
'AKdcTou.    Paus.  I  17,  2  TTpöc  bfe  Tili  Tv^vaci^j  6r)cduic  tcdn 
icpöv*  Tpa<pcii^^€ici  TTpöc  'Apa2[övac  'AOnvaioi  Maxö|i6V0f .. 
T€TPOiTTTai  bi.  ev  tui  toö  Onceiüc  Upuj  xai  fi  KcvraOpuival 
AaTTiGüLiv  jidxn'  6nc€uc  juiv  oöv  dTTCKTOviiic  dcTiv  i\br\  K^vraupov, 
Toic  bk  SXXoic  il  Tcou  Ka6€CTiiKev  ^ti  f)  m^XH-  '^oQ  bi  ipiiov 
TÜüvToixuJvfi  TPCiq)f|  ^f|  ttuGomcvoic  fiXetouciv  ou  caq>Ticknv' 
Td  ^^v  TTOU  bid  TÖv  xpdvov,  Td  bk  MiKUJV  ov  TÖv  Trdvxa  fTpofC 
XÖYOV  usw.  Harpokration  u.  T7oXutvujtoc  *  ^ttci  Tf|V  iTOiKiXr|v  cxokl 
('Xpa\\fe  TTpoiKa,  fj,  ujc  ^Tcpoi,  Tdc  ev  6iic^u;c  \€pui  xai  rf 
'AvaK6iiu   xP<^<pdc.     die  maiereien  im  Theseion   waren  wttri- 
gemälde ,  welche  den  obem  teil  der  wttnde  im  innem  der  cella  ht- 
deckten:  dies  ergibt  sich  mit  Sicherheit  daraus,  dasz  noch  heute ia 
Thescion  ein  mit  stuck  überzogener  streifen  von  etwa  9  fizBS  bnMi 
in  der  höhe  von  etwa  12  fusz  über  dem  boden  an  diesen  wlate 
sich  herumzieht,  während  der  übrige  teil  der  w3nde  die  bloazen  tut' 
morquadern   zeigt:  vgl.  Letronne  ao.  s.  101  ff.    Semper  etil  I  4U. 
von  Zeuxis  ein  Eros  mit  roscn  bekrfinzt  im  tempel  der  Aphrodite: 
schol.  Ar.  Ach.  991  ZcGEic  ö  Z[u)Tpdq>oc  iv  Tip  vaüj  rf^c  'A^po- 
biTTic  iv  Toic  'Aörivaic  fTP0i4^€  töv  "GpuüTa  uipaiörorrov  kTE|i- 
pevov  ^öboic.   endlich  gemälde  im  tempel  des  Asklepios:  PanSi 
121,4  TOÖ  b*  *AckXtittioö  tö  lepöv  fc  t€  Td  drdXiüiaTd  icnv,  Airöa 
ToO  Oeou  TT€TToiiiTai  Kai  TuJv  TTaibuüv,  Kai  ^c  Tdc  TPüqpdcOcoc 
dEiov.    unbekannt  ist,  welcher  tempel  gemeint  sei  Athen.  XII  534' 
(*AXKißidbnc)  dqpiKÖpcvoc  *A9riviiciv  Ö  *OXu|iTTiac  buo  TrfvaKOC 
dv£9riK€v,  'AtXaocpuivTOc  tpaq)riv  i&v  6  fitv  cTxcv  *OXtifimdba 


KZacher:  über  gemälde  als  tempelschmuck.  597 

Kai  TTuOidba  ciecpavoucac  auTÖv,  iv  bi  Bai^pif)  Nc/iiedc  fjv  KaGiiM^VT] 
Küi  ^tt\  tüjv  YovdTiuv  auTTic  'AXiußidbii<^i  KaXXiuiv  q>aivöjLi€Voc  tujv 

•fUVaiK€(uJV  TTpOClWTTUJV. 

Nicht  im  tempel  selbst,  sondern  wol  nur  im  peribolos,  in  der 
denselben  umgebenden  CTod,  befanden  sich  die  gemälde  des  Arke- 
BÜas  im  Peiraieus:  Paus.  I  1,  3  G^ac  bi  d£iov  Tuiv  ^v  TTeipaiei 
^dXiCTa  'A9r)väc  icix  Kai  Aiöc  t^mcvoc*  x^iXkoO  /li^v  d^cpö- 
T6pa  Td  dToXfiaTa,  ^x^i  öi  6  ^kv  cktitttpov  Kai  Nikiiv,  i]  bk  'AOnvd 
böpu.  evTaöGa  A€U)c8^vt}V,  6c  *A0iivaioic  Kai  toTc  ttSciv 
"€XXticiv  fiTOU|i€voc  MaKcbövac  fv  T€  Boiuütoic  ^Kpdnice  \iax^ 
Kai  auGic  e£uü  9€p^0TruXa)v ,  Kai  ßiacd^evoc  ic  Aa/iilav  KaT^KXeice 
TT^v  diravTiKpii  ttjc  Otiiic,  toötov  töv  AcujcG^vtiv  Kai  touc 
TTttibac  lTPOtv|i€V  'ApKeciXaoc.  »Strabon  IX  s.  396  Kai  tö 

icpÖV   TOÖAlÖC   TOÖ  C(JÜTflpOC'TOUb^i€poOTd^^V  CTOl- 

bia  ^xti  TiivaKac  GaupacTouc^  fpta  tOüv  i7Tiq)avuiV  xexvi- 
tOüv  tü  b*  ÜTiaiGpov  dvbpidvTac.  vgl.  Bursian  geogr.  v.  Gr.  I  s.  270. 
Aus  Attika  sind  noch  zu  erwähnen:  fileusia:  Plin.  XXXV  134 
{Athen lon)  pinxit  in  tetnplo  Eleusine  phylarchutn,  und  Phlya: 
Plut.  Them.  1  xö  tdp  OXunci  TeXecTTipiov,  öirep  fjv  Aukomiöäv 

KOlVOV,    ^)i7Tpr|CGiv    UTTO    TUIV    ßapßdpUiV    aUTÖC    £lT€CK€l)aC6    Kai 

Tpaqpaic  ^KÖc^rjcev,  ibc  Ci^ujvibiic  icTÖpHKev.  Athen.  X  424^ 
GeöcppacToc  youv  iv  iifi  ircpi  ^^Giic  q>r]ci'  TruvGdvopai  b'ftwre 
Ktti  €ijpi7Tibr|v  TÖv  7T0iT)Tfiv  oivoxo€iv  *AGrivTici  TOic  öpxilCTaic 
KaXou)i€voic.  ujpxoövTo  b*  ouTOi  nepl  töv  tou  'AttöXXujvoc  vcujv 
ToCf  AnXiou ,  TU)V  TTpuuTwv  övT€C  'AGtivoiojv,  Kai  dvebuovTO  i^diia 
TiLv  GripaiKiJüV.  6  bk  'AttöXXujv  outöc  ^ctiv,  «I*  id  GapTnXia  Stouci. 
Kai   biacuü2l€Tai   <t>Xuficiv  iy  Tip   baqpvri^opeiip  Tpa<P^ 

Tiepl   TOUTU)V. 

Boiotien.  Plataiai,  tempel  der  Athena  Areia:  Paus.  IX 
4,  2  fpacpai  be  eiciv  ^v  tuj  vaifi  rToXuTVuiTOu  p^v  'Obucceuc 
Touc  Mvr|CTfipac  n^ri  KaTeipTac^i^voc,  'Ovacia  b^ 'AbpdcTOu  Kai 
'Apf€iujv  im  Grißac  n  irpoT^pa  CTpaTCia.  auTai  ^tv  br\  elciv  in\ 
TOU  TTpovuou  tOüv  Toixujv  a\  Ypacpai.  The3piai(?):  Plin. 
XXXV  V2'^  Pausiaii)  pifixit  et  ipse  penicüh parietes  Thespiis,  cum 
rcficerentur  qHondam  a  Polygnoto  picti.  Thebai:  Plut.  Pelop.  26 
Tf|c  b€  TTpöc  nXaTaidc  mnoMaxiac  .  .  iTrexcipncav  dvdGiijia  toi- 
övbe  TToificai.  'AvbpoKubric  6  Ku2[ikt]vöc  ^KXaßujv  napd  if\c  nöXcwc 
TTivaKa  TpdH^ai  Mdxnc  ^Tt'pac  ineiiXei  tö  fpyov  iy  Örjßaic.   t^vo- 

Ut'vnc    b€   TTIC  dTTOCTdC€UJC  Kai  TOÖ  TTOX^^OU  CU^7Tec6VTOC  OU  TTOXu 

TOÖ  Te'Xoc  ^x^iv,  iXXciiTOVTa  töv  nivaKa  nap'  touToTc  ol  9r)ßaioi 
KQTCcxov.  TOÖTOV  ouv  6  MevcKXelbiic  fneicev  dvaG^vTac  ^Triypd- 
v^ai  Touvojia  tou  Xdpwvoc  ibc  dpaupiucwv  Tf|v  TTeXonibou  Kai 
67Ta.u€ivujvbou  böEav. 

Delphüi:  Plin.  XXXV  59  {Pdygnotus)  Delphis  ae dem  pinxit, 
man  bezieht  dies  auf  die  gemälde  des  Polygnotos  in  der  lesche. 
t- bd.  l.'^8  AridodideSy  qai  pinxit  aedem  Apollinis  Delphis, 

oiantheia  in  Lokris  (Bursian  ao.  I  s.  149):  Paus.  X  38,  9 


598  EZacher:  über  gemälde  als  tempelschmnck. 

Ka\  vaöc  T€  'ApT€Miöoc  xai  SraX^o  dv  TtS^  fiXcci'  TpQ9a*ibt 
diTi  Twv  TOixu>v  ££(111X01  T€  fjcav  uirö  ToO  xpövov  Kai  odbh 
f Ti  dXciircTO  de  Bdav  auiÄv, 

Peloponnes:  Sikjon,  grabmal  des  Telestes,  Yon  Niko- 
machos  gemalt:  Plin.  XXXV  109  nee  fuU  älius  in  ea  arte  vdodof: 
tradunt  namque  canduxisse  pingendum  ah  Aristrato  SUqßomonm 
iyranno  quod  is  faciebat  Tekstipoetae  monumentum  praefinäo  dk 
intra  quem  perageretur^  nee  muUo  ante  venisse  tf^ranno  m  poenam 
aceenso  paudsque  diehus  ahsöliHSse  et  cderitaU  et  arte  mtro.   ebandt 
erwähnt  Pausanias  II  7,  3  das  grabmal  der  Xenodike,  das  nidti 
wie  es  sonst  dort  sitte  war,  eine  einfache  seulenaedicula  war :  ncicoi- 
TiTai  od  KttTä  TÖv  diTixibpiov  TpöiTOv,  dXX'  d)C  &v  tQ  TPttfl 
^dXicTtt  ap\x6lox.    Tpo^^  ^)  clirep  äXXri  Tic,  ical  oCrri  kit 
O^ac  dEioL  dergleichen  gemälde  an  grabmttlern  werden  im  Peb- 
ponnes  öfter  erwähnt,  so  bei  Triteia  in  Achaia:  PauB.  VII  32, 6  «ph 
bk  f\  de  Tf|v  1TÖX1V  dc€X6€Tv  ^yn\ßa  den  XcukoO  X(6ou  ,  6^ac  koI  de 
Td  dXXa  dSiov  kqI  oux  fiKicra  dirl  TaTcTpQcpaTc  af  clcivdiri 
ToO  Tdcpou,  T^xvn  NiKiou,  6pövoc  T€  dXdcpavTOC  Kai  Twvf|  vdo 
xal  etöouc  eö  f xoi^ca  dni  Tip  Opövui,  Gepdiraiva  bi  aCrri}  irpoc^cnpK 
CKidbiov  qpdpouca-  xal  veavicKoc  öpOöc  oök  Ix^^  ^^  inSvciddcn 
XiTujva  dvbcbuKibc  Kai  xXa^uto  dni  ttSb  xitiIivi  q)0iviKf)v'  irapitt 
auTÖv  oiKCTTic  dKÖVTia  ixijjy  dcri,  xal  aT€i  Kuvac  dmnibcIacOnpci- 
ouciv  dvOpwTTOic.   ein  anderes  bei  Aigai  am  Krathis  in  Adaia: 
Paus.  Vn  25,  13  QU  noXu  bi,  dTrwTdpuj  KpdOibcc  cfiyi&  t€  iv  bc&| 
Tf]c  6boG  Kai  Svbpa  eöprjceic  dir!  v^  jivnpan  tTnrip  napccnh^ 
djLiubpdv  Tpa<piiv.   bei  Mantineia  zeigte  man  das  grabmal dff 
Peliaden:  Paus.  VIII  11,  2.   sollte  Pau&anias,  wenn  er  nadmü- 
teilung  der  fabelsagt:  övö^ara  bk  aöraic  iroiriTf)C  ^^v  fOcTO  aäbett 
öca  T*  dncXeEdjieOa  f)M€ic,  Mikujv  bk  6  Zurrpdcpoc  *AcT€pdircidv  « 
cTvai  KarAvTivöriv  dnl  raic  eiKÖciv  aÖTuiv  dir^TPOMV€.  weU 
vielmehr  gemälde  auf  diesem  grabmal  selbst  meinen  als,  wie  Brau 
KG.  II  22  annimt,  figuren  aus  Mikons  oben  angeftUurtem  g&wHät 
im  Anakeion  zu  Athen? 

Elis:  Plin.  XXXVI  177  Elide  aedis  est  Minervae,  m§m 
frater  Phidiae  Panaenus  iectarium  induxU  lade  e  crooo  sitbathm^  «t 
ftrunty  ideo^  si  teratur  hodie  in  eo  saiivapoüioey  odarem  croei  i^pmm 
que  reddit,  da  Panainos  ein  renommierter  maier  war,  so  hat  er  dB 
stuck  natürlich  nur  aufgetragen,  um  zur  grundlage  fttr  wandgemlUi 
zu  dienen  (vgl.  Brunn  ao.  II  48).  Olympia:  Strabon  Ylll  364 
TToXXd  bk  cuvdTTpoEe  Tip  0€ibi(;i  TTdvaivoc  ö  ZuirpdqxK,  dbcXfiftoflc 
tu y  aÖToC  Kai  cuvepToXdßoc ,  Tipöc  Tf|v  toO  Sodvou  bi&  tAv  Xpuh 
pdruiv  KÖc)iiiciv  Kai  ^dXiCTa  Tf)c  dcOf)TOc  beixvuvrai  bi  m  TPtt' 
q>a\  TToXXai  t6  xai  OauMacrai  nepi  tö  lepöv  ixcivoul^iv- 
unweit  Olympia  der  tempel  der  Artemis  Alpheionia:  Btnboa 
vm  343  dv  bk  Tip  Tfic  'AXcpeiwviac  lepip  Tpacpal  KXcdveouc 
Te  Kai  'AprJTOVTOc,  dvbpifiv  KopivOiiuv,  toC  m^v  Tpoioc  dXnioc 
Kai  *AOT]vfic  Tovai,  toC  b  *  *ApT€)iic  dvaqpepo^^vi]  dnl  Tpmcöc,  cfi- 


KZacher:  über  gemilde  wh  iMipelidimiiek.  589 

bpa  eöbÖKiMoi.  Athen«  Ym  346^  olta  b^  mA  Tf|V  iv  tQ  TTtcdnte 
Tpacpfjv  dvaKci^^vnv  dvT4iiTf)c*AX9eit(icac'ApT<fitboc 
\6pi|j'  KXedvOouc  b'  £crtToO  KoptvMou'  ^  Q  TTocobdliv  ircitofai* 
Tai  6uwov  Ti|^  All  Trpoc9<puiv  diMvovn,  die  tcropd  Aiut^trinoc  ar 
ÖTÖör)  ToO  TpuiiKoO  bicncöqtou.  MessioBe:  Phuis.  IV  81, 11  icn 
bi  Kai  M€caf(vr)c  Tf)c  Tptdira  voAc  mA  draXua  xpvcoo  waX  Xitou 
TTapiou-  Tpacpal  bt  xQTd  ToO  vaoO  rö  oiricBev  ot  ßoctVcA- 
cavT^c  elci  Mccc/jvnc,  irplv  fiiv  i^  cröXov  dqpiK^c6m  Tdv  Auipt^iuv 
ic  TTeXoiröwiicov ,  'AqnipcOc  ical  o\  ircfibec,  lorreXOivnuv  hk  'Hpa- 
KXcibdrv  Kp€C(pövTT)c  dcT(v,  f|T€Mdiv  mA  oihoc  toO  AuipiKOO,  Tdhr 
bi  obcTicävTuiv  iv  TTuXiii  N^cruip  kcA  8pacu|j<)bv|C  icd  'AvtAoxoc, 
irpoT€TijLiruAdvoi  irdbuiv  n&v  N^cropoc  fjXudqt  ical  ht\  Tpoktv  fic* 
T6qcT)K^cc  t(^  crparcioc  Acäioinröc  tc  *AaNip6iic  dbeXqpdc  Kod 
*IXd€ip&  icn  Kttl  <l>o(ßi|i  cöv  bi  c<pictv  *Apctvon-  T^Tpcnnm  bi  ical 
*AcKXr|Triöc,  'Apcivötic  i)bv  Xörip  ti^  Mcca|v(ttiv,  ical  Moxduiv  Kfld 
TTobaXe(piöc,  Sn  fpTOu  toO  irpöc  iX6|i  ml  Totftroic  idncn.  to4- 
Tac  T&c  Tpa<pdc  ^TPOMicv  *Ofi<paX(ttiv  Nadou  toO  Nucofii^bouc 

Inseln.  Samos:  Herod.  lY  88  Aopcfoc  b^  ficrd  loOra  f|c0€lc 
T^  cxebhj  TÖv  dpxiT^KTüva  aÖTf)c  MovbpoicXAi  tdv  Cd^iov  ibuip^ 
coro  irfici  biica-  dir'  «Iiv  bf|  MovbpoxX^ilc  diropxfh^  ^^^  TPtti|id- 
picvoc  rrficav  Tfjv  ZcOEiv  toO  Booröpou  Kd  ßoaXte  tc  Aopetov 
iy  irpocbpir)  Kar^evov  ical  töv  crpoTÖvoÖToO  biaßoCvovTo,  raOTa 
Xpa^l6^evoc  dv{6r|K€  Icrö  '>lpaiov(e8  ist  mir  miTerstlnd- 
Höh,  wie  Overbeck  schriftqn«  8.  611  diesen  Mandrokles  selbst  als 
maier  aufftlhren  kann,  da  er  doch  nach  ausdrücklicher  angäbe  Hero- 
dots  nur  auftraggeber  war:  das  gemftlde  war  offonbar  figurenreich 
und  wol  Wandgemälde).  Kos:  Strabon  XIY 657  £v  bi Ti|i  TTpcacTciip 
TÖ  'AcKXr)Tri€iöv  icn,  cqxSbpa  £vbo£ov  ical  rroXXuiv  dvaOrvid- 
Tujv  M6CTÖV  iepöv,  dv  olc  Icii  ical  6  'AircXXoO  'Aviirovoc.  1\y  il 
Kai  fi  dvabuoM^vT)  'Acppobirf),  f)  vöv  dvdKCiTai  np  Oc^^  Kaicapi  ty 
*Pi(iMij:  vgl.  oben  8.593f.  Rhodos,  im  tempel  des  Dionysos  oder 
doch  in  dessen  peribolos  standen^  wie  Brunn  ao.  11  s«  287  wahrscheiB* 
lieh  macht,  des  Protogenes  laljsos  und  Satyr  mit  dem  rebhuhn: 
Strabon  XIV  652  ai  toC  TTpurroT^vouc  TP09ttft  ^  T€  IdXucoc  Kfld  6 
Cdmpoc  irapccTUK  cruXqi,  Irci  bi  v^  cn}Xi|i  rr^iE  dmicr/iKCi .  • 
öpttiv  bt  6  npurroT^vnc  tö  IpTOV  nopcpTOV  Y€TOvdc  tb€ffir\  nSv 
Toö  TCfidvouc  TtpoccTuüTu^v  £mTp<i|iai  Trap€X86vTa i£aX€ti|iai Tdv 
dpviv  Kai  diToiTice.  Konst.  Porph.  de  them.  1 14  TTpurror^vouc  . . 
5c  TÖ  Aiovuciov  TÖ  dv  'Pöbi|i  Totc  ZuiTpacpiKok  wncXdfnrpuve 
TTivoSiv.  Suidas  u.  TTpuiTOTdvi)C :  6  TÖ  dv  *Pöbit»  Aiovticiov  icro- 
pi^cac,  TÖ  Edvov  Kai  OauMacröv  £pTov,  6  Kfld  Aim^rrpioc  6  TToXiop- 
Krrrfic  MCTdXuic  dOau^accv,  ÖTe  Tfjv  'Pöbov  diroXiöpKnccv.  dast 
Demetrios  eben  des  laljsos  wegen  Rhodos  schonte ,  ist  eine  hlufig 
wiederholte  erzählung:  ygL  Overbeck  schriftqn.  1907,  37;  1914 
— 1917.   beide  gemftlde  wurden  spftter  nach  Rom  entfUirt. 

Kleinasien.  P erg am on :  Solinus  27,68  bofiKsctrelitiitasa«^ 


600  KZachcr:  über  gemälde  als  tempehchmuck. 

sestertio  Pcrgameni  cwnparaverunt ^  ut  acdem  Äpollinis  manu  in- 
signem  nee  arafieae  intexerefU  nee  alUes  involarent.  wahrscheinlich  ist, 
wie  Dati  vermutet  hat,  zu  lesen  ÄpoUodori^  nach  Plinius  XXXV 60 
{ApoUodori  est)  Äiax  fulmine  incensus,  quae  Pergami  spedatur  hodie, 
Phokaia:  Herod.  I  164:  als  die  Phokaier  vor  den  Persem  die 
flucht  ergriffen,  nahmen  sie  mit  Kai  TÖt  dT(iiX^aTa  rd  £k  Tubv  kpurv 
Kai  Td  äXXa  dvaOrmaTa,  x^P'^<^  ^'^^  xülKköc  f\  XiOoc  i)  Tpci9^  'jv- 
besonders  reich  an  anathemen  und  schmuck  aller  art  war  der  tempel 
der  Artemis  zu  Ephesos.  sehr  alt  waren  vermutlich  die  von Paa- 
sanias  erwähnten  schlachtgemSlde  des  Ealliphon,  vgl.  Bronn  ao. 
n  8.  56.  Paus.  V  19,  2  eoiKuTav  irpöc  TavTt\v  (die  auf  der  Rypseloi- 
lade)  Kai  KoXXiq)ijuv  Cd^ioc  iv  'ApT^^iboc  Upifii  Tf\c  *€<p€ciac  inoli\- 
C€V  *'€piv,  Tf|v  Mdxnv  TP^VCic  Tfjv  M  raic  voudv  *€XXrjvuiv,  und 
ebd.  X  26,  6  Kai  iv  'ApT^)iiboc  ttic  '€q>€ciac  KaXXiq)div  6  Cdyuoc 
TTaipÖKXiu  Toö  GuipOKOc  rd  T^ciXa  dp^oZoucac  £tP<^M^c  Tvvaikac 
aus  späterer  zeit  werden  erwähnt  bilder  des  Apelles:  Plin.  XXXY 
92  pinxit  et  Älexandrum  Magnum  fuJmen  ienentem  in  iempHo  J^Ae- 
siae  Dianae.  93  pinxit  et  Megabyzi  saceräotis  Dianae  Ephesiaepam- 
pam.  vgl.  Brunn  ao.  II  203.  218.  auszerdem  befand  sieh  in  Ephesosi 
von  des  Nikias  band  geschmückt,  Megabyzi  sacerdatia  JBpike$m 
Dianae  sepulcrum,  Plin.  XXXV  132. 

Aegjpten.  Alexandreia,  Homereion:  Ailianos  TT.  \.  XlU 
22  rTToXE^aToc  ö  OiXoTrdTwp  KaracKEudcac  'Ofiiipip  veujv  auröv  ^v 
KaXöv  KaXujc  dKd9ice,  kukXiu  bk.  läc  nöXeic  irepi^cnice  toO  d^- 
^aTOC,  öcai  dvTiiTOioOvTai  toO  'Omiipou.  PaXdTUJV  bi  6  Zwxpdipoc 
lypoHie  TÖv  pev  "Ojinpov  auröv  ^pouvTa,  toüc  bi  SXXouc  iroinToc 
rd  lyir\ixecixiya  dpuro^evouc.  in  Pelusion  beschreibt  Achilleus 
Tatios  III  6  ff.  sehr  ausführlich  zwei  gemälde  des  Euanthee,  Andro- 
meda  und  Prometheus  darstellend,  als  im  tempel  des  Zeus  Kasioi 
befindlich:  Kard  töv  ötticOööomov  öpüüMev  eUöva  bmXiiv' 
Kai  ö  Ypocpeuc  ^t^TPCIttto  *  €0dv6Tic  ö  Tpot<pc^c.  die  bilder  scheiim 
auf  der  auszenwand  gedacht,  da  es  kurz  vorher  heiszt:  ir€pig€i|icv 
TÖV  veuüv.   vgl.  Brunn  ao.  II  s.  288. 

Sicilien  und  Groszgriechenland.  Sjrakus.  Cic.  in  Verrem  IV 
55  aedis  Minervae  est  in  Insula  .  .  pugna  erat  equestris  AgaAodk 
regis  in  tabulis  picta:  iis  autem  tahulis  interiores  templi 
parietes  vestiebaniur  .  .  Jtas  tahülas  MaroeUus  .  .  nonoUifä; 
iste  .  .  omnes  eas  tabulas  abstulU:  parietes y  quorum  omatusMmi' 
cula  manseranty  tot  beUa  effugerant^  nudos  ae  deformatos  reUgnU .  • 
viginti  et  Septem  praeterea  tabulas  puldterrime  pictas  ex  eadem  meie 
sustuiity  in  quibus  erant  imagines  Stciliae  regum  ac  tyrammum 
schon  erwähnt  ist  die  Helena,  die  Zeuxis  im  auftrag  der  Kroto- 
niaten  für  den  tempel  der  Hera  Lakini a  malte,  apSter  in  Rom 
in  der  porticus  Philippi;  Overbeck  schriftqu.  1667—1675. 

Endlich  sind  noch  einige  auf  solche  gemälde  bezQgliohe  ^- 
gramme  anzuführen:  Anth.  Pal.  IX  606.  VI  208.  VII  730. 


WHBoicher;  »wei  jparolan  dm  Aw^of  andPf!faw*WW       80}« 


Aus  diesen  immerbin  dfirflagini^iind  tporadiaebfn  «^ggnJMm.jei 
zu  entnehmen,  daaz  der  maleriMhe  sohmiick  depr.^e^hM^l^iWd 
noch  viel  mehr  der  rOmisehen  tempel  ein  anenropcdüUiUoli  t^^iü^ 
gewesen  ist,  dasz  ein  tempel  ohne  sdohen  8eiuaiino)E  «geatUdl^  W* 
denkbar  ist  und  so  werden  wir  aneh  jene  Ton  VergiUa^il>ei- 
scbriebenen  bildwerke^  Ton  denen  wir  aa«giongen»;iai| 
einfachsten  und  nngeswungensten  a)s  gepftld«  i^afin», 
fassen  haben,  dieselben  kaiMn  fOBM.  eieh  nan  qf^üc^.  .in  dA^  4wi 
tempel  umgebenden  poi;gcai  (die  von  «nem  zOqyuwi^^  t^P^i  wd 
namentlich  einem  prachttempel  wie  ihn  Yerg.  beMjireibii.Bntraiabftr 
war),  oder  in  dem  tempel  selbst,  an  den  ])Dii^w|Ui49i|..4«r  PPQf* 
wenn  man  das  letstere  annimti  so  wttrd#  dae  gnlpaaaen  sn  ^.yoa 
Ribbeck  yorgeschlagenen  lesart  Mnuu  statt  &•  yon.den  h$$*  ifionW' 
lieferten  unmöglichen  kUer  M  t.  456  «rt^ieumquB.miMßm  nürim» 
opemmque  labarem  imrattfr;  an4  Ar.  bild^  an  d^  tempttwinden 
spricht  auch  die  symmetrische  yerteilnng  nn4  entq^rechnng  der  bil- 
der,  die  Lorsch,  Brunn  und  Bibbed:  erwifUMO,  haben»  di|  4i«ie  1^ 
Verteilung  der  bilder  über  einen  grSeaem  rmun  iiicbt  leicht  erkenn^ 
bar  gewesen  wttre.  die  fragil,  wie i^iob Teig,  im  einseinen. 4ie  An- 
ordnung der  bilder  und  veribnlnng  an  den.  wftnden  gedacht  halM» 
und  ob  eventuell  versumstellnngen  vorsiuielpm«n  ioaif  itt  in  totrtar 
zeit  oft  genug  behandelt  wiHrden,  so  daas  ee  fiberflOeing  enduint 
hier  von  neuem  darauf  einangehen, 

Halle.  KomuD  ZAonnB. 

80. 

ZWEI  PAROLEN  DES  ARAT08  DND  OGTAYIANUS. 


In  meinem  aufsatze  *über  die  sitte  des  cuvOima'  (jahrb,  1879 
s.  345  ff.)  war  es  meine  aufgäbe  gewesen  eine  aniahl  von  antiken 
parolen  in  historischer  folge  zusammenzustellen  nnd  auf  gmnd  der 
daran  zu  machenden  beobacbtungen  eine  kleine  reihe  solcher  cwdn* 
^ara,  deren  Überlieferung  bedenklich  oder  geradezu  unrichtig  «r* 
schien,  zu  emendieren.  das  wichtigste  ergetois  der  nntersnchnng 
war,  dasz  die  alten  nie  ein  bedeutungsloses  wort  als  parole  gebranch- 
ten  und  in  der  ftltem  zeit  bis  auf  Alexander  d.  gr.  anaachlienilich 
namen  von  solchen  gOttem  dazu  verwendeten,  die  eine  deotliohe  be- 
Ziehung  zu  denen  hatten,  welche  die  parole  ausgaben,  es  sei  mir 
gegenwärtig  verstattet  jener  samlung,  die,  wie  ich  mir  nicht  ver- 
helte,  einen  ansprach  auf  Vollständigkeit  durchans  nicht  maeben 
konnte  und  sollte,  noch  zwei  weitere  beepnders  treffende  beiapiele 
hinzuzufügen  und  in  aller  kürze  zu  erläntem. 

I.  Als  der  jugendliche  Aratoe  an  der  spitze  einer  aebar  von  ver- 
schworenen von  Argos  aufgebrochen  war,  um  den  ^jrrannen  seiner 
Vaterstadt  Sikjon  zu  stürzen,  gab  er,  in  Neme«  angelangt»  nachdem 
er  allen  genossen  seinen  plan  mitgeteilt  und  ihnen  mnt  tttgesprochen 
hatte,  die  parole  'AiröXXuiv  Tit€^>äiO€  aus  (Plnt  An  7).  welchen 


602        WHRoscher:  zwei  parolen  des  Aratos  and  Octamnui. 

grund  Aratos  hatte  gerade  in  Apollon  seinen  schutzer  und  helfer  zu 
erblicken  und  ihn  als  solchen  anzurufen,  dürfte  klar  werden,  wenn 
wir  einen  blick  auf  den  sikjonischen  ApoUoncultus  werfen,  wie  nem- 
lieh  aus  verschiedenen  Zeugnissen  hervorgeht,  die  man  neuerdings 
in  ThSchreibers  trefflicher  schrift  ^Apollon  Pythoktonoa'  (Leipzig 
1879)  8.45  f.  sorgföltig  zusammengestellt  findet,  war  der  aikyonisdie 
ApoUoncultus  im  wesentlichen  ein  abbild  des  delphischen  und  wahr* 
scheinlich  von  Delphoi  nach  Sikjon  verpflanzt  worden,  hier  wie  dort 
finden  wir  pythische  spiele  mit  musikalischen  agonen  (adiol.  Find. 
Nem.  10,  49.  76  u.  9,  2) ,  femer  den  mjthos  von  der  erlegnng  des 
Python  durch  einen  pfeilschusz  (vgl.  Hesjchios  n.  ToEiov  ßouvdc), 
endlich  die  legende  von  der  flucht  und  stthnung  des  gottea  (vgl 
Schreiber  ao.  s.  45).  die  parallele  ist  so  vollständig,  dasz  wir  es  wol 
wagen  dürfen  die  lUcken  des  sikyonischen  ApoUonmythoa  ans  dem 
delphischen  zu  ergänzen,  nun  berichten  uns  Ephoros  bei  Straboa 
s.  422  und  Plutarch  de  def.  orac.  15,  dasz  man  sich  in  der  späten 
zeit  den  Python  nicht  mehr  als  einen  drachen,  sondern  als  einsi 
bOsen  tyrannen  vorgestellt  habe,  der  von  dem  auf  verbor- 
genem pfade  nahenden  Apollon  mittels  eines  pfeilsehassei 
getötet  wurde ,  worauf  die  begleiter  des  gottes  die  behansong  amam 
gegners  mit  fackeln  in  brand  steckten,  setzen  wir  nnn  die 
gleiche  Vorstellung  auch  für  den  spätem  sikyonischen  ApoUoncnltiii 
voraus,  so  ergibt  sich  daraus  für  das  Verständnis  der  von  Aratos  aus- 
gegebenen parole  folgendes,  wahrscheinlich  wollte  Aratos  durch  die 
parole  'Apollon'  sich  selbst  mit  diesem  gotte  vergleichen  and  seine 
gegen  den  tyrannen  Nikokles  gerichtete  untemehmung  als  ein  seitan- 
stück  zu  der  einstigen  erlegung  des  tyrannen  Python  durch  ApoUoa 
hinstellen,  auf  diese  weise  entsteht  in  der  that  ein  so  voUkommener 
parallelismus  bis  in  das  feinere  detail  hinein,  dasz  man  es  wol  wagen 
darf  das  verfahren  des  Aratos  zum  bessern  Verständnis  des  sikyoni- 
schen Apollonmythos  und  -cultus  zu  benutzen. 

Nach  delphischer  und  sikyonischer  tradition  war  Apollon,  als  er 
gegen  Python  auszog,  ein  eben  erwachsener  knabe  (Schreiber  aoi 
s.  5).  dasselbe  gilt  von  Aratos,  der,  als  er  den  Nikokles  sturste,  ent 
20  jähre  alt  war.  dem  tyrannen  Python  ent^spricht  natürlich  der 
tyrann  Nikokles:  wie  Apollon  den  Python  erlegte,  indem  er  sieh  in 
aller  stille  auf  verborgenem  pfade  (\i€xä  CITTIC  .  .  bl&  Tf)c  övopa- 
lo^ivr\c  AoXuJVtac:  Plut.  de  def.  or.  15)  an  ihn  heranschlieh,  so  ge- 
dachte auch  Aratos,  als  er  von  Argos  gegen  Sikyon  aufbrach,  den 
Nikokles  unvermutet  zu  überfallen  (Plut  Ar.  5  ifywrabCt  d  bOvonOi 
Kpucpa  Ka\  iTpöc  Sva  Kivbuvov  ölivjc  tö  irav  dvapptifiai  pälJUnr  ij 
MotKpiu  iToX^^ui  Kai  q>av6poic  dTOiiciv  Ibiumic  dvnicaOicTacOai  vpic 
TUpavvov)  und  führte  diesen  vorsatz  auch  wirklich  aus,  indem  er 
heimlich  bei  nacht  die  mauern  Sikyons  erstieg,  wie  aus  Plut  ds 
def.  or.  15  erhellt  (vgl.  m.  aufsatz  Ober  das  CTCim^iov  jafaztk  1879 
s.  734  ff.),  dachten  sich  die  Delphier  den  Apollon  bei  der  erlegnng 
des  Python  von  einer  schar  jugendlicher  genossen  begleitet, 


WHBoscher:  iwei  ]Mttolfltt  det  Aniot  imd  OetMiMOi.       60B 

denen  einige,  wie  es  eoheini,  all  kundadiafter  TotsnagMfidet,  meh- 
dem  sie  aUee  ansgeepftht  hatten,  dem  gott  mit  Iwrennenden  fMfcda 
—  also  bei  nacht  —  anf  seinem  p&de  lenehteleii  (vgL  VbaL  de  det 
or.  15.  AMommsen  Delphika  s.  S07 1  Schreiber  ao.  ••  14  f.).  gmide 
ebenso  sandte  Aratos,  ehe  er  cÜd  mavertt  erstieg,  iwei  diener  Senikaa 
und  Technon  ans,  nm  den  passendeten  pimet  filr  «faM  heimüdi^  «r- 
steignng  bei  nacht  ausfindig  ta  machen,  seklieedich  entspiiehk^ 
Terbrennung  des  tyrannenpalastee,  ▼<«  der  Fhitarch  Ar.  9  beriÄiet 
(dtp^ncav  ddpöoi  irpdc  t&c  Oöpoc  toO  Tup&wou  irOp^irup^povtcc 
fipOn  ^  <pXöE  ^€X&kr\  Kfld  KcmMpaWK  M^(|h  KopfvOou  usw.),  anf 
das  genaueste  dem  in  Delphoi  daigesisllten  Apolkmmyllioe:  tgL 
Plut  def.  or.  15  wA  irpocßAXXovTCC  td  irOp  tA  KttXtdt«  und  Bphorea 
bei  Strabon  s.  432  ifiTrpi)€df)vai  bk  w\  CRI|vrtV  TÖTf  ToO  UMwoc 
{^Trö  Turv  AeXcpurv,  KoÖdircp  waX  vOv  In  ittd  dcl  ti)ir6|iviuia  iroioii- 
M^voiK  TiDv  TÖTC  TCVCfi^vuiv«  SC  brauöht  Uemaeh  kaun  darauf  auf» 
merksam  gemacht  su  werden,  wie  deutlSeli  das  giue  Terfidirai  des 
Aratos  für  eine  nahe  Terwandtscbaft  des  rikjonisehen  und  delphi- 
schen ApolloncultuB  spricht,  wahneheinlich  bestand  also  in  8ikj<m 
wesentlich  dasselbe  ceremonid],  wle^  am  Stepterionfeste  in  Delphoi 
beobachtet  wurde. 

IL  Von  Brutus  erslUt  Plutardb  (Br.  »4),  er  habe  in  KuTstos, 
wohin  er  Ton  Athen  gekommen  war»  um  geld  und  sehiflb  in  gewin» 
neu,  an  seinem  geburtstage  ein  gUnaendes  gastmaU  Terautaltet 
und  bei  dieser  gelegenheit  ohne  rechten  grund  senien  freuiAsn, 
welche  ihm  den  sieg  und  dem  rOmisohen  Tolk»  die  freiheit  wQnscih* 
ten,  die  worte  des  sterbenden  Patroklos  zugemfon  (TT  849):  dXXd 
|i€  MOip'  6\oi\  Kol  Ar]TO0c  ficravcv  üiöc.  dieear  vers  sei  spftter,  fthrt 
Piutarch  fort ,  als  eine  schlimme  Vorbedeutung  angesehen  worden, 
die  sich  auch  insofern  bewahrheitet  habe,  als  in  der  lotsten  schlaeht 
von  Philippi  von  Brutus  die  parole  *Apollo'  ausgegeben  worden  sei 
(cuvGiiMa  irap  *  auroC  toic  crpoTuimiic  'AnöXXuiva  boOf)voi).  genau 
dieselbe  erzfthlung  findet  sidi  bei  Valerius  Max.  I  5,  7,  der  nur  in 
dem  letzten  puncto  abweicht,  indem  er  berichtet:  qm  deus  (Apollo) 
Fhüippensi  acie  a  Caeaare  et  Antonio  rigno  daius  in  eum  tda 
convertit.  es  fragt  sich  nun,  welcher  von  beiden  schriftstellem  der 
Wahrheit  näher  kommt  -*  denn  an  eine  Inderung  der  worte  nap* 
ouToC  bei  Piutarch  in  irap*  *Avtuiv(ov  oder  Ai^oiicTOU  wage  ich 
aus  verschiedenen  grOnden  nicht  zu  denken  —  und  ob  sidi  der  son- 
stigen Überlieferung  ii^gend  weldie  kriterien  flir  die  grOsiere  gbmb* 
wfirdigkeit  eines  der  beiden  berichte  entnehmen  lassen,  nadi  meiner 
Überzeugung  macht  die  mitteilung  dee  Valerius  Max.  unbedingt  den 
eindruck  grSszerer  Wahrscheinlichkeit,  und  swar  aus  dem  gründe  weil 
Apollo  zu  Octavianus  die  deutlichstcoi  betiehungen  hatte  |  wfthrend 
sich  beziehungen  dieses  gottes  su  Brutus  nicht  nadiweisen  lassen. 

Vor  allem  ist  hier  auf  eine  enlhlung  des  Suetonius  {d,  Aug.  94) 
hinzuweisen,  wonach  Augustus  für  einen  söhn  des  Apollo  galt: 
in  AsdtpiadM  Mendetis  thealoffummon  Vbri$  hgo  Aüam,  mm  «I 


604  HRöhl:  zu  AtbenaioB  [XIII  573«]. 

söllemne  ÄpolUnis  sacrum  tnedia  noäe  venissdy  posüa  in  /empto  käica, 
dum  cäerae  matranae  dormirenty  öhdormisse;  draconem  repefiie  im^ 
sisse  ad  eam  pauloque  post  egressum;  iüam  expergefadam  quasi  a 
concuhitu  mariti  purificasse  se;  et  stcUitn  in  corpore  eius  extUisse  maa^ 
lam  velut  piäi  draconis^  nee  potuisse  umquam  exigi .  .  .  ÄMigudm^ 
natum  mense  decmo  et  oh  hoc  ÄpolUnis  filium  existimaiufn,  ge- 
wöhnlich nimt  man  mit  Preller  röm.  mjth.  *  s.  273  an  dasi  du 
auszerordentliche  verehrong,  welche  Octavian  dem  ApoUo  erwieii 
erst  seit  seinem  siege  bei  Actium  datiere  (vgL  auch  Hecker  'de  Apol- 
linis  apud  Romanos  cultu',  Leipzig  1879,  s.  36);  wenn  man  aber  dieat 
mitteilung  des  Saetonius  erwägt  und  mit  der  nachricht  des  Valerins 
Maximus  combiniert ,  so  durften  die  beziehungen ,  welche  Octaviin 
zu  Apollo  zu  haben  glaubte,  bedeutend  älter  erscheinen  and  die  paroto 
des  Octavian  in  der  schlacht  bei  Philippi  sich  wol  auf  jene  anekdotoe 
hafte  erzählung  des  Suetonius  stützen,  auch  in  den  ahnnngsToUea 
Worten  des  Brutus  an  seinem  geburtstage  liegt  eine  unverholene  an- 
erkennung  der  thatsache,  dasz  er  dem  söhne  oder  schütding  dei 
Apollo  gegenüberstehe ,  und  es  läszt  sich  nicht  leugnen ,  daaz  Jens 
vers  als  böses  omen  gefaszt  mit  einer  von  Octavian  gegeben« 
parole  'Apollo'  in  einem  weit  bessern  einklang  steht ,  als  wenn  mal 
annehmen  wollte  dasz  wirklich,  wie  Plutarch  behauptet,  der  sonst 
in  gar  keinen  nachweisbaren  beziehungen  zu  Apollo  steh^ide  Bru- 
tus jene  losung  gegeben  habe,  um  sich  der  hilfe  des  Apollo  geg« 
seiiftn  vermeintlichen  eignen  söhn  zu  versichern,  schliesslich  machs 
ich  noch  darauf  aufmerksam,  dasz  die  parole  des  Brutus  in  der  erstsa 
schlacht  von  Philippi  nach  Cassius  Dion  47,  43  *£X€u6€p(a  war.  da 
nun  Brutus  bekanntlich  mit  dieser  losung  gesiegt  und  den  ihm  gegen- 
überstehenden Octavian  zurückgeworfen  hatte,  so  ist  es  aach  ans 
diesem  gründe  wahrscheinlich ,  dasz  er,  um  ein  glückliches  omen  so 
gewinnen,  auch  in  der  zweiten  schlacht  die  göttin  der  freiheit  (nicht 
aber  Apollo)  zu  seiner  schutzgottheit  erwählte. 

Meiszen.  Wilhelm  Heinrich  BoacHsa. 


(16.) 

ZU  ATHENAIOS. 

Bei  Athenaios  s.  573^  heiszt  es  von  dem  Aphroditecoltos  in 
Korinth :  Kai  o\  ibiuiTai  bi  KareuxovTQi  t^  6€ijjy  tcXccO^ytuiv  n^A 
Oüv  fiv  TToiüüvTai  Tf)v  öenciv,  äTToEciv  auT^  xai  rdc  ^raipoc  lo  die 
bessern  hss. ;  andere  bieten  aus  conjectur  Taicräc  statt  des  sjniik— 
KQi  läc ;  Meinekc  vermutete  Kaiväc.  das  richtige  dürfte  sein  Kpi- 
T  d  c ,  die  übliche  bezeichnung  auserlesener  Opfer  und  gescbenke  flir 
die  götter:  vgl  CIA.  I  4  fpi(poc  xpiTÖc  und  dp^jv  KpiTÖC«  BopL 
Trach.  244  f.  rauTttc  eKCivoc  €upuTOu  ir^pcac  iröXiv  ^eiXeO'  aÖTi|^ 

KTfifia  Kai  8€01C  KplTÖV. 

Berlin.  HsRium  BflOL. 


AFleckeisen:  *HXIict|miiv.  faPlaaliii  Ampliilnm.  606 

81- 

HAeKTPQN.    Zu  PLAUTDB  AMPHITBÜO. 


ÜTWilamowitsB-MinieDdorlF  Kit  Jftngst  im  Herniei  3CnF's«  467 
— 460  eine  auf  Bhodoa  gefotndeiie-ineclnift  sqb  dim  <Aitleii  octo 
zweiten  jh.  vor  Ch.  verOffenüicIit,  in  der  i#eiaukl  ein  T^peyoc  tfic 
*AX€KTpiLvac  vorkommt,  ist  andi  die  liier  geiiannte  Alekttona«» 
Elektrjone  als  rhodisdie  heroine  eine  andere  als  Ae  fbyntiiisolie 
Elektrjone  •->  Alkmene,  so  ist  doch  der  name  ideiitisdit  itnd  Wila^ 
mowitz  benutzt  jene  nrkundlich  neu  tu  t«ge  getretene  ttamensfenn 
'AXcKTpiIiva  zu  dem  nach  weis,  dass  in  Hesiodee'Aspia,  wo  in  den 
ersten  86  versen  sechsmal  *HX€iCT|yiiuiyoc  und  'HX€ieTfMM6vn  Tor- 
kommt  —  formen  die  bisher  nur  dnnii  annähme  einer  sonst  nnerhOr<r 
ten  sjnizesis  des  u  versgereoht  gemaeht  worden  nnd  —  TOm  did^ 
ter  vielmehr 'HX^KTpuivoc 'HXCKTpdfVt)  geschrieben  WordedseL  im 
aber,  f&hrt  Wilamowitz  fort,  seien  heufamtage  nicht  bereäitigt  diese 
formen  in  den  Hesiodischen  tezt  einrasetMO,  well  Bnnpides  im  j.  4S8 
in  seinem  Hesiod  die  form  'HXeiCTpuiliVT|  gelesen  habe,  wie  ans  t.  838 
seiner  Alkestis  hervorgehe:  vöv  bcSov  olov  irttOd  C*  Ij.TtpUVOCa 
*HXeKTpuiuvii  *T€(vaT'  *AXK|u!|vn  Ali«  so  weit  wird  jeder  biscmnenf 
Wilamowitz  beipflichten;  aber  wie  wenn  aioh  nadiweissn  lieeia  dass 
ein  spttterer  griechischer  dichter  als  Euripides  in  srfnem  Hesiodoe 
wirklich  noch  'HX^KTpuivoc  *HX€iCTpi(rvT)'  gelesen  hStte?  ich  glaube 
diesen  nachweis  führen  zu  kOnnen  aus  —  Piautas« 

Dieser  beginnt  das  or^PUfnefUMm  seiner  tragicomoedia  Amphitruo 
—  und  diese  partie  des  prologs  stammt  von  Plautus  selbst  —  mit 
folgenden  versen  (97  ff.) : 

haec  ürbs  est  Thehae:  in  üUsce  habUat  aedibus 
AmpkHruo^  natus  Argis  exArgoptUrey 
quocum  Älcumenast  nupta^  Electri  fiUa. 
allerdings  weist  der  genitiv  Ekdri  auf  einen  nominativ  Eleetrus^ 
aber  man  beachte  wie  Plautus  —  oder  sagen  wir  lieber  die  alte 
latinität  und  das  mit  dieser  bekanntlich  so  oft  stimmende  vnlglr« 
latein  —  sonst  vielfSltig  griechische  nomina  anf  -uiv  behandelt. 
äpXiT^KTUiv  wird  für  Plautus  neben  arckUecto  {most.  760.  Poen. 
V  2,150.  tngl  919)  zu  archiiectus  {Ampk,  A&.  mgLMl.  902.915. 
1139.  truc»  prol.  3),  und  in  dieser  letztem  form  hat  die  spraehe  daa 
wort  noch  lange  über  Plautus  hinaus,  zb.  bei  Cicero  stets,  erhalten., 
den  Sklavennamen  Tpavtujv  in  der  Mostellaria  wandelt  Plautus, 
^'ftbrend  er  allerdings  gewöhnUch  2Vamo  flectlert,  zweimal  in  Tra* 
f]  t tis  um  (v.  560  u.  1 169 :  vgL  BUcheler  im  rhein.  mus*  XV  s.  486^. 

*  dieses  Gherspringen  aas  ^iner  declination  In  die  andere  bei  dem» 
«elben  namen  im  ftltern  (und  mlgirett)  latein,  wovon  Büeheler  ao.  und 
OBievers  in  RitschU  Acta  II  s.  65  ff.  datsende  von  beisplelen  belbrfai- 
gen  —  aach  der  vorschlafe  des  letitem  bei  Tereotias  eim.  267  Tkäfnia 
zu  corrigicrcn  statt  ThaidiM  ertcbeint  unter  diesem  gesiebtfpnnct  als 


606  AFleckeisen:  *HX^KTp(Juv.  zu  PUntos  Amphitrno. 

aus  "AXk^^iuv  (so  lautete  der  titel  der  tragödien  des  Sophokles 
und  Euripides,  nicht  'AXK^aiuiv:  s.  Meineke  com.  gr.  III  s.  106  f. 
Nauck  trag.  gr.  fr.  s.  302)  machte  Plautus  eapt.  562  Älcumeus  (vgl 
ORibbeck  jahrb.  1858  s.  193  —>  Bitschi  opusc.  H  s.  514).  Nie- 
Tius  im  Bellum  Punicum  I  25  (Vahlen)  yerwandelt  den  namen  des 
giganten  TTopq>upiuJV  in  Forporeus  (vgl.  jahrb.  1866  8.  11)  in 
dem  Satumier:  Forporeus  dtque  Büncus  füH  Tirras.  demnach  ist 
auch  OBibbeck  Yollständig  in  seinem  rechte,  wenn  er  zu  dem  kom(^ 
dientitel  Dolus  desselben  Naevius  den  AöXuiv  des  Enbnlos  in 
parallele  stellt ,  nur  dasz  sich  in  ermangelung  jedes  weitem  anhalts- 
punctes  über  die  blosze  möglichkeit  eines  zusammenhange  dieser 
beiden  titel  nicht  hinauskommen  läszt.  ein  paar  inschriftliche  belege 
desselben  flexionswechsels  aus  späterer  zeit  gibt  KEeil  *analecta  epi* 
graphica  et  onomatologica'  (Leipzig  1842)  s.  226  (wo  man  die 
belege  nachsehen  möge):  *€ititutx^Vujv  <=  Epitynehanus^ 
€u8rj)iujv  B=  Euthemus,  nach  allen  diesen  analogien  wird  mia 
kaum  zweifeln  dürfen,  dasz  Plautus  in  dem  original  seines  Amphi- 
truo  (einem  stück  der  neuattischen  komOdie:  Tgl.  Vahlen  im 
rhein.  mus.  XVI  s.  472  ff.)  den  namen  des  vaters  der  Alkmene 

nicht  unwahrscheinlich  —  hat  offenbar  Varro  vor  angen  gehabt  bei 
folgender  ezpectoration  (de  L  tat  IX  §  90):  reprehendunt,  cwm  ab  emdem 
voce  plura  Munt  voeabula  dedinata,  qua»  cwmvviiiag  appeliantf  ui  Sappk$ 
et  ^Psapphay,  Alcaeui  et  Alcaeo,  sie  Geryon  Geryonu»  Geryones:  u  köc 
genere,  quod  casus  perperam  permutant  quidantf  non  reprekenätMi  amalogiaM^ 
sed  qui  eis  utuntur  imperite.  quod  quisque  caput  praehenderü ,  sequi  de§ti 
eius  eonsequentis  casus  in  declinando^  ac  non  factrcy  cum  dixerU  recio  mot 
Alcaeus,  in  obliquis  [täcere]  Aleaeoni  et  Alcaeonem:  quod  n  mUcmerii^ 
non  secutus  erit  analogias,  ich  habe  die  stelle  voUstinaig  aoagesehrit- 
ben,  nm  vor  zwei  Underungsvorschlägen  zu  warnen,  deren  einer  aebea 
in  KOMüUers  texte  steht:  Geryoneus  statt  Geryonus,  aber  diese  letsten 
form  hat  ihre  vollkommen  entsprechenden  analogien  in  Tiianus  ^  Tirdv, 
Erycus  =»  '€puS  (vgl.  Haupt  Ov.  Halieutica  §.  70),  Harpagus  ^  'ApwoS 
(Plautus  Pseud.  665),  also  auch  Geryonus  ■>  fiiputüv.  der  andere  Inde- 
rn ngs  Vorschlag  ist  von  Meineke  'vindiciae  Strabonianae'  s.  133  gemacht 
worden,  der  statt  Alcaeits  Alcaeo  Alcaeoni  überall  Actaeus  Aetaeo  ActMout 
hergestellt  wissen  will,  weil  im  griechischen  'AktoIiüv  and  'Airraloc 
nebeneinander  vorkämen,  der  dichter  *AXKaloc  dagegen  nie  *AkKaiun 
genannt  worden  sei.  das  ist  vollkommen  richtig;  aber  war  denn  der 
fesbische  dichter  der  einsige  dieses  namens?  bei  Pape-Benaeler  sind 
nicht  weniger  als  sechzehn  persönlichkeiten  mit  namen  'AXkoAoc  Ter- 
seichnet.  es  scheint  daher  vor  fünfmaliger  änderung  im  Varroaiaeken 
texte  entschieden  die  annähme  den  vorxug  zu  verdienen,  daai  Vano  ia 
einem  uns  verlorenen  drama  —  möglicherweise  dem  Amphitmo  des 
Accius,  worüber  s.  Ribbeck  röm.  tragödie  s.  553  ff.  —  oder  einer  eatara 
oder  einem  irgend  welcher  andern  litte  rat  urgattang  angehörieen  sehitt- 
stück  der  altern  zeit  wirklich  jenen  von  ihm  gerügten  metap&amu  ver- 
gefunden  habe.  —  Ein  freund,  dem  diese  Zeilen  vor  der  veröffentllehnaf 
vorgelegen  haben,  möchte  die  nachbarschaft  der  Sappho  als  enleebei- 
dend  dafür  geltend  machen,  dasz  unter  Alcaeus  bei  Varro  allerdingi 
der  lesbische  dichter  gemeint  sei:  es  sei  doch  auch  litterargeBchichÜieh 
interessant,  denselben  in  so  alter  zeit,  leider  in  anbekannter  qoelle 
(etwa  bei  Laevius?),  erwähnt  und  zwar,  wie  es  acheint,  ansfiihrueher 
besprochen  zu  wissen. 


AFlackeiien:  *HXtoputv.  sa  FlAntM  Amplritraa.  fQ[J 

'HX^KTpiuv  und  nicht  'HX€KT|Miuiv  getobrieUa  fimd  -— JEMUnfO» 
nis  ffUa  hätte  einen  ebenso  r^gelreehien  Tenanigaog  gebildtfc  wi« 
Eleäri  ßia^  and  'AfupiTpöuivoc  etwa  doreh  Amthitri  wiedenngelHHi 
ist  dem  dichter  nicht  eingeädlen  —  und  daet,  wenn  wir  ebeoM 
schlieszen  wollen  wie  Wilamowits  von  Enripides  iof  deeaea  text 
des  Hesiodos,  dieser  seitgenoese  des  Menaadros  in  dam  aaiaigan 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  noch  das  echta  'HX6cTpuiVQC  nnd.'H^CK^ 
TpuiVT)  gelesen  hat.  es  wtirde  demnach  doeh  nicht  so  gar  nymtthftr 
disch  sein  diese  formen  noch  heute  in  den  Hesiodiachea  taxt  sa  satisa* 
Noch  ein  wort  ttber  den  sweiten  dar  oben  aasgeaohxiabeiiaB  Tana 
aus  dem  Amphitruoprolog  (98).  dttiaoh  soll  Amphitrjoas  rÜM 
Argos  geheiszen  haben?  denn  das  bessgea  doeh  die  worta  fifftm 
ex  Argo  patre.  schon  im  altertam  nahm  maa  an  diesem  im  sagan- 
kreis  des  Amphitryon  gtnslich  unbekannten  namen  aastosi  uad  er- 
klärte Argus  pro  Argivusi  so  Noaias  s.  487, 81  uad  Serrius  xu  Aen. 
IV  662 ,  die  beide  offiaabar  aus  tiaer  quelle  gascböpft  haben :  dann 
Nonius  fügt  zu  dieser  seiner  erkUürung  ausser  unserm  Plantinischen 
verse  gleichsam  sur  bestätiguag  aoofa  abaa  die  worta  dar  Aaaeida 
hinzu  {hauriat  hunc  ocuUs  i^nem  cr%»ddis  ab  äUo  Dardamui)^  su  wel- 
chen Senrius  seine  erklirung  Dardamts  pro  DariUmku  gibt  und 
dann  seinerseits  den  Plautinischea  Ten  mr  bestftttgnag  baifllgt» 
aber  ein  acfjectivum  Argm  statt  Argima  wire  flir  d^  fitars  Irti* 
nitttt  spracUich  unerhOrt  —  denn  solche  Terbiaduagaa  wie  JRorAM 
sagütae  (Ov.  rem,  am.  157)  erlaubea  sich  erst  viel  spfttera  dichter  — 
und  JFOronovius,  der  dies  einsah,  versuchte  daher  Obsenr.  lY  c  19 
eine  neue,  dem  sinne  nach  freilich  auf  dasselbe  hinauskommende  er* 
klärung:  'naitis  Argis  patre  ex  Argo  est  Argis  natus  patre  oriundo 
Argis'  (wozu  er  ua.  sehr  passend  capt.  511  Pkäocraiem  ex  Alide  jer» 
gleicht);  aber  warum  hfttte  dann  der  dichter  nicht  wiederum  ex 
Argis  geschrieben,  sondern  sich  wie  absichtlich  so  zweideutig  wie 
möglich  ausgedrückt?  nachdem  £fedri «- 'HX^KTpuiVOC  oben »  wie 
ich  hoffe,  richtig  erklttrt  worden  ist,  bleibt  in  der  ganzen  komödie 
kein  die  sage  betreffender  eigenname  mehr  übrig,  der  nicht  mit  der 
griechischen  tradition  genau  stimmte;  einzig  in  dem  namea  Toa 
Amphitryons  vater  müste,  wenn  die  Überlieferung  richtig  wlre, 
Plautus  einen  irrtum  begangen  haben,  und  das  ist  doch  kaum  glaub- 
lich, dieser  name  wird  uns  aber  in  zwei  formen  überliefert:  die  ge- 
wöhnliche lautet  'AXkqioc,  Suidas  abernennt  ihn  zweimal  (u.  *AXiC€(- 
br]Q  und  u.  'Ap9iTpuuiv)  'AXkcuCj  und  von  dieser  letsem  ist  kllr- 
lich  das  pappen jmikon  *AXKe(biic  gebildet,  von  jener  das  Pindariscbe 
(Ol.  6,  68)  'AXxatbnc.  dasz  beide  namensformen  durchaus  gleich- 
wertig waren,  zeigt  Hesiodos  der  v,  26  der  Aspis  schUesst  tiic  itdic 
'AXKaioio  und  v.  112  dpu^ovoc  'AXxeibao.  bei  Plautus  würde  dem- 
nach blosz  in  frage  kommen,  ob  er  naius  Argis  Aleeo  paare  oder  natus 
Argis  Alcaeo  patre  geschrieben,  von  diesen  beiden  &8sungen  ver» 
bietet  sich  jene  von  selbst  durch  den  iambus  des  vorletzten  fusaes; 
es  bleibt  also  blosz  die  letztere  übrig,  in  der  Alcaeo  durch  die 


608  BAmoldt:  zu  Aristophanes  Rittern  [v.  526]. 

zu  dem  vielleicht  ungewöhnlich  erscheinenden  plural  Arpis  beige- 
schriebene glosse  Argo  verdrängt  worden  ist,  wozu  dann  ein  anderer 
um  den  vers  herzustellen  ex  eingeschoben  hat,  ganz  ähnlich  wie  m2. 
IV  8,  1  das  glossem  diuitiis  den  namen  Ripaeos  verdrängt  hat  (vgl 
Jahrb.  1870  s.  459). 

Nachdem  obiges  bereits  niedergeschrieben  war ,  habe  ich  nodi 
Ussings  commentar  zdst.  nachgelesen  und  finde  daselbst  die  ye^ 
mutung  ausgesprochen,  dasz  'aut  poeta  Latinus  parum  accurate  egit, 
aut  erravit  librarius :  nam  fieri  potest  ut  Alceo  scriptam  fnerit  pro 
Alcaeo  .  .  idque  contractione  bisyllabum  factum  sit.'  an  dieie 
möglichkeit  hatte  ich  allerdings  nicht  gedacht,  glaube  aber  anch 
wort  hinzufügen  zu  sollen,  warum  sie  unmöglich  ist. 

Dresden.  Alfred  Fleckeibev. 

82. 

ZU  ARISTOPHANES  RITTERN. 


526  elxa  Kparivou  ^Cjivim^voc,  6c  ttoXAiu  ^eucac  ttot*  ^iratvui 

biä  tOuv  äq)€Xu)V  nebiujv  fppei  — 
das  schon  der  barbarischen  form  wegen  auffallende  ^eucac  ist  'saape^ 
tum  eiuädem  verbi  iteratione',  wie  Lobeck  sagt  zu  Phryn.  s.  739.  es 
hat  deshalb  nicht  an  conjecturen  der  gelehrten  zu  dieser  stelle  ge- 
fehlt: öc  TToXXuj  TToXXüJv  in*  diraivuj  oder  noXXip  *q>*  öpuiv  nAr' 
diraivu)  GHermann.  ß^i^ac  Fritzsche.  Trp€\|iac  Kock.  ßplcacKajsff. 
übe  TToXXuj  ßptcac  ttot'  ^Traivw  |  bid  tüjv  q>€XX£U)V  ncbiovb*  Ippci 
Bergk.  allein  aus  gutem  gründe,  so  scheint  es,  wurde  Meineke  durch 
diese  Vermutungen  nicht  befriedigt.  Wirorum  doctoram  coniectmiB' 
schreibt  er  vind.  Aristoph.  s.  58  'nihil  profici  apertum  est.  ßp{0eiv 
^Traiviu  graece  dici  non  potest;  hactenus  praestaret  quod  KocUns 
invenit  npix^ac  ttot'  ^iraivui.  omnino  autem  landem  ab  hoc  loeo 
alienam  puto,  requiroque  aliquid  quo  torrentis  imago  in- 
dicetur.'  Meineke  selbst  will  herstellen:  cTto  Kporrivou  jicfiVTVi^ 
voc,  6c  ^€u^aTl  TToXXuj  TTOT*  äcivcücj  bid Tuiv  d9€X(Dv  ircbiuiv 
^pp€i.  wie  gewaltsam  indessen  und  unwahrscheinlich  diese  emenda- 
tion  ist,  das  erhellt  am  besten  aus  Meine kes  eigner  erklämng  des  rer 
derbnisses.  'causa  corruptelac  inde  repetenda  videtur,  quod  in  oodioe 
archetypo  inverso  verborum  ordine  legebatur  ttoXXui  (Seujicm,  quod 
corrector  metro  accommodaturus  pro  ^cupaTi  suum  iÜud  ßcdOK  in- 
fersit,  quo  illato  cum  substantivum  desideraret,  SQO  pericolo  dcivttlC 
rcfingebat  in  ^TTaivip.'  das  freilich  empfand  Meineke  mit  der  ihm 
eigentümlichen  feinfühligkeit  gewis  richtig,  dasz  in  dem  zu  wtiden- 
dcn  ausdrucke  das  bild  des  hauptverbums  f  ppCl  festgehalten  werden 
müsse,  dies  wird  erreicht,  wenn  wir  schreiben:  öc  iroXXifi  ßpucac 
ttot'  dTTaivuj  .  .  fppci  'welcher  überströmend  von  gewaltigem  bei- 
fall  .  .  sich  ergosz'.  Hesychios:  ßpuer  ^€6i,  TrfiT&€i,  dva0Xu{(l| 
TrT]ba,  dvöcT,  dvinciv,  aßScTai. 

Königsberg.  Richard  Aanou>T. 


LGorlitt:  der  briefweefaael  twiiekaii  Gfetio  und  DoaDDat  BknliUk.     009 

88. 

DER  BRIEFWECHSEL  ZWISCHEN  CICERO  UND  DECIMÜB 

BRin^S. 


Ueber  die  art  und  weise,  wie  Tiro  den  briefliehfln  y^lf^  eei» 
nes  patrons  Cicero  ordnete  und  in  die  OfEntliehkeit  gab,  hmbe  ieh  m, 
meiner  diss.  'de  M.  TuUi  Ciceronie  epietolk  efenunque  prietina  o<d^ 
lecüone'  (Oöttingen  1879)  gehandelt;  dooh  honnten  an  jener  stelle 
nicht  alle  einzelheiten  xur  spiaohe  komnieni  ad  ee  mnete  genflgea 
im  allgemeinen  den  nachweia  tu  liefern ,  diaai  die  anordnnng  naoh 
einem  wol  durchdachten  plane  auageftlhrt  sei. 

Insbesondere  flbr  die  bttoher  X  XI  XII  der  epistnlaa  stellt  sieh 
heraus,  dasz  sie  nur  briefo  aus  der  zeit  von  an&ag  710  bis  jaU 
71 1  d.  St.,  also  aus  d6r  seit  enthalten,  in  der  Cicero  noeh  einmal  als 
fuhrer  der  republicanischen  partei  auftrat  und  den  TerhAngnisToUen 
kämpf  gegen  Antonius  aufnahm,  femer  seigt  sieh  dass  sa  bequemerer 
Übersicht  die  zahl  dieser  94  briofe  in  zwei  gmppen  verteilt  ist,  je 
nachdem  sie  die  ereignisse  behandeln,  die  sich  auf  dem  nfirdlichett 
oder  auf  dem  östlichen  kriegssehaiq)latie  abspielten,  diese  briefe 
sind  in  buch  XII,  jene  in  X  und  XI  enthalten,  sobliesilidi  sind 
innerhalb  der  drei  bücher  die  ihrer  ausdehnung  nnd  ihrem  Inhalt 
nach  hervorragendem  briefschaften  in  die  erste  reihe  gestellt,  und 
es  folgen  die  geringem  gleichsam  als  appendices. 

Man  wird  zugeben  dasz  eine  bessere  anordnnng  der  briefe  über* 
haupt  nicht  möglich  war,  und  dasz  der  Vorwurf  der  nachlAssigkeit, 
den  man  Tiro  wegen  der  vermeintlichen  Unordnung  der  «^wiln^g  ge* 
macht  hat;  wenigstens  in  bezug  auf  diesen  teil  ein  unverdienter  ist. 
innerhalb  der  einzelnen  correspondenzen  finden  wir  freilich  die  chro- 
nologische reibefolge  der  briefe  nicht  hergestellt,  und  deshalb  hat 
man  Tiro  ganz  besonders  getadelt;  allein  ist  denn  eine  solche  ord* 
nung  die  allein  berechtigte?  war  es  nicht  eben  so  vernünftig,  den 
bnefen  die  folge  zu  lassen,  die  sich  von  selbst  ergab,  wie  Cicero  sie 
schrieb  und  empfieng  ?  gewinnt  man  doch  durch  diese  weise  der  an- 
Ordnung  den  vorteil,  dasz  ohne  weiteres  ersiohtlioh  wird,  ob  Cicero 
diesen  oder  jenen  brief  schon  in  hftnden  hatte,,  als  er  den  seinen 
schrieb,  ob  er  daher  auf  jenen  bezug  nehmen  konnte  oder  nicht,  zu- 
mal bei  einer  so  unzuverlässigen  und  ungleiohmlszigen  bef^rderung 
der  briefe,  wie  sie  in  jenen  kriegszeiten  stattfand,  war  es  im  einseinen 
falle  oft  unberechenbar,  wie  Isnge  ein  brief  unterwegs  sein  mochte, 
und  da  die  beziehungen  der  briefe  auf  einander  ni%iht  immer  deut- 
lich sind,  würde  diese  auch  mit  hilfe  der  streng  chronologischen 
anordnung  nicht  ins  klare  gebracht  worden  sein,  dagegen  konnte 
aber  leicht  der  fall  eintreten,  dasz  zb.  ein  brief  des  Bratus  nach  dem 
datum  seiner  ab&ssung  gegen  anfisng  dieser  samlung  stand,  dass 
darauf  mehrere  briefe  von  Ciceros  himd,  die  von  den  dort  berich- 
teten ereignissen  noch  nichts  enthalten,  und  dann  erst  der  brief 

JahrbOcher  für  cl&w.  philol.  1880  htU9,  40 


610      LGurlitt:  der  briefwcchsel  zwischen  Cicero  und  Decünua  Brata^ 

folgte ,  welcher  die  directe  antwort  auf  den  erstgenannten  enthilt. 
die  Übersichtlichkeit  würde  also  durch  eine  solche  anordnong  kum 
gewinnen,  und  Tiro  that  nicht  unrecht,  wenn  er,  wie  es  im  folgoiden 
für  die  briefe  an  D.  Brutus  nachgewiesen  werden  soll,  jedesnial,  be- 
vor Cicero  einen  brief  abschickte ,  eine  abschrift  in  seine  samlang 
eintrug  und  ebenso  jeden  brief  den  Cicero  erhielt,  wobei  dahin  ge- 
stellt bleibt,  ob  er  den  vorteil  dieser  anordnong  beabsichtigte  oder 
ausschliesslich  der  gröszem  bequemlichkeit  halber  so  verfuhr. ' 

Für  die  briefe  an  M.  Brutus  habe  ich  (ao.  s.  36-— 41)  gestfltit 
auf  die  treffliche  Untersuchung  von  OESchmidt  *de  epistnlis  et 
a  Cassio  et  ad  Cassium  datis'  (Leipzig  1877)  diese  Ordnung  nachge- 
wiesen und  hoffe  dadurch  einen  nicht  unwesentlichen  beitrag  nr 
rettung  dieser  briefe  geliefert  zu  haben :  denn  es  ist  nicht  denkbir, 
dasz  ein  römischer  gelehrter,  der  diese  briefe  gefälscht  haben  sollte', 
ein  so  kunstvoll  verschlungenes  gewebe  herzustellen  yermocht  hifae, 
wie  es  diese  corrcspondenz  ergibt,  indem  die  briefe  bald  abwechsds, 
bald  sich  kreuzen,  bald  in  verschiedener  zahl  folgen,  und  dasz  er  di- 
bei  mit  sorgfältigster  berechnung  der  erforderlichen  bef^rdenmg)»- 
zeit  die  oft  geringfügigsten  und  verstecktesten  anspielungen  so  auf 
die  briefe  verteilt  habe,  dasz  sie  immer  mit  den  chronologischfli 
notizcn  nicht  nur  dieser,  sondern  auch  der  übrigen  Ciceronischea 
briefe  harmonieren. 

Dieselbe  art  der  anordnung ,  wie  sie  die  briefe  an  M.  Brntni 
zeigen ,  liegt  in  allen  den  correspondenzen  vor ,  welche  nach  begiaa 
des  j.  710  geschrieben  sind,  für  diese  behauptung,  die  ich  an  jener 
stelle  ausgesprochen  und  nur  im  allgemeinen  begründet  habe  (s.  20  f. X 
müssen  die  beweise  im  einzelnen  beigebracht  werden. 

Für  die  briefe  an  D.  Brutus  bildet  für  jede  spfttere  chronolo- 
gische betrachtung  BNakes  gediegene  Untersuchung  'der  bricf- 
wechsel  zwischen  Cicero  und  D.  Brutus'  (jahrb.  suppl.  YIII  s.  647  ff.) 
die  grundlage.  doch  glaube  ich  im  folgenden  die  data  einiger  briefii 
und  somit  auch  die  beurteilung  ihrer  anordnung  wesentlich  bericb- 
tigen  zu  können. 

Die  briefe,  deren  datum  handschriftlich  feststeht ,  müsten  bei 
streng  chronologischer  anordnung  folge  reihe  bilden:  XI  9.  10.  11. 
18.  19.  20.  23.  26.  21.  24.  25.  'sehen  wir  aber  die  reihenfolge  M, 
in  der  Cicero  dieselben  briefe  schrieb  und  empfieng,  so  finden  wir 
folgende  Ordnung:  9.  10.  11.  18.  19.  20.  21.  23.  24.  25.  26,  die  also 
ganz  genau  die  des  codex  ist'  (Nake  ao.  s.  699  anm.).  indem  non  Nike 
diese  anordnung  für  sämtliche  briefe,  datierte  und  undatierte,  waiMf 
erhftlt  er  zufolge  der  von  ihm  gefundenen  data  folgende  reihen- 
folge: 4.  16.  17.  5.  6.  7.  8.  22.  9.  10.  11.  12.  18.  14.  19-  20.  M. 


'  bekanntlich  verfuhr  Atticas  ganz  mechanisch,  obgleich  er  ^ 
gt-habt  hätte  die  chronologische  Ordnung  nach  den  daien  der  briefe  her- 
zustellen, da  er  nur  die  briefe  von  Ciceros  band  TarÖffentlichU  (TgL 
Tunstall  ep.  ad  Middleton,  Cambridge  1741,  s.  13  ff.).  *  die  britfc 

an  M.  Brutus  I  15—18  halte  ich  selbst  für  unecht;  vgl.  ao.  a.  81  f . 


LOurlitt:  der  briefweobtel  zwiacheB  deero  imd  Dadani  Bnilai.     6t  1 

23.  24.  25.  26.  15.  18,  wobei  AofilUt  da»  Becha  briefe,  neDÜch  16. 
17.  22.  14.  15.  13,  gegen  die  erwartete  Ordnung  TarstoezeiL  am  Ton 
diesen  sechs  briefen  fünf  im  codex  beieanunenetdien  (13 — 17),  ao 
vermutet  Nake  dasz  anob  sie  ursprünglich  in  richtiger  folge  geatan* 
den  bfttten,  dasz  daher  wol  die  ganze  fariefachaft  aus  dem  naoUaai 
Ciceros  hervorgegangen  sei,  der  sie  in  d6r  folge  habe  oopieren  lasaeni 
wie  er  sie  selbst  schrieb  und  empfieng«  Nake  war  hier  auf  dem  rieh* 
tigen  wege;  aber  der  schlusz  von  der  anordnung  der  briefe  auf  den 
ursprang  der  samlung  schien  ihm  doch  bedenkHeh,  und  er  wagte 
daher  diesen  schritt  nicht  zu  thun.  indeaz  der  umstand,  daaz  almi* 
liehe  datierte  briefe  die  erwartete  Ordnung  aufweisen,  ist  doch  so 
gewichtig,  dasz  er  gegen  die  datierung  deijenigen  briefe  verdacht 
erregen  musz,  die  dieser  Ordnung  widersprechen:  es  sollen  daher 
diese  briefe  noch  einmal  nach  ihrer  abfassungsnit  geprüft  werden; 
in  bezug  auf  die  übrigen  genügt  es  auf  Nahes  abbindlung  zu  ver- 
weisen. 

Die  ansichten  über  das  datum  des  13n  briefM  gehen  weit  aus* 
einander  (Nake  s.  664).  zunftohst  unterliegt  es  keinem  sweifol,  dasz 
die  werte  (§  5)  vo8  magnum  animum  opiimamque  spem  de  summa  re 
publica  Jwi)€re  völumus,  cum  d  ncs  et  cxercäus  nodtw  singulari  etm- 
cordia  coniunäos  ad  omnia  pro  votria  vUkaüiparaUm  nicht  vor  der 
Vereinigung  des  Plauens  und  D.  Brutus  und  der  beere  derselben  ge* 
schrieben  sein  können,  dasselbe  gilt  von  den  werten  (§  4)  fua$ 
(Antcnium  et  Lepidum)  ipei  adhue  »aUs  arrogatUer  AlUbrages  ejuüa» 
tusqm  amnis  .  .  sueiinebamt .  .  tamem^  8%  quo  eHam  com  Isaram 
se  traiecerintt  ne  guod  detrimentum  rei  puhUeae  inrnngofitj  summa 
a  nobis  dabitur  cpera.  diese  Vereinigung  erfolgte  etwa  a.  d.  XI 
Kai.  Quinct.  (21  joni),  also  nach  diesem  termin  gehören  auch  die 
citierten  werte,  so  weit  wird  man  Nake  unbedingt  zustimmen  müs- 
sen, und  doch  enthftlt  unser  brief  andere  anzeichen,  die  mit  nicht  ge- 
ringerer notwendigkeit  auf  eine  frühere  abfassungszeit  hinweisen, 
und  die  JvGruber,  Baiter,  Wesenberg  und  andere  veranlassen  konn- 
ten an  den  mal  oder  juni  desselben  Jahres  zu  denken. 

Nach  der  schlacht  bei  Mutina  waren  die  republicaner  in  Born 
der  hofibung,  dasz  D.  Brutus  den  Süchtigen  Antonius  sofort  ver- 
folgen, ihm  keine  ruhe  gönnen  und  sein  beer  aufreiben  werde,  ehe 
es  durch  die  Vereinigung  mit  den  drei  legionen  des  Ventidius  oder 
—  jenseit  der  Alpen  —  mit  Lepidus  neue  kräfte  gewinnen  könne* 
da  nun  aber  durch  den  9n  brief  unseres  buches  und  wol  auch  auf 
anderm  wege  bekannt  wurde,  dasz  Brutus  zwei  tage  nach  der 
Schlacht  noch  in  Begium  lag,  so  dasz  Antonius  einen  bedeutenden 
vorsprung  gewann ,  wurde  das  lebhafteste  misfallen  gegen  Brutus 
laut,  dieser  hörte  davon,  und  unser  18r  brief  enthfllt  den  versuch 
einer  recbtfertigung.  ob  wir  in  diesem  briefe  ein  antwortschreiben 
auf  XII 2  zu  erkennen  haben,  wie  Nake  annimt,  lasse  ich  noch  dahin- 
gestellt; jedenfalls  enthSlt  er  die  antwort  auf  Umliche  beschwerden 
wie  die,  die  in  Ciceros  werten  liegen  (§  2)s  nan  mM  eUam  qitermimr^ 

40* 


612      LGurlitt:  der  briefwechsel  zwischen  Cicero  und  Dedmiu  BiiiIbl 

qiiod  perseaiti  non  sitis;  opprimi  pofuisse^  si  celerUtu  adhMia  enef, 
existimatit,  in  den  anfangsworten  unseres  briefes  gibt  Bratas  ^eidi- 
sam  das  programm  desselben :  attendere  te  volo^  quae  in  mamSbusrnmi* 
qua  enim  prnd^ia  es,  nihü  te  fugiet,  si  meas  litteras  diligenitr 
leg  er  i  8.  sequi  confestim  Antonium  his  de  causis^  OicerOj  monfobiL 
wir  müssen  auch  auf  uns  die  mahnung  beziehen,  sorgfSltig  n 
lesen ;  dürfen  alsdann  aber  auch  erwarten  von  der  adhuldlosigkcit 
des  Brutus  überzeugt  zu  werden. 

Am  27n  april  also  war  die  Schlacht;  in  den  beiden  nidiitci 
tagen  wurde  Brutus,  wie  er  sagt  ohne  sein  Yerscholden,  in  der 
nähe  des  Schlachtfeldes  aufgehalten ,  wfthrend  Antoniae  in  dlnlr 
sehen  gegen  westen  hin  floh ,  um  nicht  vor  seiner  anknnft  in  Vdb 
Sabatia  halt  zu  machen,  hier  vereinigte  er  sich  mit  Ventidios,  dm 
mit  seinen  drei  leg^onen  über  den  Apennin  entkommen  war.  wii 
schnell  Brutus  nachfolgte,  läszt  sich  leicht  berechnen,  da  aus  mekra- 
ren  Stationen,  die  er  auf  der  Verfolgung  machte,  datierte  briefis  vor 
liegen,  dem  zufolge  war  er  am  30n  april  in  Parma ,  am  5n  mai  ia 
Dertona  (XI  10),  am  6n  mai  im  gebiet  von  Aquae  Statiellae  (XI 11), 
jedoch  noch  nicht  in  diesem  orte  selbst,  wie  wir  auch  ohne  das  aoi* 
drückliche  Zeugnis  ex  finibus  Statidlensium  annehmen  mOsten,  dl 
Aquae  Statiellae  von  Dertona  26  mp.  entfernt  lag  nnd  die  tw^wiMMU 
leistung  eines  in  Ordnung  marschierenden  heeres  etwa  18  mp.  ftrda 
tag  betrug,  berechnet  man  den  ganzen  marsch  bis  Dertona,  ao  n^ 
sich  dasz  Brutus  125  mp.  in  7  tagen,  also  jeden  tag  beinahe  18Hp> 
zurückgelegt  und  in  der  that  bisher  nicht  gesBumt  hatte,  ob  er  an 
am  folgenden  tage ,  am  7n  mai ,  nach  Statiellae  marschiert  oder  ii 
seinem  lager  Östlich  davon  geblieben  sei,  erfahren  wir  Ton  ihm  nickt 
er  sagt  nur,  dasz  ihm  die  nachricht  von  einer  contio  des  Antoaioi 
zugekommen  sei ,  als  er  von  diesem ,  der  schon  seit  dem  3n 
Vada  stand ,  müia  passuum  XXX  entfernt  war.  unmSglich 
hiermit  auf  sein  lager  östlich  von  Statiellae  hindeuten :  denn 
die  directe  entfernung  Von  Statiellae  selbst  nach  Vada  betrigt 
lieh  30  mp.,  in  Wahrheit  aber  ist  der  weg  viel  weiter,  da  das  gebiigi 
schwer  zu  passieren  ist.  Brutus  muste  also  schon  über  sein  obener- 
wähntes lager  hinaus  gewesen  sein,  als  er  jene  nachricht  eiriiialt  M 
kann  dies  demnach  frühestens  am  7n  mai  geschehen  sein,  am  tagt 
nach  der  versamlung  setzte  sich  die  reiterei  des  Antonios  unter  T^ 
bcllius  gegen  PoUentia  in  bewegung,  und  gleichzeitig  schickte  Bnitai, 
dem  inzwischen  die  botschaft  zugekommen  war,  ftUif  cohoiien  ak, 
welche,  da  sie  einen  kurzem  weg  hatten,  eine  stunde  früher  eintnin 
als  das  reiterdetachement  des  Antonius,  der  tag  der  anknnfty  dar  flir 
die  datierung  unsers  briefes  wichtig  ist,  war  frühestens  der  9a 
denn  der  weg  von  Statiellae  nach  Pollenüa  betrttgt  38  mp.f 
zwei  sehr  starke  tagemSrsche.  wahrscheinlicher  ist  es,  daas  die  tny* 
pen  erst  am  folgenden  tage,  also  frühestens  am  lOn  mai  einlfafaL 
schneller  wird  wol  auch  kaum  die  reiterei  des  Ant  is  anf  nngla- 
stigem  terrain  den  weg  von  ca.  55  mp.  haben  mach      Utaman. 


LGurlitt:  der  briefwechael  swiaeh«n  Gi€«ro  lud  D^oimo»  Bnitas.     61S 

ins  selbst  folgte  seinen  flinf  eohorteu  langaamAry  ww  also  nioht  tot 
dem  lln  mai  in  PoUentia.  wann  er  diese  Stadt  wieder  Twlassen 
habe,  geht  aus  XI  19  herror.  dieser  brief  ist  ?<m  VeroeDa»  am 
2 In  mal  abgesandt.  Vercellae  liegt  Ton  Pollentia  75  np.,  also  Tier 
bis  fünf  tagemärsche  entfernt,  eile  war  anf  dieseonwege  nicht  mehr 
nötig  und  wurde  auch,  ans  dem  folgenden  Iftssigen  Terfshren  dea 
Brutus  zu  sohlieszen,  gewis  nicht  angewandt,  rechnen  wir  deshalb 
nicht  vier,  sondern  ftnf  tage  fttr  diese  tonr,  so  war  Bmtns  am  17n 
mai  nicht  mehr  in  Pollentia.  sein  anfentkalt  daselbst  dauerte 
also  längstens  Tom  lOn  bis  zum  17n  mai.  nun  ist  aber  nicht  aaaa* 
nehmen,  dasz  die  denkbar  kfirsesten  termine  auch  die  thatsKchlichsa 
waren,  eine  solche  eile  in  seinen  bewegungen  wttrde  Bmtns  in  diesem 
üalle ,  wo  es  daranf  ankam  den  Torwnrf  d^r  lissigkeit  abraweiaein, 
ganz  ausdrAcklich  hervorgehoben  haben,  wir  kAnnen  e  silentio  mit 
groszer  Wahrscheinlichkeit  sohlieszen,  dasz  er  in  der  gegend  ¥oa 
Statiellae  zeit  verloren  habe,  dafllr  sprechen  auch  die  werte  (§  2) 
constiiü  (Äniamus)  nuaquamprws  quam  ad  Yada  venU.  qmm  lomm 
voU>  tibi  esse  twtum:  iaoä  itUer  J^pemiMumm  d  Al^n^  impediiissi* 
mus  ad  Her  faciendum:  denn  diese  werte  enthalten  offenbar  die 
entschuldigung,  weshalb  er  nicht  gegen  Yada  voffgerOekt,  sondern 
diesseit  des  Apennin  halt  gemacht  habe«  was  hfttte  es  sonst  iür  einen 
zweck  gehabt  die  Schwierigkeit  dieses  wegee  so  sehr  zu  betonen? 
gewis  ist  daher  Brutus  nicht  schon  am  lln  mai,  sondern  tinen  oder 
mehrere  tage  später  in  Pollentia  eingetroffen. 

Abgesehen  von  dieser  letzten  ungenaoigkeit  wird  man  zugeben, 
dasz  der  bericht  des  Brutus,  soweit  wir  ihn  verfolgt  haben,  dh.  bis 
zur  einnähme  von  Pollentia,  genügend  detaillierte  angaben  enthält, 
um  einen  einblick  in  seine  Verfolgung  zu  gewähren,  für  Cicero,  der, 
wie  später  gezeigt  werden  soll,  das  datum  der  einnähme  kannte, 
muste  es  in  noch  höherm  grade  mOglich  sein,  bis  fast  auf  jeden  ein- 
zelnen  tag  den  marsch  des  Brutus  zu  verfolgen,  wir  betonen  diesen 
umstand  besonders:  denn  er  ist  flir  die  beurteilung  unsere  briefee 
entscheidend,  was  nemlich  nunmehr  folgt,  von  den  werten  in  9pem 
venerant . .  an,  hat  auf  einmal  nicht  mehr  den  detaillierten  Charakter, 
sondern  gibt  die  weiteren  ereignisse  skizzenhaft,  in  groszen  zQgen 
an.  noch  befanden  wir  uns  in  dem  berichte  inmitten  des  monats 
mai;  was  nun  folgt  gehört  nicht  mehr  dem  mai,  sonderp  dem  aus- 
gehenden juni  an,  der  zeit  als  sich  einerseits  Antonius  mit  Lepi- 
dns,  anderseits  Brutus  mit  Plauens  schon  jenseit  der  Alpen  vereinigt 
hatten  und  sich  die  verbündeten  beere  an  der  Isara  feindlich  gegen- 
überstanden, alle  versuche  einer  Vereinigung  dieses 
zweiten  teils  mit  dem  ersten  sind  vergeblich,  zunächst 
haben  die  werte  sane  quam  sum  gavisus :  in  hoc  snim  piäoriam  pnto 
consistere  gar  keinen  sinn,  wenn  sie  erst  ende  jnni  geschrieben  wären, 
oder  ist  es  denkbar,  dasz  sich  Brutus  auch  da  nodb  der  präoccu- 
paüon  der  festung  Pollentia  so  lebhaft  gefreut  und  auf  sie  die  hoff- 
nung  des  sieges  gesetzt  hätte,  als  sich  der  kri«g  schon  nach  Gallia 


614      LGurlitt:  der  briefwechsel  zwischen  Cicero  und  Decimni  Brntu. 

cisalpina  hinübergespielt  und  Antonius  erreicht  hatte  was  Brutm 
vor  allem  verhüten  sollte :  die  Vereinigung  mit  Lepidos?  sowol  Bru- 
tus als  Cicero  muste  der  erfolg  gelehrt  haben,  dasz  Antonina  nichts 
anderes  im  sinne  gehabt  hatte  als  diese  Verbindung  mit  Lepidos, 
dasz  er  den  Trebellius  nur  auf  das  dringende  verlangen  seiner  Sol- 
daten nach  Pollentia  abgeschickt  hatte,  dasz  ihm  selbst  aber  die  eia- 
nahme  dieser  stadt  durch  Brutus  höchst  willkommen  war,  weil  da- 
durch seine  Soldaten  gezwungen  wurden  ihm  über  die  Alpen  zu  fol- 
gen, wozu  er  sie  durch  bitten  nicht  hatte  bewegen  können  (XI 13, 3 
contio  cius  .  .  in  qua  pctere  coepit  a  militibus^  ut  st  Irans  Alpes  «e^ue- 
rentur;  $ibi  cum  M.  Lepido  convenire  usw.).  gegenüber  dieser  anf- 
fassung,  welche  schon  von  Drnmann  (GR.  I  s.  345)  vertreten  wurde,  ist 
Nakes  urteil  hinfUUig,  welcher  dem  Brutus  eine  gewisse  berechtigoag 
zuspricht,  auch  damals  noch  die  präoccupation  von  Pollentia  all 
einen  besonders  günstigen  erfolg  zu  preisen ,  da  durch  ihn  Antoniu 
gezwungen  worden  sei  Italien  zu  verlassen,  und  dies  das  eigentliche 
ziel  von  Brutus  gewesen  sei  (XI  9,  1  ego  ne  consistere  possU  in  liclia 
Antonius  dabo  operam  usw.).  freilich  war  es  die  absieht  des  Brutus, 
Antonius  aus  Italien  zu  verdrängen ,  doch  nur  um  ihn  einem  om  so 
sicherern  Untergang  durch  Lepidus  und  Plauens  entgegenzufllhm; 
aber  eben  so  gewis  hat  er  später,  nachdem  er  die  untreue  des  Lepidu 
erkannt  hatte ,  diese  flucht  des  Antonius  verwünscht,  ganz  undenk- 
bar aber  ist  es,  dasz  er  sich  zu  einer  so  nichtigen  prahlerei  verstiegt! 
habe ,  die  fünf  wochen  früher  erfolgte  einnähme  von  Pollentia  der 
art  zu  preisen,  als  läge  in  ihr  die  garantie  des  sieges.  eine  so  stolze 
Zuversicht  passte  schlecht  zu  dem  ernst  der  Situation  und  wider- 
£ipricht  auch  durchaus  dem  schlusz  dieses  briefes,  der  thatsächliA 
den  Stempel  ernster  besorgnis  trägt,  in  Wahrheit  können  die  worte 
sane  quam  sum  gavisus  usw.  und  alles  vorhergehende  nur  kurz  nach 
der  einnähme  von  Pollentia  geschrieben  sein,  so  lange  Brutus  den 
verrath  des  Lepidus  noch  nicht  durchschaut  hatte  und  berechtigt 
war  von  seinem  erfolge  weitem  nutzen  zu  ho£fen.  anderseits  sahei 
wir  dasz  der  zweite  teil  dieses  briefes  kenntnis  von  dingen  veRltli, 
die  erst  nach  mitte  juni  erfolgt  waren,  es  bleibt  also  nichts  flbrig 
als  diese  beiden  teile  voneinander  zu  trennen  und  sie  für  bestand- 
tcilezwcier  der  zeitnachummehrals  einen  monat  aus- 
einander liegender  briefe  zu  betrachten,  dasz  dies  das  not- 
wendige und  heilende  verfahren  sei,  dafür  sprechen  weitere  über- 
zeugende gründe. 

Vor  allem  ist  zu  betonen  dasz  der  zweck  dieses  briefes  durch- 
aus verfehlt  sein  würde,  wenn  Brutus  statt  seine  thaten  tag  für  tag 
zu  verfolgen,  mit  einem  groszen  sprunge  die  zeit  von  mehr  als  einem 
monat  stillschweigend  übergangen  hätte,  während  doch  gerade  sein 
verhalten  nach  der  bcsetzung  von  Pollentia  dem  tadel  den  meislin 
räum  bot.  Cicero  würde  mit  recht  eine  erklärung  darüber  verlaigt 
haben ,  warum  Brutus  nicht  seinen  feind  ins  gebirge  Terfolgt  und 
geschlagen   oder  doch  bedrängt  habe,  sondern  statt  dessen  ohne 


LQarliit:  der  brieffrechtel  iwiiolMa  Cieero  imd  DmIbhis  BmtM.     615 

kämpf  nach  norden  gesogen  eei  nnd  dort  die  beste  seit  Terloren 
habe,  in  dieser  unschlflssigkeit  nnd  traurigen  vnthfttigkeit,  wie  wir 
sie  aus  den  briefen  XI  19.  20.  28.  24  kennen  lernen,  lag  der  meiate 
gmnd  zum  tadel,  nnd  in  einem  briefe  ¥on  ende  jnni  würden  daher 
hierfür  rechtfertignngen  Terencht  wmrden  sein«  wie  es  ja  aneh  in  den 
genannten  folgenden  briefen  geeehieht,  aber  nicht  fllr  jene  manfirer 
die  nunmehr  fänf  nnd  sechs  wochen  snrfieklagan« 

Ein  weiterer  beweis  fllr  nnsore  behanptmig  besteht  darin,  dasa 
ein  Zusammenhang  der  gedanken  swischen  den  Worten  •  •  pirio  o(m^ 
sistere  nnd  in  spem  venemtU  . .  nicht  besteht»  denn  man  moss  er* 
rathen,  dasz  Antonios  und  Lepidoa  das  snbgeot  das  sweiten  satses 
bilden,  von  deren  Verbindung  doch  bisher  mit  keinem  werte  die  rede 
gewesen  war;  errathen  moss  man  ferner,  was  daa  iamed9rUerAI§m 
traici  passe  bedeute:  denn  dass  Brutos  Aber  die  Alpen,  nnd  swar 
schnell,  gezogen  sei,  ist  weder  in  nnserm  briefe  noch  in  den  folgen« 
den,  die  inzwischen  in  Ciceros  binde  gelangen  konnten,  sn  Icien; 
errathen  musz  man  schliesslich,  dass  mit  no$  die  Torbflndeten  do- 
signierten  oonsuln  Brutos  nnd  Plancns  gemeint  sind,  Ton  deren  Ter« 
einigung  ebenfalls  noch  kein  wort  gesagt  ist  aoeh  moss  es  auf- 
fallen, dasz  im  gegensats  sum  ersten  teil  unseres  farielBe,  der  ans« 
echlieszlich  an  Cicero  g|»richtet  ist  nnd  gani  priTalen  Charakter  trigt, 
im  zweiten  teil  eine  mehrheit  mit  den  werten  «es  und  vobia  enge« 
redet  wird  und  ein  förmlicher,  ja  fUerlioher  ton  hersoht. 

Natttrlich  konnte  für  einen  solchen  brief,  der  aus  zwei  dispa- 
raten teilen  besteht,  6in  tag  der  abfessnng  nicht  gefanden  werden, 
ist  man  aber  einmal  auf  die  Widersprüche  aufmerksam  geworden, 
und  nimt  man  die  notwendige  Scheidung  vor,  so  hält  es  auch  nicht 
mehr  schwer  jedem  der  beiden  teile  sein  datom  sosnweisen. 

Der  erste  teil,  den  ich  13'  nenne,  gehört,  wie  wir  sahen,  in  die 
zeit  kurz  nach  der  einnähme  von  Pollentia.  als  die  Iftngstmögliche 
dauer  hatten  wir  die  zeit  vom  lln  bis  17n  mai  für  den  aufenthalt 
des  Brutus  in  dieser  stadt  angesetzt,  es  aber  wahrscheinlicher  ge- 
funden, dasz  er  6inen  oder  mehrere  tage  später  eingetroffen  sei.  der 
brief  scheint  geschrieben  in  der  ersten  fireude  Ober  den  erfolg  der 
prftoccupation :  wir  werden  daher  kaum  fehlgreifen ,  wenn  wir  ihn 
in  die  zeit  vom  12n  bis  15n  mai  ansetzen,  der  tag  der  abfassung 
steht  auszer  zweifei ,  wenn  wir  mit  recht  auf  unsem  brief  folgendb 
zwei  stellen  beziehen:  Cicero  schrieb  ca.  am  29n  mai  an  Brutus  (XI 
14,  3) :  scripsisti  autem  <id  me  ns  quas  Idibus  Maus  dedisN,  modo 
ie  accepisse  a  Planco  lüteras^  non  recipi  Äntcnmm  a  LspidOf  und  am 
29n  mai  auch  an  Plauens  (X  20,  2) :  sed  accqfn  litteras  a  oofk^a  hu> 
(D.  Bruto)  datas  Idibus  Maiis^  in  qutbus  erat  te  ad  se  seripsisse  a 
Lepido  non  recipi  Antonium.  in  diesen  beiden  stellen  wird  ein  brief 
des  Brutus  genannt,  den  dieser  am  16n  mai,  also  sn  d6r  sdt  ge- 
schrieben hat,  in  die  wir  etwa  unsem  13n  brief  setsen  müssen,  nun 
finden  wir  zwar  in  diesem  13'  brief  die  den  Lepidus  betreffende 
notiz  nicht;  da  er  aber  nur  fragment  ist,  so  ist  es  leicht  müglich. 


616      LGnrlitt:  der  briefwechtel  zwischen  Cicero  nnd  Deämiia 

dasz  mit  dem  fehlenden  schlnsz  auch  diese  nachricht  Twloran  ge- 
gangen ist,  die  in  unsem  ersten  teil  noch  nicht,  wol  aber  an  das 
ende  des  briefes  passte ,  nachdem  Brutns  die  ereigniaae  bia  auf  daa 
tag  der  abfassung  erzftblt  hatte  und  nunmehr  seine  aoaaichtflB  flir 
die  nächste  zukunft  erOfibete.  ich  halte  diese  ansieht  sogar  flbr  not- 
wendig: denn  wir  erhalten  auf  diese  weise  eine  sehr  pMaendecr- 
gänzung  des  mit  den  Worten  in  eo  puto  viäoriam  oonsistere  abbreohea- 
den  gedankens.  wenn  nemlich  Brutus  die  gewisheit  hatte,  dan 
Lepidus  dem  Antonius  den  ausweg  aus  den  Alpen  Teraperren  werde, 
so  hatte  er  allen  grund  die  besetzung  von  Pollentia  ala  ein  ereigu 
von  groszer  bedeutnng  darzustellen:  denn  alsdann  war  Antoniin, 
der  seinen  weg  über  die  Alpen  schon  angetreten  hatte  und,  waa  Bni- 
tus  nicht  wissen  konnte,  gerade  an  den  iden  des  mai  schon  in  Form 
lulii  (vgl.  X  17,  1)  eintraf,  zwischen  zwei  feindlichen  beeren  ein- 
geschlossen ,  konnte  weder  nach  Gallien  hinabsteigoi ,  daa  Lepidni 
schützte,  noch  nach  Italien  zurückkehren  ,  wo  Brutna  Pollentia  vad 
andere  feste  puncto  besetzt  hielt  und  jedenfiüls  auch  seinem 
spi*echen  gemSsz  (XI  9,  2  «i  «e  Alpes  traieeerit,  constüm 
in  Alpibus  cdUocare)  den  ausgang  der  pttsse  versperrte,  unter  dii 
umstünden  hatte  es  sinn,  wenn  Brutus  sagte:  «fi  eo  puio 
consistere.^  man  könnte  daran  anstosz  nehme^  dasz  Bmtns  (X  SO,  9) 
nicht  gleichzeitig  die  einnähme  von  PoUentia  meldet.^  dagegen  iil 
aber  zu  erinnern,  dasz  er  nicht  die  absieht  haben  konnte  dem  Plansai 
an  dieser  stelle  etwas  neues  zu  melden ,  sondern  ihn  nur  an  die  mit- 
teilung  erinnern  woUte — die  jener  natürlich  schon  bedeatend  Mhm 
direct  von  Brutus  erhalten  hatte  —  um  ihn  zur  yerbindnng  nii 
Lepidus  anzutreiben,  die  erwähnung  von  Pollentia  war  dabei  nioU 
nötig,  dagegen  spricht  für  unsere  annähme  die  berechnang  deriaiL 
Brutus  schrieb  am  29n  april  aus  Regium  (XI 9);  sein  farief  wird  also 
am  sechsten  tage,  dh.  am  5n  mai  in  Born  gewesen  sein,  die  ai^ 
gesnachricht  von  Mutina  kam  am  fünften  tage  in  Born  an  (vgl 
OESchmidt  ao.  s.  43  f.).  ein  böte,  der  nun  tags  darauf  aafbraeh,  nm 
Brutus  die  ungünstige  aufnähme  zu  melden ,  die  die  nachriobt  fcn 
seiner  Verzögerung  gefunden  hatte,  brauchte  etwa  nenn  tage  Im 
nach  Pollentia  (vgl.  Nake  ao.  s.  670) ,  traf  also  am  14n  oder  Un 
mai  bei  Brutus  ein ,  worauf  dieser  gewis  nicht  gesSomt  hat  aäk  la 
rechtfertigen  und  sogleich  seine  erwiderung  in  brief  13'  abgeaeUAI 
hat.  damit  ist  die  schon  früher  als  zweifelhaft  beieichnete 
widerlegt,  als  wäre  13'  die  antwort  auf  den  12n  brief,  der 
frühestens  erst  an  den  iden  des  mai  geschrieben  iat  (a.  Nake  aa 


'  denselben   gedanken  spricht  auch  Plancns  ans  X  11,  S  si 
huc  se  AntoniuM  conferet^  facile  mihi  videar  per  me  guitinere  ßmm 

X  15,  4  quod  si  lairo  praecogmio  nostro  adoemtu  rursuM  in  limümm  4 

pere  coeperit,  Bruti  erii  officimn  occurrere  et  (vgl.  21,  S).  *  waa  Toa 

dem  sonst  noch  XI  14  erwähnten  auf  diesen  brief  131   oder  daa  CdI- 
genden  nur  in  der  Überschrift  erhaltenen  bezng  nimt,  ist  nieht  l 
scheiden. 


LGurlitt:  der  briefireoliMl  iwiieheii  Gietio  nad  Deeianw  BmtM.      617 

8.  660).  es  gehört  unser  brief  aaoh  notwendig  tot  die  fariefe  19« 
20.  23,  die  am  21n  24n  and  25n  nun  «ua  Veroellee  und  Bpoxedi* 
abgesandt  worden,  und  in  denen  die  ereignisee  nm  PoU«itie  ale 
schon  veraltet  unerwfthnt  bleiben,  nnd  dodb  hatte  Bmtiit  seihet  am 
26n  mai  den  12n  brief  noch  nicht,  der  frühestens  am  2An  mal  an- 
langen konnte  (vgl.  Nake  s.  669). 

Die  behaaptung,  dass  Cieero  das  datnm  dieses  briefee  und  mit« 
hin  auch  der  einnähme  yon  Pollentia  gdEaant  habe,  leofatfertigt  aieh 
dadaroh ,  dasz  in  sämtlichen  briefen  d^er  seit,  die  wir  Ton  Brutus 
band  besitzen,  genau  ort  und  datnm  am  ende  angegeben  ist  (a.  XI 9. 
10.  11.  19.  20.  23.  26)  und  daher  gewis  andi  dort  nicht  fehlte. 

Der  zweite  teil  unsers  briefos  (13^)  iet»  wie  wir  sahen,  bald 
nach  dem  21n  juni  geschrieben,  doch  auch  hior  lisit  sieh  genanerse 
bestimmen,  die  würdevolle  haltung,  die  anrede  einer  mehrheii  von 
personen  läszt  erkennen,  dass  wir  hMr  nicht  einen  privatbrie!^  son- . 
dem  das  fragment  eines  beriehtes  an  den  senat  vor  una  hkben. 
da  nun  in  der  that  in  den  werten  (XI  16,  1)  oom'wiete  tita  emm 
cdüega  ameordiaque  veshra^  quae  l%U€ri$  eommunihu»  iBdmnta 
esiy  senatui  populoque  Bomano  graHssma  aceUtU  und  X  99,  1 
eaneardia  vestrch  ^tio«  aenatui  detiaraia  UUeni  pe$tris  ed^  mmfiee  d 
9enattu  et  cunäa  dvUas  ddecMa  ett  ein  solehor  bericht  genannt  wnrd, 
den  Plauens  und  Brutus  nach  ihrer  Vereinigung  an  den  senat  und 
die  römische  bttrgerschaft  in  einem  gemeinsamen  ednreiben  riohteien, 
und  dem  auch  der  plural  nas  und  sogar  der  Wortlaut  von  13^^  2 
{cum  et  nos  et  exercUus  nostros  Bingulari  eomcordia  conmnetos .  • 
videatis)  entspricht,  so  unterliegt  es  keinem  zweifei,  dass  13^  der 
schlusz  dieses  officiellen  beriehtes  ist,  dernatttrlich  gleich  nach  der 
Vereinigung  abgeschickt  wurde,  also  etwa  am  21n  juni.*  *auf  die  er- 
haltene nachricht  davon  schrieb  Cicero ,  nachdem  die  sache  auch  im 
Senate  besprochen  war,  etwa  am  lln  juli  den  brief  X  22.  mit  die- 
sem briefe  an  Plancus  aber  schickte  und  schrieb  er  zugleich  an  den 
mit  ihm  vereinigten  Brutus  den  15n  brief  des  XI  bu^es,  der  also 
auch  etwa  am  lln  juni  711  verfaszt  ist'  (Nahe  s.  663).  dasselbe  gilt 
auch  von  X  26,  und  dazu  passt  nun  ganz  vortrefflich,  dass  der 
brief,  in  weichem  Cicero  dem  Marcus  Brutus  dasselbe  ereignis  meldet 
(I  14,  2  etsi  Brutum  praedare  cum  PUmco  eoniunäum  AobemtcsX 
handschriftlich  diesen  lln  juli  als  datum  trlgt. 

Einen  ttuszem  beweis  ftir  die  richtigkeit  der  von  mir  vorgenom- 
menen trennung  der  briefe  13'  und  13^  bietet  der  index  des  ood. 
Mediceus,  der  dem  XI  buche  vorgesetst  ist.*  bekanntlich  sind  in 
diesen  indices  die  einzelnen  briefe  meist  durch  die  übersdurift  und 


^  dms  9ate,  welches  wir  im  Med.  von  swelter  haad  am  sehlasse  des 
briefes  finden,  erweist  sich  als  glosssm.  aoeh  fehlt  es  in  Harieisaus, 
wie  br.  pro  f.  Ruhl  in  Königsberg  die  gfite  hatte  mir  sogleich  mit  dsn 
onten  folgenden  notisen  fiber  diese  ht.  mitsnteilen.  *  7m  Harleiaans 
fehlt  der  index,  so  viel  ich  aus  der  mitteilong  Bfihls  su  eotnehmen 
glanbe. 


618      LGarlitt:  der  briefwechsel  zwischen  Cicero  und  Decimiu  Braboi. 

die  anfangsworte  bezeichnet,  beim  12n  und  13n  brief  bietet  er  nur 
die  ttberschrift.  darauf  folgt  ein  brief  mit  der  übersobrift  D.  Bnthu 
COS.  desig,  M.  Ciceroni  s.  d.  und  den  anfangsworten  Parmenaea  miMr- 
rimos.  im  texte  findet  sich  der  auf  diese  weise  charakterisierte  brief 
nicht,  man  nahm  bisher  an  dasz  er  aus  flttchtigkeit  eines  absehrd- 
bers  im  archetypus  übergangen  worden  sei,  setzte  nach  dem  als  13* 
bezeichneten  briefe  liberschrift  und  anfongsworte  von  13^  ein  und 
liesz  den  14n  brief  dem  index  entsprechend  folgen,  in  Wahrheit  ge- 
hören aber  diese  werte  des  index  einem  briefe  an,  der  innerhalb  dv 
oben  nachgewiesenen  lücke  des  textes  seinen  platz  hatte,  es  sind  dem- 
nach ausgefallen:  1)  der  zweite  teil  des  briefes  13',  der  am  15nnai 
in  Pollentia  geschrieben  wurde;  2)  ein  brief  des  D.  Brutus  an  Cicero, 
der  mit  Parmcnses  miserrimos  anfieng,  13^;  3)  der  anfang  der  Vitam 
communcs  des  Plancus  und  Brutus  an  den  senat,  vom  ca.  2 In  jmd, 
wovon  der  schlusz  in  13^^  erhalten  ist.  betreffs  des  zweiten  dii 
briefe  würden  wir  aus  seiner  Stellung  zwischen  13'  und  19  schlii 
dasz  er  zwischen  dem  15n  und  21n  mai  geschrieben  sei,  und  dea 
widerspricht  Nakes  berechnung  nicht  (s.  690) ,  der  wir  mntatis  mn- 
tandis  beistimmen. 

Wir  gehen  jetzt  zur  besprechung  der  gleichzeitigen  briefe  16 
und  17  über,  für  diese  briefe  hat  Nake  den  monat  September  dm 
j.  710  angesetzt,  während  die  früheren  erklftrer  sich  mit  der  allge- 
meinen angäbe  desselben  Jahres  begnügten,  das  datom,  welches  vir 
suchen,  hat  drei  anforderungen  zu  genügen:  Einmal  mnsz  Lnpa, 
der  gesandte  des  Brutus ,  sodann  Cicero  damals  in  Bom  anwesend 
gewesen  sein ,  und  drittens  musz  die  wähl  der  praetoren  in  ft^tsiflW 
gestanden  haben  (vgl.  Nake  s.  672). 

Was  Lupus  betrifft,  so  war  dieser  in  den  jähren  710  und  711, 
soviel  wir  wissen,  dreimal  in  Rom:  zanSchst  anfiang  december  Im 
zum  lln  dec.  710  (vgl.  XI  5,  2),  sodann  vom  19n  dec  an  aof  nahe- 
stimmbare  zeit,  schlieszlich  während  des  monats  mai,  wie  ans  XIIS,! 
wahrscheinlich  wird,  jedenfalls  aber  ende  jani  711 :  denn  am  ISn  jiuü, 
als  Cicero  die  worte  schrieb  (XI  25,  1) :  Lupus  noster  sicMo  demw 
iiavit^  ut  ad  te  scribereniy  5t  quid  vdlemj  war  er  in  Rom. 

Zunächst  also  können  unsere  beiden  briefe  nicht  in  der  iwischsn* 
zeit  vom  lln  bis  19n  dec,  sodann  auch  nicht  von  mitte  october  bii 
zum  lOn  dec.  710,  während  welcher  zeit  Cicero  auf  dem  lande  war, 
und  ebenso  wenig  aus  gleichem  gründe  vom  april  bis  sum  In  sept 
710  geschrieben  sein,  von  dem  j.  710  können  also  nur  die  tage  tom 
In  sept.  bis  mitte  oct.,  und  vom  lOn  dec.  bis  zu  ende  in  betraeM 
kommen,  es  fragt  sich  zunächst ,  welchem  von  diesen  beiden  tsi^ 
minen  der  vorzug  zu  geben  sei.  Xake  entscheidet  sich  für 
indem  er  gegen  den  zweiten  das  bedenken  vorbringt,  dass  nicht 
zunehmen  sei ,  Cicero  habe  sich  in  den  letzten  tagen  des 
mit  der  agitation  für  Lamias  praetur  befaszt,  da  er  in  dieser  asH 
von  dem  kämpfe  gegen  Antonius  ganz  in  anspruoh  genommen  wiCi 
auch  meint  er  dasz  16  §  1  5t  autcfn^  ut  spcro,  nihil  ieperturbai^  «M 


LGürlitt:  der  briefirechBel  iwiieheii  Cüocro  imd  Deduni  BMoa:     6L^ 

impedU  weder  aaf  das  aoBgehende  jähr  710  noeh  wat  Mifing  711 
anwendang  finden  könne. 

Allein  wenn  man  bedenkt,  dass  beide  empbl^migahMfo  TOtt 
dem  gewöhnlichen  schlage  sind  wie  so  viele  des  18n  bo^ee,  die  aadi 
nichts  enthalten  als  eine  recommendation  des  betrefRBttdett  wann—, 
so  wird  man  in  ihnen  eine  politische  anspielvng  odar  ein  abhiU  der 
Stimmung  des  Verfassers  überiianpt  nicht  snohea».  denn  dergWohem 
gehört  nicht  in  einen  empfehlongsbrief«  diese  pflegten  dem  olientsB 
selbst  übergeben  and  dem  adressaten  oft  erst  übemicht  sn  wttdea, 
wenn  die  tagesereignisse  schon  lingst  ÜberiioU  waren,  man  wird 
daher  nicht  behaupten  wollen ,  dass  Ciosro  in  den  ersten  monateii 
des  j.  711  weder  zeit  noch  stimmnng  flir  diese  briefe  gefandan  habt, 
wir  sind  also  berechtigt  auch  die  seit  vom  19n  deo.  710  bis  an  ende 
juni  mit  in  betracht  sn  riehen,  es  liegen  rielmdir  gegen  die  seit 
vom  In  sept.  bis  mitte  oct.  bedenken  Tor.  Nahe  findet  es  anffftllig, 
dasz  für  den  fall  der  damaligen  abfassnng  in  beiden  briefon  kein 
bezog  auf  den  gleichseitigen  4n  genommen  sei  (s.  651  nnd  678); 
allein  dieser  umstand  ist,  wie  gesagt,  gleiehgflltig  wegen  des  nen- 
tralen  Charakters  solcher  empfishlnngsbriefe.  erheblicher  ist  ein 
anderes  bedenken,  das  Nake  eben&Us  erwogen  hat.  wihrend  nem- 
lieh  der  index  des  cod.  Med.  den  16n  brief  ganz  übergeht,  den  17n 
aber  dem  texte  des  brief  es  entsprechend  anfBBhrt :  IL  (Xcero  D.  Bruto 
8.  D.»  hat  der  index  des  Dresdener  codex  nach  dem  16n  briefe  die 
ebenfalls  ep.  17  bezeichnende  seile  M.  deero  D.  Imäo  imp*  cos.  de* 
signaio  s.  d. .  ,  der  zusatz  tnip.  cons.  deaignato  fehlt  freilich  in  der 
Überschrift  des  briefes  selbst  im  Dresdener  exemplar,  weshalb  Nake 
mit  recht  zweifelte ,  ob  er  diesen  werten  bedeutong  beilegen  solle, 
nun  trägt  aber  auch,  wie  mir  Bühl  mitteilt,  im  cod.  Harleianus  der 
16e  brief  die  Überschrift:  M.  Cieer.  D.  Bruio  C09.  imp.  detig.  8.  d., 
wobei  wol  gerade  die  verkehrte  stelle  des  tmp.  Itlr  seine  eohtheit 
spricht,  ist  aber ,  wie  aus  der  ttbereinstimmong  dw  Dresdensis  mit 
dem  Harleianus  wahrscheinlich  wird%  dieser  zusatz  ursprünglich,  so 
folgt  daraus  dasz  Cicero  den  16n  und  17n  brief  schrieb,  als  er  den 
4n  bereits  in  hftnden  hatte,  in  dem  Brutus  seine  erlangnng  des 
imperatortitels  meldet,  und  der  im  sept.  oder  sogar  erst  anfiuig  oct. 
710  geschrieben  ist  (Nake  s.  652).  bedenken  wir  nun,  dass  Cicero 
Rom  schon  mitte  october  verliesz,  und  berechnen  wir  die  für  die  be* 
förderung  vom  4n  briefe  erforderlidie  zeit,  wie  eng  begrenzt  wird 
dann  der  termin  der  möglichen  abfassung,  und  wie  gering  die  Wahr- 
scheinlichkeit,  dasz  Cicero  gerade  in  den  lotsten  tagen  vor  seiner 
abreise  von  Rom  diese  briefe  geschrieben  habe,  wtthrend  doch  nichts 
mit  notwendigkeit  gerade  auf  diese  tage  hinweist  1  man  thnt  daher 
besser,  das  datum  unserer  briefe  in  dem  zweiten  vorher  bezeichneten 
termin  zu  suchen,  dazu  kommt  dasz  auch  anderwftrts,  in  briefen  vom 
mai  und  juni  711 ,  ep.  X  25.  26  und  ep.  od  JC  BnOwm  I  11  (von 

^  in  der  Überschrift  det  17n  and  18n  brltfes  stimmt  der  Bari,  mit 
dem  Med. 


620      LGurlitt:  der  briefwcchBel  zwischen  Cicero  und  Deeimui  BMkoii 

ende  mai?  vgl.  Schmidt  ao.  s.  48  und  m.  dies.  8.  38),  Cioero  flür  däm 
bevorstehende  praetorenwahl  thtttig  erscheint  nicht  aber  iat,  lovid 
ich  weisz,  im  sept.  oder  oct.  710  schon  von  dieser  die  rede,  und  da 
die  wählen  im  allgemeinen  inmitten  des  Jahres  stattfiutden,  ist  es 
auch  nicht  glaublich,  dasz  die  neuen  agitationen  ond  ao  dringende 
empfehlungen  wie  die  vorliegenden  schon  %  jalure  vor  der  nenwaU 
in  scene  gesetzt  worden  seien,  was  schlieszlich  Lamia  betritt,  lo 
war  dieser  709  aedil  gewesen  (ep.  ad  AU.  XIII  45);  er  wird  ndi 
also  fOr  712  um  die  praetur  beworben  und  im  mai  711  seine  agitatuai 
begonnen  haben  gleichzeitig  etwa  mit  Fumius,  dem  iegaten  des  Plan« 
cuA,  an  den  Cicero  in  angelegenheiten  der  bevorstehenden  waU  an- 
fang  mai  (X  25)  und  etwa  am  lln  juli  (X  26)  schrieb. 

In  dieser  zeit  also  von  mai  bis  sptttestens  anfang  joli  711  wer 
den  auch  die  briefe  16  und  17  gesetzt  werden  müssen. 

Den  22n  brief,  zu  dem  wir  jetzt  übergehen,  lassen  die  hgg. 
mit  ausnähme  von  Schütz  im  juli  711  geschrieben  sein.  Schtttz  ver- 
legt ihn  auf  ende  mai,  Nake  auf  ende  april  711.  auch  dieser  fariaf 
ist  ein  empfehlungsschreiben  und  entbehrt  deshalb  fast  jeder  siehen 
chronologischen  notiz.  man  wird  zunächst  zugeben  daas  er  nadb 
der  Schlacht  bei  Mutina  und  nachdem  Antonius  und  seine  mahiagB 
für  hostes  erklärt  worden  geschrieben  ist.  für  letzteres  ereignia  iii 
es  Nake  gelungen  den  bestimmten  tag,  nemlich  den  der  XIY  FUL 
rede,  den  2 In  april  711  zu  ermitteln,  ein  ergebnis  dem  RiAii'A 
(s.  44)  beistimmt,  dasz  nun  unser  brief  unmittelbar  daraaf  gesohzis- 
ben  sein  müsse ,  ist  gar  nicht  notwendig :  denn  wir  kennen  die  di^ 
sem  briefe  zu  gründe  liegenden  persönlichen  Verhältnisse  des  Appifli 
Claudius  zu  wenig,  um  dem  datum  des  briefes  näher  sn  komniiB, 
ist  es  nützlich  auch  den  terminus  ante  quem  festzustellen,  dieser  iik 
aus  X  29  zu  gewinnen ,  welcher  brief  an  denselben  Appins  gsadwi 
gerichtet  ist,  in  dessen  interesse  unser  brief  geschrieben 
beiden  schreiben  handelt  es  sich  um  die  rettung  der  politisehi 
stenz  dieses  mannes,  und  zwar  meine  ich  dasz  die  werte  (X  S9, 1) 
de  meo  studio  erga  säluieni  et  incdumitaiem  tuam  credo  ie  cogmm 
ex  litteris  tuorum  .  .  iUi  mihi  necesse  est  oonoedafU^  ut  Hbi  plm$  fium 
ipsi  hoc  tempore  prodesse  possm;  quod  guidem  nee  deatiii  fwem 
nee  desinam^  et  iam  in  maxima  re  feci  ei  fundamenta  ise 
tiM€  auch  auf  unsem  22n  brief  zurückweisen,  in  dem  Cioero 
diesem  falle  sehr  einfluszreichen  Brutus  die  erhaltung  des  Appioi 
Claudius  dringend  empfiehlt,  jedenfalls  sehen  wir,  dask  diese  anf^ 
legenheit  pridie  Nonas  Quinctües^  an  welchem  tage  jener  farieC  Si 
Appius  Claudius  geschrieben  wurde,  noch  unentschieden  und  in  m^ 
handlung  war.  es  würde  daher  anzunehmen  sein ,  daas 
im  laufe  des  juni  geschrieben  sei.  da  nun  der  in  den  has* 
gehende  brief  des  Cicero  am  4n  juni,  der  folgende  am  6n  jsottffi- 
schrieben  ist,  so  ist  es  sehr  glaublich,  dasz  die.abfiusang  ansn 
briefes  zwischen  jenen  beiden  tagen  liege ;  jedenfalls  gibt  es  niehti 
was  gegen  dieses  datum  spräche. 


91 
9> 


LGnrlitt:  der  briefirechflel  Bwueheo  Cüocro  und  Deoimiit  Bratai.     621 

In  der  aoBetzuDg  des  14]i  briefas  wird  man  Nalos  beipfliditeB, 
der  ihn  etwa  gleichzeitig  mit  X  14,  dh«  um  den  9te  mai  geadttia« 
ben  sein  Ittszt  (s.  670).  anch  in  being  anf  den  16n  briaf  bin  ioh 
mit  Nakee  berechnnng  (s.  663)  einTeratandan. 

Tragen  wir  nunmehr  in  die  ¥on  Naloa  a.  679  anfgeateUte  tabella 
der  data  die  im  obigen  ala  notwendig  erwieaenan  Sndenmgbn.  m^ 
so  ergibt  sich  folgende  reihe  loniehat  dar  briefi  Ton  (Hoaroa  baniis 
brief  5 :  etwa  swischen  dem  12n  nnd  18n  dee.  710 
6 :  wol  noch  am  SOn  jan.  711 
7 :  etwa  am  32n  jan.  711 
,,     8 :  ende  jan.  oder  anfimg  fiafar.  711 
„  12:  zwiachen  dem  15n  nnd  Ite  mai  711 
9,  14 :  um  den  Sdn,  nicht  tot  dam  86n  mai  711 
[„  15:  etwa  am  lln  jnli  711] 

"  17!  {  ™^  oder  jnni  711 

[„  18:  am  19n  mal  711] 
„  21: am  4n joni  711 
„  22: jnni 711 
„  24:  am  6n  jnni  711 
„  25:  am  18n  jnni  711« 
es  sind  also  nur  zwei  briefe  16  nnd  18,  dia  nadiwiiabar  gagan  dia 
chronologische  Ordnung  veratoszen. 

Die  briefe  des  Brutus  haben  folgende  data: 
brief  4:  sept.  oder  erste  hälfte  dee  oct.  710 
„     9:  am  29n  april  711 
„  10:  am  5n  mai  711 
„  11:  am  6n  mai  711 
„  13*:  am  15n  mai  711 
„  13»»:  mai  711 

l,  13*':  am  21n  juni  711  oder  bald  darauf] 
„  19:  am  21n  mai  711 
„  20:  am  24n  mai  711 
,,  23:  am  25n  mai  711 
„  26:  am  3n  jnni  711. 
hier  also  haben  wir  die  aufüaUende  erscheinung,  daas  aftmtliche  briefe 
in  richtiger  folge  stehen,  abgesehen  von  dem  fragment  13^,  wih- 
rend  es  von  13*'  nicht  nachzuweisen  ist. 

Fragen  wir  nun  weiter,  in  welcher  folge  Cicero  die  briefe  schrieb 
und  empfieng,  um  damit  die  überlieferte  Ordnung  zu  yergleidien. 
hierbei  lassen  wir  zunächst  die  briefe  13^.  16.  17  und  22  bei  seitOy 
weil  ihr  datum  nicht  mit  genügender  prttcision  zu  fixieren  war.  wo 
ich  mit  Nake  übereinstimme,  nehme  ich  auch  hier  seine  resultate 
auf,  indem  ich  auf  s.  680  ff.  verweise;  wo  ich  von  ihm  abweiche, 
gebe  ich  meine  ansieht ,  ohne  midi  auf  eine  weitere  Widerlegung 
jener  einzulassen,  die  von  selbst  hinfUlig  sind  da  wo  das  datum  der 
briefe  falsch  angesetzt  war.   dies  gilt  bMonders  Ton  dem  briefe  13% 


622      LGurlitt:  der  briefwechsel  zwiBchen  Cicero  nnd  Decimiu  Bnfeoi. 

den  Nake  noch  als  ein  ganzes  und  als  die  antwort  auf  12  auffiasxie. 
dadurch  entstanden  die  grösten  Schwierigkeiten,  die  nfttttrlioh  trob 
mancher  gezwujigener  annähme^  nicht  gelöst  werden  konnten« 

Auszer  zweifei  steht  zunächst,  dasz  Cicero  br.  4  eher  empfieng; 
als  er  5.  6.  7  und  8  schrieb  (die  briefe  16  nnd  17,  die  Nake  hiermit 
einschiebt,  gehören,  wie  wir  sahen,  einer  spKtem  zeit  an),  fnas 
dasz  die  briefe  9.  10.  11  vor  abfassung  von  brief  12  in  Cicero«  bil- 
den waren,  wie  er  selbst  zu  anfang  dieses  briefes  bezeugt,  darauf 
folgt  13  ^  der  am  15n  mai  geschrieben  am  24n  oder  25n  mai  bei 
Cicero  anlangte  und  wenige  tage  darauf  mit  br.  14  beantwortet 
wurde.  Indes  br.  13^^  und  ebenso  15  gehören  nicht  an  diese  stelle, 
sondern  mtlsten  ihrer  zeit  nach  die  letzten  dieser  g^mlnwg  sein,  idi 
mache  schon  hier  darauf  aufmerksam,  dasz  gerade  an  d6r  stelle ,  wo 
wir  eine  spätere  textverderbnis  annehmen  musten  —  denn  dasz  die 
Verderbnis  nicht  ursprünglich  ist,  beweist  der  index  des  Medicens  — 
dasz  also  gerade  an  dieser  stelle  auch  zuerst  eine  stömng  in  der  ib(ge 
der  briefe  zu  tage  tritt,  auch  weiterhin  müste  br.  18,  da  er  am  Ifti 
mai  von  Cicero  geschrieben  wurde,  vor  13^  stehen,  welchen  brief 
Brutus  erst  am  15n  mai  von  Pollentia  absandte,  die  hieranf  folgM- 
den  briefe  jedoch  entsprechen  wieder  der  erwarteten  Ordnung:  19 
und  20  stehen  vor  21,  der  die  antwort  auf  letztem  bildet,  und  au 
gleichem  gründe  23  vor  24.  dasz  Cicero  schlieszlich  26  eheac  schriebi 
als  er  26  empfieng,  dafür  gibt  Nake  (s.  683)  den  beweis. 

Das  ergebnis  unserer  Untersuchung  ist  demnach :    die  briefe  4 
— 12  und  19 — 26  haben  genau  die  Ordnung  in  der  sie  Cicero  sollrieb 
und  empfieng;  die  dazwischen  liegende  partie  ist  durch  versetm^ 
der  briefe  13  ^^  15  und  18  in  Unordnung  gerathen.  der  umstand, 
dasz  hier  ein  bedeutender  defect  im  texte  vorliegt,  Iftsxt  vermatea 
dasz  diese  Verwirrung  ebenfalls  keine  ursprüngliche  ist,   senden 
der  Überlieferung  zur  last  fftUt.   die  briefe  13  ^  16.  17  und  22  ord- 
nen sich  wie  von  selbst  in  die  ihrer  abfassungfszeit  entsprecheada 
stellen  ein,  und  da  jene  drei  ausnahmen  nichts  gegen  die  allgemciBe 
regel  vermögen,   dasz  die  briefe  XI  1 — 26  von  Tiro  in  der 
Ordnung  ediert  wurden,   in  der  sie  Cicero  schrieb  und 
e  m  p  f  i  e  n  g ,  so  werden  wir  auch  mit  recht  danach  das  genauere  dataa 
dieser  vier  briefe  bestimmen,    dem  zufolge  ist  13^  nach  13',  sko 
nach  dem  24n  mai  und  vor  abfassung  von  14 ,  also  vor  etwa  dMi 
29n  mai  in  Ciceros  bände  gelangt,  mithin  bald  nach  dem  Ida  mi 
geschrieben ;  femer  werden  die  briefe  16  und  17  nach  br.  14,  sko 
nach  dem  29n  mai  und  vor  ankunft  von  brief  19  nnd  20,  die  as 
4n  juni  durch  br.  21  beantwortet  wurden,  geschrieben  sein,  sohliosi* 
lieh  wird  br.  22,  als  zwischen  21  und  24  stehend ,  anch  jedenblle 
zwischen  den  abfassungstagen  dieser  beiden  briefe,  also  zwischen 
dem  4n  und  6n  juni  abgefaszt  sein,   denn  wenn  wirklich  die  beseieh- 
nete  Ordnung  bestand,  wofür  nicht  nur  diese  Untersuchung,  sondsn 

^  10  soll  zb.  brief  12  l&nger  all  einen  monat  unterwegs  gewesea  seia. 


LGurlitt:  der  briefvrediBd  iwuehen  (^otto  iiad  Dedam  Bntoii     fi2S 

auch  die  entsprecbende  über  die  briefe  an  M.  Brotiia  den  beweis  lie- 
fert; 80  sind  wir  methodisch  bereohiigt  den  briefen  nach  ihrer  atel* 
lung  das  datum  anzusetzen,  so  lange  nicht  ein  innerer  grond  dagegen 
spricht,  fdr  die  briefe  18^.  16.  17  ist  nnser  nrteil  nor  deshalb  nn« 
sicher,  weil  sie  nicht  gleich  dem  br.  92  innerhalb  einer  gana  intaeten 
reihe  von  briefen  stehen* 

£s  kann  sich  jetzt  nor  noch  dämm  handeln,  anf  welche  weis» 
die  vorliegende  versetzong  der  briefe  18".  16«  18  in  den  bes.  in  er* 
klären  sei.  hierflber  vermag  ich  nnr  yermntnngen  anaraspreoheii, 
da  08  mir  nicht  gelangen  ist  den  Vorgang  voUsUbidig  anfinikllrwL 
jedenfalls  liegt  d  i  e  vermntong  nahe,  dass  in  dem  ardieijinis  die  pnrtie, 
welche  die  briefe  13K  18 ^  14.  16.  17.  18  enthielt,  aof  denadben 
bogen  geschrieben  waren  wie  die  ihrer  leit  naoh,  nnd  daher  gewis 
ursprünglich  auch  im  texte,  in  ende  der  eamlnng  stehenden  briefe 
15  und  13",  dasz  erstere  vielleicht  den  anfeng,  letitere  das  ende 
eines  quateinio  bildeten,  doroh  beechldignng  dieaea  bandea  trenn- 
ten sich  die  blätter,  nnd  der  bogen,  der  einerseita  den  sehlnas  von 
13^  nnd  den  br.  13  ^  anderseits  den  jedenfalls  sehr  ansgedehnten 
ersten  teil  von  13"  enthielt,  gieng  verloren,  damit  zusammen  hieng 
dann  wol  eine  vertauschung  zweier  ebenfeUs  voneinander  gerisse- 
ner blätter ,  welche  die  Versetzung  des  br.  16  nnd  des  aefalnsaea  von 
13"  verschuldete,  doch  müsten  diese  in  umgekehrter  folge  stehen, 
und  die  steUung  von  br.  14  zwischen  ihnen  bleibt  nnerklärt  ea 
scheint  daher  nicht  blosz  eine  medianische  verwechslnng  der  blätter 
vorzuliegen :  denn  in  einem  solchen  falle  würden  die  sparen  deut- 
licher zu  tage  treten;  ich  glaube  vielmehr,  dasz  ein  Schreiber  oder 
gelehrter,  dem  das  schadhafte  exemplar  vorlag,  die  losen  blätter  nach 
bestem  wissen  ordnete ,  dafür  sorgte  dasz  die  briefe  intact  blieben^ 
dabei  aber  den  fehler  begieng,  dasz  er  das  fragment  13"  an  falscher 
stelle  einsetzte ;  dies  war  deshalb  leicht  möglich,  weil  das  blatt  weU 
ches  den  an  fang  dieses  briefes  enthielt  schon  fehlte. 

Die  Untersuchung  über  die  Vollständigkeit  der  briefe  wird  uns 
nach  dem  was  Nake  darüber  geschrieben  hat  erlassen  werden,  zu 
berichtigen  bleibt  nur,  dasz  der  XI  14,  3  erwähnte  brief  von  den 
iden  des  mai  nicht  ganz  verloren  gegangen,  sondern  in  18'  fragmen- 
tarisch erhalten  ist  demnach  sind  es  nur  drei  oder  vier  briefe,  die 
aus  einer  zahl  von  28  oder  29  fehlen,  diese  sind  jedenfalls  nie  ver- 
öffentlicht worden  (vgl.  Nake  s.  698  f.),  und  wir  haben  daher  diese 
briefsamlung  wesentlich  in  derselben  Vollständigkeit  und  in  dersel- 
ben gestalt,  in  der  sie  von  Tiro  ediert  und  im  altertum  bekannt  war* 

Athen.  Ludwig  Ouslitt. 


624  CWagener:  zu  Caesars  bellam  Gallicum  [Y  4S,  1]. 

84. 
Zu  CAESABS  BELLUM  GALLICUM. 


Y  43,  1  s^timo  oppugnatianis  die  maximo  ooarto  vetüo  ferveiiks 
fusili  €x  argiüa  glandes  fundis  et  fervefaäa  iacüla  in  cobqb  • .  toeerc 
caeperunt.  hier  bieten  die  worie  fusili  ex  argiüa  Schwierigkeiten,  die 
trotz  mancher  erklärungsversuche  noch  nicht  gehoben  sind,  was  lii- 
erst das  wort  ftisüi  betrifft,  so  ist  es  schwer  eine  passende  bedso- 
tang  ftir  unsere  stelle  za  finden,  fusüis  ist  ein  seltenes  wort:  ei 
findet  sich  nur  noch  bei  Ovidius  mei.  XI  126,  wo  es  'flUaaig*  heint, 
und  noch  zweimal  bei  sptttem  Schriftstellern :  bei  Martianns  CapeUs 
YIII  860  und  bei  Prudentins  caihem.  4,  40,  wo  ea  'gegoaaen'  bi* 
deutet,  aber  keine  dieser  bedeutungen  Iftszt  sich  fUr  unsere  stelb 
verwenden,  denn  'gegossen,  geschmolzen,  flüssig'  passt  wol  sa  amnm 
(Oy.),  numen  (Prnd.)t  vasa  aenea  (Mart.),  aber  nidit  zn  argiüa  'thoi, 
mergeP  oder  wie  man  es  übersetzen  wiU.  eine  andere  schwierii^^ 
auf  die  noch  kein  erklftrer  aufmerksam  gemacht  hat,  liegt  in  d« 
Stellung  der  präp.  ex.  diese  wird  bei  Caesar  in  der  regel  Tor  du 
Substantiv  mit  seinem  attribut  gestellt  auszer  in  relativiscfaen  waa- 
dungen  {qua  ex  die  civ.  I  5,  4;  qua  ex  frequeniia  civ.  m  19,  5; 
quibus  ex  navibus  Oall.  lY  37,  1 ;  quo  ex  loco  GalL  YI  26,  4;  ^ 
hus  ex  locis  civ.  11  41,  1;  quo  ex  oppido  Gall.  YII  12,  3;  ^mo  U 
portu  Gall.  Y  2,  3;  qua  ex  re  GaU.  I  20,  4;  11  4,  3;  Y  42,  4;  VI 
22,  3 ;  quibus  ex  regionibus  Gall.  lY  5,  2)  nnd  sehr  hftofig  bei  am 
subst.  pars  (qua  ex  parte  Gall.  I  2,  4;  Y  13,  2 ;  YII  81,  6;  mqm 
ex  parte  Gall.  YII  28,  1;  aliqua  ex  parte  civ.  III  47,  4;  imm  0 
parU  Gall.  I  2,  3;  U  29,  3;  lY  3,  2;  Y  26,  3;  YII  5,  5;  eiv.II 
25,  1;  m  45,  3;  d^äbus  ex  partibus  Gall.  Y  21,  4;  YII  69,  1; 
civ«  U  1,  1;  II  6,  4;  alia  ex  parte  GaU.  UI  22,  1;  Y  21,  5;  mv« 
ex  parte  Gall.  I  16,  6;  civ.  II  31,  8;  III  53,  5;  utrague  exporieäf» 
I  45,  4;  II  24,  3).  bei  andern  Substantiven  findet  sich  die 
der  präp.  ex  vielleicht  nur  an  einer  einzigen  stelle:  aüus  aKa 
Gall.  IV  26,  1 ,  was  sich  aber  aus  der  notwendigkeit  dea  nai 
anderstehens  von  alius  alia  erklärt,  zwei  stelloi,  wo  ex  naA 
adjectivum  stand,  sind  schon  von  den  hgg.  verbessert,  ao  achieita 
jetzt  statt  Omnibus  ex  civitatibiu  GaU.  Y  5, 3  Nipperdey,  Fngell  enl 
Dinter  aus  den  besten  hss.  ex  omnibus  civiiatibus^  and  statt 
numero  GaU.  YII  28,  5  haben  Nipperdey  und  FrigeU  mit 
omni  numero  gesetzt,  vgl.  Gall.  in  15,  5;  YII  83,  4.  ao  bUbt 
unsere  stelle  übrig,  welche,  was  die  Stellung  der  prflp. 
ganz  von  dem  Sprachgebrauch  Caesars  abweicht  und  die  aoeh, 
wir  oben  gesehen  haben,  in  betreff  der  bedeutung  nicht  klar  iii 
beide  Schwierigkeiten  fallen  zugleich  weg,  sobald  man  fuailii  m 
argiUa  glandes  schreibt,  also  fusilis  als  acc.  pl.  mitplandes  verUadsl; 
vgl.  noch  den  ausdruck  glandes  fundere  im  bellam  Afrieae  20^  3. 

Bremen*.  Carl  Wai 


WHKoltteri  des  7efgiliiii  tduite  eelog«.  6S6 


DES  VERGILroS  SECHSTE  ZEHNTE  UND  VIERTE  ECLOOE. 

(fortseUang  Ton  0.  321—868.) 


II.    DIE  ZEHNTE  ECLOOE  (OALLUS). 

Haben  wir  in  der  dichterkrOnnng  des  Oallos  richtig  den  kern 
•der  sechsten  ecloge  erkannt,  eine  hnldigong  wie  sie  naeh  der  über* 
tragung  von  Euphorions  Heeiodoa^  ein  befireondeter  dichter  der 
neuen  leistung  des  freundes  kaum  glänzender  darbringen  konnte,  so 
weist  uns  dieses  gedieht  von  selbst  aaf  die  namHtdbar  an  Qallnt 
•elbst  gerichtete  zehnte  ecloge  hin.  aber  so  hoch  aneh  Terg.  die  nene 
dicbtung  des  Gallus  stellt,  sie  war  es  am  ende  doch  nicht,  worauf  sich 
sp&ter  der  rühm  desselben  stützte;  das  waren  dieilteren  leistongen, 
eben  das  was  Verg.  ed.  6 ,  60  errort  ad  flumkia  JVmtewt  nennt 
ingenium  GäUi^  sagt  Martialis  VIII 78,  6,  puMirü  Ljfeoris  erat:  seine 
elegien  an  Lycoris  sind  doch  in  seinem  dichterkranze  das  schdnste, 
geschätzteste  blatt  geblieben,  nidit  Abel  hat  Volker  *de  Comelii 
Oa]li  vita  et  scriptis'  II  (Elberfeld  1844)  s.  10*  verrnntet,  dass  dw  titel 
des  Werkes  amores  war,  und  Propertius  III  32,  92  sagt  uns,  dasi  es 
nicht  fingierte  liebeshfindel  waren,  sondern  der  Tolle  ausdruck  dessen 
was  er  selbst  empfunden:  ei  modo  fomuma  quam  müUa  Lfcoride 
OaUus  mortuus  infema  vulnera  Umt  aqua/  wiewol  Flach  jahrb.  1879 
8.  792  meint  auch  seine  elegien  als  nachahmungen  des  Euphorien 
nachweisen  zu  kennen.  Ovidius  feiert  ihn  trisi.  IV 10, 51 ,  den  CatuUne 
und  Calvus  gar  nicht  zählend,  als  bannerträger  der  römischen  elegie 
und  fügt,  nachdem  er  neben  ihm  Tibulius  und  Propertius  genannt 
bat,  nicht  ohne  selbstgefQhl  hinzu:  quarius  ab  his  Serie  iemporis 
tpse  fui,  wiederholt  preist  er  ihn  mit  hochachtender  wärme :  a.  a, 
in  9,  64.  am,  1  15,  29.  trist.  II  445,  wenn  ihn  auch  Quintilian  X 
1,  93  durior  nennt,  mit  Asinius  Pollio  stand  er  in  so  vertrautem 
verkehr,  dasz  derselbe  in  seinen  briefen  an  Cicero  X  31.  32  ihn 
nicht  nur  familiaris  nennt ,  sondern  ihm  auch  über  seine  amtlichen 
beziehungen  ausführliche  mitteilungen  machte  und  mancherlei  an- 
aleres noch  anschlosz.  auch  zu  Cicero  stand  er  in  freundlichster 
beziehung:  s.  epist.  X  31,  6,  wo  Pollio  sagt:  invideo  Uli  tomew,  quod 
ambulat  et  iocaiur  tecum,  sein  Verhältnis  zu  Verg.  deutet  Probus  an 
za  ed.  1 :  sed  insinuaius  (  Vergüius)  Augusto  per  Comdimi^  ChMum^ 
condisdptdum  suum^  prameruU  ut  agros  suos  reeiperet.  das  glänzende 
vertrauen,  das  Augustus  ihm  schenkte,  indem  er  ihn  zum  ersten 
präfecten  ?on  Aegjpten  machte,  ist  bekannt,  wann  sein  Verhältnis 
zu  Lycoris  begann,  wissen  wir  nicht;  dasz  aber  seine  dichtungen 
an  sie  älter  waren  als  seine  Übertragung  von  Euphorions  Hesiodoi, 

<  Servios  zn  ecl.  10,  46  Euboea  imtmla  ««/,  in  mim  esi  CMakis  cMtms^ 
de  qua  fuit  Euphorion^  quem  tranMtuHl  OqHus,  *  leider  ist  mir  von 
Volkers  beiden  abbandlungen  (Bonn  1840  und  Elberfeld  1844)  keine 
zogäog^lich  g^ewcsen. 

Jahrbftcher  fftr  elr.t«.  phitoL  IKSO  hfl,  9.  41 


626  WHEolster:  des  VergiliuB  cehnte  edoge. 

geht  aus  ecl,  6,  72  hervor  und  wird  durch  unsere  ed.  v.  50  ibo  c( 
CJwLlcidico  quae  sttni  mihi  condita  versu  bestätigt,  das  offenbar  auf 
seine  jüngste  arbeit  hinweist.  Völker  ao.  I  s.  27  hat  bestritten  daix 
Ljcoris  mit  des  M.  Antonius  concubine  kOnne  identisch  gewesen 
sein,  und  Flach  jahrb.  1879  s.  793  tritt  ihm  bei  und  weist  auf  iwei 
bis  dahin  übersehene  nachrichten  über  Cytheris  hin :  Anrelius  Victor 
V.  ilL  82  (Brutus)  Cythcridem  mimam  cutn  Antonio  et  OaUopoeta  atnavü, 
schol.  cod.  Med.  bei  Zangemeister  und  Wattenbach  Ezempla  cod.  lat 
n.  10  [ly]corin  volumniam  citerin  loquitur,  quam  triumviri  [oo]rmdmi 
gallus  et  marcus  antonius  amaverunty  quam  [pe]r  potentiam  cmUmiim 
secum  duxit  in  gallias  ad  exercitum  proficiscens.  er  zieht  hinsuSerriu 
zu  ecl.  10  hie  Gallus  amavit  Cfftheridcm  meretricem^  Ubertafn  Völummät 
quae  eo  spreto  Antonium  euniem  ad  GaUias  est  secuta,  dankbar  wild 
gewis  jeder  die  neuen  beitrage  zur  lebensgeschichte  des  Gallni 
empfangen ;  aber  wird  Flach  wol  zürnen,  wenn  sich  jemand  vemuiit 
zu  meinen,  das  aus  denselben  zu  ziehende  resultat  hätte  anders  aus- 
fallen müssen?  möge  er  gestatten  seine  ansieht  einer  neuen  imbe- 
fangenen besprechung  zu  unterwerfen;  es  ist  mir  ja  eben  sowie  am 
nur  um  die  Wahrheit  zu  thun,  und  wenn  auch  auf  verschiedenen  wegeo 
werden  wir  am  schlusz  uns  beide  vereinigen  in  der  ansieht,  das 
diese  ecloge  den  von  Asconius  Pedianus  gezogenen  schranken  der  wäi 
einzureihen  sei.  er  verneint  die  identität  der  mädchen,  betont  si 
dasz  der  Ljcoris  gewalt  angethan  worden  sei,  und  behauptet  dass  dis 
gewaltthat  in  das  j.  43  vor  Chr.,  den  anfang  des  mutinensiadsi 
krieges,  zu  setzen  sei.  ich  bin  in  dem  ersten  und  letzten  puncto  eat- 
gegengesetzter  meinung.  Cytheris  und  Ljcoris  sind  identische  pir- 
sonen,  und  die  entfUhrung,  wenn  eine  solche  stattfand,  geacbahn 
einer  zeit  wo  sie  noch  nicht  Ljcoris  hiesz,  49  vor  Chr.,  und  sie 
nicht  dem  Gallus  entführt:  den  verliesz  sie  freiwillig,  diese 
führung'ist  überall  ein  ganz  neues  moment  und  immerbin  ein  nieU 
zu  verschmähendes,  dasz  Ljcoris  entführt  worden  sei ,  sagt  dff 
scholiast  mit  so  bestimmten  worten,  dasz  man  diesem  gedanken  nr 
aus  zwingenden  gründen  würde  entsagen  dürfen,  die  frage  wivi 
also  nur  sein :  wann  entführte  sie  Antonius?  oder  genauer  gesprochMt 
föUt  diese  entfUhrung  in  die  zeit  wo  er  notorisch  in  jenes  scandaUiS 
Verhältnis  zu  Cjtheris  trat?  oder  später  wo  niemand  von 
solchen  Verhältnis  weisz,  als  er  zum  letztenmal  mit  heeresmacht 
boden  Galliens  betrat?  denn  Antonius  ist  mehr  als  einmal  mit 
beer  oder  zu  einem  beer  nach  Gallien  gezogen,  in  GaUku  ad 
citum  profectus  est,  52  vor  Ch.  als  qnästor  (Drumann  OB.  I  a.  75) 
und  nicht  minder  49  als  volkstribun,  als  er  zu  Caesar  ins  lager  eiHSi 
in  diese  zeit  föllt  die  Schilderung  des  Cicero  PhiL  II  24,  68 
iur  in  esscdo  tribunus  pl.:  lictores  laureaii  antecedebani ^  tnler 
aperta  lectica  mima  portahatur^  quam  ex  oppidis  municipales 
honesti  obviam  necessario  prodeuntes  non  noto  iüo  et  mmUeo 
scd  Volumniam  consalutabant.  sequebatur  raeda  cum  lemomkOt 
comites  nequissimi;  reiecta  mater  amicam  impuri  filü  tamguam 


1 


WHEolster:  daf  VergiliiM  uHuxU  adog«.  627 

aequebatur^  und  damit  der  name  der  mima  nicht  fehle,  nennt  sie 
Cicero  in  einem  gleichzeitigen  brieft  an  Atticoa  X  10,  5:  kie  tarnen 
Cythcrida  secum  leäica  aperta  parMj  aUeram  uxarem:.  so  aneh 
Plutarch  Ant.  12.  Cic.  Phü.  U  §  61f.  das  TerhSltnis  dauerte  bis  sa 
seiner  Verheiratung  mit  Falyia  46  vor  Gh.;  da  entsagte  er  ihm; 
Phü.  II  §  77  at  vidäe  levUatem  hamims.  cum  hora  diei  deeima  fere  ad 
Saxa  rubra  venissdy  ddituü  in  quadam  caupamda  aique  t&t  se  coonA-^ 
ians  perpotavU  ad  vesperam;  inde  dsio  eeleriter  ad  urbem  adveetus 
domum  venu  capUe  obvdluto.  ianU&r:  quii  tu?  a  Mareo  tabdianm. 
confesthn  ad  eam,  cuius  causa  venerat^  {JPUknam)  eigne  episMam 
tradidit.  quam  cum  Ulalegeretflens — erai  enim  scripta  amaiarie;  eapni 
autem  lüterarum,  sibi  cum  illa  mimapostkae  nihil  futurum^ 
amnem  se  amorem  abiecisse  tiUm  atque  t»  hane  tranefiuüese  — .*  cum 
mulier  fleret  uberiuSy  hämo  nneericofs  ferre  non  potuU:  eapui  qpemU^ 
in  coUum  invasü.  hat  er  trotz  dieser  liebesschwttre  Cytheris  doch  znm 
zweitenmal,  oder  eine  zweite  entfahrt?  was  sagt  Cicero  daia  in  sei- 
nen späteren  Philippicae,  in  denen  er  jeglichen  schritt  des  Antonina 
grimmig  verfolgt  und  zur  spräche  bringt?  ist  es  nicht  ein  beredtes 
schweigen,  mit  dem  er  uns  entgegentritt?  freilich,  wenn  sie  damala 
schon  als  Lycoris  von  Gallas  besungen  war,  so  mnsz  die  entffthnmg 
sp&ter  fallen:  denn  damals  im  j.  49  war  Qallns  erst  16  jähr  alt  nnd 
mttste  als  12-  oder  14jfthriger  jenes  liebeererhftltnis  mit  Lyooria 
durchlebt  und  in  solcher  Jugend  die  lieder  gesungen  haben,  die  ihn 
unsterblich  gemacht  haben,  wenn  Lycoris  ihm  von  Antonius  ent- 
führt ward ,  80  kann  es  nicht  in  jener  frühen  zeit  geschehen  sein, 
aber  wer  sagt  denn  dasz  sie  ihm  entführt  ward?  Vergilius?  der 
Zeitgenosse  jener  liebe?  nein,  dieser  sagt,  sie  sei  mit  einem  andern 
entlaufen ,  alium  secuta  est^  und  er  leg^  das  einem  gott  auf  die  lippen« 
das  ist  doch  mehr  als  bedenklich.  Verg.  wollte  das  Terhftltnis  be- 
handeln; hat  er  es  so  arg  verdreht?  er  wüste  dasz  der  freund  an 
der  dime  noch  immer  mit  einer  solchen  Zärtlichkeit  hieng,  dasz  man 
ihm  mit  vorwürfen  gegen  dieselbe  nicht  kommen  durfte,  wenn  man 
ihn  nicht  tief  kränken  und  erzürnen  wollte;  er  hatte  also  alle  gründe 
das  vergehen  der  Lycoris  zu  verringern,  die  schuld  auf  die  gewalt- 
that  zu  schieben,  aber  er  bleibt  dabei :  sie  ist  mit  einem  andern  davon 
gelaufen,  wer  bezeugt  denn  diese  entführung?  —  der  scholiast.  —  wes- 
sen? —  der  person  mit  den  drei  namen.  —  wann?  —  er  sagt  ad  extfr- 
citum  proficiscens,  ist  das  52  ?  oder  49  ?  oder  43  ?  aber  nur  43  konnte 
er  sie  dem  Gallus  entführen,  weil  Oallns  sonst  zu  jung  war.  wer 
sagt  denn  dasz  er  sie  dem  Oallns  entführte?  es  kOnnte  scheinen 
Servius:  hie  Gaüus  amavü  Chftheridem^  libertam  Völumniiy  qnae  eo 
spreto  Antonium  eutUem  ad  Oattias  cd  secuta;  aber  ist  der  misachtete 
der  liebhaber  oder  vielmehr  ihr  patron  aus  dessen  hause  sie  floh? 
Aber  Cytheris  ist  ja  nicht  Lycoris.  Servius  sagt  es  doch,  und 
Aurelius  Victor  sagt  dasselbe;  und  was  sagt  der  scholiast?  Ifcorin 
volumniam  cUerin  loquitur:  mit  Lycoris  meinte  er  die  Volumnia 
Cytheris;  kann  er  noch  deutlicher  die  identitit  der  drei  namen  be- 

41* 


628  WHKol&ter:  des  Vergilius  zehnte  ecloge. 

zeugen?  mit  recht  fragen  wir:  woher  der  dreifache  name,  der  dock 
bei  römischen  frauen  nicht  gebräuchlich  ist?  wir  sind  nicht  ohas 
nachricht  darüber,  die  zwiefache  benennung  derselben  peraon  itt 
dorch  Cicero  PhU,  II  §  58  festgestellt  und  das  verhUtnis  der  beiden 
namen  angedeutet,  dasz  Cjtheris  ihr  eigentlicher,  ihr  mimenname 
war,  dasz  man  ihr  aber  mit  dem  namen  Yolumnia,  gleich  als  wlre  sie 
aus  römischer  familie  gewesen,  etwas  angenehmes  sagte.  Halnii 
annähme,  dasz  dieser  name  ihr  als  der  geliebten  des  Volumnins 
Eutrapelus  gegeben  sei ,  widerspricht  der  sitoation  in  der  zweitea 
Philippica:  die  von  Antonius,  als  wäre  sie  seine  rechtmässige  ge* 
mahlin,  in  der  sanfte  umhergeführte  konnte  nicht  von  den  dem  Amt 
tonius  aufwartenden  an  ein  früheres  Verhältnis  erinnert,  viel  wau- 
ger  noch  als  mit  einem  ehrennamen  so  begrüszt  werden.  dentsdN 
sitte  läszt  die  frau  des  mannes  namen  annehmen;  die  BOmerin  behirift 
den  ihrigen,  allein  annehmbar  ist  des  Servius  angäbe,  dasx  sie  dit 
freigelassene  eines  Yolumnius,  vielleicht  eben  jenes  Euirapelas  (Cie: 
epist,  IX  26)  gewesen  sei:  dann  wäre  sie  als  dessen  tochter  oder 
nichte  begrüszt,  und  dem  widerspricht  auch  nicht,  dasz  nach  ji 
briefe  Eutrapelus  sie  mit  an  die  tafel  zog.  was  aber  den 
Ljcoris  anbelangt,  so  wissen  wir  aus  Martialis,  Propertins, 
dasz  Gallus  sie  unter  diesem  namen  besungen  hatte :  es  mnss  abo 
ihr  poetischer  name  gewesen  sein,  als  solchen  finden  wir  denaenNt 
wieder  beiUoratius  carm,  I  33, 5,  wo  gewis  nicht  von  unserer  LTOorii 
die  rede  ist  der  name  ist  wol  bedeutungsvoll :  das  mftdchen  mit 
wolfbblick,  das  jeden  sofort  in  seine  schranken  weist,  wie  so 
andere  bei  Horatius :  Gly cera,  Lalage,  Pjrra.  die  sitte  der  Bömer  ia 
gedichten  den  wahren  namen  zu  verbergen  ist  ja  bekannt:  Ov.  IriML 
IV  10,  60  nomine  tion  vero  dida  Corinna  mihi,  im  leben  hat  tmI- 
leicht  weder  Delia  nochCynthia  diesen  namen  vernommen,  ausser  etwa 
im  einsamen  liebesgetändel ,  und  wir  wissen  dasz  Hör.  unter 
Thaliarchus  den  Proculejus,  unter  Licymnia  die  Terentia  batg. 

Aber  nicht  allein  der  scholiast  des  Mediceus  tritt  für  die  ii 
tität  des  mädchens  ein,  das  die  drei  namen  führte;  alle  drei  gewiko- 
männer  sind  darin  einig,  und  irre  ich  mich  in  der  meinung,  dass  m 
alle  drei  es  gerade  als  eine  merkwürdigkeit  hervorheben  wollen,  diV 
ein  und  dasselbe  mädchen  der  reihe  nach  drei  namhafte  anbeter  ge- 
funden habe,  dasz  sie  also  dieselbe  als  ein  beispiel  lang  andanendv 
Jugendlichkeit  aufführen?  Aurelius  Victor  nennt  die  liebhaber  ilh 
drei,  und  der  scholiast,  der  ihm  so  nahe  steht,  dasx  man  fast 
gemeinschaftUche  quelle  annehmen  möchte,  scheint  das  glmche 
zu  wollen  mit  seinem  triumviri  amarunt^  was  doch  wol  kanm 
anderes  sein  soll  als  ein  pathetischer  ausdruck  für  tres  vtri.  ia 
und  demselben  coUegium  waren  Antonius  und  Oallus  gewis  nie  ge- 
wesen, commibsionen  von  drei  männem  aber  waren  in  Bom  so  Irihifigi 
dasz  selbst  ein  grammatiker  zwei  männer,  von  denen  der 
mal  triumvir  agris  dividundis^  der  andere  tr.rei  pMieae 
gewesen  war,  unmöglich  als  triumvim  zusammenfiusen  konatsL 


WHEoliter:  des  Vergiliw  lehnte  edoge.  629 

wird  wol  beim  echoliasten  ein  nune  ausgefallen  emn,  sei  ee  BmtaSi 
sei  es  Yolamnins,  dem  sie  Antonius  entführt  habe,   eine  so  lange 
Jugendblüte  ist  immerbin  denkwürdig,  aber  nicht  unerhört  und  nn- 
glanblicb:  —  hoffte  doch  dieselbe  Cleopatra,  die  47  yor  Ch.  Julius 
Caesar  gefesselt  und  von  41—30  Antonius  fortwährend  in  ihren 
banden  gehalten  hatte,  noch  im  j.  30  den  OctaTianus  in  den  gleichen 
schlingen  zu  fangen,   sollen  wir  zurückgreifen  auf  die  mjthen ,  ao 
tritt  uns  sofort  lokaste  entgegen;  und  am  hofe  Heinrichs  11  von 
Frankreich  erschosz  sich  der  söhn  der  Diana  von  Poitiers ,  als  ihm 
die  dame  auf  seine  liebeserkl&rung  eröffiiete  dass  sie  seine  mutter  sei. 
Aber  auch  wenn  wir  genötigt  wKren  Cytheris  und  Lycoris  eu 
trennen,  würden  wir  jedenfalls  eine  entführung  durch  Antonius  um 
43  vor  Ch.  verwerfen  müssen:  denn  es  trftte  die  Überlieferung  der 
Zeitgenossen  dem  wort  der  grammatiker  entgegen,  sunftchst  sind  die 
Worte  Verg.  ed.  10,  22  Lycari$  perque  nives  dlium  perque  harrida 
easira  secuta  est  mit  einer  gewaltsamen  entftlhrung  doch  durchaus 
nicht  zu  vereinigen :  sie  werfen  die  schuld  ganz  auf  das  mftdchen  und 
steigern  sie  durch  erinnorung  an  die  verhSltnisse ,  unter  denen  die 
entweichung  stattgefunden  hat.  auf  das  gleiche  führt  mich  eine  Ver- 
mutung, die  ich  hier  doch  aussprechen  will,  ohne  sie  für  mehr  zu 
geben  als  sie  ist.   es  ist  mir  von  jeher  —  und  gewis  auch  manchem 
andern  —  der  trost  der  PasiphaO  in  der  sechsten  ecloge  anstOssig 
gewesen,  der  in  auffallendster  weise  und  völlig  unmotiviert  den  Zu- 
sammenhang unterbricht,  so  dasz  man  nicht  umhin  kann  zu  glauben, 
dasz  der  dichter  etwas  besonderes  damit  beabsichtigt  habe,  ist  es  mir 
aber  gelungen  den  beweis  zu  führen,  dasz  die  ecloge  in  der  dichter- 
krönung  des  Gallus  auf  dem  Helikon  gipfelt,  so  liegt  es  nahe  in 
jener  episode  eine  bezichung  auf  ihn  zu  suchen,  und  da  scheint  mir 
eine  anspielung  auf  den  herben  schlag,  den  er  durch  die  treulosigkeit 
seiner  geliebton  erlitten  hatte,  schon  in  betracht  zu  kommen.   Pasi- 
pha^'s  name  brandmarkt  die  handlung  der  Lycoris  als  eine  verirrung 
gegen  die  natur;  um  so  schöner  und  dem  herzen  des  dichtere  ehre 
machend  ist  es,  dasz  er  sie  reuig  darstellt,  dann  könnten  wir  glauben 
in  jener  dicbtung,  wenn  sie  auch  zunftchst  an  Varus  gerichtet  ist, 
einen  versuch  des  freundes  vor  uns  zu  haben ,  den  Gallus  durch  ein 
ehrenvolles  urteil  über  seine  neueste  dicbtung  zu  erfreuen  und  auf> 
zurichten,  hätte  damals  (denn  das  j.  49  scheint  mir  das  richtige)  eine 
entfübrung  stattgefunden,  so  hätte  es  für  Verg.  nahe  gelegen  Europa 
statt  Pa&ipha(f  zu  wählen,   man  kann  den  obigen  gedanken  ganz  ab- 
lehnen, man  kann  für  die  erklärung  jener  stelle  in  dem  unbekannten 
griechischen  original,  dem  Verg.  ohne  zweifei  folgte,  einen  anhält 
suchen :  man  wird  dann,  meine  ich ,  mit  der  Verwerfung  meiner  Ver- 
mutung, dasz  dort  eine  beziehung  der  Pasiphaö  auf  Lycoris  vorliege, 
ein  mittel  aufgeben  über  jene  stelle  ein  nicht  unwillkommenes  licht  zu 
verbreiten ;  aber  stehen  bleiben  wird  immer,  dasz  das  LffwriB  cMum 
secuta  est  mit  einer  entfübrung  nicht  vereinbar  scheint,  am  wenigsten 
so  wie  es  als  beleg  für  das  zürnende  insams  steht. 


630  WHKolster:  des  VergiliuB  zehnte  ecloge. 

Aber  eben  so  unglaublich  ist  zweitens  eine  entfUmmg  der 
Lycoris  im  j.  43  durch  Antonius  unter  den  äugen  der  FnlTia  nsd 
ohne  Zerwürfnis  mit  ihr,  gegen  das  die  weise  spricht,  wie  sie  im  j.4l 
i'CLr  ihn  eintrat  und  im  verein  mit  seinem  bruder  durch  jede  intrigoe 
beine  sache  zu  führen  suchte,  wir  schweigen  davon,  dasz  es  seina 
ausdrücklichen  worten  widerspricht:  sihi cum  üla mimaposlhac iiiM 
futurum^  Ofnnetti  sc  amorem  in  hanc  transfudisse;  aber  gewis  wv 
auch  der  moment,  wo  er  zu  einem  bedenklichen  kriege  aasiog,  ftr 
die  entführung  eines  mädchens  so  ungeeignet  wie  möglich«  mttste  dii 
Sache  nicht  auf  das  allerbest! mmteste  bezeugt  sein,  damit  man  ikr 
glauben  schenken  könnte  ?  dasz  Antonius  die  Cjtheris  entführt  bat, 
glauben  wir  leicht,  aber  diese  entführung  leitete  seinen  verkehr  nüt 
ihr  (49 — 46)  ein,  nicht  aber  eine  durch  nichts  bezeugte  wiederuit 
nähme  desselben,  fand  sie  dennoch  statt  und  der  ent^hrer  war  ea 
Antonius,  so  war  es  nicht  der  triumvir. 

Aber  es  kommt  noch  ein  dritter  grund  hinzu :  wenn  Antonios 
wirklich  die  Lycoris  entführt  hat,  so  hat  er  sie  nicht  dem  Qallos  ent- 
führt, wir  wissen  aus  Pollios  brief  ad  fam.  X  31  daszGallas  im  j.  4S, 
als  Antonius  nach  Mutina  zog,  friedlich  in  Born  weilte,  mit  Cicero 
plauderte,  scherzte,  spazierte,  während  er  uns  ed,  10,  44  selbst  bt- 
zeugt  dasz  ihn  um  die  zeit  der  flucht  der  Lycoris  militftrische  pfliditei 
banden:  nunc  ipisanus  Amor  duri  me  Martis  in  armis  deiineL  ii 
Hom  lag  aber  kein  militär.  wann  Gallus  unter  die  waffen  trat,  Uttt 
sich  wol  nicht  genauer  bestimmen  (schwerlich  wird  ihm,  dem  manae 
von  niederer  herkunft,  im  j.  41  [713]  eine  stelle  in  der  commisrioa 
zur  Verteilung  der  äcker  an  Veteranen  Übertragen  sein,  ohne  dan  er 
damals  eine  militärische  Charge  bekleidet  hätte),  was  er  damals  flr 
seinen  landsmann  und,  wie  Probus  zu  ecl.  1  sagt\  mitaehfller  Vsr- 
gilius  that,  zeigt  dasz  er  sich  an  Octavian  angeschlossen  hatte,  er 
ward  besonders  verwendet  um  von  denjenigen  städten  OberitalicnSi 
die  der  expropriation  zum  behuf  der  gründung  von  veteraaencokh 
nien  glücklich  entgangen  waren,  beisteuern  zur  entschädigung  dff 
von  haus  und  hof  getriebenen  einzusammeln.  *  über  seine  TerhlU- 
nisse  im  allgemeinen  können  wir  auf  Voss,  Becker,  Bemhar^fi 
Teuffei  und  Völker  verweisen,  er  war  geboren  in  Forum  lolii  (Ciä* 
dale)  im  j.  G9(685),  also  ein  jähr  jünger  als  Verg.,  von  geringer  herfcoatki 
und  widmete  sich  ohne  zweifei  früh  der  poesie,  durch  die  er  sich  nsl- 
leicht  dem  Asinius  PoUio  empfahl,  der  ihn,  wie  wir  gesehen,  wmm 
fatniliaris  nennt,  einmal  eingetreten  in  das  militär  scheint  er  in  dtf 
zeit  der  triumvim  diese  bahn  nicht  wieder  verlassen  zn  haben-  ia 
dem  kämpfe  Octavians  mit  S.  Pompejus  sehen  wir  ihn  mit  oiw 
commando  betraut,  'deutlich  erkennt  man'  sagt  Vosa  ecl.  a.  4M 
(in  dem  auf  der  Eutiner  bibliothek  bewahrten  ezemplar  ist  der  ab* 


^  sfifi  inninuatut  Augusto  per  Corneh'um  Gatlum,  condiMäpuhim 

vieruit  ut  agros  nuos  renperet.       *  Hervius  zu  ecL  6,  44  OaüitM,  mti 
srripsil,   qui  et  a  iriumvirU  praepositun  fuit  ad  exigendas  pecummf  dk  ft 
municipiM,  quonnn  agri  in   Transpadana  regione  non  ämid^bimimr* 


WHKolater:  det  Yogüint  mtHmU  eoklg«.  681 

satz  von  Voss'  band  etwas  geftndert)  'das  j.  717,  in  detaen  Mhling 
Gallus  dem  Caesar  die  kttsten  Italiens  gegen  den  meerbehersoher 
S.  Pompejus  verteidigen  half,  und  der  eonsol  Agrippa,  der  im  sommer 
716  (vgl.  Voss  ecl.  s.  522)  ein  beer  über  die  Alpen  gegen  die  Oallier 
und  Germanen  bis  jenseit  des  Rhenus  gefllhrt  hatte,  zur  hersteUnng 
der  geschlagenen  flotte  und  anlegung  des  julischen  hafens  bei  B^ae 
nach  Italien  zurückeilte/  damit  setst  er  allerdings  die  edogo  ein 
jähr  später,  als  mir  richtig  scheint  Butropius  VII  6  soheint  den 
sieg  des  Agrippa  über  die  Aquitaner  ein  jähr  früher  lu  setian,  715, 
unmittelbar  nach  dem  vergleich  lu  Misenum,  wo  er  fortfthrt:  eo 
tempore  M.  Agrippa  in  Aquitama  rem  prespere  geesU^  worauf  er  ihn 
dann  sich  sofort  gegen  die  Ubier  wenden  lAsst  mit  seinem  heer 
wird  Ljcoris  die  Alpen  überstiegen  und  der  krieg  das  folgende  jähr 
80  ziemlich  ausgefällt  haben,  so  dass  Agrippa  erst  nach  Italien  surttok* 
berufen  ward,  als  er  bereits  consul  war:  denn  hier  erfüllte  716  be- 
reit«  der  krieg  mit  Pompejus  das  sioilisohe  meer  und  die  küsten  von 
Italien  mit  angst  und  not  und  verwüstete  insbesondere  Campanien 
um  den  Voltumus.  unmittelbar  nach  dem  frieden  zu  Misenum  haben 
vdr  die  sechste  ecloge  mit  ihren  friedlichen  aspecten  gesetzt  und  doch 
in  ihr  bereits  eine  hindeutung  auf  die  flucht  der  Ljrooris  gesucht. 
gewis  ist  derselben  die  zehnte  auf  dem  fusze  gefolgt;  dafür  scheint 
mir  alles  zu  sprechen:  dasz  Gallus  jahrelang  sich  in  liebesknnuner 
verzehrt  hätte,  widerspricht  der  geschilderten  intensitftt  desselben. 

Schaper  freilich  sieht  in  dieser  ecloge  ein  klagelied  auf  Gallus 
tod.  eine  seltsame  totenklage,  in  der  der  beklagte  sich  vomimt 
V.  50  ff.  iho  et  Chalcidico  versu  moäuidborj  lustrabOy  venahar  und 
zuletzt:  cedamus  Amori^  und  hofft:  crescetis  amares.  auch  eine  dar- 
stellung  von  Gallus  letzten  tagen  ist  es  nicht :  ein  nachruf  ?  seltsame 
art  die,  anstatt  die  grösze,  herlichkeit,  liebenswürdigkeit  des  heim- 
gegangenen  zu  besingen,  nur  seine  schwäche,  leidenschaftlichkeit 
und  haltungslosigkeit  aufzudecken  weisz,  wie  er  von  einem  gegensatz 
zum  andern  hin  und  her  schwankt  das  wäre  eine  impietftt,  die 
man  Verg.  gar  nicht  zutrauen  darf,  ganz  abgesehen  davon  dasz  er 
um  sie  zu  Üben  an  Sachen  erinnern  würde ,  die  sich  vor  zehn  jähren 
ereignet  hatten,  und  das  nicht  etwa  um  der  bosheit  die  maske  abzu- 
ziehen ,  sondern  um  dem  andenken  des  freundes  einen  makel  anzu- 
hängen,  man  kann  Schaper  schon  zugeben,  dasz  die  von  ihm  aufge- 
wiesenen  metrischen  eigen tümlichkeiton  der  drei  eclogen  eine  lOsung 
heischen ;  aber  seine  lösung  wird  man  entschieden  zurückweisen,  man 
wird  mit  Ribbeck  ganz  andere  beweise  fordern  müssen. 

Die  zeit  der  abfassung  des  gedicktes  ist  auch  in  anderer  be- 
Ziehung  wichtig.  Verg.  beginnt  es  mit  den  werten  extremum  hunc^ 
Areihusa,  mUti  conccde  lahorem;  es  bildet  also  diese  ecloge  in  Verg. 
dichterlebon  einen  abschnitt,  schlieszt  die  reihe  seiner  bukolischen 
dichtungen  (Syracosio  ludere  versu  6,  1)  ab.  es  ist  das  bis  dahin 
allgemein  angenommen  (Bibbeck  prol.  s.  14),  und  ich  möchte  mir 
gern  mit  der  hoffnung  schmeicheln ,  dasz  Flach  im  hinbliok  auf  die 


632  WHEolster:  des  Vergilius  zehnte  ecloge. 

oben  angeführten  gründe ,  welche  eine  Verlegung  in  das  j.  43  nidit 
gestatten,  seinen  einsprach  (jahrb.  1879  8.  791  ff.)  aafgeben  werde* 

Wir  aber  können  vondesGallus  äuszern  lebenssobicksalen  omia 
mehr  abstrahieren ,  je  mehr  es  sich  bei  der  interpretation  anaerer 
ecloge  lediglich  um  innere  Vorgänge  handelt,  die  markerschflttemde 
liebe  des  Gallus  (soUicitos  GaUi  dicamus  amores  v.  6),  sie  liegt  vor 
und  entfaltet  sich  vor  uns,  in  welchem  jähre  er  sie  auch  mag 
empfunden  haben ,  eine  liebe  die  sein  ganzes  wesen  aus  den  fngcs 
reiszt,  so  dasz  er  seine  dichtungen  zerschlagen  und  amsingen  mOchte 
{quae  Chälcidico  versu  dida  sunt) ,  die  glänzenden  Schilderungen  der 
natur  (nemoris  Grynaei  origo  G,  72)  in  weiche  wehmütige  klagen  nia- 
gestalten  {pastoris  Siculi  modidahor  avefia  10,  51),  entweder  in  wil* 
den  Jagden  seine  kraft  ausstürmen  {curis  venaibor  apros  10,  56),  die 
menschen  fliehen  und  im  wald  zwischen  den  holen  des  wildes  {mtar 
spelaea  ferarum  52)  das  raubthier  hetzen  {canibus  eircumdare  salhti 
57),  den  pfeil  schnellen  {Cydonia  spicvda  torguere  59),  oder  in  träger 
unthätigkeit  hinbrüten  und  die  herde  vor  sich  hertreiben  (v^rsemnu 
Ovis  68).  es  ist  eine  hoffnungslose  liebe ,  an  der  er  hinsiecht  (oiMre 
perihat  10),  eine  unwürdige  liebe  (indigno  amore  ebd.),  nnwOrdig 
nach  beiden  Seiten,  sowol  weil  sie  ihn  seiner  manneswflrde  vergessn 
macht,  als  weil  sie  einer  dirne  zugewandt  ist,  die  mit  einem  anden 
davon  laufen  mochte,  und  das  nicht  unter  verlockenden,  sonden 
unter  abschreckenden  umständen  {tua  cura  Lycoris  perque  mmci 
aliumperque  horrida  castra  secuta  est  22) ;  es  ist  eine  wahnsinnige  liebs 
(GaUe,  quid  insanis  22),  und  doch  kann  er  nicht  von  ihr  lassen;  « 
ist  tütlich  verletzt  von  der  buhlerin,  und  doch  kann  er  wedar 
Schmähung  auf  sie  noch  fluch  vertragen;  eine  dichtung  die  ihm  ge- 
fallen soll  musz  so  gefaszt  sein,  dasz  sie  dieselbe  lesen  mOchte.  ud 
unter  solchen  umständen  hat  er  von  Verg.  ein  tröstendes  gedieht  er- 
beten: wie  wird  der  dichter  seine  aufgäbe  lösen?  abzulehnen  istaia 
nicht:  negct  quis  cannina  Gallo?  vor  allen  Vergilius,  dem  tzmntei 
freunde,  ist  es  pflicht:  diccnda  sunt  nicht  *ich  soll  singen',  sonden 
'ich  musz  singen',  aber  es  ist  eine  schwere  aufgäbe.  Gallus  ist.sa 
leidend  (amore  perit)^  als  dasz  man  nackt  und  unverholen  s^M 
dürfte  was  man  denkt ;  es  ist  eine  schändliche  liebe,  und  doch  darf 
man  den  Unwillen  den  man  fühlt  nicht  aussprechen,  sein  sustMd 
verbietet  das  nächstliegende  zu  sagen;  man  musz  sprechen,  als  cb 
Ljcoris  zugegen  wäre  ohne  sich  verteidigen  zu  können;  es  ist  eias 
wahnsinnige  liebe ,  die  den  freund  aufreibt ,  darum  darf  man  niekl 
schweigen,  um  so  weniger  als  Gallus  selbst  auf  das  verkehrtests  sa 
werke  geht  und  den  schmerz  reizt  statt  ihn  zu  beschwichtigen  und 
sich  leise  aus  den  verhängnisvollen  banden  zu  lösen  {pmor  mm  taBi 
curat  28). 

Es  wird  nicht  zu  leugnen  sein ,  dasz  Verg.  sich  seiner  aufgäbe 
meisterhaft  entledigt  hat.  in  den  weichen,  wehmfltigen  weisen  daa 
hirtenliedes  hatte  Gallus  beklagt  zu  werden  gewüns^t  {famnem  emh 
tabitis,  Arcadcs)^  hatte  gesagt  dasz  so  wie  alle  federn  seines  geiitea 


WHKolBter:  det  Vergflivt  sahnte  edogt.  688 

gebrochen  seien,  alle  frendigkeit  dahin  sei,  dieser  ton  in  saknnft  den 
grundton  seiner  dichtung  werde  bilden  mflssen  {earmma  paslans 
Sictili  modulabar  avena  51).  im  gegensatz  dazn  beginnt  Veig.  da- 
mit, in  den  ersten  Zeilen  der  bukolischen  Mose  den  abschied  za  geben; 
noch  6inmal,  zum  letztenmal,  soll  ihm  Arethnsa den  hippogzyphen 
satteln,  einmal  noch  soll  das  sicilisch-arkadische  waldlied  erUtaien: 
denn  so  möchte  ich  mit  Voss  die  anrafang  derselben  anfEsssen ;  Tiel- 
leicht  liegt  auch  eine  anspielmig  aof  Moschos  3, 77  vor.  Oallns  wird 
die  hirtenpoesie  die  arkadische  genannt  haben:  so  ist  es  fttr  Verg.,  der 
sich  anXheokritos  angelehnt  hatte,  doppelt  taotyoll,  dass  er  die  Are- 
thusa  anruft,  die  Vermittlerin,  die  den  Alpbeios  fliehend  die  verbin* 
düng  von  Arkadien  und  Sicilien  erO&et  hatte,  er  wendet  sich  von 
der  dichtung  ab,  die  Qallus  sn  der  seinen  machen  will,  durch  sein 
beispiel  ihn  mahnend,  dasz  da  kein  heil  fttr  ihn  za  finden  sei,  dasz  er 
das  auf  andere  weise  suchen  mttsse. 

Und  nun  tritt  er  an  sein  thema  heran«  er  l&sst  slmächst  in  der 
allgemeinen  teilnähme  von  nator,  menschen  und  gOttem  v.  9 — 80 
ein  helles  licht  auf  des  Oallus  tiefes  leiden  und  grosse  persönliche 
liebenswQrdigkeit  fallen,  wobei  er  gewandt,  was  ihm  an  herben  vor- 
würfen nicht  erspart  werden  konnte,  den  göttem  Apollo  und  Pan  in 
den  mund  legt,  insanis  and  Amor  non  tdUa  curaii  aber  er  verschweigt 
sein  urteil  nicht,  indem  er  diesen  amar  selbst  inäigmu  nennt,  nadi 
solcher  einleitung  führt  er  den  freund  selbst  redend  ein,  geknickti 
gebrochen ,  nur  noch  an  die  nftnie  der  hirtenpoesie ,  die  an  seinem 
grabe  tönen  werde,  denkend,  mt^t  quam  moüUer  ossa  Quiesoant.  zu 
dieser  und  dem  einfachen  leben  der  hirten  möchte  er  zurückkehren ; 
man  hört  leicht  die  klage  heraus :  verderbt  habe  sie  beide ,  ihn  wie 
Lycoris ,  der  wünsch  auf  den  höhen  des  lebens  zu  wandeln,  jetzt 
läszt  der  dichter  in  der  zweiten  strophe  den  blick  auf  die  zuknnft 
hinübergleiten,  aber  was  soll  sie  ihm  bieten?  es  ist  ja  in  ihm  alles 
zusammengebrochen ,  sein  lied  in  alter  weise  zu  singen  unmöglich, 
das  leben  im  kreise  der  alten  gefährten  unerträglich,  es  ist  eben 
alles  zerschellt  und  zerschlagen,  es  bleibt  ihm  nichts  übrig  als,  was 
ihm  an  leiblichen  kräften  noch  geblieben  ist  (50),  in  der  einsamkeit, 
im  tosen  der  jagd  aufzureiben  und  zu  verschleudern,  oder  sein  leben 
nach  hirten  weise  zu  verträumen,  und  beinahe  will  es  ihm  im  fieber- 
haften träume  scheinen ,  als  könnte  er  so  noch  ein  vergessen  seines 
M^hmerzes  finden  (58—61);  aber  ganz  hat  ihn  die  nüchterne  vor« 
ständige  Überlegung  doch  nicht  verlassen;  ohne  persönlich  hervor- 
zutreten legt  ihm  der  dichter  selbst  die  Überzeugung  auf  die  znnge, 
dasz  in  solchen  extravaganzen  kein  heil  zu  finden  sei,  und  liest  ihn 
schlieszen  mit  einem  demütigen  beugen  unter  die  allgewaltige 
macht:  omnia  vincU  Amor:  et  no$  cedaimusAmari,  nun  erst  ergreift 
Verg.  im  ernste  das  wort  zu  einem  kurzen  schlnsz,  in  dem  er  ihn  ver- 
sichert, dasz  er  ihn  doppelt  lieb  haben  wolle,  im  die  freundschaft 
ihm  so  viel  ersatz  als  möglich  bieten  solle. 

Auf  die  Übersicht  des  stofifes  wird  die  anordnong  desselben 


634  WHKolBter:  des  Vergilius  zehnte  ecloge. 

folgen  müssen,  und  da  haben  wir  abermals  Ribbeck  beizatreten,  d«r 
die  strophische  gliederung  richtig  erkannt  hat  (jahrb.  1857  8.  69ff.) 
und  nur  im  einzelnen  zu  durchfahrend  gewesen  ist.     er  teilt  das 
ganze  in  zweimal  drei  gruppen  von  ungleicher  Iftnge,  von  denen  die 
8  einleitenden  yerse   den  8  auslautenden   am   ende    entspreche!. 
das  zweite  gruppenpaar  macht  freilich  Schwierigkeit,  denn  die  Ter»- 
zahl  ist  ungleich,  22  und  19  verse;  doch  weist  Bibbeck  den  panlle- 
lismus  schlagend  nach,  indem  er  darauf  aufmerksam  macht,  dasz  ii 
beiden  der  dreizehnte  vers,  und  zwar  er  allein,  den  namen  der  Lyoorii 
bringt,  und  ebenso  der  neunte  vers  die  gleiche  wendung  einer  bei- 
läufigen beweisführung  für  den  achten:  et  formasus  (nns  ad  flttmkm 
pavit  Adonis  =  et  nigrae  viölae  sunt  et  vacdnia  nigra;  aber  mit 
seinem  weitem  verfahren  die  vollständige  entsprechung  hemutelkB 
kann  ich  mich  nicht  befreunden,  er  streicht  in  der  Strophe  einen  Tcn 
und  nimt  in  der  antistrophe  den  ausfall  zweier  an.   ein  zeichen  dtf 
unechtheit  hat  er  an  dem  gestrichenen  verse  nicht  nachgewiesen, 
aber  beide  lücken  sind  handgreiflich;  wer  aber  zwei  verse  auslasssi 
konnte,  übersah  auch  leicht  den  dritten,  und  die  spuren  dieser  Ifieb 
werden  einer  sorgfältigen  beobachtung  nicht  entgehen  und  solki 
unten  zur  spräche  gebracht  werden.  Bibb^k  teilt  dann  die  einielni 
teile  in  kleinere  kola,  meist  sehr  glücklich,  aber  nicht  ohne  ein« 
misgrifT:  er  nimt  an,  es  könne  ein  solches  kolon  und  ebenso  auch 
eine  strophe  einmal  nicht  am  Schlüsse  des  hexameters  enden,  8<»idffi 
mit  einem  wort  in  den  nächsten  vers  übergreifen  (v.  33  Armitt, 
V.  60  spiciila).    aber  GHermann,  der  entdecker  der  strophiscbea 
gliederung  der  bukolischen  dichtungen  (opusc.  VUI  329  ff.) ,  wsHi 
nichts  von  einem  solchen  übergreifen,  sondern  basiert  seine  sni- 
deckung  gerade  auf  das  regelmäszige  erscheinen  eines  abschlnases  du 
gedankens  am  ende  von  so  und  so  vielen  versen,  so  dass  JEtibback 
mit  jener  annähme  des  Strophenschlusses  an  einer  andern  stelle  a^ 
trünnig  wird  von  dem  princip  der  entd eckung  selber,    das  ist  ja 
gerade  das  bedeutsame  des  Strophenschlusses,  dass  der  abscUus 
von  vers  und  gedanken  zusammenföllt.  daraus  erwächst  dem  sbh 
setzen  des  neuen  gedankens  ein  nachdruck,  der  ihn  hoch  Über  dk 
nachfolgenden  erhebt,   die  annähme  eines  Übergreifens  hat  Bibbesk 
hier  übersehen  lassen,  dasz  zwischen  der  zweiten  strophe  nnd  sali- 
Strophe  eine  mesodus  (58 — 61)  steht,  die  keine  teilung  in  der  niitti 
zuläszt.   nach  Kibbeck  soll  spictda  übergreifen  in  den  nftchsten  nn; 
aber  die  mesodus  bildet  einen  gedanken  für  sich ,  eine  toaende  jsgd 
auf  Arkadiens  höhen. 

Aus  dieser  erkenntnis  einer  rationellen  gliederung  er  wichst  ahsr 
der  interpretation  ein  doppelter  gewinn:  teils  gewisheit  Aber  die 
richtigkeit  ihrer  einteilung,  teils  leichtigkeit  der  Übersicht,  die  tsilib 
welche  Ribbeck  durch  aÄB  bezeichnet,  sind  in  Wahrheit:  aTOrweit 

—  str.  A  die  teilnähme  der  freunde —  antistr.  A'  die  klage  des  Gallns 

—  Str.  B  die  entschlüsse  des  Gallus  —  mesodus  h  aosmalong  der 
Zukunft  —  antistr.  ff  einsieht  und  ergebung  —  antistr.  a'  sohli 


WHKolster:  daf  Vergiliot  salute  edoge.  686 

bei  Ribbeck: 

a  A  A'  B  B'  a' 

323|2273223|2273223|235|    2   35    |d28 

in  Wirklichkeit: 

a  ^A  ^A'  B        b       B'  » 

323  I  4353223  |  4353223|23d|4|28d|  888 
Der  dichter  beginnt  sein  lied  mit  einer  anmfbng  der  Arethnta, 
der  Vermittlerin  zwischen  Arkadien,  wo  der  hirtengesang  luerst  ge- 
blüht, und  Sicilien,  wo  ihn  des  Yergilins  mnster  ^eobdtos  in  Mf- 
nahme  gebracht  hatte,  bittend,  sie  möge  seiner  dichtong  nodi  ein- 
mal den  ganzen  zauber  der  hirtenpoesie  leiben,  es  ist  der  ton  der 
herzlichen  teilnähme  an  wohl  und  wehe  des  nachbars,  den  er  an« 
schlagen  will,  wie  sie  der  geechftftslosigkeit  des  hirten  eigen  ist, 
dessen  anfmerksamkeit  in  seinem  steten  verkehr  mit  der  natnr  nnr 
auf  augenblicke  von  der  bot  seiner  tbiere  in  anspmch  genommen 
wird,  und  der  darum  f&r  alles  was  ihn  umgibt,  das  ergehen  der 
anderen  hirten,  ihre  freude  und  ihren  schmers,  sich  ein  offenes  hen 
bewahrt,  im  gegensatz  zu  dem  sinne  den  die  vielgeschiftigkeit  beim 
ackersmann  und  vollends  beim  stftdter  erweckt,  anf  den  in  jedem 
augenblick  pflichten  über  pflichten  einstürmen  und  seinen  blick  anf 
ihn  selbst  hinlenken,  er  beschwört  Arethusa  sich  ihm  noch  diesmal, 
dies  letztemal,  nicht  zu  entziehen,  ihm  noch  Einmal,  nachdem  er 
eigentlich  schon  von  ihr  geschieden  ist  —  denn  er  arbeitete  bereits 
an  seineu  georgica  —  noch  Einmal  ein  zugestindnis  zu  machen: 
extremum  mihi  concede  lahoremy  natürlich  tuum^  wie  Servius  richtig 
deutet:  rem  tibi  laboriosam:  denn  dem  dichter  selbst,  fügt  er  hinzu, 
sei  dichten  ein  spiel,  sie  soll  ihn  zum  letztenmal  leiten:  es  gelte  dem 
freunde  einige  worte  zu  sagen  (pauca)  in  dessen  erschütterndem 
liebeskummer  {sollicitos  dicamus  amares  v.  6) ,  dem  freunde  der  sich 
ein  wort  der  teilnähme  in  seinem  gram  über  die  untreue  der  Lycoris 
erbeten  habe  {neget  quis  carmina  Q-aüo?)j  der  Lycoris  die  er  selbst 
nach  solcher  kränkung  noch  liebt,  so  dasz  ihm  jedes  wort  gegen  sie 
weh  thut.  80  musz  ein  solches  vermieden  werden,  sie  musz  es  selbst 
lesen  können  (quae  legat  ipsa  Lycari»\  und  das  8eä  davor  scheint  an- 
zudeuten, dasz  Gallus  auch  das  selbst  erbeten  hat  um  so  viel  not- 
wendiger ist  ihm  die  leitung  der  Arethusa ;  es  ist  ihm  die  zarteste 
auf  merksam  keit  auf  jedes  wort  nOtig,  dasz  kein  tropfen  von  bitter- 
keit  seine  dichtung  trübe;  sorgf^tig  wie  die  jungfrftuliche,  unge- 
stüme liebes  Werbungen  fliehende  quellnymphe  in  ihrem  lauf  unter 
dem  meeresboden  sich  rein  halte  von  jedem  tropfen  meerwatsers  (ßk 
tibi  Doris  amara  suam  non  intermisceai  undam)*  es  gilt  eile;  der 
kummer  möchte  den  Gallus  aufreiben,  darum  ditagt  er  indpe.  das 
ist  nicht  ein  anklang  an  das  tfictpe  MaenäÜM,  und  ist  es  doch 
wieder :  denn  es  weist  auf  den  intercalarvers  des  Theokritos  hin,  ans 
dessen  erstem  idyll  "Verg.  im  begriff  ist  seinen  Daphnisgesang  zu  ent- 
lehnen,  hier  aber  drängt  das  wort  wesentlich  nnr  vorwärts;  der  ge- 


636  WHKolbter:  des  Vergilius  zehnte  ecloge. 

sang  soll  sofort  beginnen,  es  soll  keinerlei  einwand  gelten,  nicht  not- 
wendiger gescbäfte ,  nicht  drohenden  nachteils  —  znOgen  die  riegoi 
in  gottes  namen  die  zarten  triebe  abweiden  —  aach  nicht  des  Tei^ 
geblichen  mühens  v.  7 ;  das  bemühen  ist  nicht  nutzlos;  das  lied  er* 
schallt  nicht  tauben  obren ,  der  wald  horcht ,  das  echo  bezeugt  et. 
sehr  passend  hat  Voss  daran  erinnert ,  dasz  auch  uns  die  wendnng 
^der  wald  horcht,  antwortet'  geläufig  sei.  wie  aber  hat  er  übersetici 
können  ^antworten  wird  alles  der  bergwald'  ?  die  werte  sind  ja  der 
beleg  zu  dem  nan  canimus  surdis  und  erheischen  das  pr&sens:  'hfiie 
nur,  wie  überall  der  wald  antwortet.' 

So  ist  die  einleitung  beendet;  es  beginnt  der  erste  teil^(r. 
9—30)  des  eigentlichen  liedes  und  entfaltet  die  allgemeine  teihuduBe 
am  leid  des  von  allen  geliebten  als  grundzug  der  ländlichen  dichtuf 
und  der  band  in  band  mit  der  natur  lebenden  hirten.  das  seheiBt 
auch  die  Überschrift  im  Palatinus  und  Medicens  anzudeuten:  eOM- 
qucstio  de  agris  'klage  vom  gefilde'.  klarer  freilich  wftre  c(m^ue$ti$ 
agrorum  oder  ex  agris  gewesen,  seiner  dichtung  zu  gründe  gelegt 
hat  Verg.  die  darstellung  der  um  das  Sterbelager  des  Daphnis  Te^ 
sammelten  aus  Theokritos  erstem  idjll,  von  dessen  y.64 — 83  er  eine 
Übersetzung  geliefert  hat,  die  längste  die  wir  bei  ihm  finden,  freiliA 
nicht  mit  philologischer  Peinlichkeit,  aber  ohne  Unterbrechung,  ohm 
Umstellung,  nur  mit  beseitigung  des  intercalarverses  und  ftudenny 
der  einem  römischen  publicum  wenig  verständlichen  oder  für  senMi 
zweck  ungeeigneten  namen. 

Der  dichter  beginnt  mit  einem  Vorwurf  gegen  die  weldw  ia 
der  trüben  stunde  des  leidens  gefehlt  haben :  er  nennt  sie  mit  Tteo- 
krit  nymphen,  bezeugt  aber  durch  die  frage,  ob  sie  am  Pamaai  ge- 
weilt hätten ,  dasz  er  die  Musen  meint,  den  Pindns  daneben  hat  er 
aus  Theokritos  beibehalten  (1,  67),  aber  Anapos,  Peneios,  Akis  sind 
beseitigt;  für  sie  ist  Aganippe  am  Helikon  eingetreten,  statt  der 
KaXä  TC^nea  sind  nemara  an  die  spitze  gekommen  und  haben  sieh 
ein  ziemlich  überflüssiges  sältus  beigesellt,  indem  aber  Vetg.  den 
nymphen  des  Akis  und  Anapos,  den  natürlichen  beschataeriniien  dee 
Daphnis,  die  Musen  substituiert,  bringt  er  einen  ganz  andern 
in  die  stelle ;  nun  hat  die  poesie  bei  Oallus  es  an  sich  fehlen 
nicht  die  eigne  des  Gallus — das  wäre  ein  Vorwurf  statt  einer  trflalaag 
—  sondern  die  von  freunden  in  der  nähe  des  Oallus,  die  das  bteMT 
gekonnt  hätten,  die  vierverseO — 12,  die  davon  sprechen,  teilt Bibbeek 
in  zwei  kola,  und  das  wäre  wol  möglich,  da  sie  sich  als  frage  nai 
antwort  gegenüberstehen,  wenn  auch  die  entsprechenden 
der  antistrophe  31 — 34  einer  solchen  teilnng  ifüng  wftren;  da 
dort  zwischen  per'üi  und  Ärcades  keine  trennung  ist,  also  v.  3S 
fctrophenschlusz  stattfinden  kann,  so  ist  auch  hier  gegen  Bibbeek  ein 
vierzeiliges  kolon  anzunehmen,  den  quell-  und  bergnympben  des 
sicilischen  Sängers  die  nymphen  der  dichtung  zu  substitaienn  heft 
Verg.  seine  guten  gründe  gehabt,  dem  hirten  Daphnis  ntmdea  die 
quellgottheiten  der  umgegend  nahe,  dem  Römer  Oallus  aidit; 


j 


WHKolifer:  daf  YttgÜHW  sdute  edoge.  687 

des  dicbters  mochten  sich  die  Musen  wol  annehmen  (oder  ist  es  gar 
eine  beziehung  auf  einen  vorwnrf  des  Oallns,  dass  Verg.  Um  nicht 
getrOstet  habe?).  Theokrit  konnte  fragen:  wart  ihr  etwa  in  Orie^ 
chenland,  statt  in  Sicilien  zxk  sein?  Verg.  mnss  die  frage  anders 
fassen:  fesselten  euch  etwa  lieblingsstfttten  nnd  hielten  eneh  anf 
{maram  fecere)?  waren  euch  hinderlich  an  seinem  schmenenalager 
KU  sein  ?  mit  unrecht  tadelt  Wagner  Lachmanns  (zu  Prop.  III 9, 36)  wat- 
fassungyon  mara  fflr  commoraKa.  —  nn^gnoeim^CUOMBaimareparibai. 
dem  lateinischen  ist  freilich  dieser  gebrauch  des  imperf.  ind.  neben 
ctim  ^wahrend  dasz'  nicht  so  gelftu^,  dass  man  nicht  in  demselben 
eine  ein  Wirkung  des  griechischen  originale  ahnen  sollte,  nnd  doch 
auch  nicht  &o  fremd,  dasz  der  dichter  ihn  sich  nioht  hfttte  erlauben 
dürfen.  dascMm  der  zeit  best  immung  hat  allerdings  steta  den  conj* 
imp.  bei  sich,  aber  mit  dem  CMfii  der  seitdauer  ist  es  ein  änderet: 
8.  OTAKrüger  lat  gramm.  §  623  b  o  s.  848).  das  Theokritisohe 
ir&K^TO  ist  aber  durch  peribat  gar  passend  ausgedruckt.  Verg.  nennt 
den  amar  indiffnus;  Theokrit  hat  nichts  entsprechendes:  das  doppel- 
deutige des  wertes  bt  Senrius  nicht  entgangen,  er  sagt:  vd  mert' 
tricio  vd  magno,  freilich  wol  war  er  beides,  als  liebe  su  einer  un- 
würdigen und  als  seiner  nicht  würdige,  weil  flbergross,  flberw&l* 
tigend  und  darum  abscheulich.  endOUch  findet  sich  noch  Atmie 
Aganippe  dem  ''Axiboc  lepöv  fibuip  substituiert  da  fragt  es  sieh 
denn  freilich:  'Aovif]  oder  Aoniae?  überrascht  uns  aber  sehen  bei 
Herodot  und  Tbukydides  ein  genitiv  des  Undemamens  neben  stadt- 
und  flusznamen^,  so  im  lateinischen  noch  viel  mehr;  gleichwol  hat 
sich  Ribbeck  für  Aoniae  entschieden.  Serrius  für  das  gegenteil: 
Acnia  Aganippe^  sagt  er,  sunt  nominativi  singulares.  Aganippe 
{Aonia  ist  Schreibfehler)  avUem  est  fons  Boeatiae^  quae  et  Aonia  di- 
ciiur.  Aonia  auiem  brevis  fit  iti,  quia  sequitvr  voccdis  vocaUem.  [Cdüi- 
machus  Aganippen  fontem  esse  dicU  Permessi  fluminis.]  in  Aonia 
wird  das  ni  kurz  als  vocalis  ante  Yocalem;  er  hat  also  'Aovcir)  gedacht. 
Voss  faszt  die  werte  9 — 12  als  Yorwurf  für  Oallus,  dasz  er  die 
poesie  nicht  in  seinem  liebesschmerz  zur  hilfe  herangezogen  habe; 
ich  bin  anderer  meinung,  wie  sehr  auch  der  Vorwurf  dadurch  ge- 
mildert wäre,  dasz  die  werte  selbst,  in  denen  er  gemacht  wird,  Über- 
tragung eines  fremden  gedankens  sind,  nun  aber  sammeln  beide 
dichter  die  ganze  weit  um  das  schmerzenslager  des  leidenden,  aber 
sie  zerlegen  sich  die  weit  verschieden:  Theokrit  in  Wild,  herden, 
hirten,  gottheiten;  Verg.  greift  auf  die  thierwelt,  neben  ihr  auf  die 
pflanzen  weit,  ja  auf  den  stein,  auf  dem  die  pflanzen  atehen,  zurück 
und  bteigt  von  ihnen  zu  herden,  hirten  und  schirmenden  gOttem  auf. 
mit  gutem  gründe  konnte  Theokrit  wol  um  das  Sterbebett  des  from* 
men  Sängers  der  flur  schakal,  wolf  und  lOwe  versammeln:  denen 
stand  Gallus  fem ;  aber  an  dem  lager  des  leidenden  llszt  der  stolze 


»  Herod   I  45  'Aßac  Tdc  0uiK^uiv,  Thak.  Tf\c  *ApKa6(ac  Ic  TTappo- 
ciouc,  Tf^c  MToAiac  AÖKpot,  Xen.  rf.c  XcpcoWicou  Iv  'CXaioOvti. 


638  WHKohter:  des  Vergilius  zehnte  ecloge. 

lorbeer  wie  die  demütige  tamariske  den  köpf  hftngen ,  ja  aelbtt  die 
felsen  Arkadiens,  Maenalus  und  Ljcaeus ,  und  die  dem  Pan  heilige 
fichte  fühlen  mitleid  mit  dem  sänger.  nun  n&hem  sich  beide  dichter, 
aber  nur  um  sich  sofort  wieder  zu  trennen :  Daphnie  iet  rindohiit; 
die  rinder  repräsentieren  also  die  anhänglichkeit  der  herden,  nnd  ikr 
brüllen  hat  dort  einen  guten  sinn ;  um  Gallus  trauernde  rinder  wim 
lächerlich :  da  ist  das  schaf  in  seiner  harmlosigkeit  und  unachnld  cä 
viel  besserer  repräsentant  für  die  teilnähme  der  gesamten  thierwait 
freilich  anhänglichkeit  zu  beweisen  liegt  nicht  eben  in  der  natar  d« 
Schafes :  in  seiner  furcht  bleibt  es  dem  menschen  lieber  fem  {moM 
paenitet  eas\  und  mit  recht:  denn  was  nehmen  wir  ihm  nichl? 
milch ,  wolle ,   feil  und  selbst  das  leben,    aber  solchem  gram  vait 
fügen  wir  hinzu,  solcher  liebens Würdigkeit  gegenüber  hat  seihet  du 
schaf  seine  ängstlichkeit  und   Zurückhaltung  aufgegeben,    diek 
mögen  sie  leiden  (denn  das  ist  die  bedeutung  von  nanpaetiM 
etis),   freilich  alles,  womit  der  dichter  sie  ihre  anhänglichkeit  m- 
drücken  läszt,  ist,  dasz  sie  stehen  bleiben  {steint  circum)  und  nickt 
flüchten,  aber  du,  göttlicher  dichter,  wie  du  die  natnr  verstdiili 
wirst  auch  ihre  teilnähme  verstehen  und  ihnen  nicht  dummheit  tik> 
werfen  und  sie  von  dir  weisen  (nee  te  paeniieai  pecaris^  divine  jvoeto^ 
es  ist  ein  allerliebstes  spiel  mit  dem  worte  paenitet^  durch  das  dir 
dichter  die  beiden  verse  verkettet  hat.    was  paenäet  heisat,  kkrt 
deutlicher  als  irgend  eine  stelle  der  Zusammenhang:  gewis  rickÜf 
faszt  es  Voss  als  poena ,  dolore  afficU ;  so  befaszt  es  alle  die  flbijf 
impersonalia,  mit  denen  es  die  grammatische  regel  zusammen 
in  sich:  pigety  pudety  taedety  miseret,  paenitet  me  deckt  sich  mit 
deutschen  ausdruck  ^nicht  leiden  mOgen'  durch  die  ganze  stafanlste 
dieses  ausdrucks,  von  dem  ^verdrieszen,  ärgern,  nicht  sufrieden  saa 
mit  etwas '  an  bis  zu  dem  ^  ich  mag  es  an  mir  selbst  nicht  leidfla't 
dh.  bis  zur  schäm  und  reue  über  die  eigne  handlang,    auf  dies« 
tiefsten  moralischen  schmerz  beziehen  wir  es  gewöhnlich,  aber  M 
umfaszt  viel  mehr,   wir  sehen  aus  Gellius  XVII  1,  dass  schon  n 
Ciceros  zeiten  puristen  den  versuch  machten  das  wort  auf  den  kr 
griff  der  reue  zu  beschränken,  was  er  jedoch ,  den  aussprach  Cicens 
pro  Caelio  3,  6  vertretend  (id  numquam  tarn  acerhe  feret  JC 
ut  euM  paeniteat  non  defonnem  esse  natum)  nicht  billigt,  sondi 
nur  sagt:  afUiquiores  verbo  ipso  älio  quoque  modo  usUaii  smtf , 
einer  andern  ableitung  von  paene  und  paemiria  gedenkt,  die  er 
weder  vertritt  noch  verwirft,  oder  einen  versuch  macht  aus  Uir  dil 
bedeutung  des  wertes  abzuleiten,    wir  sind  also  auf  den  s] 
brauch  hingewiesen.   Plautus  SticJt»  51  et  me  quidem  kaee 
nunc  non  paeniteiy  ist  mir  gar  nicht  weiter  anangenehm.  Cie.  d$  JMn 
6  num  igitur  si  ad  centesimum  annum  vixissety  sened^is  SMoe  tM» 
paeniieret?  würde  er  darüber  unzufrieden  sein?  somm.  Sc^  3  f| 
terra  ita  mihi  parva  visa  esty  ut  me  imperii  nostriy  quo  quasi 
aitigimuSy  paeniieret ,  dasz  ich  unser  reich ,  das  nicht  grosser  ah 
punct  war,  gar  nicht  ansehen  mochte,  ad  Ati.  XI 13  ad  m 


WHKoliter:  det  Yeigfliiis  lehiifte  edog».  689 

quod  animum  iuum  offenderü^  seä  ae  hure  feäsae^  es  Urne  ihm  leid^ 
aber  — .  Statins  süv.U  3,  23  paenUuU  vidisse  deam,  die  gOttin  hitte 
es  lieber  nicht  gesehen,  es  bezeichnet  endlieh  das  womit  wir  nach 
qnantität  oder  qualität  nicht  zufrieden  sind :  PL  Urin.  321  isprolms  es^ 
quem  paenUet  quam  prohua  sU  et  frugi  banae^  wer  sich  an  seiner 
rechtschaffenheit  nicht  genügen  Iftszt«  der  ist  der  wahrhaft  recht- 
schaffene mann.  Cic  acad.  IV  22  cur  se  nan  transMU  ad  Haieoe? 
quid  cum  Mnesarchi  paemUibai?  quid  Dardamf  qm  eramt  Jükeme 
tum  principes  staicorum,  Liv.  VIII  23  mmime  se  virium  paenUere 
suarum.  Caesar  h.  cU  82,  12  an  pamUet  vo$^  quod  aahmm  aitque 
incokimem  exercUum  nuOa  amnino  noee  deeideraia  traduxeHm? 
und  so  hier. 

Wir  stehen  hier  bei  dem  versef  den  Bibbeck  als  flberfiOssig  oder 
unwürdig  fortgewiesen  hat;  aber  wenn  er  entbehrlich  ist,  sind  es 
Y.  19  und  20  weniger?  er  ist  aber  nicht  sowol  entbehrlich  als  yiel- 
mehr  für  das  Schema  Bibbeoks  iSsüg:  durch  seine  ausstoszung 
schwindet  in  etwas  die  Ungleichheit  von  atrophe  und  antistrophe  zu- 
sammen; das  kann  aber  doch  keinen  grund  filr  die  ausstoszung  ab- 
geben, oder  wenigstens,  wenn  dieselbe  sonst  sicher  feststeht ,  nur 
einen  sehr  schwachen,  ich  will  aber  nicht  verhelen  was  ich  meine, 
wenn  ich  mich  auch  teusche :  mir  scheint  der  Ters  durch  den  zu* 
sammenhang  so  entschieden  gefordert  zu  werden,  dass  ein  so  feiner 
kritiker  wie  Ribbeck  ihn  würde  Termissen  müssen,  wenn  er  nicht 
erhalten  wäre,  ich  wenigstens  sehe  weder,  wie  man  einen  Übergang 
zwischen  den  gedanken  aves  non  paenUet  iui  und  Adamdem  non 
paenituU  ovium  «>  ovis  ad  flumina  pavü  Adams  hfttte  entbehren 
mögen ,  noch  wie  sich  derselbe  leichter  und  besser  hfttte  gestalten 
können  als  nee  te  paeniteat  pecoris. 

Wir  wollen  hier  noch  eins  zur  spräche  bringen,  was  wenigstens 
auffällig  ist:  die  grösze  des  siebenzeiligen  kolon  zwischen  lauter 
kleinen  von  2,  3,  4  yersen.  sehen  wir  es  aber  näher  an,  so  besteht 
es  aus  zwei  kleineren,  einem  drei-  (13 — 15)  und  einem  fünfzeiligen 
(16—20).  dem  letztern  aber  entsprechen  in  der  antistrophe  die  eng 
verbundenen  fünf  verae  37—41.  es  wird  nicht  schaden  das  schon 
hier  zu  constatieren. 

Auf  die  thiere  folgen  v.  19  die  hirten.  Theokrit  1,80  führt  drei 
gattungen  derselben  auf:  Tol  ßuiTai,  Tol  TTOifi^vec,  i&iroXoi.  Verg. 
stellt  ihnen  ebenfalls  drei  entgegen :  uptUo^  eubulei  (denn  in  dieser 
lesart  sind  die  hss.  und  Servius  einig),  MenaUcas.  da  fragt  sich 
natürlich:  wer  ist  Menalcas?  ein  sauhirt,  antwortet  Voss  s.  609. 
warum  sind  aber  die  sauhirten  zweimal  vertreten?  die  eichelmast, 
mit  der  er  beschäftigt  gewesen  ist,  empfiehlt  Columella  ebensowol  als 
Winterfütterung  für  rinder  VI  3, 4.  XI 2,  83  (vgl.  Cato  rer.  tuet.  62). 
wenn  wir  also  Menalcas  für  einen  rinderhirten  nehmen,  so  haben 
wir  auch  bei  Verg.  drei  gattungen  hirten.  aber  nun  kommt  eine 
zweite  frage :  ist  dieser  Menalcas  identisch  mit  dem  ecL  9, 10  vestrum 
senasse  Metuücan^  dh.  Vergilius   der  rinderhirt  selbst?    dasz  er 


640  WHKohter:  des  VergiliuB  zehnte  edoge. 

gegenwärtig  gewesen ,  verrätb  er  v.  26,  indem  er  sagt,  er  habe  Pu 
in  Yollem  omat  eintreten  sehen ;  wir  haben  ihn  aber  weder  in  dem 
upüio  noch  unter  den  sithulci  zu  suchen,  warum  aber  ist  er  wnim 
de  glande  hiherna?  Columella  lehrt  uns  dasz  die  eichein ,  um  sie  m 
fütterung  zu  gebrauchen^  eingeweicht  werden  mästen ;  andere  habei 
morgenthau  und  frühlingsregen  darum  bemüht.  Verg.  stellt  lick 
also  als  mitten  aus  seiner  ländlichen  arbeit  herbeieilend  dar  nad 
deutet  damit  auf  den  eifer  hin ,  mit  dem  er  sich  nach  ed.  6  dieNr 
häuslichen  tbätigkeit  ergeben,  und  rückt  so  diese  beiden  edoga 
nahe  an  einander,  richtig  erinnert  Voss  s.  510,  dasi  das  kibema  ii 
glande  die  scene  in  die  zeit  reifer  eichein,  also  in  den  winter  yerl^ 

Bei  Theokrit  kommen  die  letzten  tröstenden  in  zwei  gmppei: 
zuerst  Hermes  der  hirtengott  mit  seinen  hirten ,  dann  Priapos  mit 
thörichten  scherzen,  auch  Verg.  hat  zwei  kategorien :  menschen  vai 
götter,  Apollo  mit  Silvanus  und  Pan  in  seinem  gefbige.  er  spiiekt 
es  er&^t  aus,  worum  es  sich  handelt:  Grolle^  quid  in$ani8?  tua  eara 
Lycoris  perque  nive3  alium  perque  horrida  castra  secuta  OL 
die  hirten  fragen  nur  unde  amar  isfe  tibi?  SiWanas  Tollends  iit 
blofiz  figurant.  von  scherzen  und  Unwahrheiten  ist  nicht  die  redt; 
während  Pan  dem  leidenden  nachher  das  nutzlose  und  verkehiti 
seines  gebahrens  zu  gemüte  ftihrt,  erinnert  Apollo  ihn,  dass  sa- 
hänglichkeit  an  solch  eine  ungetreue  ein  preisgeben  seiner  eigaoi 
würde,  eine  insania  sei.  so  ist  Verg.  dem  Theokrit  bis  dahin  sdhritt 
f(lr  schritt  gefolgt,  aber  mit  eben  so  viel  besonnenheit  wie  treus. 

Von  hier  an  beginnt  er  seine* fahrt  unter  eigner  flagge:  dam 
von  Silvanus  und  Pan  weisz  Theokrit  nichts,  sie  sind,  wie  gesigti 
das  gefolge  des  Apollo,  der  sich  dadurch  als  vö)Liioc  ausweist  (Pkdkr 
gr.  myth.  I  168  ff.),  da  Verg.  nur  den  Pan  gesehen  za  haben  be- 
zeugt, so  müssen  wir  wol  annehmen  dasz  Apollo,  nachdem  er 
Unwillen  über  das  unmännliche  benehmen  des  Oallus  zu  erfc 
gegeben,  sich  entfernt  habe,  vielleicht  mit  ihm  Silvanus  mit 
hohen  kröne  von  nickenden  ferulae  (pfriemkraut)  und  schwertliliaii 
der  als  walddämon  und  gegenständ  gespenstischen  gransena  eine  sm 
krankenbett  wenig  geeignete  figur  war;  auch  der  aufpnts  scheint mk 
dafür  wenig  geeignet,  freilich  auch  Pan  erscheint  in  vollem  ond^ 
geschminkt  mit  mennig  und  beeren  des  sambucns  ebolns  —  wanimf 
—  ist  es  eine  anspielung  auf  etwas  was  Gallus  in  seiner 
Grynei  origo  {ech  6,  72)  ausgesprochen?  oder  ist  es  nur  das 
an  dem  Verg.  ihn  erkennt?  —  aber  er  spricht  ein  wort,  wie 
allen  am  platze  ist:  er  mahnt  Oallus  seinem  schmerze  ein  Tenfli^ 
tiges  ziel  zu  setzen:  ecquis  erit  modus?  'kommt  denn  gar  kein 
und  ziel?'  und  erinnert  ihn,  Amor  wolle  solche  masslosigkeit 
(Amor  non  tcHia  curat),  wir  brauchen  nicht  zu  fragen  qmolmf  dii 
Worte  sind  hinweisend  auf  den  zustand,  den  Verg.  freilieh  aar  duck 
sein  pcribat  amore  angedeutet  hat,  vielleicht  in  erinnerong  am  Thso- 
krits  Worte  1 ,  80  dvu€  iTiKpöv  f puira  xai  ic  rä^oc  dvuc  fioipoc, 
was  schon  hätte  gesagt  werden  mögen ;  aber  wol  angrimebt  tX 


WHKoliter:  das  Tefgütu  zefanio  edogtt.  ;M1 

Pans  erinneruDg,  der  mensch  mflsse  snnen  thrSnea  ein  siel  seUen» 
sonst  flössen  sie  endlos;  da  sei  die  liebe  nnersfttüicli  wie  das  gras 
für  feuchtigkeitf  die  bienen  für  cytisusi  siegen  fttr  frische  triebe,  sa 
den  meisterwerken,  will  mir  scheinen,  gehOren  diese  verse  24—80 
mit  ihren  beschreib ungen,  wie  Silvanos  nnd  Pan  decoriert  gewesen, 
nicht  gerade.   Bibbeck  teilt  sie  in  drei  kola  yon  2,  2,  3  yersen. 

Dasz  die  mit  v.  31  beginnende  antistrophe  Jl^  die  antwort  des 
Gallus,  der  kern  der  dichtung  sei,  begreift  sich  schon  ans  dem  per- 
sönlichen hervortreten  der  haup^erson.  er  gesteht  stillschweigend, 
^mknüpfend  an  Pans  wort  €oqyM  erU  moduaf  das  könne  er  nicht; 
aber  trost  gewähre  ihm  doch  ihre  teilnähme  nnd  das  bewustsein  Ver- 
ständnis und  Würdigung  seines  schmenes  in  finden:  tarnen  caniahiHs 
Juiec,  das  tarnen  setzt  des  Oallus  gedanken  in  Verhältnis  zu  den  ihm 
zuletzt  ausgesprochenen  werten  eo^uiB  erii  modus?  er  antwortet 
stillschweigend :  nuüua  erü  modus,  dem  tode,  meint  er,  sei  er  ver- 
fallen, aber  auch  im  tode  finde  er  beruhigung  in  dem  gedanken,  dass 
deine  liebe  in  ihren  liedem  fortleben  werde:  mihi  quam moUiier  assa 
quiescant^  vestra  meos  olim  si  fisMa  dkat  amoresf  ihr  lied,  der  arki^ 
tische  hirtengesang  mit  seinen  melancholischen  weisen,  sei  doch  die 
wahre  poesie  {soli  cantareperUi  Arcades)^  sei  der  rechte  standpunct 
für  die  Beurteilung  des  menschen  nnd  des  menscheawertes.  dau 
ArcadeSy  wesentlich  hinweisend  auf  BCenalcas  (freilich  wollen  auch 
Maenalus,  Lycaeus  und  Pan  nicht  tibersehen  sein),  die  bukolische 
dichtung  rühme ,  ist  wol  jedem  einleuchtend«  vorürefflich  hat  Voss 
den  coDjuDctiv  quiescant  übersetzt:  *o  wie  sollte  mein  staub  sanft 
ruhen  im  grabe.' 

Das  ist  der  inhalt  des  ersten  vierzeiligen  kolon  der  antistrophe 
(31 — 34),  das  glücklicherweise  unverletzt  ist  und  uns  zeigt,  welchen 
gang  die  gedanken  des  dichters  nehmen,  und  er  folgt  ihnen  weiter : 
denn  es  ist  einleuchtend,  dasz  von  diesem  preis  der  poesie  der  hirten  nur 
noch  ein  schritt  itst  zu  dem  wünsche  selbst  ihrem  kreise  anzugehören, 
leuten  die  menschenwert  und  menschenschicksal  so  richtig  würdigen, 
mit  diesem  wünsch  aber  beginnt  das  zweite,  sieben-  oder  achtzeilige 
kolon.  es  ibt  das  gröste  von  allen ,  den  übrigen  wenigstens  um  das 
doppelte  an  umfang  überlegen,  es  ist  schon  bei  der  Strophe  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dasz  es  bei  licht  besehen  aus  zwei  kola,  dort 
von  3  und  5  versen,  besteht,  darunter  der  von  Bibbeck  ausgestoszene 
V.  17;  hier  ebenfalls  aus  zwei,  von  2  und  5  seilen,  in  der  strophe 
sind  die  5  zeilen  nur  äuszerlich  aneinander  gehängt,  hier  in  der  anti- 
strophe aber  eng  verschränkt,  sieht  man  auf  den  sinn,  so  enthält  in 
der  Strophe  das  erste  kolon  (3  z.)  die  Versicherung,  dasz  selbst  die 
pflanzen  auf  den  bergen  teilnehmend  um  Gallus  leid  die  köpfe  hängen 
lassen,  das  zweite  fQnfzeilige,  wie  sich  thier,  mensch  und  gottheiten 
des  feldes  um  des  Oallus  schmerzenslager  drängen:  also  beide  haben 
eine  Selbständigkeit,  in  der  antistrophe  enthält  das  erste  kolon  (2  z.) 
des  Gallus  wünsch:  ich  wollte,  ich  wäre  einer  der  euren  gewesen; 
aber  da  fehlt  gerade  der  gedanke  auf  den  es  ankommt:  'wie  glücklich 

J»hrb-icber  fär  cIms.  philol.  1880  hft.  9.  42 


642  WHEolster:  des  Yerg^iuB  zehnte  ecloge. 

hfttte  mir  da  das  leben  verstreichen  sollen !'  er  ist  geradezu  unent- 
behrlich :  denn  dadurch  erst  erscheint  der  wnnsch  als  motiviert,  nidit 
durch  den  gedanken,  dasz  sein  glück  auch  etwaigen  geliebten  Phyllii 
oder  Amyntas  hStte  zu  gute  kommen  sollen,  die  fünf  teilen  87 
— 41  so  wie  sie  jetzt  dastehen  musz  man  als  einen  nachsatz  zn  v.  85. 
36  ansehen;  dazu  passen  sie  aber  weder  nach  inhalt  noch  nach  form; 
sie  enthalten  zu  dem  »notwendigen  gedanken  nur  das  nebensick- 
liche :  meine  leute  sollten  es  gut  haben,  eben  so  unbequem  sind  m 
von  formaler  seite  als  nachsatz  gefjEiszt,  da  sie  selbst  schon  vorder- 
und  nachsatz  haben  {certe  sive  mVii .  .  seu  quicumque  furor .  .  wrciw 
iaceret).  schalten  wir  aber  nach  36  einen  vers  des  gedachten  inbalti 
ein,  80  haben  wir  den  voUständigäten  sinn,  die  glatteste  form  nad 
zwei  kola  genau  von  dem  umfang  den  die  Strophe  fordert,  so  ent 
kommt  die  Verbindung  der  beiden  kola  unter  den  richtigen  gesiditi- 
punct:  das  erste  ist  dann  in  äich  abgeschlossen  und  selbstAndi^ 
und  das  zweite  ist  es  auch,  als  folge  dem  ersten  beigegeben.  GaDsi 
begegnet  darin  einem  schweigenden  einwand  der  hirten,  ob  da 
so  vornehmer  herr  sich  wol  würde  befriedigt  fühlen  durch  eine  ni- 
schöne  dienerschaft,  wie  sie  das  land  biete,  durch  die  versicheroi^ 
es  werde  alles  seinem  herzen  nahe  stehen,  mftdchen  und  slQgv, 
Phyllis  und  Amjntas  {seu  quicumque  furor)  ^  flg^^t  gSrtner,  nit- 
knecht;  die  ftuszere  Schönheit  könne  aufgewogen  werden  dank 
andere  eigenschaften.  das  dunkle ,  nicht  blendende  werde  auch  bä 
andern  dingen  geschätzt  und  gepriesen  (et  nigrae  violae  aumi  ei  v§^ 
dnia  nigra). 

Es  sind  also  drei  gründe  für  die  annähme  einer  lOcke  an  diflsr 
stelle  geltend  zu  machen:  1)  dasz  der  gedanke  der  verse  35.  36  vfr- 
vollständig  ist,  2)  die  fünf  nächsten  verse  setzen  einen  gedantaa 
voraus,  der  nicht  da  ist;  3)  beide  teile  weisen  auf  einen  und  dei- 
selben  gedanken  hin:  Vie  glücklich  würde  ich  sein';  und  dm 
kommt  nun  noch  dasz  dadurch  die  responsion  des  kolon  YoUstiBdii 
wird,  so,  meine  ich,  hellt  sich  hier  alles  auf,  und  es  bleibt  av 
noch  in  v.  40  bedenkliches  übrig:  mecum  inier  sdlices  lenia  mtb  fir 
iaceret,  Wagner  hat  sehr  richtig  in  den  werten  eine  nachahmung  voa 
Theokr.  7,88  erkannt :  tu  b'  unö  bpuctv  f\  und  treuKatc  dbd  ficXicM* 
M6V0C  KaraK^KXico,  Oeie  Ko^dTa,  fügt  aber  kopfschflttelnd  hinia: 
'aut  corrupta  haec  sunt  aut  nondum  recte  ezplicata  .  .  viz  ans 
salices  et  vites  in  eodem  agro  plantari  solitae/  sehr  richtig;  aUr 
warum  gieng  er  nicht  an  Theokrits  band  einen  schritt  weiter  ml 
schrieb  larices  (neuKatc)?  hätte  er  dazu  sein  lenia  aui  mtbmk 
gefügt,  so  hätte  man  nichts  weiter  verlangt,  unter  der  in  sumpfigsa 
niederungen  wachsenden  weide  ist  freilich  ein  schlechter  platz  zva 
zechen  und  zum  kosen ,  eher  schon  unter  den  rebengeh&ngen. 

Nach  V.  41  hat  Ribbeck  bereits  die  lücke  entdeckt:  sie  eigibi 
sich  teils  aus  der  vollständigen  zusammenhangslosigkeit  von  T.  41 
und  42,  teils  aus  dem  vierfachen  hic^  das  ein  vorhergehendes  iBie  Ar- 
dert,  welches  wir  gleichwol  vermissen,  dasz  es  in  der  Ifleke 


WHKoltter:  das  Tergüiiit  lefaiito  edog«.  018 

hat,  ergibt  sich  beim  einfaehflten  naehdenken »  and  danebon  sttad 
irgend  ein  tadel  der  verhfiltnisse,  in  die  Ljeoris  rieh  gestttrii  hatte, 
also  etwa  ülic  quid  laudes?  Oallna  Mit  damit  ans,  den  anmntigeii 
Phantasien  von  einer  PhjUia  nnd  einem  Amyntae  der  trflbea  wtok- 
lichkeit  gegenüber,  er  wendet  das  wort,  wie  ans  den  nidiaten  venmi 
erhellt,  an  Lycoris,  auf  die  rieh  das  Yermntete  üUc  so  gnt  wie  das 
Tor  uns  stehende  hie  bezog:  es  erinnerte  de  an  die  leiden  in  die  rie 
sich  gestürzt  habe,  denn  der  vers  ftillt  rieh  leicht  ans  dnreh  voige- 
haltene  beispiele:  tUie  quid  laudes f  qmdf  castra  movenda?  cähreaf 
oder  irgend  etwas  fthnliches.  das  leiste  scheint  rieh  mir  dnreh  das 
entgegengestellte  Mc  ffdidi  fanUs  sn  empfehlen.  Oallns  mft  Ljeorie 
nicht  zu  seiner  wirklichen  Umgebung,  nicht  nach  Unteritalien*,  son- 
dern zu  der  schönen  phantariewelt  der  bukolischen  poerie,  die  er 
sich  aui^malt,  und  fügt  die  Versicherung  hinsu,  er  wfli^  allen  j^ans 
nnd  alle  thatenlust  von  rieh  werfen,  um  an  ihrer  srite  tu  leben  und 
zu  sterben  {ipso  tecum  consumerer  aevo). 

Mit  V.  44  setzt  durch'  das  kriftige  mme  ein  neuee,  fünftes  kolon 
ein.  nunc  hat  Wagner  tre£flich  durdi  *so  aber'  wiedergegeben  und 
belegt  mit  gearg,  U  53  und  Äen.  X  628.  *mmc  partionla'  sagt  er 
*cum  temporali  potestate  coniunctam  habet  adversativam.'  damit 
bat  er  die  falschen  auffassungen  besritigt,  die  Ton  mehreren  sriten 
geltend  gemacht  waren:  Voss  'ich  weide  von  unsinniger  liebe  im 
kriegsgetümmel  beherscht';  ja  Heyne  wollte  sogar  le  statt  ine 
lesen,  wogegen  Wagner  richtig  einwendet,  dasz  man  von  Lycoris 
wol  sagen  könne:  amor  te  däind  m  armis  Mortis^  aber  nicht  imter 
media  tela  et  adversos  hostes.  vielmehr  ist  imsanus  amor  Amors  laune : 
*der  verrückte,  tolle  Amor,  hSlt  mich  hier  an  der  ririlischen  meer- 
enge,  wo  sich  Oetavian  und  Pompejus  gegenüber  standen  (Cassius 
Dion  XL VIII  47),  im  kämpfe  fest,  wShrend  er  dich  über  die  Alpen 
getrieben  hat.'  es  fällt  also  der  hauptnachdruck  auf  insanus^  nicht 
auf  amor,  das  neue  glied,  welches  wir  durch  jenes  nunc  eingeleitet 
sehen,  umfaszt  also  die  n&chsten  sechs  verse,  die  klage  über  das 
wüste  schalten  des  Amor,  der  die  liebenden  so  auseinander  reiste* 
die  stelle  ist  doppelt  bedeutsam :  denn  Servius  sagt  uns,  es  seien  alle 
diese  verse  aus  Gallus  dichtungen  entlehnt.  ^  der  geduike  hier  des 
freundes  eigne  worte  einzuflechten  und  ihn  mit  eignem  ausdruck 
klagen  zu  lassen  ist  gar  nicht  so  uneben ;  aber  die  dichtungen  des 
Gallus  an  Lycoris  waren  elegien;  ohne  erhebliche  änderungen  war 
also  eine  Übertragung  nicht  möglich. 

Mit  V.  46  stehen  wir  vor  dem  sechsten  kolon  und  damit  vor 
einer  neuen  von  Ribbeck  entdeckten  lücke,  die  rieh  nicht  answrifeln 
läszt;  es  hat  noch  niemand  mit  dem  ton^iifii  v.  46  etwas  ansufengen 
gewust.  Voss  übersetzt  tu  procul  a  patria  {nee  sü  man  eredere  tan^ 
tum)  ^do  der  heimat  ferne  (o  dürft*  ichs  nicht  glauben)  so  weithin.* 

•  der  yers  ist  von  Ribbeck  mit  grossem  seharfblick  als  dem  v.  SS 
enUprechend  erkannt  worden.  '  sa  v.  46  Af  mäem  venui  ommes  OüiH 
sunt,   de  ipsiuM  translati  earminihMM, 

4t» 


644  WHKoUter:  dea  Vergiliub  zehnte  ecloge. 

aber  wenn  das  eingeklammerte  ein  wünsch  sein  soll,  so  müste  es 
nicht  ncCy  sondern  ne  oder  neu  heiszen.  eine  verbindang  Ton^ro- 
cül  tantum  werden  wir  hier  ablehnen  müssen ;  eben  so  die  Terbindnng 
iantum  Alpinas  nives  vides,  wie  Burman  wollte;  Heyne  sagt  tob 
ihr  'friget  tö  tantum*;  aber  mehr  noch,  sie  ist  durch  die  stellug 
der  Wörter  unmöglich  gemacht,  so  bleibt  denn,  soviel  ich  sehe,  nichts 
anderes  übrig  als  sit  dubitativ  zu  fassen,  crcdere  als  subject,  tafdwm 
als  prädicat,  wodurch  dann  freilich  ein  quantum  in  dem  folgendei 
notwendig  wird,  was  aber  wird  ihm  denn  so  schwer  zu  glauben? 
Bibbeck  äuszert  sich  nicht  darüber;  gleich wol  ist  es  wichtig  dk 
etwaige  richtung  und  wendung  des  gedankens  festzustellen;  so  er- 
gänze ich  denn  ncc  sit  mihi  crcdere  tantum,  te  patuisse  pati  quafibm 
est  voluisse  ddlori:  vgl.  Catullus  87,  1  nulla  potest  midier  tantum  n 
dicere  amatam  u&w.  und  nun  folgt  zum  schlusz  der  antdstrophe  dff 
Vorwurf  gegen  Lycoris,  dasz  sie  ihn,  den  Gallus,  ihre  not  nicht  habe 
teilen  la&sen ,  und  die  zärtliche  besorgnis ,  da^z  eis  und  schnee  üua 
fUszen  geschadet  habe.  —  So  haben  innere  gründe  trotz  starker  tezt- 
verderbnis  die  von  Ribbeck  behauptete  strophische  gliedemng  ftr 
die  erste  hälftc  erwiesen  und  damit  für  die  ganze  dichtung :  denn  ftr 
die  zweite  hälfte  ist  sie  augenfällig,  die  Verderbnis  constatiert  allff- 
dings  eine  grosze  nachlSssigkeit  des  abschreibers,  aber  die  wncht  der 
gründe  läszt  über  deren  annähme  keine  wähl,  verglichen  mit  Bib- 
becks  annähme  trifft  die  meinige  wenigstens  nicht  der  Torwnrf 
glaublicher  zu  sein:  ich  meine,  man  stellt  sich  leichter  vor^  dasz 
vers  des  textes  konnte  übersehen  werden  als  dasz  ein  unechter  eii- 
dringen  konnte,  wenn  jemand  an  der  grösze  der  ersten  Strophe  uai  ^ 
antistrophe  (22  verse)  anstosz  nimt,  da  die  zweite  nur  10  oder  8 
zählt,  so  habe  ich  mich  damit  nur  an  Ribbeck  anschlieszen  woUa, 
der  sie  als  Ä  und  A  aufstellt;  aber  er  hat  durch  sinnige  zeichen b^ 
reits  auf  die  strophische  re&ponsion  der  kola  hingewiesen,  so  dasi  sck 
A3  und  J^  in  beiden  entsprechen  oder  y.  21 — 23  und  28 — 30^  41 
43  nebst  dem  ausgefallenen  vers  und  47 — 49,  tiberall  anreden 
Ljcoris,  und  eben  so  Äi  und  •/  dh.  24.  25  und  26.  27  wie  44*  45 
und  46  nebst  dem  ausgefallenen,  überall  erzählung.  so  wird  ans  te 
zweiundzwanzigzeiligen  atrophe  eine  zwölfzeilige  und  anch  diät 
geteilt  zu  4  und  8. 

Zweiter  teil  £.  die  Strophen^  und  B  verhalten  sich  «ii 
gegen  wart  und  zukunft.  was  denn  nun  werden  solle,  ist  vor  aiki 
dingen  die  frage,  und  so  kann  man  sagen,  dasz  von  v.  50  an  die  diiik- 
tung  anfängt  auszuklingen.  auf  die  klage  folgt  die  äuszerung  dernv- 
zwciÜung:  zu  brechen  mit  allen  seinen  alten  beziehungen  ist  Oaltai 
entschlusz,  seine  leier  herabzustimmen  zum  tone  des  hirtenlied«» 
verzieht  auf  hoffnung  glänzender  thaten,  leben  für  natur  und  im 
anstrengungen  der  jagd.  alles  erinnert  hier  an  Rttckerts  lied  'ia 
einem  thale  dort  unten',  was  die  innere  gliederung  anbelangt«  iO 
hat  die  strophe  drei  teile :  2,  3,  3.  die  zwei  letzten  verse,  die  Bibheck 
herangezogen  hat,  gehören  zur  mesodus. 


WHKoltter:  das  VergOiiit  lehnte  eologe.  046 

Nor  im  lichte  der  sechsten  ecloge,  der  Tollen  aneAennong  Ton 
Gallas  neuesten  poetischen  leistnngen,  versteht  man  seinen  Tenicht 
auf  die  Verfolgung  der  so  rflhmlidi  betretenen  bahn.  Ton  kriegen- 
sehen  thaten  (Martis  in  armis)  kann  keine  rede  mehr  sein;  eein 
liebeslied  musz  verstummen;  allen&lls  fortaetien  liesze  sich  seine 
jüngste  dichtung.  in  seiner  bearbeitnng  des  Hesiodoe  von  Buphorioii 
aus  Chalkis  hatte  er  die  reize  von  Giyneion  nnd  seinen  waldnngen 
besungen  (Grynei  f^emoria  dicahtr  origo):  das  kannte  er  in  seiner 
jetzigen  Stimmung  allenfalls  anfoehmen;  die  natardiehtnng  hat  ja 
ihre  wehmütige  seite,vnnd  von  dieser  fasst  sie  das  bnkolisehe  lied. 
neuer  gedanken  fühlt  er  sich  nicht  mehr  fkhig,  dämm  will  er  das 
was  er  gesungen  hat  umdichten,  singen  nicht  von  der  herlichkait 
und  grösze  der  natur,  sondern  von  ihrer  stille  nnd  einsamkeit,  dem 
hinwelken  der  dinge,  dem  verbluten  des  herzens.  wenn  Verg.  sagt: 
Chalcidico  quae  sunt  mihi  condUa  verm  earmina  pasiaris  SicuU  moiSkh 
labar  avena,  so  ist  damit  auf  nichts  weniger  als  anf  eine  indenmg 
des  versmaszes  hingewiesen  —  die  erafthlenden  diehtongen  Eopho« 
rions  waren,  wie  auch  die  fragmente  zeigen,  ebenso  wie  die  buko- 
lischen dichtungen  in  hexametem  abgefoszt  —  nioht  die  ftnsMre 
form,  sondern  ton  und  gattnng  seiner  lieder  wie  die  weltanschanong 
darin  soll  sich  ändern,  musz  sich  Indem,  ja  lieber  noch  will  er  dem 
lied  ganz  entsagen,  sich  in  die  einsamkeit  flOchten,  wo  nor  das  wild 
in  seiner  höhle  einen  nachbar  für  ihn  abgibt  {nUerspdaea  feramtm): 
das  ist  für  ihn,  den  verschmähten,  geteuschten,  tiefgekrfinkten ,  ein 
passender  aufenthalt ,  da  will  er  der  rinde  des  baumes  seine  liebe 
vertrauen ,  dasz  sie  mit  dem  bäume  wachsend  in  riesigen  zttgen  von 
ihr  zu  der  nachweit  spreche  {crescetis  amores^  das  heiszt  hier  nicht 
meine  liebe,  sondern  die  verschlungenen  namen).  aber  mehr  noch: 
irdische  mttdchen  werden  keine  freude  mehr  haben  an  seiner  Zu- 
neigung; darum  will  er  sich  heiligen  festzOgen  nach  Wallfahrtsorten 
(Maefiala)  anschlieszen ,  denen  anch  njrmphon  anwohnen  (mixtia 
nyinphis)^  will  in  der  jagd  des  ebers  seine  krftfte  erschöpfen,  den 
aufreibenden  mühen  trotz  bieten  {non  me  vMa  vetahumlt  frigara)^  je 
mehr  Schwierigkeiten,  je  mehr  Strapazen,  desto  willkommener  {Pot' 
thenios  saltus^  im  gebiet  von  Tegea,  die  rauhesten  felsen).  das  mixüs 
nymphis  kann  natürlich  nicht  gleich  mixtus  ngmphis  sein,  und  es 
ist  nur  das  inter  choros  dies  festos  agentmm  neben  dem  mixtis  fi^fm- 
phis  weggelassen,  die  an  Wesenheit  der  nymphen  zeichnet  die  scharen 
als  heilige  und  bestimmt  so  ihren  Charakter;  aber  wenn  Voss  von 
hoher  bcgeisterung  spricht,  zu  der  sich  Oallns  von  dem  niedrigen 
hirtenspiel  erheben  wolle,  so  hat  er  doch  den  ton  der  stelle  verkannt, 
es  ist  nur  die  abwendung  vom  irdischen  und  von  irdischer  freude,  in 
der  sich  Gallus  gefüllt,  die  stelle  ist  nach  einer  seite  sehr  merkwürdig, 
man  bat  sich  oft  gewundert,  dasz  den  alten  die  sentimentale  be- 
trachtung  der  natur  abgehe,  welche  uns  neuem  nnd  ganz  besonders 
uns  Deutschen  so  geläufig  ist,  in  der  wir  die  natnr  als  freundin  an 
die  brüst  drücken  und  nicht  müde  werden  ihre  Schönheit  zn  schildenu 


646  WIIKolster:  des  Yergilius  Eehnte  edoge. 

hier  in  Gallus  entschlusz  als  jSger  oder  bakchant  eine  freundtchaft 
mit  feld  und  wald  einzugehen  haben  wir  sie  leibhaft  vor  uns,  aber 
freilich  mit  scharfer  Verurteilung  dieser  tendenz  als  einer  ungetiindn, 
wir  möchten  fast  sagen  als  einer  geisteskrankheit. 

(p)  Mit  V.  58  wechselt  ton,  inhalt,  alles;  natflrlich:  wir  aindia 
einen  andern  teil  der  dichtung  eingetreten ,  die  mesodua.  wai  w 
eben  für  Gallus  zukunft  war,  ist  ihm  im  geiste  gegenwart  gewoidn, 
ein  träum ,  ein  spiel  seiner  phantasie.  diese  fieberhaften  sacknngBi 
schaffen  ihm  eine  ahnung  von  lust :  der  trübsinn  weicht»  er  ai At  gick 
in  felsenklüften,  im  wilden  wald,  seine  band  umklammert  den  bogei, 
hascht  nach  dem  pfeil.  aber  es  ist  der  träum  des  erwachenden,  d« 
sich  sagt  dasz  doch  alles  nur  ein  träum  ist;  er  beginnt  das  gebiUi 
als  teuschenden  wahn,  als  ein  gaukelspiel  seiner  pbanta«ie  sa  er* 
kennen :  tamquam  haec  sU  nostri  medidna  furaris. 

(B')  Das  kann  nicht  lange  dauern;  schon  v.  62  ateUt  uns  wie- 
der auf  den  standpunct  der  Wirklichkeit:  der  träum  ist  Terachwandei, 
Gallus  steht  wieder  den  Vorsätzen  der  strophe  gegentlber;  aber  eriit 
gewandelt:  es  läszt  ihm  die  antistrophe  v.  62  mit  den  gleichen  untar- 
abteilungen  wie  die  strophe  alles  im  entgegengesetzten  lichte  o^ 
scheinen :  er  sagt  wald  und  waldgesang  lebewol.  es  drin^  die  er- 
kenntnis  durch,  der  gott  sei  unzugänglich  fUr  rührong  durch  menich- 
liche  leiden :  es  hilft  nur  Unterwerfung  unter  seine  gewalt  und 
willen,  hatte  er  sich  vorhin  vielleicht  von  Verg.  wort  noch  einen  < 
druck  auf  Ljcoris ,  eine  mögliche  Sinnesänderung  der  dime 
eben,  so  hat  ihn  der  tactvolle  sinn  und  die  gewandte  hand  des 
des  vor  den  reellen  Sachverhalt  gestellt ,  so  dasz  er  sich  selbst  dsi 
resultat  zieht:  aninia  vindt  Amor:  et  nos  cedamus  Amori, 

Einiges  einzelne  will  hier  hervorgehoben  sein,  gar  passeri 
knüpft  sich  die  antistrophe  mit  einem  rursus  (ad)  an  das  TOfhas 
gehende,  es  bringt  die  rückkehr  zum  vorhergehenden,  die  nc^ 
malige  betrachtung  des  gesagten,  aber  unter  einem  andern  gesichl^ 
puncte  betrachtet,  so  kann  es  auch  für  e  contrario  stehen :  t^L  CartiBi 
IX  2, 9  rursus  avaritia  gloriac  et  insatiahüis  cupidofamae  nihü  imvirn^ 
nihü  remotum  videri  sinehat,  allerdings  ist  dies  betrachten  ante 
einem  neuen  gesichtspuncte  nichts  der  partikel  inhftrierendes:  fgL 
Tac.  Ägr,  28  quem  casum  ncque^  utplerique  fortium  virorum^  amMimm 
neque  per  lamcnta  rursus  ac  maerorem  muliehriter  tulU,  Ter.  eiiii.  2öl 
quidquid  dicutit,  laude:  id  rursum  si  fiegant^  laudo  id  ^uoqme,  m 
folgt  für  Gallus  die  erkenn tnis ,  dasz  weder  naturschwftnnerei  aoek 
dichtung  helfen  könne.  —  Voss  faszt  das  concedite  sSioae  als  ein  'ftit 
mit  euch';  aber  es  ist  viel  feiner:  ipsae  concedUe  (5,  63 
carmina  rupes^  ipsa  sonatU  arhusta):  *  zieht  euch  willig, 
crkenntnis,  einsieht  und  Unterwerfung  unter  die  umstibide 
gebt  meiner  empfindung  räum.'  so  musz  denn  freilich  das  so 
bei  einander  stehende  ipsa  und  ipsfte  verschieden  gefasit 
ipsa  carmifuiy  selbst  die  dichtung,  steigernd;  ipsae  gUvae 
räumt  freiwillig  das  feld,  ihr  wälder,  wie  das  griech«  adroL 


WHKoliter:  das  TafgfliiM  lehnte  totoga.  647 

entläszt  die  so  hoffimngSToll  begrOasten:  der  gott  keiuit  kein  erber* 
men ,  und  sähe  er  die  mensehan  zarmalmt  Ton  leiden,  mit  grellen 
färben  zeichnet  er  sich  nocb  einmal  die  leiden  der  menaoheni  die 
mediis  frigorihus  Hehrum  hibutU^  SUhomoi  mpe$  submmif  oder  die 
in  einer  glut,  die  selbst  den  bast  des  banmea  vertrocknen  madht, 
cum  Über  mariena  ard  in  ulmo^  sub  sidere  ctmari  Aähiopum  iwea  «er- 
sant^  um  dann  als  schlusz  des  ganzen  mit  dem  «urof  zn  enden: 
omnia  vincU  Amor:  et  nas  cedamm  A/morL 

(a)  Die  dichtung  ist  am  ende,  sie  ist  bunt  aehillemd,  ao  voll 
von  neuen  Wendungen,  dasz  darin  znsammengenommen  mit  den 
lücken  die  hauptschwierigkeit  des  veratftndniaaea  liegt,  ao  daaz  aie 
mehr  der  auseinanderlegong  des  gedankens  und  seiner  Wendungen 
bedarf  als  der  hebung  sprachlicher  Schwierigkeiten«  noch  bleibt  dem 
dichter  die  aufgäbe  sie  als  mensch  und  üreond  dem  freonde  zu  ttber- 
reichen.  je  weniger  Verg.  eine  wendnng  der  ftoazem  umstftnde  nnd 
eine  änderung  der  Situation  des  Ton  der  nnwttrdigen  verlasaenen 
freundes  erwarten,  ja  auch  nur  wünschen  darf,  desto  dringender  iit 
das  wärmste  schluszwort,  die  yersicherang  seiner  liebe  und  anhing- 
lichkeit,  geboten,  als  könnte  und  sollte  die  freundsohaft  eraeftaen,  waa 
die  liebe  ihm  geraubt  und  versagt  hat.  daa  spricht  Verg*  in  den  l0tz«> 
ten  acht  versen  aus,  die  den  ersten  acht entaprechen  und  daa  ganze 
zum  abschlusz  bringen,  er  spricht  es  aua  in  form  einea  gebetea  an  die 
Musen,  dasz  sie  den  wert  seiner  gäbe  in  Qallus  äugen  m5gliohat  er- 
höhen möchten:  Pierides^  vos  haecfacktis maaDma  OäBo^  CfaUo^  cums 
amor  taniutn  mihi  crescü  in  horas^  guani%»m  vere  novo  viridis  ae  mM- 
cit  alnus.  er  Überreicht  seine  gäbe  in  form  eines  körbchens,  der- 
gleichen der  weidende  hirt  manchmal  zur  ausfUllung  mflsziger 
Augenblicke  für  den  häuslichem  gebrauch  aus  hUnscuSt  den  zweigen 
der  gemeinen  althee,  zu  fertigen  pflegte,  vgl.  ed.  2, 30.  Tib.  11 3, 25. 

Der  letzte  der  obigen  verse  aber,  scheint  mir,  bereitet  uns  noch 
eine  Schwierigkeit  durch  das  subicU.  man  hat  geglaubt  dies  $ubieere 
unter  dem  zwang  des  Zusammenhanges  so  weit  beugen  zu  dürfen,  dasz 
Voss  übersetzt:  ^als  die  erle  sich  aufschwingt';  aber  wie  niemand 
se  stUnnitiere  auf  eine  gehobene  haltung  deuten  wird,  und  wie  subire 
ein  beugen  von  baupt  und  schultern  bezeichnet ,  so  wird  es  schwer 
fallen  für  subiccrc  den  beweis  einer  entgegengesetzten  bedeutung  zu 
führen,  freilich  scheint  die  annähme  allgemein,  und  Gesner  im  The« 
feauruij  sagt  rund  heraus :  'ut  in  aliis  compositis  v.  g.  9ubmiU0y  subvdio^ 
subvolo,  subvoivoy  ita  etiam  in  hoc  verbo  praepodUo  motum  verana 
superiora  significat',  und  Forcellini  widerspricht  nicht  (*item  mr$mn 
iacio^)^  geht  aber  rasch  darüber  hinweg,  wäre  es  nur  nicht  ao  achwer 
zu  glauben ,  dasz  derselbe  ausdruck  'hinauP  und  'hinab'  bezeichnen 
könne !  die  beweisführung  ist  aber  mehr  als  mangelhaft,  bei  Oesner 
kann  man  in  dessen  nummer  3  drei  teile  untersdieiden:  zuerst  die 
berufung  auf  andere  verba  der  bewegung:  9Übvdw^  subvolo^  aulnfolvo. 
sie  idt  unzutreffend:  denn  sie  führt  zu  dem  verhftltnis  velhendo^  vo* 
lando,  volvendo  ctliquam  rem  aUis  rebtu  suppano^  wahrt  also  streng 


G48  WHKolster:  des  Vergilius  zehnte  eclo^. 

dem  suh  seine  bedeutung.  das  ist  aber  hier  ansgescblossen  dnieh 
se:  was  hiesze  alnus  laciendo  se  SM2)pomYV'  es  folgt  die  berafung  auf 
Nonius  s.  387, 15  suhicerc.susum  iacere^  excrescere^  *et  utitur  cxemplis 
tribus  Virgilianis,  quae  statim  ponomus:  ed.  10,  74.  gecrg.  IV  385. 
Aen,  XII  287.'  zeigt  nicht  Gesner  durch  sein  'et  utitar'  usw.,  dass 
er  die  sache  als  ihm  unglaublich  auf  sich  beruhen  lasse?  sehen  wir 
uns  die  Verg.  stellen  selbst  prüfend  an ,  die  unsrige  zuletzt.  gtcf$, 
II 11*  spricht  Verg.  von  den  durch  wurzelschöszlinge  fortgepflanzten 
bäumen,  darunter  dem  lorbeer:  pidlulat  ab  radice  aliis  densissma 
Silva  y  uf  cerasis  ulmisque:  etiam  Parnasia  laurus  parva  suh  ingefdi 
matris  se  suh'cit  umhra.  ich  sehe  gar  nicht  was  hier  schwieriges  ist; 
der  junge  lorbeer  musz  sich  wol  als  wurzel trieb  dem  schatten  dei 
mütterlichen  daches  unterstellen,  freilich  der  prosaiker  hfttte  ge- 
schrieben siihieda  est;  doch  das  kann  man  dem  dichter  wol  zuge- 
stehen.' der  ganz  gleiche  fall  ist  bei  der  stelle  gearg,  IV  385  ier 
flamma  ad  summum  tecfi  suhkda  rcluxit,  die  unter  das  reisholz  ge- 
legte flamme  leckte  dreimal  zum  dach  auf.  was  würden  wir  von  dem 
sagen,  der  verbinden  wollte  ad  summum  tedi  suhieda?  und  ganz  ebci 
so  in  der  consolalio  ad  Liviam  256  tandem  uhi  compl€Xa  est  sSvoi 
aUmcntaque  sumpsit  (flamma),  adhera  subiedis  Jambif  et  astra  anms. 
doch  gewis  adheri  subiedis,  durch  die  flammenzungen  von  unten, 
wer  den  sinn  des  emieare  hineinlegt  in  diese  worte,  legt  eben  hineia 
was  nicht  darin  liegt,  mehr  treffen  scheinbar,  aber  auch  nur  scheii- 
bar^  die  stellen  zu,  wo  subiccre  von  dem  sich  aufs  pferd  schwingfB- 
den  oder  in  den  sattel  gehobenen  gebraucht  wird,  Aen.  XII  287  (der 
dritten  der  oben  bei  Nonius  genannten)  corpora  subiciunt  in  t^tut, 
ganz  eben  so  Livius  VI  24  Camillus  subiedus  a  circumstaniibuB  h^ 
cquum,  XXXI  37  eques  pavidum  regem  in  equum  subiecit.  aber  die 
rechte  bcwciskraft  fehlt  ihnen  doch  auch:  denn  der  sich  in  dn 
sattel  schwingende  ist  schon  genötigt  sich  so  hoch  zu  heben,  dasser 
schlieszlich  in  den  sattel  hinabfallt,  keine  der  andern  stellen  vw- 
breitot  über  die  unsrige  licht:  sehr  natürlich,  weil  in  ihr  der  schlflüd 
nicht  auf  sprachlichem ,  sondern  auf  naturgeschichtlichem  gebiiti 
hegt,  in  der  natur  der  erle,  alm^s,  welche  den  wuchs  der  trauerbSuM 
teilt,  dasz  nur  die  ftstc  emporsteigen,  die  zweige  httngen,  se  subkML 
so  begreifen  wir  die  Verwandlung  der  Heliaden,  bei  Verg.  in  exka, 
bei  andern  in  lärehentannen ,  lariees,  welche  diese  eigentUmlichkeii 
teilen,  die  zweige  hängen  zu  lassen :  sie  wurden  eben  in  ti'auerbloB» 
verwandelt,  auch  Verg.  will  mit  den  wehmütig  gesenkten  zweigen  dr 
trauerbfiume  hindeuten  auf  den  kummer  seines  herzens.  so  schlieilt 
der  dichter  mit  einer  hinweisung  auf  seine  Stellung  als  hirt  ab. 

-   Servius  zdst.  sucht  freilich  in  dem  iub  etwas  anderes:   UifwtKr 
sicut  arhores  creKcunt\   aber  warum  sollte  Verf^.  Hebe  im   verborgcata 
wacLseii?     umgekehrt,  je   offener,  desto  erwünschter   für  Qallas. 
*  wenn  Sorvius  ed  deutet  cretcit  et  iurgit^   so  deutet  er  es  eben  filsd. 

Eutin.  Wilhelm  Heikricb  Kolstbb« 


FMSchrOter :  ant.  t.  ine  anoloris  de  Coiut  M.  Hb.  id.  EHc^dMuriUlL    649 

85. 

INOERTI  AUCTORIS  DE  C0M8TANTIN0  MAGNO  SIU8QUB  MATBB  BBLEVA 
LIBELLUS.    E  C0DICIBU8  PRIMDS  XOIDIT  EdUARDUS  HbTDSX* 

REICH.    Lipaiac  in  aedibuB  B.  G.  TeabnerL    MDCCCLXXIX.   YII 

u.  30  8.  8. 

Vorliegendes  bOoblein  entbftlt  eineii  bis  jetit  lubekannten  Uti« 
Den  historischen  roman  von  der  jogendgescbichte  Coiistaotins  d.  gr. 
und  von  der  kaiserin  Helena,  trotzdem  dass  die  namentlicb  in  den 
Schriften  über  beiligenleben  niedergelegte  littermtor  Aber  Helena  be* 
reits  eine  sehr  nmfUngliche  ist,  haben  wir  doch  nrtache  dem  hg.  Mr 
seine  veröffentlichang  dankbar  tu  sein,  denn  da  eben  über  die  jngend* 
geschichte  Constantins  und  die  gleichseitigen  erlebniise  der  Bdeon 
nichts  auf  uns  gekommen  war,  so  bietet  diese  noTcUe  uns  litterar- 
und  sagengeschichtlich  eine  sehr  interessante  bereichemng  des  bia 
jetzt  bekannten  Stoffes.  Constantin  ist,  abgesehen  von  seiner  atel- 
lung  zu  Galerius,  welche  der  sagenweit  oder  auch  der  geechlchtliohen 
flüschung  willkommen  war,  erst  kurs  Yor  seiner  thronbesteigong 
gegenständ  märchenhafter  ersShlnng  geworden.  Aber  seine  frühem 
Jugendjahre  herschte  bisher  das  tiefste  dunkel,  und  aach  die  sage 
hatte  sich  nach  unserer  bisherigen  kenntnis  nidit  damit  »bgegeboi. 
diese  lücke  unserer  Überlieferung  wird  nun  durch  den  Torliegend«! 
roman  ausgefüllt. 

Nach  demselben  wird  Constantin,  ein  unehelicher  söhn  der  ans 
dem  gebiete  der  Trevirer  nach  Rom  geflüchteten  Helena,  von  reichen 
kaufleuten  geraubt  und  nach  allerhand  rftnkevoUen  und  lügenhaften 
Vorspiegelungen  von  diesen  mit  der  tochter  des  griechischen  kaiaers 
vermählt,  dann  aber  mit  seiner  jungen  frau  auf  einer  einsamen  insel 
ausgesetzt,  durch  vorbeifahrende  Schiffer  nach  Rom  gerettet  richtet 
er  daselbst  mit  seiner  mutter  und  frau  eine  gastwirtschaft  ein  und 
wird  endlich  in  folge  seiner  militärischen  tüchtigkeit  von  seinem 
vater  Constantius  Chlorus  erkannt,  erhält  von  diesem  die  bestlti- 
gung  seines  ehebundes  und  wird  von  demselben  sowie  vom  griechi* 
sehen  kaiser  zum  erben  des  römischen  und  des  griechischen  reiches 
eingesetzt,  das  sind  die  grundzüge  dieser  erzählung,  die  recht  spasz- 
haft  und  ergetzlich  zu  lesen  ist. 

Betreffs  der  gestaltung  des  textes,  dem  eine  hs.  der  k.  biblio- 
thek  in  Dresden  zu  gründe  liegt,  kann  man  sich  im  grossen  und 
ganzen  mit  dem  hg.  einverstanden  erklären,  denn  so  oft  anch  der 
ein  sehr  schlechtes  und  unclassisches  latein  schreibende  anonjme 
Verfasser  in  Versuchung  führt  durch  conjecturen  seinem  texte  atäsu- 
helfen ,  fast  ebenso  oft  erkennt  man  bei  genauerem  Studium,  dass 
sich  die  fehlerhaften  constructionen  und  unclassischen  Wendungen 
mit  consequenz  wiederholen,  also  nicht  zu  ändern  sind,  demnach 
kann  man  die  Zurückhaltung  des  hg.,  der  dergleichen  fehlerhaftig* 
keiten  in  dem  texte  stehen  liesz,  nur  billigen. 

I>agegen  hat  er,  offenbar  in  der  freude  über  seinen  fünd,  diesem 


650    FMSchröter :  anz.  t.  inc'auct oris  de  Const  M.  lib. 

ein  viel  höheres  alter  zugemessen,  als  derselbe  wirklich  beansprncha 
kann,  denn  dasz  H.  ihn  für  verhältnismäszig  sehr  alt  halten  mwi, 
geht  schon  aus  dem  umstände  hervor,  dasz  er  die  mittelalterlidw 
Orthographie  der  hss.  zu  beseitigen  und  durch  Schreibungen  alter 
zeit  zu  ersetzen  unternommen  hat.  unserer  meinong  nach  ist  diei 
unrichtig,  allerdings  ist  es  auffällig,  dasz  der  unbekannte  verCuMr 
zwar  mit  aller  wSrme  seines  herzens  die  ansprtlche  des  apostoliadiea 
Stuhles  vertritt  und  zb.  von  den  aposteln  Petrus  und  Paolos  in  be- 
zug  auf  Rom  sagt  (s.  1,  18  ff.),  dasz  sie  urhem  Eomam  suo  prdiom 
sanguine  et  martyrio  pro  eiusdem  damini  nostri  Jesu  Christi  fide  ä 
confessione  consecrarttnt  ac  eandem  non  sölum  knperialem  urhemi  sd 
et  totius  ecdesiae  ac  eiusdem  fidei  christianae  caput  ac  univenäkm 
sedem  fieri  ac  in  aeternum  tnanere  et  esse  dedicaverunt  ^  dasz  er  ab« 
weder  bei  der  aufzählung  verschiedener  sagen  über  Constaatm 
(s.  30,  17  ff.)  noch  sonst  irgendwo  der  Constantinischen  schenku^ 
gedenkt,  noch  weit  auffUlliger  ist  es,  dasz  gar  kein  einfluss  der 
kreuzzüge  bemerkbar  ist.  aber  wenn  auch,  wie  es  scheint,  der^leidMB 
inhaltliche  gründe  den  hg.  bestimmt  haben  die  schnft  fUr  alt  n 
halten  und  die  mittelalterliche  Orthographie  der  hss.  auf  rechnnpg 
der  abschreiber,  nicht  des  Verfassers  zu  setzen :  so  ISszt  sich  doch  ans 
sprachlichen  gründen  das  mittelalter  als  abfassungszeit  mit  sich«- 
heit  beweisen,  ich  erwähne  nur  die  auch  in  culturgeschichtliclMr 
beziehung  wichtigen  Wörter  hastüudia  et  tameamefii4»  8,  25.  20|  liL 
sind  wir  demnach  gezwungen  die  novelle  in  das  mittelalter  zo  aetM% 
so  folgt  daraus  dasz  hsl.  Schreibungen  wie  dampnare  16,  27.  26,  26L 
27,  29;  sollempnis  8,  3.  24.  28.  9,  5;  retulisse  27,  7.  14;  c^Mr- 
tunitas  3,  11.  25,  25;  quatuor  17,  2  nicht  htttten  verdringt  warte 
sollen,  hätte  sich  H.  in  dem  puncte  der  zeitansetzung  nicht  teosdifli 
lassen,  so  würde  er  auch  weder  für  mediante  s.  18,  31  die  schlimm- 
besserung  medicante  noch  für  das  ganz  richtig  überlieferte 
s.  8,  16  nee  cum  in  den  text  gesetzt  haben. 

Im  einzelnen  ist  es  oft  nicht  leicht  zu  entscheiden,  ob 
oder  jene  auffällige  Wendung  der  hss.  dem  Verfasser  zutrauen  oder 
durch  conjectur  beseitigen  soll,  so  an  der  stelle  s.  5,  20,  wo  üb 
hinterlistigen  kaufleute  sich  gegenseitig  zu  ihrem  plane  dem  Gon- 
stantin  zu  rauben  mit  den  werten  auffordern:  educemus  ijaswi  ä 
honis  morihus  instruamus.  so  schreibt  der  hg.  im  ansehlosz  an  mam 
Freiberger  codex,  der  dem  Dresdener  an  alter  und  gute  entsohiedfli 
nachsteht,  letzterer  hat  aber  hinter  et  ein  d'  B=-de  eingeschoben,  wel- 
ches nicht  mit  H.  bei  seite  geschoben  werden  darf,  denn  erwSgt 
dasz  Wendungen  wie  de  bofiis  ofierare  s.  5,  26  oder  de  vestümB  t 
erf  8.  5,  31  oder  de  mercimonüs  implere  s.  10,  24  von  dem  Terfi 
sehr  häufig  angewendet  werden,  so  ergibt  sich  mit  Sicherheit, 
auch  5,  20  zu  schreiben  ist  educemus  ipsnm  et  de  honis  m¥nrSbms  in- 
struamus.  ebenso  ist  s.  27,  30  die  Überlieferung  der  besaam  hk 
D(rcädensis)  an  der  band  der  minder  guten  F(riberg6n8is)  mit  va- 
recht  verdrängt  worden,  es  heiszt  daselbst  nach  wiederinzitaUinf 


FMSehrOter:  aiix.T.iiio.raetoiiid«CiiiitlLHb.«d.EH^^  851 

der  mittelalterlichen  Orthographie:  ffst  9tßßkfMam  OMMtaipfiaMaiiif 
infeni  fecerat  supplicium  dirae  morUsi  statt  marÜB  &n  mtfpliemm 
von  F  bietet  D  hier  suppUbifum  äigue  mortis^  und  das  ist  ndt  cUnr 
Wortstellung  auch  beizubehalten  im  sinne  einer  'verdienten'  todes» 
strafe. 

An  andern  stellen  Usit  sich  swar  die  Tom  hg,  in  den  text  ge* 
setzte  Überlieferung  allenfolls  yerteidigenf  doch  nur  so  dau  gewieii- 
tige  zweifei  zurückbleiben,  so  s.  IS,  98  ff.  mname  andern  fado  com* 
iuges  ipsi  evigüantes  coqni  cpcnca  dicere  cpcnco  cuo:  curgamuc^  ne^ 
si  forte  supervemani  mcrcatares  magiciH  mocMt  et  imoctikmi  no$ 
mtdos,  ex  quo  vertamdiam  recipiemuc  quae  won  MceL  dase^Torin- 
veniant  könnte  nur  zu  dem  durch  zwei  worte  davon  getrennton  tmdoc 
im  sinne  von  'sogar'  gehören ,  ist  aber  besser  sn  streichen,  ebenso 
wenig  braucht  man  mit  F  s.  20,  18  die  iSstige  und  schlechte  wieder» 
holung  des  schon  z.  16  gesetsten  se  ansunefamen,  da  D  mit  vollem 
recht  an  der  zweiten  stelle  des  se  weglftsst.  datu  kommen  stetten 
die  ich  für  corrupt  halten  musz,  obwol  der  hg.  nichts  gelndert  hat. 
so  8.  7,  9  f.,  wo  es  von  den  treuen  rathgebem  des  Constantins 
heiszt:  pacem  diUgwü  ae  terram  ä  hernimmt  commoda proccgumm 
tur,  ac  terram  könnte  doch  nur  an  diSUgwü  gehOren,  mllste  dann  ge- 
schickter weise  diesem  vorausgehMii  damit  man  es  nidit  mit  pro* 
sequuntur  verbinden  kann,  und  gibt  selbst  dann  noch  keinen  veAten 
sinn,  es  ist  offenbar  corropt.  ich  schlage  daher  vor  an  lesen  jiMsm 
düiguwt  aeternam. 

In  der  declamatorischen  anrede  der  kaiserlichen  eitern  an  ihre 
abreisende  tochter  s.  11, 17  ff.  o  unica  ßia  nostra  däecUssima^  lumcn 
oculorum  nostrorum^  senectuHs  nostrae  baculuSt  impcrii  nasM  cumüque 
terreni  domini  heres  usw.  wird  sich  die  coigectur  dominii  von 
selbst  empfehlen,  ebenso  möchte  ich  s.  15, 27  für  das  farblose  remiffra* 
tionibus  vielmehr  remigationibus,  für  simOücr  qui  ambaciaicres 
30,  2  lieber  simäUerque  lesen  und  in  dem  satze  d  in  sigmum  quod 
omnia  ista  vera  sini  ecce  anmUum  vestrum,  ccce  humerak  omamenium 
imperiale,  guas  res  in  defloratione  mca  mihi  amarissime  flenU  et  de  per* 
petrata  circa  me  nimium  dolenti  quadam  pietate  motus  irtbuistis  nach 
circa  me  s.  25,  31  ein  wort  wie  contumdia  oder  imturia  einschalten. 

Endlich  kommen  auch  solche  stellen  vor,  wo  der  hg.  richtig  gs- 
sehen  bat  dasz  der  überlieferte  text  durch  coigector  su  heilen  ist, 
wo  ich  aber  einen  andern  und,  wie  ich  hoffe,  bessern  Vorschlag 
machen  möchte,  am  handgreiflichsten  ist  dies  s.  26,  14^  wo  für  das 
hsl.  nee  ahsit  deorum  sublimium  dispositione  talis  eoneiMtm  aed" 
dere  potuU  nicht  mit  H.  sine,  sondern  absque  su  schreiben  ist:  vgL 
s.  27,  24  non  absque  nutu  dtorum  suNimiifiii.  s.  S,  5  ist  es  ein* 
facher  de,  eo  statt  de  ea  (re)  für  das  hsl.  de  ea  za  schreiben,  und 
8.  11,  10  kommt  der  hsl.  lesart  prohibens  ein  propeUens  paliogra- 
phisch  näher  als  das  von  dem  hg.  in  den  text  gesetzte  impdlens. 

Wenn  nun  auch  die  vorliegende  novelle  dem  mittelalter  lu- 
zu weisen  ist,  so  erhiüt  doch  nicht  allein  dia  rein  mittelaltacliehe, 


652    FMSchröter :  anz.  v.  ine.  auctoris  de  Const.  M.  lib.  ed. 

sondern  auch  die  alte  litteratur  durch  dieselbe  erwttnschte  anfUi- 
rung.  man  bat  in  den  letzten  jähren  wiederholt  darauf  aufmerfaun 
gemacht,  dasz  die  philologie  auch  den  auslftufem  des  classischca 
altertums  aufmerksamkeit  zuzuwenden  und  sie  zar  aufhelliuig  dM 
ihr  eignen  gebietes  zu  verwerten  habe,  der  vorliegende  roman  gibt 
uns  hierzu  ein  neues  beispiel.  nur  auf  einen  pnnot  sei  anfmerkum 
gemacht,  die  werte  des  Suidas  u.  KuivcraVTivoc  6  }iijac:  OUTOC  & 
dqpavdüv  TiKTerai  tw  ßactXei  KujvcTavTiui ,  Tvuipic6€\c  hi  Tiji 
TTOTpi  KQTd  Tivac  f  vu) p i)Liouc  TpÖTTOuc  könnten  nach  m- 
screr  bisherigen  kenntnis  der  alten  litteratur  nicht  erklärt  werdet. 
es  ist  aber  klar ,  dasz  Suidas  eine  ähnliche  erzählung  vor  sich  gehabt 
haben  musz  wie  die  von  U.  veröffentlichte  novelle,  in  welcher  diB 
YVüüpi^oi  TpÖTTOi  des  Suidas  enthalten  sind;  vgl.  Heydenreichi 
praef.  s.  V. 

Ist  es  demnach  augenscheinlich,  dasz  eine  ähnliche  erzfthloig 
wie  die  des  incertus  auctor  de  Constantino  in  byzantinischer  zeit 
bekannt  war ,  so  wird  es  die  aufgäbe  weiterer  nachforschungen  sein, 
diese  erzählung  teils  auf  ihren  historischen  gohalt  bin  zu  prüfea, 
teils  in  ihren  sagenhaften  gestaltungen  durch  kirchliche  und  profane 
litteratur  zu  verfolgen,  der  hg.  hat  eine  derartige  Untersuchung  ii 
aussieht  gestellt,  wir  sehen  derselben  mit  Spannung  entgegen  uai 
glauben  dasz  von  einer  derartigen  arbeit  auch  für  die  sagenweit  da 
germanischen  und  romanischen  mittelalters  erwttnschte  aufklBin^ 
zu  erwarten  ist. 

NACHSCHRIFT. 

Mehrere  recensionen  dieses  libellus,  welche  mir  seit  der  tot 
längerer  zeit  geschehenen  abfassung  vorstehender  anzeige  zu  genÜ 
gekommen  sind ,  veranlassen  mich  nachträglich  einige  bemerkungCB 
hinzuzufügen. 

Erstlich  geht  aus  H.s  äuszerungen  auf  der  philologenversamlnm 
in  Trier  (1879)  hervor  dasz  er  den  roman  doch  nicht  für  so  alt  hiltj 
als  ich  annehmen  zu  müssen  glaubte,  die  vorsieht^  mit  der  er  sich 
über  diese  schwierige  frage  auäläszt  und  eine  genaue  abfoasnqgs- 
zeit  gar  nicht  anzugeben  wagt,  möchte  ich  ihm  eher  snm  lobe  ab 
zum  tadel  anrechnen,  um  so  weniger  ist  mir  üseners  entgegnnm 
auf  eben  jener  versamlung  erklärlich,  da  die  hier  vorgetrageMB 
argumente  keineswegs  entscheidend  sind,  denn  wenn  s.  180  dv 
^  Verhandlungen '  eine  reihe  von  Wörtern  beigebracht  wird ,  die  ia 
altclassischer  zeit  nicht  vorkommen,  so  beweist  das  weder  eiwss 
gegen  H. ,  der  selbst  die  zeit  der  abfassung  in  das  mittelalter,  nd 
nicht  in  das  früheste,  verlegt,  noch  ist  es  geeignet  die  Yon  Üsener 
versuchte  genaue  Zeitangabe  genügend  zu  stützen,  denn  ans 
mangel  alter  belege  eines  Wortes  auf  späte  abfassung  mit  Ui 
zu  schlieszcn ,  ist  ein  ebenso  unsicherer  schlusz  ex  silentio ,  wie  die 
ebd.  von  H.  gezogene  folgcrung  aus  dem  schweigen  Über  die 
Constantinische  Schenkung  auf  ältere  abfassungszeit.  gau  mbe- 


FMSchrgter;  ang.v.inc.«ictomdeC<mitMLlib>ad,BHwdaMwML    668 


weisend  gegen  H.  ist  zb.  der  nmsiaad  daas  *  sogar  %  wieüsener  sagt 
(s.  1€0  z.  3) ,  das  wort  stahdaria  im  libellaa  Yorkommt  —  aiii  wort 
das  schon  im  vierten  jh.  von  derselben  Helena  gebraucht  wurde  (s* 
Manso  leben  Constantins  d.  gr.  s.  290).  wie  es  femer  '  belehrend ' 
sein  soll,  den  libellus  mit  dem  roman  'de  la  belle  Heleyne  de^on- 
stantinople'  zu  vergleichen,  kann  ich  nicht  recht  einsehen,  aumal 
üsener  selbst  zugibt  dasz  beide  romane  "unabhängig  von  einander 
entstanden  seien  und  fast  gar  keine  berflhrungspunete  bieten,  weitar 
darf  an  der  lesart  simüUer  qui  s.  80,  2  nicht  gerflttelt  werden:  gui 
ist  hier  als  artikel  gebraucht,  Tgl.  die  besprechung  des  libellus  durch 
PhTbielmann  in  den  blftttem  t  d,  bajr.  gymn.  XT  s.  124  ff.  sonach 
musz  ich  meinen  oben  gemachten  Vorschlag  daftlr  simüüerqiie  su 
schreiben  als  verfehlt  bezeichnen,  dieselbe  vermeintlicho  Verbesserung 
ist  übrigens  auch  von  einem  anonymus,  der  im  philol.  ans.  Xs.  64  ff« 
unsem  libellus  recensiert  hat,  angerathen  und  sogar  als  *  notwendig' 
bezeichnet  worden. 

Wie  weit  aber  die  ansichten  über  etwaige  coiyectnren  sn  dem 
texte  des  libellus  auseinandergehen,  seigt  ua.  folgendes  beispiel: 
8.  6 ,  7  ist  in  D  zu  lesen  ä  mö^  in  F  a  modo*  darüber  sagt  der  eben 
erwähnte  anonymus  s.  55:  *6,  7  ist  das  adverbium  amoäo  deut- 
liehst  überliefert.'  in  derselben  stelle  jedoch  will  QLandgraf 
(blätter  f.  d.  bayr.  gymn.  XV  s.  465)  schreiben  u$que  ad  mortem  oder 
nur  ad  mortem,  der  anonyme  Verfasser  einer  andern  sehr  ausführ- 
lichen ,  inhaltreichen  und  anregenden  recension  endlich  (philoL  ans. 
X  8.  56—64)  betrachtet  ä  als  dittographie  der  ersten  silbe  des  vor- 
ausgehenden Wortes  amicos  und  schreibt  demgemäss  amieos  modo, 
wo  eine  derartige  Verschiedenheit  in  den  Snderung^vorschlSgen  mög- 
lich iat,  kann  man  doch  wol  nicht  von  *  deutlichster'  Überlieferung 
sprechen,  obgleich  auch  Usener  ao.  s.  179  f.  zu  letzterer  meinung 
hinneigt. 

Sodann  musz  in  einer  solchen  schrift  die  grOste  vorsieht  bei 
scheinbaren  Verbesserungen  des  textes,  sowol  in  Orthographie  als 
auch  in  grammatik,  obwalten,  man  hat  es  ja  mit  mittelalter- 
lichem latein  zu  thun,  in  welchem  viele  formen  vorkommen,  die 
nach  clasäischem  maszstab  gemessen  allerdings  falsch  und  barbarisch 
sind ,  deswegen  aber  durchaus  nicht  ohne  weiteres  gestrichen  und 
durch  classisch- richtige  ersetzt  werden  dürfen,  so  sehe  ich  nicht 
ein,  warum  man  fordert  dasz  formen  wie  novQms  s.  9, 14;  recesewm 
für  rcccssu  s.  3,  9;  cepü  für  co^  s.  3,  20  usw.  durchaus  geftadert 
werden  sollen,  ganz  gowis  darf  man  dergleichen  Schnitzer  dem  Ver- 
fasser des  libellus  zutrauen. 

Leipzig.  Franz  Mabtih  ScnÖTBB. 


654  ELudwig:  su  dem  ine.  aactor  de  Conat.  Magno  einaqne 

86. 

ZU  DEM  mCERTUS  AüCTOR  DE  CONSTANTINO  MAGNO 

EIüSQüE  MATRE  HELENA. 


Der  vonHejdenreich  in  der  bibliotheca  Teubneriana  zum 
male  veröffentlichte  *  libellus  de  Constantino  Magno  eiasqne  matre 
Helena'  erfreut  sich  dank  der  besonnenen  und  geschickten  kritisdui 
behandlungsweise  des  hg.  einer  brauchbaren  textverfassong.  ind« 
ist  es  erklärlich,  wenn  eine  editio  princeps  noch  manches  bietet,  wie 
noch  nicht  oder  noch  nicht  genügend  erledigt  ist.  einiges  bessen 
zu  helfen  ist  der  zweck  der  nachfolgenden  zeilen. 

3. 8, 16  mane  .  .  facto  necdum  (codd.,  nee  cum  H.)  plene  awron 
ortutn  diei  patefaceret.  die  einführung  von  cum  für  dufi%  ist  nnnOtig, 
da  dum  in  der  spätem  latinität  die  rolle  von  cum  mit  abemimt:  y^ 
Paucker  kleine  beitrage  zur  lat.  lexicographie  im  bnlletin  de  Taead. 
de  St  Petersbourg  1873  s.  608       9, 14  de  talAus  novibus  (H.  ond 
codd.)  nimium  contristatL   derartige  formabwandlnngen  wie  novUim 
st.  novis  haben  in  dieser  schrift  keine  analogie  mehr,  und  flberhaopt 
ist  nach  der  formalen  grammatischen  seite  hin  wenig  auffl&lligei  ii 
dem  libellus,  so  dasz  die  aufnähme  einer  solchen  form  in  den  tot 
doch  sehr  bedenklich  erscheint,   zu  coniristati  würde  nubihus  aa 
leichtesten   herzustellen    sein,     sollte  dies   aber  nicht   allgemd] 
billigung  erlangen ,  so  müste  novibus  doch  wenigstens  einem 
weichen,  das  bei  einem  gedankenlosen  abschreiber  seine  anomafe 
endung  von  dem  unmittelbar  voraufgehenden  talibus  erhalten  häbm 
mag       9,  19  quamque  m  gremio  sanguinis  cordis  nastri  enuirmmm 
H.   in  der  Freiberger  hs.  fehlt  sanguinis^  welches  aus  einem  gloi- 
sierten  ezemplar  in  die  Dresdener  hs.  hineingerathen  sein  mnsx:  der 
ausdruck  gremium  sanguinis  ist  widersinnig,  deshalb  ist  ^an^iMitf 
zu  streichen       15,  8  cum  ..  placuerit  divinae pidati,  quae  DaftMoa 
. .  Uberavit^  cos  similiter  libcrare.  das  darch  den  Zusammenhang  ge- 
forderte eos  fehlt  in  den  hss.  und  ist  von  H.  ergttnzt;  leichter  noeh 
würde  wegen  des  folgenden  similiter  ein  se  aufzunehmen  sein,  naifli^ 
lieh  se  in  der  bedeutung  von  eos,  wie  es  in  dieser  schrift  allenthaUMi 
gebraucht  wird,  vgl.  secum  =  cum  eo  7,  30;  21,  3.  4  und  6;  28, Si; 
femer  sibi  =  et  4,  11;  5,  25  uö.  (umgekehrt  ef^»  sibi  13,  14) 
17,  7  Helena  .  .  cum  vidisset  filium  .  .  indutum  et  secum  .  .  imJfai— 
gerentem  (H.,  rcieute  Frib.,  im  Dresdensis  ist  das  wort  getilgt), 
eum  .  .  nan  cognovit.  die  conjectur  gerentem  liegt  Suszerlich  la  nl 
von  der  hsl.  fassung  ab,  die  sich  am  besten  in  ineuntem  anflBsA 
Iftszt,  woran  auch  H.  gedacht  hat;  das  restierende  re-  ist  wiede^ 
holung  des  voraufgehenden  {mulie)re  und  secum  demonstrativ  wie 
oben       23, 27  verum  tarnen y  ex  quo  habere  nan  voltis  me  de  Jhito- 
modi  subportatam,  vcstrae  notifico  maiestati,   der  satz  ist  so  nicht  xo 
verstehen,  sehr  wol  aber,  wenn  man  statt  habere  das  so  oft  damit 
verwechselte  abirc  setzt         24,  1  quoniam  . .  ego  aentiens 


•  • 


ERohde:  IQ  dem  ine.  Mctor  de  (kmtt  Magno  daiqM  alte  HelMMki  666 

concepisse^  decrevi  poHus.  der  dnreh  guatUam  eingdeitote  foirderMti 
entbehrt  des  verbom  finitom,  das  in  sentirem  aoa  aeiiliefie  tu  ge- 
winnen ist;  zur  Verwechslung  dieser  endnngen  in  der  sehiift  vgL 
15,  10,  wo  H.  richtig  viderefU  aas  mä0fi(e9 hergestellt  hmt  26, 10: 
kaiser  Constantin  fragt:  et  quomodo  poiesi  iste  {pciesi  itte  D,  Me 
p.  F)  ßiiis  mei^s  et  quem  ipsum  de  vcbis  generavi?  das  Mdende  esse 
im  ersten  teil  ergibt  sich  ans  der  differena  der  hss.  im  originml 
mu8z  esse  patest  iste  gestanden  haben«  die  ihnlidikeit  Ton  Me  nnd 
esse  veranlaszte  in  den  abgeleiteten  quellen  die  anhabe  eines  von 
beiden  Wörtern,  in  D  des  ersten,  in  F  des  sweiten. 

Bremen.  Eutr  Ludwig. 

8.  2,  14  degantiae]  sehr.  degatUiam  et        4, 13  patmo]  sehr. 
patrio       6,  7  uüo  modo]  so  der  hg.,  ä  modo  F,  a  mo D;  sehr,  amodo 

6,  11  destüuta]  sehr.  destiMam  6, 14  imM]  sehr,  me 
7,  10  ist  vielleicht  zu  schreiben  qmpaeem  düigymif  mercaimram  et 
hominuM  commoda  proseqmmtur  8, 16  sehr.  neediMN  (so  die  hss.) 
plene  aurora  ortum  diei  paiefaeienie  (jpatefaeeret  die  hss.)  8,  22 
sehr,  principibus  et  nobütbus  9,  14  tälilms  novis:  zu  der  nnform 
novibus  kam  der  abschreiber  offenbar  nur  durch  nachwirknng  des 
talibus  12,  5  hinter  rrfugHtm^  10  hinter  oHguMae  fehlt  je  ein 
wort  12,  18  talium  die  hss.,  yielkieht  täU$  tum  13,  7  prao- 
parare]  praeportare?  13, 10  fingere]  figere?  18,  16  MertfiMi] 
so,  vollkommen  sinnlos,  ^e  hss.  und  die  ausgäbe;  sehr.  Meti^ifffi. 
vgl.  16,  29         15,  4  streiche  das  fttst;  mit  de  beginnt  der  nachsatz 

15,  27  remigrationibus]  sehr,  remigationibus  17,  7  beiie 

omaiam  mulierem  gerentem]  so  der  hg.,  reieuti  F;  sehr,  retinentem 

17,  13  {hinter  perducttM  ist  einzuschieben  fuerü;  quaUter 

17,  23  reddere  satis  certam]  credere  satis  certum?  17,  26  sehr. 
amplexata  est  eumque       18,  14  tristäbatur]  sehr,  contristabatur 

18,  29  bene^  ut  spero^  adiuvante]  sehr,  deo  me,  ut  spero^  admwifiie 

19,  15  quidcm]  sehr,  pridem  19,  28  sehr,  commendo  me  et 
ipsum ;  et  omnia  usw.  mit  dpr  interpunction  hat  es  sich  der  hg.  Ilber- 
haupt  recht  bequem  gemacht,  den  lesem  desto  unbequemer  21, 7 
praefedt]  praefulsU?  das  dann  folgende  ito  ist  wol  zu  streichen 
23,  12  praemissa]  sehr,  promissa  24,  1 — 10  man  interpnngiere : 
quoniam  vero  ego^  sentiens  . .  concepisse^  decrevi .  .  sustinere:  ideo  .  • 
praedegi  .  .  et  mansi  usw.  das  ef  z.  7  ist  zu  streichen;  das  ganze  ist 
nur  dm  satz ;  mit  ideo  beginnt  der  nachsatz  24, 9  streich  ifkifitbiis 
s€u  25,  10  et]  sehr,  esse  25,  31  sehr,  dereperpetraiai  vgl. 
3,  17  26,  14  nee  absit  deorum  subUmium  disposHione]  so  cUe 
hbs. ;  aus  absit  war  nicht  sine  zu  machen  mit  dem  hg.,  sondern  äbsque. 
vgl.  27,  24  26,  23  sibi]  sehr.  tibi,  anders  das  sibi  s.  27,  21 
27,  15  misit  solationes,  suos  kgatos]  so  die  hss.,  sinnlos,  sehr. 
misU  sine  dilatione  suos  l.  27,  28  mtraadose  9e  reperU  veri' 
totem]  so  die  hss. ;  vielleicht  mir,  sero  rep.  ver.  30,  2  sehr,  «tmi- 
Uterque  ambasiatores. 


656    ERohde :  aus  Pompeji.  —  MPetschenig :  primum  . .  «ic  n.  prifu . .  M. 

Vennutlich  nur  druckfehler  werden  corrigiert,  wenn  man  schreibt 
s.  2,  15  coficupiscentiam  (wie  19,  24)         3y  b  de  eo         3,  9  rea$gik 

8,  20  coepit         10,  10  ohteniperarcnt         12,  1  dominii 
12,  14  e/o/^ro5t55tmtim        13,  3  coeperufU        16,  6  tapetis        16. 1^ 
carundem         18,  6  incomparahiliter. 

üebrigens  ist  das  ganze  schriftchen,  wenigstens  in  der  Torliegn- 
den  fassung,  keinesfalls  Yor  dem  zwölften  jh.  verfaszt,  YermuÜidhii 
Frankreich,  jedenfalls  nicht  in  Rom,  zu  einer  zeit  da  die  tam» 
fnenta  schon  so  eingewurzelte  sitte  waren,  dasz  man  glauben  konntti 
sie  seien  bereits  zu  Constantins  zeiten  üblich  gewesen  (s.  cap.  32.  33> 

Tübingen.  _  Erwin  Rohde. 

87. 

AUS  POMPEJI. 


Eine  wandinschrift  aus  Pompeji,  mitgeteilt  im  Bullettino  delT 
Inst,  di  corr.  archeol.  1875  s.  191,  lautet:  seni  supino  coHIadMm 
iegunt.  diese  worte,  mit  denen  der  herausgeber  nichts  anzufugci 
gewust  hat,  bilden  einen  senar  mit  doppelter  allitteration : 

seni  supino  colei  culum  tegunt. 
eines  commentars  bedarf  wol  dieses  freilich  nicht  besonders  dp^ 
titliche  bild  eines  zurückgelehnt  (wol  betrunken)  daliegenden  gnt 
sen  XaKKOCX^ac  nicht. 

Tübingen.  .   ._    . Erwim  Rohm. 

88. 
PRIMUM  —  SIC  UND  VRIUS  —  SIC. 


Vulcacius  Gallicanus  im  leben  des  Avidius  Cassias  10, 1  (8.85,tt 
Peter)  item  alia  episdda  ciusdem  Faustinae  ad  Jlarcum:  maier  wB 
Faustina  patrem  tuitm  Pium  in  defedione  Celsi  sie  kortaia  tBi^  rf 
pictatcm  primum  circa  suos  senar  et  ^  sie  circa  alienos.  das  an  im- 
ter  stelle  stehende  sie  hat  anstosz  erregt.  Eyssenhardt  wollte 
schreiben,  JKlein  (rhein.  mus.  XXXIV  s.  145)  vermutete  secus. 
die  Überlieferung  ist  ganz  richtig,  wie  Julius  Capitolinus  im  ktai 
des  Opilius  Macrinus  6,  6  beweist:  Diadumenum  fUium  me 
notum  et  imperio  milcs  donavit  et  nomine  ^  Äntoninum  videiicei  Offt 
lans^  ut  coJionestaretur  prius  nomine y  sie  eiiam  regni  honore.  difli 
beiden  stellen  zeigen  also ,  dasz  in  der  spätem  latinitftt  sie  and  ii 
dem  sinne  von  dcinde  nach  vorausgehendem  j^nmum  oder  jwtMf  |i- 
braucht  wird,  ein  drittes  beispiel  hiefÜr  findet  sich  bei  Poqthjnfli 
zu  Hör.  serm,  II 5, 53  {quid prima  secundo) :  hene  hoc  et  iuxia  onliwct 
quia  prius  tcstatoris  nomen,  sie  heredis,  sie  hat  hier  die  alt«  vi 
einzig  maszgebende  Münchener  hs. ;  GMejer  schrieb  secundmm^  > 
dere  secundo. 

Gbaz.  Michael  Pstscbeiio. 


ERSTE  ABTEILUNG 

FÜB  OLASSISCHE  PHILOLOGIE 

HBBACSaEaBBBN  YOK  ALFBBD  FLBOKBIlBr. 


89. 

DIE      GRÜNDLAQEK     DBR     aRnOBlSOHUr     8TMTAX     UdRTBET     TOW 
B.  DbLBrOOK.    (8TNTAKTI80HS  VORSOHÜliaSH.   I?.)    HrU«  R.  GL, 

Verlag  der  bachhandlang  des  wRiienhAQiet.  1879.  YIÜiLlMt.  gr.8. 

Der  zweck  der  Torsteheiid«n  sdirift  ist,  wit  der  wi.  t.  S  aagi| 
*die  gnindlagen  fttr  ein  geschiohtUeliee  ▼ortUtaidiui  der  griediiaclMHi 
ayntax  zu  legen' .  nicht  ein  im  eimelnen  enageflUirlaa  lehi^bliide  der 
griechischen  sjntaz  soll  gegeben,  sondern  nor  mit  den  mitteln  der 
yergleichenden  eprachforschang  gezeigt  werden ,  wo  der  gnind  nnd 
nrsprung  für  die  syntaktischen  erscheinungen  der  hittoriaohen  grft- 
oität  zu  suchen,  welches  der  Torhistorische  hintergnmd  dieeer  apraoh- 
erscheinungen  sei.  dabei  beschränkt  sich  Delbrflck  auf  den  ein£EU)h«i 
satz ;  alles  was  den  mehrfachen  satz  und  die  satirerbindenden  con- 
junctionen  angeht  bleibt  bei  seite.  das  buch  ist  besonders  für  solche 
classische  philologen  berechnet,  welche  an  den  sprachwissenschaft- 
lichen  Studien  ein  interesse  nehmen ,  ohne  sich  doch  an  allen  einsei- 
Untersuchungen  zu  beteiligen,  es  sind  demnach  die  citate  ans  andern 
sprachen  als  den  classischen  so  eingerichtet,  dass  sie  auch  Ton  den 
dieser  sprachen  nicht  kundigen  lesem  verstanden  werden  kOnnen.  bei 
seinen  vergleichungen  beschränkt  sich  D.  fast  ganx  aof  das  sanskriii 
was  nicht  nur  daraus  sich  erklärt,  dasz  das  gebiet  der  sanskritsyntaz 
eine  lieblingsdomäne  von  ihm  ist,  sondern  auch  seinen  guten  gmnd 
darin  hat,  dasz  die  griechische  sjntaz  von  keiner  andern  indoger- 
manischen spräche  her  so  viel  licht  empftngt  als  gerade  von  der 
altindischen. 

Das  urteil  über  D.s  schrift  kann  nur  ein  gttnstiges  sein,  so- 
wol  wenn  man  berücksichtigt  was  sie  bringt,  als  auch  in  wel- 
cher form  sie  ihren  inhalt  gibt,  nach  den  verschiedensten  rich- 
tungen  hin  wird  belehmng  und  anregung  geboten.  viel^Mih  werden 
aufgaben  formuliert,  die  der  forschung  noch  zu  lösen  bleiben,  und 
80  möchte  ich  das  Studium  des  buches  namentlich  auch  solchen 
empfehlen,  welche  sich  einen  überblick  darüber  zu  verschaffisn  wflBr 

iahrbuclMr  fOi  cIms.  philol.  1S80  hfl.  10  a.  U.  48 


658     KBragman:  anz.  7.  BDelbrücks  grundlagen  der  griech.  wpdta» 

sehen ,  was  der  auf  ein  verstHndnis  der  geschichtlichen  entwieklung 
der  griechischen  syntax  abzielenden  forschung  noch  sa  thnn  flhrig 
ist.  gerade  in  dieser  letztern  richtung  wird ,  wie  man  hoffen  darf, 
D.s  Schrift  besonders  fördernd  wirken  und,  indem  sie  nene  arbeita 
anregt,  dazu  beitragen,  dem  öfters  in  letzterer  zeit  gehörten  Vorwurf 
die  Sprachwissenschaft  befasse  sich  zu  einseitig  mit  der  ftanen 
sprachform,  der  lautlichen  gestaltung  der  Wörter,  und  yemachlla» 
sige  darüber  die  functionelle  seite,  die  bedeutung  und  den  syntakti- 
schen gebrauch,  den  boden  zu  entziehen.^ 

In  den  einleitenden  bemerkungen  (s.  1 — 3)  wird  beson- 
ders betont,  dasz  es  imrichtig  ist,  als  grundbegrif fe  solche  all- 
gemeine begriffe  aufzustellen,  unter  welchen  sich  die  manigfaltig^ 
keit  des  gebrau chs  einer  form  in  einem  umfangreichen  Schema  n- 
sammenfassen  läszt.  man  hat  vielmehr  unter  grundbegriff  immer 
die  älteste  bedeutung  einer  form  zu  verstehen ,  die  bedentn^g 
welche  der  form  bei  ihrer  entstehung  zukam,  diese  zn  ermitteln  li 
aufgäbe  der  vergleichenden  Sprachwissenschaft,  in  einem  teil  der 
fölle  kann  diese  aufgäbe  als  gelöst  betrachtet  werden,  sehr  hlofig 
aber  kommt  auch  die  vergleichende  Sprachforschung  nicht  darttbcr 
hinaus,  fUr  eine  als  urindogermanisch  erwiesene  form  nur  verschie- 
dene anwendungstypen  neben  einander  zu  constatieren  (sb.  fllr  dea 
genetiv) ,  indem  diejenigen  sprachelomente ,  an  die  sich  die  in  tagt 
stehende  function  knüpft,  entweder  überhaupt  nicht  mit  irgend  wd- 
cher  Sicherheit  etjmologisierbar  sind ,  oder  wenn  sie  sich  anch  ety* 
mologisch  analysieren  lassen ,  doch  keine  so  genaue  feststellnng  im 
grundbegriffd  zulassen,  dasz  man  die  für  die  proethnische 


*  dieser  tadel  ist  übrigens,  so  allfcemein  AUBgesprochen  wie  es 
wohnlich  der  fall  ist,  meines  erachtens  ungerechtfertigt,  man 
sieht  dasz  das  Verständnis  der  entwicklung  einer  syntaktiechea  ■•- 
branchsweise  in  den  allermeisten  fällen  durchaus  von  dem  urteil  Imt 
die  Süssere  sprachform  abhängig  ist.  suertt  müssen  wir  doch  lauMr 
darüber  im  klaren  sein,  welche  formationen  in  den  verschiedenen  einnl* 
sprachen  oder  auch  einzeldialekten  lautlich  gleichgestellt  and  ans  ein« 
einheitlichen  grundform  abgeleitet  werden  können,  ehe  es  sich 
vergleichung  und  ein  inverbindungsetsen  der  function  handeln  kl 
wie  ist  zb.  ein  geschichtliches  begreifen  der  casnssjntaz,  wie  sie 
uns  in  der  historischen  periode  einer  einselsprache  tb.  der  griechis^ss 
darstellt,  denkbar,  wenn  man  nicht  vorher  darüber  Ins  reine  gekomts 
ist,  welche  Casusformationen  der  verschiedenen  sprachen  einander  gldA 
zu  setzen  sind?  und  weiter  ist  klar,  dasz  auf  dem  ffebiete  der  Iss^ 
und  formeulehre  der  indogermanischen,  insonderheit  anch  der  classisehM 
sprachen,  noch  zahlreiche  aufgaben  ihrer  lösung  harren,  und  daan  4^ 
runter  sehr  viele  sind,  die  erst  gelöst  sein  müssen,  ehe  des  rergleieW^ 
den  syntaktikcrs  arbeit  erfolgversprechend  beginnen  kann,  nnd  SO  ilt 
es  denn  durchaus  in  der  Ordnung,  wenn  in  der  sprach wissensehafi  dk 
syntax  gegen  die  laut-  nnd  formen  lehre  vorläufig  noch  sorfickätsU 
damit  soll  natürlich  keineswegs  in  abrede  gestellt  werden,  dass  aiM 
anch  manche  problemc  der  flezions-  nnd  stammbildnngilehra  nnd  tW* 
leicht  selbst  solche  der  lautlehre  ihrer  lösung  schon  näher  gsbra^ 
wären,  wenn  die  die  function  der  formen  betreffenden  untersnchoifia 
bereits  in  weiterm  am  fange  angestellt  wären  als  es  bisher 


KBragman:  aas.  ▼.  BIMbrfldkt  gmdlafMi  dtr  friash.  qfite»    6B0 

Periode  zu  gewinnenden  TenoUedeBen  gebnneiuitypeB  mit  mdMr- 
heit  zur  letzten  einheit  lueaminenTOfiiiiien  ▼ennödite.  es  gibt  daher 
zahlreiche  flllle,  in  denen  man  entweder  toh  dem  «nsata  einet  gmnd- 
begriffs  Torlttufig  Überhaupt  abzusehen  oder  deh  dooh  wenigeteiiB  bei 
aufstellung  eines  solchen  groezer  surfiekhaltnng  su  befleiaiigeB  liat. 
Das  erste  capitel  (s.  4 — 18)  behandelt  daa  genns  der  sub- 
stantiva.  in  zahlreichen  Allen  stimmt  daa  geacUeeht  grieohisoher 
substantiva  mit  dem  der  entspreehenden  indisohfin  llber^:  ab.  dnd 
masculina  dicfiuiv  und  ä^md  *ambos',  feminina  voOc  «ad  moAs  'sehüPt 
neutra  oO0ap  und  üdkar  *euter*.  mit  gewissen  snfizen  pflegte  sieh 
schon  in  der  zeit  der  idg.  Urgemeinschaft  ein  gewisses  genns  an  ver- 
binden,  zb.  das  mSnnliohe  oder  slchliohe  mit  dem  sodBz  ^h,  daa 
weibliche  mit  -d-  und  mit  dem  abstraota  bildenden  4i^  daa  sieii- 
liche  mit  -e9-.  nicht  selten  aber  hat  das  griechische  das  aus  idg«  nr- 
seit  flberkommene  genus  abgelndert  ▼erinderungen  des  geschleohts 
erfolgen  im  allgemeinen  entweder  ans  anlass  der  instern  sprach- 
form, wie  zb.  im  lat  die  werter  jwMs  und  oMs«  welche  ursprüng- 
lich neutra  waren  nach  art  der  indischen  nentn  wie  hravii  'ndm 
fleisch'  und  der  griechischen  wie  Kp^ac,  infolge  d6s  umstandes  sum 
masculinum ,  beziehentlich  femininum  geworden  sind»  dass  der  noou 
sg.  im  ausgang  mit  den  lahlreiohea  nominatiTen  wie  piid^  mir§ 
sUirS  zusammenfiep;  oder  sie  erfolgen  ans  anlass  der  inner n  spraeh- 
form,  der  bedeutung,  wie  wenn  im  italilaischen  podssM  (potataf)  in 
der  bedeutung  Mer  beamte'  zum  masculinum,  oder  bei  uns  dos/rite- 
lem  zu  die  fräüUin  wird,  beispiele  für  genusTerinderungen  um  der 
ttUBzern  sprachform  willen,  sagt  Delbrflck  s.  6,  seien  ihm  aus  dem 
griechischen  nicht  zur  band,  ein,  wie  mir  scheint,  unanfechtbarea 
ist  xdpn  *kopr,  welches  bei  nachhomerischen  dichtem  (Theognis, 
Kallimachos,  Moschos  ua.)  als  femininum  erscheint  (Kdpr)  Kdpf)C 
usw.).  das  wort  ist  von  haus  aus  neutrum,  entstand  aus  *Kapäc-ä 
mit  demselben  ausgang,  den  formen  wie  dX€i9a,  6vo^a  haben,  und 
entspricht  genau  dem  alünd.  neutrum  ^rMm-  ^kopf*.  der  genus* 
Wechsel  trat  ein,  nachdem  das  c  zwischen  den  beiden  a  ausgefaUeni 
diese  zu  ä  contrahiert  und  so  die  nominatiyform  ftuszerlich  den  nomi- 
nativen  wie  x^pd  h\Kr\  gleich  geworden  war  (s.  morphoL  unters.  11 
178.  227  ff.),  geschlechtswechsel  in  folge  Ton  yerttuderungen  der 
innern  spracbform  weist  D.  im  griechischen  in  weitem  umfang 
nach,  es  gehören  namentlich  zwei  fillle  hierher,  die  masculinisierung 
Ton  d-stftmmen  und  die  femininisierung  von  o-stimmen.  es  sind  tahl* 
reiche  feminina  auf  -(S-,  die  Ton  haus  aus  etwas  eine  person  irgendwie 
charakterisierendes  bedeuteten,  in  folge  d4Ton  zu  mftnnlichem  genns 
gekommen ,  dasz  sie  für  die  zu  charakterisierende  person  selbst  ge* 
setzt  wurden  (ygl.  unser  subst.  Ite^e  P^x  gdüMer  oder^eKeMe),  und 
dasz  nunmehr,  wenn  die  person  mftnnlichen  geschleohts  war,  das 
natürliche  geschlecht  hervortrat     so  bezeichnete  zb.  *F^Tä  (von 

'  Tgl.  morphologische  Untersuchungen  III  81. 

48» 


660     KBrngman:  anz.  t.  BDelbrücki  grundlagen  der  grieoh. 

dem  refleziystAmm  cFe-  gebildet) ,  das  dem  Homer.  F^rnc  la  gnmdB 
liegende  femininom,  Yon  bans  aas  'das  yerwandtaein,  Terwaadi- 
sebaft'.  wie  nun  Odjsseus  zu  Mentor  sagen  kann  ö^nl^v^n  ^  M 
icci  (x  209),  so  konnte  aacb  *F^Tä  für  eine  mttnnliche  person  aelbit 
gesetzt  werden  und  wurde  in  folge  dessen  zum  maseolinnm.  aook 
äuszerlicb  wurde  dann  das  mftnnlicbe  gescblecbt  noch  dadurch  g^ 
kennseicbnet,  dasz  der  nom.  sg.  nacb  der  analogie  der  mnwiwli^iiM^ 
o-stftnmie  den  ausgang  -c,  der  gen.  sg.  den  auagang  -o  (Iiriro-o) 
annabm,  wodurcb  die  formen  F^rä-c  F^ra-o  entsprangen.*  guuia 
derselben  weise  wurden  aucb  im  lat.  und  im  slay.  feminine  d-Btlmm 
zu  masculina.  dasz  so  die  masculina  mit  -d-  zu  deuten  sind,  iat  Bei- 
nes Wissens  zuerst  Yon  Job.  Scbmidt  erkannt  worden  (ygh  Ofttoff 
'yerbum  in  der  nominalcomposition'  s.  263  ff.),  anderseits  sind  aook 
masculina  auf  -o-  öfter  zu  feminina  geworden,  masculina  wmren  also 
dereinst  alle  die  Wörter  wie  i\  boKÖc,  i\  fiireipoc,  die  com  teil  nodi 
in  der  bistoriscben  zeit  zwiscben  beiden  genera  schwanken  (Bnt^ 
mann  ausf.  spracbl.  I'  148  ff.  Kühner  ausf.  gr.  I'  319  f.).  aof  d» 
einzelheiten  geht  hier  D.  nicht  näher  ein ,  sondern  Terweiat  nur  bei- 
spielsweise darauf  dasz  oI|iOC,  welches  in  ttlterer  zeit  als  mAse.,  spt 
ter  als  fem.  erscheint,  sich  nach  i\  öböc  (also  nach  einem  worte  im 
selbst  schon  geschlechtswecbsel  erfahren  hatte),  and  dasz  f|  bpdcoc 
sich  nach  üpo]  gerichtet  habe,  es  wftre  sicher  eine  lohnende  ab- 
gäbe, wenn  dieser  an  den  o-stämmen  yoUzogene  gennawechael,  aif 
den  auch  schon  im  litt,  centralblatt  1878  s.  983  f.  Ton  mir  hiigt- 


'  8.  9  sagt  D. :  Mass  diese  nomina  aaf  -Tiic  nicht  ron  anfaaf  ai 
das  nominativ-«  gehabt  haben ,  wird  schon  durch  die  bei  Homer  vw* 
kommenden  auf  -Ta  (welches  ans  rä  yerkürst  ist,  wie  das  a  des  aen. 
acc.  pl.  nentr.)  ausgehenden  nomina,  wie  iirirÖTO,  sn  denen  aiuicrkaik 
nomers  noch  tcX^ctq  anf  der  a)ten  elischen  vratra  kommt  Ivgl.  Fdttli 
beitrage  zur  declination  der  grieoh.  nomina,  Innsbruck  1880,  •.  8^ 
nahe  gelegt,  denn  dasz  in  diesen  Wörtern  nicht  etwa  das  s  abgefalka 
istf  macht  ihre  hohe  altertiimlichkeit,  welche  durch  ihr  Torkommce  ia 
formelhaften  ausdrücken  (vgl.  Brugman  in  Curtius  Studien  IX  U9  ff.) 
ffewährleiHtet  ist,  wahrseheinlich.'  ich  halte  diese  anfrassuBg  VM 
vnit&rä  für  falsch,  auslautendes  ä  im  griech.  wird  lantgeaetalieh  nkht 
verkürzt,  sondern  bleibt,  wie  in  x^pd;  dasz  tvffi  nicnx  laatlich  wM 
t\)fd  yerkürzt,  sondern  eine  neuerung  nach  der  analogie  dea  nom.  aee. 
plur.  consonantischer  stamme  wie  T^V€ic)-d,  q>^povT-d'  ist,  in  welcte 
von  jeher  im  auslaut  kurzer  vocal  stand,  haben  Kluge  beitr.  aar  W*^ 
conjug.  s.  27  f.  anm.  und  Osthoff  morph.  unters.  II  119  für  mich  tbi^ 
zeugeud  nachgewiesen,  die  nominativformen  iirnörd  fifirierd  cApteei 
usw.  sind  nach  meiner  meinung,  die  ich  auch  schon  morph.  lUteA 
II  199  aufigesprochen  habe,  vocative.  die  die  functlon  des  nomiaatiti 
übernommen  haben;  dem  vocativ  kommt,  wie  die  übereinstimmnng  d« 
indischen,  slavi^chen  und  griechisi-hen  darthut,  von  idg.  nrseit  her  karüS 
a  zu.  genau  dieselbe  erscheinung  haben  wir  im  rnssiaohen,  poloiaehta 
und  serbischen:  zb.  wird  russ.  btitjuUko,  der  vocatiy  yon  Aa(/iMtA« 'vftMr- 
chen'  (haii^usko  und  hatjunka  verbnltcn  sich  der  form  nach  ma  einaate 
wie  vOM<pa  und  vu^<pr)),  zugleich  auch  als  nominatiy  Terwendet,  V|L 
Baudouin  de  Courtenay  in  Kuhn  und  Schleichers  beitrigen  VlS8f.  aai 
Leskien  ebd.  173  f. 


I 


KBrogman;  ani.  ▼.  BDdbfflclM  gntadlifin  dw  griidL  grai«.    681 

wiesen  ist,  einmal  in  seinem  gaaxen  nmfimg  nnteimolit  würde,  die 
sämtlichen  ftlle,  so  weit  ich  sie  snr  seit  Hbersehsae,  lerhlleB  in  drei 
kategorien:  1)  der  ^-stamm  nimt  das  weiUiohe  genos  nach  der  aa*- 
logie  eines  sinngleichen  oder  sinnverwandten  wertes  an.  hieiker 
gehören  die  beiden  Ton  DelbrOck  TOigebrachten  beispieU  f|  olfioc 
und  f)  bpöcoc.  ein  anderer  derartiger  fidl  ist  f|  xXiqiöc  (Theokr. 
15,  85  nach  der  besten  ttberliefemngt  weleher  Ahrens«  Fritssohe 
nnd  Ziegler  folgen) ,  das  sich  naeh  KXtV7|  oder  kXicUi  gerichtet  hrt. 
so  auch  lat  humus  fem.  mit  rfleksioht  auf  iena9  S)  es  richtet  sieh 
das  geschlecht  der  species  naeh  dem  des  genas,  so  f|  KÖptvdoc  wegea 
i|  iTÖXic ,  f)  Af)Xoc  wegen  i\  vf)coc  und  dieses  Tielleioht  wegen  f|  Tf|i 
i|  c^dpaTÖoc  f)  KpöcToAXoc  i\  ^{kloc  wegen  f|  Xidoc  (neben  ö  XiOoc)» 
das  seinerseits  f)  n^Tpa  oder  irgend  ein  anderes  altes  fem.  sam  top- 
bild  gehabt  haben  mnss.  die  analoga  ans  dem  lat  sind  bekannt: 
ich  yerweise  zb.  auf  haee  EmnmekuBf  name  einer  ^iMa,  kaee  Omh 
iauruSy  name  einer  iiavis.  Überall  ist  hier  der  Torgang  der  geweeen, 
dasz  dem  sprechenden  der  aUgemeine  gattnngsbegriff  mehr  oder 
minder  deuUich  Torsoh webte  und  naeh  ^esem,  der  im  bewnstsein 
gewissermaszen  hinter  der  spedes  stand,  sieh  das  a^jeetiyiscbe 
attribut  oder  prädicat  richtete.  S)  der  o-stamm,  welobsr  snnichst 
nur  ein  wesen  mftnnlichen  geschledits  beieidmetf  wird  unTerlndert 
auch  fdr  das  entsprechende  weibliche  wesen  gesetst:  so  f|  finroc 
f\  nCjkoc  f)  Avoc  na.  man  mnss  hier  annehmen  dass,  indem  das  ge« 
fühl  für  die  bedeutsamkeit  des  snffizes  -o-,  welches  anfimgs  immer 
nur  auf  das  mftnnliche  wesen  hinwies,  sich  abstumpfte,  der  o-stamm 
zum  allgemeinen  gattangsbegriff  erhoben  und  nun,  wie  man  Ton 
alter  zeit  her  zb.  ö  und  f)  ßoOc  sagte,  so  auch  ö  und  f|  TniTOC  usw. 
gesagt  wurde,  fthnlich  musz  es  sich  auch  mit  f|  Ocöc  yerhalten.  diese 
dritte  gattung  von  femininen  o-stftmmen  scheint  mir  die  jflngste 
zu  sein.  * 

Im  zweiten  cap.  (s.  14^27),  welches  die  numeri  behandelti 
nehmen  besonders  die  bemerkungen  ttber  den  dual  unser  interesse 
in  anspruch.  dieser  numerus  scheint  im  griechischen  den  idg.  ge- 
brauch im  allgemeinen  treu  bewahrt  zu  haben,  er  steht  Tortugt- 
weise  bei  begriffen  die  paarweise  aufzutreten  pflegen,  wie  di^ui  •■ 
aind.  ämsd.  tritt  zu  einem  dual  im  griech.  biktf,  im  ind.  dvä  hinin, 
so  wird  nicht  die  gepaartheit  betont,  sondern  nur  die  sweisahl  im 
gegensatz  zu  andern  zahlen  hervorgehoben :  Tmrui  und  d(vd  beden- 
ten  ein  Zweigespann,  buui  Imrui  (daftbr  auch  bOui  Tniroi)  und  MI 
d^vä  irgend  zwei  pferde.   dasz  zwei  nicht  durch  natur  oder  sitte  tu* 


*  es  bleibt  lu  uulersacheo,  ob  nicht  vielleicht  hie  ond  da  weibliehe 
O'sVimme  auch  aas  anlass  der  Sasiern  sprachform  enttpninfen  find, 
so  könnte  man  zb.  daran  denken,  der  seltsamen  form  i\  vuöc  sei  ein 
^vuuc  >a  lat.  mtruM  vorausgegangen,  das  man,  um  die  eombinatioa  uu 
sn  meiden,  in  die  a-declination  iber^efBhrt  habe,  denn  wie  man  daranf 
gekonimen  sein  sollte,  ein  altes  *vu(c)a  «i  aind.  maukä  abnlg.  näeka 
za  vu(c  6c  umsngestalten,  ist  niebt  absnsehea. 


662     KBrugman:  ani.  y.  BDelbrückg  grandlagen  der  gnech.  ijjBftu. 

sammengehörige ,  sondern  nur  für  eine  gewisse  zeit  oder  iiMi^in^y 
zusammengefügte  dinge  in  den  dual  treten«  kommt  bei  Homernid 
im  vedischen  sanskrit  nur  selten  vor.  notwendig  ist  der  dual  b« 
paarweise  zusammengehörigen  dingen  nicht,  es  kann  auch  der  phual 
gebraucht  werden ,  so  neben  X^^P^  &^<^  XC^>€C  ^^^  ün  ind.  pafbkb 
(rroci)  da  wo  man  padbhyäm  (TToboiv)  erwartet  hätte.  yerebiieH 
findet  sich  im  griech.  und  im  altbaktr.  nach  dem  doal  das  verbnm 
im  sing,  (irupi  b*  6cc€  bebrjei  M  466  und  sonst),  was  nicht  anf- 
faUender  ist  als  wenn  beim  neutr.  pl.  das  verbum  im  sing,  eracheiat: 
das  im  dual  zusammengefaszte  paar  ist  als  eine  einheit  gedacht. 

Bei  der  s.  20  beginnenden  Untersuchung  ttber  die  verbindmg 
des  neutr.  pl.  mit  dem  verbum  im  sing,  ist  D.  die  denselben  gegoi- 
stand  behandelnde  und  der  hauptsache  nach  zu  denselben  resnlUtM 
kommende  doctorschrift  von  WBauder  ^de  generis  nentrius  plualii 
cum  verbo  construendi  yi  et  usu  praedpue  apud  Homexum  et  Kmuh 
dum'  (Leipzig  1877)  entgangen.    D.  formuliert  sein  ergebnis  ftr 
Homer  folgendermaszen :  ^es  gibt  eine  anzahl  von  pL,  in  welchen  der 
gedanke  der  vereinigtheit,  andere,  in  denen  der  gedanke  der  mdixw> 
leibeit  überwiegt:  bei  den  erstem  steht  das  verbum  im  sing.,  bei  da 
andern  im  plur.   zwischen  beiden  existiert  ein  mittelgebiet,  bei  dMi 
keine  der  beiden  auffassungen  ab  allein  geboten  erscheint,  bei  dMi 
also  beide  constructionen  möglich  sind,  ohne  dasz  eine  wahrnehm- 
bare Sinnesdifferenz  hervortrete,  auf  die  wähl  der  einen  oder  aadsn 
construction  mag  das  metrum  nicht  ohne  einflusz  gewesen  saia»' 
vgl.  damit  Bauder  s.  41.   eine  bedeutendere  differens  x wischen  Bh- 
der  und  Delbrück  besteht  nur  darin ,  dasz  jener  den  gebraneh  du 
verbums  im  sing,  für  eine  speciell  griechische  neuenmg  hftlt,  diosg 
ihn  in  die  idg.  grundsprache  zurückreichen  läszt.  D.  weist  diese  ose- 
struction  auch  im  vedischen  nach ,  also  dürfte  seine  ansieht  vor  dm 
Bauders  den  vorzug  verdienen. 

Aus  dem  reichhaltigen  dritten  cap.  über  die  casna  (i.  S8 
— 62) ,  welches  D.s  fiilhere  forschungen  auf  dem  gebiete  der  eaio^ 
Syntax  teils  wiederholt,  teils  berichtigt  und  weiterftlhrt,  hebe  uk 
den  abschnitt  über  den  genetiv  (s.  37  £f.)  hervor,  im  griechiada 
genetiv  sind  zwei  casus  vereinigt,  der  altidg.  genetiv  und  der  alti4^ 
ablativ.  es  ist  an  sich  nicht  unwahrticheinlich ,  dass  der  alte  ggaoHr 
eine  a^jectivische  wortform  ist,  obwol  sich  dies  weder  ntjmnloflisA. 
aus  der  form  des  casus,  begründen  noch  sonst  irgendwie  aiehwb^ 
weisen  Iftszt.  am  leichtesten  fügt  sich  dieser  auffassung  des  genelin 
der  genetiv  bei  Substantiven,  durch  den  gen.  werden 
nominale  redeteile  in  engste  beziehung  zu  einander  gesettt,  ohne 
die  art  der  beziehung  irgendwie  angegeben  wird,  welche  die  beaiahnig 
sei,  ob  die  des  besitzers  zum  besi^e,  des  verursachen  nun  Teni^ 
sachten  usw.,  wird  nicht  ausgedrückt,  sondern  hiniugedacht»  Mr 
den  gen.  beim  verbum  hat  JGrimm  die  zutreffendste  erkllmagge' 
funden,  indem  er  sagt  (d.  gr.  IV  646),  während  der  aco.  beim  ve^ 
bum  die  vollste ;  entschiedenste  bewftltigung  eines  gegeaataadaa  be* 


KBrugman:  ans.  t.  BDelbrAbki  graadkgan  der  fiMk  iqrates.     668 


zeichne,  liege  im  gen.  eine  geringere  objeetiTinemiigi  die  thitige 
kraft  werde  dabei  gleichsam  nur  Tertachi  und  angehoben»  nioht  er- 
schöpft, man  vergleiche  tcft  nehme  deeeen  wahr  ond  kk  nehme  da$ 
wahr,  auch  hier  kann  man  den  gen«  als  ac^eoti?  ansehen:  feaftet 
essen  kann  urdprOnglich  gewesen  sein  kälbemes  essen,  es  lassen  sidi 
auf  grund  jener  Grimmschen  definiiion  die  yersehiedenen  gebzmnchs* 
weisen  des  gen.  im  griech.  mit  solchen  des  aoc.  in  parallele  setien. 
ilaszeres  object:  olvou  iriveiv  gegenüber  olvov  iriveiv;  inneres  ob* 
ject :  X€i|idiV€C  /laXaKol  lou  ifii  ceXivou  OifiXcov  Hom.  e  78  gegea- 
flber  QU  KaXd  b^bpe'  IdoXXcv  X^I^POC  Find.  OL  Sl»  23;  der  gen.  dea 
aiels  bei  den  begriffen  des  physischen  nnd  geistigen  taatens,  greitsna 
nsw.  gegenüber  dem  acc  des  siels,  wie  ibp^i^  b*  *AKdtiavTOC  Honu 
C  488  gegenüber  6p|iuiM^vi{i  vcpT^poc  irXdbuic  Soph.  OK.  1676. 
«uch  der  prttdicative  genetiv  Iftsst  bequem  die  anffassnng  als 
adjectiv  zu :  iT^vcTo  M€cafivT|  Aoxpdiv  konnte  gewesen  sein  *lfee* 
sene  wurde  lokrisch'.  bezüglich  des  gen.  bei  adjectiven  sindswei 
kategorien  zu  unterscheiden,  sunichst  solche  a^jectiTa  welche  den 
gen.  darum  zu  sich  nehmen«  weil  sie  wie  substantiya  gedacht  wer- 
den: 80  9iXoc  ixOpöc.  dann  solche  weldbe  den  gen.  in  dergleichen 
weise  bei  »ich  haben  wie  die  von  derselben  wnrzel  gebildeten  Terba: 
80  zb.  itX^oc,  |iv/tMUiv.  über  die  entstehnngsweise  der  sog.  localen 
und  temporalen  genetive  spricht  sich  D.  nicht  bestimmt  ans. 
den  gen.  in  fj  ouk  *ApT€0€  j^cv  *AxauKoO  Hom.  t  251  vergleioht  er 
mit  dem  gen.  ff\c  in  iroO  tfjc ;  die  Wendung  irebloio  Meiv  scheint 
ihm  ein  analogen  zu  nXetv  OäXoccav  zu  sein,  weiter  seigt  er  dass 
der  temporale  gen.  wie  d^pouc  'im  sommer*,  VUKTÖC  *in  der  nacht' 
auch  indiäcb  ist,  also  als  ein  urindogermanischer  anwendungstjpns 
betrachtet  werden  kann. 

S.  49  ff.  werden  beachtenswerte  Termutungen  über  die  gründe 
<les  zusammenflieszens  von  abl.  und  gen.  im  griech.  ge&uszert. 

In  dem  die  adjeetiva  behandelnden  yierien  cap.  (s.  63—66) 
wird  besonders  die  frage  ins  äuge  gefaszt,  woher  es  komme  dass  so 
viele  adjeetiva ,  deren  masculinum  auf  -oc  und  neutrum  auf  -OV  aus- 
geht, kein  femininum  bilden,  sondern  die  masculinform  für  dieeee 
mit  verwenden,  dieselbe  hängt  zusammen  mit  den  im  In  ci^.  be- 
handelten fragen,  ich  hebe  die  sehr  ansprechende  Vermutung  her- 
vor, dasz  die  masculinische  form  des  femininums  nicht  bloss  in 
üompottita,  wie  in  ^oboboKTiiXoc ,  aus  der  ursprünglich  substanti- 
vischen natur  des  Wortes  zu  erklftren  sei  [^k>bobdicTuXoc  *HttK  eigent^ 
lieh  der  rosenfinger  Eos,  wie  wenn  wir  sagten  der  fnerkopf  Frwne 
für  der  querköpfige  Drang] ,  sondern  dasz  auch  simplida  sweier 
enduDgen  wie  f^fi€poc  ursprünglich  substantiva  minnlichen  ge- 
schlechtti  gewesen  seien  und  so,  zu  feminina  als  attribut  hinzutre- 
tend ,  die  masculine  form  unverftndert  festgehalten  haben.  f(fi€p0C 
^zahm'  zb.  habe  ursprünglich  etwa  ^pflegling'  bedeutet,  wir  bitten 
hier  also  dieselbe  syntaktische  erscheinung  vor  uns  wie  in  SXcdpOC 
jf^^naxtvc,  XÖTOC  £naivo€  udgl.  (Krüger  att  sjntaz  S  ^^^  1,  S. 


664     KBragman:  anz.  t.  BDelbrücki  grundlagen  der  grieeh. 

KOhoer  ausf.  gr.  IE'  232  f.),  die  sich  auch  im  lai.  gemi,  und  dav. 
findet  (KZ.  XXIY  36  f.)  und  auch  dem  indischen  nicht  fremd  iti^ 

Das  fünfte  cap.  (s.  67 — 79),  mit  dem  wir  zum  yerbmn  kom- 
men, beschäftigt  sich  mit  dem  augment  und  den  genera  des 
Ter  bums. 

Die  freiheit  den  indicativus  imperf.  and  aor.  auch  augment- 
los  zu  gebrauchen,  die  wir  bei  Homer  finden,  zeigt  sich  anch  in  im 
poetischen  spräche  der  Arier,  daher  wird  sie  auf  alter  ttberliefenug 
beruhen.  D.  glaubt  dasz  in  der  gewöhnlichen  prosarede  der  lado- 
germanen  das  augment  unentbehrlich  war,  dasz  dasselbe  aber  ia 
der  poesie  mit  rücksicht  auf  das  metmm  auch  weggelassen  weidM 
konnte,  jedenfalls  müssen  aber  noch  andere  besondere  amstiiidt 
hinzugekommen  sein,  die  es  möglich  machten,  dasz  das  die  tw- 
gangenbeit  andeutende  prftfix  wegbleiben  konnte,  ohne  dass  die  w^ 
baiform  dadurch  die  vergangenbeitsbedeutung  einbliszte.*  welche 
besondem  umstände  das  waren,  bleibt  zu  erforschen  (vgL  nuxpL 
unters.  III 13  f.).  schlagend,  wenn  auch  nicht  nea  (s.  Benfej  kini 
sanskritgramm.  s.  89  f.),  ist  die  erklärung,  welche  D.  Ton  den  impe- 
rativformen  9^p€T€  9€p€T0V  9€p^TUJV,  XucoTC  XOccrrov  Xucdiunr 
gibt,  bringt  man  nemlich  in  abzug,  dasz  q>€p^TUJV  und  XucdlUfV 
nach  der  analogie  der  ursprünglich  dem  gebiet  des  yerbum  infinitmi 
angehörigen  und  uridg.  auf  -töd  endigenden  formationen  q>€p^Tiu  uai 
XucQTUJ  statt  *9€p^Tiiv  und  ^Xucdniv  eingetreten  sind,  so  nntir 
scheiden  sich  diese  imperativformen  in  nichts  von  den  des  ai 
entbehrenden  indicativen  der  historischen  tempora,  nnd  erwSgi 
nun  dasz  diese  augmentlosen  formen  mit  der  imperaÜTischen  fi 
tion  uridg.  datums  sind  (aind.  bhäraia  hhäratam  hkäratäm  nsw.X 
so  ist  klar  dasz  wir  in  ihnen  d6n  modus  vor  uns  haben,  den  mmä 
der  grammatik  der  arischen  sprachen  nach  D.s  Torgang  jetit  all 
unechten  conjunctivus  zu  bezeichnen  pflegt,  dasz  dieser  nicht  «si 
den  augmentierten  indicativen  {dbharcUa  usw.)  hervorgegangen  soi 
kann ,  sondern  in  der  vergleichenden  coigugationslehre  als  ein  b^ 
sonderer  modus  coordiniert  neben  indicativ  und  conjunctiv  zn  stsUsi 
ist,  glaube  ich  morph.  unters,  ao.  nachgewiesen  zu  haben. 

£ine  vergleichung  der  gebrauchs  weisen  desmedinmsim 
chischen  mit  deigenigen  im  indischen  lässt  weitreichende 
Stimmung  erkennen :  das  grieeh.  hat  im  wesentlichen  die  nridg. 
wendungstjpen  des  mediums  festgehalten,    ich  gestatte  mir 
eine  bemerkung  zu  der  aufstellung  eines  dativischen 
gegenüber  einem  accusativischen,  wie  sie  vielfach  beliebt  iii 


^  ich  habe  mir  aus  dem  indischen  notiert  Nalopäkhjr.  8,  4 
paricarikäm  natrlcem  servam,  9,  14  paridkAnena  vA»a»a  mit  dem 
g^ewand,  11,  21  ajagaro  grdhah  boa-schUnge,  IS,  16  vikmgmir 
aTibus  anseribas.  *  man  verf^^leiche  das  idg.  bkiret  (aind.  ft/Wfref.  ga 
q>^p€)  im  sinne  von  i  bheret  (äbharat,  £<p€p€)  mit  franx.  fMH,  potel«  fi^ 
udf^l.,  wo  diese  für  ne  paSj  ne  point  usw.  stehen  (sb.  plw  dSe /Um 'ktiBt 
feste  mehr'). 


KBragman:  vom,  ▼.  BD«niraflln  gnuidlagMi  d«r  fiiteh.  qfite»    086 

und  sich  auch  in  Delbiüeki  dantellnng  ibid«t  b«i  «etnar  Über- 
sicht über  den  gebrauch  des  medinma  im  altindiaehen  etdlt  D.  ab 
dritte  kategorie  ^das  medinm  mit  refleziTem  inüta*  hin  nnd  unter- 
scheidet hier  a)  den  fall  *dass  die  beteiligte  pmon  da^Tiaeh  ge- 
dacht wird',  zb.  väsah  pari  dkaUe  *er  sieht  sidi  ein  kleid  an',  ^fa 
hate  sapätndn  *er  schlftgt  die  Mnde  in  seinem  intoresse  hinweg*»  so 
dasz  wir  übersetzen  *er  sehlftgt  sie  Ton  rieh  hinweg',  h)  den  ftU 
*da8z  die  beteiligte  person  aoeosatiTiscb  gedadit  wird',  ab.  amUd 
*er  salbt  sich',  also  dieselbe  aoffassnng  wie  rie  in  der  grieeh.  gram- 
matik  üblich  ist :  zu  a)  vergleiehe  man  ircpißdXXofioi  xXoviba  nnd 
^Tp^HfQVTo  Touc  iroXc^iouCt  tu  b)  XpicTcu.  ieh  hitte  gern  gesehen, 
wenn  D. ,  dem  es  in  dem  ▼erliegenden  bnobe  doeh  nicht  um  pldn- 
gogische  kmistgriffe  zu  thon  sein  kamt,  wie  sie  in  der  sehnlgram- 
matik  immerhin  am  platze  sind,  irgendwie  hitle  herrortreten  lassen, 
dasz  diese  aufstellnng  eines  datifisehen  nnd  eines  aoensati?isdien 
mediums  wissenschaftlich  nicht  bereehtigt  ist  nnd  sieh  einzig  mit 
gründen  der  ttuszem  beqaemlichkeit  verteidigen  Usst  die  fiteste 
function  der  medialform,  die  ans  der  die  ganze  manigialtigkeit  des 
gebrauche  hervorgegangen  ist,  kennen  wir  nicht:  der  nrspmng  der 
medialform  ist  noch  TKllig  nnanfgeUOrt*  nnd  niehte  berechtigt  sn 
der  annähme,  dasz  im  grandbegriff  des  medinms  etwM  gelegen  hItte, 
was  die  casusveiiiälUiisse  angieng,  ein  bestimmtee  dsm  spreehes- 
den  vorschwebendes  casnsverhiltnis  zum  ansdmek  brishte.  man 
laszt  sich  in  dieser  beziehong  wol  zu  leicht  durdi  die  vergleiohung 
mit  dem  spfttem,  mittels  bestimmter  casus  der  reflexivpronomina 
gebildeten  reflexivum ,  wie  es  im  germanischen,  slavischoi,  romani* 
sehen  vorliegt,  beeinflussen,  dasz  die  kategorie  des  dativischen  me- 
diums, unter  der  man  so  vielerlei  zusammenfaszt,  keinen  festen 
boden  unter  sich  bat  und  nur  eine  grammatische  Schablone  ist,  er- 
gibt sich  schon  daraus  dasz  man,  wenn  man  überhaupt  einmal  die 
function  der  medialform  durch  gewisse  casusverhSltnisse  rieh  ver- 
deutlichen will,  mit  demselben  recht  auch  noch  andere  oasusverhUt- 
nisse  in  solche  medialformen  hineininterpretieren  kOnnte.  mit  dem 
gleichen  rechte,  mit  dem  man  sagt,  in  Irp^iiKlVTO  TOUC  iroXc^iouc 
liege  ein  dativisches  medium  vor,  kann  ich  sagen,  wir  haben  hier 
und  sonst  (äTTu)9€ic9a(  nva,  d^uv€ctoi  Tiva,  ditoir^MTrccOai  Tiva 
usw.)  ein  ablativiscbes  verhttltnis:  ^sie  wandten  von  rieh  ab*  usw. 
einen  genetivus  possessivus  könnte  man  in  folgenden  fUlen  anneh- 
men :  £TKaXu7TT0^al  Tf|v  K€<paXifjv  (den  köpf  von  mir,  meinen  köpf), 
Xouo^al  Tdc  x^ipctc ,  d^9i  bk  8v  (piXov  ui6v  ix^^oaxo  ml^xcc  Xcmcdi 
(€  314),  ä7Tob€{KVu^al  fpToV;  napix^ixai  cOvoiov:  vgl.  abaktr.  us 
ianüm  snayaäa  *sie  wasche  ihren  kOrper'  (vd.  6, 166),  und  Ihnliches 
im  indischen,  und  femer  könnte  man  auch  ein  locativisehee  medium 
aufstellen  für  fälle  wie  CK01rfo^at  *ich  überlege  bri  mir*,  xccipo^oi  *ieh 
bin  froh  in  mir',  vgl.  sind,  mödate  'ist  in  rieh  froh'  na.  man  rieht 
klar,  alle  diese  ca&usverh&ltnisse  rind  nicht  durch  die  medialform  an 
sich  zum  ausdruck  gebracht,  sondern  nnr  von  uns  hineingelegt;  man 


666     KBnigman :  ans.  t.  BDelbrücks  grandlagen  der  grieeh.  ijbIk. 

wird  also  gut  thun  in  einer  streng  wissenschaftlichen  danielluiig& 
ausdrücke  accusativisches  und  dativisches  medium  rnffgliehat  m 
meiden,  vielleicht  definiert  man  das  medium  ^  wo  es  nebea 
activ  erscheint,  am  besten  so  dasz  man  sagt:  es  bezeichnet  Timlrht 
dasselbe  wie  das  activum,  hat  dann  aber  noch  den  beaondem  nebci- 
sinn,  dabz  es  die  durch  die  verbalform  bezeichnete  thfttigkeit  alt  mä 
specieller  rücksicht  auf  das  subject  und  dessen  sphftre  vor  mA 
gehend,  als  innerhalb  der  sphSre  des  subjects  sich  haltend  dintstt 
(vgl.  Kühner  ausf.  gr.  II'  93).  Xouui  heiszt  gans  allgemein  *iA 
wasche',  Xouofiai  zunftchät  dasselbe,  dann  aber  zugleich,  dasi  dii 
handlung  mit  besonderm  bezug  auf  das  subject  Tor  sich  geht,  ahi 
etwa  ^ich  vollziehe  die  handlung  des  waschens  an  mir*,  tritt  Hi 
kein  casus  als  object  hinzu,  so  übersetzen  wir^ich  wasche  micV. 
fügt  man  aber  TCtc  X^^P^^  hinzu ,  so  ist  der  sinn  'ich  vollziehe  dii 
handlung  des  waschens  am  mir  (und  zwar)  an  den  hAnden',  ■! 
wir  übersetzen  *ich  wasche  mir  die  bände  oder  meine  hlnV. 
äTTUl0^o^al  heiszt  'ich  vollziehe  die  handlung  des  wegstoezeni  M 
mir,  in  meiner  Sphäre';  tritt  ein  accusativisches  object,  zb.  rif 
iTTwxöv,  hinzu,  so  wird  dieses  durch  die  medialform  als  in  im 
Sphäre  des  subjects  stehend  bezeichnet,  und  so  entsteht  der  söa 
*ich  stosze  von  mir  weg ,  mir  hinweg',  und  so  kommt  man  llbsnl 
ohne  Zuhilfenahme  bestimmter  casuskategorien  bequem  ans.  im 
reciproke  hedium,  wie  äcndcacOai  biav^|i€c6ai ,  welches  sidi  smI 
im  indischen  findet  {vivä  etaü  dvishäte  'die  beiden  hassen  sich  _ 
seitig\  s.  D.  s.  73),  erklärt  sich  ebenfalls  ungezwangen  von 
begrifföbestimmung  aus.  die  mediale  form  deatet  hier 
nichts  anderes  an  als  dasz  die  thätigkeit  (des  austeilens«  des 
usw.)  in  der  spbäre  der  subjecte  ihren  Schauplatz  hat,  ans  dersdla 
nicht  heraustritt,  vollziehen  nun  zb.  zwei  personen  die  handlm 
des  grüszens  und  diese  soll  als  die  Sphäre  der  beiden  nicht  flba* 
schreitend  gedacht  werden,  so  entspringt  der  begriff  der 
seitigkeit  der  einwirkung  von  selbst. 

Der  abschnitt  über  das  p  a  s  s  i  v  u  m  (s.  75  ff.)  entwickelt  in 
weise  den  hervorgang  dieses  (vielfach  mehr  im  köpf  des 
den  grammatikers  als  in  der  empfindung  des  sprechenden 
den)  Verbalgeschlechts  aus  dem  activum. 

In  dem  folgenden,  sechsten  capitel  über  die  tempora(a 
— 114)  werden  zunächst  die  verschiedenen  tempussctionen  (CettiM 
'zeitart')  an  der  band  von  geschickt  gewählten  Homerischen 
erläutert,   dann  wird  s.  92  f.  ein  punct  erörtert,  den  man  oft 
genügend  beachtet,   nemlich  man  darf  nicht  erwarten  dasz  alls 
balwurzeln  die  verschiedenen  actionen  bilden  können,   vieler 
zeln  bedeutung  ist  so  eng,  dasz  sie  nur  6ine  action  sa 
vermögen,   so  kann  zb.  das  präsens,  das  die  action  in  il 
lung  vorführt,  nicht  von  einer  wurzel  gebildet  werden,  die 
act  des  erblickens,  des  ergreifens,  des  eintreffens 
eine  solche  wurzel  kann  nur  im  aorist  vorkommen.       densits 


KBrogman:  ans.  t.  BDelbrOokt  gnindligtn  der  gria«h.  ^r»ftit     667 

wieder  ein  aorist  nicht  toh  einrnr  wund  gebildet  wevden,  welche 
*m  eilender  bewegung  sein,  anblicken'  osw.  bedentet  ee  gibt  dem* 
nach  im  idg.  zwei  hanptclauen  Ton  Tcrba:  1)  solche  die  nor  in  6iiier 
«ction  denkbar  sind  (gewiseermassen  prisentische,  aoristisohe  Tcrba), 
und  2)  solche  die  in  mehreren  aeüonen  denkbar  sind,  die  letiteni 
sind  in  der  entschiedenen  fibersahl,  mar  bei  ihnen  kann  von  einor 
onterscheidaDg  nach  tempnsstlmmen  die  rede  sein,  der  reihe  nach 
bespricht  nun  D.  das  perfectnm,  das  fntnnun,  den  aorist  nnd  dae 
prftsens. 

Zu  dem  abschnitt  ttber  den  fdtnrstanun  bemerke  ich  dass,  wenn 
D.  die  identität  der  fotora  wie  btdcui  irpdEui  mit  den  mittels  -«te- 
•sie-  gebildeten  fatora  des  indischen  and  litaoisohen  (aind.  dätnämi 
*werde  geben',  lit  siJssm  *werde  drehen')  Air  erwieeen  hilt  und 
demgemäsz  die  Verbindung  des  fat  mit  dem  eoBJonctiv  des  sigma- 
tischen  aorists  als  anzolSssig  von  der  band  webt,  ich  ihm  darin  nicht 
folgen  kann,  da  das  i  des  dor.  irpoElui  ans  €  hervorgieng  und  die 
form  TTpa£^ui  eine  neabUdong  auf  gnmdlage  sweier  älterer  tjpen, 
des  tjpus  irpdEui  und  des  tjpus  Tcviu»,  iet,  ao  kann  mit  Sicherheit 
behauptet  werden,  dass  bis  jetit  von  dem  •  des  arisch-litaaisdien 
ftitursuffixes  -sio-  'Sie-  noch  nicht  die  leiaeete  spur  im  griech.  nach- 
gewiesen ist  ich  habe  mich  ansflihrlidier  hierAber  morph.  nntera. 
m  58  £f.  ausgesprochen  und  glaube  dort  gezeigt  so  haben  dass,  wie 
die  dinge  jetzt  stehen,  die  alte  anidcht,  der  sufolge  das  fui»  wpdEui 
nnd  der  coig.  aor.  irpd£ui  dieeelbe  form  sind,  mindestens  gerade  so 
viel  Wahrscheinlichkeit  hat  wie  diejenige,  die  in  der  modernen  Sprach- 
wissenschaft seit  Bopps  ersten  sprachvergleichenden  arbeiten  als  ein 
unanfechtbarer  lehrsatz  gilt,  die  lOsung  des  problems  musz  haupt- 
s&chlich  voii  seilen  der  syntaktischen  forschung  erwartet  werden« 

Für  mich  völlig  überzeugend  ist  in  dem  abschnitt  über  den 
aoristsiamm  s.  100  die  beantwortung  der  frage,  wie  es  gekommen  ist 
dasz  die  formen  wie  icTX]  {dsthät)  £5paK€  {ädf^)  £XiiT€  usw.,  welche 
ja  von  haus  aus  nichts  anderes  als  augmentpraeterita  (imperfecta)  zu 
praesentia  von  der  bildungsweise  der  formen  (ptvii  CTixui  (aind. 
iudämi)  sind,  die  aoristische  function  erhielten,  denn  nur  in  den 
«-aoristen  {iixpaia)  ist  ein  aoristisches  merkmal  vorhanden,  in  keiner 
andern  von  den  formationen  die  die  grammatik  unter  dem  namen 
Aorist  begreift.  Mie  antwort  gibt  die  geschichte  des  prSsensstammes. 
das  ältetite  sanskrit  zeigt  ^uns,  dasz  bei  vielen  verben  mehrere  pri- 
aensbildungen  von  6iner  wurzel  vorhanden  waren,  so  findet  sich  sb. 
von  hhar:  bhärti^  bhdrati  und  bibkartL  eine  Verschiedenheit  der  be- 
deutung  empfinden  wir  nicht  mehr;  indessen  ist  doch  anzunehmen 
dasz  sie  einst  vorbanden  war.  man  kann  dazu  annehmen  dasz  bktbrti 
die  momentane,  bhdrati  die  dauernde,  hüjikairii  die  wiederholte  hand- 
Inng  bedeutete,  es  waren  also  bei  6inem  verbum  verschiedene  actionen 
im  pr&sensstamme  bezeichnet,  nachdem  nun  aber  im  prisensdes  idg. 
die  änderung  eingetreten  war,  dasz  in  ihm  nicht  mehr  verschiedene 
nctionen,  sondern  nur  6ine  action,  nemlich  die  handlang  die  man 


668     KBrugman:  anz.  v.  BDelbrficks  grandlagen  der  grseeh.  wjwAkl 

gewöhnlich  als  dauernde  bezeichnet,  zum  auedmek  1  n,  wam  fofk 
men  wie  bhdrti  im  präsens  überflüssig  geworden  una  ▼eraehmolwii 
allmählich  mit  dem  ^-aorist  zu  einem  der  bedentong  naeli  «nU^ 
liehen  tempns.'^  wichtiger  für  die  speciell  griechische  flyntai  mi 
ebenfalls  durchaus  überzeugend  ist  was  dann  weiter  von  D.  ttberdM 
YerhSltnis  des  aorists  zum  imperfect  bemerkt  wird,  der  indiottkif« 
aoristi  versetzt  die  action  in  die  Vergangenheit,  mag  diese  dem  Migvb 
blick  des  Sprechens  ganz  nahe  oder  sehr  fem  liegen,  und  er  iatsM 
nicht  etwa  das  tempus  der  erzfthlung,  dh.  derjenigen  arider  wir 
teilung  welche  den  hörer  veranlassen  will  sich  mit  seiner  phuituii 
in  die  Vergangenheit  zu  versetzen  und  dem  verlauf  des  eragniMi 
als  Zuschauer  zu  folgen,  sondern  er  hat  nur  die  aufgäbe,  etwai  ik 
in  der  Vergangenheit  eingetreten  einfach  luconstatieren«  du 
erzählen  ist  immer  nur  die  aufgäbe  des  imperfects  gewesen,  so  ist 
es  auch  im  indischen  und  iranischen,  im  griech.  macht  der 
erst  allmählich  dem  imperfect  concurrenz  und  gewinnt  ihm  ü 
mehr  terrain  ab,  aber  nicht  so,  dasz  in  den  aorist  die  bedentong  du 
imperfects  einzog,  sondern  nur  insofern,  als  im  griech.  bei  mittiflBV 
von  vergangenen  ereignissen  häufig  nicht  erzählung,  sondeni  eoi- 
statierung  beliebt  wird,  so  haben  die  Oriechen  eine  doppelte  WMI 
ausgebildet  vergangenes  mitzuteilen ,  welche  allem  ansohein  nach  ii 
dieser  ausdehnung  im  uridg.  nicht  vorhanden  war.  wenn  das  impfl^ 
fect  oft  da  erscheint,  wo  man  dem  überwiegenden  spraohgebraädhi 
nach  den  aorist  erwarten  sollte  (wie  £X6T€  ndgl.),  so  hat  man  das  dl 
eine  antiquität  anzusehen. 

Das  präsens  musz  einst  —  worauf  vorhin  schon  hinmriiwiM 
wurde  —  je  nach  der  besondem  bildungsweise  des  Stammes  (sä 
hJtärti  lat.  fert  usw.,  aind.  hhdrati  gr.  qp^pci  usw.)  Verscl*^' 
actionen  in  sich  vereinigt  haben,  welche  nur  dadurch  su 
tempus  zusammenkamen,  dasz  die  handlung  vom  standpunek  te 
sprechenden  aus  gegenwärtig  war.  die  ursprünglich  vorhaadmM 
actionsverschiedenheiten  sind  in  der  zeit,  wo  die  historische  flhi^ 
lieferung  des  griech.  anhebt,  wie  es  scheint  schon  gtnilich 
glichen  gewesen,  so  dasz  das  präsens  in  unsem  denkmftlem  nuri 
als  ein  tempus  mit  einheitlicher  action,  der  dauernden«  erschsiBt 

Das  siebente  cap.  (s.  115 — 120)  behandelt  die  modi.  mit 
sieht  auf  die  früheren  vom  sprachvergleichenden  standpunsl  S0 
unternommenen  arbeiten  über  die  modussyntax,  an  denen  D.  stM 
bekanntlich  in  hervorragender  weise  beteiligt  isti  konnte  er  sidkkiv 
kürzer  fassen,  es  wird  hervorgehoben,  dass  auf  etymologische 
wege,  durch  analyse  der  äuszem  sprachform,  sich  in  besug  tat  ÜB 
älteste  bedeutung  des  conjunctivs  und  optativs  durchaus  nkMl 
sicheres  gewinnen  lasse  und  dasz  man  demgemSsi  die  gnmdb^glift 


^  eine  wesentlich  andere,  mich  nicht  fibermeaseode  ^'  .     ^  .^ 

tritt  Leo  Meyer  in  seiner  schrift  ^griechische  aoriste,  ein  bsltisff  SV 
geschichte  des  tempas-  und  modasgebranchs  im  grieehisohsa*  ^■rib 
1879). 


KBrogman:  ans.  ▼.  WMIMkk»  gntnXJMgm  dtr  griadL  iqrates.    088 

durch  betrachtaxig  der  gebranchsimMB  stIltM  fi8itnttaU«ii  wadmMm 
D.  bleibt  gegenüber  abwttdienden  «ofiEusnngen  bei  eeiHer  sehoB 
früher  ausgesprochenen  yermnUmg  stehen,  der  gmndbegriff  des  oott- 
jonctivs  sei  der  wille,  der  des  optatiirs  der  wvnsoh. 

Das  achte  cap«  (s.  121-— 125)  über  das  Terbnm  imfiniinnt 
bringt  nichts  wesentlich  nenee.  ich  maehe  dam  nur  die  beiliofige  be- 
merkang,  dasi  das  k jprische  boFevm  (aind.  dävim),  das  D.  (s.  ISl) 
als  proparozy tonen  schreibt  f  besser  <Aiie  aooent  bleibt  wenigsiena 
sehe  ich  nicht  wie  man  snr  leit  die  frage  entsoheiden  kfinntei  ob 
böF€vai  oder  boF^voi  su  schreiben  kL  aoeh  Cortioa  in  der  mir  ebea 
xnkommenden  2n  aufläge  dea  2n  bandee  seines  *Terbum*  s«  126  llaik 
diese  frage  unentschieden. 

Es  folgen  im  achten  eaip.  (s.  126 — 184)  die  pripositionen. 
man  nimt  jetzt  allgemein  an  dass  die  prftpoaitioBen  orsprttnglieh 
freiwörter  waren  und  erst  allmählich  su  begleitwürtern  wm^ 
den,  und  zwar  von  anfang  an  in  grOster  auadehnang  Terbale  begleit- 
wörter,  dagegen  anfangs  seltener  und  erst  im  laufe  der  leit  bftdiger 
werdend  nominale  begleitwOrter.  in  der  iltesten  seit  war  ea  die 
wesentliche  aufgäbe  der  pripositionen,  die  richtnng  der  im  verbna 
ausgedrückten  handlung  niher  an  bestimmen,  die  besehnng  der 
bandlung  aber  auf  einen  gegenständ  drückte  der  casoa  aUem  ana, 
ohne  beihilfe  der  pripositionen.  im  sanskrit  finden  wir  diese  bei* 
bilfe  erst  sehr  spirlich,  im  grieoh.  jedoch  adion  so  hinfig,  dass  alle 
sich  als  idg.  erweisenden  pripositionen  (wie  dirö  •■  aind.  df»,  ini 
mm»  aind.  dpi  usw.)  im  griech.  sowol  bei  yerben  als  bei  nomina  er» 
scheinen ,  während  im  sanskrit  und  altbaktrischen  einige  derselben 
wie  pärä  (napä)  und  prd  (itp6)  gar  nicht  mit  casus  Terbnnden  Tor* 
kommen,  als  nominale  begleitwOrter  standen  die  pripositionen  ur- 
sprünglich hinter  dem  casus,  so  dasz  in  der  sog.  anastrophe  nicht 
blosz  die  ursprüngliche  be tonung  (ir^pt  ->■  aind.  jNiri,  £m  ■»  dpi 
usw.),  sondern  auch  die  ursprüngliche  Stellung  bewahrt  ist.  die 
pripositionen  waren  ursprünglich  raumpartikeln,  und  man  fügte  aie 
dem  casus  bei  ^  um  dessen  locale  bedeutung  zu  stützen  oder  zu  spe- 
cialisieren. 

Das  zehnte  cap.  (s.  135  —  142)  behandelt  die  als  proethnisch 
sich  erweiHcnden  pronomina  und  bringt  einiges  neue,  ich  mache 
besonders  auf  die  scharfsinnige  analjse  Ton  oJJroc  aCn)  TOÖTO  s.  139  £. 
aufmerksam. 

Im  elften  cap.  (s.  143  — 147)  kommen  die  partikeln  zur 
spräche,  welche  sich  mit  Sicherheit  als  ans  proethnischer  seit  über- 
kommen nachweisen  lassen,  zuerst  die  partikeln  welche  unmittel- 
bar hinter  ein  wort  treten,  um  dieses  herforzuheben :  -T|  zb.  ^i(iv-f|f 
-i  zb.  ouTOci  (ist  das  sIst.  t;  ob  aind.  id  oder  4m  entspricht,  ist 
zweifelhaft,  keine  Ton  beiden  formen  antwortet  genau,  da  id  im 
griech.  -!,  im  -xv  wire),  -ü  in  oÖTOC  (s.  die  so  eben  citierte  stelle 
im  lOn  cap.) ,  j€  zb.  £tu>T€,  vu  zb.  ti  vu  •■  aind.  Mm  mL  dann  die 
beiden  partikeln,  welche  die  eigentümlichkeit  haben  dasz  sie  doppelt 


670     KBragman:  ans.  t.  BDelbrücks  grundlagen  der  grieeh.  ^jntu. 

gesetzt  werden  können :  t€  ■»  aind.  ca  lat.  qae^  und  1\  ««  «ind.  vL 
die  doppelsetznng  ist  ein  uridg.  gebrauch,  die  YerwendungswoM 
des  ca  im  indischen  führt  D.  zu  der  Vermutung,  dass  in  uridg.  hü 
diese  partikel  stets  hinter  jedem  der  an  einander  zu  verweiaendm 
redeteile  stand,  vielleicht  sei  die  verbindende  kraft,  die  nach  unaenr 
au ffassungs weise  dem  ca  T€  beiwohne,  ursprünglich  nur  durch  dit 
doppelsetzung  ausgedrückt  worden  und  erst  secundBr  auch  in  dii 
einfach  gesetzte  partikel  hineingekommen,  an  dritter  stelle  Mgm 
die  Partikeln  der  negation.  die  negation  des  aussagesaties  war  n^ 
sprünglich  ne  (lat.  ne  in  ne-scio  ne-gueo  ndlo^  aind.  nd),  diese  ist  im 
griechischen  als  selbständiges  wort  nicht  mehr  vorhanden ,  sondsB 
durch  die  ihrem  Ursprung  nach  dunkle  partikel  oö  verdxtegt  wv^ 
den.  die  negation  des  begeh rungssatzes  war  uridg.  mä^  das  griesL 
^f].  sollte  ein  nominalbegriff  negiert  werden,  so  geschah  du  dureh 
Zusammensetzung  mit  der  privativen  silbe  welche  ind.  a-  oder  mt 
lautet,  grieeh.  d-  oder  dv-. 

Im  zwölften  cap.  endlich  (s.  148 — 155)  wird  die  Wortstel- 
lung erörtert,  im  anschlusz  an  arbeiten  von  Heinrich  Weil,  Absl, 
Bergaigne  und  an  Delbrücks  schrift  über  die  altindische  wortfolgs 
(synt.  forsch.  III).  D.  unterscheidet  zwischen  occasioneller  und  tn- 
ditioneller  Wortstellung,  bei  aller  freiheit  in  der  Wortfolge,  wie  wir 
sie  zb.  im  lat  finden,  ist  doch  eine  gewisse  reihenfolge  der  satsteüsii 
den  altem  idg.  sprachen  typisch,  wie  zb.  die  Römer  es  lichten  das  vor 
bum  an  das  ende  des  satzes  zu  stellen :  Bamülus  Bomam  etmdidii.  diBM 
liebbaberei  musz  auf  tradition  beruhen,  daher  bezeichnet  D.  soMi 
Worts  teil  ung  als  traditionell,  dagegen  die  Wortstellung  die  dach 
besondere,  in  der  natur  der  jeweiligen  gedankenverbindung  liegsaii 
umstände ,  namentlich  durch  das  bestreben  einen  gewissen  s^itd 
hervorzuheben  bedingt  ist,  nennt  er  die  occasionelle.  nnnfiad« 
wir  dasz  gewisse  wortstellungsregeln ,  ein  gewisser  satstypos  ii 
mehrem  altem  idg.  sprachen  gleichmäszig  wiederkehrt,  und  dl 
dieser  satztypus  keineswegs  ein  allgemein  menschlicher  und  selbll^ 
verständlicher  ist ,  so  ist  zu  folgern  dasz  derselbe  schon  der  idg.  a^ 
spräche  eignete,  wie  hat  sich  nun  der  idg.  satztypus  im  griedi.  g^ 
ändert ?  die  alte  Stellung  des  adjectivums  war  die  vor  dem  ii^ 
stantivum.  dieser  gebrauch  ist  im  grieeh.  sehr  oft  bewahrt  ifll 
das  substantivum  isoliert  (besonders  stark  betont)  werden ,  so  tritt 
es  vor.  dann  wurde  substantivum  und  adjectivum  nicht  in 
atbem  aui^gesprochen ,  sondern  in  zwei  absätzen.  doch 
subst.  und  adj.  auch  in  dieser  Stellung  allmählich  fester 
so  dasz  der  unterschied  von  dem  ersten  typus  geringer  wurde,  dii 
apposition  steht  im  griechischen  nach  uridg.  weise  nach:  ZcAc 
'OXu^TTioc,  nicht  'OXu^moc  Zeiic.  die  alte  Stellung  des  nttribt- 
tiven  genetivs  ist  vor  dem  subst.,  wie  dq)€Uic  ÖM^CL  wollte aHB 
aber  das  regierende  substantivum  hervorheben,  so  tnt  dieaes  fOisi 
dieser  gegensatz  der  Stellungen  verwischte  sich  mit  der  seit,  dii 
Präpositionen  standen,  wie  schon  oben  s.  669  bemerkti  tos aHsn 


OKrflgw:  so  Sopkoklee  KldEin.  671 

her  nacb.  wo  diese  stelloog  im  grieeh«  beibAaUen  ieii  hat  die  prtp» 
auch  noch  ihren  alten  accent  bewahrt:  ab.  TOÖnuv  ir^pi.  mm  wor- 
den aber  im  griech.  die  präpontionen,  je  mehr  die  easoa  mit  ein- 
ander formell  yerschmolien,  um  ao  michtigeri  lie  rftekten  deah'alb 
nach  vom.  die  traditionelle  atellong  dea  Terbnmaistam  ende  dea 
aatzes.  hierfdr  Iftazt  sich  ein  indireoter  beweis  aoa  dem  grieoh.  tsk^ 
balaccent  gewinnen,  dessen  ratio  erat  dorch  die  acbdne  entdeokong 
Ton  Wackemagel  (s.  KZ.  XXIV  467  if.)  klar  gestellt  worden  ist  <£ 
man  aber  behaupten  darf,  dass  im  grieebisehen  direete  sichere  sporen 
dieser  Stellung  vorhanden  seien,  db.  ob  im  iltem  griediisdi  daa  vor- 
bum  in  der  that  am  ende  dea  satses  atdit,  iat  aebwer  so  aagen.  ea 
scheint  als  ob  die  Stellung  dea  verbums  am  satsende  siemKeh  Mb  in 
abnähme  gekommen  und  dasselbe  rom  subject  attrabiart  worden  aeL 

Ich  schliesze  mit  dem  wünsche,  diese  seilen  mOditen  den  laser 
dazu  anregen,  das  buch  selbst  genauer  so  stodieran. 

Lbipzio.  Kaol  BauoifAn. 


90. 

Zu  SOPHOKLES  BLEKTBA. 


525  ff.  TTarfip  f&p,  oöb^  dXXo,  cd  irpöq(im*  dcl 
ibc  iE  iMOC  T^eVT)K€V.    &E  ^MOO  *  KoXulc 

Koiba*  Tl&Vb*  dpVtlClC  OÖK  £v€CTi  |UI01' 
f)  TOIP  AlKTl  VIV  clXeV ,  OÖK  tfW  |UIÖVI|  * 
fji  XPflv  C '  dpiflTClV ,  €l  9pOVO0c  *  iTUTX«V€C. 

SU  ▼.  528  bemerkt  Nauck':  'unpassend  iBty&p,  da  Klytaimnestra 
ihr  geständnis  den  Agamemnon  getOtst  su  haben  nicht  mit  der  be- 
bauptung  begründen  kann,  die  Dike  habe  ihn  getötet  passend  wire 
dXX'  f)  AiKTi  VIV  elXcv.'  die  nachfolgenden  werte  oük  ivh  MÖvi) 
zeigen,  dasz  Kljtaimnestra  die  Dike  ids  ihre  belferin  oder  bnndes- 
genossin  bei  der  ermordung  des  Agamemnon  betrachtet,  weil  sie 
sich  bewu8t  ist  die  that  biKoiuic  (5^)  oder  —  bildlich  ausgedruckt 
—  untersttttzt  von  der  Dike,  demnach  nicht  allein  Yollbracbt  so 
haben ,  darum  liegt  jeder  gedanke  an  ein  leugnen  der  tiiat  ihr  fem 
(Tilivb'  äpVTicic  ouK  {v€Ct{  MOi).  War  aber  Dike  die  belferin,  so  hat 
auch  sie  ebenso  wenig  wie  Klytaimnestra  die  that  allein  vollbracht 
(clXev).  die  streng  logische  beweisf&brung,  deren  Klytaimneatra 
auch  im  nachfolgenden  sich  zu  befleiszigen  sucht,  macht  vielmehr 
nach  y.  526  f.  eine  klare  bezeichnung  der  gleichen  beteiligung  bei- 
der notwendig,    daher: 

f)  yäp  AiKi]  EuvciXev,  otk  Ifth  fuiövii  (sc.  etXov). 
vgl.  Tracb.  882  ff.  Tic  Oupöc  i^  t{v€c  vöcoi  rdvb*  alxM^  ß^Xeoc  kokoö 
EuvcTXe;  Herod.  V  44  (vgl.  45)  cucTpaT€U€c9a(  t€  bi\  inX  Cußapiv 
Auipi^a  KOI  cuvcXcTv  Tf)v  Cußoptv.    P)ut.  Ljs.  14  cuv^mi^^  ^CP^ 
'Arrucfiv  "Ajibi  kqI  TTaucavia  toic  ßaciXcGciv  die  toxO  cuvoip^uiv 


672  GKrüger:  za  Sophokles  Elektra. 

Tf|v  TTÖXiv.  Anton.  Liber.  39  s.  260  Teuicpou  ToO  EuveXövTOC  "IXior 
'AyaM^MVOVi. 

601  f.  8  b'  fiXXoc  iSui,  X€ipa  cf|v  ^öXic  ipuriuv, 

TXrJMiuv  'Op^cnic  bucruxft  Tpißci  ßiov. 
Naack':  «fiXXoc  BEüj  ist  offenbarer  unsinn.  Heimsoeth  schlug  f«r 
fiXXoOi  Z6jy  (krit  Btudien  I  s.  310);  sinngemftes  wire  auch  dXlUixOi 
Ync  oder  (so  Blaydes)  €V  Eevi)  tQ**  ciio  zweifelloa  richtige  liidani| 
CStürenbnrgs  (qaaest.  Soph.  s.  17)  in  t.  337  TOiauT*,  dbcXfi 
(statt  ToiaOTQ  b '  dXXä) ,  kqi  c^  ßouXoMai  iroieiv  wOrde  nilia  kga 
zu  schreiben:  6  b*  db€X9Öc  €Eui  usw.,  wenn  nicht  CFlf flUcr  (dl 
pedibus  solutis  in  dialogorum  senarüs  Aeschyli,  Sophodis,  Eorqndii^ 
Berlin  1866,  s.  128;  Tgl.  auch  Bumpel  PhiloL  XXV  59  ff.) 
hätte  'anapaestos  ex  duobus  tribusve  yocabulis  composito«  i: 
Tersum  abhorrere  a  Sophoclia  metri  tractandi  arte  et  elegantiA, 
unum  Philoctetae  excipiamus  exemplum  satis  certum  (v.  795)'. 
falls  aber  läszt  der  gedankenzusammenhang  an  dieser  stelle  einen 
druck  erwarten,  welcher  die  innige  Zusammengehörigkeit  des  brndHi 
und  der  Schwester  im  gegensatz  zu  dem  bunde  der  Klyteimneatn  ni 
des  Aigisthos  (599  €k  t€  coO  Kaxotc  iroXXoTc  del  EuvoOca  toO  if 
cuwö^ou)  bezeichnet;  daher: 

&  b*  dpöc  {£ui,  X^^P<3(  cf|V  liöXic  9UTii>Vf 

TXrj^uiv  'OpecTTic  bucTuxf)  Tpißci  ßiov. 
auf  den  besitz  des  sohnes  Orestes  hat  Elytaimneatra  nach  dem  wm 
sie  gethan  keinen  anspruch  mehr,  sie  bat  ihn  fQr  immer  mk  m^ 
fremdet;  Orestes  (x^Tpa  d)v  |biöXic  q>uT(iiv)  gehört  seitdem  inl^ 
sonderm  grade  der  Schwester ,  deren  treue  ihm  einst  das  lebM  er- 
halten hat  (vgl.  11  ff.),  derselbe  tief  empfundene  anadmck  (dirfr) 
bezeichnet  an  drei  andern  stellen  gerade  dieses  dramaa  die  a 
Verbindung  der  £lektra,  bzw.  des  Orestes  mit  dem  nicht  mehr 
den  yater  (279  irarepa  töv  d^öv  Ik  böXou  KQT&Tavcv«  689  mUfB 
TÖv  d^öv  TrpöcGev  ^EaTiiuXccac.  1495  f.  kot^ktovcc  irar^pa  idt 
dfLiöv ,  djc  dv  dv  rauTip  Odvqc).  über  dfiöc  bei  den  tragikwn  i^ 
Gerth  'quaestiones  de  graecae  tragoediae  dialecto'  in  QCnrtiM 
dien  I  2  s.  251,  aus  dessen  Zusammenstellungen  sich  ei^bt 
diese  form  des  Possessivpronomens  auazerdem  noch  in  fblgente 
dialogversen  'propter  metri  opportunitatem'  zur  anwendong 
men  ist:  Phil.  1314  r^cGiiv  nar^pa  töv  d^öv  cöXoroCvrd  cc. 
Sieben  654  iZi  TravbäKpuTOV  dfLiöv  OibiTTOu  T^voc.  Hik.  882  Mf^ 
Toc  eibuic  b*  dpöv  dpxaiov  y^voc.  wie  leicht  diese  immerhin  Bit 
tene  form  durch  die  nacfalässigkeit  der  abschreiber  an  nnsofei 
in  dXXoc  übergehen  konnte,  liegt  auf  der  band. 

Görlitz.  Gdstat  KnOi 


OAmdohr:  lor  be^estong  dat  eompanAm  M  lloMwoii.     V7S 

91. 

ZÜB  BEDEUTUNG  DES  COMPABATIYS  BEI  HOMSBOS. 


In  der  Wortbildung  *der  erstere*  gibt  die  dentsehe  sprmohe  eiiMDi 
snperlatiy  die  comparativfonn,  nm  die  baiiehiuig  auf  einen  iweitea* 
auszudrücken;  in  Mer  «ndere**  iat  ebenfalls  daa  eompantifsiiflk 
enthalten ,  um  denselben  gegensatz  ni  'der  eine*  sa  beieiehnen.  da» 
bei  aber,  durch  das  comparatiTSolBx  niimeralstiBimen  die  besidiong 
%u  einem  zweiten  aufznprftgen,  ist  die  deutsche  sfnradie  nicht  striMA 
geblieben:  es  finden  sich  in  ihr  lahlreiche  eomparatiTe  von  eigea- 
schafts Wörtern,  die  nicht  eigentlich  im  steigernden  sinne,  sondern 
im  gegensatz  zu  einem  gegebenen  sweiten,  und  swar  meist  im  Ter» 
hältnis  zu  ihrem  contradictorisohen  gegenteil  gebranoht  wwden.*  ift 
^höhere  schulen*  zb.  ist  nicht  sowol  eine  steigerang  sn  flndes  ab 
vielmehr  der  gegensatz  zu  'niedere  schalen',  diese  ilteve  fSorm 
'nieder'  ist  hier  wie  oft  im  gegensitilichen  sinne  im  gebnueh,  wlli> 
rend  man  in  der  steigernden  bedentnng  die  jflngere  form  'niedriger* 
meist  vorzieht  spridit  man  von  'jflngevsn  lauten*,  so  kann  das  der 
gegensatz  zu  'ältere  leute'  sein;  ebenso  sagt  man  gegensltilieli 
^reichere*  und  'ftrmere*  usw.  auch  in  adTorbinlen  ansdürflcken  findet 
sich  dieser  gegensätzliche  gebrauch  des  conparativs.  'ee  wird  ihm 
leichter  ums  herz'  besagt,  dass  ihm  roriier  schwer  nms  hert  war; 
'früher'  braucht  nicht  der  comparativ  zu  'firflh*  sn  sein,  sondern  kann 
auch  im  gegensatz  stehen  zu  einem  'jetzt*  oder  'später*,  nicht  anders 
▼erhält  es  sich  mit  'näher*,  welches  der  gegensatz  zu  'fem*  sein  kum, 
und  hier  sind  namentlich  die  localen  und  die  ihnen  entstammenden 
temporalen  begriffe  ihrer  relativen  natur  wegen  stark  vertreten,  von 
andern  beispielen  füge  ich  noch  hinzu  ausdrücke  wie  'es  bliebe 
besser  ungesprochen*,  wo  'besser*  nur  gegensätzlich  sn  erklären  ist, 
ebenso  'besser  werden,  öfter  kommen*  usw.,  bei  denen  neben  ihrer 
comparativen  auffassung  eine  gegensätzliche  auslegung  möglich  ist. 
doch  hiermit  genug  von  diesen  allbekannten  dingen. 

Der  unterschied  in  der  bedeutung  des  comparativs  nach  seiner 
steigernden  und  seiner  adversativen  seite  wird  deutlich  bezeichnet 
durch  die  beiden  bedeutungen  von  ^fiXXov,  das  Einmal  gleich  magii, 
dann  gleich  potms  sein  kann,  von  denen  jenes  steigert,  dieses  ans- 
achlieszt  und  entgegensetzt,  denselben  unterschied  weist  aufls  stäricste 
das  französische  tnais  auf  im  Verhältnis  zu  dem  lateinischen  magk^ 
aus  dem  es  entstanden ;  dh.  aus  dem  rein  steigernden  fttagis  ist  daa 
völlig  gegensätzliche  nuua  hervorgegangen. 


*  rnnders  JOrimm  deutsche   pramm.  III  s.  6S1.  *  vgL  ebd.  III 

s.  636.  '  seit  KF Becker  'organism  der  spräche*  s,  108  ist  es  bekiuml, 
dmss  die  mdjccti vischen  stamme  sich  io  polarischea  geceasätseii  eat- 
wickelo;  dieser  gef^ensats  findet  seinea  änssern  aosdmek  ia  der  eooi- 
parmÜTform,  die  also  nar  die  besiehung  auf  das  polarische  gegenteU 
benrorhebt. 

Jshrbheh«r  fir  elatt.  plittol.  1880  hfU  10  «.  IL  44 


674       OAmdohr:  Eur  bedeutnng  des  comparatiTi  bei  Homerot. 

Dasz  sich  die  gegensätzliche  bedeatung  des  comparativi  im 
lateinischen  vielfach  vorfindet,  ist  eine  thatsache  die  hier  nur  dar^ 
einige  beispiele  erläutert  werden  soll,  wenn  Cicero  im  Laelias  4, 14 
sagt:  sin  autem  illa  veriora,  ut  idem  inieriius  sU  animorum  et  cwp»- 
^nt  — ,  Caesar  b.  cit\  161,3  Caesaris  autem  erat  in  barbaris  nomenA- 
scurius  oder  Ovidius  met.  XIV  299  spargimur  ignotae  suds  «ctton- 
busherhaCj  so  durfte  der  adversative  gebrauch  des  comparaÜTt  ■ 
allen  drei  stellen  ganz  klar  sein,  die  von  Cicero  wtirde  sn  versUiMi 
sein:  Venn  das  vielmehr  wahr  ist,  dasz  zagleicb  ein  vergehen  vw 
geist  und  körper  eintritt',  die  bei  Caesar:  'Caesars  name  war  dag^ga 
bei  den  barbaren  verhältnismäszig  unbekannt',  endlich  die  da 
Ovidius:  'wir  werden  mit  den  im  gegenteil  (»^potius)  heilsaan 
Säften  eines  unbekannten  krautes  bespritzt',  so  dasz  die  meimrm 
suci  hier  zu  den  v.  204  genannten  suci  das  gegenmittel  bilden,  wi» 
auch  Homer  im  gleichen  zusammenhange  statt  dcBXöv  q>äp|ABnv 
geradezu  dXXo  (päp^aKOV  sagt  (k  292.  392)  im  gegensats  zn  XurpAv 
(ouXö^evov)  9äpfLiaK0v. 

Dasz  im  griechischen  im  allgemeinen  der  comparatir  bei  dm 
begriffe  der  zweiheit  vielfach  gebraucht  wird ,  und  dass  namentliek 
numeralia,  pronomina  und  auch  adjectiva,  in  denen  der  begriff  dv 
zweiheit  liegt,  mit  dem  comparativsuffix  gebildet  erscheinen ,  Ictat 
ausdrücklich  Kühner  ausf.  gr.  gramm.  §  154  anm.  9  und  §  157,  8; 
beispiele  für  den  gegensätzlich-dualistischen  gebrauch  des  compsis^ 
tivs,  ohne  die  sacho  deutlich  genug  zu  bezeichnen,  gibt  auch  Krflg« 
gr.  spr.  §  49,  6,  3.  von  dem  was  Krüger  über  den  gebranoh  da 
comparativs  lehrt  gehört  besonders  hierher,  dasz  der  compaFativ  etat 
einen  maszbestimmenden  begriff  oder  satz  steht,  'wenn  das  gtgKä 
teil  als  masz  zu  denken  ist',  damit  stimmt  im  wesentlichen  flbewii 
6 Autenrieth  (Nägelsbachs  anmerkungen  zur  Ilias,  zu  A  32).  mit  dMM 
die  in  den  hierher  gehörigen  lallen  eine  enallage  annehmen  wolkm 
statt  den  comparativ  zu  erklären,  ist  füglich  nicht  zu  streiten,  dsa 
übrigens  alle  diejenigen  fälle,  wo  der  comparativ  in  der  ateigerada 
bedeutung  steht,  das  verglichene  aber  aus  dem  zusammenhange ■ 
ergänzen  ist,  nicht  hierher  gehören,  bedarf  wol  kaum  der  erwlhnm^ 
Krüger,  der  den  comparativ  nur  als  steigernd  auffaszt  C§^'9'X 
kommt  der  Wahrheit  wol  weniger  nahe  als  Autenrieth^,  der, 
eine  erschöpfende  crklärung  des  comparativs  zu  geben,  an  einem 
spiele  das  richtige  trifft,  er  übersetzt  Oaccov  bei  einem  imj 
durch  'vielmehr  schnell'  und  sagt  ausdrücklich,  dasz  so  dnreh 
comparativ  nicht  sowol  verglichen  als  vielmehr  das  gegenteil  aai- 
geschlossen  werde,  damit  gibt  man  aber  zu  dasz  der  compaFatiT  Usr 
keine  steigernde  bedeutung  hat.  er  bezeichnet  vielmehr  in  beziehuig 
auf  ein  zweites  moment  einen  ausschlieszenden  gegensati.  disssB 
zweite  kann  das  logische  gegenteil  sein;  es  kann  aber  zb.  aoeh  bri 

*  von  mndern  commentaren,  die  ich  benutit  habe,  aeaae  ich 
ders  den  von  Victor  Hugo  Koch,  dem  ich,  wie  kundige  leieht 
vielfache  belehruDg  verdanke. 


OAmdohr:  tor  bed«iitiiiig  dat  ecmjgntMwu  hü  Pommoi.      875 

paarweise  gegebenen  er8cbdniuigeneiii6iwdteenehemiiiigdangeg«B* 
salz  zu  der  ersten  bilden  usw. 

Ehe  ich  aber  zn  meinem  eigeniliidi«n  ihema  flbergeha,  weiae 
ich  zunächst  noch  auf  eine  allbekannte  bieriier  gehörige  apraehlidie 
erscheinung  hin.  sie  gilt  ebensowol  fllr  das  grieehiaclie  wie  fllr  das 
lateinische  und  thut  ebenfallt  dar,  data  der  comparatir  nicht  immer 
einen  steigernden  sinn  hat.  bei  Targleiehmig  des  gradea  tweier 
eigenschaften  nemlichf  wo  doch  logiach  em  höherer  grad  nmr  bei 
dem  ersten'  eigentchaftewort  flefordert  encheint,  nimt  aadi  das 
zweite  die  comparativform  an  (vgl.  sdion  Hom.  a  164  f.).  mmner 
meinung  nach  offenbart  aiöh  aodi  in  dieaer  ereoheinnBg  lediglich  die 
gegensätzlich  anf  ein  zweites  hinweiaende  nator  dea  aomparaiivs* 

Im  folgenden  sei  ea  mir  nnn  vergOnnt  dieaen  eigentttmliaheo 
gebrauch  des  oomparatiTS  mit  heraasiehimg  mOgliehat  aller  wich- 
tigem stellen  aus  Sias  und  OdTaaee  sn  behandeln!  wie  wichtig  diea 
gerade  fQr  Homer  ist,  weiaa  jeder  kundige,  und  ich  wUrdCi  ftlla 
meine  hier  Torgetragenen  anaidliten  nicht  die  billigong  der  aach* 
verständigen  finden  sollten,  adhon  darin  eine  befriedignng finden, 
die  aufmerksamkeit  auf  dieaea  pnact  noch  einmal  niMsfadrUcklieh 
hingelenkt  zu  haben,  freuen  wiMe  ich  mich  allerdinga»  wenn  mir 
der  versuch  gelänge  naohznweiaan,  daas  aa  nicht  rithlich  iat  aieh 
damit  zu  begnügen  an  irgend  einer  atelle  im  Homer  eine  eomparatiT- 
form  als  fUr  den  positiv  oder  gar  fllr  den  anperlatiT  atebend  an* 
zusehen. 

Ein  gegensatz,  der  zunächst  immer  nur  ein  tweiheitlicher  ist, 
wird  sich  im  denken  und  im  sein  und  in  ihren  beziehungen  zu  ein- 
ander zeigen,  es  findet  sich  eine  gegensätzlichkeit  ebensowol  zwiachen 
wollen  und  sein  wie  zwischen  Vorstellung  und  Wirklichkeit,  jeder 
begriff  bildet  einen  gegensatz  zu  seinem  contradictorischen  gegen- 
teil.  was  die  Vorstellung  des  seienden  anlangt,  so  wird  ein  gegen- 
satz zwischen  werdendem  und  gewordenem  sich  zeigen ,  und  weiter 
treten  die  erscheinungen  selbst  naturgemäsz  und  in  der  Vorstellung 
generell  oder  einzeln  in  paarweise  gegensätze  zu  einander,  alle  diese 
genannten  gegensätze  müssen  als  solche  jedem  menachen  unmittel« 
bar  in  ihrer  beziebung  zu  einander  klar  sein,  und  sie  werden  des- 
halb auch  in  der  spräche  ihren  ohne  weiteres  fllr  jeden  veratänd- 
licfaen  ausdruck  finden,  die  mittel  die  die  spräche  hat,  um  diese 
gegensätze  auszudrücken,  müssen  aber  notwendig  gelegenheit  bieten, 
um  den  comparativ,  wenn  er  wirklich  die  gegensätzliche  beziebung 
auf  ein  zweites  bedeutet,  gerade  in  der  sinnlichen  apradie  Homera 
in  seiner  eigen tümlichkeit  nachzuweisen. 

Und  in  der  that  findet  sich  der  gegensätzliche  comparativ  bei 
Homer  in  formen  der  rede,  welche  den  willen  ausdrücken,  dasz  etwas 
sei,  also  beim  imperativ,  beim  hortativ,  bei  vielen  unpersönlichen  aus- 
drücken, die  oft  mit  mahnender  oder  abmahnender  nebenbedeutnng 

^  dmber  tritt  magis  in  dief  em  fmlle  aaeh  nur  sam  ersten  adjeetimm, 
fmlls  diese  Umschreibung  für  den  comparativ  gewählt  wlid. 

44* 


676       OAmdohr:  zur  bedeutung  des  comparatiTs  bei 

ein  urteil  über  thun  oder  lassen  ausdrücken,  ebenso  können  wir  be- 
obachten, dasz  in  formen  des  gedankens,  wo  ein  zwieepalt  swieehH 
Vorstellung  und  Wirklichkeit  eintritt,  bei  Homer  ein  plati  für  da 
comparativ  ist.  derselbe  findet  sich  also  in  hypothetisehen  gefllgai 
und  zwar  im  vorder-  und  im  nachsatz;  femer  in  echmerdick« 
ausrufen,  die  den  gegensatz  der  empfindung  gegen  die  reelittt 
ausdrücken,  und  endlich  in  der  drohenden  rede,  in  welcher  tick 
ein  gegensatz  der  auffassung  des  drohenden  und  des  bedrohten  nt- 
drflcken  wird,  auch  bei  den  verben  die  eine  bewegnng  bedentai 
oder  wenigstens  diese  bedeutung  einschlieszen ,  nnd  die  aleo 
localen  gegensatz  vermitteln,  wendet  Homer  vielfach  den 
sätzlichen  comparativ  an,  namentlich  um  die  aufhebnng  des  ferai 
auszudrücken,  dasz  weiter  in  der  begrifisbildung  fftr  contradieto- 
rische  gegenstttze  —  wie  in  der  spätem  zeit  TÖv  f^mu  Xärov  Kpcfnv 
iTOieiv  —  auch  bei  Homer  ein  platz  zur  anwendung  des  gegeniltr 
liehen  comparativs  ist,  überrascht  ebenso  wenig  wie  die  wahmk- 
mung,  dasz  dieser  gebrauch,  der  eine  gewisse  abstraction  Yoranasefedk 
bei  Homer  ziemlich  selten  ist.  auszer  dem  durch  das  denken  gomti 
ten  gegenteil  sind  weiter  als  greifbare  gegensätze  anch  die  sich  m 
paarweise  darbietenden  gegenstände  oder  erscheinungen  ins  ange  ■ 
fassen,  sie  werden  entweder  durch  das  geschlecbt  nnd  ihre  natlr 
liehe  beschaffenheit  in  gegensatz  zu  einander  gestellt,  oder  sie 
auch  paarweise  in  einen  zuf&Uigen  gegensaU.  daai  anch  die 
heit  von  erscheinungen  oder  erscheinungsarten  für  die  anwBndng 
des  gegensätzlichen  comparativs  vielfach  bei  Homer  gelegenkü 
bietet,  wird  ebenfalls  genauer  gezeigt  werden;  ttbrigens  wtvil 
schon  oben  bemerkt,  dasz  auf  diesen  gebrauch  bereits  Kflhnsrsa 
hingewiesen  hat. 

Ich  lasse  nun ,  nach  den  oben  angegebenen  gesiohtsponctn  gt 
ordnet ,  die  über  den  gebrauch  des  gegensätzlichen  oomparatiTB  ka 
Homer  aufschlusz  gebenden  stellen  folgen;  sollten  wichtige  flki^ 
sehen  sein,  so  bitte  ich  um  nachsieht. 

I.  Der  gegensätzliche  comparativ  findet  eich  bei  Hobmt  btia 
imperativ  in  folgenden  stellen:  Z  143  dccov  It€.  TT  129  biM 
eäccov.  T  68  (vgl.  P  654)  äy€  Oaccov  drpuvov.  (Y  429  wieZ  lÄ) 
V  97  CTftOi  dccov.  IT  130  €px€0  Odccov.  dasx  dccov  und  MkflSV 
keine  echten  comparative  seien ,  kann  wol  im  ernst  kaum  hslismitlt 
werden. 

II.  Für  den  hortativ  sind  aus  der  Odyssee  an  Tfini ichnii' 
K  44  9accov  ibuiMcOa.  k  192  <ppal\i}\k€da  Odccov.  k  228  <pa<;|fy^ 
M€6a6dccov.  k  268  <p€UTU)M€V  Bdccov.  w  495  öirXiZtlipcOa  Oiraov. 
dasz  gerade  dccov  bei  verben  der  bewegung  so  biufig  angewsstt 
wird,  ist  darin  begründet,  dasz  esdieaufhebungder  enäeranngasfr- 
drückt;  auch  dasz  9accov  sich  so,  wie  oben  ersiebtiich,  gehraosM 
findet,  ist  nicht  zuftÜig  und  liegt  in  der  bedeutung  tob  MccOVi 
welches  leicht  dem  zur  thätigkeit  antreibenden  imperativ  ud  bci^ 
tativ  hinzugefügt  wird. 


OAmdohr:  tor  bedeotoog  dM  eooipwnlm  bei  HomenM.      877 

III.  Far  den  finalsati  bieten  neh  folgend«  beiapwie,  in  denen 
sich  der  gegensätzliche  comparmtiv  angewendet  leigt:  A  8S  chUh 
Tcpoc  &c  K€  yir\a\.  Z  143  Ac  kcv  Mkcov  liciiai  (ebemo  Y  4S9). 
B  440  dcppa  K€  Oäccov  drcipOMCv.  V  63  6qH>o  ImoX^  trOp  6äc- 
cov.  I  257  dcppa  MäXXov  (^^palhul)  Tiuici.  M  26  ö^pa  k€  Oflccov 
6€(ii.   K  33  Yva  6äccov  iKofjLiceo. 

IV.  Oefter  mit  mabnendem  oder  abmahnendem  nebensinne 
findet  sich  der  comparativ  in  gegenafttilieher  bedeotong  in  nnper* 
eOnlichen  oder  adverbialen  ansdrflckeni  welche  ein  nrteU  Aber  Uinn 
nnd  lassen  enthalten:  dMC^vov  A  116.  274.  A  469.  fi  52.  E  466. 
dpciov  T  66.  K&Kiov  I  601.  c  174.  t  120.  K&XXiov  fi  62.  t  69. 
n  169.  6  649.  K^pbiov  6  201.  Z  410.  H  28.  0  226.  T  68.  ß  74. 
320.  K  163.  0  204.  c  166.  x  338.  tu  289.  XOnov  A  229.  Z  839. 
ß  169.  (p^pTcpov  A  169.  217.  A  807.  (qpiXTcpov  X  801. 

y.  Der  gegensfttsliche  comparativ  in  hjpothetiaehen  eati- 
gefügen: 

a)  im  bedingangssatxe:  A 116  töäiui,  d  TÖ  T*  ^ivov.  O  376 

€l  UfLllV  bOK^Cl  TÖb€  XU)(T€P0V  KOl  äflClVOV  .  •  KCipeTC  .  .  Vgl  ß  141, 

^^  286  €i  m4v  bf)  T^pac  t€  9€ol  TcX^ouctv  dpciov,  äiiruipifi  toi  .  • 

b)  im  folgernngssatxe:  B  81  (vgL  fi  222)  €i  pi^v  Tic .  •  fvtcircv, 
Mieöböc  K€v  qpaipcv  kqI  vocq)iZo(^€ta  m^üÜIov  (vgL  Antenrieth  adet. 
die  daselbst  gebotene  richtige  fibereetzong  von  ^dXXov  'nur  nm 
80  mehr'  ist  gegensätzlich  ^^pcHuB).  €  897  €i .  •  fi^v  (bV  dlbn- 
Xoc,  KQi  K€v  bi\  irdXat  ficOa  ^vepTCpoc  oöpavit(rvuiv.  den  sinn 
dieses  verses  hat  schon  iSngst  richtig  Nftgelsbach  (Hom.  theologie  ^ 
8.  73)  gegeben:  die  richtige  deutang  von  £v^pT€poc  ist  ^yielmehr 
nnterbalb  der  bimmelsbe wohner'  dh.  *nicht  za  ihnen  gehörig,  sondern 
▼ielmehr  unter  ihnen  stehend';  die  ttbersetiong  *tiefer  nnten*  hat 
vielfach  zu  irriger  aaffassung  des  verses  verleitet  TT  90  im  naoh- 
satz  eines  hypothetischen  satzes ,  dessen  Vordersatz  ergänzt  werden 
mu8z :  dii^ÖTcpöv  ^€  Orjccic,  sc.  cl  cu  T^  ttoXcmi^civ  XiXaicai.  C  278 
Tip  b'  äXTiov,  a!  k*  dd^Xijci.  0  437  tö  p^v  alcxiov,  al  k'  dpaxnTl 
Topcv.  ß  190  ai  K6.  .  dnoTpuvijc,  dvinp^crcpov  €ctoi.  c  264  et 
KcTvoc  dpcpiTroXeuoi ,  peSöv  k€  kX^oc  clr).  in  allen  diesen  versen 
acheint  die  möglichkeit,  dasz  der  comparativ  steigernd  anfgefasfi 
wird,  ausgeschlossen  zu  sein. 

VI.  Auch  in  beschränkenden  zeitaätzen  ist  der  gegensätzliche 
comparativ  nicht  ohne  beispiel:  C  268  6q>pa  oiSroc  p/jvie..  TÖ<ppa 
bk  ^TiiTcpoi  TToXepileiv  fjcav  'AxaioL  ^iiirepoi  heiszt  nicht  eigent- 
lich leichter',  sondern  'gar  leicht'  und  *nicht  so  schwer  wie  jetst^ 

VII.  Im  bedauernden  aasraff  der  einen  gegensati  zwischen 
dem  wie  es  sein  sollte  und  wie  es  ist  einschlieszt,  findet  sich  öfter 
der  comparativ  im  gegensätzlichen  sinne:  C  278.  306  äXflov,  al  K* 
^G^Xrjci.  b  292.  ir  322»  wo  sich  ein  das  bedaaem  begrttndenderf  der 
form  nach  hypothetischer  relativsatz  anschlieszt:  Ti|)  b*  AXtiov,  6c 
KCV  ^Kcivujv  toGtov  dvidlq  Gupo<p9öpoc.  auch  in  fiXiiov  hat  man 
einen  positiv  sehen  wollen,  weil  die  natar  dee  comparativs  verkannt 


678       OAmdohr :  zur  bedcutung  des  comparaüvs  bei  Homeroa. 

wurde,  in  allen  oben  angeführten  stellen  dürfte  dX^iov  durch  *gar 
schmerzlich'  oder  'wie  schmerzlich'  wiedergegeben  werden,  im 
letzten  beispiele  neigt  sich  der  ausdruck  des  schmenea  in  dem  der 
drohung  und  leitet  zu  der  anwendung  des  comparativB  in  der  drohen- 
den rede  hinüber. 

VIII.  Im   drohenden  gegensatz  findet  sich  der  oompanÜT 
A  325  TÖ  ol  Kai  ^iTiov  fcrai,  dh.  das  wird  ihm  überdies  *gnr  sehredL- 
lich'  oder  'schrecklich  genug'  dh.  kein  geringer  schrecken  aein.*  dii 
gewöhnliche  auffassung  *noch  schrecklicher'  ist  nicht  anspredMod, 
da  dann  Agamemnon  wenig  passend  das  freiwillige  aufgeben  dv 
Briselfs  als  ein  ^lyoc  bezeichnen  müste.   dieselbe  anffassung  iat  nmk 
meiner  ansieht  auch  A  563  tö  bi  TOi  Kai  ^itiov  £cTai  am  platn,  dl 
die  erklärung  'dasz  du  meinem  herzen  fem  stehen  wirst,  das  wir! 
dir  schrecklicher  oder  grausiger  sein  als  was  dich  jetit  mismntig 
macht  oder  was  dir  jetzt  nicht  recht  ist'  etwas  gesacht  ist  md 
doch  auch  nicht  der  bedeutung  von  {iijoc  entspricht,     nicht  also 
eine  blosze  Steigerung  ist  es,  die  die  vorhergehende  drohung  eii- 
hält ;  sondern  in  beiden  stellen  wird  vielmehr  für  den  fall  der  Weige- 
rung eine  gewaltige  drohung  als  äuszerster  trumpf  ausgespielt,  ii 
etwas  anderm  sinne  steht  u  220  TÖ  bi  (^(tiov,  wo  es  aber  nisU 
eine  blosze  Steigerung  zu  kqköv  ist,  sondern  als  verstftrkender  gsgn- 
satz  dazu  gebraucht  wird:   *das  ist  aber  erst  ein  graus'  yerlugt 
etwa  dieser  gedanke.   ähnlich  wie  A  325  ist  A  305  aufzufassen,  «• 
ebenfalls  an  einen  befehl  für  den  fall  seiner  nichterftiUung  die  wa^ 
nung  dXaTTabvÖTcpoi  Tdp  IctcQe  geknüpft  wird:  *denn  dann  werdik 
ihr  vielmehr  schwach  sein'  (während  ihr  im  gegenteil  vereint  stek 
sein  könnt). 

IX.  Bei  den  verben,  welche  *  bewegen'  oder  *sich  bewsgcif 
ausdrücken  oder  auch  diese  bedeutung  einschlieszen ,  steht  hlaff 
der  gegensätzliche  comparativ,  der  in  dem  localen  gegensats  seilt 
begründung  findet,  hierher  gehören  auch  versa  wie  A  277  J^  H 
T '  äv€u6€V  eövTi  MeXdvT€pov,  i^utc  irfcca.  an  diesem  verse  istniekli 
zu  ändern,  und  i^ut€  bedeutet  nichts  anderes  als  'gleich  wie': 
entfernt  befindlichen  erscheint  sie  Vielmehr  schwars'  wie  pech, 
nicht  schwärzer  als  pech,  was  wol  überhaupt  nicht  gess^ 
könnte,  den  gegensätzlichen  comparativ  hat  hier  der  in  dvcuSCf 
dövTi  liegende  locale  gegensatz  verursacht. 

Von  verben  der  bewegung  im  allgemeinsten  sinne  hik 
einen  gegensätzlichen  comparativ  bei  sich:  Uvai  A  567.  O  106. 
P  6.54.  X  492.  W  8.  i  300.  k  537.  X  50.  89.  148.  o  109.  T  391 
u)  2L>1.  iKveicGm  Z  141.  (Y  429.)  ¥  44.  ß  307.  ^pxccOoi  ir  ISa 
u  154.  Tr€X€c0ai  a  393  neben  einem  positiv;  übrigens  hat  nsi 
hier  vielleicht  TreXecGai  =  *sein'  zu  fassen.  Ippw  k  72.  tcX^Sov 
Ti  52.  (pop^uj  V  368.  (p^pu)  i  380.  v  154.  £pu€c6ai  t  481.  waktm 


*'  dasz  nach  die  verbiDdan^  Kai  ^dXXov  nicht  immer  in  steifem- 
dcu  sione  zu  fassen  ist,  seigen  versc  wie  r\  164. 


OAindohr:  sor  bedeatmig  dat  ooaipanliTi  bei  Honmot.      679 

<-»  arcesso)  Q  74.   ^T^tpu)  B  44(X  KoGKiU  p  57S.  mm  vergleiolia 
auszerdem  die  unter  I  beim  imperatir  angafübrien  beispiele* 

Hier  möge  jetzt  noch  eine  andere  stelle  angeftUut  werden,  wo 
fUr  den  gebrauch  des  gegensfttilicben  eomparaiivs  ein  temporalet 
und  modales  moment  entscheidend  ist.  fi  248  f.  ^trcpoi  fäp  fiAX« 
Aov  'AxaioTciv  bf|  £c€cd€  xeivou  T€6vnurT0C  ivoiptSMCV*  ist  nicht  za 
fassen  Mhr  werdet  nach  dem  tode  des  Hektor  leichter  zu  erlegen  sein', 
sondern  ^jetzt,  nach  dem  tode  des  Hektor,  werdet  ihr  gar  leicht  sa 
erlegen  sein'  (wfthrend  es  firflher  sehr  schwer  war).  |ifiXXov  steht 
ebenfalb  v.  243  nur  im  gegensätzlichen  sinne,  nnd  swar  in  einer 
ganz  abgeschwächten  bedentang  von  pUiu$t  so  dast  es  beinahe  dia 
bedeutung  einer  adversativen  partikel  hat^  anch  in  der  bekannten 
Homerischen  ausdrucks weise  KiipöOi  ^fiXXov  mOchte  ich,  man  ge- 
statte mir  dies  hier  anzuführen,  jiäXXov  in  abgesehwächter  adver- 
sativer bedeutung  fassen,  in  allen  stallmi,  wo  d^asa  ansdmekswaiae 
vorkommt  (vgl.  dieselben  bei  Koch  zn  o  870)  ist  die  aof&asnng 
'mehr  als  vorher'  mir  nicht  anmntand.  möglich  scheint  dieaalba 
I  480,  allenfalls  auch  o  370  nnd  c  887.  anpassend  oder  ganz  nn- 
möglich  ist  sie  I  300.  0  136,  nnd  wenigstens  sehr  gezwungene  284. 
X  208.  c  387.  X  224. 

X.  Fttr  das  vorkommen  des  comparativs  im  gegensatz  znm  con« 
tradictorischen  gegenteil  ohne  eine  anderweitige  logisdia  bagrfindung 
habe  ich  folgende  beispiele  notirt:  A  576.  I  266.  i)  310  («■  0  71). 
c  404.  wir  werden  in  solchen  versen  —  wie  häufig  auch  sonst  —  zu- 
weilen den  comparativ  durch  den  positiv  oder  Superlativ  flbersetzan 
müssen :  tq  x€p€iova  ist  im  Zusammenhang  *die  schlechte  sache*, 
dfLieivuj  aicijiot  nävTa  'alles  maszvolle  ist  am  besten',  in  q)iXo9po- 
cuvTi  dfLieiviDV  wUrdo  die  Übersetzung  'freundlichkeit  ist  das  bessere 
teil'  nicht  unrichtig  sein,  naturgemäsz  eignet  sich  diese  anwendung 
des  comparativs  in  seiner  mehr  abstracten  bedeutung  ganz  besonders 
für  allgemeine  sprichwörtliche  redensarten.  anders  ist  zu  beurteilen 
X  358  f.  Kai  k€  tö  ßouXoi^r)v,  kqi  k€v  ttoXu  K^pbiov  clr),  irXeiOT^pi] 
CUV  X€ipl  (piXriv  ^c  Trarpiö*  u^cGai,  worin  man  die  form  irXeiOT^pii 
als  einen  gegensätzlichen  comparativ  anzusehen  hat,  der  durch  den 
gedanken  des  voraufgehenden  ßouXo(|uiiiv,  das  ^lieber  wollte  ich' 
heiszt,  und  des  voraufgehenden  gegensätzlichen  comparativs  K^pbiov 
(vgl.  IV)  in  seiner  auf  eine  zweiheit  bezug  nehmenden  form  bestimmt 
wird,  im  deutschen  kann  man  nur  richtig  wiedergeben  'lieber  mit 
vollen  bänden'  (und  nicht  mit  leeren). 

Es  bleibt  jetzt  noch  übrig  über  die  fälle  des  gegensätzlichall 
comparativs  zu  sprechen ,  wo  derselbe  die  beziehung  auf  eine  zwei* 
heit  der  erschcinungen,  seien  es  personen  oder  dinge,  ausdrückt. 

1.  Die  Zweiteilung  beruht  auf  dem  geschlechte  in  dem  be- 
kannten 6nXuT€pai  yuvaiKec  6  520  und  ^Xurcpai  8€o(  6  325,  vgL 
auch  X  386.  434.  u)  202.  über  die  bedeutung  von  OiiXOTcpoc  kann 
kein  zweifei  sein:  es  hebt  an  den  frauen  im  gegensatz  zum  männ- 
lichen geschlechte  die  fülle  der  körperformen  hervor. 


680       OAmdohr:  zur  bedentung  des  comparativB  bei 

2.  Die  zweiheit  der  erscheinungen  beruht  auf  generellem 
gegensatz.  zur  bezeichnung  der  beziehung  auf  eine  zweite  ^poUrisek* 
entgegengesetzte  gattung  findet  sich  der  comparativ  bei  Homer  nidit 
selten  angewandt:  f  108  ÖTrXÖTcpoi  ävbpcc  im  gegensats  sa  T^v* 
TCC  (v.  109).  A  31G  KOupÖTepoi,  in  gleicher  weise  gebnn^t. 
s.  auch  V.  324.  325.  c  52.  u  310.  T  24.  125.  362.  363.  6  301.  n 
diesen  stellen  ist  veu)T6poc  oder  ÖTiXÖTcpoc  gegensStslich  gebranehti 
80  dasz  durch  die  attribute  eine  gattung  gebildet  wird,  die  sa  d«, 
welche  die  gegenteilige  beschaffenheit  hat,  in  gegensatz  tritt,  wir  ge- 
brauchen den  comparativ  ähnlich,  können  dafUr  aber  auch  den  poeitiT 
eintreten  lassen,  wo  wir  allerdings  den  generischen  artikel  anwendo. 
der  auch  für  die  spätere  griechische  spräche  so  gebraacht  wird. 
Homer,  bei  dem  der  artikel  im  wesentlichen  noch  pronominaler  natar 
ist,  musz  eben  nach  andern  hilfsmitteln  greifen,  um  generelle  gegca- 
Sätze  auszudrücken.  Z  275  werden  ÖTiXÖTCpai  XdpiTCC  genannt» 
wie  ich  glaube ,  im  gegensatz  zu  den  Übrigen  göttinnen ,  indem  dit 
zarte  Jugendlichkeit  als  ein  diesen  ganz  besonders  zukommendes  pil- 
dicat  hervorgehoben  wird;  an  verschiedene  generationen  von  XäpiTiC 
zu  denken  halte  ich  nicht  fttr  notwendig,  hierher  gehören  auch  dis 
vielbesprochenen  comparative  dTpÖTCpoc  und  öp^CTCpOC,  die  bm 
ebenfalls  vielfach  in  ihrer  comparativen  bildung  und  bedentung  hst 
anzweifeln  wollen,  die  genannten  comparative  erteilen  einzäna 
thierarten  im  gegensatz  zu  den  zahmen  hausthieren,  welche  eben  an 
den  menschen  lebten  und  von  ihm  aufgezogen  wurden ,  die  gegct- 
sätzlichen  attribute:  *auf  dem  felde'  (oder  im  freien)  lebend  und  sif 
den  bergen',  das  wort  'zahm',  {ijuepoc,  findet  sich  nur  Einmal  W 
Homer  (o  162);  sonst  wird  der  begriff  umschrieben  durch  einen  nfti 
mit  dem  verbum  Tpecpeiv  (vgl.  l  21.  p  292.  293.  295)  oder  dnrdk 
die  bezeichnenden  attribute  2IaTp€q)rjc,  dTraXoTp€q)nc  ua.  tu  dieMi 
aufgezogenen  thieren  treten  dann  zunächst  die  wilden  thiere  dv- 
selben  gattung  in  gegensatz ,  wie  wilde  seh  weine  oder  wilde  iicg«i| 
dann  alles  wild  im  weitesten  sinne,  wie  löwen,  wÖlfe,  bftren,  hirseha 
vgl.  A  293.  M  146.  0  486.  k  212.  X  611.  p  295.  ein  genenlkr 
oder  auch  individueller  gegensatz  wird  namentlich  mitteb  aoldbtf 
comparative,  die  ort  und  zeit  ausdrücken  und  die  ^icb  ihrer  rdativM 
natur  wegen  vorzugsweise  zur  correlativ- gegensätzlichen  beniflk- 
nung  eignen,  deutlich  gemacht,  hierher  gehört  zb.  O  225  £v^picpOI 
Oeoi  im  gegensatz  zu  den  oupaviu)V€C.  es  dürfte  hier  wol  am  pli^ 
sein,  auch  die  comparativbildungen  beEiTCpä  und  dpiCTCpd  (xcip)  M 
besprechen.  beEirepd  ist  die  ^nehmende',  dpiCTepd  wol  die  *i^ 
fügende,  nützende,  unterstützende'  (vgl.  Curtius  grundzüge*  s.  318). 
das  lat.  sinisfra  geht  dagegen  auf  sinus  zurück  und  bedeatet  *fi» 
vielmehr  am  busen  befindliche'  im  gegensatz  zu  der  zum  nnhnMi 
ausgestreckten  rechten,  ähnlich  heiszt  übrigens  auch  dcain  die  gr 
krümmte,  wobei  man  wie  auch  bei  sinistra  an  die  antike  obere  ge- 
wandung  denken  möge,  die  von  der  linken  zusammengehalten  wuid% 
so  dasz  diese  von  dem  ge wände  ganz  oder  teilweise  Terhflllt 


0 Amdohr:  snr  badautong  dm  tompmatöfn  bd  HomenM.      681 

3.  Zur  bezeichnung  paar  weiser  gegenfiliie  Ton  emielnen 
Personen  oder  dingen  erscheint  der  oomparativ  bei  Homer  in  folgen- 
den fUllen  gebraucht  B  201  o1  c^o  q»£pT€po(  ctci,  cO  V  Airr6X€|yioc 
kqI  fivaXxic  zeigt  recht  deutlich  die  aussdiliessende  bedeatong  dee 
comparativs :  in  q>^pT€poi  kann  kein  steigernder  sinn  liegeui  da  dem 
angeredeten  ja  eben  jede  leistongsfiüliigkeit  abgesprochen  wird«  ee 
muBz  übersetzt  werden :  Welche  im  vergleich  mit  dir  gar  leistangsflttiig 
sind'  (nicht  so  schwach  und  kraftlos  wie  du),  fi  664  steht  dX^ivö- 
Tcpoc  zu  dem  um  erbarmen  angerufenen  Aohilleus  in  gegensati  nnd 
kann  nur  so  gefaszt  werden:  'du  habe  erbarmen  mit  mir:  ieh  bin 
doch  gar  zu  bemitleidenswert'  (als  dan  ich  nicht  miUeid  erregen 
sollte),  ähnlich  steht  zb.  21  376  Ktticdrrepöc  Tic  db.  einer  der  —  im 
gegensatz  zu  Nausikaa  und  ihren  freunden  —  keine  edle  geeinnung 
hat  (sondern  vielmehr  eine  niedrige),  ebenso  tritt  (0  109)  dxtbvö* 
T€poc  dvrjp  dem  mit  kSrpervonflgen  ausgestatteten  gegenflbeTf  nnd 
man  hat  zu  übersetzen:  *der  eine  ist  ein  gar  nnanaehnliober  mann' 
(und  nicht  mit  den  xopicvTa  ausgestattet),  nicht  anders  steht  ^  101 
der  CKÖTTcXoc  der  Charybdis  im  gegensats  zu  dem  der  Skylla  (v.  78) 
als  xOa^oXüLrrepoc  bezeichnet,  während  jener  vielmehr  oöpovAveöpihf 
licavei.  V  111  heiszen  die  thore  irp6c  Ndrou  im  gegensats  tu  den 
irpdc  Bop^ao  gelegenen  und  icaTaißorrcd  dv6p<(nioici  genannten 
(v.  1 10)  6€u)T€poi  Gupoi,  dh.  solche  cUs  ansschlienlieh  für  diegOtter 
(aber  nicht  für  die  menschen)  bestimmt  sind« 

Nachdem  ich  hiermit  die  bezüglichen  stellen  in  Ilias  nnd  Odyssee, 
so  weit  jene  mir  bei  der  lectüre  aufgefallen  sind,  behandelt  habe,  sei 
es  mir  zum  scblusz  nicht  versagt  ganz  kurz  und  in  aller  bescheiden* 
heit  eine  Vermittlung  der  beiden  bedeutungen  des  comparativs,  der 
steigernden  und  der  ausschlieszend  gegensfttslichen ,  aus  seiner  ver* 
mutlich  ursprünglichen  bedeutung  zu  versuchen,  sollte  auch  dieser 
schüchterne  versuch  nicht  die  büligung  der  competenten  beurteiler 
finden,  so  dürfte  wenigstens  dabei  belehrung  zu  gewinnen  sein,  die 
ursprüngliche  bedeutung  des  comparativs  scheint  mir  die  mit  hin- 
weisung auf  ein  zweites  daneben  befindliches  hervorhebende  eigen* 
Schaftsbestimmung  zu  sein,  es  scheint  so,  als  lAge  in  den  snffixen 
'tara  {tar)  und  -jans,  die  ich  als  ursprüngliche  pronominalstimme 
ansehen  möchte,  diese  auf  ein  zweites  daneben  befindliches  hinweisende 
gegensAtzliche  eigenschaftsbestimmung ,  die ,  so  weit  die  beiden  ins 
äuge  gefaszten  gegenstände  nicht  in  augenfälligen  gegensats  traten, 
dann  von  selbst  eine  steigernde  bedeutung  annahm,  die  rein  gegen- 
sätzliche locale  bedeutung  des  comparativs  muste  in  der  abstraeter 
werdenden  spräche  natürlich  immer  mehr  der  steigernden  weichen; 
dasz  sich  jene  in  der  spräche  Homers  noch  lebendiger  leigt,  kann 
nicht  befremden. 

Frankfurt  am  der  Oder.  Otto  Aiidohb« 


682  GBenseler:  zu  Homers  Ilias  [N  669]. 

92. 

ZU  HOMERS  ILUS. 


N  669  wird  berichtet,  dasz  der  reiche  nnd  edle  Enchenor  m 
Korintfa,  des  sehers  Poljidos  söhn,  dem  der  vater  voraasgesagt  hMt, 
er  müsse  entweder  daheim  an  lästiger  krankheit  oder  vor  Troja  toi 
der  Troer  hand   sterben,  mit  nach  Troja  gezogen  sei  und  ao  d» 
dpTOiX^Ti  Ouüf)  'AxaiUüV  vermieden  habe,  und  es  fragt  sich  nun,  im 
unter  dieser  Ouirj  zu  verstehen  ist.   das  scholion  za  dieaer  stelle  vai 
zu  ß  192  —  denn  nur  an  diesen  beiden  stellen  koount  das  wort  W 
Homer  vor,  sonst  noch  in  der  form  Ouiirj  in  einem  fragment  dee  Ar* 
chilochos  Et.  M.  s.  26,  24  eSpiirai  Ouiirj,  die  irap*  *ApxiXöxui  «ibc 
b '  dv  C€  Ouiif)  Xdßoi«  —  erklärt  es  mit  Tf)V  Z^HM^QV,  vOv  Tf|v  M^V*Vi 
faszt  es  also  olfenbar  nicht  als  geldbnsze,  sondern  als  schimpf  iB( 
so  dasz  also  Euchenor  durch  seine  teilnähme  am  zöge  den  schimpt 
liehen  tadel  der  Achaier  vermieden  hätte,  nicht  aber  einer  fiSn- 
lichen  bestrafung,  der  erlegung  einer  geldbnsze  entgangen  wire, 
aber  diese  bedeutung  des  wertes  Guir|  verträgt  sich  zunftchst  nicht 
wol  mit  seiner  anwendung  ß  192.   dort  hat  Halitherses  den  fröai 
warnend  die  nahe  rückkehr  des  Odjsseus  verkündet  und  dadmch 
den  zom  des  Eurymachos  erregt,  der  ihm  unter  anderm  lunift: 
CGI  b€,  T^pov,  6u)f)v  dTnOr)CO^€V,  t\v  k*  iv\  0UM<|i 
Tivuiv  dcxdXXrjc  xaXeirdv  bi  toi  icceiai  dX^oc. 
dasz  Oujrj  hier  eine  busze ,  und  zwar  am  wahrscheinlichsten  in  gM 
ist  —  das  wort  ist  offenbar  von  G€  in  TiGimi  abgeleitet,  wie  wAm 
die  alten  (Eustathios)  fühlten,  und  nicht  zu  trennen  von  dOi&OCi 
immunis,  straflos  —  nehmen  Fäsi,  Ameis,  La  Boche  and  Nitaeh 
gewis  mit  recht  an.  zweitens  aber,  und  dies  ist  von  bedentnng,  fiadd 
sich  weder  bei  Hesychios,  der  Gujr)  mit  lr\[ila,  ßXdßn  erläutert,  moA 
bei  Suidas,  der  es  ausdrücklich  als  erlegte  busze  (Ouifj  bi  8  ROia- 
TiGcTai  ö  2iimiou|i€VOc)  bezeichnet,  irgend  welche  spur  davon,  dsH 
es  auch  gleich  ^iii\\f\c  gebraucht  worden  wäre,   wie  ist  nnn  aber  dv 
scholiast  N  669  zu  der  auffassung  von  Gujt'j  als  einer  jLi^p^ic  ge- 
kommen?   offenbar  weil  sieb  in  ihm  die  ansieht  festgesetxt  hatte,  ii 
jenen  zeiten  sei  es  allein  die  furcht  vor  schimpflichem  tadel  da 
Volks,  die  macht  der  öffentlichen  meinung  gewesen,  welche  den 
nehmen,  adlichen  mann  genötigt  sich  selbst  wider  seinen  willen 
zuge  gegen  Troja  anzuschlieszen.   war  diese  ansieht  richtig,  so 
trug  sich  mit  ihr  die  erklärung  von  Gui^j  durch  geldboBie  an  dv 
citierten  stelle  schlechterdings  nicht,  und  dem  alten  erkllier 
dasselbe  bedenken  aufsteigen  wie  Nitzsch  in  seinen  anmerl 
zur  Odyssee  I  s.  95,  der  in  der  Odysseestelle  in  Ouirj  allerdingi  «M 
geldbnsze  sieht,  dann  aber  so  fortführt:  *in  der  andern  steUeN  6C9 
dürften  wir  es  wie  hier  verstehen ,  wenn  wir  eine  verpflichtoag  warn 
kriegszuge  oder  ein  loskaufen   davon  nachweisen  konnten,    doch 
£  239  ist  es  die  brj^ou  cpf^Mic,  welche  zum  kriegszage  nOtigt . .  das 


OBeoMlar:  lo  Hofemt  Um  [N  60»].  688 

gerede  des  volks,  die  öffentlioha  mmnoDg/  um  daher  bdde  bedeii- 
tongen  'goldbusze'  nnd  'eehimpf*  in  einklaiig  sa  bringen ,  llart 
Kitzsch  das  wort  Ouirj  zuerst  sohimpf ,  dum  aber  tnoh  'die  für  «i^ 
gethanen  schimpf  von  den  geronten  aoferlegte  bnexe*  bedeoten,  wae 
doch  wo!  so  za  yerstehen  int,  daei  die  niditteilnahme  ala  ein  dem 
▼olke  angethaner  schimpf  angesehen  und  deehalb  mit  einer  buaie 
belegt  worden  sei.  ich  glaube,  wir  sind  nach  dem  oben  geeagten 
berechtigt  von  der  }xi\i\\^c  gana  abtnaehen  und  können  des  immer- 
hin etwas  gezwungenen  vermitUungsvereueha  billig  entratben.  *qui 
detrectabat  militiam  multa  puniebatur',  bei  dieeer  erkiSrung  Damms 
in  seinem  Homerlexikon  unter  Oui/j  tu  N  669  wird  es  wol  sein  be- 
wenden  haben  mttssen.  aber  sehen  wir  uns  auch  i  939  an.  Odjssens 
gibt  sich  dort  dem  Eumaios  gegenflber  fUr  einen  bastardsohn  des 
reichen  Kreters  Kastor  aus  und  entrollt  in  der  enddilnng  seiner  an- 
geblichen abenteuer  ein  sicherlieh  wahrheitstreues  bild  vom  leben 
nnd  treiben  eines  flibustierftthrers  jener  tsge.  der  bastard,  der  bei 
der  erbteilung  von  den  legitimen  söhnen  kftrgUeh  abgefonden  wird, 
gewinnt  durch  mftnnlichkeit  und  tapferkeit  ein  begütertes  weih,  aber 
da  er  kein  gemflt  dazu  hat,  kinder  nnd  enkel  um  sieh  xu  pflegen 
oder  ein  ehrlich  ge werbe  in  ruhe  zu  treiben,  sondern  liebt,  was  an- 
dern furchtbar  ist,  gefahr  und  kämpf,  so  wird  er  anfülurer  einer 
flibustierschar  nnd  untemimt  vor  dem  troisehen  kriege  nenn  raub* 
zttge  zur  See  in  fremdes  land,  von  denen  er  reiehe  beute  heimbringt, 
so  wird  er  unter  den  Kretern  micbtig  und  ehrwürdig  (bcivöc  KoA 
aiöoioc).  als  aber  Zeus  die  veriiaszte  fahrt  ersinnt,  welche  vieler 
männer  kniee  löste,  da  befiehlt  man  ihm  und  dem  hehren  Idomeneus 
als  anführer  mit  schiffen  nach  Ilios  zu  fahren,  und  er  hat  kein  mittel 
es  auszuschlagen,  'schwer  aber  drttngte  die  öffentliche  meinung': 
6f|  TOT '  f M '  fj vu)TOV  kqI  dTaxXuTÖv  löOMCvfta 
vr|€cc'  fiTHcacGai  ic  ^XlOV•  oub^  n  M^oc 
fjev  dviivacOai ,  xo^eirfi  b '  ix€  bi^AOU  q)f)>iic 
wie  leicht  einzusehen,  wird  durch  diese  stelle  die  frage,  ob  der 
bastard ,  wenn  er  sich  geweigert  hätte  dem  geheisz  folge  zu  leisten, 
sich  einer  Ou)ii,  einer  busze  an  geld,  ausgesetzt  haben  würde,  nach 
keiner  von  beiden  Seiten  hin  entschieden,  denn  vermöge  seiner  an- 
gesehenen  Stellung  im  kretischen  volke ,  wie  sie  schon  der  name  des 
Idomeneus  als  seines  collegen  im  heerltlhreramte  klar  darlegt,  Hess 
er  es  offenbar  gar  nicht  zu  einer  förmlichen  Weigerung  kommen, 
sondern  gab,  wiewol  innerlich  widerstrebend,  dem  volkswülen  nadi 
und  verstand  sich  dazu ,  die  verhaszte  aber  doch  ehrenvolle  wfirde, 
in  gemeinschaft  mit  einem  Idomeneus  das  kretische  oontingent  tu 
befehligen ,  anzunehmen,  oiüb^  Ti  lif\xoc  fjcv  dvifivactet.  die  wähl 
des  von  |iäo|iai  stammenden  lif\x^  i>^  bezeichnend  genug:  es  fehlte 
ihm  eben  an  einem  haltbaren  vorwand  sich  lossumaehen,  da  eine 
förmliche  Weigerung  Oberhaupt  nicht  in  frage  kam  noch  kommen 
konnte,  so  wenig  wie  bei  den  griechischen  fQrsten,  als  es  galt  Agn- 
memnon  heeresfolge  zu  leisten,  wer  nicht  mit  ins  Md  wollte,  konnte 


gg4  GBenseler:  zu  Homen  Ilimt  [N  669]. 

höchstens  hoffen  durch  listige  vorwftnde  loszukommen:  das  leigidii 
sage  von  dem  verkehrt  pflügenden  Odysseus  und  dem  dnreh  die  be- 
sorgte mutter  als  mttdchen  verkleideten  Achillens,  wie  denn  wA 
Thukjdides  (I  9)  mit  dttrren  worten  es  als  seine  anaicht  lunifedl^ 
dasz  hauptsächlich  die  furcht  vor  Agamemnons  macht  das  heeriapr 
des  vOlkerkOnigs  gefüllt  habe,   nun  wird  aber  auch  nnaere  aofl» 
sung  der  Ouirj  als  einer  geldbusze ,  beziehentlich  loakanfiiamme  vqb 
kriegsdienste  für  leute  vom  adel  und  anaktensöhne  —  in  betreff  dv 
gemeinen  krieger  sind  wir  ohne  anhaltspuncte ,  doch  wird  man  aü 
ihnen  schwerlich   besonders  zimperlich  umgesprungen   aein,  vgl 
B  198  ff.  —  noch  durch  zwei  andere  Iliasstellen  nnterBttttzt.   0409 
wird  nemlich  erzählt,   dasz  der  söhn  des  vornehmen  Myrrnidona 
Polyktor  mit  seinen  sechs  brfldern  gelost  hat,  wer  mit  ina  feld 
solle,  und  dasz  das  los  ihn  getroffen,    die  natfirlichste  nnd 
zwungenste  auffassung  ist  hier  offenbar  die,   dasa  Polyktor 
seiner  söhne,  möglicherweise  als  ersatzmann  für  sich  aelbst, 
Achilleus  zuschicken  muste  und  deshalb  das  los  entscheiden  him, 
um  nicht  selber  das  was  von  allen  als  zwang  empfunden  worif 
einem  von  vom  herein  zu  übertragen,   vielleicht  spielte  anöh  toaii 
das  los  bei  derartigen  aufgeboten  eine  ähnliche  rolle  wie  in  modoMB 
Zeiten,  die  zweite  stelle  steht  V  296  f.  dort  hat  der  reiche  Si^yoai« 
Echepolos  dem  Agamemnon  eine  prächtige  stnte  geachenkt,  um  iha 
nicht  nach  Troja  folgen  zu  müssen,  sondern  daheim  seinea  reichtmi 
genieszen  zu  können,  und  Agamemnon  hat,  wie  der  acholiaat  attv 
hinzusetzt,  das  kriegsrosz  dem  besitz  des  unkriegerischen  mma 
vorgezogen,   vielleicht  war  es  gar  nicht  so  selten,  dasa  die  ßacikk 
gegen  gcschenke  befreiungen  vom  kriegsdienst  erteilten, 
auf  die  bujpocpdTOi  ßaciXfiec  des  Hesiodos  (Erga  39)  ein 
neues  licht  fallen  liesze.  endlich  spricht  noch  ein  wichtiger  amitail 
dafür,  dasz  bereits  in  den  heroischen  Zeiten,  wie  sie  ona  in  Hoaot 
gedichten  entgegentreten,  die  dcTpareia  die  erlegung  einer  giM- 
busze  nach  sich  zog,  einer  busze  die  der  natur  der  aache  nach  dM 
erlegenden  sicherlich  alles  weniger  als  ehre  —  sollte  der  achelwil 
das  mit  seinem  vüv  Tf)V  p^pqjiv  bezeichnen  wollen?  —  eingeteaeht 
haben  wird,    wie  nemlich  die  gesetze  Lykurgs,  die  Slteaten  alkr 
griechischen  gesetze  (Xen.  staat  d.  Lak.  10,  8),  das  heroiache  kAqf* 
tum  von  gottes  gnaden  (djc  dirö  G€0Ö  ibv)  mit  seinen  traditionalka 
rechten  (der  könig  ist  icpeuc  npöc  Touc  OcoOc,   crpcrrriT&c  «pic 
Touc  dvOpoiTrouc  ebd.  13,  11,  vgl.  c.  15),  so  weit  es  sich  mit 
vorteil  des  herschenden  Stammes  vertrug,  beibehalten  hatten, 
wie  die  spartanischen  könige  den  perioiken  und  den  pelo 
bundesgcnossen  gegenüber  offenbar  als  nachfolger  nnd 
vOlkerkönigs  gelten  und  dastehen  sollten,  so  wurde  wenigateaa 
bundesgcnossen  der  kriegsdienst  zuweilen  gegen  erlegUBg  eniar 
kaufsumme  erlassen ,  der  sonst  ausbleibende  krieger  ab«r  mit 
hohen  strafsumme  belegt,  und  zwar  in  der  weise  daaa  man  die  Mr 
Setzung  derselben  der  von  gewonnenen  mitgÜM 


GBenseler:  n  HoBin  IUm  [N  6^9].  886 

bondesversamlang  tlberliws.  das  geidiiahi  Xmi.  Hell.  V  S,  31  f., 
wo  die  vorschlftge  der  den  SparU&em  la  willen  redenden  nitgliadflr 
der  bundesyersamlung  durchgehen  nnd  betiimmt  wird,  dm  jade 
atadt,  die  last  dazu  hat,  statt  Soldaten  sn  stellen,  geld  nUen  darf, 
nnd  zwar  drei  aiginetische  obolen  fXkt  den  mann;  wenn  aber  «ine 
Stadt  vom  feldzage  gSnslioh  fem  bleibt,  so  soll  es  den  Lakedaimo- 
niem  erlaubt  sein  sie  um  einen  stater  tiglioh  für  jeden  mann  in 
strafen,  eine  strafe  die  so  recht  eine  dipToX6|  6uii)  genannt  m  wer- 
den verdient^  besonders  flberseeiscbe  expeditionen  scheinfln  der 
kriegscasse  Spartas  in  dieser  weise  geld  rageftlhrt  an  haben,  TgL 
Zen.  Hell.  VI  2, 16;  bei  landkriegen  tragen  dUe  Feloponneeier  lieber 
ihre  eigne  haut  zu  markte  als  dasz  sie  loskanbgdd  lahlten;  wenig«- 
atens  kann  aus  etwaigen  losktnfen  kein  nennenswerter  ertrag  beraos- 
gekommen  sein,  so  urteilt  Perikles  bei  Thnk.  1 141, 3  f.  beeeer  ftihr 
in  dieser  hinsieht  Agesilaos  in  Vorderasien,  auch  darin  seinem  Vor- 
bild auf  diesem  zuge,  dem  TOlkerkflnige,  tren,  dasa  «r  reidien  BiA* 
lenen  gegen  Stellung  eines  gerflsteten  reitera  die  beereafolge  erlieea 
(Xen.  Ages.  1,  24).  kurz,  wenn  BOstow  nnd  KOehlj  *geecfaiehte  dee 
griech.  kriegswesens'  s.  2  im  kämpfe  nm  Troja  die  ersten  qraren 
einer  Wehrpflicht  und  teilweiser  befreiung  Tom  kriegedienata  doroh 
das  los  finden,  so  dflrfen  wir  wol  nach  dem  gesagten  nodi  einen 
schritt  weiter  gehen  und  geatfitit  anf  N  669  behanpien,  daas  adion 
in  den  Zeiten  jenes  krieges  in  den  griediisolien  landen  eine  featge- 
regelte  Wehrpflicht  fElr  den  adel,  und  damit  gewia  auch  fOr  den  ge- 
meinen mann  bestand,  und  dasz  die  dcTpaTcio,  die  Unterlassung  der 
gesetzlichen  heeresfolge,  mit  schwerer  geldbusze  geahndet  worden 
ist,  also  immer  noch  nicht  so  streng  wie  im  persischen  reiche,  wo 
todesstrafe  den  dcTpdTeirroc  traf  (vgl.  Herod.  IV  84.  V  27.  VII 39^ 
in  der  gesetzgebung  des  Cfaarondas,  der  ihn  drei  tage  in  weiberklei- 
dem  auf  offenem  markte  sitzen  liesz  (Diod.  XII  16),  oder  selbst  in 
Athen  bis  zu  Demosthenes  zeit  herab,  wo  der  bflrgerliohe  tod  Ober 
ihn  verhängt  wurde  (Aischines  3,  176). 

Chemnitz.  _       Qustat  BmanLCE. 

93. 

DER  DELISCHE  L0CALMYTHU8  VON  APOLLON 

PYTH0KT0N08. 


Derselbe  mjthus  vom  kämpfe  Apollons  mit  dem  draohen  Pj- 
thon,  welcher  in  Delphoi  als  grundlage  eigentflmlicher  enltna- 
gebräuche  und  feste  hochgefeiert  war,  kehrt  anoh  in  einer  reihe 
Apollinischer  orakelstfttten  wieder,  Ton  denen  Dolos  dnrdi  ansehen 
nnd  weitreichenden  einfiusz  die  bedeutendste  ist.  die  delisohe  Tor- 
sion der  Pjtfaonlegende  war  bisher  aus  einer  geringen  ansafal  litte- 
rarischer Zeugnisse  bekannt,  die  fttr  sich  allein  betrachtet  nicht  un- 
bedingte beweiskraft  haben  wflrden,  wenn  sie  nicht  ans  einigen  bild- 
lichen darstellungen  bestitigung  und  genanere  erUnternngerhielteB. 


686     ThSchreiber:  der  delische  localmythna  tod  Apollon  Fjfilioktmoi. 

die  Zeugnisse  finden  sich  bei  Lnkianos  ivdXioi  btdXoTOi  lO,  Libtaioi 
narr.  19  =  Westermann  mjtbogr.  s.  376,  Macrobias  Sai.  I  17,  51 
und  Servius  zu  Verg.  Äen.  III  73.*  sie  folgen  der  in  spiterar  Mit 
fast  allgemein  angenommenen  auffassung,  dass  die  LeioidiB  vf 
Delos  geboren  seien,  und  lassen  den  drachenkampf  sich  namiitellv 
nach  der  gebui*t  des  gottes  ereignen,  es  wird  zwar  nicht  anadrlck 
lieh  angegeben,  wo  dieser  kämpf  erfolgt  sei,  aber  die  enge  rm^ 
knüpfung  beider  vorgftnge,  die  betonung  des  zages,  dasB  der  alM 
geborene  gott  der  vom  drachen  bedrängten  matter  bq  hilfe  cB^ 
stellen  es  auszer  zweifei,  dasz  wir  Delos  auoh  als  schaoplaU  da 
Sieges  über  den  drachen  zu  denken  haben,  dem  entspreeheDd  iit 
der  Vorgang  auf  einer  lekythos  des  Pariser  mflnzcabinets  (El.  eftt 
II  pl.  1  A)  dargestellt,  welche  ich  in  der  schrifb  'Apollon  Pjth^ 
ktonos'  8.  46  und  91  f.  angeführt  und  besprochen  habe,  die  örtUol- 
keit  ist  hier  durch  einen  felsen,  in  dessen  hffhlang  die  PTthoa- 
schlange  sichtbar  wird,  und  zwei  palmbttume  charakterisiert,  dv 
knabe  Apollon^  den  die  ruhig  dastehende,  nicht  flilohtende  Leto  srf 
dem  linken  arme  trägt^  ist  im  begriff  den  pfeil  anf  den  drachea  ab> 
zuschieszen.  Artemis,  von  gröszerer  gestalt  als  der  nach  ihr  g^ 
borene  bruder,  steht  dem  kämpfe  zuschauend  neben  Leto. 

Auch  wenn  weitere  zengnisse  nicht  erhalten  wären,  wflrden  wir 
annehmen  dürfen,  dasz  diese  auffassung  des  gegenständes  nicht  d« 
ursprüngliche  form  der  legende  wiedergibt,  nach  der  schildttinf 
des  Macrobius  und  Servius  hat  Hera  aus  eifersucht  ge^en  Leto  da 
drachen  zum  Werkzeug  ihrer  räche  ausersehen,  wie  sie  ja  flbeihsql 
zur  feindin  aller  geliebten  des  Zeus  gemacht  wird,  yon  ihr  tf^ 
sendet  wendet  sich  die  schlänge  nicht  sowol  gegen  den  gntnicha 
söhn  der  Leto  als  gegen  diese  selbst,  wird  aber  von  dem  nnal» 
digen  kinde,  das  der  pflege  der  mutter  noch  nicht  entwachssB  ii^ 
mit  sicher  treffenden  pfeilen  überwunden,  dieses  motiv  der  eifa^ 
sucht  der  Hera,  welches  in  jungem  Versionen  so  hftofig  anftrÜI 
und  mehr  oder  weniger  breit  ausgesponnen  wird,  und  der  sieh  M> 
schlieszende  zug,  dasz  des  drachen  angriff  nicht  Apollon,  aandaa 
der  wehrlosen  mutter  gilt,  kann  keiner  der  verschiedenen  loed- 
formen  des  mythus  von  anfang  an  eigentümlich  gewesen  sein,  aiehv 
ist,  dasz  die  delphische  ortslegende  in  derjenigen  gestalt»  dkm 
durch  den  h jmnos  auf  den  pjthiscben  Apollon  und  die  beridits  flb« 
das  drachenfest  überliefert  ist,  beide  motive  noch  nicht  hennt.  abv 
auch  die  delische  legende  musz  ursprünglich  eine  einfachere  HKS 
gehabt  haben  und  in  allen  wesentlichen  stücken  der  delphiaehen  Ihn* 
lieh  gewesen  sein,  dies  läszt  sich  schon  aus  der  flbereinstimHavg 
schlieszen,  die  im  allgemeinen  zwischen  dem  mjthenkreis  tob  Dshi 
und  Delphoi  besteht.' 

'  vgl.  meine  Bchrift  'Apollon  Pythoktonos*  (Leipsig  1879)  a.  41  L 
[auf  0.  69  anm.  6  dieser  scbrift  ist  statt  'Ann.  dell*  last.  a.  a.  ou'  n 
lesen  'Ann.  d.  I.  1875  p.  85  n.  43\]  '  eine  knna  iiiaaauneasIslhH 
gibt  Leb^que  'recberches  snr  D^los*  s.  196  anm.  4. 


TbSchreiber:  der  deliBohe  loeaJmjlliiii  tod  A]m11oii  ^ttokioiMM.    687 


Einen  bestimmten  beweiB  liefert  die  Udier  unarkllrta.dwrtel» 
lang  eines  bei  Cohen  m6d»  imp6r.  YI  pL  20,  14  «bgebüdeien  oon- 
torniaten  der  samlung  Charvet,  die  den  Ton  mir  in  der  erwllmtM 
schrifb  besprochenen  denkmttleni  hinznsnfllgen  iat.  noeh  dentliebar 
als  auf  dem  vasenbild  ist  hier  die  intel  Deloe  als  aehanpkii  der 
handlang  durch  angäbe  des  nforrandes  mit  begrensendan  waaser- 
fluten  bezeichnet.  oberwSrta  sieht  man  den  hOhanstig  des  beiges 
Kjnthos  und  auf  seiner  s^ntie  die  palme,  welebe  seit  Homerisoker 
zeit  (Od.  l  163)  als  wahrseiehen  Tcm  Delos  galt  nnd  dis  hier  um  so 
weniger  fehlen  durfte,  als  der  mjthns  neboi  ihr  die  Letoiden  ge» 
boren  werden  Hess,  sur  reehten,  seitlieh  muterhalb  der  pabiie  «nd 
durch  die  berglinie  zum  teil  verdeckti  erseheiiit  die  krftftige,  mar 
mit  einem  leichten,  von  den  schultern  rOekwirts  flattemdeii  mantel 
bekleidete  Jünglingsgestalt  des  gottee.  mit  dem  gespannten  bogen 
in  den  händen  wendet  sich  Apollon  dem  michtigen  drachen  sn,  der 
sich  Yor  ihm  zum  angriff  drohend  emporgeriohtet  hat.  der  Torgaoff 
ist  mithin  ähnlich  aufgefasxt  wie  anf  den  silbermttnten  Ton  Eroton  , 
nur  dasz  Apollon  nicht  den  delphisdien  dreifossi  sondern  die  f eisen 
des  Kjnthos  als  deckung  benutst.  Ton  dem  oben  erwihnten  vasen- 
bild weicht  die  darstellong  in  dem  wesentlichen  ponete  ab,  dass  Leto 
und  Artemis  fehlen,  und  -dass  der  Letoide  als  bereits  erwachsener 
gott  dem  drachen  allein  entgegentritt. 

Welche  yon  beiden  au^Msongen  des  mjthns  die  Sltere  ist,  die- 
jenige  des  vasenbildes  oder  die  des  oontomiaten,  kann  nicht  sweifel- 
haft  sein,  wenn  man  einen  vergleichenden  blick  auf  die  ortalegende 
von  Delphoi  wirft,  hier  hatte  der  kpdc  Xöyoc  von  anfang  an  den 
Vorgang  so  aufgefaszt,  dasz  Apollon,  kaum  erst  geboren,  mit  wunder- 
barer schnelle  göttliche  Vollkraft  und  reife  erlangt  und  alsbald  den 
feindlichen  drachen  aufgesucht  und  erlegt  habe,  in  dieser  form  bil- 
dete die  legende  den  Inhalt  jenes  eigentflmlichen  festes,  des  Step- 
terion ,  bei  welchem  kämpf,  flucht,  busze  und  entfUhrong  des  gottes 
dem  Volke  mit  allen  einzelheiten  dramatisch  vorgeführt  wurde,  ein 
fest  dessen  Ursprung  sicherlich  in  die  frühesten  xeiten  zurückreicht.^ 
yerhftlinismftszig  spftt  entsteht  dann  eine  jüngere  Version,  die  zuerst 
bei  Euripides  (Iph.  T.  1250  f.)  auftaucht  und  von  Doris  (FHO.  11 
485  fr.  66)  und  Klearchos  von  Soloi  (ebd.  II  318  fr.  46)  weiter  er- 
zählt wird,  sie  sucht  das  wunderbare  des  ereignisses  herabsn- 
stimmen  und  es  in  einfach  menschlicher  weise  darzustellen,  indem 
sie  den  neugeborenen  Apollon  als  kind  auffaszt,  der  noch  des  armes 
der  mutier  nicht  entbehren  kann,  so  dass  der  angriff  des  drachen 
Pjthon  sich  nunmehr  auch  gegen  Leto  wendet,  im  gegensats  sor 
erstem  scheint  diese  version  lediglich  litterarische  geltong  erlangt 
zu  haben,  in  Delphoi  wenigstens  erhielt  sich  die  ältere  cultoslegende 
neben  der  allmählich  boden  gewinnenden  Bohemeristischen  umden- 
tung  bis  in  die  Zeiten  Plutarchs  mit  derselben  Zähigkeit  wie  die  anf 

*TÄpoilon  Pjtboktonos'  s.  69.         *  über  das  alter  des  Stepterioa 
vgl.  den  anbang  cor  erwähnten  schrift  s.  96  ff. 


688      JGolisch  u.  RLöhbach:  zu  Sophokles  Ttmchiniai  und  PhiloUHn. 

ihr  basierenden  gebrauche  des  Stepterion  selbst,  wenn  gleichwol  dit 
von  Klearchos  erwähnte  erzgnippe,  welche  an  der  stelle  des  dxsdbes- 
kampfes  errichtet  worden  war,  den  Vorgang  nach  der  jOngem  Ver- 
sion wiedergab,  so  kann  sie  unmöglich  ein  von  der  delpfaiflchs 
priesterschaft  ausgehendes  anathema,  sondern  nnr  ein  von  answirti 
gestiftetes,  dem  einheimischen  ortsmjthus  fremd  gegenüber  stslm- 
dcs  weihgeschenk  gewesen  sein,  haben  wir  ein  recht  diese  jllngai 
form  der  delphischen  Pjthonlegende  unter  die  litterarischen  mytba, 
die  nicht  mehr,  im  Volksglauben  wurzeln,  aber  durch  poesie  vai 
prosa  desto  weitere  Verbreitung  finden,  zu  rechnen,  dann  «UM 
sich  leicht,  wie  nach  diesem  vorbild  auch  die  delische  ortslegeaie 
umgeändert  werden  konnte. 

Leipzig.  _  Theodor  ScHasiBB«. 

94. 

ZU  SOPHOKLES  TRACHINIAI  UND  PHILOKTETES. 


Von  V.  518  der  Trachiniai  ab  schildert  der  chor  den  kämpfte 
beiden  nebenbuhler,  während  DeYaneira  den  ansgang  desselboi  yai 
damit  ihren  gatten  erwartet;  dann  fährt  er  fort: 
526  iyOj  b^  fiacrfip  m^v  ola  «ppdZuj- 
TÖ  b*  i^(p\ve\Kr\Toy  6ix^a  viJfLiq>ac 
^Xeivdv  dMM^vei. 

ich  hab*  erforscht  nor,  was  jetst  ich  schildre; 
indes  die  jung^frao,  die  vielomworbne, 
sie  harrt  bedauernswert. 

der  chor  sagt  also  dasz  er,  der  unbeteiligte,  nach  dem  hSrensagandii 
gefühle  der  beteiligten  braut  nicht  entsprechend  schildern  ktaaa 
für  das  von  den  hss.  gebotene,  aber  sinnlose  }i6m\p  habe  ich  bsb* 
lieh  oben  sogleich  mit  geringer  änderung  das  nach  meiner  meinBVI 
ursprüngliche  ^acTf)p  eingesetzt,  welches  auszer  in  derselben  totr 
gOdie  (733)  noch  im  OK.  (456)  von  Sophokles  gebraucht  ist  nai 
unter  anderm  auch  als  femininum  sich  in  einem  fragment  des  Kv- 
kinos  bei  Diodoros  V  5  (Nauck  trag.  gr.  fr.  s.  621)  findet,  die  ss^ 
drucksweise  ist  ähnlich  wie  in  den  werten  Homers  (C  96)  diKUflopoC 
hr\  fioi,  T^KOCy  fcceai,  oV  dTopeueic. 

ScHWEiDMiTz.  •  Julius  OcumBi 

* 

Man  ist  wol  darüber  einig,  dasz  die  in  dem  llberans  mattaa 
Zusatz  Phil.  425  öcircp  fjv  TÖvoc  versteckten  arsprIIngliohcB 
eine  kurze,  einfache  andeutung  enthielten,  dasi  der  tod  des 
lochos  dem  Nestor  besonders  schmerzlich  war.  jedoch  aneh  vcn 
den  in  diesem  sinne  gemachten  besserungsvorschllgen  hat  bis  jsM 
keiner  durchzudringen  vermocht  vielleicht  schrieb  der  dichter  6 
c  TCP  KT  de  TÖvoc. 

Mainz.  Budolp  LOnaoB. 


HGuhraner:  sor  gMebiehte  dtr  ankwwwik  989 

96. 

ZUR  OBSCHICHTE  DER  ADL0SKU8IK. 

eine  entgegnong. 


Im  vorigen  Jahrgang  1879  dieser  Zeitschrift  e.  677 — 692  hat 
Karl  von  Jan  unter  dem  Utel  'aoletiacher  und  anlodiseher  nomoe' 
eine  ausführliche  anzeige  meiner  ostem  1879erachieneBen  prognunm- 
abh.  des  gymm.  zu  Waldenbnrg  'sor  geaehichte  der  anlodik  bei  den 
Griechen'  gegeben,  derselbe  gedenkt  meiner  geringen  bemtürangen 
um  aufhellung  einiger  gebiete  der  griechischen  mnsikgeschichte  mit 
einer  ehrenvollen  anerkennung,  die  mich  zu  lebhaftestem  danke  ver- 
pflichtet, die  resultate  aber  meiner  nntersnchnngen »  wenigstens  so 
vreit  sie  die  aulodik  betreffen,  glaubt  Jan  nicht  anerkennen  sa  dttrfeni 
sondern  er  stellt  ihnen  mit  ansfllhrlicherer  begrttndnng  wesentlich 
abweichende  ansichten  entgegen,  so  sehr  ich  aber  andi  bereit  bin 
mich  eines  bessern  belehren  za  lassen,  so  ist  ee  mir  doch  nicht  ge- 
lungen mich  von  der  richtigkeitder  Janschen  aufstellnngen  sa  ttber- 
aeugen,  und  ich  möchte  daher  im  folgenden  versnoben  die  einwttrfe 
meines  gegners  zu  widerlegen  und  dadnrdi  den  iachgenossen  eine 
erneute  prüfung  der  beregten  fragen  nahe  sn  legen» 

Die  thatsache,  dasz  zwei  ans  der  leider  so  verschwindend  kleinen 
zahl  von  philologen ,  welche  auf  4^8  engere  gebiet  der  griechischen 
musikgeschichte  sich  begeben ,  in  so  wesentlichem  dissens  sich  be- 
finden über  eine  frage,  die  bibher  kaum  je  debattiert  worden  ist,  weil 
man  irgend  welche  Schwierigkeit  gar  nicht  dahinter  suchte,  d.ürfte 
an  und  für  sieb  nicht  ohne  interesse  sein,  ^auloedici  nomi  quales 
fuerint  non  est  quod  demonstrem;  quivis  vel  indoctus  ipse  probe 
seit'  sagt  CHWaltber  in  seiner  verdienstlichen  inauguraldissertation 
'de  graecae  poesis  meiicae  generibns'  (Halle  1866)  s.  26.  und  nnn 
zeigt  es  sich,  dass  nicht  einmal  diejenigen  welche,  wenigstens  in 
dieser  specialfrage,  sich  für  'docti'  halten,  einig ' darüber  sind, 
was  ein  aulodiscber  nomos  ist.  vorausgesetzt  nemlich  dasz  sie  sidi 
nicht  damit  begnügen  wollen  irgend  eine  erklärung  des  betr.  aus- 
drucks  zu  geben,  sondern  dasz  sie  sich  zur  pflicht  machen  hier,  wo 
es  sich  um  eine  musikalische  production  handelt,  auch  genauer  zn 
fragen,  wie  man  deren  wesen,  ausftlhrung,  Wirkung  usw.  sich  sa 
denken  habe,  und  wir  operieren,  wie  es  scheint,  in  der  griech« 
litteraturgescbicbte  überall  da,  wo  die  musik  ins  spiel  kommt,  noch 
gar  oft  mit  bloszen  Worten  und  würden  nicht  selten  in  arge  Ver- 
legenheit kommen,  wenn  wir  gefragt  würden ^  ob  und  welche  deut- 
liche und  bestimmte  Vorstellung  wir  uns  von  dem  wirklichen 
wehen  der  betr.  aufführungen ,  arten  Ijrisch-musikalischer  prodnc- 
tionen  usw.  machen  könnten,  für  welche  wir  die  termini  so  hftnfig 
und  leichthin  im  munde  führen,  ich  habe  in  meiner  abh.  über  den 
pvthiscben  nomos  (jahrb.  suppl.  YUI  s.  834—337)  versacht  des 

Jfthrbürhn*  für  rU«».  philol.  ISSO  hfl.  10  ■.  11.  46 


690  HGuhrauer:  zur  geschichte  der  aaloemunk. 

phrase  ^der  pytbiscfae  nomos  war  die  musikmaleriscfae  dantettuig 
des  dracfaenkampfes  durch  einen  auleten'nftber  auf  den  leib  lugdm 
und  zu  erklären,  wie  man  sich  tbatsächlich  eine  solche  darBteilmg 
möglich  und  wirksam  denken  könne,  möchte  doch  die  wahmehmo^g^ 
dasz  man  über  das  wesen  auch  einer  vermeintlich  so  einfachen  nchi 
wie  die  aulodik  sich  bisher  keineswegs  klar  gewesen  zu  sein  schdat» 
die  facbgenossen  anregen  auch  der  griechischen  musik ge- 
schichte mehr  als  bisher  ihr  Studium  zuzuwenden !  man  kann — 
so  glaube  ich  wenigstens — einen  gelinden  Schauder  empfinden  bä 
anblick  der  Bellermannschen  tonleitem,  bei  der  zumatong  sicha 
die  intricaten  Untersuchungen  über  die  tonarten  und  mathematiMk- 
musikalischen  theorien  der  Griechen  zu  versenken :  und  braucht  d» 
halb  noch  nicht  zu  glauben,  das  gebiet  der  griech.  mnsikgeschkhli 
sei  ein  dürres  freudloses  feld  für  den  pbilologen ,  es  kOnne  bei  d« 
mangel  an  yorhandenen  musikresten  doch  nichts  dabei  herm* 
kommen  usw.  über  die  musik  zu  stände  bei  den  Griechen,  Qte 
ihr  musikalisches  leben  und  dessen  reiche  besiehnngen  nt 
religion  und  dichtkunst,  über  die  bedeutsamkeit  der  musik  fllrdii 
erziehung  und  das  gesamte  privatleben,  über  die  eigentflmlkhi 
Stellung  welche  sie  sogar  in  der  politik  und  philosophie  der  Orieda 
einnimt ,  kurz  in  allen  denjenigen  partien  der  musikgeschichte  «• 
sie  an  die  litt  erat  Urgeschichte  einerseits  und  an  die  cultur-  nndkui^ 
geschichte  im  allgemeinen  anderseits  angrenzt:  da  ist  überall  aock 
gar  viel  zu  fragen  und  zu  sagen;  der  interessanten  probleme,  te 
Hhemata'  gibt  es  da  die  fülle ,  und  um  an  ihre  lösung  zu  gdM^ 
musz  man  allerdings  nicht  blosz  philologisch,  sondern  auch  gut  mn* 
kaiisch  gebildet ,  aber  man  braucht  noch  lange  kein  musiksr  lü 
fach  zu  sein. 

Ich  hatte  das  resultat  meiner  Untersuchung  über  das  wesea  te 
aulodik  s.  7  m.  programms  in  folgende  werte  zusammengelMil: 
^unter  einer  aulodischen  aufführung  ist  zu  verstehen:  ein  kamt- 
mSsziger  Sologesang  einer  männerstimme,  zu  welchem  di 
zweiter  künstler,  ein  aulet,  eine  musikalisch  ziemlich  antei|^ 
ordnete  begleit ung  bläst,  der  ausdnick  auXuiböc  bezeichnet  te 
solo  Sänger.^  er  allein  pflegt ,  wenn  von  aulodischen  anfftthnuflA 
die  rede  ist,  genannt  zu  werden.'  gegen  diese  definition  des 
der  aulodik  hat  Jan  ein  sehr  gewichtiges  bedenken,  er 
nemlich,  dasz  zu  einer  aulodischen  aufführung  zwei  kttnstler 
gewesen  seien,  behauptet  vielmehr,  es  habe  derselbe  kOnstler 
ein  Vorspiel  geblasen  und  dann  gesungen  %  resp.  so  vorgetngSB,  vii 
ein  nomossfinger  pflegte  (davon  weiter  unten  8.700  ff.),  freilidi  wB 
auch  er  die  art  aulodischen  Vortrags,  wie  ich  ihn  mir  Toratelle, 


t  diisz  letztere  annahine  meinerseits  'im  fpegensati   in  vislta  a^ 
dern  forschem'  gemacht  werde,  ist,  lo  weit  ich  UDterrlehtot  bia, 
zutreffend,    yielmehr  dürfte  gerade  die  Janirhe  aoffaaaiuif  als  aes 
bezeichnen  sein;   vgl.  noch  zuletzt  Christ  metrik'  s.  M8.         *  elae  S 
nähme  die  ich  selbst  gleich  auf  s.  1  m.  programms  abfelehal  haMSi 


HGohnmer:  nur  geeekidMe  dtr  «oloaraiifc.  091 

inz  den  Griechen  absprechen,  er  gibt  sie  (ans  AtlieiL  AlV  621^)  la 
ir  die  späte  zeit  des  Athenaios;  er  eonstatiert  sie  fllr  die  monodien 
)s  dramas.  ganz  in  abrede  stellt  er  sie»  wenn  loh  ihn  reeht  Tvr- 
anden  habe,  nur  fttr  das  was  man  im  eigentüohen  sinne  einen 
tlodischen  nomos  nannte,  für  die  ftlteste  seit,  ipedell  flir  Ekmas 
id  seine  wenigen  nachf olger.  dwr  aolodische  nomos  habe  eben 
»wegen  sich  nicht  halten  können,  weil  *ein  anlode  immer  nur  »b* 
echselnd  singen  und  spielen  konnte,  ein  ttbelstand  den  mani  als 
e  kunst  noch  in  der  wiege  lag,  wol  ertmg,  der  aber  in  leiten  der 
»gebildeten  kunst  notwendig  zor  beseitigong  jener  gattong  fllhren 
uste'  (s.  592).  freilich  wird  kun  vorher  (s.  590)  eine  'beseitigong 
)r  gattung'  nicht  schlechthin  behauptet,  sondern  nor  der  nomos- 
ilodik :  'man  hörte  lieber  statt  eines  kttnstkrs,  der  snerst  blies  und 
mn  sang,  einen  dilettanten,  der  sich  von  dem  beiahlten  anleten  oder 
nr  auletris  begleiten  Hess.'  somit  eonstatiert  Jan  neben  resp.  nao  h 
ner  agonistischen  aulodik  einielner  kflnstler  noch  eine  sweite  art 
m  duettaulodik  in  meinem  sinne,  die  aber  nnr  dilettantisch  gettbt 
Orden  sei.  letzteres  freilich  ist  eine  blosie  Termutong.  denn  in 
m  stellen,  die  Jan  aus  m.  abh.  herbeizieht,  ist  doch  Ton  dOettanten 
oherlich  nicht  die  rede,  auch  nicht  in  der  interessanten  Cieero- 
elle ,  die  er  selbst  beibringt,  hören  wir,  welche  grOnde  Jan  dam 
iuren,  diese  zwei  arten  aulodik  anznnehinen  und  meine  anfEssiong 
L  bekämpfen. 

Das  erste  bedenken  welches  Jan  vorbringt  ist  dies,  dass  eine 
ireinigung  zweier  personen  zu  einer  gesamüeistung,  deren  ver- 
lltnismäszige  Schwierigkeit  ich  selber  hervorgehoben  hätte,  kaum 
izunehmen  sei  für  jene  'uralten  Zeiten',  welchen  man  die  aulodik 
hon  zuschreiben  müsse,  mir  freilich  erscheint  dieses  bedenken, 
uiz  allgemein  gefaszt,  von  sehr  geringer  bedeutung.  in  je  filtere 
rit  man  die  aulodik  zurückdatiert,  um  so  einfacher  kann  und  musz 
an  sieb  die  qualität  der  betr.  musikstücke  denken,  und  da  sehe  ich 
;nn  gar  nicht  ein,  dasz  ein  stützen  des  gesanges  durch  begleitende 
ne  des  aulos  gar  so  fern  gelegen  hätte  oder  —  in  ein£achsten 
rmen  angenommen  —  gar  so  schwer  g^ewesen  wäre,  mieh  will 
>er  anderseits  sogar  bedtlnken  dasz,  wenn  Jan  (s.  686)  sagt  ^Klonas 
ies  jedenfalls  zuerst  auf  seinem  instrument  jenes  rituelle  prooimion 
feierlichen  choraltönen  und  gieng  dann,  nachdem  er  der  heiligen 
licht  genügt,  zum  zweiten  teile  des  agon,  einer  unbegleiteten 
citation  über',  dasz  gerade  eine  derartige  Zusammenstellung  ganz 
»rschiedenartiger  kunstleistungen  und  kunstwirknngen  erst  einer 
eiter  ausgebildeten  kunst  entsprechen  dürfte.  freUich  bilde  ich 
ir  nicht  etwa  ein  hiermit  etwas  für  die  historischen  verfailtnisse 
isschlaggebendes  oder  auch  nur  besonders  beweiskräftiges  geeagt 
i  haben,  es  ist  überhaupt  eine  misliche  sache  mit  aufstellnngen 
>er  die  qualität  und  chronologische  folge  der  musikalischen  kunst- 
jungen  in  der  ^uralten'  zeit,  wir  thun  hier  am  besten  uns  wenig- 
ens  für  die  erkenntnis  näherer  umstände  fast  ganz  zu  bescheiden. 

45» 


692  HGuhrauer:  zur  geechiohte  der  aalonmink. 

die  Griechen  hatten  ja  bekanntlich  das  bedürftiis   die  'eifudiaf' 
aller  derjenigen  kunstübungen ,  die  sie  hochschitzten,  in  die  Ütoli 
zeit  zurückzuverlegen  und  sie  an  irgend  welche  ganz  oder  halb- 
mythische namen  zu  knüpfen,    die  chronologischen  nnd  eonstigai 
yerhSltnisse  dieser  mythischen  kunstheroen  —  and  lediglkk  ih 
einen  solchen  fasse  ich  mit  Bernhardy  (griech.  litt.  1356)  Ardal« 
auf  —  gibt   dann  ein  jeder  berichterstatter  nach  seiner  vi  m, 
vielleicht  entsprechend  seinen  persönlichen,  aus  allgemeinen  geneU^ 
puncten  geschöpften  ansichten  von  dem  alter  und  der  zeitliebea  i^ 
einanderfolge    der  entsprechenden  kunstgattungen.     daher  fii 
vielen  Widersprüche  in  den  berichten  der  alten,   aus  der  wichtigilH 
quelle,  die  wir  über  derartige  dinge  überhaupt  besitzen,  aas  Platndh 
irepi  MOUCiKTic  können  wir  wenigstens  sehr  wenig  sicheres 
das  ist  zum  guten  teil  eine  wüste  und  wirre  eompilation  oft 
direct  widersprechender  berichte,    was  speciell  unsere  aalodik  k^ 
trifft,  so  können  wir ,  wie  ich  schon  in  m.  programm  s.  8  bemcrklik 
wol  nur  das  6ine  aus  Plutarchs  ersten  capiteln  schlieszen ,  di 
wie  Glaukos  und  Herakleides  die  aulosmusik  fllr  sehr  alt 
ftlter  als  die  kitharamusik.   wenn  sie  ganz  speciell  wiederholt  ?■ 
auXiubiKä  und  tujv  auAuibiKOiv  Troir)Tai  sprechen,  so  dfirfte  die  nr 
mutung  gestattet  sein ,  dasz  ihnen  in  ihrer  zeit  gerade  die  ankA 
als  die  so  recht  eigentlich  archaische  form  der  aulosmasik,  imB 
ihrer  zeit  fast  verschollen  und  aus  der  Übung  gekommen  war,  » 
schienen  sein  mag,  zumal  gegenüber  der  auletik,  in  der  sie  nett 
eigentlich  die  'moderne'  form  der  aulosmusik  sehen  mosten,  dahv 
lag  es  ihnen  vielleicht  nahe ,  wo  sie  von  der  uranfftnglichen  ad» 
musik  handelten,  von  auXuibiKd  zu  sprechen,   dasz  aber  irgtal 
welche  verbindungvon  blasen  und  singen  erat  möglich  ist,  wM 
ein  gewisser  grad  von  fllhigkeit  in  beiden  kunstleislnngen mIs 
vorhanden  ist,  liegt  auf  der  band,   und  insofern  wird  keinerUrf 
aulodik  als  die  zeitlich  schlechthin  erste  form  der  anlosmnsiki» 
genommen  werden  können. 

Eine  offenbar  historische  person  aber  ist  schon  K 1  o  nas;  frfSA 
musz  ich  der  ansieht  Jans,  der  ihn  vorTerpandroa  setzt,  softe 
entschiedenste  widersprechen,  wir  haben  für  die  altersbesl^nflaV 
des  Klonas  überhaupt  nur  die  nachrichten  beiPlutarch  ir.  miUL<|r 
überall  da  aber ,  wo  Plutarch  mit  nennung  des  namens  Ton  KkM 
spricht,  bezeichnet  er  ihn  ganz  ausdrücklich  als  jflnger  denn  9i^ 
pandros,  freilich  das  eine  mal  als  viel,  das  andere  mal  als  weajf 
jünger;  aber  zweifellos  setzt  er  ihn  beidemal  später  als  den 
des  kilharodischen  nomos.  wie  diese  angaben  mit  den  andern 
dem  bei  weitem  höhern  alter  der  aulodik  in  einklang  gebracht 
können,  hat  Jan  selbst  richtig  angedeutet.  Plutarchs 
unterscheiden  zwischen  dem  Vorhandensein  der  kanatflbang  a 
gemeinen  und  ihrer  kunstmäszigen  katastasia  im  aulodischcn 
letztere  wird  aber  bei  Plutarch  nicht,  wie  Jan  sagt,  i 
sondern  mit  klaren  Worten  eben  dem  Klonas  za      ichrÜNBi 


HOnhnuMT:  lur  güddeble  dtr  aakwmiMik. 

ich  also,  im  einverstSndnis  mit  WMtplud  und  andenii  naoh  Ter- 
pandros  setze. ' 

Wie  denkt  sich  nun  aber  Jan  die  anafttbrong  dea  anlodiaeheii 
noxnos  während  der  ganzen  zeit  wo  er  agoniitisoh  nnd  streng  kmiat- 
mäszig  geübt  wurde?  so,  dasz  ein  und  derselbe  kflnstler  zuerst  ein 
TTpooiMiov  blies  und  dann  einen  nomia^en  Torirag  folgen  Hess,  da 
musz  ich  freilich  meinerseits  mit  einem  allgemeinen  bedenken 
kommen.  Jan  stellt  den  aulos  am  nftcbsten  unserer  heutigen  obo0. 
er  behauptet  femer,  es  handle  sieh  hier  immer  um  doppelauloi, 
die,  zugleich  angeblasen,  verschiedene  tOne  hfttten  hören  lasaen» 
nun  stelle  man  einmal  einem  heutigen  obo(fblftser  die  zumutnngi 
nachdem  er  ein,  wenn  auch  nicht  zu  langes  stttok  solo  geblasen  hat, 
gleich  hinterher  -zu  singen!  was  der  wol  sagen  wflrde?  und  dabei 
blftst  er  keine  doppeloboO  mit  yerschiedenen  tOnen«  dasz  aber  der 
griechische  aulos  sich  keineswegs  leicht  blies,  sondern  groszen  auf* 
wand  von  kraft  und  athem  erforderte,  Iftazt  sich  aus  aehr  vielen 
stellen  der  alten  leicht  erweisen,  dasz  der  kOnstler  vor  dem  gesang 
bfttte  auch  erst  die  q>op߀id,  die  mundbinde,  abnehmen  mttssen, 
will  ich  gar  nicht  einmal  mit  anitthren,  weil  die  mundbinde  wol 
nicht  unter  allen  umständen  angelegt  wurde.  ^ 

Diese  erwägungen  hatten  mi<£  bei  meiner  untersuehung  von 
vom  herein  dazu  geftlhrt,  die  ausitthrung  des  aulodischen  nomoa 
durch  6inen  künstler  für  etwas  an  sieh  sehr  unwahracheinliohea  za 


'  daiiz  Plutarch  'die  Aolodisehen  nomen  vor  den  kitharodisohen  he- 
•pricht',  will  wol  nicht  Tiel  tagen;  dass  er  aher  'dentlich  erstere  ffir 
niier  erkläre  c.  4  ^e,  und  c.  6  za.*  bestreite  ich:  denn  von  nomen  ist 
eben  in  jenen  stellen  nicht  die  rede,  tur  bestem  öberticht  mögen  hier 
die  tämtlicben  anf  vorstehende  nntersnchnng  betüglichen  ttellen  des 
Plntarcb  zusammengestellt  werden,  et  tind  folgende:  e.  8  e.  ö^oiuK 
bi  TcpTrdvbpuj  (von  dem  vorbin  die  rede  war)  KXovAv,  t6v  irpÄvov 
cucTi]cdM€vov  ToOc  aöXifibtKoiic  vö^ouc  Kul  T&  irpoc6(Ma,  iXc- 
Yciiüv  T€  Kül  liruiv  iroiiiTf|v  x^TOv^t.  kgI  TToXümvt|ctov  t6v  KoXo- 
qxdviov  TÖv  ^€Tä  toOtov  tcvö^cvov  toIc  ainoXc  xp(K<>tcOat  woi* 
f\nac\y.  e.  4  anf.  oi  bi  vö^oi  oi  Kurd  TouTouc,  draO^  *Ovnc(KpaTCC, 
oöXi4>6iKol  fjcav  .  .  folgen  7  namen.  dcT^pqi  bi  XP^vqi  Kul  Td  TTo- 
XuMvdcTia  KoXoiJMCva  ^Ecup^dr).  oi  bi  t^c  ictOa|Hpb{ac  vÖMOt  wpÖTCpov 
«oXXip  xpovip  Tdiv  aOXqibiKüiv  KaT€CTd6f)cav  M  Tcpirdvbpov.  ebd.  e. 
«pccßOrcpov  ToOv  aOröv  (Terp.)  'ApxtXöxou  dir09aivci  iXuOkoc  6  IE 
'IraXiac  .  .  q>ncl  Tdp  aöröv  bcOrcpov  tcv^cOot  ^crd  toOc  irp«(rrouc 
trotficavrac  a6Xip6(av.  c.  6  6  b*  'Opq>€Üc  oüMva  <pa(v€TOt  pcptMim^voc 
oöbdc  ydp  iTUJ  YCT^vTfTo  ci  ^f)  oi  Tdiv  aOXqibiKibv  irotrirai*  TOtfrtoic  bi 
KOT*  oOe^v  Tö  *Op<piKÖv  CpTOv  loiKC.  KXovAc  bi  ö  Tdiv  uOXqibtKtbv 
vöMiuv  TroiYiTf)c  ö  ÖXip^  OcTcpov  Tcpwdvbpou  t^vö^cvoc«  ibc  ^Uv 
*ApKdb€c  X^Touci,  TcTcdnic  fjv,  ibc  bi  BoiurroC,  9r)ßctloc.  v^trä  bi  Tlp- 
travbpov  Kai  KXovdv  'Apx(Xoxoc  irapaMboToi  y€y4ciai.  folft  die 
ootiz,  Ardalos  werde  von  einigen  vor  Klonas  geaetst,  und  als  eomponitt 
(anlodischer  nomen)  gelte  auch  Poljmnestot.  vgl.  c.  10  a.  Bergk  PLO. 
III '  809.  *  Jan    macht  freilich  die  aaletitehe  leittong  sur  banpt- 

»ache  und  gibt  dem  aoloden  einen  concert  doppelaolot;  damntserihm 
wol  auch  die  <pop߀id  zusprechen,  ob  wir  annehmen  dast  der  anlode 
binterher  im  eigentlichen  sinne  singt,  oder  ihn  mit  Jan  blott  rhapto- 
dieren  lassen  (vgl.  unten),  Ändert  fOr  die  vorllegeade  fra^  wol  niehts. 


694 


HGuhrauer:  zur  geschichte  der  anlosmusik. 


halten ,  welches  trotzdem  anzanebmen  nur  zwingende  beweisitAUci 
der  alten  uus  nötigen  konnten,  solche  beweisstellen  hatte  kb  aber 
absolut  nicht  finden  können ,  dagegen  viele  andere ,  die  ftlr  meiie 
uuffassung  sprechen,    vgl.  mein  programm  s.  2  und  3. 

Auf  grund  welcher  stellen  aber  hftlt  denn  nun  Jan  dann  hä^ 
eine  Vortragsart  den  alten  zuzuschreiben,  von  der  er  selbst  sagidai 
sie  ^ein  übelbtand  gewesen  sei ,  der  schlieszlich  zur  beseitigiuig  dv 
ganzen  gattung  habe  führen  müssen'  ?  die  antwort  auf  diese  Snfß 
lautet,  dasz  auch  Jan  nicht  eine  einzige  stelle  beibringt,  welche 
directen  beweis  ftlr  seine  annähme  böte,  er  stützt  sich  immer 
der  auf  allgemeine  erwägungen  und  —  auf  seine  anfiassung  derm- 
tragsart  des  nomos  überhaupt,  von  der  wir  spftter  zu  reden  baki 
werden. 

'Wai-um  ist  nirgends  vom  begleitenden  anleten  die  rede?'  dann, 
hatte  ich  geantwortet,  weil  den  alten  die  leistung  des  sSngers  so  sihff 
als  die  hauptsache  erschien ,  dasz  sie  den  begleiter  nicht  mit  ia  da 
ifibv  aufnahmen  und  also  auch  nicht  nannten.^  diese  meine  antiiort 
genügt  aber  Jan  nicht,  sondern  er  .schlieszt  aus  der  that8aclie,dHi 
auleten  nicht  genannt  werden,  dasz  eben  auch  keine  beteiligt  ge^ 
seien,    ich  gebe  zu  dasz  dieser  schlusz  an  sich  sehr  nahe  Iflge, 


^  Christ  (nietrik*  s.  672  anm.)  sag^  allerdiogfs:  'der  technifdi 
aiisdruck  für  das  be^rleiten  des  gesangs  mit  der  flöte  war  dvoul^N; 
dnsz  man  darin  eine  besonders  hohe  konst  sah,  ersieht  maa  aa 
Luc.  H;irm.  1,  wo  es  von  dorn  herülimten  anleten  Timotheos  heisst:  !■ 
Kai  cu,  (h  Ti^öOee,  tö  irptXiTov  £X6üiv  oIkoBcv  £k  Boiurriac  innjfihfK 
tQ  TTav6iov(6i  kqI  ^viKncac  iv  Tip  Alavrt  ti}i  ^fi^avct  toO  6}uniißm 
coi  iToincavToc  TÖ  M^Xoc  usw.*  es  ist  aber  (iirauXcIv  keines wcfi  4m 
einzige  technische  ausdriick  für  das  beg^leiten  des  gesangs  nit  ta 
aulos,  sondern  es  kommen  auch  die  andern  composita  ^irauXctv,  lpi^ 
auXelv,  cuvauXeiv  in  diesem  sinne  vor.  entsprechend  aagt  man  tos  fi- 
BHUg,  tanz  oder  sonstigen  Verrichtungen,  sie  geschähen  öir'aÖJU^,  |KI* 
aOXoOf  irp6c  aüXöv,  ähnlich  wie  auch  wir  sagen  'anter  flötenschall,  ^ 
der  flüre,  zur  flöte',  kcincnfalls  aber  heiszt  öirauXctv,  ahsolnt  gebrasiM 
und  ohne  zusatz,  blosz  'zum  gesange  blasen',  sondern  es  bedeatctiki^ 
haupt  'mit  dem  aulos  hcgiciten'.  schon  Stephanui  aprachschats  biilA 
stellen ,  in  denen  das  wort  zh.  von  der  begleitung  zum  tans  rebrasriC 
ist  (Luk.  TT.  6px.  83  ^v6c  bi  tuiv  dirauXoiivTuiv  t6v  aöXöv  Aimdcac  sisj 
oder  soL'ir  zum  fischfang  (Ailianos  ir.  Zibuiv  17,  18  TÖv  aöXöv  ibc  ftAflp 
(pepci  Kai  (inauXei.  r)  bi  [der  fisch]  ünepfibcTm  usw.).  ao  heisst  ski 
iiTTiiuXr)cac  Tfj  TTavöiovlöt  zunächst  bloss  'da  bliesest  die  aalcwpsiil 
beim  PamÜHfestu*.  die  von  Christ  angeführte  Lakianosstelle  fshfell 
also  nur  (iaim  hierher,  wenn  wir  in  dem  'rasenden  Aias*  des  TisMlAeH 
von  MÜL't  einen  aulodischen  nomos  glaubten  sehen  sa  roiissen.  das  Bs|l 
aber  nach  dr>m,  was  wir  sonst  von  Timotheos  wissen,  sebr  lera  (ilsr 
ihn  am  aust'iilirlichsten  Walther  ao.  s.  63 — 68;  vgl,  aach  ERobds  Ib 
rh.  mus.  XXX IV  s.  57*2|  2).  wir  können  vielmehr  entweder  aa  elMB 
aulctischen  nomos  denken  idaranf  führt  das  iroif]CavTOC  t6  ii^AoC,  V^ 
pyth.  nomos  s.  339),  oder  aher  an  jene  nomiscb  dithyrambisebsa 
Positionen  des  Milesiers  Timotheos,  von  denen  wir  nftberes  oicbt 
bei  denen  aber  sehr  wol  vielleicht  neben  der  kithsra  aneh  aalolkl 
beteiligt  gewesen  sein,  somit  glaube  ich  dssi  diese  diae  Lafcii 
stcüe  iiifht  geignet  ist  meine  ansieht  über  die  etellnnf  der  bsgMIaif 
beim  auloilischen  nomos  als  falsch  erscheinen  sa  lassen. 


HOuhrAuer:  rar  gMohkhto  dtr  ankimmik«  086 

nicht  andere  nachrichten  klar  und  denUich  flir  die  mitbeteiligiiBg 
«ines  auleten  sprächen,  wenn  das  non  aber  der  fall  iet,  so  wird 
man  meine  erklärung  der  scheinbar  anfifallendmi  thataaehe  doch  wol 
als  eine  an  sich  sehr  annehmbare  gelten  lasaan  k0nnen.  wer  wird, 
wenn  die  spätere  zeit  vom  sftnger  Stookbansen,  vom  geiger  Joachim 
reden  wird,  daraus  scbliessen  daaz  diese  kfinstler  stets  ohne  beglei- 
tung  aufgetreten  wären  ?  und  wenn  die  begleiter  offieiell  nicht  nnter 
einander,  ebenso  wie  die  s&nger,  nm  einen  preis  rangen,  so  war  ebes 
kein  grund  da  sie  insohriftlich  sa  nennen,  die  beiden  insohriften  ftber 
<CIG.  1579  und  1580),  die  ich  selbst  angeAhrt  hatte  (s.  4)  nnd  in 
denen  bei  siegen  von  c hören  der  begleitende  aalet  genannt  wird, 
beweisen  nichts  gegen  diese  anschannng.  hier  handelt  ee  sich  am 
Unterschriften  zu  weihgeschenken,  welche  die  betr.  swei  choregsn 
dem  Dionysos  widmen  zum  dank  für  den  sieg  ihrer  chOre.  sie  nen- 
nen nicht  die  namen  sämtlicher  choreaten,  sondern  ansier  dem 
amtierenden  archon  blosz  die  deijenigen  beiden  kflnstler  von  fach, 
welche  fUr  die  leistung  der  chöre  verantwortlich  waren:  den  X^P^ 
t)ibäcKaXoc  und  den  auleten.  hier  ist  der  aalet  das  was  bei  nnsem 
Choraufführungen  das  ganze  begleitende  Orchester  ist:  er  *hält'  nnd 
führt  den  chor;  von  seiner  leistung  hängt  das  gelingen  wesentlich 
ab;  er  ist  eine  bauptperson  und  vertritt  das  interesse  seines  chors. 
beim  aulodischen  nomos  aber  ist  der  Sänger  der  dominierende,  oft 
wol  auch  der  componierende  kUnstler;  er  flbt  sieh  seinen  begleiter 
ein,  der  ihm  ^folgen'  und  sich  ihm  möglichst  onterorchien  mosi. 
vielleicht  benutzten  manchmal  mehrere  concnrrierende  auloden  den- 
selben auleten. 

Auch  dsLsz  ich  die  völlige  heterogenität  der  kithara-  und  aolos- 
niusik  bei  den  Griechen  als  genügenden  grund  dafür  angeführt  habe, 
dasz  man  für  einen  ^sänger  zum  aulos*  den  besondem  namen  aöXcfi- 
böc  geschaffen  habe  (ich  verglich  unsere  aasdrücke  'liedersänger, 
oratoriensänger'),  auch  das  billigt  Jan  nicht,  neaes  habe  ich  zu  dieser 
frage  nicht  vorzubringen  und  rousz  die  entscheidung  Ober  dieselbe 
andern  überlabsen.  dasz  man  einen  sänger,  der  selbst  ohne  jedes 
instrument  vor  die  zuhörer  trat,  dessen  begleiter  vielleicht  gar  nicht 
neben  oder  hinter  ihm,  sondern  an  irgend  welcher  andern  stelle 
stand,  durch  einen  besondem  namen  unterschied  von  dem  kitha« 
roden,  dessen  auftreten  schon  äuszerlich  ganz  anders  wirkte,  snmal 
eben  der  aulode  ganz  anders  und  andere  weisen  sang  als  der  kitha- 
rode,  ist  doch  wol  sehr  natürlich,  man  hätte  ihn  auch  schlechthia 
iiiböc  nennen  können ;  dieser  name  bezeichnete  ja  aber  ebenso  den 
kitharoden :  was  lag  also  näher  als  ihn  im  gegensati  znm  kitharoden 
auXiuböc  zu  nennen? 

Doch  wenn  Jan,  wie  gesagt,  keine  die  aolodik  betreffende, 
direct  für  seine  auffassung  sprechende  stelle  beibringti  was  macht 
er  nun  mit  den  zahlreichen  stellen,  die  ich  zusammengetragen  habe 
nnd  die  meine  behauptung  klar  und  deutlich  beweisen?  er  bespricht 
uro  eingehendsten  diejenige  stelle  ^  der  aoch  ich  eine  besondere  be- 


696  HGahrauer:  zur  geschichte  der  aulounnnk. 

deutuDg  beigelegt  hatte ,  nemlich  Plut  n.  ^ouc.  36.   ich  miiB  fin» 
stelle  nochmals  hierher   setzen:    uiTOKpiv€i€  T^p  fiv   Tic  Akouw 
aöXriToO,  iTÖrepöv  irore  cu)Liq>ujvoCciv  o\  aöXol  f\  ou,  xal  ndrcpov 
f]  bidXcKTOC  caq)f]C  f\  TouvavTiov  •  toutuiv  V  EicacTOv  M^poc  toi 
Tfic  aöXnTiKT^c  ipmvüac ,  ou  jn^vroi  täoc,  dXX*  Ivckq  toO  tAouc 
Yivöfxevov.    ich  hatte  behauptet,  man  müsse  in  dieser  stelle  Bil 
Volkmann  statt  auXriTOÖ  und  auXr)TiKf)c  schreiben  aOXifiboC  ml 
auXuibiKT^c,  und  dies  nach  bekannter  methode  dadurch  zu  rechtfertig« 
gesucht  dasz  ich  nachwies,  die  stelle  sei  in  der  fassong  der  hn.  nieU 
zu  verstehen,   denn  erstens  wisse  man  nicht  was  das  CUfiqwivoDav 
o\  auXoi  heiszen  solle ,  da  doch  ausdrücklich  von  6inem   virtiHMi 
die  rede  sei.   'welche  auXoi'  hatte  ich  gefragt  'sollen  denn  ds  zi- 
sammen stimmen?'   und  zweitens  sei  der  ausdmck  bidXcKTOCi  srf 
einen  auXnTrjc  bezogen,  absolut  unerklärlich;  Westphels  Über- 
setzung ^mehrstimmigkeit'  sei  sprachlich  und  sachlich  anertrtiglil^ 
dagegen  —  hatte  ich  ausgeführt  —  sei  alles  in  bester  ordniof^ 
wenn  man  mit  Volkmann  die  stelle  auf  auloden  beziehe,    dann  b^ 
zeichne  das  cufxqpuJvoOciv  o\  auXol  den  guten  zasammenklang  da 
begleitenden  instruments  mit  der  singstimme  und  öiäXcKTOC  dit 
deutliche  ausspräche,  bzw.  überhaupt  die  qualitftt  der  aussprach! 
des  sSngers,  zwei  dinge  die  doch  sicherlich  zum  rein  trirhnitfhM 
einer  auXiubiKf|  i^\xr\vi\a  gehören."   dem  gegenüber  sagt  Jan,  da 
cu^q)UJVOÖciv  Ol  auXoi  mache  mir  so  grosze  Schwierigkeit,  denn  iA 
vergäsze  dabei  ganz  'dasz  das  griechische  concertinstrament  nidA 
ein  einfacher  sondern  ein  doppelter  aulos  war*,   ganz  tu  gm— 
habe  ich  diesen  umstand  nun  freilich  nicht,  sondern  ihn  s.  6  ana.  1 
ausdrücklich   besprochen  und  gesagt  dasz  auch  auf  den  dopptl- 
aulos  das  cu^qpujveiv  nicht  passen  würde.  Jan  sagt  'wenigstesi  im 
texte  der  abh.'  hfttte  ich  es  vergessen,  will  er  tezt  und  anm.  scbeidflaf 
das  wftro  doch  eigentümlich,   ich  füge  hinzu  dasz  bei  meiner  aof* 
fassung  der  aulodischen  auffUhrung  gar  nicht  auggemacht  ist,  obte 
blosz  begleitende  aulet  ein  ^concertinstrument'  müsse  benutet  habi^ 
dasz  ferner,  wenn  Jans  aulode  dies  gethan  hat,  die  oben  besprochl 
Schwierigkeit  der  praktischen  ausftthrung  nur  um  so  greller  herrs^ 
tritt,  und  dasz  endlich  bisher  noch  niemand  behauptet  hat,  #i 
Griechen  hätten  fast  immer  doppelauloi  gehabt,   eine  antorititik 
wie  Gevaert  bestreitet  dies  entschieden.    (Jans  Vortrag  Ober 
frage  in  der  Trierer  philologenversamlung  ist  mir  noch  nicht 
gänglich.) 

Freilich  hatte  ich  dabei  von  vom  herein  die  annähme 
schlössen,  der  griechische  aulet  blase  auf  seinen  auloi  zweii 


*  icli  kAun  natürlich  hier  nur  ganz  kors  retomieren  and  mass  srf 
die  aoarührlichere  erürterunfp  oi.  profirrainnit  i.  S  verwaisen,  wis  JzB 
dazu  gekommen  ist  zu  sagen,  auf  die  erklämog  des  wortes  ftidÄesnC 
Meistete  ich  völlig  verzieht'  und  ich  gäbe  mir  'vergebliche  SBÜhe 
plaral  oi  aüXoi  zu  erklären ',  wird  wol  jedem  der  mein  prograaai 
ebenso  onbegreiflich  erscheinen  wie  mir  lelbcr. 


HOahraiier:  sar  gMebiehte  dtr  «nlotmuik.  607 

(▼gl.  progr.  8.  2).  dann  würde  freilich  das  cii|M|HiiV€tv  einen  sinn 
geben  können,  aber  auch  nur  dann/  Jan  nimt  denn  anoh  keinen  an- 
stand die  bisher  wol  unerhörte  behanptimg  anfsostellen  'dass  daa 
flötenspiel  wirklich  in  der  regel  sweistimmig  war*,  nnd 
zwar  80  'da8z  die  eine  flOte  (tfic0fi(i«a)  die  melodie  fOhrie»  die  andere 
(stuicentiva)  begleitete'.  *  'die  begleitong  aber  werden  wir  uns  bei  den 
Griechen  8o  denken  müssen,  dass  die  begleitende  flöte  einen 
hohen  ton  aushielt.'  Jan  gibt  selbst  su  dass  dies 'uns  medemen 
kaum  glaublich  erscheinen  will',  trOstet  sieh  aber  mit  dem  satse  *dea 
wunderbaren  gibt  es  im  altertiun  noch  mehri  und  die  historische 
forschung  darf  sich  dadurch  nicht  beirrenlassen',  sehrriehtig.  aber  Jan 
wird  mir  hoffentlich  zustimmen,  wenn  ieh  seiner  theee  folgende  anti* 
these  gegenüberstelle :  etwas  wunderbares  und  a  priori  nnglanb- 
liches  den  alten  zuzumuten  werden  wir  nur  dann  uns  entsohlieasen 
können ,  wenn  die  betr.  berichte  der  autoren  durchaus  unTerdIchtig 
und  ihrem  Wortlaut  nach  so  klar  und  unzweideutig  sind ,  dasz  eine 
andere  auffas8ung  ausgeschlossen  erscheint,  so  hmge  aber  uns  die 
möglichkeit  gegeben  ist,  aus  den  werten  der  alten  ebensowol  etwas 
glaubliches  als  etwas  unglaubliches  herauszulesen,  so  lange  wird  es 
doch  wol  der  wissenschaftlichen  methode  entsprechen,  das  glaub- 
liche zu  wfthlen  und  nicht  das  unglaubliche,  ich  war,  ausgehend  von 
diesem  wol  unanfechtbaren  wissenschaftlichen  gmndsaUe,  um  so 
neugieriger,  woher  Jan  den  beweis  ftr  seine  au&tellung  wol  nehmen 
möchte,  fand  aber  nur  wenige  stellen,  und  solche  die  meines  eraoh- 
tens  die  behauptung  Jans  auch  nicht  im  entferntesten  zu  bekrftffcigen 
geeignet  sind,  er  bringt  nur  zwei  schon  oft  besprochene  stellen  der 
Griechen:  Piaton  rep.  III  10  {399^)  und  Plut.  it.  mouc.  c  29.  die 
•Piatonstelle,  welche  lautet:  Tib^;  auXoiroiouc f^ auXiyräcirapa&äei 
elc  Tf)v  TTÖXiv ;  f\  ou  toCto  iroXuxopbörorov  Kai  aurd  ra  iravopjyiövia 
aviXoO  TUTxävei  6vTa  fni^riMa;  druckt  er  ohne  ein  wort  der  erklftrung 
einfach  ab.  und  doch  wäre  es  »ehr  interessant  zu  erfahren ,  wie  wol 
Jan  Piatons  worte  übersetzen  mag,  wenn  er  aus  ihnen  schlechtweg 

'  Jao  bezieht  den  aasdruck  auf  'das  barmonlBche  •nsammenstimineD 
der  beiden  flöten*,  dasz  aber  bei  cuMq>uivetv  an  die  reinbeit  der  'tthn- 
mang'  nicht  gedacht  werden  kann,  habe  ieh  In  m.  progr.  s.  S  erwiesen 
Qod  könnte  viele  stellen  bintufügen.  das  'gute  sasammenklingen* 
könnte  also  bei  Jan»  annähme  nur  insoweit  Tom  auloden  abhEogeo, 
als  er  beide  anloi  ^leiibniHscig  und  gut  anbllst.  denn  f&r  die  quaUtSt 
der  anloi  ist  der  AuTosmacher  und  fGr  die  der  susammeDgeetellten  ioier- 
valle  der  componist  verantwortlich,  nicht  aber  der  aneftthreBde  Tirtace. 
freilich  würde  auch  der  componist  an  dem  'hoben  ton  den  die  beglei- 
tende fl()te  Aushiclt'  nichts  Sndern  können.  ^  die  anficht,  dasc  auf 
dem  doppelaulos  iweistimmig  geblasen  worden  sei,  vertritt  anehAWagener 
'memoire  sur  la  Symphonie  des  anciens*  in  mtfm.  de  Tacad.  rojsle  da 
Bel^iquc  t.  XXI,  1861  (vgl.  bes.  8.  86  und  64  ff.),  doch  denkt  er  sich  die 
aache  immerhin  anderii  ala  Jan.  er  behauptet  auch  keiaeswegs  daas  das 
griech.  concertinstmment  fast  immer  eio  doppelanloa  gewesen  aei, 
denkt  vielmehr  vor  allem  an  begleitende  aulol.  in  unterer  Platarehi- 
achen  stelle  würde  aber  nach  der  leaart  der  Ina.  an  ein  aoloeoaeert- 
Instrument  gedacht  werden  mfiaaen. 


698  HGuhrauer:  zur  gcfichichte  der  auloemiuik. 

folgern  zu  können  glaubt,  der  griechische  aulet  hfttte  steU  iwa- 
istimmig  geblasen,  ich  meinerseits  sehe  hiervon  in  der  stelle  vuk 
nicht  eine  silbe  stehen.  TToXuxopbÖTarov  heiszt  ein  instnunent  mit 
vielen  saitcn,  dh.  also  vielen  tönen;  übertragen  steht  der  ausdmd^ 
auch  sonst  vom  aulos  als  einem  instrument  dem  viele  tOne  zu  ge- 
böte stehen.*  TToXuapjbiöviov  und  TTavapfxöviov  kommt  ziemlich  uf 
dasselbe  hinaus.^^  so  heiszen  instrumente,  auf  denen  man,  eben  w^ga 
der  manigfaltigkeit  und  zahl  der  vorhandenen  töne,  in  vielen  bzw.ii 
allen  äpMOviai  dh.  tonarten  spielen  kann,  solche  instrumente  brauclHi 
wir  nicht,  sagt  Piaton ,  weil  wir  nur  einfache  weisen  und  ttberhanpt 
nur  zwei  tonarten  in  unsern  staat  aufnehmen  wollen;  wir  brandiai 
alsO;  sagt  er  kurz  zuvor,  keine  TpiTUJva  und  keine  TrT)iCT{Ö€C  und  kein 
solche  öpxava  öca  TioXuxopba  kqi  TroXuapMÖvia,  am  wenigvui 
also,  fügt  er  in  unserer  stelle  hinzu,  die  auXoi.  hier  ist  alles  klar 
und  deutlich."    wo  bleibt  aber  Jans  behauptung? 

Nicht  besser  steht  es  mit  Plutarch  ir.  fuiouc.  c.  29.  hier  folgert 
Jan  daraus,  dasz  dem  Lasos  nachgesagt  wird,  er  habe  den  dithjnv« 
bos  freier  gestaltet  if}  tOjv  auXuüv  iroXuqpuüviqi  KaTaKoXouOil)caCf  die 
alten  auleten  hätten  zweistimmig  geblasen.  TToXuq>uivia  heiszt  aber 
offenbar  gleichfalls  * vieltönigkeit ,  reichtum  an  tönen',  es  bedentrt 
nicht  was  die  moderne  musik  unter  ^polyphonie'  versteht,  nnd  feelbtt 
wenn  es  das  bedeutete,  so  ist  doch  p  o  1  y  phonie  nicht  zwei  stimmig- 
keit,  und  anderseits  steht  kein  wort  davon  da,  dasz  eine  viel-  odir 
zweistimmigkeit  auf  einem  und  demselben  instrument  und  VM 
demselben  bläser  erzeugt  worden  wäre,  darauf  aber  kommt ei 
doch  hier  gerade  an. 

Diese  beiden  stellen  beweisen  also  nichts,  mehr  nachdenkliflk 
könnten  uns  schon  die  beiden  folgenden  machen,  oder  vielmekr 
sie  haben  bereits  seit  langer  zeit  (schon  Casp.  Bartholin  de  tibiil 
vet.  s.  88  und  104  bringt  sie)  den  gelehrten  kopfzerbrechen  Temr« 
sacht,  es  ist  die  bekannte  Varrostelle  {de  re  msL  12,  15)  über  dii 
tihia  incentUa  und  succentiva,  welche  lautet:  certc^  inquit  F\tndanm. 
aliud  pastio  et  aliud  agricidtura,  sed  afjfinis,  et  ut  dextera  tibia  aKi 
quam  sini^tra,  ita  ut  tarnen  sit  quodammodo  coniuncta^  quod  est  aUtn 
eiusdcm  carminis  inccntiva^  altera  sticceniiva.  mag  man  die  ausdrOde 
incentica  und  succentiva  fassen  wie  man  will,  das  scheint  klar  n 
sein ,  dasz  man  aus  dieser  stelle  ein  gleichzeitiges  anblasen  der  bei- 
den tihiae  ohne  weiteres  zu  folgern  durchaus  nicht  berechtigt,  nocl 
weniger  aber  genötigt  ist-  das  quodammodo  coniunda  scheint  so- 
gar gegen  eine  solche  annähme  zu  sprechen,  die  beiden  tihiae  habm 
ver>chiedcne  aufgaben,  und  doch  wirken  sie  auch  andeneitia 
einem  gemeinsamen  zwecke:  sie  ergänzen  einander  —  das  ist  dit 

*  umsrekehrt  rühmt  Plutarch  ir.  ^ouc  c.  12  e.  Tf)v  öXixoxopMov  ROl 
T^v  ÄiiXÖTiiTa  xal  CCMVÖTT^TG  Tf^c  ^ouciKf|c  »c.  Tf\c  dpvaiK^.  "  ia 
dit'sem  sinne  sa^'t  Athpuaiofl  XIV  631*  TTpövo^oc  6'  6  6i|ßal0C  «pAvSC 
iluXr)cev  dii6  tüjv  auTwy  aöXuiv  irdcoc  &pMOv(ac.  '*  so  faMt  die  ■laUt 
übrigens  selbst  W.igtner  ao.  h.  72,  desgleichen  die  folgende  Plutarahstallt- 


HQübrmner:  rar  ginehiflhte  dtr  Mdomniik. 

pointe  des  Varronischen  Tergleiohs«  die  sweita  itdle  aber,  wdehe 
aus  den  Florida  des  ApulcijuB  entlehnt  ist  (c.  l),  würde  allnin,  aaoh 
wenn  sie  evident  wäre,  uns  hol  der  Janschen  annähme  nidit  swingen 
können,  als  curiosum  sei  aber  noch  angeführt  dan  Ambros,  der 
MG.  I  8.  487  sagt:  'die  doppelflffte  war  nicht  das  ansgebildeteiei 
sondern  das  altertttmlichere,  rohere  instnunent,  der  Übergang  Ten 
der  vielrohrigen  syrinx  lor  einfudien  flöte,  sie  diente  nidit  etwa, 
doppeltöne  zu  blasen,  sondern  war  dasn  Torhanden,  dem  blieer  eim 
gröszeres  tongebiet  in  tiefen  nnd  hohen  tönen  sa  öAien,  wenn  er 
es  nicht  verstand ,  wie  jener  Alexandrides  tiefe  nnd  hohe  töne  auf 
demselben  röhr  hervorzubringen'  —  dass  Ambros  von  dieser  setnar 
behaaptong  sagt,  sie  folge  *dentlioh  genug*  ans  ApuL  fhr.  1 ,  der* 
selben  stelle  ans  der  Jan  das  gegenteil  beweist.  Ambroa  berfiek- 
eichtigt  offenbar  zunächst,  dass  Apnlc(}ns  von  der  alleriHesten  seit 
der  auletik  sprechen  will  (wie  aus  den  unserer  stelle  vorausgehen* 
den  Worten  noch  fiberdies  hervorgeht),  dass  er  es  als  ein  eommodum^ 
wie  er  es  nennt,  für  den  fortschritt  der  anletisdien  kunst  beieiohnet, 
dasz  Hjagnis  (jener  mythische  heros  der  auletik),  der  nondi»m  ^ni* 
dem  tarn  flexanimo  9ono  nee  tarn  phmfanm  miodo  nee  tarn  fmM^ 
foratüi  tibia  zu  blasen  verstanden,  diese  mängel  dadurch  wesentlich 
gemildert  habe,  dasz  er  sich  nicht  mehr  besobrinkt  habe  «hm  Hbia 
vdiU  una  tuba  personare^  sondern  daas  er  auf  die  idee  gekommen 
sei,  zwei  auloi  zu  benutzen;  etwas  anderes  braucht  man  hinter 
den  Worten  primus  duas  tibias  uno  spirüi$  amimavU  nicht  lu  suchen. 
auch  die  folgenden  werte  mit  ihren  echt  Apulejisch  gezierten  aus- 
drücken wollen  vor  allem  den  durch  Hjagnis  schon  vermehrten  ton- 
umfang  hervorheben,  einen  historischen  wert  fflr  die  person  und 
zeit  des  Hjagnis  haben  die  declamationen  des  Apulejos  natürlich 
überhaupt  nicht. 

Eine  ausführlichere  Untersuchung  über  die  Verwendung  dee 
doppelau]o8  hier  zu  geben  bin  ich  zur  zeit  um  so  weniger  in  der  läge, 
als  weder  Jans  Trierscher  vertrag  noch  auch  vor  lülem  öevaerts 
2r  band  bisher  erschienen  ist. "  ich  glaube  mich  auch  mit  vollem 
rechte  darauf  beschränken  zu  können ,  nachgewiesen  zu  haben  daas 
die  bisher  unerhörte  behauptung,  die  Jan  aufteilt,  durch  seine  vier 
stellen  gewis  nicht  erwiesen  ist.  es  wundert  mich  dasz  Jan  sieh 
gerade  diese  stellen  herausgesucht  hat,  während  doch  die  ausführ- 
lichen Untersuchungen  bei  Bartholini ,  F^tis  und  AWagener  ausser 
ihnen  noch  manche  andere  bieten,  die  für  die  in  rede  stehende  frage 
bei  weitem  interessanter  sind,  wir  würden,  wenn  wir  Jans  behaop* 
tung  annehmen  wollten,  die  griechische  musik  —  fiberall  wo  auloi 
mit  beteiligt  sind,  also  in  auletik,  aulodik,  beim  chorgetang,  im 

theater,  beim  zusammenspiel  mit  der  kithara  —  auf  das  niveau  einer 

* 

**  Qevaert  hat  die  gute  mir  brieflieh  mitsuteilen,  dais  er  mit  Jans 
aosicbten  über  den  gebrauch  des  doppelaolos  bei  den  Qriechea  diirebaas 
nicht  einverstanden  sei. 


700  HGuhrauer:  znr  geschichte  der  auloimarik. 

chinesischen  dudelsackmnsik  herabdrücken,    das  wollen  wir  Am^ 
so  lange  nicht  stärkere  beweise  da  sind,  lieber  nicht     inn. 

Mit  Jans  erklärung  des  cu^qpujvoöciv  o\  auXoi  nnserar  Plntttd- 
stelle  ist  es  also  nichts,  wie  steht  es  mit  dem  worte  bidXcKTOC?  *ucU 
so  günstig'  sagt  Jan  selbst,  ^es  scheint  da  an  ein  xwiegwpridi  te 
beiden  flöten  gedacht  zu  sein.'  ein  *zwiegespr&ch'  sollte  es  gcaml 
werden,  wenn  der  eine  aulos  eine  melodie  blSst  und  der  andere  daW 
fortwährend  'einen  hohen  ton  aushält'?  das  ist  doch  wol  kam 
glaublich.  Westphals  Übersetzung  aber  *ob  die  mehrstimmigfcnl 
verständlich  sei  oder  nicht',  yon  der  Jan  sagt,  sie  sei  *swar  etwa 
kühn ,  enthalte  aber  immer  noch  das  beste  was  bis  jetit  geftmte 
ist'  ist  —  dabei  bleibe  ich  —  überhaupt  keine  übersetxnng,  soaden 
eine  reine  phantasie. 

Somit  glaube  ich  erwiesen  zu  haben,  dass  Jans  yersnche  db 
stelle  nach  der  lesart  des  hss.  zu  erklären  durchaus  misgiflekt  sind' 
und  es  wird  also  dabei  bleiben  müssen,  dasz  in  derselben  yon  aidofik 
die  rede  ist ,  nicht  von  auletik.  dann  ist  aber  auch  durch  dieadkc 
erwiesen,  dasz  bei  der  aöXqjbiKf)  dp)LiT)V6(a  an  ein  susammai- 
klingen  von  aulos  und  gesang  gedacht  ist  und  somit  an  zwei  sitp 
wirkende.  ** 

Meine  übrigen  stellen  machen  Jan  deswegen  keine  schwierfg^ 
keit,  weil  er  ja  meine  art  aulodik  'dilettantisch  geflbt'  und  fllrfii 
spätere  zeit  selber  zugibt. 

Wenn  er  aber  daraus  dasz  ich  sage  (s.  11),  es  werde  *m 
auleten  berichtet  dasz  sie  zugleich  auloden  waren'  folgert ,  luiinit 
lieferte  ich  'den  stärksten  beweis  gegen  mich  selbst':  denn 
sei  doch  wol  zugestanden  *dasz  auleten  im  aulodischen  agon 
treten  seien'  und  hiermit  wiederum  dürfte  'wol  entschieden  M 
dasz  der  aulode  bläser  und  sänger  in  6iner  person,  nicht  Singer  aUs 
war'  —  so  folgt  das  doch  wol  aus  meinen  werten  keineswogs« 
wenn  ich  zb.  von  einem  heutigen  clavierspieler  erzähle  dnsi  ( 
gleich  Sänger  sei',  so  ergibt  sich  doch  daraus  nicht  dass  er  m6k  stall 
selber  zum  gesang  begleite,  das  heiszt  doch  nur:  er  tritt  nicht 
als  pianist  auf,  sondern  auch  als  sänger.  ebenso  war  meine 
äuszerung  gemeint,  darüber  lassen  auch  meine  sonstigen 
gen  8.  11  und  bes.  anm.  4  nicht  den  leisesten  zweifei. 

Seine  ansieht  über  die  Vortragsart  des  aulodischen  nomos 
aber  Jan  weiterhin  zu  stützen  durch  die  analogie  auch  dea  kitha* 
rodischen  nomos.  freilich  stellt  er  für  dessen  ausfllhrnng  wisdw 
eine  ansieht  auf,  wie  sie,  so  weit  mir  bekannt,  in  dieser  weise  wri 


**  dasz  ich  8.  6  Aiim.  3  Aoch  aus  dem  auadmck  ttp  irapa«eii|Biffn 
iroiVmaTt  der  unmittelbar  nachfolgenden  worte  nachgewiaaea  haf 
in  unserer  stelle  nur  von  aulodik  die  rede  sein  kanD,  nirht  von 


übergeht  Jan  mit  stillschweigen.  *^  bemerken  m9cht«  ieh  ehftaai 

doch  dasz,  selbst  wenn  sich  unsere  stelle  in  der  lesart  dar  ha^  MMS 
liesze,  mit  ihr  eben  nur  ein  allerdings  wichtiges  leagnia  f9r 
fassung  der  aulodik  wegfiele,  weiter  aber  aneh  oickts. 


HGuhraner:  tiir  getdikhla  der  «iloiMaiilrt  701 

kaum  je  vorher  ausgeepFoeheii  Min  dttrfte.  ^  der  kiiluurodieclienaaioe 
sei  in  zwei  wesentlich  Tersohiedene  abteilongen  terfallen:  ein  mit 
der  kithara  begleitetes»  oder  doch  Ton  Yor-  nnd  swieohenspielen  nm- 
gebenes  gesungenes  irpooffiiov  —  das  sei  aberiiaapt  der  VÖMOC 
im  engem  und  ursprflnglichen  sinne  des  wertes  —  nnd  einen  deela- 
matori sehen  teil»  in  welchem  Terpandroe  'wie  ein  riiapeode 
epische  abschnitte  vortrog,  teils  Homerische  teils  selbetTer&site'. 
später  habe  das  musikalische  prooimion  das  Übergewicht  eriialteDi 
so  dasz  ^  der  zweite  declamatorische  teil  mehr  in  den  Untergrund 
treten  mochte\  ja  'schon  Terpandroe  hat  jedenfiüle  das  mnsifadisohe 
prooimion  bedeutend  weiter  entwickelt  aof  koeten  der  epischen  reei- 
tation,  so  dasz  wir  uns  nicht  m  sehr  wundem  dürfen ,  wenn  aneh 
prooimia  in  hexametem  auf  ihn  surttckgeflihrt  werden',  jene  'episehe 
recitation*  war  unbegleitet  und  als  eine  solche  'onbegleitete  red« 
tation'  haben  wir  uns  auch  den  sweiten  teil  des  anlodischen  nomoe 
bei  Klonas  zu  denken.  '* 

Wenn  Jan  hier  im  yorbeigehen  anf  iwei  selten  eine  so  wesent- 
lich neue  ibeorie  Ober  den  vöfioc  anfstellt  —  er  sei  der  hanptsaehe 
nach  zweiteilig  gewesen  und  der  iweite  teil  rhapsodisch  TOige* 
tragen  worden  —  so  wird  niemand  Tcrlangen  dass  ich  diesen  be- 
hauptungen  gegenüber  die  bisherigen  annahmen  ansflihrlicher  ent- 
wickle  und  verteidige,  beweisen  mnss  suntchst«  wer  behauptet, 
dasz  aber  diejenigen  stellen  die  Jan  bisher  flür  seine  ansieht  auf- 
stellt nicht  beweisend  sind,  das  zu  zeigen  scheint  mir  nicht  schwer. 
es  sind  zwei  der  bekanntesten,  in  ihrer  auslegung  bestrittensten 
stellen  desPlutarcb  tt.  ^ou€lKf)c.  die  erste  ist  aus  c.  3:  t6v  T^pirav- 
öpov  i<pr\ .  .  Kard  vö^ov  ^KacTOv  Toic  fncci  rote  fouroö  Kai  rote 
*0^r|pou  ^i\r]  TTCpiTiO^vra  dbeiv  iy  toic  dttuciv,  die  zweite  aus  c.  6 : 
TQ  Tctp  TTpöc  ToOc  Ocouc  dq)ociuicdM€voi  ä^ßatvov  euOOc  ini  tc 
Tf)v  'Oiiiipou  Kai  Tuiv  dXXiDv  noinciv.  bf)Xov  bi  toöt*  lax  bid  vSxy 
TcpTTdvbpou  TTpooiMiuJV.  ohne  aufiusprechen,  wie  sehr  yerschieden 
diese  beiden  stellen  gefaszt  werden  können  und  gefaszt  worden  sind, 
folgert  Jan  ohne  weiteres  aus  ihnen  das  oben  angeführte,  und  doch 
steht  wol  in  der  ersten  stelle  von  *zwei  abteilungen*  keine  silbe. 
oder  will  Jan  in  den  werten  Toic  ^neci  toic  fouToO  Kai  toic  'Opilipou 
in  dem  zusammenbange  wie  sie  dort  stehen  die  beseichnung  seiner 
'zwei  abteilungen'  des  vÖMOC  finden?  und  dies  von  zwei  abteilungen, 
die  sich  wesentlich  durch  die  Vortragsart  unterscheiden  sollen? 

'^  man  kTtriDte  allenfalls  an  das  denken  wollen,  was  Bergk  gr.  litt. 
f^esch.  I  H.  435  ff.  745  ff.  sa^  doch  scheint  mir  die  Berglsebe  aof- 
fasAung  der  bald  zu  besprechenden  stellen  des  Platfirch  von  Susemlhl 
(jahrb.  1874  8.  653  ff.)  siegreich  widerlegt,  aoch  scheidet  Bergk  den 
irortratr  dor  epischen  veri*e  gt^ni  und  (rar  vom  nomos»  der  als  wpooifiiov 
dem  epischeo  agon  tooi  kitharoden  voransircsehiekt  worden  sei:  und  end- 
lifh  nimt  ja  gerade  Bergk  auch  für  diesen  episehen  vertrag  der  Homeri- 
scben  gedichtc  einen  vollständig  musikalischen  vertrag  mit  fortlaufender 
begleitung  dor  kithara  an!  '*  halb  gesprochene,  halb  gesoogene  reci- 
tation  «legiseber  verse'  nennt  sie  Jan  s.  588. 


702  HGuhraiier :  zur  geschichie  der  aalosrnndk. 

steht  doch  von  Terpandros  Vortrag  gerade  im  gegenteil  dm,  er  hakt 
seine  und  Homers  verse  musikalisch  bearbeitet  and  gesoBgei, 
nicht  aber  er  habe  die  letztem  rhapsodisch  yorgetragen. "  mach  3m 
übersetzt  ^und  umkleidete  diese  mit  einem  meliscben  dh.  moaika- 
lischen  vertrag ',  spricht  aber  trotzdem  dann  immerfort  von  ded^ 
mation  usw.  in  der  zweiten  stelle  übersetzt  er  dE^ßaiVGV  iiti  TC  ijjjv 
'Ofiripou  .  .  TToiriciv  ^giengen  dann  zu  epischer  recitation  übor*. 
wo  aber  in  aller  weit  steht  denn  hier  ein  wort  von  der  v  ortrmgi- 
art?  man  hat  ziemlich  allgemein  diese  stelle  so  mufgefaszt,  dmn  mit 
den  ersten  werten  das  prooimion  des  nomos  bezeichnet  sei,  mit  dam 
folgenden  der  inhalt  des  eigentlichen  nomos  charakterisiert  werte 
solle,  aber  doch  nicht  so  dasz  es  sich  dabei  am  zwei  gleich wiohtigi 
und  in  der  musikalischen  ausftLhrung  ganz  verschiedene  tflUi 
handle,  davon  steht  auch  wie  gesagt  nichts  da.  ehe  also  Jan  aeiM 
hypothese  vom  nomos  nicht  besser  stützt  als  durch  diese  beidn 
stellen ,  hat  niemand  grund  sich  dagegen  zu  ereifern. 

Ich  kann  auch  nicht  mit  Jan  (s.  586)  daraus  dasz  'die  kitharoda 
auf  agonistischen  vasen  und  reliefs  nicht  so  dargestellt  erscheiaca, 
als  ob  sie  mit  dem  plektron  die  saiten  rührten,  sondern  in  eiiHB 
stereotypen  gestus  mit  vorgestreckter  rechten '  folgern ,  dasz  auch 
Terpandros  beim  gesang  (^während  er  Homer  rhapsodierte '  sigt 
Jan)  nicht  zugleich  die  kithar  geschlagen  habe.^^  denn  dem  kitharoda 
ist  auf  den  abbildungen  seine  kithara  lediglich  als  charakterisierendM 
attribut  beigegeben,  wie  etwa  heutzutage  sich  vielleicht  ein  geig« 
mit  der  geige  in  der  band  würde  malen  lassen,  dasz  der  kitharodf 
singt  oder  declamiert,  ist  ja  bildlich  ebenso  wenig  angedeutet,  aad«^ 
seits  aber  gibt  es  genug  darstellungen  von  solchen  welche  dit 
kithara  schlagen ;  dabei  braucht  man  aber  gewis  nicht  lediglieh  m 
kitharisten  zu  denken.  *'  und  endlich  gibt  es  nachrichten  der  alUa 
in  fülle,  aus  denen  sich  mit  cvidenz  ergibt,  dasz  die  berichtergtattv 
unter  kitharodik  an  ein  zusammenwirken  von  gesang  and  spiel,  •■ 
eine  begleitung  des  gesangs  durch  töne  der  kithara  gedacht  habea. 
es  genüge  hier  hinzuweisen  auf  Diodor  III  59  (beschreibong  im 
wettkampfes  zwischen  Apollon  und  Marsyas),  auf  Paus.  X  7,  3,  we 
erzählt  wird,  Hesiodos  habe  sich  beim  dtuiv  nicht  beteiligen  kSuMi 
ou  KiGapiiieiv  ö^oO  tiq  lubr)  bcöibatM^vov ,  auf  Plut.  Alk.  2 ,  wo 
Alkibiades  die  lyra  preist:  In  bi  Tf)V  fx4v  \dpav  Tifi  XPUifli^Vlf 
cuM<p6€TT€c8ai  Kai  cuvdbeiv,  tov  bi  auXöv  £mcTO|iiZ€tv  koI  diro- 
qppäTTCiv  ^KäcTou  TTJv  T€  q)(Dvf)v  Kai  TÖv  XÖTOV  dq>at(Knj^€VOV, 
auf  Xen.  symp.  31,  Athen.  XIV  623^  uam.   wenn  aber  fiir  onsi 


"  zuletzt  liAt,  wie  bemerkt,  beide  vtellen  eiDgehender  iaterpreti«! 
SusemihI  jahrb.  1874  n.  653  ff.  <"  will  Jan  aua  den  abbildoogea  etwa 
anch  sehen,  dasz  der  kitharode  gerade  im  zweiten  teil  des  itomoe  oMl 
gespielt  habe?  doch  wol  nicht,  er  nimt  also  wol  an,  der  kitkarede 
habe  sich  bei  gesang  und  declamation  überhaupt  nicht  begleitet»  "^ 
dem  nnr  vor-,  zwischen-  und  nachspiele  gemacht.  <>  ich  erli 

blosz  an  die  bekannte  statae  des  Apollon  kitharodot  selber. 


HGohraMr:  sor  guchidita  dir  nlonoMä.  TOB 

art  des  nomiscben  Vortrags  nieht  erwiesen  iatj  so  frUen  aneh  aUs 
analogien  für  den  aulodiscben  nnd  anletiseben  nomos«  die  Übrigeos 
auch  an  sich  mir  nicht  ttberaeogend  eradwinen.  ^ 

Was  Jan  s.  588 — 592  zur  geschiehte  der  anlodik  beibringt, 
ist,  wie  er  selbst  sagt,  nur  eine  erneute  aamhmng  der  ¥0&  mir 
eruierten  thatsachen,  aber  eben  im  lichte  seiner  *so  gans  aadem 
resultate  über  das  wesen  jener  kunstgattung*.  es  seigt  sieh  die 
eigentümlichkeit  seiner  anschauung  besonders  in  der  art  wie  er  die 
geringe  beliebtheit  und  Verbreitung  der  aulodiscben  kunstgattnng 
erklärt  zu  dem  dort  gesagten  mOchte  ioh  nur  die  6ine  bemerkung 
machen ,  dasz,  wenn  auch  wirklich  *die  begleitung  der  kithar  gewis 
auch  in  der  regel  höher  lag  als  der  gesang  und  doch  die  kitharodik 
in  früher  und  später  zeit  gleichmSssig  beliebt  war',  daraos  nodi 
keineswegs  folgt,  dasz  nicht  eine  fthnUdie  begleitung  auf  dem  aulos 
viel  weniger  beliebt  gewesen  sein  konnte»  dam  ein  anloe  ist  eben 
keine  kithara.  da  aber  die  Orieohen  nur  zwei  hauptgattungen  von 
instrumenten,  wenn  auch  in  vielen  Spielarten,  überhaupt  kannten,  so 
wird  ihr  ehr  für  die  Verschiedenheit  der  klangwirinmg  um  so 
schärfer  gewesen  sein;  es  kann  sie  die  eine  Zusammenstellung  ent» 
zückt,  die  andere  ihnen  einen  tristen  nnd  lugubren  eindmd:  gemacht 
haben  (daher  vielleicht  das  cmidpumöfOTO  des  Pansanias).  war  ja 
doch  bekanntlich  gerade  in  älterer  zeit  der  anloe  conventioneil  das 
Instrument  welches  recht  eigentlich  trauer  und  scfameraliehe  stim« 
mung  auszudrücken  berufen  war. 

Wenn  ich  nun  in  allem  was  Jan  in  bezng  auf  die  anlodik  auf- 
stellt mich  durchaus  ablehnend  verhalten  musz,  so  kann  ich  von 
demjenigen,  was  er  zur  kenntnis  des  pythischen  nomos  beige- 
bracht bat  (Pbilol.  XXXVIII  s.  378  ff.),  alles  wesentliche  nur  dank- 
bar acceptieren.  ich  selbst  hatte  damals  in  m.  abh.  (s.  341  ff.)  nur 
halb  und  mit  widerstreben  die  mitwirkung  von  cdXniTTCC  und 
cupiTT^c  zugegeben,  und  nur  deshalb  weil  ich  mit  rflcksicht  auf  vor- 
handene berichte  sie  nicht  herauszubringen  wüste,  dazu  hat  mir  nun 
Jan  verbolfen.  ich  stimme  ihm  bei,  wenn  er  meint,  die  caXmcniCfll 
KpcOMara  bezeichneten  lediglich  'trompetenartige  instrumentaltOne*, 
die  ebenso  gut  auf  dem  aulos  geblasen  werden  konnten,  zur  verzinn- 
lichung  der  kampfscenen.  was  aber  die  cüprTTCC  betrifft,  so  haben 
mich  beine  erörterungen  wenigstens  davon  überzeugt,  dasz  in  jener 
Plut.  stelle  von  Telephanes  (tt.  pouc.  21)  das  wort  cupiTTCC  nicht 
notwendig  die  Pansflöte  zu  bedeuten  braucht,  sondern  auch  irgend 
einen  teil  des  aulos  bezeichnen  kann ,  dasz  man  daher  die  lesart  der 
bss.  auXoTTOiouc  beibehalten  kann  und  aus  dieser  stelle  allein  die 
mitwirkung  des  Pansflöte  beim  pythischen  nomos  nicht  unbedingt  zu 

**  die  vermatangen  die  Jan  ••  6S6  aafftellt  über  das  möjcHoherweise 
«rfol^te  hinziitreteD  des  tf)  iratdv  und  feierlicher  tansbewef^Df^en  lum 
älteHten  aul«.*  tili  eben  prooimion  teinet  aolodischen  nomos,  sind  doch  eben 
nichts  weiter  als  vermatansen,  deren  hittoriteho  Wahrheit  durch  nichts 

bewiesen  ist. 


704  HGuhrauer:  zur  geachichie  der  anlonmnaik, 

folgern  hat.'*  freilich  eine  befriedigende  erklttnmg  derPlaiaichiieWi 
stelle  yermag  auch  Jan  nicht  zu  geben,  und  auch  für  seine  eifltlemy 
der  übrigen  stellen,  in  denen  cupilfH  einen  teil  des  aalos  sa  benick- 
nen  scheint,  wird  er  irgend  welche  eyidenz  selber  nicht  in  snq^cich 
nehmen  wollen,  vielmehr  glaube  ich  mit  Marqaard  dasx  es  nm  fit 
erklftrung  dieser  cupixE  immer  noch  ziemlich  'venweifelt  stsU*. 
fttr  den  pythischen  nomos  möchte  ich  mir  erlaoben  Jan  gegenflb« 
auf  zweierlei  hinzuweisen,  zuerst:  wenn  wir  jene  CupiTT€C|  tm 
denen  Telephanes  nicht  leiden  wollte  TOUC  clöXoiTOioöc  imScivn 
^m  Touc  auXoüc,  auf  denjenigen  teil  des  pythischen  nomos  beiiaha^ 
welcher  cupiTMÖc  heiszt  und  in  welchem  das  zischen  des  sterbeada 
drachen  nachgeahmt  werden  sollte,  so  scheint  mir  daraus  onbedisgl 
zu  folgen,  dasz  eben  jene  cupiTt^c  bei  den  übrigen  teilen  des  vöfNC 
TTuOiKÖc  nicht  werden  benutzt  worden  sein,  sonst  würden  mjk 
den  gewünschten  sonderefifect  nicht  gemacht  haben,  wir  kflasa 
uns  also  die  sache,  wenn  wir  eben  an  die  Panspfeife  nicht  denk« 
wollen,  wol  mit  Jan  nur  so  vorstellen,  dasz  1)  die  CupifS  ein  teil  da 
aulos  war,  der  abgenommen  werden  konnte,  um  dem  restierenfa 
teile  des  aulos  höhere  tonlage  zu  verschaffen,  dann  würde  der  sohl 
mit  der  syrinx  länger  gewesen  sein  und  nur  weniger  oder  doch nickk 
so  schrille  hohe  töne  enthalten  haben  als  ohne  dieselbe,  ämt 
würde  ^TTiOeivai  ToOc  cupiTTCic  heiszen  müssen:  die  aoloi  so  sis- 
richten ,  dasz  der  obere  teil  abnehmbar  ist,  und  zwar  mit  derartifB 
Vorrichtungen ,  dasz  man  eben  auf  dem  restierenden  teile  des  sslli 
ä  la  piccolo  blasen  kann,  an  den  auloi,  wie  sie  Telephanes  norkr 
nutzen  wollte ,  wäre  dann  ein  teil  bzw.  eine  vorrichtang  der  kt 
schriebenen  art  überhaupt  nicht  vorhanden  gewesen,  oder  S)  ■ 
sich  könnte  man  auch  daran  denken  wollen,  dass  die  cüpifE  eine  ■! 
mundätUck  gewesen  sei,  welches  während  des  syrigmoa  dem 
aufgesetzt  ihm  einen  eigentümlichen  ton  Terliehen  habe. 
würde  dTiiOeivai  im  toCic  auXouc,  von  den  auXoTroioi 
heiszen:  die  auloi  so  einrichten,  dasz  die  cupiTT€C  nach  bsdirf 
aufgesetzt  werden  können,  oder  3)  man  könnte  annehmen  weta 
der  aulet.habe  im  cupiTMÖc  das  mundstück  abgenommen  and  srf 
diesem  cupiTTWV  geblasen,  dann  hätte  er  es  im  weitem  TSiisrf 
wieder  aufsetzen  müssen,  bei  dieser  letzten  annähme  würde  das  bBt 
OeTvai  cOpitTCtc  ^tti  touc  auXoüc  von  den  flOtenmachem  geugl 
heiszen:  den  aulos  mit  einer  syrinx  (mundstflok)  versehen,  die  MS 
abnehmen  kann,  um  darauf  zu  blasen,  was  das  Itlr  einen  iwcck 
hätte,  ibt  freilich  dunkel,  eine  solche  syrinx  konnte  ja  der  sdM 
bei  sich  führen,  alle  drei  möglichkeiten  aber  lassen  sich  Ml 
Plutarchs  Worten  nur  sehr  gewaltsam  herauslesen:  das  liegt  wsl 
auf  der  hand.  ich  komme  daher ,  angeregft  durch  Jans  aoseiasadii^ 
Setzungen,    auf   den  gedanken,    dasz  uns  ja  nichts   swingt  bfli 


'*  dasz  aber  alle  übrifcen  einschlägigen  stellen  nicht  swiagead 
hatte  ich  selber  schon  (pyth.  nomos  s.  Ml)  eingehend 


HGuhraaer:  rar  getehiefato  der  MÜotmiuik.  706 

unserer  Plutarchstelle  gerade  an  den  cuptTMÖc  des  VÖMOcTTuOtKÖC 
zu  denken.*'  wenn  wir  erst  mit  Jan  annelimen,  cipvfi  sei  irgend 
«in  teil  des  aulos  welcher,  wenn  man  ihn  an  demselben  anbringt, 
dessen  tonumfang  nach  der  bOhe  sn  yermehrte  nnd  der  wol  nnr  bei 
groszcD ,  zu  schwierigeren  ooneertleietongen  beetinunten  aolei  Tor- 
banden  war:  dann  sagt  nneere  stelle  weiter  nichts  als:  anloi  mit 
cupiTT€C  liesz  sich  Telephanes  von  den  anlopoioi  gar  nicht  madien; 
solche  iinessen  verschmähte  er.  fireüieh  konnte  er  dämm  anch  nicht 
beim  pytbischen  agon  concnrrieren:  denn  bei  diesem  konnte  man 
{ca.  350  vor  Ch.)  mit  einfachen  anloi  ohne  ciiptTTCC  nidit  auskommen. 
was  es  im  besondem  mit  diesen  cöptlfrcc  mag  ffOüt  eine  bewandtnis 
gehabt  haben ,  welche  virtuosen  effeete  zn  ermOgliehen  sie  bestimmt 
gewesen  sein  mögen,  alles  das  wissen  wir  eben  nicht,  sei  dem  wie 
ihm  wolle:  das  scheint  durch  Jan  erwiesen,  dass  wir  die  Panspfeife, 
deren  mitwirkung  beim  pjthischen  nomos  ansnnehmen  ans  idlerlei 
gründen  so  störend  war,  mit  rttcksicht  auf  unsere  quellen  demselben 
getrost  absprechen  können,  der  vöpoc  TTuGtKÖC  war  ein  solo- 
concert  eines  auleten. 

Durchaus  protestieren  muss  ich  aber  dagegen ,  dass  Jan  glaubt 
in  der  art  wie  der  cuplT^öc  ausgeführt  wurde  eine  'unschöne  manicr* 
sehen  zu  müssen,  die  *über  eine  anfeohtung  vom  Isthetischen  stände 
punct  aus  nicht  erhaben  war*,  selbst  wenn  wir  annehmen,  der  aulet 
babe  *  cupiTTU)V  mit  pfeifenden  tönen  die  scbmersenslauto  des  ver* 
wundeten  drachen  nachgeahmt':  wer  heiszt  uns  diese  allerdings 
*  derbe  art  der  nachahmung '  bzw.  musikalischen  maierei  uns  etwa 
burlesk  oder  musikalisch  hSszlich  vorstellen?  nach  dem  was  ich 
pytb.  nomos  s.  335  ff.  auseinandergesetzt  habe,  und  nach  dem  so  eben 
gesagten  halte  ich  vielmehr  für  durchaus  wahrscheinlich,  dasz  auch 
dieser  teil  des  pjthischen  nomos  in  würdiger,  möglicherweise  sogar 
für  die  zuhörer  besonders  ergreifender  weise  dargestellt  worden  ist. 

^  die  .stelle  lautet :  aOrlKa  Tr|X€<pdyr)C  6  tA^yapiKÖC  oÖTUic  iiroX^- 
^7]C€  Tale  cupiTHiv,  i&cT€  Touc  aöXoiTOtouc  o06'  £iri6€lvm  mbiroTC  cTaccv 
in\  TOUC  auXouc,  dXXd  xal  toO  TTuOikoO  &xCi}yoc  ^dXtcra  biä  toOt*  dir^cnf|. 

Waldenbcrq  in  Schlesien.  Heinrich  Ouhbauer. 


96. 

DE  LOGO  LACÜNOSO  APÜD  AESCHYLUM. 


In  prologo  qui  est  in  Septem  ad  versus  Thebas  Aescbyli 
V.  24—30    vuv  b'  djc  6  ^<ivTlC  q>T)c{v,  otuivubv  ßOTifip, 
£v  u)ci  vu^fiuiv  Kai  qppeciv,  nupöc  bixot, 
Xpncxnpiouc  6pviOac  dipcubci  r^xvq* 

OUTOC  TOlUIVbe  bCCTlÖTtlC  fxavT€updTuiv 

\if^\  ^eticTTiv  TTpocßoXfiv  *Axatba 
vuKTTiTopcicOai  KdTTißouXeueiv  iröXet 

Jahrbücher  fttr  rUtt.  philol.  1880  hO.  10  a.  11.  46 


706    ALowinaki:  de  loco  lacnnoao  apud  Aeechylom  [Septem  t.U-30]. 


post  V.  26  unum  versiculam  librariorum  neglegentia  yel  alio  o 
nescio  quo  excidisse  facilis  nee  fallax  coniectara  est.  quid  cua? 
nonne  regiae  dignitati  ac  maiestati  prorsus  disconvenit  infncta  pv 
ävaKÖXouOov  quod  vocant  atque  amputata  ut  ita  dicam  oratioM 
sie  loqui  vel  potius  balbutire  Eteoclem  regem:  vGv  b'  die  6  ^dvTlC 
q>Ticiv  —  ouTOC  (h.  e.  ^dvTic)  —  X^T^i  eqs.?  accedit  quod  T.fl 
epitheton  bccTiÖTiic  MOiVT€u^dTUJV,  si  recte  sentio,  non  tarn  in  TSn- 
siam  quam  in  ipsum  deum  Apollinem  TÖv  nuOöfxavTtv  quadimre  wM 
videtur.  igitur  Apollinis  nomen  pro  certo  affirmaverim  antiqnitM 
exstitisse  in  deperdito  versu  illo  quem  talem  fere  fuisse  suspieor: 

dtujv  ^Kari  AoEiou  KpiOnccrat. 
similiter  locutus  cät  Aeschylus  Pevs.  400  vCv  un4p  irdvTUiv  ictm 
et  £um.  G69  ttujc  dTUJV  Kpi8rjc€Tai.  iam  vero  quaeritar  nom  etiw 
ratio  et  compositio  antithetica  unius  yersas  lacunam,  qaalemnodi 
indagavimus ,  hoc  loco  omnino  commendet.  quod  quidem  rei^Ne  ili 
esse  facile  apparebit,  sicubi  argumentis  ni  fallor  firmis  et  ad  pwiM 
dendum  aptis  (propediem  buc  rediturus)  docaero  totnm  prologia 
illum  eximia  arte  secundum  banc  elegantissimam  eandemqoe  evidn> 
tissimam  formulam :  9  (3.  6).  7.  7.  7.  9  (6.  3).  3.  7.  5.  3.  5.  7.  f 
compositum  esse.   ■ 

Reliquum  est  ut  paucis  dicam  etiam  de  labecula  qoae  adhaMk 
V.  25.  etenim  verba  Tiupöc  bixa  ferri  non  posse  recte  monet  Weflni 
sive  'sine  igne'  sive  cum  Hermanne  'praeter  signa  ex  igne  aco6|tf 
interpretamur.  ne  multa  —  pro  depravata  scriptura  TTYPOCAIXA 
equidem  lenissima  mutatione  scripserim  TTAPAYTIKA.  nam  qäi 
quaeso  aptius  dicere  potuit  Eteocles  scilicet  orationi  snae  ad  com 
Tbebanos  babitae  fidem  facturus  quam  in  praesenti  temporf 
b.  e.  nunc  ipsum  fieri  per  Tiresiam  vatem  auguriom?  BitacMi 
vero  inventum  <pdouc  öixott  Q^od  Weilius  in  textum  recepit,  wM 
quoque  olim  valde  placebat,  nunc  re  denuo  curia  secundis  diligvlia 
pensitata  probare  illud  non  possum  vel  propterea  quod  causa  i 
non  videtur  mihi  esse  in  promptu  cur  hie  caeeitatie 
niminim  dvpcuöei  T€xvr)  (v.  26)  vaticinantis  consulto  mentio  SaXA 
Eteocle.  qui  quidem  si  tale  quid  hoc  loco  proferret,  haud  medkw 
ter  vim  et  gravitatcm  orationis  suae  argumentorumqae  pondnspn^ 
ter  necessitatem  ipse  comminuerct.  itaque  totum  locum  AeechjlflM 
sie  potius  mecum  lege: 

vOv  b '  ujc  ö  ^dvTic  q>r{C\v ,  oiuivuiv  ßoTTJp^ 

i\  \bc\  viD/iuiv  Kai  q)p€civ  TiapauTiKa 

XpncTTipioüC  öpvi9ac  dvjicuöei  T€xvij, 

<dTtbv  ^KttTi  AoElOu  Kpi6riceTau> 

OUTOC  ToiiDvbe  beCTTÖTTlC  ^aVT€UMdTUIV 

X€T€i  fi€TicTTiv  TrpocßoXfjv  'Axoiba 
vuKTTiTopeTcOai  KdTTißouXeuciv  nöXei. 

ANTONnia  LOWIMKL 


FSotemihl:  die  abÜMiangnalt  des  FUiftooiadMB  FImMim.      707 

»7. 

DIE   A6FASSÜN0SZEIT  DES  PLATONISCHEN  PHAIDB08. 


Jeder  freund  Piatons  wird  mit  dem  gleichen  interesse  wie  ioh  die 
trefTliche  abbandlang  von  üsener  '  ab&esüBgBieit  des  Platonisohen 
Phaidros'  im  rb.  mns.  XXXV  s.  181 — 151  gelesen  baben.  Usener 
hat  sieb  durch  diese  wenigen  blfttter  das  nnbesireitbare  verdienst  er- 
worben die  Platonische  fhige,  welche  neuerdings  immer  mehr  in  die 
Sackgasse  zu  gerathen  drohte,  auf  einen  sichern  weg  surflckznieiten. 
dasz  er  dabei  selbst  freilich  diesen  allein  wirklich  sichern  weg  aus- 
nahmslos verfolgt  habe ,  dagegen  hege  ich  bedenken  und ,  wie  ich 
glaube,  nicht  unerhebliche  bedenken.  mOgen  dieselben  immerhin 
vorwiegend  'analytischer'  natur  sein,  so  ist  doch  anch  üseners  dar- 
Stellung  in  Wahrheit  nichts  anderes  als  ein  soharftinniger  indicien» 
beweis,  aus  thatsachen  und  verrnntongen,  sichern  und  unsiehem, 
richtigen  und  verkehrten,  xusammengewoben,  und  gerade  das  ent- 
scheidende endergebnis  ist  keineswegs,  wie  er  behauptet,  eine  *ge- 
gebene  tbatsache',  sondern  ein  blosser  schlnsx  aus  einer  solchen, 
welcher  zum  gröszem  teil  auf  einer  ungenauen  und  mangelhaften 
auslegung  beruht  und  auch  im  Übrigen  sum  mindesten  einen  hohem 
wert  als  den  einer  beachtungswflrdigen  hypiothese  nicht  beanspruchen 
kann,  denn  derselbe  ergreift,  wie  meines  erachtens  unschwer  sa 
zeigen  ist,  nur  6ine  möglichkeit  neben  einer  andern ,  und  es  handelt 
sieb  also  vielmehr  darum  su  untersuchen,  welche  von  beiden  die 
grOszere  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat. 

üsener  gebt  von  dem  nachweis  aus,  dasz  Piatons  Phaidros  vor 
Isokrates  schrift  wider  die  Sophisten  abgefaszt  sei  und  letztere  (§  17  f.) 
sogar  eine  anspielung  auf  erstem  (269  ^)  enthalte,  diesen  nachweia 
halte  ich  für  völlig  gelungen',  und  ich  wttrde  es  nur  als  einen  mis- 
griff  ansehen  können ,  falls  jemand  von  neuem  versuchen  sollte  die 
Bache  umzukehren  und  vielmehr  bei  Piaton  eine  bezugnahme  auf 
Isokrates  anzusetzen'  oder  wol  gar  die  ähnlichkeit  beider  stellen  ftlr 
eine  unbeabsichtigte  zu  erklären. 

Wäre  nun  die  annähme  richtig,  dasz  Isokrates  seine  lehrthfttig- 
keit  in  Athen  und  nicht  zuvor  in  Chios  erOflhet  habe,  so  würde  man 
jene  schrift,  das  antrittsprogramm  seiner  athenischen  schule,  wol  noch 
in  dasselbe  jähr  zu  setzen  haben ,  in  welches  mit  ausnähme  des  spft- 
tem  Aiginetikos'  seine  letzte  erhaltene  gerichtliche  rede,  derTriipe- 
zitikos,  fällt,  394.3  oder  spfttestens  393/2;  allein  üsener  hat  alle  be- 
mängelungen  der  nachricht  Ober  die  lehrthtttigkeit  des  rhetors  in  Chios 
schlagend  zurückgewiesen  und  zugleich  eine  ansprechende  Vermutung 
aufgestellt ,  weshalb  er  sie  auszerhalb  Athens  begann,   hiemach  ist 

^  vgl.  auch  Spengel  'Isokrates  and  Piaton'»  abh.  der  k.  bair.  akad. 
1S56  8.  746.  Zeller  phil.  der  Or.  II*  1  s.  469  anm.  1  und  bes.  CReinhardt  Me 
Isocratis  aemalis*  (Bonn  187S)  s.  29.  '  wie  Ueberweg  im  Philol.  XXYII 
8.  177  gethiin  hat.        '  s.  Blass  attische  beredsamkeit  II  s.  214  f.  218. 

46* 


708      FSusemihl:  die  abfassungBzeit  des  Platoniachen-Phttdrot. 

denn  einige  zeit  fUr  diese  in  ansatz  zu  bringen,  und  die  rede  gegn 
die  sopbisien  kann  mitbin  kaum  vor  391,  anderseita  aber  anck 
scbwerlicb  spUtcr  als  390,  und  vor  dieser  zeit,  ja  genauer  auch  BDck 
vor  der  aus  Wanderung  des  Isokrales  nach  Chios  musz  der  Phaidm 
geschrieben  sein,  man  darf  also  wol  sagen:  spfttestena  394.  den 
die  äuszerung  dieses  dialogs  über  Isokrates  (278^  ff.)  seilt  entacfa» 
den  dessen  an  Wesenheit  in  Athen  nicht  blosz  fQr  die  zeit  der  hiBt 
lung,  sondern  auch  fUr  die  der  abfassung  voraus,  and  anter  *d» 
jenigen  art  von  reden,  mit  welcher  er  sich  jetzt  befasat'  (touc  XÖTM 
olc  vOv  ^TTixcipei)  können  nach  diesem  allem  nur  jene  filtern 
desselben ,  die  gerichtlichen ,  verstanden  vrerden.  rechnet  msa 
aber  noch  hinzu,  dasz  zwischen  der  entstehungszeit  des  Phaidni 
uud  der  Übersiedlung  des  Isokrates  nach  Chios  die  wiederholtea  tt- 
grifife  des  Antisthenes  gegen  den  letztem  liegen,  welche  allem  air 
schein  nach  den  erstem  zum  ausgangspuncte  nahmen  und  so  zngUflk 
gegen  Piaton  gerichtet  waren  \  so  rückt  damit  die  spftteste  sei 
für  jenen  dialog  bis  gegen  396  oder  allenfalls  395  hinanf. 

Und  nicht  minder  fest  steht  die  früheste  grenze,  noitdw 
HSauppe^  gezeigt  hat,  dasz  Piaton  257*-*  sich  auf  die  anklagersdebi- 
zieht,  welche  Archinos  403  wider  den  antrag  des  Thrasybulos  UA 
dem  Lysias  das  bürgerrecht  zu  verleihen,  es  ist  dies  eine 
nistische  anspielung:  denn  die  zeit  der  handlung  des  Phaidros 
bekanntlich  zwischen  410  und  407/ 

So  weit  reichen  die  ^gegebenen  thatsachen',  die  uns  also  i 
hin  noch  einen  freien  Spielraum  von  sechs  bis  acht  jähren 
alles  weitere  gebort  dem  gebiete  bloszer  Vermutung  an,  and 
als  eine  Vermutung  ist  es,  wenn  Usener  die  entstehang  and 
gäbe  des  dialogs  spätestens  in  die  erste  hälfte  des  folgenden  jskM 
402  verlegt. 

Prüfen  wir  nun  seine  gründe  für  dieselbe.  *eine  kritik*  ssgtff 
s.  148  'des  Lysias,  wie  sie  Piaton  im  Phaidros  übt,  als  eines  TerfasM 
epideiktischer  Schriften  konnte  nur  so  lange  öffentlich  TOigenomaS 
werden,  als  Lysias  th&tigkeit  darin  ihren  schwerpunot  fimd  mds 
seinem  namen  vorzugsweise  die  Vorstellung  des  rhetora  nnd  opidA 
tikers  haftete,  schon  im  ersten  Jahrzehnt  des  vierten  jh.  wfirde  &■ 
kritik  unmöglich  gewesen  sein;  Lysias  epideiktische  Spielereien 
verdrängt  und  vergessen  über  seinen  gerichtsreden.' 

Waren  sie  das  wirklich  ?  aber  wie  kommt  es  dann  dasi  t 
in  der  pseudodemostheniscben  rede  wider  Neaira  (nach  348)  iibMiiii** 


*  La.   Diog.   VI   16   im  vcrEcichnis  der  Schriften  des 
TTcpl   Tiliv  biKOTpdqpuiv.    IcoTpaqpf)  ^  Auciac  Kol  'lcoKpdn|c    «pAc 
McoKpdTOuc  djüidpTupov.    b.  das  eenanere  bei  Uaener  s.  144,  TfLllli 
und   unten   anm.  11.  18.  24.  ^  cpist.  crit.  ad  GHennanDnai  (LeWf 

1841)  8.  128  f.  or.  Att.  II  s.  166.  •  denn  einerseiU  kehrte  jaLvski 
411  von  Thurioi  nach  Athen  zurück,  anderseits  sind  der  Ton  deadfSMff 
getütete  PolemarchoB  nnd  Sophokles  und  Enripides  noeh  asi 
257  K  268«. 


FSuBemihl:  die  abfkMQngueit  des  PLuftonifoheii  Fhudroi.      709 

weg  §  21  als  'Lysias  der  sopbist*  bezeichnet  wird?  und  wie  lange 
die  frühere  art  von  redneriscber  nnd  rbetoriscber  thfttigkeit  eines 
mannes  damals  im  andenken  der  zeit*  nnd  Tolksgenoseen  haften  blieb 
und  sieb  mit  dem  bilde  der  spätem  Temiisohte,  sieht  man  deutlich 
am  beispiel  des  Isokrates,  der  noch  in  seinen  spftten  jähren  den  ruf 
des  sachwaltredners^  und  die  fortgesetzten  anfeindungen  wegen 
dieser  tbätigkeit  nicht  los  werden  kann,  so  gern  er  auch  möchte,  und 
so  lange  er  sich  aacb  gSnzlich  von  ihr  abgewandt  bat'  Lysias  aber 
hat  sieb  im  gegenteil,  so  viel  wir  wissen,  auch  spftter  seiner  frOhem 
epideiktiscben  scbriftstellerei  niemals  geschämt,  wenn  er  auch  nicht 
mehr  den  schwerpunct  seines  wirkens  in  ihr  fand;  gewissermaszen 
wissen  wir  vielmehr,  dasz  er  sie  auch  spftter  noch  fortsetzte,  denn 
erst  aus  dem  j.  388  stammt  seine  olympische  rede ,  und  nicht  viel 
früher,  frühestens  392,  kann  seine  rede  für  Sokrates  wider  Polykrates 
geschrieben  sein.'  freilich  hat  es  mit  beiden  eine  etwas  andere  be« 
wandtnis,  die  echtheit  der  leichenrede  femer  wird  ja  bestritten ,  die 
des  sechsten  liebesbriefes  an  Metaneira**,  welcher,  wenn  wirklich 
von  ihm  verfaszt,  nach  jenen  mitteilungen  in  der  Neairarede  kaum 
früher  als  etwa  392  geschrieben  sein  kann,  zu  prüfen  haben  wir 
nicht  die  mittel,  aber  selbst  wenn  beide  unecht  sind,  spricht  doch 
schon  ihr  Vorhandensein  unter  seinem  namen  dafür,  wie  weit  das 
altertum  davon  entfernt  war  den  spätem  Lysias  lediglich  im  bilde 
des  gerichtlichen  redners  zu  erblicken,  und  wer  sagt  uns  denn  eigent- 
lich ,  wie  viele  seiner  zweifellos  echten  epideiktiscben  und  panegy- 
rischen  aufsätze  seiner  frühem,  und  wie  viele  vielmehr  erst  seiner 
spätem  Periode  angehörten? 

Aber,  so  fährt  Usener  fort,  'die  gerichtsreden  des  Lysias 
würden ,  wenn  man  einmal  sich  mit  ihrem  zweck  einverstanden  er- 
klärte, die  strengste  prüfang,  namentlich  auf  das  dritte  erfordemis 
das  Piaton  (iXr  die  redekanst  aufstellt,  die  psychologische  einsieht, 
bestanden  haben/  Piaton  hätte  also  bereits  in  den  ersten  vier  jähren 
des  vierten  jh.  eine  ^sich  selbst  richtende  Ungerechtigkeit*  mit  seiner 
kritik  begangen. 

Ja  wenn  nur  jenes  leidige  'namentlich*  nicht  wäre!  denn  in 
Wahrheit  hat  ja  Piaton  gerade  über  den  betreffenden  punct,  nemlich 
ob  nach  seiner  meinung  den  reden  des  Lysias  jene  art  von  psycho- 
logischer einsieht  oder  richtiger  von  psychologischem  tact  und  fein- 
gefübl,  wie  wir  sie  in  dessen  gerichtlichen  reden  bewundem,  fehlte 
oder  nicht,  auch  kein  Sterbenswörtchen  gesagt,   denn  selbst  wenn 


'  demzufolge  läszt  auch  Platon  Eathyd.  304**  noch  diesen  seinen 
ungenannten  durch  Kriton  als  toOtwv  Tic  Tiliv  ftcpl  ToOc  XÖTOUC  ToOc 
cic  Tä  btKQCTnpta  öctvufv  bezeichnen,  vgl.  306«  ^irofctv  aÖTöv  qsoci  ircpl 
Toö  irpdT^aToc  .  .  Kai  bcivöv  etvai  xal  öctvouc  Xötouc  cuvnO^at. 
"  Isokr.  1.^,  31-42.  Aphareas,  Aristoteles  (fr.  184}  and  Kephisodoros 
bei  Dionvsios  üb.  Isokr.  18.  vgl.  darüber  Usener  selbst  s.  140  145. 
*  Sauppe'  er.  Att.  II  s.  208  f.  222.  Blass  ao.  I  s.  841  f.  428  f.  II  s.  225  f. 
337.         «>  Hlass  ao.  I  s.  343.  346  f.  864  f.  416.   8aoppe  ao.  s.  210. 


710      FSusemihl:  die  abfassungszeit  des  Platonischen  FbaSAam» 

269  ^  die  Icsart  Auciac  die  richtige  und  nicht  vielmehr  mit  Tidoc  n 
vertauschen  ist,  immer  ist  dort  nur  von  theorie  der  rliet<mk,  ikhl 
von  den  probestOckon  der  beredsamkeit  selbst  die  rede,  waa  abgr 
sehen  von  häufigen  Wiederholungen,  die  auf  mangelhaftigkeit  dv 
ortindung  und  der  anordnung  zugleich  hinweisen ,  Platon  auf  grni 
des  ausgewählten  probestückes  dem  Lysias  vorwirft,  iat  vielmdr: 
völlig  unphilosophischer  standpunet  und  eben  damit  niedrigkeit  dm 
gesinnung,  der  Icbens-  und  Weltanschauung,  mangel  an  itialekiik 
und  in  folge  davon  auch  an  Ordnung  der  gedanken,  an  regel-  oai 
folgerechter,  klarer  und  zwingender  disposition,  und  eben  ditt 
letztere  ist  stets  auch  in  seinen  gerichtlichen  reden  mehr  oäm 
weniger  die  schwache  seite  des  Lysias  geblieben,  wie  es  selbst  NB 
begeisterter  Verehrer  Dionysios  von  Halikamass"  zuzugeben  ödk 
genötigt  sieht,  wesentlich  auf  grund  dieser  kritik  entwickelt  dsH 
Platon  positiv  die  übrigen  erfordemisse  der  gedankenmitteQsm 
durch  wort  und  schrift  auszer  jenem  dritten  und  fElgt  endlich,  wii 
es  ja  die  natur  der  sacho  verlangt ,  unabhängig  hienron  anch  da 
letztere  ihnen  hinzu. 

Und  sollte  doch  noch  in  diesem  seinem  verfahren  für  die  itttm 
396  etwas  von  Ungerechtigkeit  zurückbleiben,  so  wird  dieaelbs  sock 
für  402  wol  verringert,  aber  keineswegs  aufgehoben,  denn  sock 
402  bereits  lag  fQr  die  kurze  zeit  von  403  ab ,  seit  welcher  Lyon 
sich  überhaupt  mit  praktischen  reden  abgegeben  hatte,  einencM 
stattliche  zahl  solcher  reden  und  zwar  ohne  sweifel  wenigstens  wm 
teil  von  später  unübertroffener  gute  vor,  wie  die  34e,  12e  und  nit 
leicht  auch  schon  die  21e,  von  den  verlorenen  die  in  jener 
eignen  Sache  für  Thrasybulos  wider  Archinos ,  die  fttr  Nikias 
Euthynos.  *' 

Aber,  sagt  Usener,  Platon  versetzt  uns  mitten  in  die  seit  va 
Lysias  krisis.   der  Vorwurf  einer  schriftstellerei,  die  ihn  in  dengt* 
ruch  eines  Sophisten  bringen  muste,  war  ihm  eben  von  AreUnossi 
nachdrücklich  gemacht  worden,  dasz  hauptsächlich  dies  ihm  dsn^ 
werb  des  bürgerrechts  vereitelte,   das  mochte  und  muste  ihm  wA 
rhetorik  und  epideixis  verleiden.   Sokrates  traut  ihm  zwar  ein  sk* 
gehärteteres  trommelfeli  zu,  aber  Platon  deute  damit  nur 
die  zu  erwartende  Wandlung  auch  noch  andere,  tiefer  liegende 
habe ,  nemlich  weil  er  sich ,  wie  wir  aus  Aristoteles " 
concurrenz  des  Theodoros  als  Ichrer  der  rhetorik  nicht 
fühlte. 

In  der  that  mag  der  umwandlungsprocess  des  Lysias  hiermit 
sich  annähernd  richtig  beschrieben  sein,  aber  in  der 
stelle  Piatons  257*"  ff.  steht  von  allen  diesen  dingen  fast  gar 
vor  allem  kein  wort  von  einem  Übergang  aus  der  epideiktisdHa 

11  über  LjBias   16.    vgl.  Blasf  ao.  I  •.  876  f.  894.  u  ^  ^^ 

Usener  d.  142  f.    diese  jahrb.  1878  s.  146  ff.    Saapp«   ao.  s.  ISL  VtU  .. 
199.    Blasd  ao.  I  8.  441  ff.  494  ff.  639  ff.  662.  ^*  fr.  181  bei  Gla   | 

BrntuB  §  48. 


FSmemihl;  die  •bfimongweit  dm  PliioiiMclwn  FImiAnm.     711 

schrifistellerei  zur  gerichüichen,  wol  aber  etwis  gmi  «nderes.  em 
Staatsmann,  sagt  Fbaidros«  habe  dem  Ljsias  jQiigit  in  «ner  gegen 
denselben  gehaltenen  schmährede  eben  dies  (toCt*  aÖTÖ)  um  ^onnat 
gemacht,  dh.,  so  erklärt  üsener  zunächst  ganz  richtig,  'die  epideik- 
tische  thätigkeit ,  von  der  allein  die  rede  ist^  aDein  die  folgenden 
Worte  zeigen  dasz  dabei  die  sache  nicht  stehen  bleibt,  sondern  sofort 
eine  Verallgemeinerung  eintritt.'^  denn  diese  worte  lauten,  jener 
Staatsmann  (Archinos)  habe  den  Ljsias  dnroh  dieqe  gante  sdunäb* 
rede  hindurch  redenschreiber  (XoTOTP^Mpoc)  genannt,  was  dann  her* 
nach  dadurch  erläutert  wird,  die  Staatsmänner  scheuten  sich  reden 
au  schreiben  und  Schriften  zu  hinterlassen,  nm  nicht  hierdnroh  bei 
der  nachweit  in  den  ruf  von  Sophisten  zu  kommen,  und  so  Tsrmuiet 


1*  ich  bin  genötifi^t  die  ganze  stelle  hierher  sa  setzen,  da  in  ihrer 
deutangr  der  eigentliche  kernpanct  von  Usenets  beweisf&hnmf  und 
meiner  Widerlegung  lieirt:  O.  .  .  t6v  XÖTOV  cou  irdXat  eau|idcac  Cxw, 
öcqj  KoXXiw  ToO  irpoT^pou  dirciptdcui*  iDctc  öicvift  iifj  |iot  6  Audoc 
Toirctvöc  qKxvQ.  iäv  dpa  koI  iOcXficn  trpöc  a(^6v  dXXov  dvrtirapaT^lvo. 
kqI  ydp  TIC  auTöv,  ui  eau^dac,  cvorxoc  rd^v  iroXiTiKdiv  toOt'  oöt6 
Xotöopuiv  divcibilc,  kqI  bi&  irdcr)C  tf(c  XotöopCoc  iicdXct  XoTOTpdqwv* 
Tdx '  oOv  dv  öit6  q>tXoTt^(ac  ^iricxoi  ftfdv  Av  ToO  Tpdspciv.  —  C  fcXcIdv 
f 't  Ob  vcavia,  t6  öötmu  X^ctc,  xal  toO  Irafpou  cvxvöv  MoMOirrdviic,  cl 
oOtöv  oOtuic  f)T€t  Ttvd  woipoöcA.  Tcuic  bk  koI  töv  Xottepoö|icvov  aOr^^ 
oTci  vo^i^ovra  Xif^w  h  eXctcv.  —  0.  iooivcTO  ydp,  d»  Ci^KpoTCc*  xal 
cOvotcOd  1T0U  Kai  uOtöc  &n  ol  lA^itcrov  ouvdiicvoi  tc  ical  cciA^^crrot  Iv 
Täte  iröXcciv  aicxuvovTat  Xötouc  tc  Tpdqpctv  xal  KoraXciirciv  cuTTPd|A- 
fiOTa  ^auTuiv,  66Eav  a>oßoOM€vot  toO  Ctrcira  xP^vou,  pLi\  co<ptCTal  xa- 
XdivTQt.  —  C.  tXukuc  dTKiiiv,  (b  <t>at6p€,  X^r^e^  c€  &n  dtrd  toO  fiaxpoO 
(iriKpoOV)  dTKUivoc  toO  xard  NctXov  iicX/|er|*  xal  irp6c  ti^  dTxdivt  Xav- 
6dv€i  c€,  ÖTt  ol  M^T^c^ov  q>povoOvTec  Tdkv  iroXmxdiv  ^dXlCTa  iptBci 
XoTOTpaq){ac  t€  xal  KaTaXclHicuic  cuTTpufiMdTUiv,  oT  t<  xal  iicctödv  Ttva 
Tpdq)U)ct  XÖTOV,  oüruic  dTandici  toOc  ^iratv^Tac,  dicrc  irpociraparpdqiouci 
irpiüTouc,  o\  dv  ^KacTQxoü  ^iraivdkciv  aüroöc.  —  0.  ird>c  X^ycic  toOto; 
oO  Tdp  ^avOdvu).  —  C.  oO  ^avOdveic  öti  ky  dpx4  dv6p6c  iroXtTucoO  cur- 
Tpd^fiQTi  TTpuiToc  6  inaiyiTr\c  T^puwrui;  —  <^.  irdrc;  —  C  GioH  iroö 
<pr\ci  T^  ßouXi^  f\  T(|i  b/|M4i  f^  dM<poT^potc,  xal  de  ctirc,  t6v  a(rr6v  M| 
X^T^v  ^dXa  ccjüivuic  xal  ^TxuiMid^wv  ö  cuTTpaqKÜc,  CirciTa  X^fCi  bi\  ^CTd 
toOto,  dnib€iKvufi€voc  Tolc  ^iraiv^Tatc  Tf)v  touToO  co<p(av,  ivioTC  trdvu 
MOKpöv  noincdfi€voc  cunpuMMU'  A  coi  dXXo  Ti  <pa(v€Tai  t6  toioOtov  It 
XÖToc  cirprcTpaMM^voc ;  —  O.  oöx  CfiotTC.  —  C  oöxoOv  idv  m^v  oOtoc 
^^^^V1],  Y^Tn^ujc  dn^pX€Tai  Ik  toO  dcdTpou  ö  irotr)Tf|C'  iäv  bi  UaXupQ 
Kol  diioipoc  Y^vT^'^at  XoTOTpaq>{ac  t€  xal  toO  dEtoc  ctvat  cuTTpd<P€iv, 
ircved  aöTöc  tc  kuI  ol  ^Tulpot.  —  O.  xal  iidXa.  —  C.  bf^öv  t€  öti  oöx 
üfc  OTi€p(ppovoövT€c  ToO  ^inTT)bcOMaToc,  dXX*  die  TceauMaxdrcc.  —  0. 
iidvTu  M^v  ouv.  ~  C.  t{  b4,  öTuv  ixavdc  T^virrai  ^n^uip  f>  BactXcOc, 
uicTC  Xaßtüv  Tfjv  AuKoupxou  f\  CöXuivoc  Ij  Aapciou  öi^va^iiv  dedvoroc 
TCv^cOat  XoTOTpdqi>oc  ^v  rröXct,  dp'  oöx  tcdecov  i^ttlTai  aÖTÖc  tc  uötöv 
Itx  l\jjy,  xal  ol  ^iTciTa  t^tvömcvoi  laÖTd  toOtu  «cpl  aöroO  vo^CjOUCi, 
Octl^Mcvoi  aöToO  Td  cuTTpdfifiaTa ;  —  0.  xal  fidXa.  —  C.  oTct  Ttva  oOv 
TUfv  ToiouTuuv,  ÖCTic  xqI  öituictioOv  bOcvouc  Auc^,  övcihCCciv  aÖTö  toOto 
ÖTt  ciiT-fpd<p€i ;  —  0.  oöxoOv  clxöc  T€  H  dhf  cö  X^ctc*  xal  fdp  dv  tQ 
iauToü  ^TTi6ufii<]i,  \bc  ^otxcv,  övciöQIot.  —  C.  toOto  \iiy  dpa  iravrl  öftXov, 
ÖTi  oOx  alcxpöv  atjTö  y€  tö  Tpd<pciv  Xötouc.  —  0.  tC  Tdp;  —  C  dXX| 
^K€ivo  ol^Qi  alcxpöv  fibf\,  TÖ  \ii\  xaXdK  X^iv  tc  xol  ypäxp€\y,  dXX* 
aicxpdfc  TC  xal  xaxuic  asw. 


712      FSusemihl:  die  abfossungszeit  des  Platonisciien  Phaidrot. 

denn  Pbaldros,  Lysias  möge  wol  in  folge  jenes  angriflfs  nicht  etm 

blosz  die  epideiktiscbe  scbriftstellerei  aufgeben,  sondern,  was  allea 

diesem  zusammenbnnge  logisch  entspricht,  überhaupt  anfhSrea 

zu  schreiben  (diricxoi  f)Mtv  &v  ToO  TPoi<p€iv}.    ach  was!  erwidert 

Sokratcs,  so  empfindlich  ist  Lysias  nicht  und  hat  auch  gegenllbcr 

solchem  Vorwurf  von  solcher  seite  her  keine  Ursache  dazu:  denn  ii 

Wahrheit  ist  sein  tadler  ebenso  gut  redenschreiber  wie  er  selbig 

und  es  kann  diesem  tadler  gar  kein  ernst  mit  seinem  tadel  gew 

sein,  auch  alle  andern  erheblichen  Staatsmänner  sind  vielmehr 

redenschreiber  und  Schriftsteller:  denn  jeder  ihrer  siegreichen  anti^i 

auf  ein  gesetz  oder  einen  volksbescblusz  ist  ebenso  gut  eine  radi 

(XÖTOc)  oder  ein  Schriftstück,  wie  es  die  Schreibereien  des  LysiM 

sind.    Lysias  hatte  vor  dem  angriff  des  Archinos  nur  oder  doch  ftit 

nur  epideiktiscbe  reden  geschrieben,  diese  machte  ihm  nun  ArchiiiM 

zum  Vorwurf,  aber  nach  Piatons  darstellung,  mag  dieselbe  niuige^ 

schichtlich  sein  oder  nicht '^  nicht  so  sehr  weil  es  epideik* 

tische,  sondern  weil  es  überhaupt  schriftlich  herauf* 

gegebene  reden  waren,  indem  er  den  beruf  des  litters- 

ten,  des  Schriftstellers,  des  federfuchsers  überhaupt 

als  verächtlich  zeichnete,    und  hiermit  fftllt  denn  das  guM 

gebSude  Useners  über  den  häufen,  ja  es  ist  in  Wahrheit,  als  ob  mit 

diesen  Suszerungen  Plalon  einwürfe  wie  die  von  Usener  und  schoi 

früher  von  andern  gemachten  vorausgeschaut  hätte  und  ihnen  vorwq| 

die  spitze  abbräche,  indem  er  erklärt:  die  Unterscheidung  politiselNr, 

gerichtlicher,  epideiktischer ,  panegyrischer,  historischer  und  iUbt 

sonstiger  reden,   aufsätze  und  Schriftstücke  ist  ftlr  meinen  sttai- 

punct  der  beurteilung  vollständig  gleichgültig;  ich  verstehe  unter 

XÖTOC  jede  art  von  mündlicher  und  schriftlicher  gedankenftusseni^ 

und  für  diese  ganz  allgemein  entwickle  ich  hier  die  gemeintaMi 

regeln,  es  ist  daher  für  mich  auch  von  keinerlei  bcdeutung,  ohLjiMi 

inzwischen  aus  einem  epideiktischen  redner  zu  einem  gerichtlidia 

zu  werden  anfängt  oder  auch  längst  geworden  ist;  ich  behalte  mir 

vielmehr  das  recht  und  die  freiheit  vor,  auf  eine  kritik  deijemgv 

seiner  reden,  welche  allein  zu  diesem  zwecke  geeignet  ist^  die  thcoiit 

zu  erbauen ,  welche  ich  hier  in  diesem  dialog  darlegen  wilL  **  f{^ 

s.  261. 


'^  und  80  ganz  uußcschicbtlicli  kann  sie  doch  wol  nicht  eeia, 
anders  wirklich  Archinos  'durch  seine  ganze  rede  hindurch  den  ] 
XoYOTpd<poc  nannte\    denn  wo  in  aller  weit  hätte  dies  wort  jemals 
specitischen  sinn  des  epideiktischen  proseschriftstallers?    ändert 
ist  ja  nicht  zu  leugnen,  dasz  auf  diesen  allerdings  des  iin6ciKvd|iCWC 
usw.  258*  hinweist.  ^^  ist  der  mensch  einmal  in  einen  bestiaMiM 

gedankengang  gerathen,  dann  steht  er  auch  unausbleiblich  oater 
banne  desselben,  so  musz  sogar  das  unschuldige  ^jfingst*  (CvoyxK)« 
welchem  die  rede  des  Archinos  eingeführt  wird,  bei  Useoer  n  tii 
beweise  für  die  von  ihm  anfrenommene  abfastangsaeit  dee  PhaMies 
herhalten,  'der  dialog*  so  schreibt  er  'bezeichnet  eine  geriehteveihani- 
lung  des  herbstes  403  als  ereignis  der  jüngsten  veri^aDgeahei^  dieit 
relative  Zeitangabe  ist  nicht  sowol  von  einer  fingierten  Bcenerit  ab  m 


i 


l^Sasemihl:  die  abfaisaiigtieit  des  Platcmifchta  Fhaidns.     713 

Und  sieht  es  denn  nicht  bei  üseners  darstellimg  genau  so  aas, 
als  habe  Piaton ,  da  er  merkte,  Lysias  werde  wol  bald  der  epideikti- 
sehen  scbriftstellerei  auf  immer  den  abschied  geben  und  er  selbst 
dann  mit  seiner  kritik  derselben  zu  spftt  kommen,  recht  rasch  seine 
zeit  benutzt,  um  ihm  noch  seinen  hieb  versetzen  zu  kOnnen?  wo 
bleibt  da  die  ^gerechtigkeit*  ? 

Gleich  viel  also  ob  gerecht  oder  ungerecht,  Piaton  konnte  nun 
einmal,  was  niemand  bestreiten  wird,  f&r  seinen  Phaidrosin  der 
tbat  nur  diese  rede  des  Lysias  gebrauchen  und  muste  sie  daher  auch 
gebrauchen  oder  aber  diesen  dialog  in  dieser  gestalt  ungesdirieben 
lassen,  und  ich  denke,  man  wird  sich  nach  dem  Yorstehenden  doch 
ein  wenig  besinnen  von  neuem  zu  behaupten,  er  habe  um  896  gar 
nicht  mehr  auf  den  gedanken  an  einen  solchen  Bchriftstelleriechen 
plan  verfallen  oder,  wenn  ja,  ihn  doch  nicht  ausftthren  kOnnen  aua 
furcht  vor  dem  Vorwurf  der  Ungerechtigkeit,  geaetst  yielmehr,  er 
habe  diesen  dialog  wirklich  erst  um  396  geschrieben,  so  haben  wir 
alle  Ursache  ihm  zu  danken,  dasz  er  diesen  Vorwurf  nicht  gescheut, 
sondern  lieber  sein  werk  der  nachweit  überliefert  hat. 

Wäre  aber  ein  solcher  hypothetischer  tadel  der  Ungerechtigkeit 
für  jenen  Zeitraum  auch  noch  ungleich  berechtigter  als  er  ist,  so 
steht  demselben  für  402  ein  anderer  gegenüber,  neulich  der  einer 
vordringlichen  Unschicklichkeit,  oder  hfttte  man*^  etwa  nicht  mit 
recht  eine  solche  darin  gefunden,  wenn  ein  junger  mann  von  25 
jähren,  der  bisher  noch  nichts  geleistet  hat,  in  seinem  erstlingswerke 
dem  läokrates,  einem  andern,  allerdings  um  neun  jähre  iltem,  der. 
aber  auch  noch  nichts  weiter  geleistet  hat  als  die  rede  gegen  Euthynos 
oder  den  sog.  Amartyros  *^  und  höchstens  vielleicht  noch,  wie  üsener 
selbst  sagt.,  eine  oder  zwei  andere  sachwaltreden,  ein  derartiges  litte- 
rarisebcä  empfehlungsscbreiben  ausstellt,  wie  wir  es  am  Schlüsse  des 
Phaidros  lesen? 


der  Ahfassungszeit  des  dialogs  abh&ngig.'  wer  die  stelle  ohne  Vorein- 
genommenheit liest,  wird  sich  vielmehr  folgendes  sagen  müssen,  da 
der  dinlog  keine  andern  Anachronismen  enthält,  so  ist  dies  das  jüngste 
datnm  in  demselben,  das  gentigt  schon,  am  jene  beteiohnong  sa  recht- 
fertigen, man  vorgleiche  nar  bei  andern  anachronismen  Platons  das 
völlig  synonyme  vOv  vcwcTi  Menon  90*  (s.  anm.  67)  and  das  wenigstens 
ähnliche  n^puci  Prot.  327'.  Oorg.  478*,  ans  welchem  doch  niemand 
KchlicAzcn  wird,  der  Protagoras  sei  nicht  allsa  lange  nach  der  aaf- 
fiihrnnf:  der  'Wilden^  des  Pherekrates  and  der  Gorgias  nicht  allsa 
lange  nach  der  rathsmitgliedschafi  des  Sokrates  entstanden,  aber  im 
Phaidros  ist  jene  bezeichnang  überdies  aach  durch  den  sasammenhang 
geboten,  denn  die  Vermutung  des  Phaidros,  Lysias  werde  rlelleicht 
bald  (ranz  zu  schreiben  aufhören,  hat  doch  nnr  dann  einen  sinn,  wenn 
er  sie  ausdrücklich  an  einen  erst  jüngst  erfolgten  angriff  anknüpft,  es 
ist  daher  vülii;;'  unnütz  nach  einer  noch  tiefer  Hegenden  erklftrnng  SQ 
suchen,  und  bedürfte  es  einer  solchen,  so  könnte  es  wenigstens  nach 
der  dargelegten  richtigen  auf  fassang  der  stelle  die  von  Usener  gegebene 
nicht  sein. 

17  8.  KFHermann  Plat.  phil.  s.  882.     Ueberweg  seitfolge  der  Fiat 
Schriften  s.  265.        <**  vgl.  anm.  4.  12.  24. 


714      FSusemihl:  die  abfassungsseit  des  Platonificlieii  FluüdroAi 

Aber  die  sache  kommt  noch  schlimmer,  wenn  wir  aaf  &  bi- 
handlang  des  Sokrates  sehen,  bekanntlich  haben  BScfaOne**  ud 
Grote^  mit  scharfsinniger  begrfindung  darzuthun  gesucht,  dui  bs 
lebzeiten  des  Sokrates  die  entstehung  einer  litteratar  SokratiMh« 
dialoge  überhaupt  noch  ein  ding  der  Unmöglichkeit  geweaen  an,  oai 
der  stimmfähigste  unter  sämtlichen  lebenden  beurteilen!  derartig« 
fragen ''  hat  dieser  ausführung  mit  allem  fug  zwar  nicht  eine  n^bt- 
dingte,  aber  doch  einen  hohen  grad  von  bedingter  berechtiguag  a- 
erkannt.  jedenfalls  ist  es  nicht  wahrscheinlich,  dasz  schon  danak 
dem  Sokrates  in  einem  solchen  dialog  andere  dinge  nntezgdigl 
werden  durften  als  solche  die  er  von  seinem  standpunct  aus  woa^ 
stens  noch  allenfalls  hätte  sagen  können."  xu  diesen  gehOrt  ab« 
die  Platonische  ideenlehre  nicht  ^  und  dennoch  ist  sie  im  Phaidna 
enthalten,  noch  mehr,  in  den  anfangen  dieses  dialogs  wird  iwardk 
Verwerfung  aller  naturphilosophie  seitens  des  historischen  Soknte 
bis  zu  einem  gewissen  grade  äuszerlich  festgehalten,  227  'ff.  230' 
(vgl.  230^);  aber  269*^  ff.  macht  sie  der  selbstcorreotnr  plati,  im 
alle  wahrhaft  groszen  bestrebungen  doch  etwas  bedürfen  von  jcbbb 
spitzfindigen  und  hocbfliegenden  geschwätz  Aber  die  natnr  usw." 
ist  diese  berichtigung  wirklich  eine  kritik  des  noch  lebendes 
lehrers ,  so  gewinnt  sie  sicherlich  nicht  an  pietftt  durch  eine  fom 
welche  vollends  ihm  selbst  dieselbe  unterschiebt,  und  es  will  vA 
dies  recht  wenig  in  eine  zeit  schicken,  die,  wie  die  jakre  403  ml 
402,  bereits  an  der  schwelle  einer  andern  steht,  in  welcher  es  nai 
unverbrüchlichen  anstandsgesetz  in  der  attischen  prosa  wird,  jsli 
litterarische  polemik  gegen  eine  noch  lebende  person  mit  nenasm 
von  deren  namen  zu  vermeiden,  und  noch  ein  fthnlicher  pnnet  iit 
übrig,  die  selbstironie  mit  welcher  Sokrates  242^  ff.  sein  daimoMi 
behandelt  mochte  Sokrates  noch  so  gut  spasz  verstehen,  ii 
fragt  sich,  ob,  so  lange  er  lebte,  Piaton  es  für  schicklich 
konnte  ihm  dergleichen  anzudichten. 

Von  allen  gründen  Useners  für  die  Veröffentlichung  des  Pkaidni 
im  j.  402  ist  der  folgende  für  mich  der  erheblichste,  da  die  polwiit 
des  Antisthenes  wider  Isokrates  und  zugleich  Piaton  an  den  Pkaidm 
des  letztern  und  an  die  sachwaltreden,  welche  ersterer  und  Lysias  is 
dem  processe  zwischen  Nikias  und  £uthyno8  403  den  beiden 


*"  über  PlatoDS  Protagoras   (Leipzig   186S}   f.  73.  *•  PUi»  I* 

8.  196  ff.  »  Zeller  ao.  b.  450  ff.  «  ein  teil  der  diakige  de«  fllinfchr 
war,  wie  die  sage  geht,  noch  vor  oder  doch  in  Megara  bald  aaeh  dm 
tode  des  Sokrates  geschrieben,  aber  man  bemerkte  aacb,  wietrsasris 
denselben  den  meister  copiert  habe:  La.  Dio|r.  II  60.  6S  fticpdXXtie  I' 
ö  Aicxivnc  KQl  fidXtce'  Oirö  Mcvcbi^iiiou  toO  *€p€Tpi{uic,  «bc  Tote  idüt 
CTouc  biaXÖTouc  Övrac  CwKodTouc  (iiroßdXAoiTO,  Xa^^dvulv  irapA  aavti» 
irnc  .  .  TouTou  ToOc  biaXoTouc  xal  *Ap(cniTiroc  öviOirrcucv.  tr  T>^ 
Merdpoic  dvQTivuicKovToc  aÖToO  q>acl  CKuiHiat  ciicövra *  «Mcvooi»  JkgmC 
TQÜTa;  "  irdcai  öcax  |i€TdXai  tüüv  Tcxvdiv,  «pocb^iym  dftoAiQ^ 
Kai  MCTCwpoXoTiac  <puc€wc  ii^pi  usw.   vgl.  Suiemihl  Plai.  phU.  I  a  Sit  t 


FSoBemihl:  die  abfiMumgiMit  doi  Plaintiwfhen  Fhaidrat»     716 

gegenstehenden  parteien  geliefert  httUen*^,  anknOpfte,  lo  sei  et  un- 
denkbar dasz  diese  kritik,  und  folglich  aach  daai  der  Phaidros  enrt 
jähre  lang  nach  jenem  process  zn  tage  getreteii  aei.  ganz  richtig, 
aber  doch  nur,  wenn  hierbei  nicht  beaondere  nmatlnde  mit  iiia  apM 
kommen,  welche  die  sache  dennoch  fftr  dieten  fall  nicht  bloai  denkbari 
aondern  sogar  wahrscheinlich  machen,  nnn  iat  es  mir  aber  wiederum 
wenig  glaublich ,  dasz  ein  so  gereiiter  litterariacher  swist  im  kreiia 
der  Schüler  des  Sokrates  schon  bei  dessen  lebseiten  mflglioh  war*, 
anmal  da  sie  doch  sogar  unmittelbar  nach  dessen  tode  nodh  eine  leit 
lang  das  gewohnte  zusammenleben  in  Megara  fortaetiten.  dasz  frri- 
lieh  auch  Antisthenes  sich  unter  denen  wdche  es  thaten  mit  befnn* 
den  habe,  können  wir  nicht  beweisen:  sollen  wir  ansdrflokliöh  ein- 
zelne namen  nennen,  so  werden  uns  Yon  unsem  quellen  als  aolcha 
nur  Piaton ;  Aristippos  und  Aiachinea  geliefert**  aber  glflcklichar* 
weise  gibt  uns  Usener  selbst  Yon  einer  andern  aeite  her  die  waffen 
gegen  ihn  in  die  band,  man  kann  im  einzelnen  über  seinen  indieien- 
beweis  rechten,  im  ganzen  hat  «r  es  zur  allergrOsten  wahrscheinlich- 
keit  erhoben,  dasz  die  angriffe  des  Antisthenea  dem  Isokratea  das 
ihm  ohnehin  nur  durch  die  not  aufgedrungene  geschift  des  sachwalta 
vollstttndig  yerleideten.  aber  wie  TertrSgt  sich  dies  damit,  wenn 
diese  angriffe  vielmehr  gleich  naeh  dem  aikfang  jener  thfttigkeit  dea 
Isokrates  begannen,  so  dasz  er  sie  also  vielmehr  runde  aehn  Jahne 
«rtrug?  reime  sich  beides  ein  anderer  zusammen,  ich  vermag  ea 
nicht,  denken  wir  uns  dagegen,  dasz  der  Phaidros  mit  seiner  gegen- 
überstellung  des  Lysias  und  Isokrates  erst  um  396  erschien,  so  wird 
alles  liebt  und  klar:  es  wird  dann,  wenn  man  mit  üsener  selbst  an- 
nimt,  dasz  den  Antisthenes  der  Widerspruch  gegen  eben  diese  ab- 
Schätzung  des  Piaton  zu  dem  angriff  auf  Isokrates  bewog,  vollständig 
begreiflich,  dasz  er  erst  jetzt  den  feldzug  wider  den  letztern  eröffnete 
und,  um  eine  entgegengesetzte  gegenOberstellung  beider  redner  zu 
gewinnen,  zu  eben  jenem  sieben  jähre  altem  process  zurflckgriff ,  in 
welchem  sich  die  reden  beider  gegenflbergestanden  hatten,  und  dann 
hierauf  noch  eine  zweite  und  vielleicht  noch  eine  dritte  Streitschrift 
folgen  liesz,  so  dasz  Isokrates  nach  verlauf  von  nicht  mehr  als 
drei  jähren  das  feld  räumte,  und  dasz  der  letztere  dann  in  der 
sopbistonrede  den  Phaidros  so  berücksichtigte,  wie  er  ea  gethan  hat, 
war  gewis  auch  viel  natürlicher,  wenn  dieser  dialog  erst  fünf,  als 
wenn  er  ganze  elf  jähre  früher  erschienen  war. 

Wie  Piaton  zur  ideenlehre  kam,  wissen  wir  durch  Aristoteles*', 


**  vgl.  Sauppe  ao.  s.  187.  J99.  Blats  ao.  II  •.  801  und  oben  anm. 
4.  12.  18.  *^  am  wenigsten,  wenn  der  angriff  sieh  sugleicb  gegen 
PlatoD  richtete,  denn  dasi  allerdings  Isokrates,  obgleich  fchttler  des 
Sokrates,  doch  nicht  so  dessen  engerm  ond  elgentliehem  freundeskreise 
gehörte,  scheint  daraus  henrorsogeben,  dass  er  in  Piatons  Phaidoa 
69''  ff.  weder  anter  den  beim  tode  des  meistert  anwesenden  noch  ab- 
wesenden jungem  genannt  wird.  **  La.  Diog.  II  68  (s.  anm.  88). 
Hermodoros  ebd.  II  100.  III  6.        "  met.  I  6,  967«  89  ff. 


716      FSusemihl:  die  abfaesuugszeit  des  Platoniachen  PfaaidnM. 

obschon  ich  nicht  daran  zweifle,  dasz  es  in  unsern  heutigen  lettn 

nicht  an  überklugen  leutcn  fehlen  wird,  die  es  anders  und  beucr  n 

verstehen  meinen,     leider  sagt  uns  Aristoteles   nicht,    ob  dieis 

geistige  entwicklungsprocess  schon  vor  dem  tode  des  Sokrates  fertig 

war  oder  nicht,    mir  ist  stets  als  die  wahrscheinlichste  erglnzuBg 

dieses  mangels  das  einleitungsgespräch   des  Theaitetos    zwiichai 

Eukleides  und  Terpsion  erschienen ,  jene  feine  form  einer  dedicstioi 

an  die  megarischen  freunde ,  wie  man  es  mit  recht  genannt  bat* 

fragt  man  nemlich  nach  dem  innern  Verhältnis  desselben  xu  dem  ii- 

halt  dieses  dialogs,  also  zur  erkenntnislehre,  so  konnte  Platoa  ftr 

diese  von  den  Megarikern  nichts  lernen  und  weniger  als  nichts,  dil 

beziehuDg  musz  also  nicht  in  dem  liegen ,  was  der  dialog  aosdrflck- 

lich  ausfuhrt,  sondern  in  dem  was  für  Piaton  die  unmittelbare  cob- 

sequenz  aus  demselben  ist.    das  aber  ist  die  ideenlehre.    denn  du 

ergebnis  des  Theaitetos  ist,  dasz  im  gebiete  des  empirischen  bewml- 

seins  und  seiner  objecto,  mag  man  noch  so  tief  in  die  tiefsten  scbaM 

dieses  gebiets  hinabsteigen  oder  noch  so  hoch  auf  seine  hÖcbiUa 

höhen  klimmen ,  nirgends  wirkliche  crkenntnis  zu  finden  ist,  sad 

daraus  folgt  ja  für  Piaton  unmittelbar,  wenn  es  überhaupt  erkenntr 

nis  geben  soll,  dasz  es  auch  ttberempirische  objecto  fUr  dieselbe  gtUm 

musz,  das  aber  sind  eben  die  ideen.  nun  werden  aber  die  'ideenfireuatf 

im  Sophistes  2A2  ^  ff.  so  lange  für  die  Megariker  angesehen  werte 

müssen,  bis  es  gelungen  ist  den  neuesten,  erschöpfend  nach  slha 

Seiten  das  betreffende  material  in  betracht  ziehenden  beweis  Zellen* 

hierfür  zu  entkrUften,  was  nach  dem  sachkundigen  urteil  Ycn  Boniti" 

gerade  keine  leichte  aufgäbe  sein  wird,     steht  die  sache   aber  iOb 

dann  wird  man  sich  meines  erachtens  auch  des  gedankens  kaum  «^ 

wehren  können,  dasz  die  ideenlehre,  wenn  auch  gewis  schon  lasgi 

in  Piatons  geiste  gährend ,  doch  zu  ihrer  wirklichen  ausgebnzt  enA 

bald  nach  des  Sokrates  tode  in  Megara  gelangte  in  folge  des  M- 

regenden  geistes Verkehrs,  den  Piaton  dort  mit  Eukleides  führte^  dss 

also  beide  durch  denselben  damals  auf  diese  nemliche  conseqoeni  dw 

Sokratik  verfielen ,  und  es  begreift  sich  dann  freilich  leicht  genqgi 

dasz  Eukleides  bei  seiner  trocken  abstracten  fassung  dieser  kkit 

nicht  lange  ihr  treu  blieb,  sondern  bald  vollständig  in  den  Elestil- 

mus  zurücksank.  ^'   ist  nun  dies  alles  richtig ,  so  kann  der  Phaidrsi 

gar  nicht  vor  dem  tode  des  Sokrates  geschrieben  sein. 

Aber  der  stil !  ruft  Usener.   nun  ich  d&chte,  wenn  man 
schiedenheiten  des  stils  und  der  darstellungs weise  in  den 
denen  Schriften  Piatons,  und  dabei  vielfach  in  solchen  die 
an  einander  zu  rücken  mancherlei  Ursache  hat,  wenn  man 
derbare  fertigkeit  auch  im  copieren  fremder  stilmuster  bedenkt,  wii 

*'  lIurmaDD  ao.  8.  492.    gegen  die  bemäagelung  dieser  beseioksMI 
darch  Ueberweg  ao.  s.  235  s.  die  treffende  widerlegang  tob  NeksIlMi 
'diu   abfasiiungiizeit  des  Plat.  Theaitetos'  (Strasibnrg  1875)  8.  8t  f. 
**  ao.  s.  214  flf.  (*  8.  180  ff.).  ^  Piat.  Studien*  (Berlin  1878)  a  M 

uum.  42.        31  Zeller  ao.  s.  222  f. 


FSusemihl:  die  ab£utiiiigneit  des  Pktonitehai  FlnidnM»     717 

er  sie  im  Protagoras  und  im  Symposion  seigt,  so  sollte  man  einsebea, 
welch  ein  vergebliches  bemühen  es  ist  diesen  Pteteos  swingen  und 
binden  zu  wollen,  in  der  that,  die  Schreibweise  des  Phaidros  hat 
ihres  gleichen  nicht  in  den  andern  Platonischen  werken«  Ab«r  wer 
dies  daraus  zu  erklären  sucht,  dasz  wir  hier  die  specifische  diction 
des  jugendlichen  Piaton  vor  uns  hfttten,  der  sehe  wol  an  daas  er  uns 
nicht  mit  dieser  angeblichen  erklArung  in  ein  wirkliches  meer  roa 
dunkelheiten  hinausstosze.  denn  wo  wolhm  wir  dann  mit  den  sog. 
Sokratischen  gesprftchen,  welche  ohne  voraossetzang  der  ideenlehre 
Terständlich  sind,  dem  kleinem  Hippias,  Lysis,  Gharmidea,  Lachea, 
Protagoras,  bleiben,  welche  bisher  Yon  der  grossen  mehnahl  der 
forscher,  sowol  derer  die  denselben  den  Phudzos  noch  Toraaschicken 
als  derer  die  ihn  sp&ter  setten,  Ton  den  Tersohiedensten  standpnnolen 
ans  mit  seltener  Übereinstimmung  noch  in  die  letzten  leböugahra 
des  Sokrates  aus  in  der  that  sehr  nahe  liegenden  gründen  rerlegt 
worden  sind  ?  ^  das  ist  dann  nicht  mehr  mOglich/  weil  der  atil  hier  ein 
ganz  anderer  ist.  doch  wir  müssen  abwarten,  bis  erst  ein  greifbarer 
▼ersuch  gemacht  wird  sie  in  einer  spfttem  lebensperiode  Platons 
unterzubringen ,  bevor  sich  weiter  in  dieser  saohe  reden  lAszt.  ge* 
länge  aber  auch  ein  solcher  versnch,  so  würden  immer  noch  ihre 
Seitenstücke  Apologie,  Kriton  und  vielleicfat  auch  noch  der  über  die- 
sen standpunct  hinausgehende  Euthjphron  übrig  bleiben «  die  man 
ja  in  die  nächste  zeit  nach  des  Sokrates  tode  wihrend  des  megarischen 
aufentbalts  zu  setzen  pflegt,  also  nur  vier  jähre  etwa  spftter  als  die 
geburtszeit  des  Phaidros  nach  üseners  berechnung.  dann  ist  in  der 
that  ein  wunderbar  jäher  stilistischer  umwandlungsprooess  in  diesen 
wenigen  jähren  mit  Piaton  vor  sich  gegangen  ohne  alle  Zwischen- 
glieder und  Übergangsstufen,  fast  wie  in  einem  zaubermttrchen. 

Geht  man  aber  gar  so  weit,  die  composition  des  Phaidros  zu 
bemängeln,  um  auch  hieraus  ein  kennzeichen  für  die  grosze  Jugend- 
lichkeit des  Verfassers  zu  gewinnen,  so  wäre  es  freilich  sehr  schlimm, 
wenn  derselbe  in  eben  diesem  werke,  in  welchem  er  von  einer  schrift 
verlangt,  dasz  sie  ein  lebendiger  einheitlicher  Organismus  (Zipov)  sei, 
und  der  rede  des  Lysias  den  mangel  dieser  eigenschaft  vorwirft 
(264),  dem  gleichen  tadel  unterliegen  müste.  allein  die  aufgäbe 
dieses  dialogs  läszt  sich  kurz  dahin  zusammenfassen:  er  soll  be- 
stimmen, welches  die  richtige  art  des  redens  und  Schreibens  sei  (ric 
icTxy/  n  öpGÖTTic  ToO  X^T^iv  T€  kqI  TP<3iq>€iv),  und  gerade  das  grund- 
erfordcmis  im  sinne  Platons  ist,  dasz  rede  und  schrift  ans  jener  be- 
geisterung  sprieszt,  welche  er  die  'rechte'  liebe  nennt,  dies  ist  das 
feste  und  meines  crachtens  vollkommen  genügende  einheitsband, 
welches  den  ersten  teil  von  Seiten  des  inhalts  mit  dem  zweiten  ver^ 
knüpft,  oder,  wie  Schleiermacher  es  treffend  ausdrückte:  dort  wird 

>*  daflz  Zeller  ao.  8.  461  f.  deft  Protagoras  lieber  erst  der  näehsten 
zeit  Dach  dem  tode  des  Sokrates  anweisen  will,  ist  dabei  UDweaentlioli, 
and  ebenso  wenig  kommt  es  hier  darauf  an,  ob  man  den  EnthTphron 
in  dieselbe  zeit  oder  noch  früher  oder  nmgekehrt  später  setsen  wilL 


718      FSusemihl:  die  abfassungszeit  des  Platoniichen  FhaiditM. 

der  trieb,  hier  die  methode  bebandelt,  diese  andeatung  mag  hkr 
ausreicben.  ein  näheres  eingehen  auf  die  anfechtnngen  Ui 
glaube  ich  mir  im  interesse  der  kUrze  an  dieser  stelle 
müssen,  da  ich  überzeugt  bin  dasz  der  angedentete  gedchtqwMt 
von  selbst  zu  andern  ergebnissen  führen  musz. 

Und  sollen  denn  die  scherze,  die  Piaton  selbdt  in  dieeem  diakg 
über  seine  dithyrambische  überschwenglichkeit  macht",  flir  gv 
nichts  gelten?  oder  zeigen  sie  uns  nicht  vielmehr,  dass  er  mit  toUni 
bewustsein  seinem  überströmenden  mutwillen  die  stigel  sdiiesMi 
Ittszt,  nicht  weil  er  vor  lauter  'Jugendlichkeit'  nicht  anders  kaai| 
sondern  weil  er  gar  nicht  anders  will  ?  freilich  eine  gans  besonden 
Seelenstimmung  ist  es,  der  dieser  ergusz  entquillt,  und  es  fragt  wA 
nur,, ob  wir  im  stände  sind  uns  eine  haltbare möglichkeit  für  dieselbs 
um  die  zeit  des  j.  396  zu  denken:  denn  ein  mehreres  YermOgsB  vir 
mit  den  heute  noch  zu  geböte  stehenden  mittein  nicht  sn  errsiehm. 

Eines  musz  zunächst  auch  ich  zugeben ,  wie  es  schon  Zdte* 
gethan  hat:  auch  ich  habe  es  nie  begreifen  können ,  wie 
vielfach  es  über  sich  zu  gewinnen  vermocht  hat  zwei  in  stäl« 
ception  und  composition  so  unähnliche  werke  wie  den  Phaidros  vai 
das  Symposion  unmittelbar  auf  einander  folgen  zu  lassen.  dsM 
allerdings ,  vergleicht  man  beide ,  wie  weit  liegt  da  in  der  that  dii 
überschäumende  und  übersprudelnde  jngendfülle  des  einen  und  dit 
gesättigte  künstlerische  ruhe  und  männliche  reife  des  andern 
einander!  aber  dennoch  würde  ich  dies  urteil  nicht  wagen, 
sich  nicht  in  den  liebesreden  des  Phaidros  and  im  Symposion  im 
die  bearbeitung  des  nemlichen  themas  handelte,  um  so  wonigff 
vermag  ich  mir  aber  auch  die  dritte  bearbeitung  desselben  im  Lyn 
zwischen  jenen  beiden  andern  zu  denken*^,  so  begreiflieh  mir  ia 
einer  zeit  vor  ihnen  beiden  dessen  'neckische  begriflkklitterei*  *  ist 

Trotzdem  bin  ich  ein  zu  guter  Aristoteliker,  um  nicht 
nehmen,  es  müsse  der  von  den  verschiedensten  Seiten  immer 
hervortretenden  ansieht,  der  Phaidros  sei  das  erÖflEhungsprogruna 
von  Piatons  lehrthätigkeit  in  der  Akademie,  wenigstens  etwas  walim 
zu  gründe  liegen,  und  was  das  wahre  hieran  ist,  hat  üeberwig' 
bewiesen,  den  in  dieser  hinsieht  noch  keiner  widerlegt  hat  and 
wol  keiner  widerlegen  kann,  wenn  ein  Schriftsteller  in  einer 
Schriften  ausführt,  wie  Piaton  im -letzten  abschnitt  des  Phaidrs^ 
auch  die  beste  art  von  Schriftwerken  dürfe  von  ihrem  Yerfaaasr  ia 
wesentlichen  nur  als  eine  repetition  seiner  bereits  mündlich  gi- 
äuszerten  gedanken  für  sein  eignes  vergeszliches  alter  und  fttr  seiM 
anhänger  und  gesinnungsgenossen  angesehen  werden»  so  kann  dod 
kaum  bezweifelt  werden ,  dasz  er  bereits  diese  schrift  selbst  mit  n 
jener  besten  art  rechnen  will,  er  musz  also  bei  ihrer  abfassnng 


^  235<^'».  237« h.  238««*.  241»  f?ife42«.  244«  flf.  2Ö7*.  S68«  ff.  IM'. 
2eS\  265«h  f.  278b.  ?«  ^o.  s.  457  anin.  3.  »  genaa  so  orteilt  Zilbr 
ao.  8.  452  f.  anm.  2.        ^  Hermann  ao.  s.  383.  >*  ao.  s.  16  ff.  WL 

128.     vf^I.  Susemihl  in  diesen  jahrb.  1863  s.  242  ff.  1864  i.  861  ff. 


FSuBcmihl:  die  abfiuBiiiigti«it  des  Platonitdien  Phaidröi.      719 

anhänger  sich  durch  mündlichen  gedankenanttaiiMb  gewonnen  haben. 
wie  wenig  es  nun  aber  mit  dem  spruehe  üeberwegs**  abgethaa  itti 
die  Überlieferung  kenne  nur  die  yon  Piaton  d88  oder  887  erOi&iete  ^ 
schule  in  der  Akademie,  und  wie  sehr  S^eOer**  nnd  Alberii^  mit  dar 
annähme  recht  haben,  dasz  die  keime  xn  derselben  schon  eine  reihe 
von  jähren  zurückliegen,  das  hat  sich  nun  aus  jener  beweisftthnuig 
Useners  ergeben,  nach  welcher  der  Phaidroe  nicht  wol  spiter  als  896 
geschrieben  sein  kann.  "-^ 

Niemand  berichtet  uns,  dass  Piaton  jene  elf  bis  xwUf  jähre  vom 
tode  des  Sokrates  bis  zu  dieser  schulgrOndung  unmiterbrooheii  auf 
reisen  gewesen  sei.  wer  es  also  annimt«  kimpft  genau  eben  so  gut 
wie  wer  es  bestreitet  mit  hypothese  gegen  hjpotheae  and  ist  genau 
so  gut  den  beweis  für  die  seine  schuldig,  und  sollte  sieh  auf  keiner 
von  beiden  Seiten  ein  solcher  wahrsoheinUehkeitsbeweis  liefern  lassen, 
so  würde  mau  beide  annahmen  einfach  als  gleich  berechtigte  mOg- 
lichkeiten  neben  einander  stallen  müssen,  in  dem  eben  bemerk- 
ten liegt  nun  aber  bereits  dieser  Wahrscheinlichkeitsbeweis  fllr  die 
letztere  derselben,  und  einen  andern  haben  Steinhart^,  welcher 
meines  Wissens  zuerst  eine  derartige  rermutung  aussprach,  und  be- 
sonders Zeller ^*  aus  dem  TheaitetoB  entnommen.^  aber  auch  so 
noch  kann  man  zweifelhaft  sein,  ob  ea  gerathener  erscheint  einen 
Zwischenaufenthalt  des  philosoplrä  in  Athen  zwischen  der  rfiökkehr 
aus  Megara  und  der  kyrenäisch-ftgyptischen  reise^  oder  mit  Stein- 
hart zwischen  der  letztem  und  der  italisch-sikelischen  oder  endlich, 
wozu  Zeller  geneigt  ist,  einen  zwiefachen  zu  beiden  selten  anzunehmen. 
zur  empfehlung  der  ersten  und  namentlich  der  dritten  annähme  liesze 
sich  mancherlei  sagen,  und  als  eine  äuszere  spur  für  die  erste  liesze 
es  sich  viellcicbt  betrachten,  dasz  bei  La.  Diog.  III  6  f.  in  der  folge 
der  Platonischen  reisen  die  nttchste  nach  dem  megarischen  aufenthfät 
unbestimmt  mit  fneiTa,  die  folgenden  aber  mit  localer  genauigkeit 
durch  KdKcTBcv  und  f  v8€V  angereiht  werden ^\  wenn  nur  nicht  dieser 
—  -  -     — • 

**'  ao.  B.  128.  vgl.  jedoch  anm.  48.  60.  wie  wenig  die  ätisieniDgen 
im  Phaiiiros  über  die  schriftstellerei  bereits  das  bestehen  einer  'eigent- 
lichen Ichranstalt'  Piatons  zu  ihrer  notwendigen  Yoraossetsung  haben, 
ist  voD  mir  schon  in  den  anm.  87  angefülurten  anfsltsen  dargethan. 
»•  ao.  8.  352  ff.  («  8.  297  flf.).  <•  'über  die  stelle  274»»— 278»»  im  Plat 
Phaidros  und  über  die  Platonische  schale'  rhein.  mns.XIX  (1864)  s.  840  ff. 

^1  Piatons  werke  III  b.  100.  213.  816.  478.  freilich  änssert  sich 
derselbe  in  sehr  ungenügender,  schwankender  nnd  widersprechender 
weise.  **  ao.  s.  353  anm.  1.  s.  461  f.  Tgl.  s.  SM  anm.  8.  ^  sehen 
▼on  vorn  herein  wird  man  es  übrigens,  wie  Zeller  ao.  s.  866  anm.  1 
mit  recht  urteilt,  mit  Grote  ao.  I  s.  121  unwahrscheinlich  finden  mfissen, 
dasz  Piaton  die  ganzen  '10—12  jähre  Tor  seiner  rückkehr  ans  Sikelien 
in  freiwillifrer  verbannnng  zugebracht  haben  sollte'.  ^  dann  würde 
man,  da  man  sich  schwerlich  entschliessen  dürfte  an  eine  entstehnng 
des  SophisteSfWPolitikos,  Parmenj^s  schon  Tor  der  ägyptischen  reise 
zu  glauben,  diese  drei  dialoge  erwden  selten  nach  der  italisch-sike- 
lischen reise  zuweisen  müssen.  *^  ctc  M^Topa  . .  öir€xti(»pnccv.  Iircira 
cic  Kuprjvfiv  dTrf)XO€  irpöc  Gcöbuipov  t6v  ^aOruicmKÖv'  K^ticCtOev  cic 
'IraXCav  npöc  touc  TTuOaTopiKoOc  OiXÖXoov  Kai  fcöpurov  €vÖcv  tc  cIc 


720      FSusemibl:  die  abfasBungszeit  des  PlatoniBcben  FliaidRMy 

ganze  bericht  in  manchem  betracht  gar  zu  wertlos  'wKre.  b«  jeder 
dieser  beiden  bypothesen  würde  es  übrigens  auch  möglich  sein,  dl 
der  aufentbalt  in  Megara  vermutlich  nicht  lange  danerte*«  die  ol- 
stehung  des  Phaidros  bis  398  oder  doch  397  hinanfzuracken.^  ibff 
die  zweite  ist  von  allen  dreien  die  einzige  die  aach  ein  aQsdrflcklkte 
änszcres  zeugnis^^  für  t^ich  hat,  und  zwar  ein  solches  das,  wenn  am 
eben  nur  dies  aus  ihm  enlnimt  und  von  seinem  sonstigen  inhalt  ib- 
sieht,  zwar  nicht  besser,  aber  auch  nicht  schlechter  yerbllrgt  ist  ah 
diejenigen  die  vielmehr  den  Piaton  unmittelbar  von  Aegypten  uck 
Groszgriechenland  reisen  lassen ;  und  die  umkehr  dieser  letztem  d«* 
Stellung  in  der  eben  erwähnten  angäbe  des  Laertios  Diogenes  trift 
mit  ihm  wenigstens  darin  wieder  zusammen,  dasz  auch  nadi  ikr 
Piaton  unmittelbar  aus  Aegypten  nach  Athen  heimkehrt,  ttberdia 
möchte  ich,  so  sehr  sich  auch  darüber  streiten  iSszt,  immerhin  ok 
andern  *^  in  dem  '  ägyptischen '  mythos  im  Phaidros  274  *  fL  nML 
der  anführung  des  süszen  Nilbngs  257^*  lieber  bereits  eine  roai- 
niscenz  an  den  ägyptischen  aufenthalt  Piatons  erblicken ,  ziehe  a 
also  vor  ihn  seine  reise  nach  Kyrene  (wenn  er  wirklich  auch  doitka 
gieng)  und  Aegypten  von  Megara  aus  antreten  zu  lassen,  dann 
aber  der  Phaidros  füglich  auch  nicht  früher  geschrieben  sein  ab 
in  Piatons  einunddreiszigstem  lebensjahr,  und  die  hypothese  gestahil 
sich  dann  so:  etwa  ende  397  nach  Athen  zurückgekehrt  sammelttv 
dort  rasch  einen  kreis  gleichgesinnter  in  freier  and  zwangloser  Ti^ 
einigung'^  um  sich,  und  aus  dem  frischen  vollgeftlhl  dieses  edb|p 
und  der  noch  frischen  freude  über  die  entdeckang  seiner  ideoikhR 
erkläre  ich  mir  jene  übermütige  Dionysische  feierstimmung,  Mi 
welcher  heraus  er  den  Phaidros  schreibt  und  in  demselben  znm 


AIt^jittov  TTpüc  Touc  TCpoqpnrac  .  .  ^iravcXBdiv  bi  elc  *AOf|vac  Mipifiv 
dv  'AKa6rmiq[.  nach  dieser  darstellung  könnte  Platpn  an  den  hof  d« 
altem  Pionysios  entweder  gar  nirht  oder  erst  nach  crrichtung  teistf 
scliule  in  der  Akademie  von  Athen  aus  gekommen  sein. 

**  8.  darüber  Zellor  ao.  s.  354  anm.  1.        ^'  dagegen  k»t  es 


lieh    nach    dem   freilich  nnr  zweifelnd  ausgeBproobenen   Vorschlag 
ZelKr  ao.  s.  460  f.  dieselbe  erst  mit  dem   beginn  des  sweilea  atl 


sehen  zwisehenaufenthalts  eintreten  za  lassen  nnd  doch  eaglcieh 
den  ersten  mit  schriftstelleriseher  thätigkeit  aaBzufttllen,  da  daaa  M 
dialog  erst  nach  396/5  erschienen  sein  könnte.  *^  Plat.  fibcr  d.  W 
niunion  des  Sokr.  7,  579*  ff.,  wo  Platbn  auf  der  rückkehr  ans  AcgyrpMi 
naeh  De  los  kommt,  jedenfalls  also  sich  nicht  anf  der  Strasse  nach  Bir 
Hen,  sondern  nach  Athen  befindet,  danach  hält  sogar  Ucberwcf 
s.  126  ff.  (vgl.  anm.  88)  die  sache  für  wahrscheinlich,  wenn  d« 
sich  aber  auch  auf  den  siebenten  psendopl atonischen  brief  stiitst, 
clier  von  den  reisen  nach  Megara,  Kyrene,  Aegjpten  schweigt  U 
denn  freilich  Piaton  von  Athen  aus  nach  Italien  kommen  ll&sst  ( 
so  kann  nach  den  Untersuchungen  von  HTKarsten  'de  Platonls  emsisV 
(Ttrecht  1864)  dieser  darstellung  auch  nicht  die  fferingtte  beoMlBff 
mehr  zugeschrieben  werden.  **  zuerst,  so  viel  ich  weiss,  Tewssrnsse 
py^tem  der  Plat.  phil.  (Leipzig  1792)  I  s.  118.  *•  eine  solehe  ssUM 
.•<o^ar  Ueberweg  ao.  s.  128  für  nicht  unwahrscheinlich,  nnr  nm  elee 
aber  handelt  es  sich  und  noch  nicht  um  eine  ''eigentliche 
s.  anm.  38. 


FSasemiU:  die  abfJMtiiiigiMit  des  PlMoniioliMiFluiid^     721 


male  diese  lehre  ausdrttcklich,  aber  noch  in  mytfaieoher  foim,  tdirift- 
licb  verkündet  und  seine  gedanken  ttber  die  liebe  cwisdien  lehrer 
und  schttler,  über  belehmng,  überredong  nnd  erinnerong  in  wort 
und  Schrift  ausspricht,  mit  recht  hat  aber  auch  Alberü**  daranf  hin- 
gewiesen, dasz  wenigstens  6ine  nachricht  anf  nns  gekommen  itti  in 
welcher  vorausgesetzt  wird,  dasi  Piaton  schon  yor  der  ersten  rike- 
üschen  reise  *  jünger'  (^ToTpot)  in  Athen  rarücklien.**  nnd  wenn 
noch  Praxiphanes  das  frenndschaftsrerfalltnis  zwischen  Piaton  nnd 
Isokrates  zu  einem  dialog  benutzte,  in  welchen  letzterer  den  erstem 
auf  dessen  landsitz  besuchte  und  sieb  mit  ihm  ttber  dichter  unter* 
hielt^,  so  spricht  dies  vielleicht  (denn  mehr  mOchte  ich  nicht  be- 
haupten) auch  eher  dafür  dasz  dieser  persönliche  verkehr  mit  dem 
tode  des  Schrates  oder  dem  achtundzwansigsten  jähre  Piatons  nicht 
zu  ende  war,  sondern  nach  ein  paar  jähren  erneuert  ward,  dasz  Fla- 
ton  sich  noch  396/5  über  Isokrates  so  ftnssem  konntCi  wie  er  es  im 
Phaidros  thut,  hat  jedenfalls  nichts  unwahrscheinliches.,  zumal  diese 
Snszerung  die  möglichkeit  einer  schon  damals  aufkeimenden  forcht, 
der  freund  könne  von  den  alten  philosophischen  Sympathien  abfallen, 
nnd  mithin  des  nebensinnes  einer  fteundlichen  mahnung  dies  nicht 
XU  thun  keineswegs  ausschlieszt.^  ob  aber  Piaton,  wie  Usener  be- 
hauptet, abwesend  war,  als  Isokrates  die  so|diistenrede  schrieb,  iSsst 
eich  hiernach  weder  beweisen  noch  widerlegen:  denn  wir  wissen 
nicht,  in  welchem  jähre  der  philosoph  seine  reise  nach  Groszgriechen- 
land  antrat. 

Ich  glaube  also  dasz  Zeller^  mit  seinem  klaren  blick  wieder 
einmal  richtiger  gesehen  hat  als  wir  andern  alle,  indem  er  den 
Phaidros  als  den  ersten  dialog  nach  den  genannten  acht  Sokratischen 
werken  betrachtet  und  auf  ihn  ziemlich  bald  denOorgias^,  Menon^ 

^<  ao.  8.  354.  358.  »*  La.  Diog.  III  20  Kul  dvair^Mirci  (nemlich  'Awi- 
Kcptc)  *A6nva2l€  Trp6c  toOc  ^raipouc.  sollte  freilich  jene  andere  aachricht 
§  6  f.  (s.  aniD.  45),  welche  Alberti  gleichfalls,  aber  mit  unrecht  heran* 
sieht,  ans  derselben  qnelle  stammen,  so  verliert  die  tache  alle  bedea* 
tang:  denn  wer  die  ägTptische  reise  nach  der  nnteritalisehen  setite, 
moBte  folgerichtig  die  schule  in  der  Akademie  unmittelbar  an  die  erster« 
anschlieszen  und  konnte  dann,  wie  schon  anm.  46  bemerkt,  den  Pia* 
ton  erst  nach  ihrer  eröffnnng  von  Athen  ans  auf  den  weg  nach  dem 
hofe  des  altern  Dionjsios  bringen.  **  La.  Diog.  III  8  TTpoEtqH&vnC 

cuv^TpOH'C  biQTpißi^v  Tiva  TTcpl  iroiiiT(&v  T€V0fi6fnvlv  drpip  itop&  TTXa- 
TUDvi  ^TTiEcvuje^vToc  ToO   McoKpdTouc.  ^  wle  Schröder  'quaestiooes 

Isocrateae'  (Utrecht  1859)  8.  113  richtig  bemerkt,  so  aber  daai  ich  eben 
auch  nur  hierin  mit  ihm  übereinstimme,  aber  aneh  anf  Reinhardt  ao. 
s.  29  f.,  der  doch  gleich  Usener  den  Phaidros  als  Piatons  erste  Schrift 
weit  höher  hin  aufrückt,  hat  doch  die  stelle,  wenn  schon  In  etwas  an- 
derer weise,  neben  dem  eindmck  des  lobes  anch  den  der  'adhortatio* 
gemacht,  zumal  da  er  gleich  mir  die  von  Spengel  ao.  s.  738  empfohlene 
lesart  des   Bodl.  nnd  Ciceros  or,  13,  41  cl  TC  cl  fQr  die  richtige  hUt. 

^^  ao.  8.  453  ff.  M  die  von  Reinhardt  ao.  s.  37  angenommene 

beziehung  von  Gorg.  463*  anf  die  sophistenrede  des  Isokrates  §  17  ist 
viel  zu  unsicher  alt  data  man,  nm  sie  mügflch  sn  raaeben,  anlass  bitte 
jenen  dialog  für  später  sn  halten  als  diese  scbrift.  Tgl.  aneh  Rehdants 
Oött.  gel.  anz.  1872  s.  1179  Snm.  *^        *"  wenn  man  so  folgern  dfirfte» 

Juhrb&rher  für  cIms.  philol.  ISSO  kft.  10  o.  U.  47 


722      FSuBemihl :  die  abfassungszeit  des  Platonischen  Phaidroi. 

und  Theaitetos  folgen  läszt.  nur  den  Euthyphron  halte  ich  nach  wie 
vor  für  später  als  den  Gorgias,  und  den  Euthydemos  setze  ich  je&t 
erst  nach  gründung  der  eigentlichen  schule  in  die  achtziger  jah» 
des  vierten  ja.  in  keinem  andern  dialog  aher  als  im  Phaidros  &idea 
wir,  wie  schon  andern  aufgefallen  ist,  den  nemlichen  etymologiadiai 
mutwillen,  welcher  uns  im  Kratylos  entgegentritt,  in  gleicher  massea- 
haftigkeit  und  ausgelassenheit :  auch  diese  beiden  Schriften  werden 
also  schon  deshalb  nicht  allzu  fern  von  einander  liegen. 

So  begreift  es  sich  denn  auch  dasz  Piaton ,  als  er  den  bodea 
Italiens  betrat,  schon  ein  weitberühmter  mann  war,  welchen  eben 
deshalb  der  ältere  Dionysios  für  wert  erachten  konnte  als  eine  zierdi 
seines  hofes  zu  sich  einzuladen,  denn  so  allein^'  lüszt  es  sich  ja 
vernünftigerweise  denken,  wie  er  an  denselben  kam.^  ob  aber  däa 
Sache  auch  noch  erklärbar  ist,  wenn  Piaton  noch  damals  in  frei- 
williger heimatlosigkeit,  ohne  anhänger  lebte  und  etwa  nnr  erst  den 
Phaidros,  die  Apologie,  den  Kriton  und  vielleicht  den  Euthyphron 
geschrieben  hatte,  dagegen  wird  ein  bescheidener  zweifei  erlaubt  sein. 

Einen  nennenswerten  einwurf  gegen  die  angenommene  aÜM» 
nische  Wirksamkeit  Piatons  von  etwa  396  bis  390,  den  mir  Wüi* 
mowitz  aussprach ,  will  ich  nicht  unerwähnt  lassen :  wie  kommt  u 
denn  dasz  dieselbe  so  gar  keine  spuren  bei  Aristophanes  hinterlassen 
hat?  CS  ist  dies  nur  ein  argumentum  e  silentio,  welches  aber  dodk 
in  diesem  falle  beachtung  verdient,  nur  aber  fürchte  ich,  wenn  msn 
den  Phaidros  bis  303,2  hinaufrückt,  dasz  man  eben  damit  densd- 
ben  einwurf,  wenn  auch  vielleicht  etwas  abgeschwächt ,  lediglich  in 
die  gleiche  zeit  hinaufschiebt,  denn  welches  aufsehen  muste  dieser 
dialog  mit  seinen  kecken  angrififen  ayf  alle  weit  machen,  um  lo 
mehr  je  jünger  der  Verfasser  war !  wie  sehr  war  er  mit  seiner  ideala 
liebe  und  seiner  ausfahrt  der  seelen  in  das  'überhimmlische'  reich 
der  ideen  geeignet  den  spott  des  komikers  herauszufordern!  wie 
wenig  gilt  dagegen  ein  gleiches  von  allen  jenen  andern  genannten 
dialogen!  oder  soll  der  einwurf  bestimmter  dahin  gehen,  dasz  in 
den  beiden  letzten  erhaltenen  stücken  des  komikers,  den  Ekklesia- 
zuscn  und  dem  Plutos,  jede  beziehung  auf  Piaton  fehle,  so  nehnt 
fürs  erste  auch  ich  nicht  an  dasz  Piaton  noch  in  Athen  war^  alsAs 
letztere  komödie  für  die  buhne  bereitet  ward.'^    hinsichtlich  der 


Avie  Uscner  \S.  aiim.  IC)  aur  dem  lyafxoc  im  Phaidros  267*  gethaa  kal| 
80  würde  mnn  mit  (gleichem  recht  auch  aus  der  im  Menon  mit  vdv 
vcuiCTi  OO'*  an.-ichrunistisch  erwähnteu  hcHtcchan^  des  Ismcnias  im  J.  M 
schlioszen  müascn,  dasz  der  letztere  dialog  bald  uach  diesem  •nifiil 
freHchriehen  sei ,  und  da  er  doch  seinem  ganzen  inlialt  nach  ichweniflfc 
anderswo  al:^  in  Athen  ahgefaszt  sein  kann,  würde  eben  hiernach  gera^B 
Usencr  zugeben  müsBcn.  dasz  PItitoii  um  diese  zeit  sich  dort  anfUslL 
allein  für  so  richtig  icli  hier  die  sache  au  sich  halte,  für  so  falsch,  wis 
«rerr.a^t,  diese  art  zu  bchlieszen. 

-'^  trotz  Holm  gosch.  Sicilien8  II  s.  153.  450.  ^'  wenn  aneh  fsa 
allen  angaben  ühcr  diesen  ^^tr^nstand  nur  die  bei  Nepos /^Mia  10,  S  ■■' 
bei  Diodor  XV  7,  1    hicruiit    übereinstimmt.         ^  ob  die  teilweise  " 


FSusemihl :  die  abfiMrangneit  des  PlfttoniNlien  Fluidxoi.     723 

Ekklesiazusen  aber  fOrs  xweite  stebt  die  saehe  so.  entweder  baue 
Piaton  schon  damals  ancb  sein  staatsideal  mflndlicb  verbreitet,  nnd 
dann  würde  sich  auch  durch  die  einwendimgen  von  mir  und  Zdler** 
schwerlich  jemand  abhalten  lassen  jenes  Mßk  wenigstens 
als  eine  Verspottung  desselben  xu  betrachten,  oder  aber 
Staat  war  damals  auch  im  geiste  seines  Urhebers  noch  nidit  geboren, 
was  ich  glaube:  dann  ist  auch  nioht  absusehen,  welchen  besag  die 
Ekklesiazusen  auf  Piaton  nehmen  sollten,  weit  mehr  noch  als  bei  der 
entwicklungsgeschichte  der  metafriiysisohen  tappt  bekanntlich  bei  der 
der  politischen  gedenken  Piatons  die  nntetsn^img  in  dnnkelheiten 
und  Schwierigkeiten  umher,  nnd  wfthrend  in  den  loteten  jähren  auf  der 
einen  seite  RHirzel**  ein  nicht  gerade  leidht  xn  entkrftftendes  gewicht 
zu  gumten  der  ansieht,  der  Politikos  sei  erst  naoh  der  Politeia  ge- 
schrieben und  stelle  einen  Übergang  ans  dem  standpunct  des  letxtem 
Werkes  zu  dem  der  Gksetxe  dar,  in  die  wagschale  geworfen  hat,  ist 
auf  der  andern  Reinhardt  in  seiner  sorgftltigen  dissertationf  unter 
billigung  seines  lebrers  Usener  xn  dem  ergebnis  gelangt,  dasz  schon 
das  dritte  buch  der  Politeia  erst  nach  852  abgefust  sei.  wie  sehr 
aber  die  ohnehin  schon  reichlichen  unmOglichlraiten ,  welche  gegen 
dasselbe,  falls  es  nur  6ine  redaction  von  dieser  schrift  gab,  eintreten, 
vermehrt  werden  würden,  wenn  Hirzel  recht  bitte,  liegt  auf  der 
band,  ob  sie  sich,  was  ich  stark  bezweifle,  dnreh  die  annähme  zweier 
redactionen  heben  lassen,  ob  überhaupt  diese  annähme  sieh  sn  einer 
klaren  und  haltbaren  gestalten  liszt*^,  kommt  auf  den  versudi  an, 
und  erst  dieser  versuch  könnte  auch  lehren,  ob  das  zwar  bedingte, 
aber  doch  grosze  lob ,  welches  Reinhardt*^  und  üsener  dem  buche 
Krohns  über  diese  schrift  erteilen,  berechtigt,  oder  ob  nicht  vielmehr 
dieser  hochbegabte  mann  in  der  hauptsache  völlig  und  ohne  nutzen 
für  die  Wissenschaft  in  die  irre  gegangen  ist.  diesem  versuche  sehe 
ich  mit  Spannung  entgegen  und  werde  ihn  unbefangen  prüfen,  sobald 
er  erschienen  sein  wird. 

Die  allgemeine  schluszbemerkung  üseners  über  den  entwick- 
lungsgang  des  genies  endlich  ist  schön  und  als  regel  auch  vielleicht 
wahr;  jedenfalls  aber  hat  auch  diese  regel  ihre  zahlreichen  aus- 
nahmen, oder  möchte  üsener  auch  Kant  zu  denen  rechnen,  welche 
'nur  überkommpues  zu  verarbeiten'  hatten?  auch  Fichte  aber  schrieb 
zuerst  vom  Kantschen,  Schelling  vom  Fichteschen  standpunct  aus. 
und  wie  steht  es  mit  Aristoteles?  mag  man  in  noch  so  vielem  be- 
tracht  den  Verlust  seiner  jugendwerke  beklagen,  der  beispiellose  ein* 

^cbkcit  von  l'Iiitoi  576  ff.  mit  PUt.  Qorfr.  621«  f.,  aufweiche  Reinhardt 
ao.  s.  26  hiDwcist,  eine  mehr  als  lufUlige  ist,  lasse  ich  dabiDgeitellt. 
'  *  SuHeinihl  ao.  II  s.  296  f.  Zeller  ao.  s.  406  anm.  2,  der  «ich,  wie 
er  fielbst  hemerkt,  io  der  hsnptsache  mir  aotohlient.  **  'in  Piatons 
Politikos^  im  iiermes  VII  (1874)  8.  127  f.  **  s.  87  ff.  ^  eine  'nach- 
rieht  von  einer  erweiterten  otnarbeitUDg  der  Politeia',  von  der  Usener 
s.  131  Hpricht,  cxintiert  nicht:  nicht  dnreh  deutong,  sondern  nnr  durch 
um^lcutunj^  der  bekannten  Htelle  des  Gellins  XIV  8,  S  lüsxt  sioh  eine  solche 
coriMtrnieren.         •»  'der  Phüebos  des  Plato'  (Bielefeld  1878)  s.  4. 


724  OPfundtner:  zu  Tacitus  Agricola. 

flusz ,  welchen  dieser  mann  auf  das  denken  der  jahrtauseiida  nick 
ihm  geübt  hat  und  noch  ausübt,  konnte  mit  ihnen  nichtB  xn  adufn 
haben,  und  anderseits,  wenn  Piaton  seine  schriftutellerthltigkat 
vielmehr  mit  jenen  sieben  oder  acht  Sokratischen  werken  begun, 
so  sind  auch  schon  in  diesen  die  keime  seiner  kOnftigen  grOeie  reick- 
lich  zu  finden,  und  es  bedarf  dazu  nicht  erst  des  Phaidros.  doch  aod 
hierüber  hat  bereits  Zeller  "^  alles  erforderliche  bemerkt. 

um  aber  allem  misverstSndnis  vorzubeugen,  wiederhole  ieh:  m 
sind  nur  Vermutungen  von  sehr  verschiedenen  wahrschemlichkiitr 
graden,  welche  ich  aufgestellt  habe,  und  ich  bin  weit  entfernt  Ar 
alle  oder  auch  nur  die  meisten  auf  allseitige  zustimmong  in  hofln; 
es  ist  sogar  möglich,  wenn  auch  nicht  wahrscheinlich ,  dmu  ontff 
allen  positiven  ansätzen,  welche  ich  vorgetragen  oder  von  aadoi 
übernommen  habe,  kein  einziger  unwiderleglich  ist.  du  aber  glanbi 
ich  bewiesen  zu  haben,  dasz  Usener  die  acten  genan  da  geschloiia 
hat,  wo  die  eigentliche  Untersuchung  erst  beginnt,  nnd  dieshiltekh 
für  das  einzige  sichere,  aber  auch  völlig  sichere  ergebnis  mnm 
eignen  Untersuchung,  dasz  die  entstehung  des  Phaidros  vor  dem  tode 
des  Sokrates  bisher  nicht  bewiesen  und  auch  nicht  einmal  lor  wdiir- 
scheinlichkeit  gebracht  worden  ist. 

Und  hier  nehme  ich  denn  von  meinem  freund  üsener  abaddil 
mit  aufrichtigem  dank  und  herzlichem  grusz,  in  der  festen  filMr 
Zeugung  dasz  wir  einander  nicht  auf  dem  felde  der  schlimmen,  iO^ 
dem  auf  dem  der  guten  Eris  begegnet  sind. 

**  ao.  8.  452  f.  anin.  2. 

Gbeifswald.  Franz  Scauank 


98. 
Zu  TACITÜS  AGRICOLA. 


c.  1  schlieszt  nach  Gh&ntrelle  (angenommen  von  Driger) 
saeva  et  infestu  virtutihus  (empora  exegimus,   exegimus  ist 
aus  legimuSj  dem  anfangswort  von  c.  2.   leichter  ist  die 
von  legimus  in  degimus. 

c.  30  (rede  des  Calgacus)  nos  terrarum  ae  liberiaÜB 
recessus  ipse  ac  sinus  favnae  in  hunc  diem  defmdU.   was 

neben  recessus  ipse  hier  sinus  fanMe?  Drftger  erklftrt:  'die  ti ^_^ 

heit  unsers  rufes,  dh.  unsers  namens.'  mich  dflnkt,  stMMf  (UK 
bausch,  tasche)  könne  metaphorisch  nur  bedeuten  'das  beigsiiib 
verhüllende' ;  fatna  aber  ist  die  sage  und  involviert  den  begriff dM 
dunkeln  und  unbestimmten,  wie  zb.  c  33  Agricola  rühmt:  fimm 
tanniae  non  fama  nee  rumore^  sed  castris  et  armia  (ememmM. 
ist  sinus  famae  ^der  (dunkeln)  sage  (schützende)  hUUe'. 

KöNiosBEBQ.  Otto  Prumyisifc 


AFonck :  die  amtlaiinng  des  tnljaotqnOBiiBiflos  im  ftoe.  cum  Inf.  miw,  786 

99. 

DIE  AUSLASSUNG  DES  8ÜBJECT8PB0N0HBN8  IH 
ACCUSATIVUS  CUM  INFINITIVO  BEI  DEN  LATEINISCHEN 

KOMIKERN. 


Dasz  im  lateinischen  das  tubjeetspronomen  des  aoe.  c. 
manchmal  unausgedrflckt  blieb,  ist  eine  jener  grammatischen  that- 
sachen,  die  als  gnt  überliefert  anch  in  die  landlftnfigen  grammatiken 
(zb.  Zampt  §  605)  aufgenommen  werden,  ohne  je  in  grOsserm  nm* 
fange  dargelegt  zn  sein.  DrSger  Ust.  syntaz  11  §  4M  (s.  414  f.) 
sagt,  die  aoslassung  des  sabjectsaocasaÜYs  sei  im  ganien  im  alten 
latein  wie  auch  bei  Cicero  noch  sehr  selten,  sie  gewinne  erst  seit 
Livins  an  umfang;  es  werde  namentlich  se  nnd  ein  acc  Ton  is  aus- 
gelassen, seltener  ein  pronomen  der  ersten  oder  sweiten  person. 
diese  bemerkungen  sollen  im  folgenden  fttr  die  spräche  der  alten 
komiker  nachgepraft  und,  wie  sidi  seigen  wird,  in  wesentlichen  / 
puncten  berichtigt  werden.  HoltM  sjmt.  prisc.  scr.  laL  II  s.  dS  fT. 
führt  eine  grosze  anzahl  manigfaltiger  beispiele  von  fehlendem  pro- 
nomen  an ,  welche  nach  den  ▼erschiedenen  regierenden  verben  grup- 
piert sind,  es  ergibt  sich  bereits  daraus  nnd  es  würde  bei  voÜ- 
stftndigerer  samlung  der  belege  noch  einleuchtender  berrorgetreten 
sein,  dasz  die  ellipse  des  subjects  durchaus  nicht  an  bestimmte»  etwa 
besonders  häufige  Zeitwörter  geknüpft  ist,  sondern  gleichmisrig  bei 
den  verschiedensten  hauptverben  stattfindet,  auf  diesen  punct  werde 
ich  am  schlusz  dieser  Untersuchung  zurückkommen,  auch  in  den 
ausgaben  mit  erklärenden  anmerkungen  wird  die  frage  mehrfach 
berührt  und  die  subjectsellipse  mit  mehr  oder  minder  zahlreichen 
beispielen  belegt,  zb.  von  Brix  zu  capt.  266,  Wagner  zu  auL  242, 
Dziatzko  zu  Ter.  Ph.  54.  dasz  die  erscheinung  bei  den  komikem 
durchaus  nicht  selten,  sondern  sehr  häufig  ist,  hebt  Wagner  zu  Ter. 
heaut.  16  mit  recht  hervor,  tiefer  eindringend  ist  jedoch  nur  die 
anmerkung  von  Lorenz  zu  mast.  618,  wo  an  lehrreichen  beispielen 
die  grosze  Freiheit  der  Volkssprache  im  weglassen  des  pronominalen 
subjectsacc  dargethan  wird,  allein  die  aus  der  masi.  beigebrachten 
stellen  zeigen,  dasz  die  ellipse  ganz  gewöhnlich  selbst  da  ist,  wo  die  / 
1  subjectc  des  hauptsatzea  und  des  acc.  c.  infl  nicht  dieselben  sind,  | 
und  dasz  selbst  härten  keineswegs  gescheut  wurden. 

Von  unserer  Untersuchung  nun  sollen  Torlftufig  die  fälle  aus- 
geschlossen bleiben,  wo  nach  einem  unpersönlichen  Yerbum  im  haupt- 
aatz  ein  inf.  statt  des  erwarteten  acc.  c.  inf.  zu  stehen  scheint,  ob 
wirklich  ein  bestimmtes  subject  zu  ergänzen  ist,  läszt  sich  hier  in 
vielen  fällen  schwer  entscheiden ;  es  mag  daher  die  ganze  frage  einer 
genauem  befaandlung  der  construction  der  unpersönlichen  verba 
überhaupt,  zu  der  sich  vielleicht  später  gelegenheit  bieten  wird, 
vorbehalten  werden,  auch  bei  dem  infinitiv  in  ausrufen  wird  schwer- 
lich überall  ein  bestimmtes  pronomen  als  subjectsacc.  hininzudenken 


726  AFunck :  die  auslassung  des  Bubjectspronomem 

sein,  eine  stelle  wie  Ter.  Änd.  870  iantum  l<iborem  capare  oft  tdm 
filium!  ist  doch  wol  richtiger  zn  geben  mit  'so  Tiel  mühsAl  m  er- 
fahren um  eines  solchen  sohnes  willen!'  als  'dasz  ich  so  viel  mflhiil 
erfahre'  usw.  und  ähnlich  auch  sonst,  zb.  Änd.  879,  PA.  231; 
während  freilich  stellen  wie  eun.  644  hocine  iam  tmda»  faeum 
facerc  esse  ausum,  hec,  532  adeon  penicaci  esse  animo  usw.  eher  m 
immerhin  sehr  leicht  zu  ergänzendes  bestimmteres  subject  erfordert 
möchten,  da  es  sich  uns  jedoch  zunächst  nur  um  die  feststeUnig 
der  unzweifelhaft  sichern  ellipsen  handelt,  so  mag  es  genflgea  wi 
diesen  punct  nur  hingewiesen  zu  haben. 

Sodann  verdienen  auch  diejenigen  fälle  hier  keine  besoadat 
berücksichtigung ,  wo  der  acc.  c  inf.  nur  von  einem  unperstaliehn 
verbum  gebildet  wird,  das  ja,  wie  Holtze  richtig  bemerkt  (II  33), 
immer  sein  subject  in  sich  schlieszt,  also  keines  besondem  Mudrnekti 
dafür  bedarf,  vgl.  zb.  PI.  Pers.  107  ita  fieri  iussi;  ebd.  211  of  jri 
tnulti  esse  ita  sciunt ;  ebd.  302  paratum  iam  esse  dicUo,  umde  uiywk 
tum  Sit  futurum;  ebd.  358  verum  insimulari  ndo.  Baech.  385  ik 
esse  arhitror.  Ter.  hcaiä.  529  scis  esse  factum  ui  dico?  hec.  141  enis 
ita  videri  tibi. 

Etwas  näher  führen  uns  schon  an  unsere  eigentliche  aufgabt 
heran  die  stellen ,  wo  zwar  das  subjectspron.  nicht  besonders  ausge- 
drückt ist,  aber  ein  zugehöriges  attribut  bestimmtem  anhält  in  seiav 
ergänzung  gibt.  Ter.  And.  5G0  spero  consueiudim  ammpio  iitarai 
devindum,  Chremes,  dein  facile  ex  iUis  sese  emersurufn  molif.  m> 
eum.  cun.  660  etiam  hoc  misera  suspicor^  aUquid  domo  abcmiiim 
äbstidisse,  sc.  cum.   Ph.  3\ 5  hec  S23.   ¥1,  Pers.  90. 

War  in  den  zuletzt  genannten  beispielen  immerhin  ein  giama^ 
tisch  unmittelbar  zu  dem  fehlenden  subject  gehöriges  wort  gegeba^ 
so  f^llt  dieser  anhält  bei  den  folgenden  stellen  allerdings  fort;  jedoch 
bleibt  in  der  natur  des  prädicates  selbst  ein  so  deutlicher  hiami 
auf  das  fehlende,  dasz,  wenn  überhaupt  von  einer  ellipse  gesproAfl 
werden  soll,  diese  nirgends  den  geringsten  anstosz  bieten  kann,  wii 
in  diesen  Vorbemerkungen  überhaupt,  so  mögen  auch  hier  nur 
beliebig  herausgegriffene  beispieledas  gesagte  illustrieren,  ei 
sich  zunächst  um  stellen ,  wo  das  prftdicat  aus  einem  nomen  sabit 
mit  einem  inf.  von  sum  gebildet  wird;  das  subject  wäre  das  pnia.il 
in  beliebigem  geschlccht  und  numerus:  merc  215  num  esse  mmkm 
sui:picari  visus  est?  sc.  eam.  469.  635.  Poen.  1088.  m^.  549.  Irak 
722  f.  Ter.  And.  124  sororem  esse  aiunt  ChryMis^  sc.  eoM 
118.  700.  858.  heaut.  1016.  ebenso  wo  dasyerbum  9wm  mit 
adjectiv  verbunden  ist:  Pcrs,  *6bb  pater,  hominufm  inmHfrtoKii^ 
infamia :  et  iam  tum  vivit,  quom  esse  credas  wwrtuam,  sc.  oam.  Aül 
880  f.  eist.  303.  Bacch.  24.  1129.  1138.  mgl  246.  irue.  I  2,  89  t 
II  2,  60  f.  Cure.  557.  Pseud.  476.  Ter.  Jteaut,  Imvameeee  oämM 
358.  732.  865 f.  Ph.  801.  hec.  499.  617.  641.  eun.  315.  Amd.9A 
Statius  Caccilius  v.  259  (Ribbeck),  beim  gerundivnm  oft  mit 
gelassenem  esse:   mgl   1418  postibi  amittundum  censeo,  i 


im  accusativiis  com  infinitifo  M  den  hitefailirtiim  koaukeni.   797 

<isin.  338.  mast.  1092.  Ter.  aä.  193.  Tgl.  Pablilins  Sjnu  859 
fnetutndufH  semper  esse  säas^  quem  Mum  vtSUs.  natfirlioh  faUen  in 
dieselbe  kategorie  leicht  entachuldbarer  ellipsen  auch  die  parüdpia 
perf.  pass.  mit  esse,  deren  bestimmt  bezeichnetes  geechlecht  das 
fehlende  pron.  der  dritten  person  leicht  errathen  iSszt:  Pöen.  668 
nunc  te  iUum  meliust  capere,  caphtm  si  esse  vis,  wo  zudem  noch  das 
dicht  vorhergehende  ükum  die  ergSnzung  erieichtert  Pseud.  186. 
eun.  392  ain  tu,  laäast?  f  nan  tarn  ^pso  quidem  dono  quam  äbs  te 
daium  esse.  Ph,  722.  so  auch  beim  deponens:  And.  281  unum  hoc 
scio,  esse  meritam,  ui  memar  esses  swt.  Ph.  1014.  besonders  hlafig 
ist  hier  das  fehlen  des  esse,  so  dasz  das  parL  ganz  allein  steht  und 
es  zuweilen  zweifelhaft  sein  kann,  ob  man  ftberhanpt  einen  aoc.  c. 
inf.  herstellen  oder  das  part.  als  prldicatives  attribnt  zn  dem  leicht 
ergänzten  pron.  auffassen  soll,  das  erstere  liegt  entschieden  nfther 
rud,  980f.  suam  quisque  partem  pisektm  poscat  sibi:  dkat  in  mari 
communi  captos.  mgl  800.  Book.  603  disrun^htm  vdm.  Ph.  796. 
Pseud.  119.  125.  lfm.  580.  mosi.  826  udempesHvos  exdsas  endo. 
ad.  359.  eun.  Wbse  audisse  abnptam  e Sunio.  1036.  hec.  487  beim 
deponens  mereor,  die  andere  auffassung  wfire  wenigstens  denkbar 
iisin.  731  satis  iam  ddusum  censeo.  Psrs.  664,  wie  audi  in  dto  bereits 
oben  erwähnten  stelle  ad.  193  neqite  vmukmdam  etnäeo. 

Alle  bisher  besprochenen  ittlle  sind  von  Holtie  bei  seiner  sam* 
long  von  ellipsen  nicht  mit  berücksichtigt  worden;  oftenbar  er* 
schienen  sie  ihm  zu  leicht,  um  als  grammatisch  merkwürdig  erwfihnl 
zu  werden,  ich  finde  nun  dasz  dann  auch  diejenigen  steUen  kaum 
der  er  wähnung  wert  waren,  wo  das  fehlende  demonstr.  aus  einem 
unmittelbar  daneben  stehenden  relativum  hier  wie  überall  sonst  auf 
düti  leichteste  entnommen  wird,  allerdings  enthalten  hier  bereits 
nicht  mehr  die  worte  der  infinitivconstruction  selbst  den  bestimmten 
hinweis  auf  das  fehlende  subject;  doch  gestattet  die  enge  Verbindung 
des  relativsatzes  mit  dem  inf.  gewis  auch  diese  ftlle  mit  den  zuletzt 
besprochenen  zusammen  mehr  nur  zu  berühren  als  eingehend  zu  be- 
handeln, von  den  Btellen  bei  Uoltze  gehört  hierher  der  allerdings 
sehr  kurze  ausdruck  rud.  393  f.  o  facinus  mpudicum,  quam  liberam 
€i>s€  oiiorteat,  servire  postulare  (s.  36;  auch  s.  34  unten  £nnius  Thyest. 
ir.  10  quem  quisque  odit  periisse  expetU).  dann  aber  zahlreiche  andere 
stellen,  zb.  Cure.  159  ne  qttod  hie  agvmus  erus perdpiat  fieri.  334. 
Cas.  prol.  oGf.  639  f.  irin.  1026.  asin.  572.  mere.  663.  And.  464. 
P/i.  721  f.  PI.  most.  12  sine  modo  venire  saüvom,  quem  absentem 
cumes.  wo  ja  auch  scUvom  noch  einen  weitem  anhält  fUr  das  fehlende 
gibt.  Men.  904  aed  ego  stuUus  sum,  qui  iüius  esse  dico  quae  meast, 
2,c.  eam  =  ritam.  truc.  IV  2,  21  sine  vicissim  qui  dornt  aperam  ob 
id  quixl  dunt  operam  utier^  sc.  eos.  Ph.  4  f.  qui  iia  didüai^  quas  ante* 
hac  fecit  fahulas^  tenui  esse  oratione  ei  scriptura  levi.  hec.  343  nam 
qui  amat  quoi  odio  ipsus  est^  bis  facere  stüUe  duoo^  wo  nur  A  eum 
einschiebt,  auch  die  bereits  oben  genannten  stellen  heaut.  1016«. 
cuti.  315.    Caec.  259  lieszen  sich  hier  aufs  neue  anführen. 


728  AFuDck:  die  auslassung  des  Bobjectspronomeni 

Nach  erlediguDg  der  hauptpuncte  von  dei^jenigen ,  was  wir  ik 
weniger  wesentlich  nur  obenhin  behandeln  zu  mttssen  glaabto, 
bleibt  nun  aber  eine  anzahl  von  stellen  übrig,  an  denen  die  wirkUd» 
auslassung  des  subjects  ebenso  unzweifelhaft  wie  nach  streng  gxam- 
matischer  regel  unerlaubt  ist.  es  liegt  hier  nahe  zunSchst  zn  unter- 
suchen, ob  etwa  ebenso  wie  im  griechischen  nur  bei  gleichem  fab- 
ject  des  hauptverbums  und  des  inf.  das  des  letztem  fehlen  dan. 
allein  schon  ein  oberflächlicher  blick  auf  die  vorkommenden  stellenlehzt 
dasz  jene  bedingung  für  das  lateinische  durchaus  nicht  unerlbzliA 
war,  so  dasz  jedenfalls  von  einer  cinwirkung  des  griechischen  auf 
die  ausbildung  dieser  frciheit  nicht  die  rede  sein  kann,  die  richtif- 
keit  dieser  behauptung  wird  am  besten  in  die  äugen  fallen,  wea 
wir  dem  fernem  als  haupteinteilung  eben  jenen  unterschied,  ob 
gleiches  oder  ungleiches  subject  bei  hauptverbum  und  inf.,  zu  gruade 
legen,  zu  weiterer  gruppierung  des  Stoffes  bietet  die  yerschiedcnhoi 
von  person  und  numerus  des  fehlenden  pron.  sowie  die  TerschieduM 
beschaffenheit  des  inf.  gegründete  veranlassung. 

I.    FEHLEN    DES  SUBJECTSPRONOMENS   BEI    GLEICHEM   SUft- 
JECT  IM  REGIERENDEN  VERBUM  UND  IM  INFINITIV. 

Es  kann  hier  nicht  unsere  aufgäbe  sein ,  alle  jene  stellen  anfoi- 
zählen,  wo  das  einmal  genannte  subject  nicht  bei  jedem  infinitiv  ans- 
drücklich  wiederholt  ist,  zb.  Mcn.  633.  Faen.  647.  trin.  737.  Ta 
cun.  141  f.  heaut.  501.  ae2.333;  oder  wo  ein  oft  absichtlich  zwischen 
gestelltes  pronomen  sich  Über  einen  regierenden  und  einen  tob 
diesem  regierten  acc.  c.  inf.  hinerstrecken  soll,  zb.  irue,  II  4,  36 
verum  adsimulasse  me  esse  praegnatem  haud  nego.  Cos,  497  f.  «rpt 
arcessivisse  ait  scse  et  dixisse  te^  eam  non  missurum.  hec.  146.'  fit 
ellipse  wird  hier  gewis  nirgends  zum  bewustsein  gekommen  icii 
und  bedarf  daher  keiner  weitem  erörterung.  ans  ähnlichem  gnindi 
scheint  mir  auch  Tocn,  522  nunc  tos  quia  mihi  advocatos  dixi  d  ioA 
ducerej  ganz  ohne  anstosz,  da  ja  das  zu  ergänzende  pron.  unmittellNr 
in  den  genau  entsprechenden  Worten  vorangeht :  at  si  ad  pramdium 
me  in  aedcm  vos  dixisseni  ducere,  ähnlich  Ourc,  342.  keami»  774. 
And.  612  f.  negdbon  teile  me,  modo  qui  sum  poüidtus  dueere?  nf- 
liert  alles  auffallende ,  wenn  man  durch  ein  komma  nach  poBiofMi 
ducere  als  zu  velle  gehörig  bezeichnet. 

Das/  in  diesen  fUllen  der  wollaut  oft  sehr  wesentlich  dasD  h&h 
trug,  die  durch  den  sinn  nicht  streng  geforderte  Wiederholung  d» 
pron.  zu  vermeiden ,  ist  wol  unzweifelhaft,    dasselbe  gilt  maA  ^ 


*  auch  die  merkwürdifre  stelle  Ter.  keaui,  636  f.  gehört  weni^ilt 
zum  teil  hierher:  mcminütin  me  gravidam^  ei  mihi  ie  maxwmo  opere  eiietrtf 
si  puellam  parerem,  noUe  tolli?  zu  nolle  ergänzt  man  leicht  aoi  61S  *t 
während  zu  tolli  aus  puellam  ein  eam  zu  entnehmen  ist.  ähnlich  vt^ 
schränkt  ist  irin.  778  f.  scgue  aurum  ferre  virgini  doiem  a  pmiti  (Ik^ 
patremque  id  iuuiue  aurum  iibi  dare^  sc.  «f,  nicht  aaf 
auf  das  subject  in  dicat  bezogen. 


im  accusativat  com  ininiiifo  b«  dan  IttoHiiigWH  hwiaiktm,   789 

wo  der  fehlende  acc  in  unmiüelbaiw  nihe  im  in£  als  obsfeet  eines 
andern  verbums  genannt  ist,  sb.  «lerc;  311  m  moveto  me  im  secari 
sensero.  heaut.  19  neque  se  pigere  et  demde  faehmtm  amhmai.  ad. 
162.  auch  Cos.  478f.  nesäo  quid  se  mfjflapüt  uxari  tuae:  fugamt 
posse,  quando  arcesso,  mUtere  findet  das  fehlende  se  in  dem  eben  Yor- 
ber  genannten  se  zu  sufjßavU  wol  eine  entsobnldignngi  die  ich  anch 
für  hec.  426  f.  in  anspruoh  nehmen  möchte:  oUm  qÜAdem  ie  cauBM 
inpellebant  leves^  quod  nunc  mimtare  faeart  vi  fßcerts,  8o$ia,  vgl. 
auch  And.  688. 

Was  nach  abzog  dieser  und  fthnlicher  stelleii  ttbrig  bleibt,  ist 
nun  folgendes. 

A.  Das  pronomen  der  ersten  person  ist  ausgelassen,  und  swar 
1)  im  Singular 

a)  beim  inf.  praes.  aet  \)capt.  193  ad  flrairem^  quo  in  dixeram, 
moxivero.  2)  ruil.  246.  3)  Mn.  765.  4)asiii.877.  6)  JBoeck.  920. 
6)  CuTc.  710.  7)  ^ich.  390.  8)  mM.  638.  9)  most.  1024.  10)  Ca$. 
184.   11)  d^.  271  (kritisch  unsicher  ist  Epid.  288.  Amd.  428). 

1)  beim  inf.  perf.  act.  1)  Mn.  1129  nofi  vUeormamsse  laiidem, 
culpa  caruisse  arbUrar.  2)  Bacck.  1018.  3)  &kk.  82.  4)  Mm.  846  f. 
5)  Men.  655.   6)  eun.  331  (kritisch  unsicher  heaui.  816). 

c)  beim  inf.  fuL-  act.  1)  rud.  864f.  egwideM  Uhi  <AaiiJe>  cK- 
xeram  praesio  fore  apud  Vmeris  faimm.  sonst  durch  das  verindertet 
oft  allein  stehende  part.  erleichtert.  2)  BaoA.  186  ^  auUm  «SM* 
turumadnuo.  3)  P^aui  565.  4)015.717.  5)^iki.401.  e)heaui. 
726  (kritisch  unsicher  hec  437).   zusammen  23  stellen. 

2)  ungleich  seltener  im  plural:  bei  Plautus  2mal  mit  einem 
inf.  praes.  act  1)  rud.  7 78  f.  nam  promisimus  eamufiei  aui  taienium 
magnum  aut  hunc  hodie  sistere,  2)  eist.  469.  zusammen  mit  1) 
25  stellen. 

B,  Das  pronomen  der  zweiten  person  fehlt,  und  zwar 

1)  im  Singular 

a)  beim  inf.  praes.  act  1)  Amph*  387  ego  sum  Sasia  tife,  quem 
tu  dudum  esse  aiebas  mihi.  2)  rud,  1399.  3)  JJpid  830.  4)  ostii. 
699.  5)  Bacch.  75.  6)  Men.  311.  7)  Mm.  937.  8)  IV^en.  357. 
9)  äst,  96.  10)  eist.  334  (kritisch  unsicher  mgl.  229.  Pseud.  209). 
11)  And,  379.  12)  heaut.  487  {ad.  254  war  schon  Donatus  über  die 
inteq)UDction  zweifelhaft,  ob  der  inf.  zu  quomst  opus  oder  zugaudeas 
gebore.  And.  394  fOgen  Q  D  E  te  hinzu). 

b)  beim  inf.  perf.  act.  1)  BacdL  1037 f.  neque  ^haudeom- 
mittam,  \U  . .  fedsse  dicas  de  mea  senienitia.  2)  wierc.  768.  8)  Men. 
750.    4)  ad.  660. 

c)  beim  inf.  fut.  act.  l)  mgl.  1067  f.  quin  tu  hme  respondes  00- 
quid,  aut  facturum  aut  non  facturum?  2)  Stid^.  610  non  opinor 
dices  deceptum  fore.   zusammen  18  stellen. 

2)  wiederum  nur  ganz  vereinzelt  beim  plural*:  1)  rud.  1292 
cgo  qui  in  mari  prehendi  rete  aique  excepi  pidulum,  ei  dare  negatis 
quicquam.   2)  trin.  5.  zusammen  mit  1)  20  stellen. 


730  AFunck:  die  auslassung  des  Bubjectspronoment 

C.  Diesen  45  stellen  mit  fehlendem  pronomen  der  ersten  xai 
zweiten  perdon  steht  nun  eine  wenig  kleinere  Bolcher  mit  wugt- 
lassenem  se  gegenüber,  welche  in  derselben  weise  in  zwei  giuypa 
zerfallen. 

1 )  Das  fehlende  se  würde  als  singular  zu  fassen  sein 

a)  beim  inf.  praes.  act.  1)  Ämph.  889  f.  aiU  fackU  aatisükä- 
que  adiurct  insuper,  nolle  esse  dicta  quae  in  me  insoniem  prtMIL 
2)  capt.  3G5.  3)  rud.  1376.  4)  md.  1379.  5)  asin.  394.  6)  MH 
412.  7)asin,S06.  8)  Gwrc.  667  f.  9)  PÄ«id.  650.  10)  Pseud.  IUI 
11)  Stidi.  21.  12)  Stich.  564.*  13)  most.  1086.  14)  aul.  lüiL 
15)  Men,  524.  16)  Mcn.  843.  17)  Cas.  550.  18)  Cos.  586  (kritiiA 
nicht  unangefochten  sind  Pers.  601.  merc,  637).  19"^  heatä,  721 
20)  ad,  150  f.  (in  mehreren  hss.  ist  se  hinzugefügt  And.  3UL 
ad.  76'). 

b)  beim  inf.  porf.  act.  1)  capt.  256  etiam  quam  cavUse  rahuiä, 
saepe  is  cautor  captus  est.  2)  mgl.  430.  3)  trin.  956.  4)  £^M.  TVk 
5)  most.  1079.  6)  merc.  765  (kritisch  unsicher  I^M.  254).  7)  Jiii 
14  (nur  D  hat  se),  8)  And.  145  (nur  G  hat  se).  9)  heaut.  661  (nr 
G  hat  se).  10)  heaut.  768  {hec.  550  setzt  A  allein  se  hinzu,  mehifR 
andere  hss.  Ä7id.  358.  470.  eun.  513.  hec.  235).  endlich  ll)beil 
di'ponens  Bacdi.  506  f^o  faxo  hau  dicet  nanäam  guetn  dduserü. 

c)  beim  inf.  fut.  act.  l)mgL  346  volo  sdre . .  an  üliefaciai^  ftd 
facturum  dicit.  2)  asin.  528.  3)  asin.  930.  4)  Cb«.  561.  5)  Ck 
580.  6)  eist.  98  f.  (^accA.  592  schreibt  Ritschi  negai  se).  7)  m. 
205  (/teo.  60  f.  fügt  A  se  hinzu),   zusammen  38  stellen. 

2)  Auch  hier  ist  nur  6ine  stelle  anzuführen,  wo  das  fehlende« 
einen  plural  vertritt:  rud.  1098  continuo  hunc  notisae  dieent,  wt 
sammen  mit  1)  39  stellen. 

Aus  den  bisher  behandelten  84  stellen  ergibt  sich :  1)  die  elii|i« 
des  bubjectspron.  bei  gleichem  snbject  des  inf.  mit  dem  haoptrcA 
ist  in  der  alten  komödie  durchaus  nicht  selten.  2)  das  pron.  M  M 
ungefähr  eben  so  oft  weggelassen  wie  die  der  ersten  und  zweta 
person  zusammengenommen.  3)  in  der  ganz  überwiegenden  mek^ 
zahl  der  stellen  ibt  in  allen  drei  personen  das  fehlende  pron.  im  va^ 
zu  ergänzen.  4)  von  passiven  infinitiven  fehlen  belege,  tob  dil 
activen  ist  die  ellipse  beim  inf.  perf.  und  fut.  zusammen  hOokitfli 
annähernd  so  häufig  wie  bei  dem  des  präsens. 

II.   KLLIPäK  DES  SUBJECTSPROXOMENS  BEI  UNGLEICHEM 
ÖUBJECT  IM  HAUPTVEKBUM  UND  IM  ACC-  C.  IHF. 

Wir  haben  hier  wieder  zuerst  dieselben  fUlle  wie  im  TorigV 
capitel  als  leicht  entschuldbar  zu  erwähnen ,  wo  das  fehlende  pna- 

'  quia  nequit.  qua  lege  licuit  teile  dixit  fiertt  mit  anbestiinmtai  üi^ 
ject  in  fieri.  *  die  (rcrinfrern  Tercnz-hss.  seUen  naneatlick  oft  « 

nach   einem  auf  -se  eudif^enden  inf.  hinzu,  der  Bembinus,    so  viel  ick 
Kohe,  nur  hec.  60.   215.  343.  550.  nd.  76  corr.  rec,  se  oder 
pronomen. 


im  accntatiTiii  com  InflnitifO  bat  diu  liMMiciwn  kondkan»  7S1 

sei  es  als  subject  eines  aco.  c.  inf.  oder  ab  objaet  eiiiit  andarn  Terbi 
in  unmittelbarer  nähe  der  ellipee  Torkam.  in  den  atatam  gdi0m 
mit  geringen  abweichungen  nnter  einander  ab.  mictL  1027  i$  wdk  ^ 
fixerem  aiebat  t%u>  gnato  dare:  ideo  aedifieare  Uc  veOe  aUbai  m  Mi. 
capt.  404.  694.  Men.  944.  irue.  I  9,  20£.  91.  103.  med.  978 f. 
Men,  895  f.  Ämph.  129  (yiellaieht  anoh  20  wagan  daa  glaieh  folgen« 
den  vos).  Cos.  621.  PoevL  993.  Ijpid.  69.  irm.  459  hemgnhrem .  • 
te  mihi^  quam  nunc  egperiar  esse^  eonfido  fort.  Mm.  1026.  And.  898. 
heaut.  181.  Fh.  205.  hee.  333. 392.  «d  71.  618.  749  f.  wo  ie  leieht 
aus  748  ergänzt  wird.  lu  der  iweiten  art  sind  ebenfalla  laUraiaha 
stellen  zu  rechnen,  von  denen  nnr  ainiga  hier  ihren  plats  finden 
mögen:  truc,  III  1 ,  6  quaerü  pairem:  dko  €$$$  im  mhe^  mdmfogo 
quid  tum  vdü.  II  7,  5.  Fers.  455  f.  mmt.  357  f.  md.  312.  Pöm. 
prol.  101.  114f.  734.  ^rifi.  102.  m^  931f.  992.  rud.  1867 f.  an 
l»5t,  hie  habet  vid/idum.  f  haiheo  d  fakor  em»  ajpiiii  m».  m^L  1268. 
OMn.  194  f.  452.  900.  CWre.  84.  680.  tNOi^.  1189.  AewT.  1060. 
Amph.  Ibb.  eist.  115.  Cos.  222.  JRerv.  661f.  SaedLlH.  mere. 
777.  aul  91.  212.  And.  402.  eim.  602.  796.  886.  keauL  IIA. 
881.  979.  Fh.  54.  hec.  76.  451  f.  666.  ad.  401.  402.  Aee.  776 
non  paenitä  me  famae^  sciam  feäsm  id  fuod  cUae  meretnea  facere 
fugitant,  sc.  me,  worauf  anoh  solam  bereits  hinfllhrt.  aneh  «lere. 
803 f.  era  quo  me  mieU^  adpairem^  non  eä  dorn:  ru$  äbit$9e  aibani 
darf  wol  mit  hierher  gestellt  werden,  es  bleibt  wiederum  naeh  ab- 
zug  dieser  und  ähnlicher  fälle  folgendes  übrig. 
Ä.  Ellipse  des  pronomens  ^r  ersten  person 

1)  im  Singular 

a)  beim  inf.  praes.  act.  1)  Ämph.  330  vix  ineedo  inams^  ne 
ire  passe  cum  onere  existumes.  2)  mgl.  971.  3)  ntd.  3311  4)  aiin. 
694.  5)  Stich.  248.  6)  mosl.  752.  7)  truc.  H  6,  46.  8)  true.  U  7, 
27*>.  9)  truc.  IV  2,  40.  10)  truc  V  1,  9.  11)  JPde».  361  f.  12)  Foen. 
712.  13)  aul  351.'  14)  And.  687.  15)  ad.  270  {hec.  215  hat  A 
das  proD.,  eun,  1026  bieten  mehrere  hss.  taceri).  16)  Afranius 
▼.  175. 

b)  beim  inf.  perf.  act.  And.  728  si  forte  opus  bU  ad  erum  fMriatfo 
mihi  non  adposisse. 

c)  beim  inf.  fut  act  1)  rud.  1213  dicUo  daiurum  meam  HU 
fUiam  uxorem.   2)  Stich.  265.   3)  most.  122  L 

d)  beim  inf.  praes.  pass.  1)  Fers.  268  f.  quid  faeid  mihi?  «er- 
beribus  caedi  iusserit,  pedicas  inpingi.  2)  Men.  776.  lusamman 
22  stellen. 

2)  im  plural  nur  Stich.  71  gratiam  si  (fiocey  peHmm,  spero  ah 
eo  inpetrassere  (Hermann  spero  nos).   susammen  mit  1)  23  stellen. 

B.  Das  pronomen  der  zweiten  person  ist  aasgelassen 

*  auch  moti,  272  gehört  vielleicht  hierher:  eüamne  wigMenüs  umguen* 
dum  cerufs?  kritisch  wie  grammatiseh  unaieher  ist  tmgL  710  f.  eim  forte 
K^ei/  fuUtet  feMt,  cetuerem  ewuni,  wo  zu  emeri  ebenso  gat  me  wie  «Ma 
ergänzt  werden  kann. 


732  AFunck:  die  auslasBung  des  BubjectapronoiiMnft 

1)  im  Singular 

a)  beim  inf.  praes.  act.  1)  Amph.  453  hane  nastraim  aikn  mm 
sinam.  2)  Amph.  908.  3)  trin.  832.  4)  Epid.  7.  ö)  JBpid.  63. 
6)  Pseud.  293.  7)  Men.  539/  8)  Ph.  413f.  {And.  450  findet  dmA 
das  gleich  auf  nachfrage  beigesetzte  te  seine  erledigong). 

b)  beim  inf.  perf.  act.  l)asin.  385  at  cenaeham  aUigisBej  pnpttm 
hucquiahahehasUer.  2)aül. 638.  3)aül. 64D.  i)heaui. 407.  5)Aee.361 

c)  beim  inf.  fut.  act  1)  Cure.  325  guo«  fi&i  sunt  parata^  jM^ 
gi4am  5cimi45  venturum,  2)  nio5f.  55  o  camii/icttcm  eribriMi,  fwi 
Cfcdo  /ore. 

d)  beim  inf.  praes.  pass.  1)  mgl,  70  od  mm  oroesn  iMÖffirf 
2)  Cof.  177.   zusammen  17  stellen. 

2)  im  plural.  abgesehen  von  dem  oben  bereits  als  leichtwkg«! 
emvtthnten  fall  Amph.  20  habe  ich  hier  nur  6ine  stelle  bei  AfrttM 
gefunden:  v.  217  ambon  adestis?  profuturos  arbUrür.  mnimiMi 
mit  1)  18  stellen,  mit  ii  41  stellen,  also  annähernd  dieselbe  ulilwii 
bei  gleichem  subjecte. 

C.  Ellipse  des  pronomens  der  dritten  person 

1)  im  Singular 

a)  beim  inf.  praes.  act.  zuerst  im  masculinam:  1)  oft 
602  audin  lapidem  quaeritare?  2)  wgl  848.  3)  rud.  1095.  4)«m 
736.  5)  Ctirc.  226.  6)  Pseud.  861.  7)  mast.  426.  8)  wufä.  SU 
d)most.  953.  10)  merc.  453.  11)  Mm.  797.  12)  Cos.  8S01 
13)  Cas.  467  ff.  14)  Poen.  1080.  15)  BacA.  914.  16}  ctff .  S» 
(deponens).  17)  And.  553.  18)  euii.  262  (deponens).  19)  «mm.  557. 
20)  heaut.  171.  21)  ad.  414.  sodann  im  femininam:  22)1^1 
182  iuhe  huc  irafisire  quantum  possiL  23)  mgL  981.  24)  m;^  lOli 
25)  Stich.  336.  26)  Pers.  303.  27)  Pers.  642.  28)  Merc  944£ 
29)  Men.  481  f.  30)  Cas.  125.  31)  ilnd.  517.  32)  kee.  412f.  (d« 
Stich,  arg.  5.  kritisch  unsicher  mgl.  1278,  wo  Hermann  sdoM 
iuhe  eam.  Stich.  253  kann  rogare  auch  von  twtt  abhAngen,  lyMV 
mit  'vermute  ich'  übersetzt  werden),  das  nentrum  wflrde  cfcn 
trin.  404  aus  7<oc  zu  ergänzen  sein:  esine  hoc  quoä  i^oo^  Ülfjiiiff 
l  quom  considero^  meminisse  videorfierij  wenn  nicht  die  anbestui^ 
heit  des  ganzen  ausdrucks  auch  zu  fieri  ein  bestimmteres  saljaeti 
behrlich  machte. 

h)  beim  inf.  perf.  act.   im  masc.    1)  asin.  437  iam  pro  If 
fecit  Sticho?   IT  fecisse  satis  opinor.   2)  Pseud.  469.*   3)  imera  SS& 
4)  cun.  827.   b)  heaui.  ISf.   6)  PA.  459  (kritisch  ganz 
heaut.  1001).    im  fem.   7)  Stich.  366f.   dum  percontar  _ 
ecquae  navis  venerit  ex  Asia  (ac^  negant  venisse.  bestimmter  8) 
]I  7,  21  attat  eccum  adest  propinque:  credo  audisse  haee 
9)  Ph.  9  f.  10)  hec.  489.  11)  hec.  638.  12)  Am.  667  (kritisch 
haft  merc.  706). 

^  Cas.  236  noH  hercle  opinor  posse  kann  ebenio  leleht  an  U  ttm 
cubare  wie  sa  hoc  fieri  ergänzt  werden.  Tgl.  369.  *  lielleiehl  ist 
nicht  etan,  sonderD  te  zu  ergänzen,  was  CDZ  wirklich  hielea. 


J 


im  AccnsatiTTiB  cum  infinitiTO  bfi  den  latefaiiMlMii  koniten.  7SS 

c)  beim  inf.  fot.  act.  ToUkommeB  den  biiher  bebiBdelteai 
Btellen  gleichwertig  sind  hier  nor  die  anfleciierten  formen.  1)  AmplL 
935  ah  propitius  sU  paiius.  f  etmfido  fort.  2)  cafiL  696  nUUlme 
rebiteij  siaä  confido  adfore,  3)  Epid.  873.  aUes  andere  rttokt  weit 
mehr  noch  als  bei  fehlendem  pron«  der  ersten,  zweiten  ond  der 
reflexiven  dritten  person  in  eine  parallele  mit  den  oben  ei*wllinten 
flectierten  Substantiven,  adjectiven,  genrndiven  nnd  partioipien  perf. 
pass.,  deren  endung  einigermaszen  ftr  das  fehlende  pron.  ia  gewilur 
leistet,  an  unzweifelhaften  acc.  c.  inf.  — -  aaeh  wo  esie  fehlt  —  ge- 
hören hierher  4)  cap^.  268  sed  utrum  sMcHmne  aUamumm  äieam 
esse  an  per  pedinem^  nesdo.  6)  AmxA.  284.  6)  inerc.  667  f.  7)  eU. 
317  d  8cio  vetUuram,  8)  And.  976.  9)  WL  626  f.  10)  Fk.  1022. 
bis  auf  eist.  717  stets  mase.'  Oas.  118  f.  namque  übi  amareandi» 
w^ntum  ineritj  quoivis  piaciiurumeredo  liest  der  allgemeine  anadmek 
keine  bestimmte  entscbeidung  zn,  ob  emm  aus  4mMr  oder  4d  aus  am- 
dimenium  oder  gar  ein  ganz  unbestimmtes  snbject  zn  erglnzen  ist. 

d)  beim  inf.  praes.  pass.  l)aeMi.  626  uUro  expeU$ri$,  uUro  ad  ie 
arcessi  iubes,  sc.  eum.  2)  Foen.  254.  8)  And.  955.  im  fem.  4)  Pers* 
314  secari  iubeas,  sc  eam.  5)  Cos.  368.  6)  And.  546.  7)  And. 
740  f.  8)  hec.  1 85,  jedesmal  in  der  Verbindung  von  areesri  mit  Meo. 
xusammen  62  stellen. 

2)  Dieser  groszen  zahl  von  ellipsen  des  pron.  tf  im  sing,  stehen 
auch  hier  verbältnismäszig  wenige  mit  fehlendem  plur.  pron.gegenOber. 

a)  beim  inf.  praes.  act.  masc.  1)  capt.  114  sinUo  omMore,  Jt 
faris,  si  intus  voUni.  2)  capi.  420.  3)  rud.  659.  4)  Pers.  318. 
5)  ad.  428."  fem.  6)  Bacch.  1131  ecastar  sine  anmi  arhUrar  maiUia 
esse.   7)  most,  278. 

h)  beim  inf.  perf.  act.  l)ffios^.989  äUo  credo  comissatum  abisse^ 
sc.  eo8. 

c)  beim  inf.  fut.  act  1)  rud.  405  nam  extemph,  si  verbis  suis 
peterem^  daturos  dixit.  2)  Afranius  v.  359  sinuni  di  et  porro  passuras 
scio.  3)  And.  840  credo,  et  id  facturas  Davos  duduim  praedixit  mihi. 
ein  unflectierter  infinitiv  würde  vorliegen  ad  826  quae  ego  inesse  m 
Mis  Video ,  ut  confidam  fare  ita  ut  volumus,  wenn  nicht  dde  mOglich- 
keit  immerbin  zuzugeben  wftre,  dasz  in  fare  ein  unbestimmtes  sub« 
ject  stiitt  des  bestimmten  eas  stecke,  zusammen  11  stellen,  mit 
1)  73  stellen,  mit  A  und  B  114,  alles  in  allem  198  stellen. 

Ich  glaube  in  dieser  Untersuchung  die  grenzen  einer  ellipse  so 
eng  gezogen  zu  haben,  wie  nur  irgend  erwartet  werden  darf,  dasz 
es  auch  bei  den  gezShlten  flülen  kaum  je  an  bestimmteren  anhalte* 
puncten  zur  ergänzung  des  subjects  gefehlt  hat,  bedarf  keiner  weitem 
auseinandersetzung.   einer  der  augenscheinlichsten  darunter  ist  die 


^  auch  heaut.  866  mit  dem  UDpertÖDÜchen  setUcet  Hesse  sieh  hierher 
liehen:  id  eti  profecio:  id  amicae  dMiur.  f  scSäcel  d^Uumm,  so.  «mm 
e9se.  *  auch   aul,  24S  hie  apud  me  hortmm  eomfodere  huH  gehSrt  wol 

hierher,  obwol  Dicht  ein  prooomeo,  tondem  ein  nicht  genanntes  nomea 
selbst,  etwa  tervoSf  sn  erginsen  ist. 


734  AFunck :  die  auslassung  des  subjectspronomens  im  acc.  cnm  iuL  unr. 

aasdrücklicbe  erwäbnung  des  feblenden  als  subject  einas  nahe  itebcn- 
den  Satzes,  zb.  eist,  320  vir  fuos  sivenid^  iuhe  dond  cgpemer, 
Cure.  226.  iS^/c^.  386.  366f.  nt^^.  182.  capt.  636.  018.250.467. 
Änd.  976. 

Die  dargelegten  tbatsacben  fübren  zu  folgenden  ei^bnüaei: 

1)  die  ellipse  des  subjectspronomens  im  acc  c.  inf.  war  in  der 
spracbe  der  altlateiniscben  komiker  überall  durchaus  gewAhnü^ 

2)  eine  anlebnung  an  griecbiscben  Sprachgebrauch  ist  deshalb  u- 
denkbar,  weil  im  lat.  die  fölle  von  ungleichem  subject  im  regiem* 
den  und  abhängigen  verbum  nicht  nur  ebenso  gut  erlaabt,  senden 
sogar    zahlreicher    sind  als  die  mit  gleichem  sabject   (114:84). 

3)  das  pron.  der  dritten  person  ist  bei  gleichem  subject  annfthernd 
ebenso  oft  fortgelassen  wie  die  der  beiden  ersten  zusammengenomnwi 
(39:45  der  ersten  und  zweiten  person);  bei  ungleichem  snbjeei 
beträgt  die  zahl  der  stellen  mit  fehlendem  is  nicht  sehr  viel  weniger 
als  das  doppelte  der  beiden  andern  personen  (73  :  41) ;  die  praao- 
mina  der  ersten  und  zweiten  person  stehen  einander  durchweg  ^ewk 
(25  der  In  zu  20  der  2n  person;  23  der  In  zu  18  der  2n  penoi). 

4)  gegenüber  der  groszen  zahl  von  fllllen,  wo  ein  pron.  im  sing,  n 
ergänzen  ist ,  sind  die  mit  ausgelassenem  pron.  im  plur.  auffalleii 
*n  der  minderzahl:  nos  2  -f-  Imal,  vos  2  +  Imal,  se  Imal^  eo&  MI 
II mal,  zusammen  ISmal.  5)  die  ellipse  ist  weitaus  am  gewOba- 
licbbten  bei  dem  inf.  praes.  act-,  von  198  stellen  an  111;  derill 
perf.  an  41,  der  inf.  fut.  act.  an  34,  der  inf.  praes.  pass.  aalt 
stellen,  letzterer  nur  bei  ungleichem  subject;  ein  inf. perf.  pass.  nt 
ausgelassenem  pronomen  der  In  und  2n  person  oder  se  fehlt.  6)dii 
zulässigkeit  der  ellipse  ist  von  dem  regierenden  verbum  vOUig  u* 
abhängig;  an  den  angeführten  stellen  finden  sich  53  der  maogU- 
tigsten  hauptverba.  am  häufigsten  sind :  iuh€o{3^mB\)f  dico  (26aisl)^ 
aio  (16mal) ,  nego  (llmal),  sino  (9mal),  sciopromiUo  (je  8mal),  credi 
intellego  (je  7mal).  doch  fehlen  auch  nicht  ganz  singulare,  wie  ikfi 
{Irin.  832),  ifidaudio  {merc.  944),  rumorem  differo  {heoMi.  ll^ 
7)  eine  beschränk ung  der  freiheit  kann  demnach  nur  darin  gefia- 
den  werden,  dasz  das  pron.  selten  im  plund  und  viel  Ofternr 
einem  inf.  praes.  act.  als  vor  irgend  einem  andern  ausgelassen  wvrit. 

Kiel.  Antom  Fcorv. 

100. 

zu  GRIECHISCHEN  EPIGRAMMEN. 


In  GKaibels  ^epigi*ammata  graeca'  nr.  48  folgen  nach  nicht  sehr 
guten,  abiT  doch  unanstöszigen  hexaraetem  diese  verse: 
oiba  be  CGI  öti  kqi  Kaiä  ktic,  emcp  xpncToTc  T^pac  icriv, 
TrpiuTr)  coi  TiMai,  TiTGri,  Tiapä  nepc€q)6vr|  TTXoütuivi  tc  kcivtoi. 
Welcker  sylloge  s.  21   wollte  ^ie  gelten  lassen  und  sucht  sie  ab 
hcptameter  und  octometer  zu  rechtfertigen.  Eaibel  gibt  die  sduraU- 


RArnoldi:  tu  grieohiKihwi  epignauBfn.  9135 

gemein  gehaltene  anmerkong :  *notrio«iii  Hippootrste  dtflet  Tolgari- 
bu8  epigrammatum  eententiis  Terbiaqoe  abutens.'  aneh  hier,  dnln 
ich,  liegt  uns  der  fall  vor,  den  Oompert  za.  f.  d.  Oat.  gjBUU  1878 
8.  432  etwas  eingebender  bespricht,  auf  den  schon  Jacobs  aatli« 
Pal.  add.  s.  XCV  hinwies,  dass  diejesiigen,  welche  die  inschriAen  be-. 
sorgen  lieszen,  in  ihrem  streben  nach  danilichkeit  durch  hievaqf  be- 
rechnete zustttze  von  namen ,  sahlen  und  sonstigen  nSheren  bestim- 
mungen  das  versmasz  yerdarben.  das  archetypon  mag  hier  etwa  ge* 
lautet  haben : 
olba  bk  Kai  (oder  olb'  Sri  roA)  Kord  t^lc ,  clircp  xpv|CT0lt  T^poc 

CGI  Tipai  ITOpd  TT€pC€q>ÖVQ  TTXoiJTiuvi  T€  kcivtco^ 
und  die  von  dieser  herkOmlichen  grabschrift  gebranch  machenden 
setzten  TirOr]  der  genauem  beaeichnang  nnd  ir pifrn]  des.  aacbdmcks 
wegen  hinzu  und  überluden  so  den  uraprflnglidien  text« 

In  dem  unvollständigen,  nach  sinn  nnd  ansdmck  gleich  schwie- 
rigen epigramm  128  schreibt  Kaibel  ▼.  5  mit  OHennann  in  der 
Leipziger  LZ.  1829  s.  79  8oö  t6v  iiriXoiirov  £v  ß(qi  Xpövov  KoXfDc. 
flberliefert  ist  für  6oG:  Iffii  oder,  wie  man  bisher  annehmen  mnsta, 
genauer  ZH60I.  stimmen  so  Kaibel  nnd  Hermann  in  der  heilnng  des 
▼erderbnisses  flberein,  so  gehen  sie  in  der  erklftrong,  wie  dasselbe 
entstanden  sei,  offenbar  auseinander.  Hermann  nahm  ao.  i.  1189  an, 
der  Steinhauer  habe,  den  sinn  des  verses  im  allgemeinen  in  gedenken, 
snnächst  If]  gesetzt,  dann  aber,  auf  seine  vorläge  blickend  nnd  sei- 
nen irrtum  gewahrend,  OoO  dahinter  auf  den  stein  gebracht,  anders 
Kaibel :  er  setzt  Ixji  (nicht  2If\)  an  den  rand  der  seile  und  bemerkt 
unten :  'Li}  saepius  in  marginis  aliquo  loco  scriptum  reperitur* ,  dh. 
er  denkt  an  jenes  liji ,  welches  andeutet  dasz  der  grabstein  bei  leb- 
zeiten  des  toten  gemacht  sei.  nun  hat  aber  der  stein  in  Wirklichkeit, 
wie  ich  durch  Kaibel,  der  ihn  in  Verona  selbst  gesehen ,  erfahre, 
ZHOI,  nicht  ZH601,  und  zwar  nicht  vor,  sondern  in  der  zeile.  dem- 
nach ist  die  Kaibelsche  erklttrung  geradezu  umn6glich,  die  Her- 
mann&cbe  höchst  unwahrscheinlich,  auch  dürfte  eine  andere  lOenng 
weit  näher  liegen,  man  stelle,  was  wol  ursprtlnglich  war,  her:  Ifi 
TÖv  ^TriXoiTTOv  ^v  ßiiu  xpövov  KoXtüC.  der  steinmeta  setzte,  um 
das  metrum  unbekümmert,  Lffix  statt  V\. 

nr.  30G  *\r\Tr]p  peOöbou,  *AciaTiK^,  irpocrdro,  x^^pc« 

TToXXd  likv  icOiä  naOuiv  q)p€ci,  iroXXa  b4  Xurpd. 
sollte  der  Verfasser  dieser  Inschrift  nicht  auch  den  zweiten  vers  eben- 
so gut  wie  den  ersten  als  einen  vollzähligen  hexameter  gebant  nnd, 
da  er  mit  den  worten  noXXd  p^v  ic&kä,  iroXXd  bk  Xuypd  (Od.  b  230) 
sich  un8  als  Homeriker  präsentiert,  nicht  auch  'OfAllP^KttiC  geschrie- 
ben haben  :  TToXXd  ^^v  £cdXd  iTa6Uiv  iTUKivaic  'q)pcc(,  iroXXd  5i 
Xirfpd  V  jenes  (ppcci,  das  so  nackt  gesetzt  recht  matt  und  überflüssig 
erscheint,  bedarf  schon  an  sich  hier  eines  stützenden  und  hebenden 
epithetons.  der  Steinmetz  übersprang  dasselbe.  —  Kaibel  merkt 
nichts:  an.   aber  schon  OHermann  erachtete  ao.  s.  80  u.  1194  eine 


736  RArnoldt:  zu  griechischen  epigrammen. 

ergänzung  mit  recht  für  notwendig  und  wollte  im  anschlnsz  an  die 
citierte  Homerische  stelle,  welche  vollständig  also  lautet :  TiJ  nXeicia 
qp^pei  2l€ibu)poc  äpoupa  q)äp^aKa,  noXXä  yxky  icOXä  ^€fiiT]Li€V<L 
TToXXd  bk  XuTpd'  trjTpöc  bi,  ?KacTOC  iiriCTCtfievoc  ircpi  ttoviüiv 
äv6pu)TruJV,  folgendermaszen  schreiben:  IT0XX&  jui^v  dcOXä  paOÜJV 
(ppeci  qpäp^QKa,  TioXXä  bk  Xuypd.  indessen  überschreitet  diese 
emendation ,  so  sinnreich  und  elegant  sie  ist  und  so  sehr  sie  es  Ter- 
dient  hätte  von  Kaibel  in  der  adnotatio  angeführt  za  werden,  dod 
weit  die  grenzen  einer  einfachen  ergänzung  und  mutet  dem  arbeite 
vielmehr  eine  totale  und  selbständige  Umgestaltung  des  sinnes  und 
die  auslassung  gerade  des  hauptbegriffs  zu,  die  nicht  angenommeB 
werden  darf,  während  die  un^rige  weiter  nichts  als  eine  leicfak 
flüchtigkeit  voraussetzt. 

nr.  587  v.  7  Jtvujc,  ij&  Trapobeiia,  Tic  f\\ir]V'  ouk  ^6V?]Öt)V. 
zu  OUK  dfevriOTiv  merkt  Franz  CIG.  6238  an:  'in  hoc  mjsticum 
quendam  sensum  inesse  suspicatur  lacobsius.  conf.  6298.'  wenn 
man  nun  6298  und  die  hier  wieder  citierten  nummern  6265  oaii 
6745  vergleicht,  in  der  hoffnung  etwas  für  das  verstftndnis  jeaer 
Worte  zu  gewinnen,  so  sieht  man  sich  geteuscht.  denn  die  werte  619*« 
öt'  dyiw  OUK  fjv,  TOUTO  näXiv  T^TOva  (vgl.  übrigens  bei  Kaibel 
nr.  646'')  oder  ouk  fi)LiTiv  Kai  £t€v6jliiiV)  ouk  dpi  xai  oO  XuiroCpa 
und  ouk  fJiLniv,  T^vö^nv  ^MHVi  ouk  ei^i'  TOcaGra  geben  doch 
einen  sinn,  jenes  nackte  ouk  ^Y€vrj6T]V  aber  ist  einfach  unsinnig, 
und  vielleicht  wird  man  auch  ohne  mjstik  auskommen  kennen,  m 
urteilte  auch  Kaibel,  bei  dem  wir  lesen:  'intellege  vix  me  vkm 
sensi.  tum  narratis  omnibus  mene  vixisse?  ne  natus  ^idem  wm»' 
allein  diese  seine  Interpretation  erscheint  ebenso  wenig  glaubhaft, 
wie  konnte  der  versificator  verlangen ,  dasz  jemand  Oedipus  gnvg 
sein  solle  um  unter  seinem  ^ich  wurde  nicht  geboren'  zu  Terstebei 
'ich  habe  kaum  die  empfindung  gehabt  zu  leben'  ?  und  weist  deni 
selbst  dieser  ausdruck,  als  vorhanden  angenommen,  klar  und  1m- 
stimmt  gerade  auf  die  kürze  des  lebens  des  verstorbenen  hin? 
welcher  gedanke  erfordert  wird,  zeigt  337,  6  ^TVUIC  Tic  fipffV  K^i 
TTÖGev  T^voc  Kupd»  oder  186,  1  et,  <piX€,  nuvOavcai,  t(c  fqHnr, 
H^V€,  TIC  b*  dTevrjOriv  usw.  danach  entschliesze  man  sich  xu  le£Ci: 
^Tvujc,  iD  napobciTa,  Tic  fiixT\y  ou  t*  ^TevriGiiv  *dn  weisztnim, 
wer  ich  war  und  wessen  söhn.'  wo  die  betreffende  namensangabe 
in  ganzer  Vollständigkeit  sich  befand  (den  ersten  teil  derselben  ent* 
hält  der  vorangehende  v.  6  'Hp6<piXov  b*  dKoXouv  ^€  irorrikp  Kid 
TTOTVia  HT\Tr\p) ,  wage  ich  bei  meiner  Unkenntnis  der  hierher  geh5- 
rigen  tecbnik  nicht  zu  vermuten,  dasz  aber  überhaupt  in  den  Tersci 
namen  vorausgesetzt  werden  und  beziehungen  anf  namen  ▼orkom- 
mcn ,  die  in  diesen  selbst  sich  nicht  finden  und  also  ausserhalb  der> 
selben  angebracht  waren ,  ist  ganz  natürlich  und  nicht  selten,  vgl 
bes.  nr.  127.  132. 

KÖNIOSBERO.  RiCHABD  ArXOLDT. 


738     FHankel:  das  römische  normallager  zur  zeit  dei 

Bekanntlich  bildet  das  römische  lager  bis  in  das  zeitidter  iki 
Marius  regelmSszig  ein  quadrat  (tö  p^v  cu)inav  CX^IM^x  Tivcioi  lilc 
crpaTOTTcbeiac  TCTpdTUüVov  icÖTiXeupov,  Pol.  VI  31,  10).*  dirum 
reicht  die  berechnung  6iner  seite  für  die  bestimmung  des  um&ngi 
aus.  doch  selbst  an  dieser  grundidee  ist  nicht  Oberall  festgehaltn 
worden.  Lipsius  setzt  2050  iSnge  und  2017'  tiefe,  Schelins  2050' 
länge  und  2150'  tiefe  an.  Hobortellus  und  Patricius  berechnen  ÖK 
Seite  des  quadrats  auf  2016%';  der  dux  ürbinensis  auf  2036';  Kleoi 
auf  2450'^;  Marquardt  früher  auf  2600'  und  jetzt  mit  Nissen  wi 
2150 \  alle  diese  gelehrten  mit  ausnähme  von  Marq.  I^  haben  bä 
ihren  berechnnngen  dasselbe  verfahren  eingeschlagen,  die  niig» 
meine  differenz  der  endergebnisse  schreibt  sich  also  offenbar  daher, 
dasz  die  methode  selbst  eine  falsche  ist,  dasz  alle  jene  schlflsseMf 
unsichern  grundlagen  beruhen,  welche  der  snbjectiven  aufbnqg 
einen  weiten  Spielraum  gestatten. 

Das  verfahren  selbst  ist  folgendes:  man  addierte  die  niiki 
welche  Polybios  erstens  für  die  tiefe  der  einzelnen  mit  römisdia 
truppen  belegten  strigae  angibt  (2  triarii  ä  50  «»  100,  2  ha»Uli 
ä  100  c=  200,  2  principe»  k  100  =  äOO),  dazu  zweitens  die  breite 
der  5  decumani  (5  x  50  =  250),  orittens  die  tiefe  der  interaDi 
(2X200  =  400):  summa  1150'.  so  weit  sind  alle  bearbdter 
einig,  die  ausätze  ftlr  die  tiefestellung  der  römischen  ritter  schwai* 
ken  bereits  zwischen  100'  und  200'.  die  platze  der  bundesgenosMi 
bestimmte  man  nach  analogie  der  römischen  quartiere,  hier  db 
bietet  sich  ein  besonders  günstiges  feld  für  conjectnren.  znnicU 
ist  weder  aus  Polybios  noch  aus  einer  andern  quelle  za  ersehen,  ob 
die  bundesgenossen  velites  stellen  oder  nicht,  bzw.  ob  diese  oderd» 
ihnen  entsprechende  truppe  neben  den  übrigen  socii  oder  anf  im 
intervallum  oder  auszerhalb  des  lagers  campiert.'   femer  hatte  ma 


ringert  hatte,  von  der  normaleD  gröaze  des  lagert  abgewichen  wiude*  M 
ans  Daheliegenden  gründen  selbstverständlich,  vgl.  Caesar  A.  ffoll.  VII A 
*  ich  gedenke  nur  über  das  einfache  lager,  in  welchem  ein  Mi* 
snlarisches  beer  von  zwei  legionen  mit  den  dasa  gehörigen  ■ocii  oir 
pierte,  zu  reden;  wenn  beider  coDsuln  beere  vereinigt  warea,  so  erliife 
das  lager  die  form  eines  oblongum.  ^  ich  werde  das  handbneh  to 

römischen  altertümer  von  Hecker- Marqnardt  III  abt.  2  mit  Marq.  I«  te 
Marquardt-Mommsensche  werk  bd.  V  mit  Marq.  II  bezeichnen. 
*  nach  der  ganzen  Zusammensetzung  der  bDodesgeoöstiiohen  contiogcili 
ist  es  zweifelhaft,  ob  bei  ihnen  velites  überhanpt  exiatiertea, 
velites  oder  eine  ihnen  gleiche  zahl  socii  ausserhalb  der  w&lla 
zubringen,  wie  Marquardt  will,  ist  militärisch  kaum  denkbar,  et 
dann,  die  wachen  innerhalb  der  nmwallung  eingerechnet,  ein  T 
drittel  der  gesamten  kampffähigen  mannschaft  det  heerea  wacMii 
thun,  also  für  den  nächsten  marschtag  müde  und  matt  tein,  wlhreni 
den  eigentlichen  vorpObtendienst  bei  der  feitigkeit  det  lagen  f 
etliche  feldwacben  genügen,  schon  die  römischen  Teiltet  tind  fir 
aufgäbe  mehr  als  ausreichend  stark:  denn  sie  haben  den  feiad 
avertiercn.  der  eigentliche  kämpf  beginnt  erst  am  fnti  der  wlllei  wlb* 
rend  heutzutage  die  feldwachcn  bereits  den  kämpf  anfsunehBta  vi 
den  feind  so  lange  hinzuhalten  haben,  bis  dat  grot  gefeebttbeielt  iiL 


FHankel:  das  rOmische  normallager  snr  seit  des  Pol^bios.     7S9 

bis  auf  Rlenze  eine  gSnzlich  falsche  Torstellong  Ton  der  xaU  der  hier 
lagernden  bundesgenössischen  cavallerie;  infolge  dessen  schwanken 
die  angaben  für  die  tiefe  der  beiden  alae  und  der  dazu  gehörigen 
reiter  zwischen  600  und  1100'.'  endlich  liegt  sftmtlichen  berecho 
nnngen  die  Voraussetzung  zn  gründe,  dasz  die  bundesgenossen  ebenso 
viel  terrain  erbalten  wie  die  Römer,  dasz  dagegen  ihre  quartiev^ 
nicht,  wie  es  doch  bei  den  rOmischen  der  fall  ist,  von  limites  durch* 
Bchnitten  werden  —  beides  Voraussetzungen  die  zwar  an  sich  sehr 
wahrscheinlich,  aber  nicht  zu  beweisen  sind,  aus  diesen  vieldeutigen 
elementcn  ist  dann,  je  nach  der  persönlichen  anffassnng  des  bearbei- 
ters ,  der  umfang  das  rOmischen  lagere  berechnet  worden. 

Nissen  verfHhrt  nur  scheinbar  anders,  wfthrend  seine  vorgSnger 
ans  der  tiefe  der  truppenqnartiere  den  umfang  des  lagerringes  za 
finden  suchten,  versucht  er  den  Iftngendurchschnitt  zu  bestimmen,  er 
rechnet  nemlich  (s.  29  ff.)  von  der  den  zehnten  manipeln  gegenOber- 
liegenden  lagerseite  beginnend 

intervallum  200' 

5  manipeln  -600 

kardo  (via  quintana)       50 

5  manipeln  500 

kardo  maximns  100 

zelte  der  tribunen  50 

praetorium  200 

kardo  100 

bundesgenossen  z 

intervallum  200 

1900  +  x' 
dieses  X,  ^den  längenraum  den  das  elitecorps  der  bundesgenossen 
einnimt',  hofift  Nissen  mit  hilfe  der  masze  bestimmen  zu  kOnnen, 
welche  Hyginus  für  die  lagerung  rOmischer  truppen  seiner  zeit  gibt, 
er  findet,  nach  construction  einer  anzahl  kardines,  von  denen  P0I7- 
bios  allerdings  nichts  weisz,  Masz  der  räum  der  legionsfiisztruppen 
(zur  zeit  des  Polybios)  von  den  Verhältnissen,  welche  Hyginus  be- 
zeichnet, nicht  erheblich  abweicht'  (s.  33);  dasselbe  setzt  er  dann 
betreffs  der  reiter  voraus,  nach  der  gewöhnlichen  anschauung  nimt 
der  reiter  mit  seinem  pfurde  viermal  mehr  terrain  in  anspruch  als 
der   legionar.    'dagegen  (sagt  Nissen)  rechnet  Hyginus'  nur  das 

jetzt  stellt  ein  einseines  bataillon  '/ides  mannsohaftobestandet  zur  wache, 
ein  re^iment  nur  '/e  usw.,  nach  dem  grandtats  dass,  je  grösier  die  sabl 
der  truppen  ist,  desto  geriDirer  die  procentsätse  an  wachen  werden. 
anszvrdem  war  das  erfordernis  an  wachen,  bes.  aaszenwachen  bei  den 
Römern  liedeutend  geringer  als  bei  uns:  denn  je  stXrker  die  stellang^ 
desto  ;rcringer  die  zahl  der  Vorposten.  AvOöler  'Caesars  gall.  krieg' 
I'  9.  LSG  aiim.  1  rechnet  für  den  Sicherheitsdienst  '/it  der  mannsohaft. 
7  Scliflius  6(K),  Roliertellus  und  Patricias  666Vt>  Liptius  667,  duz 
Urhineiisis  686,   5farq.  II  800,   Nissen  900,   Klenze   1100.  *  de  mum. 

cantr.  $  26  .  .  et  pedem,  quod  accipii  wUet  (dh.  der  infanterist),  redigo  ad 
duo  JtemtM^  quod  accipit  eques, 

48» 


740      FUankel:  das  romiBche  normallager  zur  zeit  des  Polybioft. 

2^/2fache  für  jeden  reiter,  und  es  ist  ganz  unglaublich,  dasz  sich  dai 
Verhältnis  derart  verschoben  haben  sollte.'  Nissen  Bchlieszt  nu 
weiter:  ein  Infanterist  bekommt  bei  Hygin  45D'i  ein  reiter  2V/2iBil 
mehr,  also  112V2Q'i  demnach  die  turma  von  30 — 33  mann  3500— 
4000  D^  folglich  erhalten  auch  die  ritter  bei  Polybios  nur  naid 
5000  D\  dh.  jede  turma  einen  abschnitt  von  100'  länge  und  50' 
tiefe,  sämtliche  300  reiter  der  legion  also  eine  1000'  lange  stzigi 
von  50'  tiefe,  ^nach  dieser  rechnung  liegen  auch  die  reiter  viel  be- 
quemer als  in  dem  lager  Hygins.' 

Das  allerdings  stimmt ;  dagegen  lassen  sich  gegen  die  rechniof 
selbst  begründete  einwendungen  erheben,  denn  wenn  Nissen  dm 
Verhältnis  von  1  :  2^^  auf  das  Polybische  lager  übertragen  wollti^ 
so  muste  er  trotz  seiner  obigen  Voraussetzung  sagen :  der  reiter  bä 
Polybios  bekommt  270  mal  so  viel  terrain  wie  der  legionar  beiPo- 
lybios,  nicht  wie  der  legionar  bei  Hyginus.  thatsächlich  ist  das  to- 
hältnis  der  betreifenden  quartiere  auf  Nissens  lagerplan  ein  gm 
anderes:  auf  einer  striga  von  nominell  50'  tiefe  and  1000' li^ 
stehen  (bei  Nissen)  600  triarier,  bzw.  300  rittctr;  es  verhSlt  siä 
folglich  der  platz  eines  triariers  zu  dem  eines  ritters  wie  1:1 
efifectiv  hätte  sich  also  zu  Hygins  zeit  das  Verhältnis  zwischen  csni- 
lerie  und  infantcrie  sehr  zu  gunsten  der  cavallerie  verschoben,  a^ 
gesehen  davon  hat  Nissen,  wie  Marq.  II  s.  395  anm.  5  bemerkt,  nidl 
beachtet  dasz  die  römische  reiterei  zu  Polybios  zeit  nicht  ans  gt- 
meinen  leuten,  sondern  aus  vornehmen  rOmischen  rittem  bestaali 
denen  man  doch  mindestens  so  viel  bequemlichkeit  wie  den  retten 
der  kaisorzeit,  also,  wenn  die  triarier  einen  50'  tiefen  raom  hehmr 
men,  wenigstens  75'  zugestehen  musz.  femer  ist  nicht  zu  Übs^ 
sehen  dasz  die  römischen  litter  mit  zwei  dienatpferden*  ini  M 
rückten  und  wahrscheinlich  ebenso  viel  troszknechte  mit  sieb  fllb^ 
ten.  dasz  in  spätem  zeiten,  wo  der  classenunterschied  für  den  dieiA 
im  beere  keine  bedeutung  mehr  hatte  und  cavallerie  und  infantn 
ohne  unterschied  aus  allen  elementen  der  bovOlkerung  sich  reoi- 
tiertc  oder  richtiger  die  reiterei  aus  römischen  bürgern  nicht  mek 
bestand ,  dasz  also  im  Zeitalter  Hygins  der  reiter  jene  beTorznfli 
Stellung  im  beere  nicht  mehr  einnahm  und  demnach  auch  im  lagv 
weniger  gut  versorgt  wurde  als  etwa  während  der  panischen  kriejpi 
das  scheint  denn  doch  nicht  so  unmöglich  wie  es  Nissen  angenott- 
men  hat.  zu  alle  dem  kommt  dasz  des  Polybios  werte  Nissens  BMi- 
nung  keineswegs  unterstützen,  die  betreffende  stelle  lautet  (VI  M^ 
3  11'.):  ccTi  b'  fi  T6  Tuiv  iTTTieujv  Ktti  Tiiiv  iTeüuJv  CKtivoiToiia  mvf" 

^  v^I.  dir  stellen  bei  Marq.  II  s.  312  anm.  6.  wenn  auch  f&r  Al 
Polybische  zeit  ausdrückliche  Zeugnisse  fehlen,  so  ist  doch  b«  tai 
stetig  gesteigerten  einflusz  und  rcichtum  des  ritterttandes  eiaa  H^ 
hcbung  der  alten  cinrichtung  nicht  denkbar,  auf  ihr  fortbeitete 
lassen  die  bedeutenden  fourageportioncn  schlietsen,  welche  der  efSM 
erhielt,  wahrscheinlich  führte  der  ritter  auch  noch  ein  {»aekpferd  mit 
sicli  (vgl.  Droyscn  ao.  s.  3G);  erlaubten  sich  doch  selbtt  die  MpoBSfi 
ein 011  (lorartigen  Inxus:  s.  Livius  epit.  57;  Sali,  fug,  46. 


FHankel:  das  römische  nomiallager  lur  leit  das  PÖljlitos.     741 

TTXrjcioc*  T(v€Tai  Tdp  tö  6Xov  cx%a  Kcd  Tf)c  cnM^i^SK:  xol  Tuiv 
ouXa^iDv  TCTpdtTUüVOV  (die  platze  für  die  manipeln  aber  baben 
quadratische  form ,  also  anch  die  für  die  türmen).  Tofrro  hk  ßXärct 
M^v  eic  Täc  biöbouc ,  ix^x  bi  tö  jüiIv  iif\KOC  dlptc^^vov  tö  irapd  Tf^v 
biobov  (IcTi  Totp  ^KaTÖv  irobdliv) ,  die  b*  ivX  tö  itoXO  xai  tö  ßdOoc 
tcov  TTCipdivia  TT016IV,  TiXfjv  TUIV  cu^^<iq(ulv.  also  nur  bei  den 
bundesgenossen  ist  es  regel  dasz  Iflnge  und  tiefe  der  lagerpUtie 
nicht  gleich  sind.  c.  29,  3  beiszt  es  weiter:  .  .  ToOc  Tptapiouc,  KOT* 
oäXa^öv  ^KdcTTiv  CTipdov,  iy  öjyioiqi  cxi'tficm  nO^oav  .  •  iviicu 
itoioüviec  TÖ  ßäOoc  toO  ^/jkouc  iK&QTf\c  aiMakec  Tifi  xal  xorrd  tö 
nXn6oc  fmiceic  die  inirtav  cTvai  toutouc  ti&v  öXXuiv  pepuiv.  also 
nur  die  triarier  erhalten  ihrer  geringem  stSrke  halber  die  hftlfte  der 
fUr  die  Uhrigen  truppenteile  normalen  tiefe,  das  iv  öpohfi  qc^otn 
kann  nicht  heiszen  'in  derselben  breite',  wie  Missen  s.  83  sagt,  son* 
dem  nur  'auf  einem  platze  von  fthnlicher  gestalt'.  die  ihnlichkeit 
der  plStze  aber  besteht  darin,  dasz  sie  gleich  lang  sind  (öjiOiOV 
cx^lMOt  ist  technischer  ausdmck  der  geometrie  «■  'fthnliche  fignr*). 

Da'nun  das  Verhältnis,  welches  Hjgin  ftir  cavallerie  nnd  infim- 
terie  ansetzt ,  der  Stellung  der  republicanischen  reiterei  nicht  ange- 
messen ist,  da  femer,  selbst  dies  Terhftltnis  Toraosgesetzt,  die  eqoites 
nicht  50,  sondern  75'  tiefe  lagerpUtze  erhalten  mflsten,  da  endlich 
des  Polybios  text  Nissens  annähme  nicht  als  berechtigt  erkennen 
Ifiszt:  80  ist  offenbar  dasz  die  zahl  50,  welche  Nissen  flbr  die  tiefe 
der  cavallerielagerplätze  ansetzt,  mindestens  nicht  als  einer  der 
factoren  gelten  kann ,  welche  man  einer  berechnnng  der  gesamten 
ausdebnung  des  lagers  zu  gründe  legen  darf,  somit  ist  die  znyer- 
lässigkeit  der  ganzen  rechnung  in  frage  gestellt,  auf  dem  ergebnis 
seiner  Untersuchung  fuszend  setzt  Nissen  die  tiefe  der  bundesgenös- 
sischen  reiterei  zu  je  100'  an;  den  pedites  der  socii  gibt  er  je  350', 
folgt  also  hier  einer  unerwiesenen ,  von  anderer  seite  lebhaft  be- 
strittenen annähme,  durch  addition  berechnet  er  dann  die  gesamte 
tiefe  des  lagers  auf  2150'. 

Das  exempel  wäre  damit  eigentlich  fertig,  doch  Nissen  fUirt 
fort:  mit  der  tiefe  des  lagers  ist  infolge  seiner  quadratischen  form 
auch  die  länge  gefunden.  2150'  ist  demnach  «s  1900  +  x  (s.  oben 
s.  739 j,  mithin  x  =  250.  dasz  auch  dies  ergebnis  den  obigen  aus- 
einandersetzungen  gemäsz  nur  zweifelhaften  wert  hat,  ist  klar;  doch 
auch  sonstige  bedenken  lassen  sich  dagegen  geltend  machen. 

Unter  jene  Summanden  gehört  noch  ein  zweites  z:  denn  bei 
Polybios  ätcht  nichts  davon,  dasz  der  lOOfÜssige  kardo,  welcher  die 
pars  postica  des  lagers  durchzieht,  sich  direct  an  das  praetorium  an- 
geschlossen habe,  es  heiszt  dort  nur  (VI  31,  5):  &f\Q  hk.  TOtJTOlC 
bioboc  änoXeiTTeTai,  TrXäTOC  TTobuüv  ^kotöv,  irapäXXiiXoc  piv  Taic 
TUIV  x»Xidpxu)v  CKnvaic,  ini  GdTcpa  bt  Tf|c  dropfic  [xal  CTpaniTtou 
KQi  la^ieicu]  TTapaTcivouca  napa  ndvTa  rä  irpociprui^va  \x4pr\  toO 
XcipaKOC ,  und  es  findet  sich  im  texte  nicht  die  leiseste  andentongi 
wie  viel  platz  jene  eztraordinarii ,  aufweiche  das  äf)c  toOtoic 


742      FHankel :  das  römische  uormallager  zur  zeit  des  Polybioi. 

bezieht,  eingenommen  hätten.  Nissen  bat  seiner  annähme  za  liebe 
die  hier  gemeinten  truppen  in  200-  bzw.  3ö0fÜ8zige  Vierecke  zu- 
sammengedrängt ;  ebenso  gut,  sogar  in  engerm  anschlasz  an  du  bei 
der  ganzen  lagorvermessung  hervortretende  charakteristische  ver- 
fahren der  agrimensoren,  könnte  man  ihnen,  ohne  den  werten  des 
Polybios  im  geringsten  gewalt  anzuthun,  längenstreifen  (strigM) 
von  400  bis  700'  mit  100'  tiefe  anweisen,  aus  dem  gesagten  gekl 
hervor  daäz  auch  Nissen  seine  berechnung  des  lagerumfangs  nf 
Voraussetzungen  gründet,  die,  wenn  auch  an  sich  sehr  scharfsiimig; 
doch  zum  gröszern  teil  nicht  bewiesen  werden  können. 

Es  ist  bezeichnend,  wie  Marq.  II  (s.  402),  der  sich  in  derneaa 
bearbeitung  in  der  lagerfrage  sonst  Nissen  angeschlossen  hat,  bü 
den  zahlen  verfährt,  die  für  dessen  berechnung  grundlegend  siii 
den  römischen  reitcrn  gibt  er  100'  tiefe  statt  50,  den  reiterads 
socii  150'  statt  100,  ihrer  infanterie  nur  250':  denn  die  Telites(f^ 
oben  anm.  6),  welche  Nissen  hier  unterbringt,  stehen  nach  ihn 
auszerhalb  der  wälle. 

Durch  die  bisherigen  ausführungen  glaube  ich  gezeigt  zn  hibo, 
dasz  die  von  den  meisten  bearbeitern  eingeschlagene  methode  Ar 
die  berechnung  des  lagerumfangs,  die  bei  der  Unsicherheit  des  ge- 
gebenen materials  zu  so  auffallend  verschiedenen  resal taten  gefUit 
hat,  schwerlich  die  richtige  sein  kann,  auch  Rlenze,  der  1450' ib 
das  masz  einer  lagerseite  angibt ,  ist  auf  die  eben  geschilderte  wein 
zu  jener  zahl  gekommen,  doch  ist  er  nächst  Niebubr  der  erste,  wel- 
cher auf  die  bcdeutung  der  limitation  für  den  lagerbau  ernstlich  aof* 
merksam  gemacht  (philol.  abh.  s.  129)  und  die  seitdem  gellofigfi 
ausdrücke  decumamis  und  kardo  niaximtis  für  die  beiden  hupk- 
straszen,  welche  das  lager  der  länge  und  tiefe  nach  durchschneidÄi, 
wieder  eingeführt  hat.  auf  seinem  lagerplane  findet  sich  auch  berött 
die  groma  verzeichnet  als  ideeller  mittelpunct  des  ganzen;  sie  vX 
von  der  wallsoite,  welche  Poljbios  die  vordere  nennt,  1250',  vm 
der  entgegengesetzten  1200'  entfernt.  —  Marq.  I  gieng  weiter  m' 
setzte  die  groma  als  den  wirklichen  mittelpunct  des  lagers  an.  ai 
steht  bei  ihm  auf  der  mitte  der  via  principalis;  die  halbe  IftngodH 
lagers  beträgt  demnach  1300'  (50'  die  hälfte  der  via  prindpali^ 
1000'  die  länge  der  manipeln,  50'  die  via  quintana,  200'  daaintflr 
Valium),  die  länge  des  ganzen  also  2600'. 

Wenn  man  nicht  überhaupt  darauf  verzichten  will,  für  den  nn- 
fang  des  römischen  normallagers  bestimmte  zahlen  aufzustellen,  M 
scheint  nur  noch  der  weg ,  den  Marq.  I  betreten,  aussieht  anf  erfidg 
zu  versprechen,  denn  einfach,  aus  dem  bei  Polybios  vorliegend« 
material  ohne  Schwierigkeit  erfindlich  musz  die  lösung  der  finfi 
sein,  fest  bestimmt  und  keiner  Zufälligkeit,  am  wenigsten 
täglichen  Wechsel  unterworfen,  wie  Drojsen  will,  mOssen  die 
sein,  mit  denen  die  zur  absteckung  des  lagers  commandierten  oS- 
ciere  zu  operieren  haben,  diese  Voraussetzungen  trsflfen  nicht  n 
für  die  tiefe  der  truppenaufstellung ,  die  Polybios  fUr  gann  ooqpi 


FHankel:  das  rOmitohe  Bonoallagtr  siir  leit  des  F^iljUoi.     74S 

nicht  einmal  andeutet,  die  nach  Poljbios  überhinpi  je  nadh  der 
stärke  der  contingente,  wenn  auch  iwischen  engen  grenzen,  sohwaa- 
ken  kann. 

Fest  steht  nur  das  pf^KOC  der  lagerpUtze  in  der  pars  aatioa, 
nicht  das  ßdOoc;  aus  diesen  zahlen  mnaz  also,  wenn  ea  überluuipt 
möglich  ist,  ein  rückschlusz  auf  die  grösze  des  ganzen  lagen,  zu* 
gleich  auch  auf  das  ßddoc  der  quartiere,  so  weit  dasselbe  nicht  ana- 
drttcklich  angegeben  ist,  gemacht  werden  k0nnen.  Marquardt  hat, 
wie  schon  bemerkt,  seine  firtthere  ansieht  zurflckgenommen  und  ist 
im  ganzen  Nissen  gefolgt,  jedoch  nicht  ohne  einige  wesentliche 
änderungen  in  den  einzelnen  ansfttzen  vorzunehmen,  welche  Nissena 
ganze  arbeit  in  ihren  grundlagen  erschQttem:  denn  wenn  eine  atrig» 
für  300  reiter  nicht  50'  tiefe  erhält,  dann  sind  auch  die  übrigen 
zahlen  fUr  tiefe  und  breite  des  lagere  unrichtig,  als  moti?  seiner 
meinungsänderung  gibt  Marq.  11  (s.  402)  an:  Nissen  bemerke  mit 
recht,  dasz  jene  läge  der  groma  fdr  das  lager  selbst  weder  beseogt 
noch  auch  an  sich  wahrscheinlich  sei,  da  man  aus  der  zahl  der  lagern- 
den truppenteile  schlieszen  müsse,  dasz  der  vordere  teil  des  lagen 
bei  weitem  gröszer  war  als  die  pars  postica  desselben.  Nissen  legt  bei 
seiner  beweisführung  (s.  28)  den  hauptaocent  darauf  dasz,  die  bwech- 
nung  von  Marq.  I  vorausgesetzt,  *die  hintere  hälfte  ans  groszen  leeren 
räumen  besteht,  die  nach  allem,  was  wir  von  lagerordnnng  und  -leben 
wissen ,  bich  schlechterdings  nicht  bevölkern  lassen*. 

In  der  pars  postica  befinden  sich  nach  Poljbios  angaben  1)  die 
zwölf  tribunenzelte,  2)  das  praetorium,  3)  die  quartiere  für  die  evocaü, 
eztraordinarii  und  auxilia  (äXXöq)uXoi),  4)  das  quaestorium  und  das 
forum,  von  dem  gesamten  flächeninhalt  sind  von  vorn  herein  zu  sub- 
trahieren 450'  tiefe  (für  das  intervallum  rechts  und  links  und  den 
50'  breiten  decumanus  maximus),  femer  400'  länge  (für  die  via  prin- 
cipalis,  den  lOOfUszigen  kardo  und  das  dritte  stück  des  intervalls); 
alles  übrige  terrain,  so  weit  es  nicht  von  den  tribunenzelten,  dem 
praetorium  und  den  truppen  in  anspruch  genommen  wird,  bleibt  für 
quaestorium  und  forum,  und  das  sind  die  leeren  platze,  auf  welche 
Nissenä  bemerkung  zielt,  von  ersterm  heiszt  es  bei  Poljbios  VI  31, 1, 
dasz  es  bestimmt  sei  T({i  T€  lapiciip  Kttl  TaiC  &|uia  TOUTip  XOpffficuc, 
dh.  also  es  befindet  sich  hier  der  Stapelplatz  für  die  fourage-  und 
getreidevorräte  und  die  sonstigen  armeebedürfnisse,  oder  wie  wir 
aagen  würden :  der  platz  ist  bestimmt  zur  aufnähme  der  intendantor 
und  des  trains. 

Bekanntlich  wird  dem  römischen  Soldaten  ein  für  längere  zeit 
—  eine  Verpflegungsperiode  umfaszt  gewöhnlich  17  tage  —  berech- 
neter proviant  zugemessen,  den  er  auf  dem  marsche  selbst  zu  tragen 
bat.  diese  bei*eits  ausgegebenen  rationen  können  natürlich  nnter 
den  getreidevorräten,  welche  auf  dem  quaestorium  lagern,  nicht^ver- 
standen  sein,  was  meint  also  Poljbios?  der  infanterist  erhält  nach 
Pol.  VI  39,  12  monatlich  ungefllhr  Vs  ®^>^^  attischen  medimnna 
weizen,  macht  für  18000  mann  12000  med.;  der  rSmiache  eqoee 


744     FHankel:  das  römische  normallager  ziir  zeit  dea  PoItImob. 

empföngt  2  medimnen,  macht  für  600  mann  1200  med.,  der  bmfa- 
genössischc  reiter  IV3  medimnus,  macht  f(ir  1500  mann  2000  wL 
in  summa  beträgt  der  monatliche  bedarf  an  weizen  15200  medimMi 
oder  den  medimnus  zu  52,53  liter  gerechnet  (Hultsch  metroL  s.3tt} 
7984,55  hektoliter  weizen.   ferner  erh&lt  in  demselben  zeitimomte 
römische  eques  7  med.  gerste,  macht  für  600  mann  4200,  der  loda 
5  med.,  demnach  1500  mann  7500  med.,  in  summa  11700  mgdiiM 
gerste  =  6146,01  hektoliter.    es  würden  also  für  die  YerpÜBgOf 
des  etatmäszigen  heeres  und  der  cavalleriepferde  ftlr  einen  motä 
14130,57  hektoliter  getreide  erforderlich  sein. '**    ein  hektoliter  g^ 
treide  wiegt  durchschnittlich  75  kilo,  das  getreide  also,  weldwss 
consularisches  heer  (die  auxilia  usw.,  s.  anm.  10,  ungerechnet)  idohI* 
lieh  bedurfte,  1051)792,75  kilo.  diese  last  zu  bewegen  wOrden  10591 
tragthiere  nötig  sein,  wenn  man  die  tragfUhigkeit  eines  jedes flf 
100  kilo  anschlägt,    gesetzt  die  Intendantur  hfttte  nur  ftlr  ^inei«- 
pflegungsperiodc  (setzen  wir  dafür  nur  einen  halben  monat  an)  p» 
yiant  vorrätig  haben  müssen,  so  benötigte  sie  zum  transpofida* 
selben  5299  thiere.   angenommen  auch,  dasz  man  stets  in  derlei 
gewesen  wäre  am  tage  der  proviantausgabe  die  hälfte  der  erferdih 
liehen   getreidemasse  durch  requisition  aus  der  umgegend  zu  \t 
schaffen  (denn  erhielt  man  es  früher,  so  erforderte  der  transpoit  to 
noch  tragthiere),  so  bedurfte  man  zum  fortschaffen  der  andern  failli 
immerhin  noch  2650  lastthiere.    man  konnte  nicht  darauf  reckM 
so  viel  pferde  oder  maulesel  auf  dem  kriegsschauplatse  selbst  ai^ 
zutreiben :  denn  die  einwohner  der  bedrohten  gegenden  suchen  wi 
selbstverständlich  allen  leistungen  an  die  feindliche  annee  dnrdkii 
flucht  zu  entziehen."    man  muste  also  von  anfang  an  eine  gnat 
zahl  iumenta  mit  ins  fold  nehmen ,  wenn  nicht  die  Operationen  te 
heeres  durch  getreidemangel  lahm  gelegt  werden  sollten. "  noff 
den  tragthieren,   welche  für  den  getreidetransport  nötig  sind.M 
noch  eine  weitere  zahl  in  ansatz  zu  bringen  für  das  fortschaffin  Ik 
reservewafifen ,  der  etwaigen  beute ,  der  stangen  welche  man  bei  Itt 
absteckung  des  lagers  benutzte,  der  handmühlen,  kriegsmasAiM^ 
der  kranken  usw.   ich  glaube  demnach  nicht  fehl  zu  gehen,  wtf 
ich  den  bedarf  einer  consularischen  armee  an  iumenta  auf  —  gtf 

10  C8  würden  dabei  noch  nicht  eingerechnet  sein  die  portioaca  iV 
auxilia,  denen  man  infolge  ihrer  körperlichen  schwäche  (TgL  G 
h.  c.  I  78)  proTiant  für  längere  zeit  nicht  aufbUrden  könnt«;  aaek 
die  der  troszknechte,  so  weit  sie  unter  dem  befehle  des  qoaeston 
ebenso  wenig  die  fuurage  für  die  pferde  der  auxilia,  fUr  die  |^ 
thiere  der  Intendantur  und  der  legioneu  (letztere  allein  betragita 
Rüstow  hcerwesen  Caesars  s.  18  und  Marq.  II  ■.  414  geg«n  MOO  slW) 
und  für  die  pferde  der  hohem  officiero.  '*  s.  Caesar  A.  e,  I  48b 
in  dem  letzten  französisch-deutschen  kriege  atammten  die  meieiea 
portwagen  aus  Deutschland,  und  es  war  uns  oft  schwer  genw  aa« 
einen  einzigen  karren  in  Frankreich  selbst  aufzutreiben.  ""aoeiMll 
es  Caesar  im  Ilelvetierkrieg,  obgleich  er  sich  nicht  einmal  wlrkHil  fc 
feindesland  b^ßndet.  redempiores  =■  lieferanten  für  gatreide 
mehrfach  erwähnt,  so  Livius  XXXIV  9. 


FHax)kel :  das  römücbe  nomuülager  snr  leit  des  F^iljUoi.     746 


gering  gerechnet  —  2000  stüok  anachlage.  fQr  diese  thieie  und  die 
dazu  gehörigen  troszknechte  rnnsz  natOrUch  innerhalb  dee  lagerrings 
Unterkunft  geschafft  werden^  und  zwar  natorgemSsz  aaf  dem  qnaesto- 
rium.  auf  rosz  und  mann  100  D'  bodenflftche  gerechnet  ist  der  Isger- 
raum  für  den  train  auf  200000'  anzuschlagen.  ^  im  lager  Hjgins 
findet  sich  ein  platz  von  gleicher  ausdehnnng  nicht  mehr  vor.  natfir- 
lieh :  denn  erstens  waren  infolge  der  ganz  andern  Zusammensetzung 
des  heeres,  das  nun  aus  leuten  yon  geringer  herkunfl  bestand,  die 
bedürfnisse,  besonders  der  luzus  weit  geringer;  fSemer  ezistierten 
in  der  kaiserzeit  im  ganzen  rOmisohen  reiche  und  besonders  in  den 
^enzgebieten  verpflegungs-  und  waffenmagazine,  aus  welchen  die 
kämpfenden  truppen  alles  nötige  bezogen,  die  provindalen  leisteten 
?orspanndienste  —  denn  man  benutzte,  was  frtther  selten  geschah, 
Jamals  wagen  —  und  jene  lastthiere  waren  zum  grossen  tdi  flber- 
BOssig. 

Auf  allen  lagerplänen  findet  sich,  Polybios  angaben  entspre- 
shend,  ein  zweiter,  nicht  mit  truppen  belegter  platz,  das  forum* 
wozu  dient  das  forum?  für  den  marktrerkehr  nicht:  denn  die  mar- 
ketender  und  kaufleute  lagern  sub  voMo  an  der  decumana  (Caesar 
b.  Gall.  VI  37,  2).  als  promenadenplatz  Ar  die  Soldaten  auch  nicht: 
denn  die  Soldaten  bewegen  sich  zumeist  auf  der  Tia  principalis  (PoL 
VI  33,  4).  das  forum  ist  zunftchst  ,der  ort,  wohin  der  feldherr  die 
Soldaten  zur  contio  —  wir  würden  sagen  zum  appell  —  ruft,  es 
musz  demnach  20000  mann  fassen  kOnnen.  es  ist  femer  —  und  das 
ist  bei  weitem  die  hauptsache  —  der  Sammelplatz  für  die  truppen, 
wenn  das  alarmsignal  zu  den  waffen  ruft,  so  wenig,  wie  jetzt  etwa 
beim  schlagen  des  gencralmarscbes  die  einzelnen  compagnien  auf  den 
corridors  ihrer  casernen  bleiben,  sondern  ungesäumt  zum  Sammel- 
platz eilen,  oder  jetzt  etwa  ein  general  beim  nahen  des  feindes  seine 
bataillone  in  ihren  biwaks  stehen  läszt  und  von  hier  aus  Über  sie 
v^erfUgt,  so  wenig  ist  ähnliches  natürlich  je  bei  den  militärisch  vor- 
trefflich geschulten  Römern  der  fall  gewesen,  wie  jetzt  die  com* 
pagnien  zu  bataillonen ,  die  bataillone  zu  regimentem  usw.  zusam- 
mengezogen werden,  wenn  die  Schlachtordnung  formiert  werden  soll, 
so  musten  bei  den  Römern  die  centurien  zu  manipeln»  die  manipeln 
IM  cohorten  (vgl.  Pol.  XI  23, 1)  bzw.  legionen  zusammentreten,  kurz 
die  taktischen  verbände  musten  vollkommen  hergestellt  sein,  ehe 
man  zum  angriff  oder  zur  abwehr  schreiten  konnte.*'*   dies  war  aber 

*^  hierbei  bind  die  2000  thiere  nicht  mit  eingerechnet,  welche  den 
legionen  8peciell  zugeteilt  sind,  denn  diese  werden,  wenigstens  in  spä- 
terer zeit,  nach  Hygin  de  mun,  coitr,  1  in  die  tmppenqaartiere  selost 
eingentcllt.  dasz  der  platz  für  die  impedimenta  aach  sa  Caesars  zeit 
noch  ziemlich  umfangreich  gewesen  sein  moss,  darauf  deatet  eine  be- 
merkung  im  b.  Gatt.  IV  30,  1  hin:  .  .  cum  Britamd  pameiiatem  mätum  ex 
cattrorum  exiguitate  cognoscerenty  quae  hoc  erant  etiam  angueiiara,  auoä  Hue 
impedimentU  Caetar  legionet  transporiaverai,  ebenso  V  49.  **  vgl.  Livlos 
XXXVI  38  MinuciuM  utque  ad  tucem  intra  vailwm  miliiem  imttrueiMm  lenuU. 
ebd.  XXI  &9  heiszt  es  —  allerdings  von  Hannibal  —  ff.  pandi  pre- 


746     FHaokel:  das  römische  nonnallager  zur  zeit  des  Polybioi. 

nur  möglich,  wenn  ein  groszer,  völlig  freier'platz  im  lager  zu  diem 
zwecke  vorhanden  war. 

Der  platz  musz  so  gelegen  sein,  dasz  die  Soldaten  ohne  gewilt- 
same  Störung  der  lagerordnung  dorthin  gelangen  und  sogleich  in  dk 
gcfechtsordnung  ühergehen  können,  damit  sie  im  stände  sind  eiB« 
etwa  eingedrungenen  feinde  sogleich  die  stirn  zu  bieten;  er  matxftr 
den  höchstcommandierenden  und  die  höheren  officiere  leicht  emiek- 
bar  sein ,  weil  sie  zuerst  an  ort  und  stelle  einzutreffen  und  die  iMr 
gen  maszregeln  für  den  kämpf  zu  ergreifen  haben;  er  musz  endlid 
möglichst  in  der  mitte  des  lagers  sein ,  damit  bei  einem  angriff  tob 
rücken  oder  von  den  üanken  her  die  nötigen  truppen  sich  leicht  in  dk 
bedrohte  stelle  werfen  lassen,  in  der  pars  antica  ist  ein  für  diecoi- 
centrierte  aufstellung  gröszerer  truppenmassen  geeigneter  xaum|  dv 
diesen  anforderungen  entspräche,  nicht  vorhanden ;  fast  alles  temii 
ist  mit  zelten  besetzt,  das  lang  hingestreckte  intervallum  ist  daa 
viel  zu  schmal  und  liegt  auszerdcm  im  bereich  der  feindlichen  ge- 
schösse ;  ebenso  wenig  genügen  die  principia  und  die  Übrigen  Ijgvr 
straszen ,  abgesehen  davon  dasz  sie  für  die  communication  frei  Ue- 
ben  müssen,  der  einzige  freie  räum,  der  im  lager  noch  zur  verffigo^ 
steht,  ist  das  forum,  hier  können  sich  die  truppen  unbehindert  auf- 
stellen (Livius  XXIV  15  postero  die  ubi  Signa  coeperuni  canereiprim 
omnium  parat  i  instrudique  ad  praetorium  conveniunt).  hier  kannte 
consul  der  erste  auf  dem  platze  sein,  hier  ist  es  den  oflficieren  mOg^ 
lieh,  ohne  dasz  sie  sich  durch  den  ström  der  alarmierten  mannsditf- 
ten  hindurchwinden  müssen,  schleunigst  einzutreffen,  wie  es  ibn 
pflicht  ist  (Livius  XLII  58  tribuni  praefedigue  et  centuriones  infimt 
torium  .  .  lUscurrtint)^  um  die  herbeieilenden  truppen  zu  foraucRi 
und  sich  an  die  spitze  ihrer  abteilungen  zu  stellen,  hier  ist  endliek 
der  miitelpunct  des  ganzen  lagers.  auf  dem  forum  ordnet  der  foU- 
herr,  dessen  quartier  vor,  nicht  hinter  den  lagernden  truppen  seil 
musz,  sein  beer,  und  von  hier  aus  dirigiert  er  die  truppen  zur  ab- 
wehr,  bzw.  zum  angriff  (Livius  XXXIV  46  constd  arma  exierngk 
milites  capere  iussit;  armatos  inde  pauLisper  coni'muüy  ui  .  .  disfo- 
neret  copias^  ^uihus  quaeque  portis  erumperent),  es  bleibt  also  nsr 
übrig  dem  forum  eine  solche  ausdehnung  zu  geben,  dasz  es  seinsB 
doppelzwecke,  als  versamlungsort  bei  der  contio  und  als  sanund- 
platz  beim  alarm  zu  dienen,  wirklich  zu  genügen  vermag,  daflir  iil 
das  forum  bei  Nissen  und  Marq.  II  und  allen  bearbeitem  mit  mü- 
nahme  von  Klcnze  viel  zu  klein,  dasz  aber  sowol  forum  als  qnaoitip- 
rium  über  bedeutende ,  ja  selbst  für  ihre  bestimmung  mehr  als  n- 
reichende  ÜSchen  sich  ausgedehnt  haben  müssen,  dafür  sprechea  üb 
Worte  bei  Polybios  VI  32,  3  f.  iäv  bi  iTOie  nXcovdZq  TÖ  vS^  Cüfh 


pugnatoribu»  in  valio  portitque  posüix  ceieros  confertOM  in  wtedim 
recepit  inUntosque  Signum  ad  erumpendum  expeciare  iuuiL  ein  alarmsicul 
hatten  die  Römer  so  gut  wie  wir.  Livius  XLII  64  ti^num  4aAflB  Mf 
arma  extemplo  capiendi,  Polybios  XI  27,  6  ndvTUiv  bi  CUVtpcxÖVTW 
Karä  Töv  deicfiöv  d^a  tijj  cimf^vai.    vgl.  VIII  32,  7. 


FHankel:  das  römiBche  nomaUager  rar  teil  das  PdyUoa.      747 

idxtüv  ttXtiOoc  ,  f\  Tuiv  ii  äpxf)c  cucipoTCuoM^vuiv  ik  ti&v  bc  toO 
caipou  TTpocTivo^^vujv ,  Toic  iiiv  Ik  toO  KOipoO  irf>6c  Totc  itpo- 
LipiiM^voic  Kai  Touc  TTOpä  TÖ  CTponfJTiov  dvairUnpoOci  TÖirouc,  Tjjv 
itopoiv  Kai  TÖ  Ta^uTov  cuvcrroTÖvTec  elc  airöv  töv  KoreirciTOvra 
Tpöc  Tf)v  xP^ictv  TÖTTOV.  '*  die86  bemerkimg  dea  Polybioa  ftihrt  anf 
Binen  weitem  punot,  der  geeignet  ist  Niaaens  behaoptong  besOglieh 
ier  beeren  räume'  zu  entkritften.  bei  Polybioa  VI  31,  9  heiaat  ea: 
rö  b"  dTroXeiTTÖ^evov  ÜE  ^Kar^pou  toö  lU^vc  toutuiv  K^vuifia 
lapd  Tdc  iK  TUIV  TrXatiujv  irXeupdc  biboioi  toic  dXXo9uXoic  Kttl 
rolc  Ik  toö  KOipoö  irpocTivo^^voic  cuji^xo^c.  aeino  lagerbeaohrel- 
3ung  gilt  für  eine  zeit ,  wo  die  reiterachwftnne  Maaainiaaaa  mit  den 
-ömischen  legionen  gegen  Karthager  nnd  Spanier  fochten  and  in 
ierselben  umwallung  mit  ihnen  lagerten,  ihre  ansahl  betrog  in  der 
-egel  mehr  als  den  bestand  der  gesamten  italiachen  caTallerie.  natflr- 
ich  läszt  sich ,  wenn  man  es  untemimt  eine  akizze  dea  Polybiaoheii 
agerä  zu  entwerfen,  diesen  dXXÖ9uXoi,  da  ihre  atftrke  nicht  nor- 
niert  ist,  ein  bestimmt  abgegrenzter  terrainabachnitt  nicht  znmeaaen; 
nan  kann  ihnen  nur  so  viel  bodenflftche  anweiaeui  wie  nach  con- 
itruction  der  übrigen  lagerplätze  in  der  para  poatica  übrig  bleibt, 
lasz  die  grösze  jener  contingente  nicht  Ton  tag  au  tag  weohaelte, 
dso  auch  ihre  quartiere  nicht  alltSglich  eine  andere  aoadehnnng 
latten ,  liegt  in  der  natur  der  sache ;  jedenfalla  ateht  feat,  daaa  für 
lie  auxilia  im  normallager  des  Polybioa  ein  anaehnlicher  ranm  in 
knsatz  gebracht  werden  musz.  über  die  verteilang  der  bodenflftche 
m  einzelnen  lassen  sich  nur  Vermutungen  aufstellen.  Polybioa  ist 
lier  so  ungenau,  dasz  absolut  keine  der  sftmtlichen  akizzen,  welche 
lie  bearbeitcr  entworfen  haben,  für  *  unzweifelhaft  richtig'  gelten 
Lann.  doch  darum  handelt  es  sich  hier  auch  nicht;  wir  wollten  nur 
:eigen ,  dasz  für  jene  leeren  räume ,  welche  Nissen  auf  Marq.  I  nnd 
^lenzes  lagerplänen  tadelt,  recht  wol  eine  ausgibige  Verwendung 
lenkbar  ist.  ** 

Wir  kommen  nun  zu  dem  zweiten  puncto,  welcher  Nissen  bei 
^larquardts   ehemaligem    verschlag   anstüszig  war:   die  benutznng 

*^  man  sieht  hieraus  wie  streng  die  Römer  an  den  einmal  herge- 
>rachteD  inaszen  fosthalteu.  lieber  beschranken  sie  die  Areien  plfttse 
luf  das  absolut  notwendige,  als  daaz  sie  an  dem  Schema  für  die  laffer- 
ermessung  rüttelten,  wie  HDroysen  (s.  anm.  8)  es  will«  "  man  darf 
lus  Mvgins  fragmentarischer  lafrerbeschreibang  nar  sehr  vorsichtig  fol- 
^cruDgcn  für  das  lager  des  Polybios  sieben:  denn  das  heer,  fBr  welches 
lari  lager  Hygins  bestimmt  ist,  besteht  aas  gemeinen  sÖldnam  nnd 
»rovincialcD,  während  ea  Polybios  zeit  noch  die  römischen  bfirger  aller 
:1a8sen  zu  felde  ziehen,  infolge  dessen  ist  im  repablieanisoben  lager 
Mreit  mehr  rücksicht  auf  die  bequemlichkeit  der  trappen  genommen  als 
ipäter.  so  bekommt  zb.  der  infanterist  hier  8SV|D'  bodenflKche  (ISO 
nann  auf  lOOOOQ'),  bei  Hjgia  nar  86  bzw.  45Q  .  in  demselben  rer- 
lältuis  sind  bei  Poljbios  alle  übrigen  masze  reicher,  bieraas,  dasa  aoa 
1er  güDzliäh  umgestalteten  verpflegongsweise  and  lagerang  der  kaiser- 
ichen  armeen  erklärt  es  sich  auch,  wenn  im  lager  Uygins  grössera 
'reie  platze  sich  nicht  mehr  Yorfinden. 


748      FHankel:  das  römische  normallager  zur  zeit  des  Polybios. 

der  groma  für  rUckschlüsse  auf  den  lagerumfang,  niemand  ist  vlr- 
mer  für  die  beziehungen  zwischen  lagerbau  und  limitation  eingetze- 
ten  als  Nissen ;  nur  dasz  die  groma  dh.  der  schnei depunct  des  de«- 
manus  und  kardo  maximus  den  mittelpunot^  des  lagers  bezeichne,  hit 
er,  gestört  durch  die  groszen  platze  in  der  pars  postica  und  weil  es 
nirgends  bezeugt  werde,  nicht  zuzugeben  vermocht  (s.  28).  fttr  dasii 
wesentlichen  stücken  abgeänderte  lager  der  kaiserzeit  will  er  es  allor 
falls  gelten  lassen ;  aber  auch  da  stehe  es  unzweifelhaft  fest,  dasx  die 
groma  nicht  den  mittelpunct  einnehme. 

Dasz  die  groma  wenigstens  in  der  kaiserzeit  nicht  von  allen  seita 
des  walles  gleich  weit  entfernt  war,  ist  natürlich :  denn  die  lager  wsra 
zumeist  castra  tertiata,  dh.  ihre  tiefe  (1600')  verhielt  sich  zurllnge 
(2400')  wie  2  :  3. '^  Uygin'^  wird  also  die  castra  quadrata,  dh.dk 
älteste  form  des  lagers,  die  auch  später  noch  gebräuchlich  war",  in 
äuge  gehabt  haben,  dasz  bei  regelrechter,  unter  gQnstigen  vezliilt- 
nissen  ausgeführter  limitation  die  groma  das  centrnm  des  gama 
territoriums  war,  ist  sicher;  es  ist  auch  Nissens  meinung  (s.  15).  dii- 
selbe  princip  gilt  für  die  anläge  von  städten  {haec  est  canstiiuendonm 
Umitum  ratio  pulcherrimd)  und  wird  jederzeit  angewandt,  sobald  ei 
die  örtlichkeit  gestattet. '°  diese  möglichkeit  liegt  bei  der  lagereoi- 
struction  fast  immer  vor :  denn  das  lager  wird  auf  unbebautem  temil 
errichtet,  während  bei  colonialvermcssungen  der  gromatiker  meist 
auf  schon  vorhandene  stadtanlagen  rücksicht  nehmen  mnsz.  dv 
gromatiker  Hjginus  hebt  zweimal  hervor,  dasz  das  verfahren  beidv 
anläge  von  stildten  dasselbe  gewesen  sei  wie  bei  dem  aufscUagft 
eines  lagers ;  umgekehrt  vergleicht  Polybios  zweimal  das  lager  aüK 
einer  stadt:  .  .  Ta  b^  KQTd  ^€poc  fjbii  rfic  T€  ^u^OTopiac  dv  oui) 
Kai  Tfic  dXXric  oiKOVOjLiiac  nöXet  napaiiXiiclav  kx^i  nPjv  btd6€Cif 
(VI  31,  10  und  ähnlich  VI  41,  11).  was  das  forum  für  die  stad^ 
das  war  der  schnittpunct  des  decumanus  und  kardo  maximus,  & 
die  groma  für  das  lager  ^',  demnach  also  das  centrum  des  gansei. 
wenn  die  principicn  für  lager-  und  städteconstruction  zur  kaiseneÜ 

''  Hy giuus  tie  »tun.  castr.  21  hoc  dixi  tertiata  ut  puta  lottgwm  piiu 
CJDCIOCCCC,  Ititum  pedes  CIDDC,  »"^  Hyfr.  grom.  de  lim,  const,  ■.  181 
(Lach mann)  quihusdam  colonm  postea  consdiulis,  sieut  in  Africa  Admedentt 
decimanus  maximiut  et  kardo  a  civitate  oriuntttr  et  per  quattuor  poHm  ii 
morem  caslrorum  ut  viac  ampHssimae  limitibus  diriguntur,  haec  est 
stituendorum  Umitum  ratio  piilchtrriiMi:  nam  colonia  omneit  quaitmor 


loci  qualitas   aut  necessitas  postnlaverit  ^   castra  facienda  tmU. 
grom.   de  lim.   const,  8.   180  hanc   (vgl.    unm.  18)  conntituendanem 
rationem   servurt*  debebimux^   si  huic  postulationi  et  locürum   natura 
ijahit,     elienHo  s.  181  itaque  xi  loci  natura  permittit^  rationem  Meiwmn 
mux:  sin  autem,   projcimum  rationi  usw.  *'  Hjginus  de  aum.  teutr,  li 

.  .  gromae  locus  appellatur^  quod  turha  ibi  congruaty  dam  Hjg.  groa.  db 
lim.  const.  8.  180  .  .  in  castris  groma  ponitur  in  tetraniem^  ^nm  ««Arf  ti 
forum  conveniatur. 


/ 


FHankel :  das  römiiohe  noxmaUagtt  mr  i«it  dei  PdJtjUoi.     749 

die  gleichen  sind,  so  gilt  dies  in  erhöhtem  maese  für  das  seitftlter 
der  republik:  denn  je  weniger  cultiTiert  ein  Tolk  ist,  deeto  fester 
hält  CS  an  religiösen  formen,  nnd  die  errichtang  des  templum  war 
von  unvordenklicher  zeit  her  ein  religiöser  act.  die  groma  als  mathe* 
malischen  mittelpunct  des  lagere  anzosetzen  ist  demnach  nur  eine 
natürliche  consequenz  des  satses,  dass  die  Termessnng  der  lager- 
rftume  auf  gromatische  institntionen  snrttckzaf&hren  sei.  der  sati 
findet  seine  besttttigong  durch  die  Terhftltniase  der  lager  Caesars, 
welche  Napoleon  lÖ'*  ausgegraben  hat.  die  lager  an  der  Azomi 
und  vor  Gergovia  sind  —  von  einigen  ganz  geringen,  durch  die  be» 
schaffenheit  des  terrains  bedingten  abweiehungen  abgesehen  —  voll- 
kommene quadrate,  und  die  beiden  hauptstraMon  treffen  sich  genan 
im  centrum  des  ganzen  territoriums. 

Da  mm  das  verurteil,  welches  Nissen  wegen  der  'leeren  rftume' 
hegte,  sich  als  unbegrCLndet  erwiesen  hat,  da  femer  die  groma  nicht 
nur  theoretisch,  sondern,  wie  Caesars  beisinel  zeigt,  auch  in  praxi 
den  mittelpunct  des  lagere  bezeichnet  hat,  so  wttste  ich  nicht  was 
an  dem  frUhem  verfahren  Marquardts,  mit  hilfe  der  groma  den  um- 
fang des  lagors  zu  bestimmen^  prinoipiell  noch  zu  tadeln  wftre.  aller> 
dings  bat  Marq.  I  bei  der  bex^nung  selbst  einen  fehler  gemacht; 
er  setzt  nemlich  die  groma  in  die  mitte  der  prindpia,  wfthrend  der 
schnittpunct  des  kardo  maz.  (der  ibOe?a  bei  Polybios)  und  des  decn- 
manus  max.  (der  senkrechten  bei  Pol.  VI  28,  2),  wie  aus  Polybios 
ganz  klar  hervorgeht*^,  50'  weiter  nach  den  legionen  zu  liegt,  auch 
Hygin  sagt  dasz  die  groma  ad  viam  principaHem^  nicht  auf  dem  platze 
selbst,  und  zwar  inmitten'*  des  weges  der  zum  praetorium  führt,  ge- 
standen habe,  dasz  man  von  hier  aus  ebenfalls  alle  vier  thore  hat 
sehen  können ,  ist  selbstverständlich. 

Von  der  groma  aus  bis  zu  dem  walle  (bzw.  dem  graben),  an 
welchem  die  zehnten  manipeln  der  legionen  stehen ,  beträgt  die  ent- 
femuDg  1250'  (500  +  50  -f  500  -f  200);  demnach  ist  auch  die 
pars  postica  auf  1250'  anzusetzen,  und  der  gesamte  durchmesser  des 
Polybischen  normallagers  ist  nicht  auf  2600',  wie  Marq.  I  wollte, 
sondern  auf  2500'  zu  bestimmen  (2500'  =  250  ruthen  [decempedae 
oder  perticae]  oder  500  passos).  der  umfang  des  ganzen  lagerterrains 
stellt  sich  ulso  auf  10000'  <=  1000  perticae  «»  2000  passus,  und 
der  RUcheninhalt  desselben  auf  6250000  O'.  dies  dflrfte  so  zu  sagen 
der  bruttoumfang  und  -Inhalt  des  für  das  lager  abgegrenzten  raumes 
sein,  denn  es  drängt  sich  hier  die  frage  auf:  gelten  diese  zahlen  fttr 
das  lager  excl.  oder  incl.  wall  und  graben?  Polybios  sagt  VI  31, 11 : 
TÖv  b€  x^^potKa  TUfv  CK11VUJV  ä9tCTäci  KaTä  Ttäcoc  T&c  iTriqMXveiac 

«  Rtlas  de  riiistoire  de  C^sar  pl.  9  u.  2«.  "  Pol.  VI  28,  2  bixo- 
TOMHcavTcc  Ti\y  Trpo€tpim^vr)v  cOBetav,  dnö  toOtou  toO  amciou  (das 
würdf  «lie  groma  seio}  Trpöc  öpOdc  tQ  TP^M^Q  •  •  iropCMßdXXouciv. 
'*  d''  mun,  castr.  12  in  introitu  praetorii  pariU  medUte  ad  viam  prineipaUm 
ffromar.  locus  appeUatur,  quod  turba  ihi  eomgntai,  Mhe  in  didaiiome  meto- 
rum  posito  in  codem  loco  ferramento  groma  tuperponatur^  ut  portat  cattro' 
rum  in  conspeciu  rigoris  slellam  efficiant. 


750     FHankel :  das  römische  normallager  zur  zeit  des  Polybiot. 

biaKOciouc  TTObac.  er  schildert  uns  wie  das  lager  abgesteckt  wird, 
nicht  aber  wie  es  nach  seiner  Vollendung  aussiebt;  hfttten  wir  eise 
skizze  des  lagers  aus  jener  zeit,  so  würde  jedenfalls  200'  von  dcB 
zeltreihen  entfernt  eine  linie  sich  vorfinden ,  welche  die  grenze  des 
ganzen  abgemessenen  raumes  und  damit  die  fiuszere  seite  (contre- 
escarpe)  des  grabens  bezeichnete,  denn  die  läge  des  grabens  muB 
durch  signalstangen  genau  fixiert  sein,  schon  deshalb,  damit  die  ein- 
zelnen stücke  desselben  —  denn  das  ausheben  des  grabens  begimil 
bekanntlich  auf  allen  seiten  zu  gleicher  zeit  —  genaa  zusammeB- 
trefien.  von  der  trace  der  contreescarpe  nach  innen  zn  ftngt  die 
arbeit  an.  die  ausgehobenc  erde  wird  nach  innen  geworfen;  dff 
wall  befindet  sich  also  auf  dem  abgesteckten  terrain,  und  dergn- 
ben,  nicht  die  innenseite  des  walles,  bildet  den  abschlusz  des  lagen 
nach  auszen.  wall  und  graben  erfordern  bei  normaler  anläge  mam 
bodenabschnitt  von  50'  tiefe '^;  es  würde  also  das  intervallum  ttbenfl 
nur  noch  eine  effectivo  breite  von  150'  haben",  während  zwiscba 
den  zeltreihen  und  dem  puncte,  welchen  der  feind  eventuell  besetm 
könnte,  nach  wie  vor  ein  räum  von  200'  breite  liegt,  ebenso  wflrdi 
der  oben  auf  2500'  angegebene  gesamtdurchmesser  des  lagertemiaii 
wenn  man  den  von  den  befes^tigungen  beanspruchten  räum  nicht  nik 
in  anschlag  bringt,  um  2  X  50  =  100'  sich  verringern,  alsosv 
noch  2400'  betragen,  der  bodeninhalt  des  fUr  die  zeltanlagen  und  da 
verkehr  verwendbaren  platzes  stellte  sich  dadurch  auf  Ö760000D' 
dh.  200  iugera  =  1  centuria.*^  diese  berechnung  ist  einfach,  m 
sie  nach  Pol jbios  sein  soll :  sie  stützt  sich  nur  auf  zahlen  die  er 
selbst  angibt,  und  läszt  im  gegensatz  zu  allen  bisherigen  dem  svb- 
jectiven  belieben  keinen  Spielraum ;  sie  stimmt  mit  den  principM 
der  feldmesser,  die  Polybios  offenbar  bekannt  waren;  sie  passt  eiiMT 
seits  aufs  genauste  in  das  decimalsystem ,  welches  bei  der  guni 
lagerconstruction  festgehalten  ist,  anderseits  ebenso  gut  in  das  dl»* 
decimalsjstem,  nach  welchem  die  Römer  zu  Poljbios  zeit  rechnete^ 
und  ergibt  endlich  für  den  eigentlichen  lagerraum  ein  resultat,  «tl- 
ches  in  das  System  der  römischen  fl&chenmasze  völlig  glatt  ikk 
einfügt. 

Es  bleiben  noch  einige  worte  zu  sagen  Über  die  beiliegcndv 
skizze.  für  die  pars  antica  int  die  Verteilung  des  raumes  durch  Polj- 
bios gegeben,  der  römischen  cavallerie  rüume  ich  (vgl.  oben  s.  740) 
je  100'  tiefe  ein,  dem  analog  der  bundesgenössischen  je  200';  flr 
die  infanterie  der  socii  ergeben  sich  je  375',  etwas  mebr  als  gewöha- 
lieh  für  sie  gerechnet  wird.  Polybios  bemerkt  mehrfach,  daez  dii 
tiefe  ihrer  quartiere  schwankend  sei  (VI  30,  3  f.  32,  5).     wie  dii 

'^  vGölor  <^rlic  kämpfe  bei  Dyrrhnchinin  und  Pharsaloji*  ■  IH  t 
tf.  IV  2.  die  breite  von  wall  und  (graben  wird  natürlich  sehwaakM 
je  nach  der  beschaffenhcit  des  bodens.  sie  wird  eine  grossere  atii^ 
wenn  dor  boden  sandig,  eine  geringero.  wenn  der  boden  fett  and  featiil. 

"^  dies  stimmt  sehr  gut  zu  }]>gin,  der  60'  für  das  intenrallnm  a^ 
gibt;  fast  alle  dimcnsioncn  sind  bei  ihm  gegen  früher  aaf  etwa  iii 
hälfte  reduciert.        '^  vgl.  Hultsch  metrol.  s.  61  und  804. 


FHankel :  das  rOmitche  normallager  rar  seä  dm  VoljhSm.     761 


bodenflficbe  in  der  pars  postica  zu  TerieHen  sei,  llsst  sieh  bei  der 
unzulttnglicbkeit  der  Polybiscben  darstellnng  nur  aanftbemd  be» 
stimmen.  rUckwftrts  von  der  yia  prhicipalis  folgt  die  leltrabe  der 
taribonen ;  Lipsius  und  andere  lassen  nicht  ohne  wahrseheinliohkeit 
in  dieser  zeile  auch  die  praefecten  der  bandesgenossen  campieren« 
daran  schlieszt  sich  gegenüber  der  groma  das  praetorium,  sn  deasen 
beiden  Seiten  quaestorinm  and  fonun  sich  aasdehnen,  ^eee  plfttM 
werden  nach  drei  Seiten  abgeschlossen  dnreh  die  leltreihen  der  elite- 
trappen,  und  zwar  nach  innen  durch  reiterei,  nach  aassen  durch  in« 
fanterie.  es  lagern  hier  600  reiter  -»  20  carr6s  A  30  mann,  femer 
(vgl.  Klenze  s.  123)  2100  extraordinarii  und  eine  unbestimmte  an- 
zahl  —  Polybios  sagt  Ttvic  —  freiwillige.  schUgt  man  diese 
(denn  viele  können  es  nicht  gewesen  sein)  auf  300  mann  an*,  00 
erhält  man  weitere  27}  carr6s  Infanterie  k  120  mann,  in  snmma  SO 
carres.  diese  quadrate  werden  teils  im  rechten  winkel  da  angeeetst, 
wo  die  zeltreibe  der  tribunen  endet  (Pol.  VI  31,  2),  teils  liegen  sie 
hinter  dem  breiten  kardo,  der  die  pars  postica  durchschneidet,  aber 
so  dasz  sie  mit  der  rttckfh>nt  an  das  intervallum  anstossen  und  die 
Vorderfront  nach  forum  und  quaestorium  haben,  für  letstere  carrte 
ist  die  tiefe  ausdebnung  von  forum  und  quaestorium  bestimmend. 
forum  und  quaestorium  sind  850'  breit,  60^  hiervon  fllr  den  decn- 
manus  (Pol.  VI  31,  10)  subtrahiert  gibt  ein  verfbgbaree  terrain  von 
800'  breite,  es  lassen  sich  demzufolge  8  (bzw.  16)  quadrate  i  100" 
hier  constmieren ;  die  übrigen  12  (bzw.  24)  verteilen  sich  auf  die 
flanken  des  forum  und  quaestorium,  also  6  (bzw.  12)  auf  jede  seite. 
die  nun  noch  unbelegten  plfttze  sind  für  die  auzilia  bestimmt,  nach 
dem  grundsatze  dasz  die  weniger  guten  truppen  dem  wall  zunftchst 
stehen,  nur  für  jene  8  (bzw.  16)  carr6s  der  extraordinarii  ist  eine 
ausnähme  zu  statuieren:  ihrem  schütze  ist  das  thor  anvertraut, 
forum  und  quaestorium  erhalten  demnach  (excl.  zwei  50fÜszige 
decumani  an  den  innenseiten  der  flankenstrigae)  eine  ausdebnung 
von  225000  O',  so  grosz  dasz  sie  ihrer  bestimmung  in  jeder  beziehung 
genügen  können. 

So  ist  auch  für  die  pars  postica  eine  iSnge  von  1260'  nachge- 
wiesen : 

via  principalis  100' 

tribunen-  (bzw.  praefecten-)  zelte        50 
strigae  der  elitetruppen  600 

kardo  100 

scamma  der  elitetruppen  200 

intervallum  200 

1260^ 

So  viel  über  ausdebnung  und  innere einrichtung  desPoljbischen 

norm  all  agers. 

*^  80   viel  Dimt  der  ältere  Scipio  Africannt  alt  leibgarde  mit  nach 
Africa:  n.  Livius  XXIX  1  und  Appian  VIII  8. 


752     FHankel:  das  römische  normallager  zur  zeit  des  PoljbiCM. 


II.   DIE  BENENNUNG  DER  THORE. 

Die  frage  nach  der  benennung  der  vier  lagerthore  ist  eine  alte; 
doch  nahm  man,  bisNissens  buch  erschien,  auf  eine  stelle  bei  Hjpn* 
fuszend  ziemlich  allgemein  an,  dasz  die  porta  decumaua  da  sei, «o 
die  zehnten  manipeln  lagern  (also  nach  Poljbios  [VI  34,  10] 
schauung  in  der  pars  antica),  und  dasz  ihr  gegenüber,  also  znniiM 
dem  praetorium ,  die  perta  praetoria  sich  befinde,  höchstens  stritt 
man  darüber,  welches  thor  als  das  rechte  oder  linke  anzusehen  mL 
die  einen  dachten  dabei  an  die  Stellung  des  augur  bei  Poljbidi 
und  bestimmten  rechts  und  links  nach  dessen  stand punet;  die 
dem  beriefen  sich  auf  Hygins  anschauung  bezüglich  der  finontioli 
des  lagers  und  benannten  die  seitenthore  gerade  umgekehrt  oftfr 
bar  trifft  erstere  ansieht  das  richtige:  denn  die  bestimmusg  fOi 
rechts  und  links  ist  sache  des  augur,  bzw.  dos  metator,  und  h4gt 
mit  der  errichtung  des  lagertemplum  aufs  innigste  zusammen.  4 
iiun  aus  Poljbios  die  Stellung  des  mit  der  Vermessung  beauftnglH 
officiers  völlig  feststeht  —  er  wendet  das  gesiebt  nach  den  legionei* 
—  so  ist  das  links  von  ihm  liegende  thor  die  porta  principalissiniiti^ 
das  rechts  die  port-a  principalis  dextra. 

Nicht  so  glatt  erledigt  sich  die  Untersuchung  über  die  porii 
decumana  und  porta  praetoria.'^'    was   die   bedeutung   anl 


'^  de  man.  castr,  18  ..  tn   rigor e  poriae,   quae   cohoriibwt  decimitM 
tendeniibus  decimann  fst  appellaia.  '^  Pol.  VI  28,   1  d ir o^CTpf^^»^1 

de  TÖ  irpöcOcv  ^KQTÖv  iro&div  .  .  äpxovrai  iroicIcOai  rdc  Tibv  CTpstt* 
ir^ötuv  irapcimßoXdc.  "  auszer  diesen  bekannten   ausdrücken  §mki 

sich  für  die  vier  thore  noch  die  bezeichnungen  quaeatoria^ 


und  quintana  (s.  Klenze  s.  143  und  Nissen  b.  41).  den  namen  rafinIM 
streicht  Klenze  s.  143.  Nissen  läszt  die  sache  zweifelhaft,  man  kSuMb 
scheint  mir,  dabei  an  ein  thor  denken,  auf  welches  die  ria  qidalHi 
in  der  pars  antica  einmündet;  ein  ähnlicher  fall  liegt  bei  Caesars  luV 
an  der  Axona  {b,  GaH.  II  8)  vor  (vgl.  Napoleons  atlat  de  Phist.  de  cSir 
pl.  9).  das  lager  hat  auf  der  rechten  flanke  zwei  thoröffnnngea.  disiv 
einmal  (Livius  XL  27)  vorkommende  benennung  porta  exiraardimmriM  llM 
von  Weissenborn  ans  dem  text  entfernt;  er  setzt  dafür  wol  mit  mM 
p.  praetoria,  die  porta  quaestona  gilt  als  identisch  mit  der  decnnaBa:  ^ 
liegt  also  auf  der  vom  feinde  abgewandten  seite  des  lagers  (Liv.XXXITtf 
iam  hi  extra  vallum  pugnahant  .  .  cum  alius  tumultus  ex  aversa  parle  e$tti^ 
rum  ext  exortns:  in  portam  quaeatoriam  imtperant  GalK),  sie  hat  in  dsM^ 
bcn  weise  ihren  namcn  vom  quacätorium  (vgl.  Hygin  de  mim.  isift.  tf 
quaesiorium  dicitur,  quod  aliquamh  quaestores  ibi  pedaiuram  oettpiMi 
quod  est  supra  praetorium  in  rigore  portae  quae  cohortibue  decimms  hi  iBt 
dcntitniif  decimana  est  appeVata)^  wie  die  praetoria  vom  praetoriM 
(Ilygin  ebd.  14  .  .  via  quae  ducit  ad  portam  praetoriam  .  .  a  praeioriedit 
dubio  via  praetoria  dicitur  usw.).  die  stellen  des  Livius  (XXXIV  tf> 
XL  27),  an  denen  sich  der  ausdruck  quaestoria  findet,  scheinen  dsitff 
hinzudeuten,  dasz  das  qunestorium,  wie  Livins  es  sich  denkt,  dem  wsli 
näher  gelegen  hat  als  das  praetorium,  dasz  es  an  einem  andern 


sich  befunden  haben  musz  als  Pol.  VI  31  angibt,  ob  man  dabei  •■  iHtr 
zu  denken  hat,  wie  sie  Schelius  und  Klenze  (s.  KI.  s.  126  £  und  ttlQ 
nach  der  unklaren  notiz  bei  Pol.  VI  32,  8  constmiert  haben,  edsr  sl 
Livius  das  bereits  gänzlich  umgestaltete  lager  seiner  seit  xm 
gehabt    hat,    ist   wol    kaum    zu    entscheiden,    jedenfalls   wÜrds 


FHankel :  das  rOmiaohe  nonnaUager  anr  aeit  daa  PolybiM.     7C8 

welche  die  beiden  thore  fttr  das  lager  haben,  so  sind  beide  parieieil 
darüber  einig  dasz,  den  vielfachen  nachrichten  der  alten  entapreohend, 
die  p.  praetoria  auf  die  strategische  front,  die  deonmana  auf  die  vom 
feinde  abgewandte  seite  za  setzen  sei.  der  ganze  streit  dreht  sich 
demnach  um  die  feststellong  der  lagerseite,  welche  von  den  BOmem 
als  ätrategische  front  betrachtet  worden  ist.** 

Man  bat  die  Sachlage  keineswegs  verkannt.  Schelins  nnd 
Schweighäuser  meinen  dasz  Polybios,  weil  er  die  entstehnng  dee 
lagers  vom  praetorium  aus  zeige,  nur  angenommen  habe,  dass  dort 
die  front  sei;  Rettig ^  sucht  nachzuweisen,  dasz  Polybioa  den  ans« 
druck  KQTd  TTpöcujirov  gebraucht  habe,  weil  der  aosgang  des  prae« 
torium  nach  den  legionen  gerichtet  gewesen  sei*  Klenze  s.  138 
sagt:  Mie  von  Polybios  so  genannte  frontlinie  (£inq>dv€ia  Kord  irpö- 
cuiTiov)  entspricht  dem  limes  decamanns,  der  den  kardo  bei  der 
ackermessung  in  rechtem  winkel  schneidet.'  ^  Nissen,  dem  Marq.  11 
sich  anschlieszt,  nimt,  ohne  die  stelle  bei  Hygin  zu  beachten,  die 
^inq>dv€ia  KaTä  npöcujirov  des  Polybios  zugleich  für  die  strategische 
front  und  setzt  hierher  die  porta  praetoria« "^  die  zur  sache  gehörigen 
^orte   bei  Polybios  lauten:    1)  al  bi  cicnvQl  TOO  TrpO€ipT)^^VOU 


«rraDfriertes  lager  den  natiirlicfaen  Übergang  bilden  in  der  spatem  for- 
mation,  wie  sie  Hyginus  geschildert  bat.  Nissen  trennt  das  qnaestoren« 
seit  vom  quaestoriura  und  seist  es  —  vom  gromatisehen  standpnnet 
gerechnet  —  hinter  das  praetoriaro ,  jedoch  mit  der  front  nach  dem 
proviantplatz,  auch  bei  ihm  decken  sich  die  begriffe  ?on  quaettorim 
nnd  decumana.  da  directo  nachrichten  fehlen,  bleibt  die  frage,  in  wie 
fern  der  nunie  porta  quaesioria  für  die  decumana  berechtigt  ist  nnd  wann 
er  entstanden  sein  könnte,  eine  offene. 

'  die  frap^e  nach  der  himniclsrichtung  des  lagers  ist  Yon  Nissen 
sehr  »orgfältig  besprochen  worden;  er  setzt  die  praetoria,  was  aach 
Vegetiu»  {epit.  rei  mil.  I  23  porta  .  .  praetoria  aut  orientem  spectare  debet .  .) 
sagt,  nacli  oäten.  praktischen  wert  für  die  bestimmuug  der  lagerthore 
hat  dies  mindestens  für  spätere  Zeiten  nur  wenig:  denn  für  das  kriegs- 
lager und  die  feststellung  der  strategischen  front  ist  nicht  die  ansiebt 
des  au^ur,  sondern  die  Stellung  des  feindes  massgebend,  porta  prae* 
toria  semper  hostem  spectare  debet  sagt  Hjginos  de  mun.  cattr.  66.  ich 
spreche  nur  von  dem  lager  vor  dem  feinde  und  setze  voraus  dasz  immer 
eine  und  dieselbü  seite  des  lagers  nach  dem  feinde  gerichtet  gewesen 
ist,  dasz  also  auch  die  truppen  immer  in  einer  and  derselben  formation 
gegen  den  feiud  zu  gestanden  haben,  eine  annähme  die  in  dem  scharf 
ausgeprägten  sinne  der  Kömer  für  Ordnung  und  regelmäszigkeit  begründet 
ist  und  durch  mehrere  bemerkuufsen  des  Polybios  (ib.  VI  26,  10.  41,  6 
und  10  usw.)  völlig  gerechtfertigt  wird,  ist  kein  gegner  in  der  nfthe, 
dann  ist  es  für  die  Sicherheit  der  truppen  gleichgültig,  wohin  die  front 
gerichtet  ist;  dann  kann  die  praetoria,  wie  es  die  regeln  der  agrimen- 
soren  vorsAin-ibeu,  nach  osteu  liegen,  (so  für  alle  stadtanlagen:  denn 
hinter  den  mauern  der  Stadt  steht  kein  schlagfertiges  beer.)  nichts 
desto  weniger  würde  auch  in  diesem  falle  diejenige  wallseite,  an  wel> 
eher  die  praetoria  »ich  betindet,  die  strategische  front  bilden,  wir  be- 
rühren durum  den  gegenständ  nicht  weiter.  "  QFRettig:  Polybii 
castrorum  Korn,  formae  interpretatio  (Hannover  1828).  '*  Klense  ge- 
braucht kardo  für  die  läugenriuhtung,  decnmanus  fUr  die  tiefe;  wir  folgen 
Nissen.          3'  so  auch  schon  tialmasins:  Tgl.  BcbeUns  in  Hyg.  s.  1161. 

J-Jii  Wucher  für  cUkS.  philol.  IbSO  hfl.  10  a.  11.  ^9 


754     FHankel:  das  rOmiBche  normallager  zur  seit  de«  Poljliias. 

cxn^ciTOc  clc  Toö^TTaXiv  äTT€CTpQ^^^vai  ir/JTVuvTai  irp6c  •rijv  bak 
diTi(päv€iav ,  f\  voeicOiiü  xai  KaX€ic6uj  hk  KoBdiraE  fj|iiv 
d€i  ToO  iravTÖc  cxnMCiTOc  Kaid  irpöcuiirov  (VI  27,6). 
2) .  .  XriTOucm  bk  irpöc  Tf)v  KaravTiKpu  TiXrv  xi^t^PX^fv  itXcupov 
ToG  x<S^P<^KOCy  ^v  il  dpxnc  vireO^^cOa  xard  irpöcuiirov 
cTvai  ToG  navTÖc  cxn^ctTOC  (VI  29,  7).  man  bemerkaUv- 
bei  dasz  Polybios  nicht  sagt:  dies  ist  die  Torderseite,  sondeni  dia 
soll  als  Vorderseite  gedacht  und  so  beseichnet  werden;  htm 
dasz  er  auch  in  dem  zweiten  abschnitt  nur  von  einer  aeite  spricH 
welche  er  als  vordere  hinstellt,  als  vordere  angenommea  hibSi 
wenn  nun  auch  Polybios  worte  keineswegs  strict  aussprechen,  dm 
jene  KQTd  TipöcujTTOV  TiXeupd  die  strategische  front  des  lagen m, 
so  müssen  wir  doch  mindestens  daran  festhalten ,  dasz  er  sie  in  dr 
that  consequent  als  die  Vorderseite  des  lagers  bezeichnet,  einezinb 
tum  des  Polybios  anzunehmen  ist  völlig  unmöglich;  er  war  n  Mir 
fachmann,  um  etwa  front  und  rückfront  zu  verwechseln  oder  fite 
den  unterschied  von  strategischer  und  taktischer  front  in  iwoM 
zu  sein. 

Nissens  ansieht,  dasz  das  Polybische  xard  Trpöcumov  irXcu|li 
und  strategische  front  zusammenfallen ,  hat  infolge  dessen  sehr  fU 
für  sich,  und  es  erscheint  auch  zunächst  ganz  annehmbar, 
sagt  (s.  40)  dasz  Won  den  positiven  Zeugnissen  abgesehen,  die 
erwägung,  dasz  die  Soldaten  und  nicht  der  consul  mit  seinem  ilik 
den  wall  zu  verteidigen  hatten ,  von  derartigen  strategischen  It* 
trachtungen  hätte  abhalten  sollen',  nun  sind  allerdings  die  'poi 
tiven  Zeugnisse'  der  alten"",  welche  er  aufführt,  in  diesem  rnnimM 
hange  ziemlich  wertlos :  denn  sie  beweisen  nur  was  Iftngst  beknil 
ist,  dasz  nemlich  die  porta  praetoria  an  der  front  (bzw.  mdra 
der  ebene) ,  die  porta  decumana  an  der  rückfront  des  lagen  (Ikv. 
mehr  auf  der  höhe)  sich  befunden  habe'',  zeigen  aber  keines«^ 


9s  Vegetius  epH.  rei  mil.  I  18  porta  autem^  fuae  appettmtmr 
aut  orientem  spectare  riebet  aut  illum  locum  qui  ad  kosieM  reapMi;  aal  m 
agitur,  itlam  partem  dtbet  attendere^  ad  quam  est  profecUtruM  eoiertUmam  Hj|ii 
de  mun.  castr.  56  porta  praetoria  semper  hostem  speciare  debei»  FtlM 
8.  223  praetoria  porta  in  castris  appellatur,  qua  exereitUM  im  jirnrfihw  ifr 
eitur.  Tacitas  hist.  IV  30  praetoriae  portae  (is  aeqmtbmm  Usew).  Hj|li 
ebd.  56  {castra)  in  eminentiam  leniter  attoliuntwr^  in  qua  poHiiome  poHm  4k  ' 
mana  eminentissimo  loco  constituituTj  ut  regionet  castris  swiareant»  Ut«  X 
a  tergo  castr urum  decumana  porta  impetus  faetus;  ÜMte  esiplwm 
rium  .  .  consul  diias  cohortes  tueri  praetorium  iubet,  Tac.  ana.  I 
mana  maxims  petcbatur^  aversa  hosti  et  fugieniibus  tutiar,  Veget.  I  S 
mana  porta  quae  appellatur^  post  praetorium  est,  per  quam  deUnqmtUt» 
educuntur  ad  poenam.  nur  die  oben  anm.  S9  aDffegebene  stffla  Hjaki^ 
die  Nissen  unbequem  gewesen  zu  sein  scheint,  fehlt.  **  das  ist  jtSüi 
keineswegs  immer  der  fall  gewesen,  die  drei  Ton  Napoleon  aasgi  ~ 
benen  lager  befinden  sich  sämtlich  auf  der  höhe  lelbat,  nieht  aaf 
abhänge,  vgl.  Hyt;in  no.  56  nam  quod  attinet  ad  soH  tietiißmgm  im 
me  tat  tone,  primum  iorum  habent  quae  ex  campo  in  eminenÜmm  iemügr 
luntur  .  .  secundum  locum  habent  quae  in  piano  constiitmmiur^ 
in  colle,  guartum  quae  in  monte,  quintum  quae  in  loeo 


FHankel:  das  rOmische  normalliger  rar  seit  des  Pölylnos.     755 

dasz  diejenige  seile,  auf  welche  NUsen  die  praeioria  settt,  wirklich 
die  strategische  front  sei.  es  bleibt  folglich  als  einzige  atütaee  voa 
Nissens  hypothese  nur  jene  ^erwAgong*  ttbrig,  dasz  die  legionen  mid 
nicht  der  consul  mit  seinem  stabe  das  lager  zu  yerteidigen  gehabt 
hfttten.  es  ist  aber  offenbar  kein  feind  Terpflichtet  da  anzugreifen, 
wo  man  ihn  erwartet,  dh.  also  nach  Nissen  auf  deijenigen  seite  wo 
die  legionen  lagerten,  gesetzt  der  angriff  erfolgt  von  der  entgegen- 
gesetzten Seite:  was  dann?  und  dasz  hier  der  feind  angreift,  ist 
eigentlich  daä  nattirlichere :  denn  bei  der  anläge  der  rOmischen  lager, 
die  sich  gemeinhin  sehr  leicht  von  auszen  einsehen  lassen ,  ist  stets 
zu  befürchten ,  dasz  der  gegner  sich  fttr  eine  bestflrmung  der  w&lle 
die  am  wenigsten  mit  troppen  belegte  seite  aussucht,  so  Caesar 
h.  OaU.  III  25  f. 

Es  ist  selbst verstSndlich ,  dasz  die  dispositionen  ftir  die  Tertei- 
digung  der  wälle  so  getroffen  sein  mtlssen,  dasz  jede  seite,  sobald  sie 
zur  taktischen  f/^nt  wird ,  genügend  geschützt  ist.  und  das  dürfte 
auch  in  dem  Polybischen  lager  der  fall  sein,  es  campieren  in  der  pars 
poätica  —  ungerechnet  die  auzilia  —  über  2000  ausgewählte  soeii 
und  GOO  bundesgenössische  iceiter,  dazu  die  kerntruppe  der  rOmischen 
evocati ,  völlig  genug,  um  nicht  blosz  den  rQckwall  (nach  Poljbios 
ani^chauung),  sondern  auch  die  seitenwSlle  der  pars  postica  mit  einer 
doppelten  linie  von  Verteidigern  zu  besetzen,  dasz  diese  truppen- 
marht  genügt,  um  den  ersten  anprall  des  feindes  auszuhalten,  ist 
zweifellos'^;  mehr  lente  können  auf  dem  walle  überhaupt  nicht  ein- 
mal postiert  werden,  denn  um  die  waffen  unbehindert  gebrauchen 
zu  können ,  bedarf  der  mann  nach  rechts  und  links  je  drei  fusz  ab- 
stand, niindohtens  ebcnj^o  viel  nach  hinten  bzw.  vom.**  Vegetius 
rechnet  für  den  kämpf  selbst  sogar  6'  abstand  zwischen  den  einzelnen 
fylifdcrn.^'^  nun  ist  der  wallgang  durchschnittlich  10'  breit*';  es 
können  also  die  truppen  auf  demselben  höchstens  zwei  glieder  tief 


^^^  bei  Caesar  b  Gafl.  V  10  verteidigeo  10  cohorteo  mit  900  reitera, 
also  liöchrttens  4000  mann  das  K^nse  seiner  bestimmang  gemäss  sehr 
aufl<?c(iel)iite  HchifTslager  nnd  machen  einen  aasfall,  der  mit  einem  TöUi-« 
geil  hiej^e  eiuiigt.  ("nesar  läszt  überhaupt  nie  mehr,  meist  aber  weni- 
ger als  zwei  lepionen  zur  besatzung  seiner  lager  lortick.  "*  Vegetius 
epf't.  rei  mit  III  14  singttli  armati  in  directum  ternos  pede»  inter  se  oecu- 
parc  t'onsueverunt  ^  hoc  etl  in  mille  pa*»ihuM  miHe  sescenä  »exaginta  »ew 
pf'ditfs  ordinuntnr  in  longum,  gerade  1000  schritt  beträgt  nach  unserer 
bepchimi)^'  die  Ausdehnung  der  wälle  in  der  pars  postica.  1666  mann 
würden  also  erfurderlieh  sein,  um  die  walle  mit  einer  einfachen  linie 
von  vcrt'i'iitrern  zu  lesetzen.  Polybios  XVIII  80,  6  (Hnltscb)  tcTOtv- 
Toi  M^v  oOv  ^v  Tpicl  TToci  MCT&  Tilfv  öitXuiv  ol  *Puj)üiatoi,  und  XVIII  80,  8 
.  .  Tipo(pavk  ÖTi  xdXacfia  kqI  bidcraciv  dXX/)Xuiv  Ixciv  bcncct  toöc  dv6pac 
(dif  Köimr;  ^XdxKTov  Tp€lc  rrö&ac  KOT '  ^iTicrdTiiv  Kul  KOTÄ  irapacrdriiv, 
cl  uAXouciv  euxpnCTCiv  npöc  tö  6^ov.  *^  III  14  inier  urdinem  auiem 
et  otdincm  n  tergo  in  latum  sex  pedeg  distare  fwbiertmif  ut  hahereni 
pufftinntts  spatium  arcedendi  atque  recedendi;  vehementius  enim  cum  saltm 
rmxtique  te'u  m'tt'»ntur.  ^'  Caesar  b.  eiv.  III  63  .  .  vallum  contra  hOMiem 
in  atlit'idinrm  pedum  X,  tantundemque  eiuM  vafU  agger  in  tatiiudinem  paieb&tj 
vgl.  <iüler  k.'inipfe  bei  Dyrrhachium  and  Pharsalot  ••  122  f. 

49» 


766      FHankel:  das  römische  normallager  zur  leit  des  Pöljbiot. 

gestanden  haben,  wenigstens  so  lange  als  es  nicht  zoin  handgemeBge 
gekommen  war.  die  eigentliche  besatzangsmannschaft  Ar  1000 
schritt  walllinie  ist  demnach  auf  gegen  3000  mann  anzuscUag«, 
dh.  so  viel  wie  an  regulären  truppen  in  der  p.  postica  zor  Yerfligaf 
steht,  diese  linie  wird ,  sobald  der  feind  stärker  vordringt,  doitk 
die  von  ihren  posten  zurückeilenden  velites  verstärkt,  deren  €00 
(nach  Nissens  ansieht  sogar  1200)  als  auszendecknng  aaf  das  halbi 
lager  zu  rechnen  sind,  starke  reserven,  die  auzilia,  stehen  iiigr 
böte ,  wenn  nicht  etwa  diese  zuerst  ins  gefecht  geschickt  wordea 
unterdessen  concentrieren  sich  die  übrigen  truppen ,  die  natttrU 
bei  der  ersten  meidung  vom  anrücken  des  feindes  alarmiert  weite 
sind;  auf  dem  Sammelplätze,  dem  forum;  die  officiere  nehmen  An 
posten  ein  und  ordnen,  je  nach  den  dispositionen  des  feldhem,  dii 
colonnen  zum  ausfall.  ganz  ähnlich  würde  die  läge  sich  gestaltn, 
wenn  der  feind  da  angreift,  wo  die  legionen  stehen.  3000  flun 
eilen  auf  die  wälle;  der  rest  der  truppen  in  der  pars  antica  kOuli 
höchstens  als  rcserve  fUr  die  kämpfenden  dienen,  denn  schwaück 
wird  Nissen  annehmen  wollen,  dasz  sämtliche  hier  stehende  trappci 
sich  auf  die  wälle  drängen  und  durch  ihre  masse  selbst  beim  fediik« 
sich  hinderlich  werden,  es  ist  mir  nicht  ganz  klar,  was  Nissen  nat« 
dem  '  Stabe  des  consul^'  versteht,  wenn  er  etwa  meint,  dan  da 
extraordinarii  der  bundesgenossen  als  *  stab  des  consuls '  nicht  na 
activen  dienst  bei  der  lagerverteidigung  herangezogen  worden  wlM^ 
oder  dasz  man  sie  etwa  als  ein  material  angesehen  hätte,  das,  koife' 
barer  als  Römerblut,  den  gefahren  des  kampfes  nur  im  noUaUe  air 
gesetzt  werde ,  so  dürfte  dies  mit  den  thatsachen  ^  stark  in  widi^ 
Spruch  stehen,  die  ehre  den  stab  des  consuls  zu  bilden  war  für  diM 
truppe  ein  sehr  problematisches  glück:  denn  sie  haben  auf  dm 
marsche  für  gewöhnlich  die  avantgarde.^  sie  haben  wahrscheinlkb 
auch  die  wache  beim  aufschlagen  des  lagers:  denn  zwei  selten  dff 
wälle  bauen  die  legionen,  zwei  die  alae  (Pol.  VI  34,  If.).  sicher  kl 
dasz  sie  als  avantgarde  zuerst  den  lagerplatz  betreten;  denmack 
bilden  sie  die  natürliche  deckung  für  die  wichtigste  seite  des  lag«% 
für  die  strategische  front,  wo  der  feind  voraussichtlich  angrafa 
wird,  mit  dieser  aus  der  formation  der  marschierenden  tmppe  gtm 
von  selbst  sich  ergebenden  annähme  stimmt  es,  wenn  nach  LifiH 
XXXVII  88  etwas  weniger  als  3000  mann  in  statkn^  sind,  wibml 

*'  vgl.  zb.  Livius  XL  27,  wo  vier  cohorten  eztraordinarii  sna  M^ 
fall  conimandicrt  worden;  ebenso  Pol.  X  39.  die  eztraordinarU  rirf 
keine  paradetruppe,  keine  vornehmen  herren,  wie  die  •0|^.  eohonpist^ 
toria,  sondern  man  ,wälilt  dazu  aus  TOÜC  £iriTl)6€iOTdTOUC  «pAc  if 
dXr)9ivi^v  xP^iav  ^k  irdvrwv  tCüv  irapaT^Yo^'^^'^uiv  cu^^dxwv  l««tfc  w 
iT€2:oOc  (Pol.  VI  26,  6).  *»  Pol.  VI  40.  4  elc  m^v  oOv  t^v  apwftü 
p€{av  ü)c  ^TTiirav  Tdirouci  toüc  ^hiX^ktouc  droht  ein  angiiff  ?«■ 
rücken  her,  ro  haben  sie  ebenfalls  den  gef&hrdeten  posten  db.  iM 
nachtrab  zu  übernehmen:  aOrol  b*  ol  Td»v  cu^^dxuiv  {«{XcKIQl  tkf 
oOpattav  dvrl  Tf|C  irptuTOTropciac  ^CTaXafißdvouciv  (Pol.  YI  40,  ^ 
auch   in   der  schlarht  stehen  sie  im  ersten  treffen  (Lirias  ZXXF  i}^ 


FHankel :  das  rOmiflche  nomiallager  nir  Mit  dm  Pdybioi.     757 

die  übrigen  truppen,  also  die  alae  und  die  beiden  legioneii|  im  aoge- 
sichte  des  feindes  das  lager  errichten,  es  wftre  dem  nur  analogi  wenn 
sie  auch  im  lager  bei  einer  etwaigen  bestttrmnng  den  ersten  ston 
auszuhalten  hätten,  werden  sie  geworfen  ^  so  bleibt  doch  die  haopi- 
masse  des  heeres  intact  tmd  kann  das  gefecht  leicht  wieder  her» 
stellen;  werden  dagegen  die  legionen  Überfallen  nnd  in  Terwiming 
gebracht,  was,  da  am  eingange  der  pars  antica  reiter  lagern,  mit 
ziemlicher  Sicherheit  vorausgesagt  werden  könnte,  so  sind  keine 
reserven  mehr  vorhanden  und  alles  wSre  verloren,  demnach  wSra 
es  sogar  richtiger,  die  geringere  tmppenmaoht  in  die  iront  sn  steUen; 
die  epilekten  würden  in  diesem  üeille  auch  im  lager  gleichsam  die 
avantgarde  bilden,  diese  anfstellung  der  tmppen  ist  mUitftrisch  die 
einzig  denkbare,  denn  die  gmndprincipien ,  nach  denen  hente  eine 
truppe  im  zustande  der  ruhe  gegen  fiberraschnngen  nnd  angriffe  des 
feindes  gesichert  werden  kann  und  mnsz,  waren  dieselben  bei  den 
Römern,  deren  militärische  begabang,  findigkeit  and  rontine  nicht 
genug  betont  werden  kann. 

Eine  vortreffliche  illnstration  zn  dem  oben  gesagten  gibt  ein 
Schlachtbericht  bei  Poljbios  X  39.  P.  Scipio  steht  in  der  nihe 
der  Stadt  Baecula  in  Spanien  Hasdmbal  gegenüber,  natttrlidi 
ist  die  strategische  front  seines  lagers  gegen  den  feind  gerichtet; 
ebenso  liegt  auf  dieser  seite  die  porta.praetoria.  hier  nun  sagt  Polj* 
bios  (§  1):  Tf)v  nky  oSv  fiXXiiv  bOvajittv  ^Toi^dcac  npöc  yiäxnv 
cuvcTxev  ^v  toi  x<ipaKi,  dh.  die  hauptmasse  des  heeres  steht  kampf- 
bereit im  lager ;  Touc  bk  TPOC(po^dxouc  Kttl  Toiv  ircZuiv  Toic  im- 
X^KTOuc  dHacpielc  ^K^Xeue  rrpocßdXXeiv  trpöc  Tf|v  d9puv  usw.,  dh. 
die  ^peerschützen  und  die  extraordinarii  zu  fusz,  idso  seine  vor- 
truppcn  läszt  er  das  gefecht  eröffnen  (Livins  XXXVII  18  nennt 
die  extraordinarii  hier  und,  wie  es  scheint,  Öfters  nur  expedUi).  als 
diese  ins  gedränge  gerathen,  sendet  Scipio  sämtliche  eOJIuivol  zn 
hilfe  (§  3);  endlich  läszt  er  die  schwere  infanterie,  die  bis  dahin  in 
gefechtbbereitscbaft  gestanden  hat  (touc  bk  XomoOc  ^oijltOXIC  ^X^^^ 
§  3)  zum  entscheidenden  angriff  vorgehen. 

Ganz  übnlich,  nur  in  umgekehrter  Ordnung,  verfährt  L.  Aemi- 
lius  Paulus  vor  der  schlacht  bei  Pydna  (Liv.  XLIV  37).  er  hat  sein 
hcer  zur  schlacht  formiert,  will  aber  nicht  kämpfen,  sondern  zunächst 
ein  lager  aufhchlagen.  nachdem  hierzu  das  terrain  vermessen  iat, 
zieht  er  zunächst  das  gepäck  zurück ^  dann  das  dritte  treffsn,  die 
triarii,  dann  die  principes,  hierauf  die  hastati  nnd  dann  erst  die 
leichtbewaffneten  (darunter  würden  die  extraordinarii  zu  rechnen 
sein)  und  die  reiter.  man  sieht  dasz  die  trappen  genaa  in  der  Ord- 
nung zur  schlacht  ausmarschieren  und  in  der  weise  ins  lager  ab- 
ziehen ,  wie  sie  nach  unserer  Vermutung  im  lager  gestanden  haben, 
bzw.  stehen  müssen,  daraus  folgt  dasz  schon  im  lager  die  möglich- 
keit  geboten  sein  musz,  dasz  die  lagernde  troppe  ungehindert  in  die 
gefecht^ Formation  übergehen  und  in  dieser  ddtn  feinde  gegenüber 
treten  kann,    dasz  dies  aber  im  lager  selbst  nur  möglich  ist,  wenn 


758     FHankel :  das  römische  normallager  zur  zeit  de»  PolyblCM. 

die  pars  postica  die  dem  feinde  zugekehrte  seile  des  lagen  bfldcti 
ergibt  sich  aus  den  erörterungen  auf  s.  746  von  selbst,  ans  »Di- 
dem  geht  hervor,  dasz  Nissens  forderung,  die  strategische  front  dft- 
hin  zu  setzen,  wo  die  legionen  lagern,  aus  sachlichen  gründen  keinei- 
wegri  gerechtfertigt  ist;  doch  selbst  der  möglichkeit  einer  solchei 
annähme  stellen  sich  infolge  einiger  notizen  bei  Poljbios  & 
schwersten  bedenken  entgegen,  es  heiszt  VI  27,  3:  TOÜTOU  itxdi 
cxrJMCtTOC  (dh.  des  praetoriums)  aUl  Trapä  ^{av  dTTiqpdvciov  lori 
TrXeupdv;  firic  &v  ^TTirnbetoTaTTi  (paviQ  irpöc  t€  rdc  äbpciac  «ri 
npovo^dc,  TTapaßdXXerai  rd  'Puj|LiaiKd  CTparÖTreba.  ich  denby 
das  sieht  auch  der  laie  ein,  dasz  insbesondere  bei  der  kriegflUm^g 
der  alten,  wo  die  feindlichen  lager  sich  oft  in  n&chster  nfthe  gegoh 
überstehen '*\  unmöglich  diejenige  seite,  welche  dem  feinde  logi^ 
kehrt  ist,  für  das  wasserholen  und  fouragieren  die  günstigste  seia 
kann,  abgesehen  von  der  eventuell  äuszer»t  geringen  aasdehaoif 
des  gebiets,  aus  welchem  die  Verpflegung  bezogen  werden  könat^ 
ist  jede  abteilung,  die  sich  vorwagt,  dem  angriff  Überlegener  feindci- 
massen  preisgegeben,  und  jeder  schluck  wasser  musz  mit  blat  erkauft 
werden,  eine  ungünstigere  Situation  ist  überhaupt  nicht  denkbv. 
in  Wirklichkeit  kann  ähnliches  vorkommen.  ^'  dergleichen  als  ngd 
aufstellen  zu  wollen  ist  ein  schweres  verkennen  der  thatsftchlidMi 
Verhältnisse.  **  wenn  anders  die  porta  praetoria  in  eine  gewisse  bi- 
ziehung  zum  feinde  und  demgemäsz  zur  strategischen  front  gesetii 
werden  kann  —  und  ich  möchte  dies  unter  hin  Weisung  auf  Vegetiai 
I  23  (s.  oben  anm.  30)  und  das  verfahren  der  gromatiker  nur  out 
einer  gewissen  reserve  (vgl.  anm.  32)  behaupten,  nemlich  nur  fttrdM 
wirkliche  kriegslager  —  dann  kann,  ganz  abgesehen  von  den  Yorsu- 
gehenden  militHrischen  auseinandersetzungen,  schon  aus  dem  sInb 
erwähnten  gründe  unmöglich  diejenige  seite,  wo  die  legionen  IsgcOi 
die  strategische  front  des  lagers  gewesen  sein. 

Eine  andere  notiz  bei  Polybios^  die  mir  ebenfalls  hierher  sa  ge- 
hören scheint ,  ist  Nissen  nicht  aufgefallen  oder  wenigstens  in  ibircr 
praktischen  bodeutung  von  ihm  nicht  gewürdigt  worden :  ich 


**^  60  mehrmals  bei  Caesar  b.  civ,  I  in  den  kämpfen  bei  Ilerda. 
*^  in  dieser  läge  befand  sich  des  Marios  heer  vor  Aqnae  Sextiae; 
musten  die  trappen  ihr  wasser  vor  der  front  holen,  aber  das  geaekak 
um  sie  an  den  anblick  und  die  eigentfimliche  kampfweise  des  feiato 
zu  gewöhnen,  man  vergleiche  dagegen  Caesar  b»  cfv.  I  81  f.,  wo  um 
derartige  läge  in  ihrer  ganzen  furchtbarkt^it  geschildert  wird.  ^  kft 
habe  noch  in  frischer  erinneriing,  wie  schwierig  es  ffir  nna  tot  PUif 
war,  aus  den  gemüsefeldern  von  Bondjr  kohl  and  iwiebeln  SQ  beaehaiinL 
nur  im  dunkel  der  nacht  riskierten  einzelne  wagebUse  den  ^ffShriickM 
gang,  nicht  zwei  tage  hätten  wir  Paris  amlagem  können,  wenn  dtf 
schmale  streifen  vor  unserer  front  der  'füir  wasserholen  nnd  fbnrafienn 
günstigste  plals'  gewesen  wftre.  bei  uns  ist  es  streng  Terbolen  Ikir 
die  Vorposten  hinauszugehen;  würe  Nissens  annähme  richtig,  ao 
die  Römer  ibre  pabniatores  principiell  den  feinden  in  die  UM 
liefert,  vgl.  dazu  Livius  XL  30  pome  caatra  utrique  jfakm(mtuM  H 
(um  ibantf  neutri  aUeroa  impedienies. 


1 


FHankel:  das  rOmische  noimallager  rar  seü  dei  Pio^ytiot.     769 

jene  stelle  (s.  anm.  43),  wo  erzfthlt  wird  dasz  saerat  die  exiraordiurii 
aus  dem  lager  abmarscbieren.  bekanntlich  erfolgt  der  anamaradi 
der  truppen  durch  die  porta  praetoria^,  das  marsehthor.  jene  tmp« 
pen  stehen  nach  Polybios  in  der  pars  poatica;  die  porta  praetöria 
aber  befindet  sich  nach  Nissen  in  der  pars  antica,  also  gerade  anf 
der  entgegengesetzten  seite  des  lagers.  daraus  folgt  dass  die  extra- 
ordinarii  mit  ihrem  gepäck  durch  das  ganze  lager  hisdnrdi  mar- 
schieren müssen,  in  demselben  moment,  beim  dritten  trompeten«* 
Signal  nemlich^^  wo  sie  sich  in  bewegnng  setsen,  treten  auch  die 
übrigen  truppen  an.  durch  dieses  gewirr  Ton  menschen  und  pferden 
hindurch  führt  der  weg  der  extraordinarii,  bis  sie  ins  freie  gelangen« 
ebenso  müssen  die  ersten  und  die  folgenden  manipeln,  die  nach 
Nissens  ansatz  in  'kehrt'  lagern  würden,  aus  der  tiefe  aofinarsehieren, 
dh.  an  den  zweiten  bis  zehnten  manipeln  Torttbeniehen,  nm  ihre 
stelle  in  der  marschcolonne  «insunehmen,  ein  manÖTcr  das  besonders 
für  die  socii,  die  nicht  einmal  Strassen  lur  verfttgnng  haben,  recht 
yerwickelt  sein  dürfte. 

Es  ist  allerdings  an  sich  militärisch  nicht  andenkbar,  dasz  man, 
um  die  dem  feinde  exponierte  front  nicht  sn  entblOsien,  die  dort 
stehenden  truppen  zurückhält,  bis  der  anfmarsdi  der  (Ibrigen 
vollendet  ist.  es  wären  hier  zwei  flUle  mOglich:  es  kOnnte  sich  ent- 
weder um  einen  ausmarsch  zur  schlecht  handeln  oder,  in  abwesen* 
heit  des  feindes,  um  einen  einfachen  weitermarsdu  nnn  aber  liees 
man,  bobald  zum  angriff  geschritten  wurde,  jederzeit  eine  genügende 
besatzuDg  —  nicht  etwa  jedesmal  die  zehnte  manipel  aller  abteilun- 
gen,  sondern  geschlossene  corps  —  zur  deckung  des  lagers  zurück; 
im  zweiten  falle  wurde  das  lager  abgebrochen  und  gänzlich  geräumt; 
weitere  vorsichtsma&zregeln  waren  also  überflüssig,  es  ist  demnach 
keinenfalls  erforderlich,  dasz  die  iegionen  oder  ein  teil  derselben  zur 
Sicherung  gegen  einen  feindlichen  angriff  beim  ausrücken  der  übrigen 
truppenkörper  in  ihren  positionen  stehen  bleiben. 

Fast  in  derselben  weise  würde  sich  die  oben  geschilderte  Ope- 
ration —  ich  fürchte,  man  könnte  fa^t  sagen,  confnsion  —  beim 
einmarbch  in  das  lager  wiederholen,  dieser  erfolgt  natürlich  durch 
das  hintere  thor,  die  decumana.  zuerst  rücken  die  extraordinarii 
ein :  denn  &ie  marschieren  an  der  töte,  folgt  man  nnn  Nissen  bei 
der  anordnung  der  thore,  so  mtlssen  sämtliche  truppen  und  alles 
armcegepäck  durch  die  platze  bzw.  an  den  platzen  der  extraordi- 
narii vorüberziehen,  ehe  jede  abteilung  an  ihre  stelle  gelangen  kann« 
es  liegt  wol  auf  der  band,  dasz  man  derartige  verkehrte  nnd,  wenn 
der  feind  etwa  in  der  nähe  war,  auch  h(kJbL8t  gefährliche  manOver 
den  praktischen  Bömem,  deren  heerwesen  zur  zeit  des  Poljbios  be- 

*^  Vi'^etius  I  23  aui  si  der  agUur^  (paria  prattaria)  UUm  paritm  deb€i 
attendere,  ad  quam  est  profecturuB  exercUuM,  Festes  s.  2S3  prmei&rim  partm 
in  cnsiriM  appeilatur,  qua  exereitua  ad  proeUmm  eärndtur,  ^  Pol.  VI 

40,  3  ixiäyf  bi  Tö  rpirov  cn^i^vn,  icpodtctv  6d  toOc  irpdrrouc  Koi  «vülv 
Tf)v  öXnv  Tiapc^ßoX^v.    vgL  auch  losepbes  bell.  Ind.  lU  &«  4. 


760     FHankel :  das  römische  normallager  snr  leit  des  Poljbiot. 

reits  aufs  sorgföltigste  organisiert  war,  absolut  nicht  satiBuen  darf* 
setzt  man  dagegen  die  porta  praetoria  dahin,  wo  die  elitetnip|NB 
lagern '^  so  erfolgt  der  aus-  und  einmarsch  auf  die  glatteste  weiM: 
zuerst  rücken  die  extraordinarii  ab  und  alle  leute  die  sonst  nock 
in  der  pars  postica  campieren ;  auf  den  straszen  oder  fiber  die  Crei- 
gewordenen  lagerplätze  hinweg  folgen  in  geordnetem  suge  (in  Rdrti 
abmarschierenden  colonnen)  die  alae  der  socii  und  die  legicneui  olne 
dasz  die  geringste  Störung  eintreten  kann,  ebenso  ruhig  geht  der  ea- 
marsch  vor  sich,  zuerst  betreten  durch  die  porta  decamana  das  noch 
unbesetzte  lagerterrain  die  extraordinarii;  ihnen  schlieszen  sich  d» 
übrigen  truppenkörper  in  der  reihen  folge  an,  wie  sie  im  lagerstsho, 
so  dasz  keine  abteilung  der  andern  beschwerlich  fallen  kann.'' 

Fassen  wir  das  bisher  gesagte  kurz  zusammen,  dann  dflrfti 
feststehen 

1)  dasz  diejenige  seite,  welche  Nissen  als  front  bezeichnet^  w 
militärischen  gründen  für  die  Verteidigung  ungeeignet  ist ; 

2)  dasz  diejenige  seite,  wo  die  legionen  campieren,  nicht  dis 
strategische  front  sein  kann :  denn  diese  seite  ist  unter  keiner  be- 
dingung  die  günstigste  für  wasserholen  und  fouragieren ; 

3)  dasz  die  extraordinarii ,  die  an  der  spitze  der  colonnen 
schieren,  nicht  an  der  rück  front  des  lagers  —  im  militärischen 
genommen  —  gestanden  haben  können,  weil  sowol  der  ausnunek 
als  auch  der  einmarsch  in  diesem  falle  zu  einer  menge  nicht  in  be- 
wältigender Schwierigkeiten  geführt  haben  würde. 

Wollen  wir  uns  also  nicht  von  der  grundanschannng  entfenMSi 
dasz  die  läge  der  porta  praetoria  die  strategische  front,  die  poiti 
decumana  die  rückfront  bezeichne,  so  musz  Nissens  ansieht,  dfli 
das  Poljbische  Karä  ttpöcujttov  irXeupä  und  strategische  ficol 
identisch  seien ,  als  unberechtigt  zurückgewiesen  werden.  demasA 
dürfte  das  umgekehrte  richtig  sein,  dh.  die  praetoria,  das  aosgaafi* 
thor,  wäre  in  die  pars  postica  zu  setzen  und  die  decnmana  llgsii 
der  pars  antica.  letzteres  wird  bestätigt  durch  die  schon  oben  la- 
geführte  stelle  des  Hyginus  (18  .  .porta  qtiae  eohartibus  deeimitM 
tendentihus  decimana  est  appeUata),  die  einzige  stelle  welche  flrf 
bestimmte  Verhältnisse  im  lager  selbst  hinweist  und  filr  die  anoii* 
nung  der  thore  einen  greifbaren  anhält  gewährt   Marq.  II  (s.  4M 


*^  man  vergleiche  hier,  wie  Aemilins  Paulas  nach  Livlos  X LIT  ST 
seine   truppen  ins  Uger  abrücken  läszt.  *^  vgl.  Livias  XL  17.    At 

beiden  legionen  werden  hier  an  die  seiteothore,  die  rechte  ala  aa  tft 
porta  qaaestoria  dh.  decumana  postiert;  die  bauptmasse  der  liakta  als 
und  die  triarii  bleiben  in  rescrve;  die  eztraordinarii  stehen  aa  te 
p.  extraordinaria  dh.,  wie  Nissen  selbst  annimt,  der  praetori 
würde  ganz  zu  unserer  frühern  annähme  (s.  oben  8.  757)  paas« 
**  wir  haben  uns  trotz  Nissens  mafanung  von  'strateglsehea 
tungen'  nicht  abhalten  lat<sen;  dasi  diese  nicht  gani  wertles  Bfad« 
für  l»ürgt  uns  der  umstand,  dasz  wir  dieselben  einigen  höher  gcalsBl 
militärs  unterbreitet  haben,  welche  1870/71  als  generaUtabseflMen 
praxi  dergleichen  fragen  sa  lösen  gclegenhett  hatten. 


j 


FHankel:  das  rOmisclie  normallager  tnr  Mit  dat  Poljinof.     761 

anm.  2),  der  auch  in  der  thorfirage,  allerdings  mit  einer  gewitaen 
reserve ,  Nissen  gefolgt  ist ,  miszt  diesen  werten  keine  beweiskraft 
bei,  weil  'die  legionen  des  Hjgin  ganz  anders  verteilt  sind  ab  die  dea 
Polybios'.  das  ist  allerdings  wahr;  aber  das  est  apjpeUaia  weist daranf 
bin,  daszHygin  den  seit onvordenklichen  zelten gebränchlichennamen 
aus  der  eigenart  einer  frühem  lagerweise  erklSren  will.**  in  demselben 
sinne  erklärt  Hygin  zwei  Zeilen  vorher  den  ansdruck  quaesioHwm.^ 
und  wenn  Marquardt  meint:  richtiger  wftre  es  gewesen,  sich  an  die 
erwSbnung  des  quaestorinm  zu  halten,  das  in  beiden  lagern  in  der 
nähe  der  porta  decumana  liegt,  so  vergleiche  man  unsere  anm.  31, 
wo  darauf  hingewiesen  worden  ist,  dasz  sich  der  name  porta  quae- 
sioria  erst  aus  der  spätem  art  des  lagerbaus  erklftren  Iftszt.  fQr  die 
Ton  uns  angenommene  läge  von  praetoria  und  decumana  spricht 
auch  die  bedeutung  der  werte  selbst. 

Dasz  die  porta  praetoria  ihren  namen  Yom  praetorium  erhalten 
hat,  bedarf  keines  beweises  (s.  oben  anm.  31).  auf  die  bezeichnung 
praetoria  würde  zunächst  d&s  thor  ansprach  haben,  welches  von  dem 
praetorium  am  wenigsten  weit  entfernt  ist  (bzw.  auf  der  via  prae- 
toria Hegt,  vgl.  das  Hjginische  lager),  im  Poljbischen  lager  also 
dasjenige  an  welchem  die  elitetrappen  stehen,  dorthin  seheint  auch 
das  praetorium  seine  hauptfront  gehabt  zu  haben,  wenn'  auch  ein 
Standlager  der  kaiserzeit,  noch  dazu  ein  fQr  eine  einzige  legion  ohne 
hilfstruppen  bestimmtes,  mit  dem  Poljbischen  lager  in  seiner  innem 
einrichtung  kaum  verglichen  werden  kann,  so  ist  es  doch  interessant, 
dasz  zb.  in  dem  lager  von  Lambaesis  'die  mit  korinthischen  seulen 
und  einer  insebrift  geschmückte  fa^ade'  des  praetorium  nicht  nach 
den  eigentlichen  truppenquartieren  (db.  nach  der  pars  antica),  son- 
dern nach  der  entgegengesetzten  seite  gewendet  ist.^ 

Noch  bezeichnender  ist  die  bedeutung  des  namens  decumana* 
decttmanus  würde  sein  der  'gezeigte'  oder,  wie  die  agrimensoren 
sagen,  ein  rigor  didatus  und  zwar  der  rigor  didatus  kqt*  ÖOX^V 
(vgl.  Lange  im  Pbilol.  VIII  s.  198).  wir  würden  also  limes  decuma* 
nus  übersetzen  können  mit  'richtweg'  und  porta  decumana  mit 
'ricbttbor'.  allerdings  hätten  demnach  beide  thore,  welche  den  end- 
punct  des  limes  decumanus  bezeichnen,  den  namen  decumana  erhalten 
können,  aber  da  nach  Polybios  zuerst  die  pars  antica  vermessen 
wird  und   die  limites  decumani  geradezu  prorsi^  dh.  'vorwärts 

-*  die  ctymolofrie  seihet  ist  Allerdings  nicht  richtig:  s.  LLanfte  im 
Pbilol.  VIII  H.  178;  aber  die  Voraussetzung  derselben  ist  anmöf^lich  aus 
der  luft  (Tc^RriffeD.  die  Ugereinrichtang  seiner  leit  kann  Hjgin  schon 
deflhalb  nicht  im  AUfire  gebaut  habeo,  weil  erstens  die  form  der  lager 
in  jener  periode  eine  bestimmte,  (renaa  Szierte  nicht  mehr  war  and 
zweitcnfl  die  verteilnnf^:  der  piRtce  nach  der  stärke  der  trnppen  in  wei- 
ten f2:renzen  schwankte.  ^  die  ganze  stelle  lantat:  ^uaesioHwn  dici- 
tur,  quod  afiquando  qwiettoret  ibi  pedaturam  aereperint;  quod  est  $Hpra  prme' 
(nrium  in  rigore  portae  guae  cohortihua  derimU  ibi  iendeniibu»  decimana  ett 
appellatit.  '<  vgl.  UWilmanns  Mie  rSmisebe  lagerstadt  Africas'  in  den 
comm.  Mommsenianae  s.  192.  ^*  vgl.  Frontinnt  d^  Nm.  s.  29  (Laeh- 


762     FHankelt  das  römische  normallager  zur  zeit  des  PolylniM. 

laufende'  heiszen,  so  würde  das  thor,  welches  aus  der  pari  aatiei 
ins  freie  fuhrt ,  nach  den  anschauuogen  der  agrimensoren  das  *fw- 
dere'  sein,  was  es  in  der  that  Hir  den  messenden  auch  ist;  demgemla 
würde  es  auch  am  richtigsten  decumana  genannt  werden,  xumal 
für  die  einrückenden  truppen  dies  thor  zunächst  das  'vordere',  du 
*richtthor'  ist.  denn  daran  müssen  wir  festhalten,  dasi  Polybioi 
die  entstehung  des  lagers  genau  so  schildert,  wie  sie  nach  den  T(n^ 
Schriften  der  feldmesser  vor  sich  gieng. 

Das  ganze  lagerterrain ,  so  weit  es  für  die  eigentliche  lageniQg 
der  truppen  bestimmt  ist  (dh.  nach  abzug  von  wall  und  graben), 
bildet  eine  centurie  ^^  100  heredia  »»  200  iugera,  die  durch  d«i 
kardo  maximus  (die  eöOeia  bei  Polybios)  und  den  decumanus  man- 
mus  (Pol.  VI  28,  2)  zunächst  in  vier  gleiche  quadrate  (tribns  oder 
regiones)  und  dann  weiter,  den  regeln  der  gromatiker  gemSsz,  in 
einzelnen  verteilt  wird,  diejenigen  beiden  regiones,  welche  Tordea 
auf  der  groma  stehenden  feldmesser  (also  jenseits  des  kardo)  li^ga^ 
heiszen  pars  antica  oder  ultraia,  die  hinter  ihm  liegende  pars  potä» 
oder  ciirata'^y  und  das  ist  es  offenbar,  worauf  Polybios  hinzielt,  wem 
er  von  einer  vordem  und  hintern  lagerhälfte  spricht  die  ausdrücke^ 
deren  er  sich  bedient,  sind  nichts  als  Übersetzungen  der  betreffendes 
termini  technici  der  gromatiker.  die  pars  postiea^  wo  der  coanl 
lagert,  heiszt  bei  ihm  i\  ÖTTtcOe  TrXeupd  (VI  31,  7),  f|  diruOev  im- 
(päveia  (VI  3 1, 8),  i\  ötticu)  £TTiq)dv€ta  Tf)c  öXiiciTap€fipoXf)c  (VI  36^  6); 
den  andern  teil  des  lagers,  die  pars  antica  oder  tätrata^  bezeichMt 
er  mit  Kaid  tö  TipöcuiTTOV  TrXeupd  =pars  antica  (VI  29, 9),  einml 
auch  mit  f)  eKTÖc  eTTicpdveta  '^pars  uUrata  (VI  27,  6);  speciellbä 
letzterm  ausdruck  kann  Polybios  nicht  an  eine  Vorderseite  im  jnfli- 
tUrischen  sinne  gedacht  haben :  denn  dieselben  worte  gebraucht  m 
an  anderer  stelle  von  der  dem  feind  abgewandten  seite  eiMi 
lagers.'^  somit  dürfte  gezeigt  sein,  wie  es  zunächst  zu  TerststMa 
ist,  wenn  Polybios  von  einer  vorder-  und  rückseite  des  lagers  rsdet; 
er  denkt  und  beschreibt  vollständig  im  sinne  der  gromatiker,  dsns 
eigenartige  kunst  ihm,  der  manches  Römerlager  gesehen  und  dk 
Sitten  und  gebrauche  des  von  ihm  so  bewunderten  Volkes  mit  fetnai 
Verständnis  btudiert  hat,  wenigstens  in  ihren  grundzttgen  beksasft 
gewesen  sein  musz. 

Aus  militärischen  gründen  erschien  es  unmöglich,  dass  di^jcnjgi 
Seite,  welche  die  gromatiker  vordere  nennen,  zugleich  die  sksli- 
giscbe  front  sein  könne,    anderseits  war  es  uns  wahrscheinlich,  dsM 


maun)    und    (Iazu   Rudorff  gromat.  institationen  •.  341   und  S4S; 
Nissen  'templiun'  s.  13. 

*"'  vgl.  Fruntinas  s.  28  (Laohmano)  anupices  altera  ämem  mi 
trionem  a  meridiano  diviseruni  terram^  et  a  media  ultra  amUem^  cUrm 
nominaverunt,  so  auch  Nissen  8.  15.  Rudorff  so.  ■.  341  scheL^ 
geirrt  zu  Laben.  ^'  X  9,  7  kqI  ircpießdXcTO  kotÄ  m^v  tV^v  tette  ta- 
(pdvciav  Tf^c  CTpQTOirebctoc  Tdqppov  Kai  xdpaKa  6iirXoOv  iK  BaXdrracik 
OdXoTTav,  KQTd  bi  Tf|v  irpöc  ti^v  ttöXiv  AirXdic  oü6iv  (es  iat  tod  den  i^ffff 
die  rede,  welches  der  ältere  Svipio  vor  Karthago  nova  anffescUsfia  hsl)L 


-J 


CSchrader:  sa  Oridiiis  FMten  [I  687— 6ftO].  768 

der  name  des  thores  in  der  pars  antica  ebenso  anf  gromatiadie  an- 
schauungen  zurückzuführen  sei  wie  die  beieidinnngen  prindpalii 
deztra  und  sinistra.  diese  läge  der  decnmana  wnrde  dorch  Hjgin 
bestätigt,  demnach  würde  die  porta  praetoria  (anch  porta  extoi* 
ordinaria),  das  marschthor,  in  die  pars  postica  xn  Tersetien  sein,  in 
die  nähe  der  elitetruppen ,  welche  zuerst  das  lager  verlassen,  nnd  in 
die  nähe  des  praetorium ,  von  dem  sie  den  namen  erhalten  bat. 
Dbesdbn.  Fbits  Hahkbl.  . 

102. 

Zu  0VIDIÜ8  PASTEN. 


I  637—650  feiert  Ovidins  den  16n  Januar  als  den  tag  dw.dnroh 

Tiberius  vollzogenen  weihe  des  von  ihm  restaurierten  tempals  der 

Concordia.   nachdem  er  kurz  angegeben,  was  einst  den  GamiUas  be« 

wogen  habe  diesen  tempel  zu  vovieren,  fiLhrt  er  also  fort  (v.  645  iF.): 

causa  recena  mdiar:  passas  Cfermama  crines 

parrigit  auspicUs^  dux  venerande.  Ms. 
inde  triumphaiae  libasU  nmnera  geniis 
tetnplaque  feästi^  quam  oolis  ^xse,  deae. 
der  Zusammenhang  lehrt  dasz  hier  als  gnind,  der  den  Tiberius  ver- 
anlaszte  die  Wiederherstellung  des  tempels  in  angriff  zu  nehmen,  die 
besiegung  der  Germanen  angeführt  wird   das  bezieht  sich,  wie  man 
aus  Cassius  Dion  LV  8,  2  ersieht,  auf  den  germanischen  feldzng  des 
Tiberius  vom  j.  8  vor  Ch»,  wegen  dessen  er  am  In  Januar  des  j.  7 
einen  triumph  feierte;  die*  auf  diesem  zuge  gewonnene  kriegsbeute 
verwendete  er  zur  Wiederherstellung  des  genannten  tempels ,  den  er 
dann  an  einem  1 6n  Januar  dediciert  hat.   es  fragt  sich,  welchem  jähre 
der  von  dem  dichter  in  dieser  weise  gefeierte  16e  Januar  angehöre. 

HPeter  entscheidet  sich  in  der  zweiten  aufläge  seiner  ausgäbe 
der  Fasten  (Leipzig  1879)  für  den  16njanuar  des  j.  12  nach  Ch.  er 
ist  nemlich  der  ansieht,  Ov.  meine  in  den  citierten  versen  nicht  jenen 
feldzug  des  Tiberius  vom  j.  8  vor  Ch.,  sondern  einen  andern  kriegs-. 
zug  demselben  in  Germanien,  der  der  einweihung  des  tempels  nn- 
mittelbar  vorhergegangen  sei.  als  solchen  betrachtet  er  die  von 
Tiberius  in  gemeinschaft  mit  Germanicus  in  den  jähren  10  und  11 
nach  Ch.  ausgeführte  expedition  nach  Germanien  und  findet  in  v.  647 
einen  bin  weis  auf  den  triumph  des  Tiberius  vom  16n  Januar  des  j.  12 
nach  Ch.  zwar  bemerkt  er  selbst  dasz  dieser  triumph  nicht  der  be- 
siegung  der  Germanen  galt,  sondern  der  beendigung  des  dalmatisch* 
pannonischen  krieges  im  j.  9  nach  Ch.,  glaubt  indes  dasx  Ov.  im  hin* 
blick  auf  des  Tiberius  kriegführung  in  Germanien  während  der  jähre 
10  und  11  nach  Ch.  sowie  auf  den  triumph,  den  derselbe  am  In 
Januar  7  vor  Ch.  über  Germanien  gefeiert,  ihn  hier  ^allerdings  nntar 
falschem  datum'  als  besieger  der  Germanen  verherliche  (dazu  stimmt 
die  bemerkungauf  s.  22  des  anhiangs,  dasx  die  verse  637— 650  jeden- 
falls erbt  nach  dem  16n  Januar  des  j.  12  nach  Ch.  gedichtet  seien). 


764 


CSchrader:  zu  Ovidins  Fasten  [I  687—660}. 


Die  behauptung,  der  tempel  der  Concordia  sei  von  Tiberiui  am 
tage  seines  pannonischen  tnumphes  (16n  jannar  12  nach  Ch.)  einge- 
weiht worden,  und  Ov.  habe  eben  diesen  tag  im  äuge,  wurde  8dMi 
aufgestellt  von  FHülsenbeck  in  seiner  schrift  'das  rOmiscbe  casteD 
Aliso  an  der  Lippe'  (Paderborn  1873)  s.  42,  der  sich  auf  das  nof- 
nis  des  Suetonius  beruft,    dieser  Schriftsteller  Iftszt  ntm  freilid 
{Tih.  20)  unmittelbar  auf  die  erwfthnung  des  triamphes  Aber  Ptt- 
nonien  die  notiz  folgen:  dedicavU  et  Concordiae  aedetn  (sc.  Tiberiu); 
allein  die  Suetonische  datierung  ist  entschieden  zu  verwerfen,  rkk- 
tig  ist  es  zwar  dasz  Tiberius,  wie  er  die  Wiederherstellung  des  im- 
pels  eingeleitet  hatte  bei  gelegenheit  eines  triamphes  über  die  Ger- 
manen, so  auch  die  dedication  vornahm  nach  einer  neuen  siegreidiei 
heimkehr  aus  Germanien  (dh.  ohne  eine  niederlage  erlitten  suhabci)t 
nur  erfolgte  sie  nicht  nach  dem  feldzuge  der  jähre  10  und  11,  soi- 
dem  nach  dem  gegen  ende  des  j.  9  nach  der  Varusschlacht  uto^ 
nommenen,  bevor  Tiberius  im  j.  10  seinen  letzten  germanisda 
feldzug  antrat,   die  weihe  des  tempels  fand  statt  am  16n  Januar  dn 
j.  10  nach  Ch.  nach  dem  Zeugnis  der  fasti  Praenestini  (CIL.  Is.3U 
vgl.  s.  384).    dasz  sie  in  das  j.  10  vor  den  letzten  zug  des  TtberiM 
nach  Germanien  füllt,  wird  bestätigt  durch  Cassius  Dion  LVI 25  m 
der  nach  dem  bericht  über  den  zug  des  Tiberius  nach  Gerauua 
vom  j.  9,  unmittelbar  bevor  er  zu  den  ereignissen  des  j.  11 
Ch.  übergeht,  jener  dedication  erwfthnung  thut  (vgl.  Marquaidt 
alt.  IV  8.  445  und  Mommsen  im  CIL.  I  s.  384).   nicht  Dion  also  M 
hier,  wie  Hülsenbeck  meint,  in  einem  chronologischen  irrtum  bsiB- 
gen,  sondern  Suetonius;  letzterer  fügt  an  derselben  stelle  nocbsnB 
zweiten  chronologischen  fehler  hinzu,  indem  er  den  Tiberius  an  ta 
gleichen  tage  auch  den  Dioskurentcmpel  weihen  Ittszt,  was  dieserttl^ 
sächlich  (Dion  LV  27,  4)  bereits  im  j.  6  nach  Ch.  gethan  halte. 

Somit  denkt  auch  Ov.  in  unserer  stelle  nicht  an  den  16njnw 
12,  sondern  an  den  16n  jannar  10  nach  Ch.*  eben  so  wenig  abcrvii 
einen  hin  weis  auf  die  glückliche  ausfühmng  des  feldzugs  der  jslff 
10  und  11  wird  man  in  seinen  Worten  eine  yerherlichung  des  ml^ 
deutenden  zuges  vom  j.  9  sehen  wollen,  sondern  —  nach  der  m 
nScbsten  liegenden,  auch  von  Peter  in  der  ersten  aufläge  vertrsIflS 
auffassung  —  die  hindeutung  auf  die  erfolge  des  j.  8  Tor  CL  ik 
den  anlasz  der  restauration  des  tempels. 


*  Ov.  bezengft  dnher  nicht,  wie  Peter  im  «nhang  s.  90  n  V.  MI 
meint,  neben  den  fasti  Praen.  CIL.  I  s.  S12  ^  884  (so  ist  la  Isi* 
statt  348)  den  16n  Januar  als  das  datam  des  triamphes  des  Tlb«iH 
über  Pannonien  —  dieses  kennen  wir  vielmehr  nur  aus  den 
fasti  — ,  wol  aber  bestätigt  er  die  angäbe  dieses  kalendsra 
nemliohen  tnsr  als  datum  der  eiuweihung  des  Conoordtatf  pais 
denselben  Tiberius. 

Bonn.  Carl 


CMFraaGken:  ad  LnonliiiiiL  766 

108. 

AD  LUCRETIUM. 


110  nam  stmul  ac  specks  paiefaeUut  vema  diei 
et  reserata  riget  genUäbüis  a/ura  fawmi^ 
aäriae  primum  ffciucres  Uf  diva^  iummgue 
significant  iniium  percuiaae  cofda  iua  vi. 
15  inde  ferae  pecudes  penyÜoiU  päbula  laäa 
14  ä  rapidos  tranant  amnia:  ita  oapta  lepare 
te  sequitur  cupide  quo  quamque  inducere  pergiB. 
denique  per  maria  ac  monüa  fUmMque  rapads 
frandiferasque  domos  avium  campaague  vurenüs 
Omnibus  incutiena  blandum  per  peäara  amorem 
20  efficis  ut  cupide  generaiim  sa/eda  prapagemt. 
in  splendida  hac  vemi  diei  desoriptione  Tersos  15  14  16,  qaonun 
ordo  post  Lachmannum  supra  scripta»  Tulgo  probaturi  habent  qoae 
displiceant.   in  poetica  descriptione  ea  memorari  debent  qaae  ¥algo 
fiunt  et  de  more;  alienae  ab  hoo  loco  (14)  eqoae  sabinde  taiito  im- 
petu  in  venerem  ruentes,  ut  ne  obiecta  quidem  flomina  eas  retardenti 
nee  sermo  esse  potest  (v.  14  Wana/ni)  de  peeore  qaod  aquanun 
tepores  quaerens  flomina  ingreditnr.  porro  üa  ibidem  non  aptom 
est,  nam  animantem  qoamque  yenerem  sequi  quo  imäueere  pergat  in 
superioribns  non  erat  significatum,  qnae  nibil  conünent  nisi  haec: 
diei  orienti  accinunt  aves ,  solis  adspectn  pecudes  ferooientes  pascua 
persultant.   et  postea  (v.  19)  quae  sequuntnr:  blandum  per  pectora 
amorem  efficis  continent  rcpetitionem ,  et  tamen  per  denique  sie  an- 
>  nectuntur,  quasi  de  nova  quadam  re  sermo  esset,  quam  ezilis  porro 
est  ista  enumoratio  avium  et  pecodum,  si  copiam  compares  in  pro- 
ximis  per  maria  . .  omnibits.  desidero  squamigerum  pecns.  Vergilios 
loco  qui  ex  boc%ezpre88us  est,  georg.  III  243  et  genus  aequoreum^ 
pecudes  pictacque  volucres.   Lucretius  II  342  pariununt  genus  kuma- 
num    mutaequc   fiatantes   squamigerum  pecudes   ei   laeta  armenta 
feraeque,  et  variae  votucres^  laäantia  quae  loca  aquarum  oancdebrani 
circum  ripas  fontisque  Jacusque^  et  quae  pervdgant  nemora  aviaper^ 
voHtantcs.   nee  neglegendum  quod  pecudes  v.  15  pro  epitheto  habent 
illud  quod  earum  naturae  vulgo  contrarium  ponitor,  de  qno  ef.  Mnn- 
ro.   quae  cum  ita  sint,  non  puto  locum  sie  a  poeta  relictum  esse: 
babemus  i'rustula  quaedam  duorum  versnum  in  nnnm   conflata  et 
alium  integrum  (16),  quem  tamen  deleturus  erat  poeta.    videtnr 
enim  ante  v.  17 — 20  oroissum  voluisse  qnod  antea  seripserat  ie 
sequitur  cupide  quo  quamque  inducere  pergis ,  nee  minns  illa  (14)  Ha 
capia  b'itorcy  quae  manifesto  cum  y.  16  cohaerent.  sed  baec  tria  yerba 
alieno  loco  in^erta  veram  formam  versus  15  pepulerunt,  quae  talis 
fere  credi  potest  fuisse:  ei  rapidos  tranant  timnes  aut  aethere  lu- 
dunt.    locus  sie  olim  se  habuit,  ut  inverso  ordine  legerentur  y.  15 
et  16: 


766  CMFrancken :  ad  Lacretinm. 

13  significant  initum  perculsae  carda  tua  vi 

14  et  rapides  tranant  amnis  [ita  capta  l^pare 

16  te  sequitur  ctipide  quo  quamque  inducere  pergis]. 

15  inde  ferae  pecudes  — 

in  quibus  uncis  inclusi  ea  quae  forte  ex  priore  qnodam  tfn**!*"™» 
poetae  manserant,  et  erant  delenda  utpote  emendata  et  amplöli 
versibus  17 — 20  {denique  ,  .  propagent). 

I  102  tutemet  a  ndbis  iam  quovis  tempore  vatum  eqt.  ntii 
hodie  constat  v.  43 — 49,  de  quibus  iam  monuit  Lacfamanniu,  etin 
qui  hos  subsequuntur  50 — 61  alienos  esse  a  loco  qaem  oocapaiit,il 
Y.  136 — 145  abrumpere  sententiaram  ordinem  nee  posse  locom  sma 
tueri,  nisi  cum  HSauppio  (progr.  Gott.  a.  1880)  stataas  ▼•  14&— 148 
esse  delendos.  quo  magis  est  quod  mirere  esse  etiam  nunc  qoi  il^ 
tuant  Carmen  boc  non  nimia  depravatum  esse  et  libnun  priniH 
ceteris  integriorem  e  manu  poetae  prodiisse,  de  quo  recte  indicit 
Woltjerus  mens  in  dissertatione  de  Lueretii  fontibne  p.  37.  tei 
quaeritur  num  versus  80 — 101  stare  possint  iuxta  y.  102—135. 
prioribusexemplum  proponit  nefandae  religionis,  nimimmlphigcni 
immolationem,  et  quasi  in  re  confessa  exciamat:  iantuin  rdliffiopühä 
suadere  mälorum,  post  haec  quasi  nihil  dictum  ant  probatiun 
de  fnnesta  vi  religionis  et  nihil  omnino  superiora  ad  MemmiDO 
vendum  valeront,  satis  frigide  v.  102  subsequitar:  Memei  a 
iam  quovis  tempore  tatum  terrüoquis  vicius  dictis  desäseere 
iam  inquit;  at  quando?  nunc  postquam  demonstravit  poeto  A 
gravibus  verbis  docuit  religionem  subinde  nefanda  enadere?  —  ■ 
iam  nihil  nisi  transitum  ad  sequentia  subministrat,  non  miniu fiigi- 
dum  est.  opponenda  hacc  erant  superioribus ,  non  nno  teaan 
continuanda,  hoc  modo:  nihilo  minus,  et-si  vides  quam  pervenaäl 
superstitio,  vereor  ne  terriloquis  vatum  dictis  snccnmbas.  nee  inilHi 
Video  ordinem  sententiarum :  ratiocinando  enim  nihil  proficitar,  Mi 
redit  v.  102  disputatio  eo  fere,  unde  v.  80  coepenft:  *non  impiiB 
est  religionis  voci  non  obsequi,  noli  hoc  putare  (80  aqq.);  illvtal 
exemplum  Agamemnonis  ostendit  tibi  religionem  suadere  mala,  na 
a  nobis  desci<^cere  quaeres'  (102).  si  quid  video,  poeta  ez  hb 
alterum  utrum  erat  omissurus.  superiores  versus  (80 — 101)  qi 
vis  sint  elegantes,  tarnen -posteriores  (102 — 135)  aptiores 
vidcntur;  manifeste  etiam  145  hunc  igitur  tcrrorem  onjnit  reqvM 
terrificandi  mcntionem,  qualis  est  v.  133.  iuiemei  esii  noBtxaeai» 
monitionis  expers.  ^studebo  te  docere  et  Carmen  tibi  offem  düig» 
ter  elaboratum'  (v.  145,  nam  hie  praecedebat),  inquit  poeta.  twal 
novam  rem  transiens  et  demonstraturus  quam  necease  ait 
habere  sententiam  de  animi  natura  (102 — 135)  iam,  inquit^  qi 
tibi  relictus  facile  terreri  potes  somniis  aliisqne  quae  cum  ai  * 
natura  cohaerent,  falsae  opiniones  de  animo  et  eaelestibna 
dae  sunt. 

1112  ignoratur  enim  quae  sit  natura  animai , 

nata  sit^  an  cofitra  nascentihus  insinufkuTj 


J 


CMFrancken:  ad  Lacreünm.  767 

et  5imuZ  intereat  nobiseum  marte  äirempia^ 
an  tenehras  arci  visai  vasUuque  kteunas. 
primum  quaeritur  a  poeta  qaomodo  naaceniilmB  nobb  eziatat  aaimuSy 
dein  quid  animo  in  morte  fiat.  aniniDS  una  cum  corpore  naadtiir 
aut,  si  antea  iam  exiiterit,  cnm  corpore  iungitar  (113).  aimfliter  in 
morte  aut  interit  animus  nobiscom,  aot  separatur  a  corpore  et  Txrere 
pergit  (114.  115).  perspicitiir  hinc  dktmpta  non  aptam  esse,  qui 
statuunt  animum  in  corporis  morte  interire,  nihil  est  cnr  dicant  ante 
interitum  illum  a  corpore  separari  (dtrim«);  et  qni  dirimi  a  corpore 
statuunt  animum ,  co  ipso  propriam  ei  existentiam  ascribunt.  reqni- 
ritur  percmpia;  cf.  IV  40  cum  corpus  simul  atque  amm  natura 
perempta  in  sua  discessum  dcderkU  primordia  quaique*  D  et  p  litterae 
in  capitali  scriptura  quam  facileconfandipotoerint  intellegitar.  ininria 
igitur  perempta  a  Creecbio  iam  inyentum  et  a  Briegero  commendatom 
ab  editoribus  spemitur. 

I  118  detulit  ex  Hdicone  perenni  fronde  earonam^ 
per  gentis  Itcdas  hammim  quae  data  duerä. 
inutile  additamentum  est  haminum^  qaod  non  potest  defendi  per 
adiectivi  traiectionem,  si  dicas  poetam  voloisse  per  genie»  hnmmtm 
Italorum :  nam  in  eo  non  minns  ingrata  copia  est.  nee  obiciat  quis- 
piam  II  107G  et  varias  hominum  gentis  et  saeda  ferarum^  ant 
humanas  gentis  saepius  a  poeta  nsarpatas  de  aniyerso  hominnm 
genere,  non  de  parte  aliqna  (I  72$.  11  695.  V  162.  1305);  nnm- 
quam  dixit  hominum  gentes  nisi  in  oppositione.  sed  Ennins  epicas 
poeta  cecinit  id  Kkia  tüjv  dvbpuiv:  hominum  quo  dara  cluerent 

I  120  ctsi  praeterea  tamen  esse  Acherusia  templa 
Ennius  aeternis  exponit  versilms  eidem^ 
quo  neque  permaneant  animae  neque  corpora  nostra* 
non  qui  dem  necesse  (ut  ait  Munro)  sed  opus  est  Lacbmannianom 
eidem  (pro  cdcns),  quo  parum  sibi  constitisse  Ennium  clarius  signi- 
ficetur.  at  eidem  Lachmanno  permaneant  reponenti  pro  permanent 
non  est  assentiendum.  nam  permanere  ad  locum  sane  dicitur  de  re 
quag  ita  valet,  ut  antequam  ad  locam  qnendam  perveniat  non  ex* 
btinguatur,  velut  si  in  lampadodromia  fax  inter  currendum  lumine 
non  deficit,  dicatur  permanere  ad  finem  stadii.  sed  nbique  temporis 
est  aümixta  significatio.  Lachmannns  attolit  Ovidii  AA.  II  120 
{animus)  sohts  ad  cxtremos  permanet  üle  rogos  et  ad  posteras  permO' 
nerc  ex  decreto  Tergestinomm  II  26  (Orelli-Henzen  III 445).  Cicero 
de  ND.  I  37,  105  dicehas  .  .  nee  esse  in  ea  (speeie  dei)  uüam  soHdi- 
tatcm,  neque  eandem  ad  numerum  permanere ,  h.  e.  permanere  (con- 
sistere)  donec  numeruin  ineas.  {ad  itMmert<m  contra  sunt  Ta  CTCp^fiVia, 
quorum  dimenbiones  notari  possunt  ib.  §  49;  Epic  ap.  La.  Diog.  X 
139  [quoMlam  deorum]  kqt'  dptO^öv  U9€CTi&Tac.)  non  aptius  est 
Cic.  11.  §  85  2)ermanens  ad  longincum  tempus  et  Varronis  RB.  11 4,  8 
verris  octo  mensum  incipit  salire,  permanet,  ut  id  rede  facere possit, 
ad  (rimum,  in  bis  omnibus  temporis  manifesta  significatio  esL 
animi  sie  demum  ad  orcum  permanere  dicerentor,  si  pericnlnm  esset 


768  CMFrancken:  ad  Lucretium. 

ne  in  itinere  longinquo  tererentur  et  consumerentur.  verbnin  jmt- 
manare  minus  familiäre  librariis  notiori  cessit.  permanare  (od,  m) 
est  leniter  et  sensim  pervadere,  penetrare,  pervenire.  cetemm  cf.  III 
253  huc  permanare  (niaJum  polest),  I  355  permanat  firigui  üi 
ossa,  alia. 

I  130  tum  cum  primis  ratione  sagaci 

unde  anima  atque  animi  constet  natura  videndum^ 
et  quae  res  nobis  vigilantibus  ohvia  menies 
terrificet  morho  adfectis  somnoque  sepuUis. 
durum  est  quod  bententia  postulat  ut  dirimantur  morho  adfedisd 
somno  sepultis]  prius  illud  {adfectis)  pertinet  ad  vigilantibus  ^  lumid 
sepultis:  nam  cum  somno  opprimimur,  etiam  sani  vidomus  somiuL 
durum  est  etiam  quod  participium  explicationis  causa  duobnt  aliil 
participiis  interpositum  ad  unum  pertinet  idque  remotius.  scribei- 
dum  igitur  adfectas,   morho  adfectis  iungendam  cum  v^QduMim 
traheret  primum  legenti  etiam  somnoque  sepultis  ad  eadem.  pom 
pro  que  legendum  ue:  somno ve  sepultis.   non  dispicio  cur  t.  131 
sermo  sit  de  animi  natura,  sed  non  de  animcte  natura  ac  de  awmL 
fortasse  nulla  paene  mutatione  corrigendum  animae* 
I  156  quas  ob  res  ubi  viderimus  nilposse  creari 

de  nilo,  tum  quod  sequimur  iam  rectius  indc 
perspiciemus. 
quod  sequimur  si  sincerum  est,  amplectenda  est  cxpllcatio  Bentld, 
qui  notulam  adscripsit  «TÖ  2!iiT0U^€V0V,  TÖ  dTTOpoujyievov»,  authiee 
ut  significetur:  pbilosopbia,  quam  probamus.  sed  utrumque  mo- 
lestum  est;  mirumque  esset,  si  haec  ratio  loquendi  in  bac  materii 
semel  tan  tum  inveniretur  pro  vulgari  (jquod  quaerimus).  sed  ex  eo 
quod  nihil  ex  nihilo  nasci  potest  sequitur  ut  quaeque  res  babflit 
causam  materialem  nee  opus  sit  interventu  deorum.  id  dizit  poeU: 
tum  quod  sequitur  inde  iam  rectius  perspidemus  et  unde  queatM 
quaeque  creari  (nasci  posse  e  corpusculis  primis),  et  quo  modo  A 
quaeque  fiant  sine  opera  divom. 

I  450  sqq.  quaestio  erat:  quae  dicuntur  esse  semota  a  coipon 
et  loco  (corpore  et  inani),  materiae  expertia,  num  sunt  per  se  an 
sunt?  veluti  qualitates  rerum  et  tempus.  respondebat  Epicunu 
esse  per  sc  sed  fortuita  esse  et  accidentia;  eorum  quae  sint 
cujLißeßiiKÖTa^  coniuncta  (=  neccssarias  qualitates)  ant  cufnnA- 
fiara,  e  venta  (fortuita,  quae  abesse  possint).  distinxit  haecEpieuM 
sie  ut  dixi,  nee  audiendus  Munro  ad  v.  4-19.  tantum  concedandm 
est,  Epicurum  saepius  vocabulo  cu^ßeßiiKÖTUJV  pro  generiSf  qool 
cujLißeßiiKÖTa  (strictiore  usu)  et  cupimu^aTa  simul  rumplfiUtsf, 
nomine  usum  esse,  sie  factum  apud  La.  Diog.  X  68  &XXä  |lAv  tfl 
Td  cxnMara  koi  toi  xpuiMara  kqi  Tot  pcT^Oi]  kqI  rd  ß&pca  xai  6c* 
dXXa  KaTfiYopeiTai  toC  cuüfiaTOC  übcavel  cufAßePnKdio  .  • 
oud'  ujc  Kad'  iamäc  eict  (pucetc  boSacT^ov,  o66'  AXuic  ibcoÄc 
£iciv ,  ubi  opponit  iis  quae  sunt  per  se  Td  cu^ßcßr^KÖTa  simul  et  ld 
cu|Li7TTU)]LiaTa ,  haec  uno  nomine  (cujiißcßiiKÖTa)  complexns,  qiifiinH- 


CMFmiekeii:  ad  LaaMtäxoL  789 

roodum  Cicero  ND.  II  32,  83  accUkre  posnii  pro  gmofis  voealmlo: 
omnium  quac  sinl  naturam  esse  eorpora  et  inane  quaegm  eis  aeoUkmL 
Epicurus  11.  §  70  Kai  Mf)v  koA  rote  ci&MOCt  cuMiriirrct  iroXVdxtc  (noa 
dixit  cuMßaivet)  Ka\  ouk  diötöv  Ti  irapaKoXou6cfv  et  panlo  potti 
wcT€  br\  Kard  Tf|v  tiXcIctiiv  q>opav  toutui  t^  öyd^an  xpdiif^^oi 
qmvepöv  TTOioO^€v  Td  cufiiiTibfiaTa  o(rr€  Tf|v  toö  AXouqpOciv 
fx^iv  . .  .  o(iTe  Tf|v  Td»v  dtbfuiv  irapaKoXouOoiiVTuiv,  div 
dveu  ciüpa  oö  bOvarai  voetcOai.  quid  Epicorat  ipee voliwri^ 
his  verbis  declarat:  Td  CUfnrnbpaTtt  OÖK  (%€i  xifi  tAv  dAhuv 
TrapaKoXoudoüvTUiv  q>i}ctv,  quo  tesUmonio  nibU  poteet  esse  diser- 
tius :  qualitates  perpetaae  et  necessariae  non  sunt  cufiTrnAjuurra  sod 
cuMßeßiiKÖTO.  nee  tarnen  diligenter  nbiqoe  locatos  est  Epioonis:  sio 
§  7 1  dixit  ouK  ix€,\  Tf)v  TOÖ  5Xou  q>u€tv  ö  cupßoivct .  •  OÖM  Tjjv 
Ta»v  dibiuiv  TrapaKoXouOouvTuiv,  ubi  8  cu^ßoCvet  est  cu^imlifuno,  Td 
dibia  Trapax.  *»  rd  cu^ßcßriKdTa.  sed  §  67  Td  ircpl  Tf|v  i|iuxf|v 
cu^iTTub^aia  non  recessit  ab  institnto  loqnendi:  distingoendae  enim 
singulae  actiones  et  functiones  et  facultas  agendi  et  paüendi;  illae 
sunt  cujUTTTtü^aTa;  baec  ciJMßcßffKÖc  est  aliqnod  corpornm.  sordide 
ip^e  Epicurus  scripsit  et  librarii  saepe  noa  ludont,  Telut  §  71 ,  qni 
locus  modo  recte  legatur,  optima  argumenton  illustrat;  nnmqoam 
Epicurus  dicere  potuit  cuMirniffurra  irdvTaTd  ci6|ittTa  vofitcr^ov, 
KQi  OUK  dibtov  TrapaKoXouOoCvTa  soribendnm  irdvro  dciApaTCL 
vere  igitur  Woltjerus  11.  p.  21  negat  diTisionem  in  oonionota  et  eventa 
a  Lucretio  esse  inventam. 

Versus  434,  si  retinendus  est,  sine  dubio  a  Laehmanno  recte 
post  435  positus  est: 

435  cui  si  (actus  erit  quanwis  levis  exiguusque, 
434  augmine  vel  grandi  vd  parva  denique^  dum  sit^ 
corporis  augehit  numerum  summamque  sequeiur: 
sin  iniactäe  erit  — 
sed  nisi  perversam  structuram  obtrudere  poetae  velis,  Terba  dum  sU 
plane  abundant,  cf.  434  esse  aliquid  deibdrit  id  ^psum.   pro  denique 
dum  Sit  recte  se  haberet  taäOe  dtum  sü,  sed  potius  crediderim  yersum 
in  margine  scriptum  et  a  poeta  imperfectam  relictam  imperite  sup* 
pletum  esse  verbis  dum  sit,  et  omittendum  esse. 

Tempus  secundum  Epicurum  est  cu^irrui^a  cufiimiifidTUfV. 
quaecumque  accidunt  cu^TTTiUMOra  sunt,  ordo  horom  cuMimil^dTUlV 
ipse  rursus  ci3MTTTUJ)ia  est  sive  accidens^  quod  profioiseitur  ex  mente 
observantis  et  superiora  colligentis.    Epicorasll.  §  78  (oifinX^KO^CV 

TÖv  xpovov)  Totc  TTddeci  Kai  xatc  diraOcfatc  ical  xiv/jcca  Kai 
CTdceciv,  ibiöv  Ti  cu)iiTTU)^a  irepl  TaÖTa  irdXtv  odrö  toOto 
£vvoouvT€c,  Ka6'  ö  xpövov  övo^dZofiev,  i«  e.  koO'  8  ^Kctvö  icnv 
ö  xpovov  övo^dZo^ev.   Lucretius  y.  462: 

ncc  per  se  quemquam  tempus  sentire  faiendumst 
semotum  ab  rerum  motu placidaque  quieie, 
alter  locus  alterum  tuetur:  non  piadda  quies  remm  efficit  ot  tempus 
sit :  nam  si  omnia  perpetuo  immota  et  sine  nlla  motatione  essent, 

Jalirb  •eher  für  cla»t.  philol.  lf«0  hfl.  10  a.  11.  50 


770  CMFrancken:  ad  Lucreüiim. 

tempus  non  esset;  sed  yicissitudine  motus  et  quietis  non  miniuqHB 
motuam  successione  tempas  notatur. 

I  493  tum  glacies  aeris  flamma  devida  li^tuescü,  glaeki  mm 
pro  aere  nitente  sine  exemplo  est,  nee  hoc  loco  yalde  i^itnoii  ^ 
exspectes  fere  exemplum  a  vera  glaoie  ductam,  quae  solis  ndikli- 
quescit  et  dissolvitar  (VI  964)  sive  flamma  solis  liquitnr,  I  ION 
et  solis  flammam  per  codi  caenüa  pasd,  scribendam  acrit,  mm 
hiems  et  similia  nota  sunt. 

I  554  ut  nil  ex  Ulis  a  certo  tempore  posset 

conceptum  summum  aetatis  pervadere  finia. 
satis  constat  per  Lacbmannianom  summa  'nniverso  Ti^eiidi  adi' 
locum  non  esse  sanatum.  summum  florem  Marullos  dubia  Imtimliii 
(Lachmanno  iudice  perversa),  ad  sententiam  recte;  Moziro  saim^ 
yertens  hune  versum  postremum  esse  folii  12  recti  in  archetjpoMi 
curat  ductns  litterai:um  et  ad  sententiam  aeqne  et  grammatiesm  iMli 
scribit  od  audum.  at  sufficit  minor  mutatio:  oanee^^imi%  smmm 
aäatis  pervadere  fini,  fini  est  ^usque  ad,  tenos':  cf.  Brizins  ad  IL 
Men.  859,  Munro  ad  IV  627,  Neue  I*  220.  insolentia  elisiOBiii 
superioris  vocabuli  terminatio  efifecerunt  ut  s%immium  tfcriberater. 
n  20  ergo  corpoream  ad  naturam  pauea  videmus 

esse  opus  omnino^  quae  demant  cumque  dohrmm, 
delidas  quoque  uti  multas  subslemere  passimL 
gratius  intcrdum  neque  natura  ipsa  requirii^ 
si  non  aurea  sunt  iuvenum  simülacra  per  aedes 
25  lampadas  igniferas  manibus  reHneniia  dexiris^ 
lumina  noäurnis  epulis  ut  suppeditentur^ 
nee  domus  argento  fulgenii  auroque  renidett 
nee  cUharae  reboant  laqueata  aurataque  ieda^ 
cum  tamen  inter  se  prostrati  in  gramme  nuM 
30  prqpter  aquae  ritmm  suh  ramis  ariaris  äUae 
non  magnis  opibus  iucunde  oorpora  cu/rami^ 
praesertim  cum  tempestas  adridel  et  anm 
tempora  conspergunt  viridantis  flarüms  herbas» 
ita  locum  dedit  Lachmannus,  post  v.  22  pleno  distinguens,  qiowii 
paucis  illis  ToTc  KQTd  9UCIV  etiam  deliciae  requirerentnr.   MaM  ■ 
deiicias  novam  incobat  sententiam ,  quae  continuatiir  ad 
proponens  contortam  explicationem :  etsi  interdom  gratios 
substemere  possint,  non  natura  ipsa  requirit  (nay,  thoo^aHi 
gratefuUy  at  times  tbey  can  minister  to  us  maay  choioe  dsB^M 
nature  for  her  part  wants  them  not,  when  the  honse  shinss  aflivS 
silver  . .  what  time  .  .  they  spread  themseWes  — ).   «ee  ia 
positis  sane  usurpatur  pro  simplici  negatione  {Hrfathm^ 
nequam,  nepos  ==  prodigus,  alia),  deinde  in  iunctora,  qoaa 
abest  a  composito,  nempe  si  unum  verbom  negatur  (nee 
rede^  nee  utrum^  alia),  tum  in  transitu  neque  vero  et  meqim 
ita  placet,  possis  statuere  simile  quid  fieri;  si      bis 
circumscribitur.  novi  quae  Ribbeckius  de       re        oaoitdsptffr 


CMFrancken:  ad  iMontiaau  771 

colis  lat.  p.  24 — 26 ,  sed  non  movent  Qt  de  Lner.  TI 1S14  atquB 
ettam  quosdam  cepere  ohtivia  reruim  amdarum^  negiie  mpo$9mäC(h 
gnoscere  ut  ipsi  aut  1117300^  neque  eiiiir  fackmtijpsaeqjiuunm 
dicere  suppedUat  ei  adstipuler;  altero  loco  ut  saepe  negiite  •  •  e^,  sie 
positam  est  neque  .  ,  ve]  prior  in  nentram  partem  qnieqnam  probat: 
ütramvis  per  se  explicationem  admitiii  vii  opus  est  dieere  aliun 
nsum  esse  in  nee  nunc  et  similibns,  freqnentatis  a  seriptorilms  ar- 
genteae  aetatis.  sed  praeterea  gratku  friget;  an  potest  aliqnis  (nt 
sie  dicam)  ingrate  delicias  snbstemere?  denique  snbieeiam  ante  $uXh 
siemere  possint  quid  sit  non  apparet  versus  28  et  23  coUoeandos 
puto  post  y.  33  sie  scriptos: 

gratius  interdumst;  negue  natura  ipsa  requirU 
delicias  quoque  uti  muUas  suhsiemere  passkU. 
81  non  aurea  sunt  simulacra,  sed  tarnen  snb  diyo  oorpora  inennde 
curant,  cum  anni  tempestas  favet,  gratius  id.est  saepe  quam  si  in 
omni  um  afluentia  viyas,  et  natura  ipsa  non  requirit  ut  herba  etiam 
delicias,  vestem  pretiosam  tamqnam  in  leetnlo,  snbstemat. 

II  53 :  si  nee  deliciae  nee  spectaeula  nee  opes  abigunt  enras, 
quid  dubitas  quin  omni'  sü  haec  raUom*  poterias?  manifesto  haeo 
esse  sententia  debet:  si  nihil  yalet  praeter  rationem,  baeo  sola  apta 
est,  id  est:  quid  dubUas  qum  unae  haec  $ii  raXikmff  paietiaif 
cf.  Neue  II'  254.  amnis  pro  amnino  did  non  potest 
II  80  si  cessare  putas  rerum  primardia  passe 

cessandoque  navos  rerum progignere  moius^ 
immo  CO  ei  US,  concilia  atomorum,  unseres  exsistunt.    utrumque 
yocabulum  Lucretio  in  bac  re  familiäre,    cessando  est  'quamyis 
cessent'.    cf.  praeter  alles  Kuebneri  gramm.  lat.  maz.  II  562. 

II  103  sqq.  corpuscula  quaedam  hamata  post  ictum  a  se  mutuo 
yiz  recedunt  et  conficiunt  corpora  dura: 

haec  validas  saxi  radices  et  fera  ferri 
corpora  constiiuunt  et  cetera  de  genere  horum. 
cetera  dissiliunt  longe^  hngeque  recurmnt 
paucula,  quae  porro  magnum  per  inane  vagantur 
in  tnagnis  intervaüis:  haec  aira  rarum 
sufficiunt  nohis  et  splendida  lunnna  sdlis. 
si  in  bis  nihil  te,  beneyole  lector,  offendit,  causam  yici:  nam  ordinem 
mutavi.   vulgaris  non  potest  ezplicari. 

Traiecti  ad  Rhenum.  Cornelius  Marinus  Fbanokbh« 


I  1 20  etsi  praeterea  tarnen  esse  Acherusia  templa 
Ennius  aetemis  exponit  versHms  edens^ 
quo  neque  permaneant  animae  neque  corpora  nastra^ 
sed  quaedam  simulacra  modis  paUentia  nUris. 
nullo  modo  a  me  impetrare  possum  ut  y.  122,  quo  loco  maxima  diffi- 
cultas  in  verbo  permaneant  cum  adyerbio  quo  ooniuncto  posita  yide- 
tur,  aut  Lacbmanni  interpretatione,  quam  Mnnroni  prpbatam  esse 

60* 


772  SBrandt:  ad  Lucrctium. 

valde  miror ,  rem  expediri  concedam  aut  mutatione  facta  vel  permt 
nent  vcl  perveniant^  quod  utrumque  Italorum  est,  vel  quod  noi« 
HSauppius  quaest.  Lucr.  p.  13  posuit  qua  poetae  tribuam.  samm 
enim  locum  esse  existimo,  sed  carere  adhac  vera  interpretatirae. 
quae  interpretatio  revocanda  mihi  videtur  ad  soloecismam  illiim(e£ 
Polliuä  in  Philol.  XXVI  297  sq.) ,  cuius  cum  in  Lucretii  carmiiie  « 
exempla,  ut  numerus  pluralis  singulari  cxcipiatur,  velut  11 174  qm- 
mm  ad  genus  humanuni,  III  185  quorum  ad  res  Ulla  (▼•  184)  rapi- 
cit,  haud  rara  sint,  unum  invenitur  exemplum  eius  modi,  ut  nameni 
singularis  ad  pluralem  sit  referendus ,  IV  934 ,  ubi  cum  anteoedit 
y.  933  acriis  auris,  in  libris  cius  legimus;  quod  a  Lachmanno  niffiii 
severe  damnatum  Munro,  cuius  explicationem  legant  si  qni  ratioiMa 
a  nobis  propositam  non  satis  certam  putant,  et  Briegems  in  uuL 
Bursiani  II  1108  rectissime  restituerunt.  sie  nostro  loco  quo^  bm 
adverbium  äed  ablativus  loci,  poetae  pro  Äcfierusia  templa  t.  liS 
singulari  numero  Ächcrunta  obversante,  ad  Acherusia  templa  spedtf 
atque  optime  cum  pcrtfianeant  coniungitur.  ablativum  autem  lod 
quo  poeta  ut  ipsum  Achcrunte  III  628.  984,  Acherunie  profimb 

III  978  usurpavit.  pcr7}iafi€ant  dcinde  non  in  altera  parte  eniutiiti 
(v.  123)  sed  in  hac  priorc,  in  qua  sint  cxspectes,  eadem  usus  lioeitia 
posuit,  qua  I  146  sqq.  in  priorc  membro  non  quod  sententia  posta- 
lat  discuterc  possunt ,  sed  necessest  .  .  discuiiant ,  quod  praedicstoB 
alten  US  niembri  {sed  naturac  species  ratioque)  e^t,  scripsit. 

III  866  scire  licet  fwbis  nil  esse  in  morte  timendum^ 

nee  miserum  ficri  qui  non  est  passe  ^  neque  hüum 
differre  ante  ullo  fucrit  iam  tempore  naius^ 
motialcm  litam  mors  cum  inmortäUs  ademit, 
V.  868  Lacbmanni  ante  ullo  recepto  pro  natus  scribens  necme  (d 

IV  381)  locum,  de  quo  varia  quae  alii  aut  nimis  audaoter  antpana 
latine  conieccrunt  Pollius  in  Philol.  XXV  277  sq.  praebet,  lernt* 
sanasse  mihi  yideor.  sie  enim  et  legitima  interrogationis  disiunctim 
forma  restituitur  et  flatus,  quod  loci  sententiam  obscurat,  expellitiir 
non  enim  agitur  id,  utrum  is  qui  non  est  (v.  867)  iam  antea  natsi 
fuerit,  sed  utrum  antea  omnino  vixerit  necne.  plane  igitur  snSfli 
fucrit.  accedit  quod  ipsa  extrcma  multonun  versuum  verba  in  anb- 
typo  nostrorum  codlcum  Lucretii  cum  non  solum  casu  gravia  delih 
mcnta  acccpissent,  sed  etiam  librarii  eis  verbis  male  subvenisanfti 
valde  corrupta  fuissc  videntur.  non  rccte  Lachmannum  in  sua  TcnM 
forma  dcfendcnda  locum  IV  1259  auxilio  sibi  vocasse  ostendlt  EGo0* 
belius  (luaest.  Lucr.  crit.  p.  25. 

III  H76  non,  ut  opinor^  enim  dat  quod promiitii  ei  unde^ 
ncc  radicitus  c  vita  se  tottit  et  eicU^ 
iicd  facit  esse  stii  quiddam  super  inscius  ipse. 
pro  unde  y.  876,  quod  cum  alii  non  intellexerint,  ego  non  magiaia- 
tellego  —  nam  illud  ahunde  et  alia  eius  modi  silentio  pxaetarin 
praL'^:tat  —  mea  sententia  inplct  scribendum  est,  ut  Pliniaaepilt 
If  r.\  6  implevi  promissum  dicit.   quod  autcm  unde  ex  mpld  cor 


i 


SBrandt:  ad  Laoetiiuii.  773 

ruptum  dico  si  cui  miram  videtnr,  is  asimam  adfioriat  aaepiiiB  in 
archetypo  litteram  D  pro  p  scriptam  fuisse.  caioB  erroris,  qni  nt 
facile  fieri  poterat  ita  etiam  alioram  scriptoram  in  codidbaa  in- 
yenitur  (cf.  Baehrensii  proleg.  Catolli  p.  XLIY,  Eodiii  emendai. 
Cic.  epist.  1855  p.  11.  Ribbeckii  proleg.  Verg.  p.  242),  eiempla  qind 
Lucretium  collegi  haec:  m  Aß2  partiädemt  IV  357  dmabUur  (L  e. 
perlahiiur) ,  V  747  credUans^  VI  603  ametdiuni^  quibns  looia  adden- 
du8  III 472,  ubi  polar  pro  dcHar  l^tar.  eitremae  autem  vocis  i»ipkt 
litterulao  (ET)  quam  facile  ut  in  fine  yersas  evanesoere  atqne  inter- 
ire  potuerint,  ut  reliquae  deinde  ad  formam  yocia  unde  confidendam 
traherentur,  vix  opus  est  monere.  iam  yero,  cum  habeaa  nan  dat  d 
injj^ty  nee  se  toUU  et  etat,  sed  facti  esse  eqs.,  yide  quam  praedara 
dicendi  congruentia  atque  aequalitate  hie  yersus  et  insequens  con- 
tineantur.  quam  elegantiam  sermonis  Wol^'erus,  qui  bis  in  annalibaa 
1879  p.  785  sq.  proposuit  ei  undai^  eo  minus  reete  oppreesit,  quod 
nemo  est  quin  propter  insequens  sed  faeH  esse  flagitet  sed  umdai» 
accedit  quod  undare  simplidter  poeitmn  idem  tignificare  quod  ammo 
fluäuare  ille  non  probayit. 

III  961  nunc  aliena  iua  ^om^fi  adaie  omma  miae^ 

aequo  animoque,  agedum^  magnis  caneede:  neesssesi* 

pro  maffnis  librorum  y.  962  Laohmannns  digniSf  Bemajdns  gnaOs^ 
alii  alia  scripserunt.  ego  propter  yersnm  anteoedenfcem  et  966  omma 
perfundus  viiaipraemia  marces  propono  gnavis. 

V  1266  ut  sihi  tela  darent^  süvasque  ui  caedere  posseni 

materkmque  ddard  levare  ac  rädere  Hgna, 

in  altero  versu  valde  in  libris  corrupto  nullo  modo  tria  illa  yerba 
operam  fabri  tignarii  signifieantia  retineri  possunt  omnia.  itaque 
Lachmannus  scripsit  materiennque  domo  levare  ae  rädere  tigna^  quod 
refutavit  Goebelius  quaest.  Lucr.  crit.  p.  26 ,  ipse  proponens  maie- 
riemque  dolore  et  levare  aspera  tigna.  qui  cum  tigna  aspera  nominet, 
Munro,  qui  Marullum  secutus  materiemque  dolore  d  levia  rädere  tigna 
recepit,  kvia  esse  vult:  utrumque  mihi  superyacaneum  esse  yigo- 
remqiic  sermonis  attenuare  yidetur.  at  alia  quaedam  est  yia,  qua 
ad  locum  emendandum  perveniamus.  babes  enim  bos  tres  yersns 
Lucretii:  II  192  e^  celeri  flamma  degudant  tigna  trabesque.  11  196 
nonnc  vides  etiam  quanta  vi  tigna  trahesque  — .  VI  241  didurhare 
domos,  avellerc  tigna  trahesque.  quid  igitur,  quaeso,  yeri  similius  est 
quam  nostrum  versum  in  eadem  yerba  exisse,  cumpoeta  seripsisset: 
materiemque  dolore  ac  rädere  tigna  trahesque  —  ?  plane  enim  assentior 
Pollio  in  Philol.  XXVI  531,  levare  glossema  esse  antecedenti  dcHare 
aspersum:  quod  cum  in  yersum  irrepsisset,  extremum  yocabulum 
trahesque  defluiissc  yidetur:  quamquam  alia  quoqne  origo  mali  ex- 
cogitari  potest. 

VI  753  usquc  adeo  fugitani  {comices)  non  tras  PäBadis  aeris 

pervigüi  causa  ^  Ch-aium  ui  cednere  podae^ 
sed  natura  loci  opus  efißcH  ipsa  smqde> 


774     PhThielmann:  anz.  y.  GLandgraf  de  figurü  etjmologicii  L  lai 

pro  opus  librorum  si  legimus  sponte^  quod  cum  ipse  excogitanam, 
iam  a  Pollio  in  Philol.  XXV  283  occapatum  postea  vidi,  mm  qnidn 
sententia  versum  qualem  poeta  scripsit  habemus.  potermt  Polfinii 
qui  nimis  znodeste  coniecturam  illam  proposnit,  formolam  tponk 
suaple  confirmare  loco  Lucilii  qui  est  XXII  5  LM.,  et  simplicit^Oito 
sria  exempla  Lucretiana  addere  haec:  1 213  {na^ro  mte  labare  ^onto 
sua\  U  193  (sponte  sua  sine  vi  subigefUe\  V  212.  938.  961.  Lad- 
manni  loci  vi  ibus  officit  non  posse  tolerari  Lliuellenis  de  re  meib 
p.  284  ostendit,  in  ope  sufficU  Munronis  non  sufficit  qpe. 

Heidelbergae.  SakueZi  Braxdt. 


104. 

DE  FIOURIS   EfTMOLOGIOIS  LINGUAE   LATINAE  8CBIP8IT  OUBTATUI 

Landgraf.   Erlangae  apud  A.  Deichert.   1880.  69  ■.  gr.  8.  {waA 
in  den  Acta  seminarii  philologici  Erlangenais  band  II  s.  1—89.) 

Nachdem  schon  der  erste  band  der  von  Iwan  Mfiller  nnd  EWHff* 
lin  herausgegebenen  Acta  des  Erlanger  seminars  [vgl.  jahrb.  1878 
8.  223.  481  ff.]  mehrere  durch  Sorgfalt  der  Untersuchung  ansgeidcb* 
nete  arbeiten  aus  dem  gebiete  der  lateinischen  grammatik  gebiaeU 
hat,  wird  nunmehr  der  zweite  band  durch  die  oben  genannte  abhaad- 
lung  Landgrafs  über  die  etymologischen  figuren  der  lateiniicki 
spräche  eröfiFhet. 

Während  man  bisher  unter  dem  namen  *fignra  etymologifli^ 
meist  nur  das  sog.  innere  object  {vitam  vivere)  verstand  nnd  aiitai 
formen  selten  beigezogen  wurden ,  hat  sich  der  yf.  die  aufgäbe  gt* 
stellt ,  die  sämtlichen  hierher  gehörigen  erscheinungan  an  saauNli 
und  mit  den  nötigen  belegen  zu  versehen,  in  der  einleitiuig  wirf 
zunächst  die  etym.  figur  als  eine  species  der  allitteration  htriflMiii* 
und  mit  recht  die  ansieht,  als  ob  dieselbe  auf  einem  graeoiaDiiii  b^ 
ruhe,  zurückgewiesen,  nach  einigen  weitem  bemerkungen  llber : 
und  geschichte  der  etym.  figur  gibt  L.  s.  8  f.  eine  genaae  und 
fassende  definition  dessen  was  unter  einer  etym.  figor  la 
sei.  wenn  zb.  Munro  in  seinem  verdienstvollen  commentar  an 
tius  2,  1054  die  figura  innumero  numero  durch  den  hinweia  anf  M* 
fache  Zusammenstellungen  wie  Lucr.  3,  869  moriaiem 
cum  inmortälis  ademit  erläutert,  so  scheint  eine  solche 
bestimmung  nicht  überflüssig,  mit  recht  wird  hervorgehoben, 
neben  dem  etymologischen  auch  ein  grammatischee  Terhlltidi  dii 
beiden  Wörter  verbinden  musz,  sollen  sie  anders  nicht  als  blMM 
nebeneinanderstellung  gelten,  ebenso  ist  es  ein  kennceiehen  dar  ar 
sprünglichen  kraft  und  bedeutung  der  etym.  figor,  daai  beide  wMv 
nur  6inen  und  zwar  verstärkten  begriff  bilden,  intnrnüent  ist  dv 
8.  9  f.  besprochene  Verhältnis  des  vorsichtii  j  ntins  wa 
kühnen  sprachbildner  Plautus :  einem  turbas  i 


HPhThielmaim:  ans«  ▼.  OLandgnf  di  flgnik  elgpmologkii  L  lA    775 

ein  turbas  faeere  oder  turbaa  dam  bei  Terentios  gegenüber  (wdok 
letzteres  übrigens  ancb  scben  Plantns  selbst  hat:  Amft«  867  imba» 
dabo  am  schlosz  des  yerses).  flberbanpt  ist  die  eteUimg  der  eiaid- 
nen  Schriftsteller  zur  etym.  fignr  sdir  cfaarakteristiaeh:  so  hat  Taei* 
ins  als  einziges  beispiel  faemus  faeere^  welehea  sadem  gewit  die  am 
weitesten  verbreitete  etymologisdie  yerbindong  ist 

Den  gesamten  stofif  teilt  der  yf.  in  drei  teile:  1)  etjrm.  TerUft- 
dungen  von  nomina  und  verba  (pUam  vwen^  odh  edtoe;;  S)  etym. 
Verbindungen  zweier  nomina  oder  yerba  (rex  rtgumf  propero  prth 
perare)\  3)  etjm.  gradation  und.  oomparation  (düUe  Mttm^  ihtUo 
sifdUior).  am  Schlüsse  jeder  unterabteilnng  werden  aiiagewiUte  bei- 
spiele  der  'permutatio'  gegeben,  wie  L.  nach  dem  yorgange  8eh0- 
manns  die  bekannte  absdiwftchung  der  etjm.  fignr  nmuit,  in  der 
statt  des  etymologisch  verwandten  wertes  ein  synonjmoii  eintritt 
(aeiatem  vwert  ■»  wiaim  vwere).  parallelen  ans  der  griediischaH| 
deutschen  und  den  romanisehen  sprachen  bestttigen  die  frflher  schon 
ausgesprochene  behauptung,  dasi  die  etjm.  figur  der  indogermani* 
scben  Ursprache  eigen  gewesen  sein  moas. 

Wir  greifen  aus  dem  umfangreichen  stoff  das  bemerkenawertaete 
heraus  und  fOgen  zu  den  einielnen  abschnitten  einige  nachtarlge.  be- 
achtung  verdient  gleich  (s.  16  f.)  der  nachweis,  dass  äieta  Mure  in 
der  archaischen  latinitftt  noch  einfiudi  'sagen*  bedeatet  nnd  erst  bei 
Cicero  in  der  prägnanten  bedeatong  'witsworte  sagen'  auftritt;  Ihn- 
lieh  ist  das  Verhältnis  bei  fadima  faeere  (ygL  auch  Petranins  md» 
133  facinus  non  tato  corpore  fed  im  vers).  beispiele  wie  agmen  agere^ 
fossam  fadere  usw.  hat  der  vf.  wol  absichtlidi  nnd  swar  mit  recht 
unerwähnt  gelassen.  —  Das  zum  ablativus  etymologicns  (s.  27)  ans 
dem  Mibellus  de  Constantino  Magno'  angeführte  beispiel  c  26po9M 
fuerunt  gaudio  magno  välde  kann  kaum  ids  selbstindiges  dtat  gelteni 
da  die  worte  einfach  aus  der  vulgata  Matth.  2, 10  herttbergenommen 
sind.  *  zu  cindicido  praecinäus  (s.  29)  vgl.  noch  Petronins  28  eerarimo 
succinäus  cingulo,  zu  voce  vocare  (s.  32)  Lncr.  4^  71 1  data  voee  voeare. 

Aus  dem  zweiten  abschnitt  heben  wir  hervor  die  intereasante 
digression  über  die  formel  rex  regum  (s.  37  iF.).  diese,  orsprflnglich 
eine  benennung  des  grosskOnigs,  gelangte  aus  dem  Orient  nach  Orie> 
chenland  und  hat  sich  hier  namentlich  an  die  peraon  Agamemnona 
geheftet  (vgl.  noch  Orestis  trag.  26  dmäarmiik  diuiar^  regmm  rex  dam 
Agamemtion ;  dux  ducum  wird  übrigens  andi  Hektor  im  Honu  lat.  98S 
genannt),  dieselbe  formel  adoptierten  dann  die  stoiker  rar  beieieh- 
nung  ihres  weisen,  von  diesen  überkamen  sie  die  Christen,  bei  doien 
Chriätus  rex  regum  heiszt.  zur  entsprechenden  formel  9ervu8  ser- 
vorum  vgl.  Aulolaria  s.  41,  6  (Peiper)  9erv%darwn  eervulm. 

Der  vf.  zieht  auch  das  kirchenlatein  in  den  kreis  seiner  betrach- 
tung,  das  allerdings  manches  neue  bieteti  wenn  auch  das  meistCi  wie 

*  den  (renaaen  nachweis  hierfür  s.  in  meinem  aiiteU  'über  spräche 
QDd  kritik  des  libellos  de  Constantino'  im  ICn  bände  der  blfttter  für  d« 
bair.  gjmn.  s.  124  if. 


776     PhThielmann:  anz.  v.  GLandgraf  de  fignris  etymologieü  1.  lat 

L.  richtig  bemerkt,  auf  einfacher  Übertragung  aus  dem  griechischei 
beruht,  so  findet  sich  zb.  in  den  drei  ersten  visiones  des  Hennie 
pastor,  bei  welcher  schrift  sich  der  griechische  text  bequem  Tei^glci- 
chen  läszt,  als  selbständiges  beispiel  einer  etym.  fignr  niur  1,  3,  3  w 
muUa  miseratione  datninus  misertus  est  tibi  <=  f\  TroXucirXaTXviaiOü 
Kupiou  i^X^iicev  ce ,  während  sämtliche  übrigen  eine  einfache  tlbe^ 
Setzung  der  griech.  vorläge  sind :  1,  3,  4  profnissianen*  quam  pn- 
niisU  =  xfiv  diraTTe^iciv  ^v  dirriTTciXaTO.  2,  2,  4  peccaia  quaepet- 
caverunt  =  al  djuapTim  Sc  T^jLiapTOV.  2,  3,  1  carripieniuroorreptim 
iusta  =  iraibeuOrjcovTai  Traibeiqi.  biKaia.  2,  4,  2  u0.  riskmem  rii 
=  öpaciv  €lbov.  3,  2,  6  aedificatio  aedificata  «=  f\  oiKobofxf|  lino- 
bojLinM^vii.   3,  7,  6  opcra  quac  opcrati  Stint  «=  ra  fpja  fi  ciptäcorm. 

Zu  der  s.  50  f.  angeführten  Verbindung  negativer  adjectiva  bH 
verwandten  Substantiven  gehört  auch  noch  ars  iners  Varro  sai.  Mau 
359  B.,  numa^is  innumeralis  Lucr.  2, 1086,  reproha  probiias  Oxwtii 
trag.  8,  impiapietas  ebd.  444,  und  die  pleonastische  Wendung 
homo  (s.  51)  hat  auch  Comificius  4  §  28  neminem  prcie  se  dueU 
netn ,  wovon  die  von  L.  angeführte  Cicerostelle  p.  S,  Bosch  §  M 
ut  Jiominem  prae  sc  naninem  putd  eine  einfache  nachahmung  ist  a 
sei  noch  die  Vermutung  gestattet,  dasz  den  beispielen  der  etym.  ooi^ 
paration  (s.  65  f.)  vielleicht  auch  die  trotz  vieler  verbesserangST«^ 
schlage  immer  noch  nicht  geheilte  stelle  des  Petronins  43  beizuxlliki 
ist,  wo  das  überlieferte  oUm  oliorufn  in  mcUi  moUiorem  zu  Indaa 
sein  dürfte  (moäiorem  schon  Anton). 

Ich  stelle  noch  die  vom  vf.  im  verlauf  seiner  abhandluag  vor 
geschlagenen  emendationen  zusammen,  zu  Plautus  Ampk.  31S  wM 
s.  61  die  Vermutung  ausgesprochen,  dasz  tadim  tangere  xu  lesen  •■; 
Livius  22,  10,  2  soll  (s.  55)  folgendermaszen  gestaltet  werdsn:  i 
res  publica  .  .  ad  quinquennium  proximum  vakbit  tamque  säl/oam  $^ 
vaverit .  .  tum  donum  duity  und  ebd.  29,  27,  2  will  L.  s.  3  vor 
husque  einschieben  montibtts,  wobei  die  Öfter  wiederkehrende 
düng  beider  substantiva  durch  beispiele  bezeugt  wird. 

Die  leistung  Landgrafs  wird  man  am  besten  würdigen« 
man  etwa  den  abschnitt  über  den  acc.  verbalis  bei  DrSger  hist  Mpr 
tax  I'  8.  386  ff.  vergleicht,  mögen  auch  im  einzelnen  nodi  behp 
nachzutragen  sein,  jedenfalls  ist  das  sichere  fundament  gegebsB,  iif 
dem  die  Wissenschaft  weiter  bauen  kann. 

Speier.  Philipp  THnLKint 


Moris  Schmidt:  la  CtttuUi»  [e.  16.  68. 101].  777 

(19.) 

ZU  CATULLÜ8. 


Da$z  die  verse  9 — 14  ans  dem  66ii  gediebte  Cfttnllt  ihren  pkti 
hinter  101,  7  einzunehmen  haben,  iat  von  Haase  mise.  philol.  IQ 
(1861)  c.  5  8.  13  ff.  aach  fOr  mich  in  flbenengender  weise  bewieeen 
worden,  beide  gedichte  gewinnen  dnroh  die  rflokrertetsnng  dieser 
sechs  verse  erheblich.  wShrend  wir  im  66tt  einen  fthlbaimi  Aber- 
schusz  los  werden,  decken  wir  dordi  sie  im  101  n  einen  ebenso  am« 
pfindlichen  defect.  es  kommt  hinzu  dass  —  was  ich  bisher  noch 
nicht  betont  finde  —  anch  die  Inssere  anläge  beider  eine  dnrchaos 
kUndtlerische  wird,  das  begleitsohreiben  an  Ortalos  terflUH  dann  in 
drei  völlig  gleiche  abschnitte  zu  Je  swei  distichen:  eM  —  fMaKf^ 
namque  —  oeulis^  sed  tarnen  —  anmo]  die  totenklaga  am  grabe  des 
bmders  ebenfalls  in  drei  teile,  die  jedoehgleidisam  ids  Strophen  und 
epodns  betrachtet  werden  kennen:  t.  1—6  (7 — 19)  13 — 16  mMa$ 
—  mihi,  {äUoquar  —  ItyUi^)  wrnie  iamen  —  vale.  fraglich  ist  nnr 
das  ^ine,  ob  wir  uns  bei  der  Haasesohen  erkUmng  des  verses  äOcqmt 
audiero  usw.  durch  non  tarn  äUoquar  ie,  nee  turne?  bemhigenkOnnen« 
die  frage  ist  freilich  für  denjenigen,  der  nach  dem  Oxon.  Sang. 
Sant  Colb.  den  ganzen  vers  als  jeider  antoritit  entbehrend  streiditi 
eine  mOszige.  wer  indessen  mit  Westphal  die  mOgtiehkeitanerkennti 
dasz  ein  in  der  urhs.  unleserlich  gewordener  vers  in  ttner  absehrift 
auch  ohne  zeichen  der  Iflcke  weggelassen,  in  einer  andern,  so  weit  er 
eben  lesbar  schien,  fortgepflanzt  wurde,  wird  sich  in  diesem  besondem 
falle  um  so  weniger  bedenken  dem  Dat.  und  Par.  einigen  wert  beizu- 
messen, als  ihre  lesart  aUoquar  audiero  nunquam  iua  loqueniemf 
welche  dann  in  den  abgeleiteten  hss.  die  manigfaltigsten  interpola- 
tionen  erfahren  hat,  den  anforderungen  der  grammatik  und  des 
metrums  so  wenig  entspricht,  dasz  man  nicht  begreift,  was  ein  inter- 
polator  damit  bezweckt  haben  sollte,  ich  glaube  didier  dass  West- 
phal völlig  in  seinem  rechte  war,  wenn  er  'Catulls  gedichte'  s.  66 
eine  herstellung  des  verses  versuchte;  nnr  kann  ich  nicht  sagen, 
dasz  die  dort  versuchte  und  8.251  von  neuem  empfohlene  herstellung 
aßoquar,  audibo  nunquam  te  suave  loquentem  'anreden,  anhören 
werde  ich  dich,  wenn  du  sflsz  plauderst,  niemals  mehr'  mir  in  allen 
stücken  das  richtige  getroffen  zu  haben  scheine,  te  euave  zwar 
scheint  mir  aus  tun  recht  glücklich  wiedergewonnen  zu  sein;  aber 
80  sinngemäsz  auch  audibo  ist,  und  so  leicht  dahinter  ein  nngelehrter 
abschreiber  die  vulgftrform  audiero  wittern  konnte,  die  Verbindung 
aUoquar^  attdibo  selbst  scheint  mir  doch  deshalb  nnsnlSssigi  weil  von 
aUoquar  wol  te,  aber  nicht  zugleich  Buave  hquentem  abhingen  kann, 
und  überdies  die  ftlle,  in  denen  Cai  zwei  verba  ohne  Verbindung 
nebeneinanderstellt,  mit  unserm  äüoquar  audiero  gar  keine  verglei- 
chung  zulassen,  wovon  sich  aus  der  bei  CPSchulze  *de  Catullo  Orae- 
corum  imitatore'  (1871)  s.  41  veranstalteten  samlnng  jeder  MeU 


778  Moriz  Schmidt:  zu  Catullus  [c.  66.  68.  101]. 

überzeugen  kann,  endlich  kann  Cat.  dies  äUoquar  schon  danun 
nicht  geschrieben  haben,  weil  er  bereits  kurz  vorher  gesagt,  dasi  « 
an  das  grab  des  bruders  gekommen  sei,  die  stumme  asche  desselben 
anzureden,  da  er  ihn  selbst  nicht  mehr  anreden  könne.  erwSge  ich  nm 
dasz  das  ganze  gedieht  der  einfachste  und  wahrste  ausdnick  brflder- 
lichen  Schmerzgefühls  ist ,  so  will  mir  an  dieser  stelle  nichts  Bltfi^ 
lieber  erscheinen  als  die  wendung:  ^so  soll  ich  mich  also  nie  wiedff 
deiner  lieben  stimme,  nie  wieder  deines  trauten  anblicke  erfrenen?!' 
dieser  gedanke  aber  wird  sehr  leicht  gewonnen,  wenn  wir  ■■ 
audiEHO  ein  ERGO  herausnehmen  und,  da  dies  wort  notwendig  da 
anfang  des  verses  gebildet  haben  musz,  die  trttmmer 

ergo  ^(jv  ±  nunquam  t  ua  loquerUem? 
zu  ergo  auscultabo  nunquam  te suave  loquentem?  ezgftnzen.  in Ibh 
licher  Verbindung  sagt  Ovid  ex  Ponte  IV  14,  17  ergo  ego  eess^U 
nunquam  per  camiina  laedi?  und  nach  heu  folgt  ergo  Oy,  trisL  TU 
10^  n  heu  loca  felici  non  adeunda  viro!  ergo  tarn  lote  pateatcm 
maximus  orbis^  haec  est  in  poenam  terra  reperta  meamf  ia  da 
werten  aUoquar  audi  kann  ich  nichts  als  eine  durch  das  aUagjami 
V.  4  hervorgerufene  alberne  Schreiberbemerkung  erblicken,  bettimiit 
anzudeuten ,  dasz  die  allocution  nunmehr  mit  v.  7  losgehe  und  d« 
bruder  aufmerken  solle,  dieselbe  würde  etwa  auf  6iner  stufe  aÜ 
der  randbemerkung  des  Germ,  zu  35  luhet  Ubdlo  loqui  stehen  osi 
ist  noch  lange  nicht  so  albern  wie  das  aus  derselben  hs.  angemsAti 
ad  lusi  cacatam  (Schwabe  im  Dorpater  programm  yon  1865  s.  IS^ 
Baehrens ,  der  natürlich  den  vers  weglassen  muste ,  schllgt  all 
ihm  wahrscheinlichste  ergänzung  ei  misero  firaier  iocundo  e  hiaäf 
adempte  vor.  dagegen  ist  zunächst  einzuwenden  dasz,  wenn  da 
doppelte  semper  (die  ganze  stelle  mag  gestanden  haben,  in 
liede  sie  wolle)  den  voraufgang  eines  doppelten  nunquam  doch 
als  wahrscheinlich  macht,  eine  auf  die  figur  der  iteratio  keine  likk- 
sieht  nehmende  ergänzung  von  vom  herein  wenig  glaublichkoit  hiL 
aber  abgesehen  davon  und  von  der  häufung  der  yocative  ist  ei  äff 
höchst  zweifelhaft,  ob  dieser  aus  Cat.  selbst  68  ^  52  herQbexgsMa- 
mene  vers  überhaupt  Catullisch  ist.  auf  die  werte  aUuUi^  ei  «iaa 
frater  adempte  mihi  folgen  dort  allerdings  nach  der  tlhrrminstiimma 
den  Überlieferung  der  hss.  die  verse: 

ei  misero  fratri  iocundum  lumen  aderi^^ium , 
tecum  una  totast  nostra  sepuüa  domus^ 

omnia  tecum  una  perierunt  gaudia  nostra , 
quae  tuus  in  vita  duUns  alehat  aimor. 
aber  den  letzten  drei  begegnen  wir  noch  einmal  68*  in  einsr  M 
intimen  Verbindung  mit  den  Toraufgehenden ,  dasi  niemaadsai  ihi 
bestimmung  gerade  hier  eine  besondere  Wirkung  xu  flben  msilMhit 
sein  kann,  nachdem  nemlich  Cat.  v.  11  dem  Allius  gesagt:  mUM 
nc  mea  sint  ignota  incommoday  Mani^  sagt  er  zur  erkllrung, 
er  gegenwärtig  nicht  in  der  Stimmung  sei  liebeslieäer  n 
V.  19 


Moni  Schmidt:  la  Oituüns  [e.  16.  M»  iOt].  779 

sed  taium  hoe  shtämm  htdu  firuUma  mihi  mar» 
ahsiulU.  0  im9ero  firater  adea^  wUkit 

tu  mea  tu  mariens  frtgisH  commoda^  firater^ 
tecum  una  totoBt  nostra  $epiMa  domu, 

amnia  tecum  unaperienmtgtmdianostraf 
quae  tum  in  vUa  dukis  MhU  amor. 
hier  entsprechen  also  den  mcammioda  dsatlioh  die  firada  eommodm^ 
und  die  mit  tu  beginnende  ftpostrophe  «a  daa  brnder  eetit  eioh 
in  tecum  una  usw.  geschmackyoll  fort  in  68^  dagegen  findet  eine 
Bolche  enge  Verbindung  dieser  vene  mit  den  ▼onw^ehendea  naek 
der  bsl.  überliefemng  entschieden  nicht  statt;  im  gegantflil  wird  die 
allocution  an  den  bmder,  welche  ▼.  62  mit  den  Worten  ei  flNCisrv 
fraier  adempte  mihi  begonnen  hatte  nnd  ▼.  54  mit  teeum  wieder  auf- 
genommen ?nrd,  aufs  stOrendste  durch  den  ansmf  ei  flncserv  firoiri 
iocundum  lumen  ademplum  unterbrochen,  das  hat  denn  Baehrens 
auch  recht  gat  gefühlt ,  und  da  der  Ozon,  ioeundmi^;  limine  bietet, 
so  sucht  er  dem  Obelstande  durch  die  oorreetur  ei  mieero  flraier 
iocundo  e  lumineadempte  absuhelien.  aber  wird  denn  dadaroh  wiiUieli 
etwas  gewonnen?  und  hat  die  iaderaag  irgend  wie  den  Inneni 
schein  für  sich?  letsteres  gewis  nicht,  dam  der  Sa^gens«  Cdgt  der 
Yulgata,  und  ausser  den  ersten  swei  Worten  alle  Qbrigen  su  iadeni 
mu8z  ein  um  so  gewagteres  Terbbren  heisien,  je  geringer  der  da- 
durch erreichte  vorteil  ist.  denn  was  wird  eiBhliecdich  in  dem  so 
gewonnenen  verse  anderes  gesagt  als  was  schon  ebenso  krtfUg  in  ei 
mieero  fraier  adempte  mtM  gesagt  war?  dass  er  iocundo  e  Inmkw 
ademptus  war,  versteht  sich  von  selbst,  eher  würde  man  sich,  wenn 
einmal  gewalt  gebraucht  werden  sollte,  noch  et  tecum  miiki  iocundum 
quoque  lumen  ademptum  gefallen  lassen;  aber  auch  dies  bin  ich  weit 
entfernt  empfehlen  zu  wollen ,  da  mir  die  beiden  disticha  die  dent- 
lichsten  spuren  eines  emblems  an  sich  tragen,  dessen  Ursprung  nicht 
einmal  schwer  zu  ermitteln  ist.  wenn  es  68  ^^  52  attulit  et  mieero 
fraier  adempte  mihi  hiesz^  so  rief  dies  nnwillkflrlich  im  Schreiber  die 
erinnerang  an  68*,  20  aMülit  o  mieero  fraier  adempte  mihi  nnd  an 
die  schönen  darauf  folgenden  verse  wach,  von  ihnen  war  tu  fnea  tu 
moriens  fregisti  commoda^  fraier  hier  nidit  zu  gebrauchen,  aber  die 
drei  folgenden  sich  noch  einmal  anzumerken,  natürlich  besdieident- 
lieh  am  rande,  dazu  lag  die  Versuchung  nahe  genug,  und  worden  sie 
später  irrtümlich  als  ausgefallene  nnd  hier  einzntragende  verse  be- 
trachtet, so  forderte  der  vermeintlich  fdilende  hezameter  von  selbst 
zu  einem  ergänzungsversuehe  heraus,  der  unter  allen  umstünden 
schlecht  ausfallen  muste  und  denn  auch  schlecht  genug  «ngefiJlen 
ist,  indem  sein  Verfasser  einfach  den  v.  52  etwas  umwandelte,  dats 
die  zwei  disticha  salva  sententia  fehlen  künnen,  ist  ja  übrigens 
lingst  anerkannt;  warum  nicht  lieber  ehrlich  bekennen,  dass  sie  der 
ganzen  stelle  eintrag  thun  und  fortbleiben  müssen? 

Troia  (nefas)  commnue  eepukrum  Asiae  Europae^ue^ 

Troia  virum  ei  tfirtuium  ommium  aeerha  dniSf 


780  Moriz  Schmidt:  zu  Catullus  [c  66.  68.  101], 

—  (juac  vcl  et  id  nostro  Ictum  miserahile  fratri 

52       athiUt.   ei  Miscro  fratcr  adcmpte  mihi  ^ 

57  quem  nunc  tarn  longo  non  intcr  nota  scptdcra 
ncc  prope  cognatos  compositum  cineres^ 
scd  Troia  öbsccna ,  Troia  infelice  sepultum 

drtinet  extremo  terra  alicna  solo  — 
ad  quam  titm  propcrans  fcrtur  {semcl)  undi^ie  pubes 
Graia  pcneträlis  dcsertiisse  focos 
ist,  wie  schon  die  bequemen  den  Griechen  abgelernten  reUiirisciMi 
übergfingc  und  anknüpfungen  zeigen,  eine  ganz  einfach  und  schlidrt 
gehaltene  partie,  welche  jede  episodische  allocntion  verscfamikt: 
zumal  der  vocativ  v.  52  gar  nicht,  wie  68%  20  und  101,  6  (obgidcft 
die  Worte  sich  decken),  wirklicher  vocativ  ist,  sondern  nur  ein  rheto- 
rischer Stellvertreter  des  dativs :  quae  letum  fratri  attulit  (ei)  miun 
mihi  adanpto.  gerade  101,  6  tetc  ahstuUt  usw.  kann  zeigen  wie 
Cat.  geschrieben  haben  würde,  wenn  er  eine  allocution  gewollt  hitte: 
quae  vcl  tibi  letum  attulit  u^w.  und  welcher  wahre  dichter  sefarabC 
denn  sich  selbst  aus  ?  Kiessling  'analecta  Catulliana'  (Greifs  wald  187? 
s.  17  sagt  zwar:  in  zwei  verschiedenen  gedichten  thnt  er  das  sieber 
nicht,  aber  in  demselben  gedichte  (und  ein  solches  sei  68*^  nictt 
blosz  nach  den  hss.,  sondern  seiner  ganzen  bisher  nicht  verstandena 
anläge  nach)  sei  eine  solche  Wiederholung  unter  umstttnden  wol  n> 
lässig:  'illa  enim  fraternae  mortis  fiebilis  commumoratio ,  utpotecz 
imis  medullis  ultro  profiuens ,  immunis  esse  debet  a  poetae  artiScio 
in  scntentiarum  variatione  conspicuo.'  da  wir  von  Kiessling  indcmi 
nur  erfahren ,  dasz  der  dichter  die  verse  hier  'consnlto'  wiedeifcolt 
habe,  aber  nicht  quo  consilio,  so  können  wir  uns  mit  dem  zngestlad- 
nis  begnügen,  dasz  dieselben  natürlich  zuerst  für  68*,  22  gedicM 
seien  und  dasz  ihre  Wiederholung  in  einem  zweiten  gedieht  eot 
poetische  arraut  verrat hen  würde,  wie  sie  dem  Cat.  nicht  zuzotroMi 
sei.  denn  dasz  68""'*  nicht  zwei,  sondern  ein  einziges  an  IT.  Alte 
gerichtetes  gedieht  sei,  das  zu  beweisen  wird  meines  dafttrhallai 
andern  ebenso  wenig  wie  Kiessling  gelingen. 

Ich  habe  nichts  dagegen ,  wenn  man  68  ^  '  Carmen  praeclailMh 
mum',  meinetwegen  auch  'elegiarum  reginam'  nennen  will  —  te 
bind  geschmackssachen  —  allein  wenn  ihm  68*  als  köpf  an^geseU 
wird^  ist  ein  solches  lob  nicht  mehr  zu  begreifen,  denn  statlte 
von  Westphal  nachgewiesenen  sieben  teile  wttrde  es  alsdann  acM 
haben,  und  die  ganze  nicht  sowol  zufällig  entstandene  als  mit  toDh 
bewustsein  geschaffene,  bzw.  nachgebildete  kunstreiche  compoiitMi 
hat  ein  ende,  wenn  die  schluszverse  109.  118  nicht  mehr  anf  l.Ü 
als  den  an  fang  zurückweisen,  umgekehrt  aber  verlOre  wnA  M* 
wenn  ihm  68'*  als  schweif  nachschleppt,  seinen  ohrenfUligen,  i 
doppelt  und  dreifach  auftretenden  copia  sich  zuspitsendoi 
und  was  der  gipfel  aller  geschmacklosigkeit  wäre:  es  würdminiii 
zwei  teilen  1 — 40.  41  — 160  stücke  des  verschiede  itm  stfla  Ur 
sammengekoppelt  werden:   ein  (wie  Westphal  s«  Vi  gau  ikhl(f 


I 


Moriz  SchBiidt:  sa  OataUm  [e. «.  «8, 101]. 

sagt)  zum  teil  im  nachlftssigBten  briebtU  gesehriebeiMi  faillefe  und 
ein  mit  denkbarster  Borgftdt  aosgearbeiteies  enkomion  nach  gmt^ 
schem  vorbilde,  auf  dessen  gelingen  sich  der  dichter  offionbir  salbet 
etwas  einbildete,  dasz  die  hss.  beide  stfloke  nicht  trennen ,  das* 
zuerst  Bamler  die  Scheidung  vollzog ,  will  in  diesem  falle  wenig  be- 
deuten, sie  trennen  ja  auch  c.  66,  die  coma  Beremeee^  nicht  von  6S, 
dem  voraufgebenden  billet  an  Ortalns,  und  noch  niemandem  ist  es 
in  den  sinn  gekommen,  deshalb  die  althergebrachte  trennnng  zn  be- 
anstanden, übrigens  möchte  ich  den  abschreibem  (voransgesetet 
dasz  sie  sich  bei  ihrem  verfahren  etwas  dachten)  dasselbe  gar  nicht 
einmal  zum  Vorwurf  machen,  denn  so  wenig  andi  zwisdien  den 
stücken  65  und  66,  68*  und  68^  ein  innerer  Zusammenhang  beetahti 
so  unzweifelhaft  haben  sie  doch  ein  recht  darauf  riumlich  snsamnMa> 
zubleiben  und  haben  sicherlich  von  Cat.  selbst  innerhalb  seinee 
zweiten  liedercyclus  ihren  gegenwärtigen  platz  vor  und  nach  der 
ianua  angewiesen  erhalten,  dem  plane  nach,  welcher  bei  der  anordp 
nung  des  ganzes  liederstoffs  leitend  war,  gehörten  allerdings  in 
diesen  zweiten  cjclus  nur  die  umfangreichen  gedichte,  also  66  nnd 
68^;  allein  da  der  dichter  bei  der  ersten  übereenduQg  der  etmia 
JBerenices  an  Ortalus  c.  65  als  widmungsbilletchen  flberadiiekt  hatte, 
80  war  er  bei  der  herausgäbe  der  ganzen  samlwng  dem  freonde  wdi 
die  zarte  aufmerksamkeit  schuldig,  durch  mitverdfliniitidiQiig  jenes 
begleitscbreibens  die  dedication  der  arbeit  gleichsam  zu  emeneni; 
und  wenn  68^,  der  poetische  dank  an  M\  Amns,  eben  seiner,  kfinst^ 
leriscben  Vollendung  weffen  als  gegenstttck  zu  66  gewihlt  wurde, 
so  bot  sich  ein  an  den^emlichen  AUius  gerichtetes  briefchen  68* 
von  selbst  als  willkommenes  gegenstück  zu  65  dar.  —  Die  haupt- 
stütze  für  seine  ansieht  bat  Kiessling  dem  utrma^ne  68  \  39  ent- 
nommen. Allius,  sagt  er,  habe  in  seiner  erregtheit  Ober  die  tren- 
losigkeit  seiner  dame  vom  dichter  ein  doppeltes  beruhigungsmittel 
erbeten:  ein  erotisches  trostgedicht  (mtmera  Veneris)  und  nach* 
abmungen  griechischer  muster  (munera  Musarum).  darauf  antworte 
denn  der  dichter,  Allius  möge  entschuldigen,  wenn  er  ihm  nicht 
beide  wünsche  befriedige,  seinem  verlangen  nach  nugae  aimaioriae 
fühle  er  sich  dermalen  auszer  stände  zu  entsprechen,  da  seit  dem 
tode  seines  bruders  ein  ganz  anderer  kummer  auf  seinem  herzen  laste, 
als  der  den  freund  bedrücke,  aber  den  andern  wünsch  wolle  er  hiermit 
nach  besten  kräften  befriedigen,  wenn  er  auch  gerade  keine  reiche 
gäbe  {mufiera  beata)  zu  senden  habe,  diese  gäbe  werde  eben  von  v. 41 
ab  geboten  und  erfülle  zugleich  in  sehr  feiner  weise  die  bitte  des 
Allius  um  linderung  seines  hcrzenskummers,  indem  ja  doch  von 
V.  135  ab  Allius  deutlich  aufgefordert  werde  sich  an  der  ruhe,  mit 
welcher  Cat.  Lesbias  Seitensprünge  ertrage,  ein  beispiel  zn  nehmen 
und  sich  durch  die  treulosigkeit  seiner  dame  nicht  gar  zu  sehr  eir^gen 
zu  lassen,  ob  solche  feinheiten  hier  wirklich  herausinterpretiert 
werden  dürfen ,  möge  unerörtert  bleiben,  wunderlich  ist  aber  data 
denn  doch  zugegeben  wird,  v.  41 — 160  sei  ein  'carmen  ad  vetemm 


782  Moriz  Schmidt:  zu  Catullus  [e.  65.  68.  101]. 

Graecorum  imitationem  expressum',  welches  dem  Alliiu  ab 
Musarum  verehrt  werde,  in  diesem  falle  bin  ich  aber  aosier  itndi 
zu  begreifen,  wie  dasselbe  gedieht  mit  dem  4 In  verse  beginnen  od 
doch  auch  wieder  nicht  beginnen  soll,  ich  meine,  Kiemling  ftot 
genau  dasselbe,  was  alle  andern  hgg.  auch  neuerdings  gethan  hab«, 
dasz  er  v.  1 — 40  als  ein  besonderes  gedichtchen  auffkszt,  ja  sock 
mehr,  dasz  er  darin  das  poetische  begleitschreiben  zu  dem  beigeh» 
den  kunstproduct  erblickt,  es  ist  doch  wahrlich  bloszer  eigensiii, 
den  Sachverhalt  so  klar  zu  durchschauen  wie  Eiessling  and  doch  dM 
ding  nirgends  beim  rechten  namen  nennen  zu  wolJen.  so  spricht« 
auch  s.  15  in  den  werten  *in  priore  parte  ipsam  Alliom  . .  aH»- 
quitur  poeta,  in  altera  autem  parte,  qua  Musas  invoeat  Afpn 
Allii  ut  absentis  nomen  commendat '  trotz  der  anerkannt  vendd^ 
denen  adressen,  an  welche  der  dichter  sich  wendet ,  lieber  von  m 
teilen  desselben  gedichtes  als  von  zwei  gedichten  and  vergiszt  fib« 
diesen  finessen  obendrein,  dasz  weiterhin  s.  17  der  enkomimstiichi 
Charakter  des  zweiten  teils  geleugnet  und  die  anhänger  dieser  aiukkt 
mit  der  frage  'encomium  —  at  quamnam  quaero  ob  canssam  comp»' 
situm  et  qualinam  destinatum  occasioni  ?'  abgewiesen  werden  MoXim. 
ob  man  aber  zur  bezeichnung  des  inhalts  von  68  ^  die  kürzeste  fon 
encomium  Allii  wählt  oder  Allii  nomen  Musis  commendaiur^  scho^ 
mir  ganz  auf  öins  hinauszukommen,  er  vergiszt  femer,  dasz  aadff- 
seits  s.  18  der  zweite  teil  doch  wieder  nicht  als  eine 
naminis  AUii  an  die  Musen ,  sondern  als  antwort  auf  die  im 
teile  ziemlich  wörtlich  mitgeteilten  klagen  ^^^  Allias  gelten  sol: 
'Allio  de  amicae  perfidia  graviter  conquesto  respondet  semet  ipsn 
similia  patienter  tolerare.' 

Aber  hat  denn  Kiessling  Oberhaupt  mit  seiner  dentang  da 
lUriusque  recht?  so  viele  treflfliche  bemerknngen  aach  seine  beha^ 
lung  des  gedichts  sonst  enthält,  hierin  vermag  ich  ihm  nicht  beni' 
stimmen,  dasz  68^  die  antwort  CatuUs  aaf  einen  brief  des  AUni 
ist,  zeigt  V.  2.  in  diesem  briefe  hatten  die  Stimmungen  ersichtlick  g^ 
wechselt,  der  anfang  desselben  scheint  sehr  larmojant  gewesia  Sl 
sein;  übellaunig  dürfte  der  zweite  teil  geklungen  haben,  nUgft 
mochte  der  letzte  gehalten  sein,  erst  jammert  er  Aber  seine  Uebfl^ 
fatalitäten ,  die  ihm  den  schlaf  rauben  und  den  geschmack  an  gsiv 
alter  lectüre  verleiden ;  dagegen  soll  Cat  durch  munera  Jfi 
et  Veneris  helfen,  dabei  überkommt  ihn  der  &rgerflber  seines 
Cat.  ungelegene  abwcsenheit.  was  hat  ein  mann  70n  gntem  tOMM 
schmählich  lange  in  dem  langweiligen  Verona  zu  suchen?  wsnir 
übrigens  sein  trostgedicht  schicke,  könne  er  ihm  noch  swn  (1^ 
stimmte)  Schriften  mitschicken,  darauf  antwortet  Cat.:  idi  bin  Cr 
für  dein  freundschaftliches  andenken  sehr  verbunden  and  Ahle 
tief  in  deiner  schuld,  aber  mein  herz  hat  durch  den  tod  meiMS 
ders  ein  anderer  schlag  getroffen  als  dich,  für  liebesknaunsr  |iK 
mir  jetzt  aller  sinn  ab.  wenn  sich  mein  herz  jetzt  ioft 
geschieht  es  in  trauerliedern ,  nicht  in  erotischen  nugaez  and 


Morn  Sehmidt:  in  OMOm  [«.  «.  68.  IM].  788 

ist  auch  das  langweilige,  an  liebaaabenteiMni  anne  Verona  gans  der 
rechte  ort  für  den  tiefbetrttbten.  TerseQi  also,  wenn  ieh  dir  nkdit 
bieten  kann ,  was  ich  selbst  nicht  habe,  was  die  iwei  gewIlBioh* 
ten  bücher  betrifft,  so  mnss  ich  auch  hier  nm  entMänldignng 
bitten,  meine  ziemlich  grosse  bibliothek  ist  in  Bom;  in  meiner 
reisebibliothek  (ein  einziges  kistchen^  ist  nnr  das  eine  (Wfolgsnde) 
Torrfttig.  andernfalls  stQnden  dir  mit  vergnttgen  anch  mehr  als  swei 
zu  geböte,  es  ist  ein  entschiedener  irrtnm  uMmtqpe  auf  mumera  ef 
Musamm  et  Veneiris  zu  beziehen  und  zu  meinen,  Cai.  entechnldige 
sich,  dasz  er  nur  mu/nera  Musairum  und  nicht  audi  Temris  schicke, 
daraus,  dasz  nach  t.  5  und  7  Allins  sich  beUagt  hatte  Tmu$  r^ 
guiesceremenonperpetihurxm<dLMH9aevder^  folgt 

doch  noch  nicht  dasz  ihm  Cat.  gegen  jedes  dieser  beideh  Abel  eine 
aparte  medicin  brauen  sollte,    eine  elegie,  in  der  ein  dichter  sidi 
selbst  oder  einen  freund  Aber  seine  liebeskttmmemisse  trOstet,  ist 
meines  eracbtens  stets  zngleidi  ein  mmmu  Ttmeris^  indem  Yenns  den 
Stoff,  und  ein  mwnua  Muaamtm^  indem  diese  die  inssMre  form  und 
das  Abliebe  gelehrte  mythologische  beiwerk  liefem.  unter  nutwerq 
Veneris  an  und  fOr  sich  kann  kein  mensch  gediehtOi  wenn  auch 
liebesgedichte,  verstehen ,  so  wenig  wie  unter  imiiisra  lAberi  ohne 
weiteres  trinklieder.  und  wollte  man  noch  allenfalls  Kiesslings  inter- 
pretation  von  munera  Veneria  als  *amatoriae  nugae'  aooeptieren,  so 
ist  doch  die  enge  auffassung  von  immera  Mftsamm  als  'carmina  ad 
veterum  Oraecorum  imitationem  expressa'  durch  nichts  zu  rechtfinr- 
tigen.  was  die  Musen  schenken  sind  schlechtweg  gedichte.  kurzum  die 
munera  welche  Allius  gewAnscht  (10.  14),  Cat.  in  seiner  betrAbnis 
um  den  bruder  nicht  liefem  kann  (32),  sind  nicht  teils  nugae  ama- 
toriae,  teils,  um  es  kArzer  auszudrAcken,  docta  carmina,  sondern 
elegien,  und  schwerlich  mehre,  sondern  (woran  es  wol  genug  sein 
konnte)  eine  einzige ,  geeignet  durch  ihr  gelehrtes  beiwerk  mytho- 
logischer Situationen,  die  mit  Allius  läge  eine  vergleichung  zuliesaen, 
denselben  zu  beruhigen,   demnach  ist  mit  v.  32  die  antwort  auf  den- 
jenigen pnnct  im  briefe  des  Allius ,  welcher  den  eigentlichen  impula 
zum  schreiben  gegeben  hatte,  vOUig  erledigt  und  abgethan.    die 
verse  33 — 40  beantworten  daher  ganz  kurz  die  in  Allius  brief 
ebenfalls  nur  nebenher,  gleichsam  als  postscript  gethane  firage,  ob 
ihm  Cat  nicht  zwei  brochAren ,  die  er  zu  lesen  wAnschte ,  schicken 
kOnne.   der  gute  Allius  weiss  sich  die  langeweile  schlienlich  doch 
nicht  besser  als  durch  lectAre  zu  vertreiben,  und  es  ist  gar  nicht  so 
schwer  zwischen  Catnlls  seilen  herauszulesen,  welcher  art  die  ge- 
wünschte lectüre  war.     der  zusatz  v.  7  veUrum  ist  gewis  kein 
müsziger.    wer  eben  offen  bekannt  hat,  dasz  ihn  die  Utere  litterator 
letzt  ennuyiere,  und  doch  kurz  hinterdrein  um  lesestoff  bittet|  ver- 
langt offenbar  etwas  pikantes  aus  der  neuesten  unterhaltungslitte- 
ratur.   ich  denke,  wir  kennen  alle  solche  stunden  und  Stimmungen, 
in  denen  uns  die  epigonen  mehr  zusagen  als  die  hochgepriesenen 
classiker.   Cat.  besitzt  beide  ser^pto,  kann  aber  angenblioklich  nnr 


784  Moriz  Schmidt :  zu  Catullus  [c  65.  68.  101]. 

mit  dem  einen  dienen,   das  er  zufällig  mit  nach  Verona  verptckt 
hat ;  das  andere  ist  in  Bom  verblieben,   daher  bittet  er  den  fireud 
in  der  nur  halben  gewährung  seines  Wunsches  keine  angeftlligk«t 
erblicken  zu  wollen,   wenn  er  die  Sachen  bei  der  band  hätte,  wllide 
er  gern  mehr  als  das  gewünschte  schicken,     dasz  dies  die  einsf 
zulässige  Üeutung  der  vcrse  ist,  zeigt  eben  utriusgue,    denn  woznf 
anders  kann  es  grammatisch  bezogen  werden  als   auf  scHptonmi 
man  mag  dies  nun  von  scriptor  oder,  was  trotz  v.  7  das  wahrscbeii- 
licbcre  ist,  von  scriptum  (brochüre)  ableiten,    eine  rückbeuehong  uf 
V.  10  macht  ja  schon  der  v.  32  wiederkehrende  plur.  tnunera  (r.  14 
dona)  unmöglich:  und  das  mag  der  grund  gewesen  sein,  weskalb 
Baebrens,  dem  die  ergänzung  muncris  doch  nicht  recht  gekeuf 
scheinen  mochte ,  petenti  in  petitei  verwandeln  wollte,    dagegen  hit 
die  ergänzung  Script i  oder  scrijjtoris  nicht  das  geringste  bedeakei 
gegen  sich ,  sie  hilft  vielmehr  noch  einen  kleinen  fehler  aufdeekn, 
der  den  schluszvers  40  des  briefchens  verunziert,    das  ultra  j  dsciki 
beginnt,  hat  man  bisher  immer  arglos  hingenommen,  als  ob  es  eiMt 
vortrefflichen  gegensatz  zu  petenti  zu  enthalten  schiene;  aber  thtt 
denn  dieser  gegensatz  hier  correct  zu  tage?    wenn  man  freilieb  N 
obenhin  mit  Wcstphal  übersetzt:  'drum  denke  nicht,  mein  benaa 
hart,  weil  das  verlangte  nicht  zu  teil  dir  wardj  hätt*  ich'«,  ick 
war  von  selbst  damit  gekommen',  mag  man  sich  befriedigt  fühleii 
aber  das  i::t  ebon  eine  mehr  als  freie  und  nicht  einmal  richtige  abc^ 
Setzung,  weil  sie  von  der  falschen  anschauung  au>geht,  als  habe  Cit 
auch  die  bitte  um  bücher  abschlagen  müssen,  und  als  stehe  n^iilyatf 
pciiii  und  nicht  non  utritisque petenti  da.  übersetzt  man  aber  wOrtUok: 
'sieh  keine  ungefälligkeit  darin ,  wenn  deinem  verlangen  nicht  ii 
bezug  auf  beides  entsprochen  wird;  könnte  ich^s,  so  wttrde id 
von  selbst  deiner  bitte  zuvorgekommen  sein*,  so  tritt  auf  der  stdlt 
der  uncorrecte  gegensatz  unverhüllt  zu  tage,     denn  hierbei  wird 
petenti  ziemlich  bedeutungslos,  der  ganze  nachdruck  f^llt  Tiebnalr 
auf  von  utriusqiie  und  erweckt  die  erwartung  eines  utrumqtie^  ote 
richtiger  noch,  da  non  uiriusque  so  viel  als  aiüerius  dwmiaaaiiA 
eines  altcrum  quoquc  als  object  zu  defcrrefn,    dazu  kommt  das  mH« 
dcfcrrem  eine  platte  Unwahrheit  enthält,   wie  konnte  denn  Cat.  nr 
sichern,  er  würde  Allius  bitte  zuvorgekommen  sein,  die  gar  niflll 
zu  errathen  war?    um  was  Allius  gewis  nicht  express  au  bitteag^ 
braucht  hätte,  als  er  dem  freunde  seinen  liebeskummer  mitteilte^  wai 
Cat.  der  dichter,  der  mann  des  guten  tons,  der  dem  Allins  tiefTCr* 
ptilcblele  hospes  darauf  von  selbst  gethan  haben  würde,  wenn  iha 
der  tod  des  bruders  dazu  nicht  die  Stimmung  geraubt  hätte,  war  dii 
Übersendung  einer  trostelegie  erotischen  inhalts  —  damit  wflrdtdv 
sitte  seitens  einea  befreundeten  dich tcrs  völlig  genüge  gescheh 
aber  schwerlich  wUrde  er  auf  den  gedanken  gekommen  sein, 
noch  'cannina  ad  vcterum  Graecorum  imitationem  ezpressa' ote 
gar  die  neuste  tagesliltcratur  beizulegen,    wenn  also  uUro  wswüt 
ist,  pcfcfiti  keinen  gegensatz  verlangt,  zu  fion  uMusque  dagiganM 


WBBoftoher:  n  OntoUiii  [U,  ISt].  786 

gegensatz  Termiszt  wird,  so  liegt  der  sddiist  nahei  däek'iii  «Blrü  wol 
ein  kleiner  fehler  stecken  mOge.  der  gegensati  bnmdit  ja  niciit  not- 
wendig utrumque  oder  äUerum  qw>gue  sn  seitti  es  kuui  ja  andi  Ott. 
hier  ahsichtlich  einen  noch  starkem  gewfhlt  hahen.  wenn  idi  um 
X  wei  dinge  angegangen  werde  and  bedaore  nnr  6ins  gewlhran  sa 
können ,  so  hOrt  der  abschlftgig  beecliied«ie  doch  geiris  lieber  die 
yersichernng,  dasz  ich  ihm  ron  hbnen  gern  sogar  ein  drittes  niid 
▼  i  ert es  gewähren  wflrde,  wenn  es  in  meiner  madit  stündOi  als  dan 
ich  ihm  gern  auch  den  zweiten  wnnsch  befriedigt  bitte,  nnd  dämm 
glaube  ich  dasz  Cat.  nicht  Mro  soncfem  nlira  {marnnm^  a  fe  pitlr 
tum)  geschrieben  hat.  die  gedichte  68*  nnd  68  ^  aber  haben  niebfi 
mit  einander  gemein  als  den  empflfaiger. 

Schlieszlich,  um  nidits  sn  flbei^^dieii,  ein  wort  Aber  66^  oder 
65,  19ff.  dasz  das  billet  mit  r.  18  (alter  slUnng,  Ar  mttmit t.IS) 
schlosz,  davon  bin  ich  ebenso  flbeneogt  wie  Boesbacfa.  dennoeh  hat 
sicher  niemand  anders  als  Cat.  t«  19 — ^94  hier  ihre  stelle  aogewieeett 
imd  nichts  anderes  als  die  conserrierang  eines  ttbetsetimigsfragmenti 
damit  bezweckt,  warum  gerade  hier?  darfiber  geben  ebMi65,17.18 
— i  11.  12  aufschlusz.  inhaltlieh  hitfcen  diese  Terse  aUmfhlls  das 
billet  fortsetzen  kennen  —  wenn  es  nur  nidit  gesehmaeUos  gewesen 
wttre,  wie  man  aus  jeder  dentsehen  flbei'setiung  merken  kann. 

Jena.  Mosn  Sobiodt. 

e  e 

In  der  schönen  Schilderung  der  hochseit  des  Pdens  nnd  der 
Thetis  (c.  64),  der  wahrscheinli<£  ein  griediisdies  original  tu  gründe 
liegt  (vgl.  Teuffels  röm.  litt*  s.  425),  heiszt  es  ▼.  285  von  dem  hoch* 
seitliche  gaben  darbringenden  Peneios: 

confestim  Fenios  adest^  tmdtmto  Temgpt^ 
Tetnpe,  quae  süvae  cingtmi  super  mpendentes^ 
Minosim  Unquens  Doris  eäebraniia  dwrei$  usw. 
für  das  verderbte  Jftnostm  hat  Haupt  schon  lAngst  Nakak^  vorge- 
schlagen.*   dasz  diese  Vermutung  wirUich  das  einzig  richtige  is^ 
scheint  mir  namentlich  aus  zwei  bisher,  so  viel  ich  weiss,  nodlmioht 
beachteten  parallelstellen  alexandrinischer  dichter  hervorzugehen,  in 
-denen  njmphen  als  bewohnerinnen  des  Tempethales  und  tOchter  des 
fluszgottes  Peneios  auftreten,  nemlidi  Theofaritos  1,  66  irf  irOK*  dp* 
fjcO',  ÖKQ  Aäqpvic  iräKero,  ir$  iroKO  vi}^q>ai;  i^  Kord  TTiivciA 
icaXd  T^)LiTrea,  f^  Korä  TTivbui;  Kallimachos  hv.  a.  Dolos  109  ff« 
vuMqpai  66CcaX(6ec,  iroraiioO  t^voc*,  cmorre  narpl  (TTi|- 

'  Madvig  vermotete  MeHasin,  wogegen  sich  mit  recht  Ifagniis  (Jahrb. 
1877  8.  417)  erklärt  bat.  *  auch  sontt  werden  nymphen  hiing  als 
tdchter  von  flüssen  gedacht,  tb.  des  ^x^^POC  (Hesjehioe  n.  "Excto- 
p(6€c)  oder  ACjpoc  (antb.  gr.  IX  S29),  des  *Auvk6c  (KaUim.  hj.  a.  Ar- 
temis 16  a.  162).  des  *ICMt)v6c  (Paus.  I  Sl,  4),  des  Adfioc  (Mobbos  47, 678), 
des  *Ax€X4ioc  (Plat  Phaidros  SOS'}  usw.  vffl.  aneh  die  bezeidhimofe« 
vt&iiqxn  irora^irtöcc  iroTOMntbcc  und  ^mnorofitoi  (Apoll.  Arg.  III  lllt 
und  schol.  ebd.  I  602,  und  schol.  sa  IV  141S.  Ifonaos  0,  16.  aatk 
VI  189.   Ot.  mei.  1  472  o.  604). 

JfthrbttdMr  fAr  el«ra.  phUol.  ISSO  hfl.  10  a.  IL  61 


786  WHRoscher:  zu  Catnllas  [64,  287]. 

V€iiu)  Koi)Lincai  ^eta  xcOfxa*  irepinX^SacOc  Tcveduv  Xiccöficvm  n 
Zryibc  dv  libaTi  T^Kva  TCKdcOai.   kann  somit  an  der  riehtigkiit  du 
Hauptschen  Naiasin  kaum  noch  gezweifelt  werden,  so  dbfeam 
dieses  ergebnis  wol  auch  zur  erklärnng  des  bisher  fast  aUgemeiiflr 
verderbt  gehaltenen  aber  doch  hsl.  überlieferten  Doris  (wofür  Lick- 
mann  und  LMüller  crebris^  schreiben  wollen)  benutsen.   wemi  wk 
bedenken,  dasz  die  njmphen  überall  als  localgottheiten  galtanmi 
deshalb  auszerordentlich  hSufig  beinamen  führen«  die- sich  auf  ikns 
Wohnsitz  beziehen,  zb.  vufxqpai  KacTaXibec,  FTriXidbcc,  *Afivi(ftiC> 
'lujvidbec,  nymphae  Peneides  usw/,  so  scheint  es  sehr  wol  mQ^U 
in  Doris  ein  epitheton  zu  Naiasin  zu  erblicken,  das  eben  den 
sitz  jener  göttinnen  näher  bezeichnen  sollte,   nun  gab  es  aber 
sehr  bekannte  und  verbreitete  tradition ,  die  dem  Catnllos  all  bev- 
beiter  eines  griechischen  Originals  leicht  zugSnglich  sein  konalSv  «v- 
nach  das  thal  des  Peneios  dereinst  von  Doriem  anter  Aigimios  W 
wohnt  gewesen  sein  und  geradezu  Doris  geheiszen  haben  lollli^ 
vgl.  Her  od.  I  56  in\  fi^v  TQp  •  •  Aibpou  toO  '€XXiivoc  [oIkcc  tk 
'€XXtiviköv  f Ovoc]  xfiv  uttö  xfiv  "Occav  t€  Ka\  xdv  "OXufiTrov  xaapv* 
KaX€0)Li^viiv  hi.  'IcTiaiuüTiv  usw.   Strabon  IX  437  Toura  tA  XtUflk 
icT\  \xi.v  Tfic  1cTiaiu)Tiboc,  ^KaXeiTo  b\  &c  cpaci,  npÖTcpov 
Aujpic.  Diod.  IV  37  ^€Tä  bk  ji\v  Apuöirujv  dvdcTaciv  iroX^MNi 
cuvecTotToc   ToTc  AuipieGci  toTc  Tf|V  '€cTiaiumv  KaXoufjrfvifr 
oiKoGciv ,  iLv  £ßaciXeu€v  AitiMioc,  kqI  toic  AairiGaic  toTc  ncpl  liv 
''OXufiiTOv  IbpuM^voic  .  .  o\  AujpicTc  Kardcpurov  £irl  töv  'HponÄA 
Kai  cu)Lifiaxov  auröv  ^KäXecav  im  rpiTcp  \iipe\  rffc  AuipCboc 
Xubpac  usw.   Steph.  Bjz.  u.  Auipiov :  icTopei 'Avbpuiv  .  •  T^mafoi 
TÖV  Au)pou  . .  6p)Lir)cavTa  ^k  tt^c  iv  Q^rtakiq.  t6t€  m^v  Auipiboc 
vGv  bk  IcTiaiufTiboc  KaXou^^viic,  äq>iK^c8ai  ctc  Kpyjrriv  . .  iiiitnnpm 
TTic  Au)piboc  TTic  derraXiKfic  XdpoE  iy  T.  vgl.  anszerdem  aoek 
Paus.  X  37,  2  f)  dpxaia  Au)pk,  Bursian  geogr.  v.  Ghr.  I  51,  Mtllkr 
Orchomenos'  s.  198  u.  Dorier  I'  27  ff.   widirscheinlich  beruhte  diM 
Überlieferung  von  dem  ursprünglichen  sitze  der  Dorier  im  imtai 
Peneiosthalc  grSstenteils  auf  Hesiodos,  der  in  seinem  Aigimios  foa 
dem  Wohnsitz  der  Dorier  in  Thessalien  gesprochen  haben  mnss  (?^ 
Müller  ao.).    demselben  dichter  aber  wurde  bekanntlich  aach  flii 
ini6aXd)Liioc  TTiiX^iuc  Kai  6dTiboc ,  wahrscheinlich  ein  abschnitt  im 


'  Maguns  ao.  schlägt  toliiis  vor,  während  Haupt  pyteriM^  llailf|| 
dinisj  Peiper  floris  lesen  wollen,  ich  selbst  habe  frfiber  einmal  aaf  fiiBi 
von  Athen.  XIV  628  und  Pollux  IV  101,  wo  von  dem  gegensats  aaiflih 
diger  und  ununständiger  tanze  gehandelt  wird,  und  mit  besag  aaf  Bff* 
carm,  II  8,  14,  wo  die  njmphen  nmplicei  genannt  werden,  fmrit  fM^ 
mutet,  gebe  aber  jetzt  diese  Vermutung  als  unnötig  wieder  aal, 
^  vgl.  Ruszerdem  die  bezeicbnungen  vO^ipai  ^X^buioCbcc  (HembJ^ 
TTTuitbcc  (ehd),  *l5oTat  (Eurip.),  '€XiKUivibcc  (Soph.),  ltiOm|MSiftr 
(Paus.),  KuipuKiai  (Apoll.  Rh.  8opb.  Paus.).  A€tßiiepCbcc  (StnboB  IteaX 
0€CcaX(b€C  (Knllini.),  Aoucidbcc  (Strabon),  BiCTövtai  (Uoschos),  dM  ''" 
Thyniade»  fProp.)»  Pisaetie^  Siceliäet  (Ov.)  usw.  Pape-Bansaler  fr. 
namen  u.  NO^qfHii. 


WHBoMher:  la  Oütalliis  [64, 187].  787 

Eoiai  (vgl.  schoLHes.  Theog.  142),  nigaeelixiebeiii  »ns  dtm  CfttoUui 
fOr  sein  in  rede  stehendes  gedieht  wol  direet  oder  indireelgesdiöpft 
haben  wird,  aaf  diese  weise  wird  es  in  der  that  nicht  bot  ala  mög- 
lich, sondern  sogar  als  wahrscheinlich  beseichBet  werden  mfliseBy 
dasz  jenes  von  uns  aof  Naiasin  belogene  nnd  hsL  flberlieferte  Dari$ 
aus  einer  gaten  altgriechischen  qnelk  geflossen  ist 

8o  bleibt  sahlieszlich  nnr  noch  ein  formeller  einwand  in  beaei- 
tigen ,  der  etwa  von  grammatischer  seile  gegen  nnaer  Naiasit^  IhH$ 
erhoben  werden  kannte,  es  fragt  sieh  nemlich,  ob  jenes  Doris  ans 
DorUs  entstanden  oder  von  einem  voranasnsetMnden  nom.  Darm  ■» 
Dorius  abzuleiten  ist.  nach  meiner  meinung  ist  beides  denkbar,  hin- 
sichtlich der  möglichen  xusammensiehnng  ans  Dorik  berufe  ich  mich 
auf  die  von  Lachmann  zu  Lucr.  Y  85  gesammelten  beiqiiele  prodii, 
muptis  (Plautus),  flagUis  (Turpilina),  nigratii  (Lucr.),  jnnoNt  (Lucanna 
Hart.)»  conuhiSy  taenia  (Verg.),  LavMs  (P^.)  usw.  fbr  etwas  will- 
kfirlidi  halte  ich  Lachman^  behanptong  (ao.) ,  daas  ha  griechiadien 
Wörtern  derartiges  nicht  TOrkomme,  da  erstens  featstdit  dask  die 
Bömer  der  altem  zeit  im  allgemeinen  griechisdie  wOrter  ganz  nach 
lateinischer  art  behandelten,  und  zweitens  audi  jenes  Vergilische 
taenis  (Am.  Y  269)  widerspricht,  fttr  die  mQglichkeit  der  ableitang 
der  in  rede  stehenden  form  von  einem  Toraosauaetienden  nom.  aing. 
Darus  «b  Darms  spricht  dagegen  der  eben&Us  von  Laehmami  ao. 
gelieferte  nachweis  von  Dort  bei  Senrius  in  Am.  U  S7;  Featna 
s.  206,  3  und  Isidorus  orig.  IX  2^  80.  ebenso  kommt  bekanntlich 
auch  Boeotus  als  adj.  neben  Boeatms^  AeMms  neben  AäoUus  tot, 
Cokhus  neben  Colchicus,  Mysus  neben  J^^tii^,  Dardcmus  neben  Da(r^ 
danius,  Lydus  neben  Lydius  und  umgekehrt  KoOcrpioc  als  subst. 
neben  Käücrpoc ,  AiTÜjXioc  neben  AItu)Xöc  usw.  :  vgl.  Lobeck  paraL 
s.  305.  318;  pathol.  proleg.  s.  500. 

Meiszbn.  Wilhelm  Heinrich  Boscheb. 


105. 

Zu  TACITÜS  HISTORIEN. 


Für  die  richtigkeit  der  lesart  oppida  Baiavcrym  bei  Tadtus  hitL 
V  1 9  haben  sich  auszer  altem  hgg.  entschieden  ITkert,  BOtticher, Mejer, 
yWiet^rsheim,  Völker,  der  letzte  in  einer  weitliufigeni  im  zusammen* 
hange  begründeten  auseinandersetzung  *freiheitskampf  der  Bataver* 
II  (Elberfeld  1863)  s.  144  ff.,  wozu  Tgl.  meine  *geschichte  dar  Bömer 
und  der  Dentfichen  am  Niederrhein'  (Emmerich  1854)  s.  121 — 125. 
Bötticber  macht  nur  die  einfache  sehr  richtige  bemerkung:  *€ppida 
Baiavorum  im  gegensatz  zu  insula  cap.  23  gegen  ende.'  dennoch 
hat  der  neueste  hg.  Herftus  die  von  Orelli|  Halm  ua.  bevormgte 
lesart  oppidum  Baiavorum  beibehalten ;  und  wihrend  einige  unter 

51  • 


788  ADederich:  zu  Taoitui  Hiitorien  [V  19]. 

dieser  stadt  den  hauptort  der  Bataver  yerstehen,  ohne  einen  sokhi 
ort  nachweisen  nnd  namhaft  machen  zu  kennen ,  andere  wiaderai 
Batavodurum  (dh.  Nymwegen)  oder  Batenborg  (an  der  Mau)  b- 
nehmen,  bemerkt  Heraus:  ^oppidum  Baiavorum  der  haiqitort  ia 
Bataver,  auf  der  gallischen  Rheinseite  gelegen,  vielleicht  das  lieiiti|i 
Cleve.'  nachdem  zu  wiederholten  malen  daagethan  worden  iit|  im 
weder  von  Batavodurum  noch  von  Batenburg  nooh^aach  von  iigni 
einer  andern  stadt  als  hauptort  der  Bataver  in  dem  sttdlich  von  ia 
Waal  gelegenen  landstriche  der  Bataver  die  rede  sein  kOniw,  m 
rUcksichtlich  der  heranziehung  von  Cleve  bemerkt  |  dasi  eands 
jetzigen  stelle  von  Cleve  nie  einen  römischen  oder  bataTiachnct 
gegeben  hat,  dasz  nur  auf  dem  jetzigen  Hasenberge  am  eingaagt  im 
Bömerstrasze  in  die  sog.  Gruft  ein  römischer  posten  geetandea,  itm 
am  anfange  des  mittelidters  dort  eine  *villa  Hagebetg'  gelegen,  nl 
dasz  erst  am  ende  des  elften  jh.  bei  der  grOndung  einer  orhlichi 
devischen  grafschaft  der  name  Cleve  und  ein  ort  dieees 
die  geschichte  eintritt  worüber  zu  lesen  meine  'feldzttge  dea 
und  Tiberius'  (Köln  1869)  s.  23-47. 

In  demselben  capitel  schreibt  Tacitus:  quin  H  dkndt  (CMi^ 
mclUm  a  Druso  Germanico  fadam  Bhenumque  prono  älveo  m  OMm 
ruentcm,  disiectis  guae  fnorahantur^  effudü  usw.  in  dem  worte 
bemerkt  Heraus:  *i.  e.  aggerem*]  und  zu  den  werten  disieetii 
morabantur  bemerkt  derselbe :  'i.  e.  diruta  Mofe*.  eine  aigt  w- 
schiebung  des  Sachverhalts,  wie  moles  und  agger  in  unteradMita 
sind,  habe  ich  weitläufig  entwickelt  in  meiner  geach.  der  Bflmeraiv. 
8.  45—47.  126—129,  vgl.  feldzOge  des  Drusns  n.  Tiberins  s.  8— 11 
die  moles ^  aus  festem  material,  steinen,  holi  usw.  aafgefllhrt, 
den  zweck  die  Waal  abzudämmen  und  zu  tperren  und  deren  wi 
masse  in  dem  bette  des  Rheins  fortströmen  zu  lasaen.  der 
die  fortsetzung  der  moles  ^  ein  erddamm  am  jiördlichen  mada  im 
batavischen  insel,  welcher  die  bestimmung  hatte  den  durch  das  Wid- 
wasser  verstärkten  Rhein  in  schranken  zu  halten  und  zu  veiiiuuhai 
bei  der  ursprünglichen  stromneigung  nach  sQden  sich  einen  weg  flbv 
die  insel  zu  bahnen,  diesen  agger  (erdwall)  liesz  (Svilia,  am 
feind  Cerialis  aufzuhalten,  auseinanderwerfen,  so  daas  nun  der 
ungehindert  seine  fluten  über  die  insel  nach  der  Waal  au  ergon.  im 
versuch  die  moles  zu  zerstören  muste  ein  vergeblicher  sein«  wieiA 
in  meiner  gesch.  der  Römer  usw.  s.  124  aus  dam  zusammenhaute 
sach Verhältnisse  klar  gemacht  zu  haben  glaube;  deshalb  nnd  d« 
Worte  des  Tacitus  diruü  moHem  nicht  im  sinne  einer  vOU^gsn  i^ 
Störung  zu  verstehen,  so  dasz  die  Waal  wieder  ihren  altsn  lauf  ^ 
halten  hätte ,  sondern  nur  von  einem  venuche  der  lerstOnmgt  V 
einer  teil  weisen  Zerstörung,  von  einer momeataaea  se r r eissaaff 
und  auseinanderwerfung:  welche  bedentung  das 
durchaus  zuläszt. 

Emmbriob.  Aimaaaa 


j 


GUhlig:  cT^  und  Ocotoptf^too  «cpl  mrcuiiAntfv.  789 

108. 

NOCH  EINMAL  €I€N  UND  ZUM  EBBTEN  MALE  OEOAQ* 

PHTOY  nePl  TTN6YMATQN. 


In  der  als  Schulbuch  sehr  betehtenswerttn  griechischeii  gram* 
matik  von  Arnold  Herrmann  lesen  wir  s.  940  unter  dem  text:  cd 
ob  aus  cTev  entstanden?  vgl.  sei'«.»  dasn  gehört  der  naohtng  in  der 
Torrede :  'zur  rechtfertigung  meiner  ableitung  des  d  von  dcv  UU 
sane^  esto^  sei's)  führe  ich  hier  noch  die  Uiere  form  de  (statt  cbd 
ursprünglich  £c-tii)  an.*  also  lu  GGurütts'  deutung  des  d  als  einer 
temporalen  conjunction ,  zu  LLaages  interpretation  des  Wortes  als 
einer  inteijection  des  Wunsches,  su  der  tot  siebiig  jähren  TonlBekker 
▼orgetragenen  und  durch  analogien  in  andern  sprachen  begründeten 
erklärung,  wonach  d  eigentlidi  ein  frage w(Hif  die  bedingnngssitae 
fragesätze  sind,  tritt  hier  eine  vierte  hypothese.  sie  bietet  mdur  als 
ttnen  angriffispunot. 

Wo  in  aUer  weit  findet  sich  die  tltere  form  cTc?  die  quelle  ist, 
denke  ich,  Matthias  ausf.  griech.  gramm.  §  216  ajun.  8:  '-dagegeB 
scheint  €l€V  als  adverbium  in  der  bedeutung  des  lat.  etto  gebrancht 
«gut|  es  sei  so»  in  der  spräche  des  gemeinen  bbena  aas  der  alten 
Schreibart  cTe  statt  cTr)  und  mit  dem  v  €q)€Xicucrocöv  übrig  geblieben 
zu  sein :  denn  der  sinn  erfordert  den  singularis.'  im  rhein.  nras.  XEC 
(1 864)  8. 33  begnügte  ich  mich  diese  erUärung  mit  einem  ausrufhngs* 
zeichen  anzuführen,  da  ihr  aber  noch  gegenwärtig  glauben  geschenkt 
wird  (auch  in  die  zweite  aufläge  ?on  Kühners  ausf.  griech.  granmi. 
flosz  sie  mit  geringer  änderung),  so  sei  die  lustige  Vorstellung,  die 
Mattfaiä  sich  gebildet  hatte,  klargelegt,  'einst'  so  dachte  er  'unter- 
schied  man  in  der  schrift  noch  nicht  zwischen  kurzem  und  langem 
e-laut  und  schrieb  die  dritte  person  sing,  opi  von  d^i  €l€.  als  nun 
aber  die  Scheidung  in  Athen  Staatsorthographie  geworden,  wurde 
€IH  geschrieben,  wo  immer  diese  form  in  ihrer  eigentlichen  bedeu- 
tung auftrat,  das  als  interjection  verwendete  €l€  jedoch,  das  nur  in 
der  conversation,  der  spräche  des  gemeinen  lebens,  vorkam,  wurde 
der  orthographischen  reform  nicht  teilhaftig,  sondern  behielt  seine 
alte  Schreibweise,  wurde  in  folge  davon  auch  nicht  mehr  mit  langem 
auslaut  gesprochen  und  bekam  ein  v  £q>€XicucnKÖv ,  welches  unab- 
lüsbar  mit  dem  werte  verwuchs.'  oder  thue  ich  dem  verdienten 
manne  unrecht? 

An  der  genannten  stelle  des  rhein.  museums  glaube  ich,  ge- 
stützt auf  Zeugnisse  alter  grammatiker,  nachgewiesen  zu  haben,  diass 
der  ausruf  elev  mit  cTvat  nichts  zu  thun  hat,  sondern  von  haus  aus 
eine  interjection  ist,  und  dass  er  mit  einem  Spiritus  asper  in  der 
mitte  gesprochen  wurde,  wie  die  Bakchischen  inteijectionen  cöol 
und  cCdv.  nicht  zurückweisend ,  aber  auch  nicht  mit  entschiedener 
beistimmung  bezog  sich  Lehrs  in  der  zweiten  aufläge  des  Aristarch 
s.  323  auf  jene  auseinandersetsung.  übersehen  wurde  dieselba  von 


790  GUhlig:  cUv  und  6€o6uipftTou  ircpl  nvcufidrunr. 

Westphal  und  GCurtius.  der  erstere  schreibt  in  seiner  formtolabi 
der  griecb.  spräche  II  s.  99:  Mm  plural  und  dual  [des  optatifim 
ei^i]  stehen  die  formen  mit  bloszem  i  and  iT],  wie  sonst,  nebflsdi- 
ander :  bloszes  i  auch  im  sing,  bei  Enripides  cTv  [OHerrnsna  cos- 
jicierte  nemlich  in  den  Phoinissai  1209,  nm  ein  dv  hininfUgn 
zu  können,  elv  für  einv];  i€  statt  tr)  in  der  3n  sing,  elev,  aiä! 
gut ! '  die  vermeintliche  Verkürzung  des  i\  wird  also  hier  mit  da 
vollkommenen  Wegfall  des  buchstaben  in  anderen  formen  gMck- 
oder  doch  zusammengestellt.  Curtius  ftuszert  sich  *  Terbul  dm 
griech.  spräche'  II  s.  85 :  'ob  die  beiden  Attikem  so  ttbliche putiU 
elev  wirklich  aus  dier  3n  pl.  opt.  von  elfii  entstanden  ist,  Ishs  kh 
dahin  gestellt,  da  gerade  die  Attiker  das  nentmm  plnr.  mit  siagdfr 
rischem  verbum  verbinden,  wttre  der  plural  |  su  dem  doch  nur  eh 
TaCra  oder  aurä  als  subject  gedacht  werden  kann ,  anfihllnd.  ■■ 
könnte  auch  an  ein  verkürztes  und  dann  mit  nasalem  nachkls■gfl^ 
sehenes  e\r\  denken,  doch  verdient  die  frage  nfthere  untersucho^i 
in  die  auch  die  partikel  ela  hineinzuziehen  sein  wird*'  *  WDiaiorf 
aber  identificiert  im  'lezicon  Aeschyleum'  noch  ohne  bedenkw  da 
ausruf  mit  der  gleichlautenden  plurälischen  form. 

So  thue  ich  wol  nichts  unnötiges,  wenn  ich  iwei  neue  wt9gm 
für  el^v  vorführe,  zumal  dieselben  auch  sonst  der  beaditof 
wert  sind. 

Von  der  hohen  Wichtigkeit,  welche  der  codex  der  k.  Kopei- 
ha  gen  er  bibliothek  n.  1965  trotz  seiner  Jugend  besitst,  weiss  jdff 
kenner  der  griechischen  g^ammatiker.  er  ist  die  einsige  bisher  Vi- 
kanntc  Urkunde  der  Herodianischen  schrift  ircpl  fiovif^uc  X&ac 
(das  Turiner  manuscript  enthält  nur  das  prooemiom  dieses  werhHJ^ 
er  ist  die  vorzüglichste  der  bisher  vollständig  Teiglichenen  hss.  TflS 
der  epitome  des  Arkadios  oder  Thcodosios  und  von  den  Tovnk 
7TapaTT^^M<^'^<>^  ^^  loannes  Alezandrinus.  dasz  er  aber  nodi  aadfli 
wichtige  Sachen  enthält,  erfuhr  ich  zuerst  durch  hm.  ChOranx  ii 
Paris,   die  mir  von  ihm  übersandte  inhaltsangabe '  bewog  mich  wk 

*  dio  stelle  ist  in  der  zweiten  aufläge  des  Cortiussehen  werkcf,  vh 
ich  nachträglich  sehe,  weggelassen. 

I  dieselbe  ist  jetet  veröffentlicht  in  einem  werke  das  ans«  wie 
desselben  Verfassers  und  wie  eine  ganze  reihe  von  pablioatümen  jl 
französischer  philoIogen  aus  den  letzten  jähren,  ein  beredtes  i 
dafür  ablegt,  mit  welcher  rührigkeit  und  welcher  einsieht  la  dsi 
not  thut  die  griechischen  Studien  jetzt  vielfach  in  Fraakrelel 
betrieben  werden.    Graux  hat  in  den  'notices  sommaires  des  aal 
grecs  de  la  grande  bibliothuquo  Koyale  de  Copenbasne»,   Paris, 
merie   nationale  (auch  gedruckt  in  den  'archlves  diea  mlatfioas 
liques  et  litt^raires'  1879} ,  über  alle  griech.  hss.  der  ffeaanates 
thek  sehr  eingehende  und  wertvolle  mitteilnngen  vereffentliehtk  la 
chen  viele,  insonderheit  auch  theologen,  etwas  finden  werden,  was 
interessiert,    die  bemerkungen  Über  den  Inhalt  das  codes  i96ft|  wirf 
ich  hrn.  Grauz,  nachdem  ich  von  seinen  ezeerpten  kenntais  gsaoan 
schickte,  und  welche  derselbe  mit  pabliciert  hat,  k5n«i>  s  JsM^  «e 
die  bs.  selbst  durchgegangen,  natürlich  vielfach  rerr«      »aBdift ' 


GUhlig:  ctiv  und  Bfotofk^^rou  iri|il  «vfUfiAfm«  t91 

die  hersendnng  der  hs.  su  erbiiten,  und  dsak  der  TermittliuigMad- 
▼  igs  und  der  liberalität  des  hm.  oberbibliothekir  Braan  wurde 
das  gesnch  gewShrt.  das  manoscript  hat  mir  wie  den  hm.  l^gmoUF 
und  Hilgard ,  die  den  weitaus  grOsten  teil  der  coUationsmOhe  und 
abschreibearbeit  auf  sich  nahmen,  reichen  ertrag  gewlhrt,  in  nicht- 
herausgegebenem  wie  in  herausgegebenem.'  hier  soll  nur  von  dem 
pneumatologischen  teile  der  hs.  die  rede  sein. 

Derselbe  reicht  Ton  s.  194  —  249.  hinter  regeln  ircpl  rdbv 
ipiXou^^vujv  qMuvii^vTuiv  und  ircpl  njbv  bacuvo|i^vuiv  qMUvn^VTUiv 
(die  sich  nach  Iriartes  angaben  s.  377,  wenn  nidit  insgesamt,  doch 
jedenfalls  sum  teil  im  Matritensis  XCV  foL  151  IL  unter  der 
aberschrift  noXatöv  ircpl  irv€U|yi&TUfV  finden)  liest  man  s.  198 :  irpA 
ToG  XeSucoO  tuiv  rrvcuMdruiv  ciuiciurr^ov  toOto,  und  nun  fidgea 
bemerknngen  ttber  die  aspiration  der  nominal-  und  YerbalileiieiieB, 
wcpl  ToO  p  und  btd  t(  btTrXacidZcTCa  tö  p  und  andere  beUnniigMi 
allgemeinerer  art.  das  angekündigte  lexikon  aber  beginnt  i.  9N>1 
nach  der  notiz:  äcX^x^  ^  ToOro  t6  XcEticöv  i%  Ti&v  ircpl  nvcuK 
fidrujv  Tpuqpuivoc.  xotpoßocicoC.  OeobuipiTOu.  ical  ixipm^  iroXXAv. 
es  ist  das  von  Valckenaer  hinter  dem  Ammonios  aus  einer  Leidener  hs. 
herausgegebene,  allerdings  mit  sahlreichen  abweichungeUi  insonder» 
faeit  auslassungen.' 

Aber  sind  s.  201^215  des  codex  weniger  wertvoll  ftlr  unS|  so 
werden  wir  dagegen  auf  s.  216 — 287  durch  eine  sohrift  erfreut  mit    f 
dem  titel  GeobuipTrou  rrepl  TTveupdruiv  und  mit  folgender  poetischer    ' 
Widmung : 

rTaTpiKiiu  6€obu)piToc  q>tX(ric  bid  8€C^6v 
ÖKTUJ  CTOixeiuiv  irveu^OTa  TPOM^<iM€V0C 

-en  geschieht  dies  zum  teil  darch  den  TorlitgeDden  aaftais,  lam  teil 
wird  es  anderw&rts  (i^cbehen. 

*  Ebenol  ff  bat  aas  der  hs.  inswischen  'luM&wou  0tXoir6vou  ircpl 
TUIV  &iaqi>öpuic  TOvou^^vulv  KUl  6idqi>opa  aiMaivövTUiv  (sam  erstenaial  mit 
griechischen  worterklärnDgen)  hermnsgegeben  (Breslau  1880)  und  im  rfaeia. 
mns.  den  ertrag  der  nachvergleichung  tod  Herodiaat  tchrifl  «.  |iov/|pouC 
X^EcuüC  Teröffentlicbt.  Hilgard  aber  ist  durch  ein  ttfiek  des  HaTniensIs 
sehr  wesentlich  bei  der  lösung  der  aofgabe  onterst&tst  worden,  welche 
er  in  dem  dieflj&hrigeD  Heidelberger  gymnasialprogramm  ('de  artis  gram- 
maticae  ab  Diooysio  Tkrace  compositae  interpretationibus  Teteribus  in 
singulos  commentarios  distribaendis')  behandelt  hat.  '  aneh  im  Vali- 
canus  1370  fol.  165  findet  sich  dies  lexikon  und  mit  derselben  qaellea- 
angäbe,  s.  Rekker  anecd.  s.  1128.  femer  steht  es  Im  Paritiniu  1870  (ehart 
vaec.  XV)  fol.  236'— 244%  ond  hier  mit  beselobnang  des  eompUators: 
*tiudwou  iTÖvrifia  XcutTou  Töbc:  oC  «crrplc  i^  Tft  T<ftv  ßiOtivdhf  ircnydOfV 
i\  Mup^ujv  a06ic  bi  x\i)pa  yLtyrfMey.  anf  diese  hs.  geht  Labbens  oesMr- 
knng  in  der  noTa  bibl.  mss.  s.  105  'loannis  Levltae  de  spiritibas  In  Reg. 
901.'  dasz  es  das  Valckenaersche  lezlkon  Ist,  welches  der  Parislaiis 
bietet,  hatte  bereits  Boissonade  anecd.  II  8.  V!  bemeriit  (der  in  der 
Überschrift  su  schreiben  Torschllgt  'l^cpoiuiv  oOOic).  genanero  an- 
gaben empfieng  ich  von  hm.  dr.  Msx  Boaaet,  von  dessen  oaersehSpf* 
lieber  gefälligkeit  mancher  diesseits  der  Vogesen  su  enihlen  weiss. 
von  einer  vierten  und  fOnften  hs.,  welche  das  Valckenaersche  lextkon 
bieten,  wird  weiter  unten  die  rede  sein. 


792  GUhlig:  cl^v  und  G€obujp/|Tou  «cpl  irvcu|idTUiv» 

übe  öuvQTÖv  TTpouneMH^ev  doXXricac  kotä  X€Eiv 
II  'HpujöiavoO  ToO  T€xvoTToXuMa9oCc. 
6  Kai  Totp  6  \xkv  KaiiXeH  TroXucxeb^ct  t*  £vai  ßißXotc, 

äXX'  oö  ^Ti'iöiiiv  Toic  nveuMaci  6iiKaTO  Td£iv. 
toCto  bi  büjpov  ^x^v  €iceat  ärpcKifujc. 

Kai  )LidXa  ^ii'ibiuic  önöre  xp^oc  £v8äb€  Xeüccuiv, 
10      t{  npö  Tivoc  ipiXaiCy  Tt  npö  tIvoc  bac^uic 

dKqpujveiv  Qiixxc  icTu  back  bi  kcv  dXXifi  £viciTOic » 
dv  CTiiOecci  qp^pujv  ^f)cTiv  d^uiv  Ka^druiv. 
dann  beginnen  die  regeln  mit :  tö  ä  dTrtq>epoji^vou  ^pwvVjCVTOC  4 
q)UJvii^vTUJV  ipiXoCrai'  äarov,  äcTÖc,  deXXa,  d^Kovroc  uaw.  dh 
letzte  Vorschrift  über  alpha  lautet :  TÖ  ä  £v  Taic  iTpoO^ccct  l|llXoOvi^ 
dneibf)  Kai  naca  npöBecic  ipiXouTai  ^ktöc  tAv  dnö  toO  u  i^gt 
^^vujv*  dvd,  ävTi,  d|i(pi,  dnö.  s.  224—228  der  hs.  stehen  Im 
kanones  über  das  €,  scblieszend  mit:  tö  €  iv  TQic  iTpo6^ccci  i|PiXoi- 
Tai*  iniy  fv,  €ic,  iL  ceaipeiiuTai  tö  utto  koI  öir^p.  s.  228  Ldh 
Yorschriften  über  r]:  tö  fj  npö  q)ujvrjevTOC  i|iiXoGTai"  i^IiiiVi  Ift, 
if[i\\oc  nsw.;  s.  2*29 f.  die  über  i,  beginnend  mit:  tö  i  irpd  qNUV^CV- 
Toc  dniqpepopevou  ipiXouTai  änecTaX^^vou  toO  i  €l  |ifk  (lies  litfu)  ni 
Twv  nap'  auTÖ  t^vo^^vujv.  s.  230—232  die  regeln  Aber  o  mit  im 
anfang:  tö  ö  Ka8*  dauTÖ  8v  qpuivf'jevTOC  diriq)€pOfi^vou  iiiiXoGtoi' 
öic,  ötui,  ö'iCTÖc.  s.  232  die  bemerkung  über  u :  TÖ  u  irdciic  kSfftn 
äpxov  6acuv€Tai.  Ict^ov  bk  öti  £ttiti6€M€vov  tö  u  toic  bacuvofi^voK 
(pujvrjecci  ipiXr)  (lies  ipiXoi)*_Spoc  oOpoc,  öXoc  ofiXoc.  und  glmä 
darauf  die  regeln  über  (u:  tö  ui  npö  qpwvi'ievTOC  \|iiXoiiTar  ibdvsnr. 
auf  8.  233  stehen  die  kanones  über  p  und  pp:  TÖ  p  dpxov  XfiCMC 
dv  (lies  d€i)  bacuvcTai,  €i  fif|  £v  övö^OTi  Kai  f|  Trpibrn  xal  f|  bcui^ 
cuXXaßf)  dnö  toO  p  dpxoiTO  usw.  und  noch  aaf  derselben  wAb 
folgen  sodann  die  Vorschriften  über  die  aspiration  der  anlauteadi 
dipbthonge:  i\  öl  6iq>6oTTOC  Iv  TaTc  urr^p  ^lav  cuXXopj^v  X&Q 
iliiXoCrai,  €1  \xi\  dnö  dncKTdceuic  efr)  i^  tö  ja  iirdroiTO  nsw.  d^ 
sohlusz  endlich  bilden  die  kanones  über  die  pneumnta  einsristf 
redeteilc  (s.  234 f.):  ndca  dvTujvuMfa  Tpirov  npocdmou  cuZuTOCii 
q)UJvrievTa  bacuver  ifdj  cu  T,  i\iöc  cöc  öc,  ^^oO  coO  od,  i^  ci 
it ,  i\xol  coi  oT  (lies  ol) ,  i\x6v  cov  5v ,  i^ii  ci  I.  irfiv  dpGpov  M 
q)U)vrjevTOC  dpxov  bacuverai  Ka\  bid  toOto  tö  ifi  ofi  qnifACV  4pfl|MV 
usw.  bis :  o\  cuvbccpot  TrdvT€C  ipiXoCvTai  itXj|v  toö  f va  xal  oCve* 
Kai  £v€Ka  Kai  6mujc  (schieb  Kai  Sttujc  nach  Evexa  ein)  booiyopAfOTi 
fjv  dvTi  ToO  ddv.  f^v  dvTi  toC  iiVTiva,  fiv  (lies  f(^  dvrl  roO  l^nc  if 
dvTi  ToO  f)i  (lies  i^  dvTi  toö  Qtivi).  tö  bk  fji  dvTi  toO  öfrdp)(Oi(ta 
ÖTTdpxq).  f\  (lies  fj)  dvTl  ToO  KaOö  (vgl.  EH.  416,  10).  I|  (taf) 
dvTi  ToG  f (pn.  1\  dvTi  toC  €m€p  (?  vgl.  AO.  1 193, 14.  Elf.  415,S1> 
Was  uns  hier  vorliegt,  ist  eine  von  den  quellen,  s«s  wskkn 
das  von  Valckenaer  publicierte  lexikon  laut  seiner  eignsn  Ib«* 
Schrift  schöpfte  und  swar,  wie  alsbald  erhellt,  in  der  weiss  dm 
manche  sehr  wertvolle  notizen  nicht  aafgenomi  mrdn«  dkM 


OUldig:  cttv  und  ec^top^krou  «t^  mvw^4itw¥.  79^ 

quelle  ist ,  wenn  auch  aohon  mehrfiudi  genumit  doch  lodi  ninnals 
ediert. 

Zwar  hatte  JAFabricins  angegebeni  dasi  sieh  Theodorets  weifc 
*de  spiritibas  dictionnm  ad  ealoem  graininaiay^  P^H^ai  fft  Alwandri 
Scoti  et  ad  calcem  Scapnlae'  befinde;  aber  adion  Iriarte  eodd.  Matr» 
8.  376  bezeichnete  das  als  irrtom.  die  appoidiz  des  lexikons  tob 
JScapula  enthält  (wenigstens  noch  in  der  mir  in  geböte  stdiendem 
ausgäbe  vom  j.  1594)  gar  keine  pneumatokgisehe  abhandlnng.  dte 
grammatik  des  UrbiAus  Ton  Beiluno  bietoi  allerdings  am  sohlnss 
(s.  788  der  Baseler  ausg.  von  1648)  einen  absehnitt  'da  spiritibna 
dictionum ',  der  die  ttbersetsung  eines  grieohisehen  traetates  ist» 
aber  das  original  ist  nicht  Theodoiei,  sondern  das  betreSmde  eapitel 
in  der  grammatik  des  KLaskaris  (der  schlnss  des  ersten  buches). 
ürbanus  hat  zu  dem  was  dort  su  lesen  nur  hie  und  da  etwas  hinsii» 
gefügt,  und  noch  weniger  verdienen  die  lateinisehea  aaweisongett, 
welche  in  Alezander  Sootus*  grammatik  Aber  die  spiritus  gegebai 
werden,  Theodorets  namen.  £e  in  der  appendiz  des  lexikons  tob 
Valentin  Curio  enthaltene  belehrung  ircpl  mreufidTUiv  endlich,  tob 
welcher  Scholl  griech.  litt,  m  s.  180  meint,  sie  sei  Tielleieht  die 
Bohrift  des  Theodoritos  über  die  hauche ,  ist  ein  einfiMdier  abdrodc 
des  eben  genannten  capitels  in  Laskaris'  werk. 

DieersteerwShnungeinerhandsohrift  des Theodoret steht  bei 
Labbeus  nova  bibl.  mss. s.  106 :  *Theodoreti  de  qnritibiis  in.eodice  29» 
in  quo  et  Magister  de  Attiois,  Phumutus,  Mnsaeus,  eto.'  im  eatal» 
bibl.  Regiae  Paris,  sucht  man  yergeblieh  einen  codex  der  diese 
Schriften  vereinigte,  nur  im  Parisinus  9603  findet  sioh  (oatal.  II 
8.  527)  'Tbeodoriti  tractatns  de  spiritibns'.  dieser  traotatns  aber 
ist  (wie  ich  durch  die  gOte  Bonnets  erfuhr)  nichts  anderes  als  die 
Ton  Valckenaer  veröffentlichte  compilation  (mit  starken  abweichun- 
gen  allerdings  in  einzelnen  Wörtern  und  ohne  den  schlusz;  die  letzten 
werte  sind  im  Parisinns :  die  ärrd  ToO  6ic  Ttvöficvov  Korä  cuvaipcctv: 
8.  241  mitte  der  ed.  Valck.  in  4). 

Glücklicher  war  die  nachforschung  in  anderer  riehtnng.  schon 
der  alte  catal.  codd.  Angliae  et  Hib.  s.  7  hatte  gemeldet,  dasz  im 
Baroccianus  68  stehe  *Theodoretus  de  spiritibus  ex  Herodiano  TTa* 
rpiKiiu  6eobu)piiTOC'.  der  neue  katalog  der  Bodleiana  s.  102  TervoU- 
ständigte  diese  angäbe  so,  dasz  klar  war,  auch  hier  seien  die  dedi- 
cationsdiätichen  des  Kopenhagener  codex  zu  finden,  diplomatische 
Vermittlung  erwirkte,  dasz  mir  die  Oxforder  hs.  nach  Heidelberg 
gesandt  wurde,  und  es  ergab  sich:  im  Oxoniensis  haben  wir,  wie 
im  Havniensis,  nicht  das  mischlexikon,  sondern  nur  den  Theodoretos, 
allerdings  mit  einer  ziemlichen  anzahl  von  offenbaren  Interpolationen, 
aber  auch  mit  manchem  echten  plus  gegenüber  der  Kopenhagener 
hs/,  während  an  anderen  stellen  der  Havn.  vollstlndiger  ist. 

*  für  ein  tolchet  echtes  plus  des  Oxon.  halte  ieh  auch  die  lanl^ 
physiologische  anseinandertetsnofr,  welehe  sieb  in  dieser  hs.  gleieh  naek 
den  disticben  findet  und  mit  den  werten  begiaot:  Tdhf  yfiojtiiiäxwif  e6 


794 


Oühlig:  el^v  und  G€obuip/|Tou  ircpl  irvcufidniiv. 


Ebenso  ist  8eo6uipiTOu  rrcpl  TTveu^druiv  im  Lanrentiairat  pLS 
cod.  36  wahrscheinlich  der  wirkliche  Theodoretos:  denn  Bnää 
n  395  citiert  das  erste  der  Widmungsdistichen  und  beiwchnetihM» 
fang  TÖ  ä  dniqpepo^^vou  (puivr)€VTOc  1i  qmivn^VTUiv  ^llXoilTlB.  ^ 
gegen  was  Konst.  Laskaris  in  dem  erwähnten  Madrider  iiiaaiiicri|l 
XCV  fol.  128  (Iriarte  s.  369)  als  OeobuipiTOU  ircpl  mrcufidnw  ab* 
schrieb,  entspricht  nach  anfang  (tö  ä  irpö  laxnoO  ^ltXo0^n)  oi 
nach  schlusz  (dTTÖ  ToO  öi'c  Tctp  T^veTai  Kord  cuvaipcciv*  od  {|  ab» 
TiKf)  TÖv  6*1  V  TÖv  oTv  »*  Valck.  s.  241  mitte)  dem  ValckenMCMte 
lexikon,  welches  also  hier,  wie  im  Paris.  2603,  fUechlidier  weiiBi« 
der  einen  quelle  seinen  namen  erhalten  hat. 

Kehren  wir  jetzt  zu  der  poetischen  dedioation  des  TheodonlH 
zurück,  in  v.  4  wird  gegen  Havn.  und  Oxon.  um  des  metromi  wflki 
wol  TexvonouXufxaBouc  zu  schreiben  sein,  aus  gleichem  grmiiJi 
in  Y.  5  dem  TToXucx€b^ci  ein  v  anzuhftngen ;  aber  des  erste  c  Ai 
Wortes  lassen  wir  unangetastet  und  betraditen  nicht,  wie  anderaM 
geschehen,  TroXucx€br)C  als  eine  corruptel  von  noXucxibific  Ariia 
bietet  der  Oxon.  das  richtige  £vl.  in  dem  letzten  Terse  ist  dsa  idfin 
des  Havn.,  wie  Egenolff  bemerkte,  aus  fAvf)cTiv  Terderbt:  der  OMa 
hat  dafür  das  prosaische  ^vrj^iiv.  von  Wichtigkeit  ist  allein  diei» 
besserung  des  unter  einwirkung  des  folgenden  Terssehliisaas  ^ 
standenen  TdEiv  am  ende  von  v.  6.  metrum  und  inhalt  forden  mi 
der  Oxon.  bietet  Tdciv.  jetzt  ist  der  sinn  von  ▼.  5  ff*  dieser:  'dM 
er  [der  gelehrte  grammatiker  Herodianos]  hat  die  spiriias  der  mU 
buchstaben  [der  sieben  vocale  und  des  p]  behandelt  nnd, 
vielblättrigen  büchern,  wo  er  von  der  betonung  jedwedes 
redet  [in  der  KaOcXiKf)  Trpocuiöia].  aber  er  ordnete  die  regdn  tum 
die  nveu^OTa  nicht  in  einer  fttr  den  gebrauch  beqnt 
dies  ist  der  grund  der  abfassung  des  vorliegenden  lexikons. 

Wir  haben  also  hier  einen  auszug  ana  denojenigsn 
werke  vor  uns,  welches,  wie  über  die  acoente,  so  Aber  die 
die  genauesten  und  gelehrtesten  angaben  enthielt,  nnd  es  IH  M 
auszug,  der  vielfach  mehr  bietet  als  das  ezcerpt  am  schli 
Arkadios.   wenn  nicht  etwa  die  unter  Ghoiroboakos 
tenen  tractate  nepi  nveu^druiv^  noch  besseres  material  lisÜBni« 


irdvTa  btd  tuiv  aöruiv  ^epulv  toO  ctömqtoc  £Kq>UfvoO|ACv.    aie 
Paris.   1270  fol.  235—236  gesoudert  unter  dem  titel:  6CQft«npffSe 
Tpa^^dTUJv. 

B  im  Vat.  883  steht  'Choerobosci  Über  de  splritibns' 
tius  de  Georgiis  (n.  XIII  de  Georgio  Choerob.)»  im  Vindob. 
robosci  de  spiritibns  seu  acceDtibus'  naeh  Neuel  IV  a.  14ftp  te 
96  fol.  138  uuipTiou  ToO  XoipoßocKoO  ircpl  irvcuiidruiv,  endUeh 
Laiir.  LVIl  34  an  einen  tractat  irepl  TÖvurv  tK  tÄv  XoipopoOBSO 
Kai  ^T^pujv,  wie  die  von  Bandini  augefÜhrten  tehlutaworte  Belc« 

über  die  Spiritus  angeschlossen,    (dasi  voaTryphons     ^ 

ir.  irveufidTiuv  mehr  als  fraf^mente  auf  nns  gekommen  aeieB.  iaft 
unwahrscbeinlich.    Arthur  von  Velsen  hielt  nach  einer  ^lUs  te 
der  Laskarisscben  erammatik   fQr  roöglieb,  das«  das» 
Tor^clegen   habe,    doch  Laskaris  hatte  anter  Trypho— 


OUhligi  ctiv  and  dcobw^^trou  iri|il  mnn^ndmmß.  795 

wird  sich,  meineich,  auf  Theodoreioe  in  trtitr  linie  dit 
reconstruction  der  Herodianisohen  pnenmatologie  aaf- 
baaen  rnttssen,  welche  sogleich  in  allem  weeenttiohen  dia  tob 
-ans  ZQ  adoptierende  lehre  von  den  griediiichen  iiMritiis  aeai  iniias» 

Wäre  nur  unser  lexikon,  wie  es  nns  im  Harn,  und  OxOtt«  Tor- 
iiegt,  nicht  so  schauderhaft  oormmpiert!  hoffontUeh  kommt  nodi 
«US  andern  manoscripten  hilfe.  sonst  blitba  der  eo^jectnr  Tial  a« 
thon  übrig. 

Der  anfang  von  €  lantet  im  Ha?a. :  TÖ  t  frpö  ^uiVficvTOC  bocu- 
^OM^vou  TrXcovd^Iov  iieToXafiBdvci  tö  bacö  itvcOmOi  Tva  }ii\  ioMi 
X^Eei  ÖTroTdccotTO  f|  baccta  uir€craXfi^u  toO  f  dK  nop*  dimook 
«ol  ToO  eCltoc  Ka\  €0av  koA  cCoi  clev.  toOto  bi  AiroXoriov  fx^t« 
biÖTi  ßaKxiKd  dcTiv  i^  q(€TXiacnicd*  ol  t^p  q(€TXtd2ovT€c  oO  mrrd 
<puciv  xpuüvrai  toTc  rdirotc  (lies  idvoic)  i^  Tok  nvstfiiaciv*  dXoTol 
Tiv^c  eiciv  a\  tvuv  ^eOuövruiv  i^  Xuccidvriuv  i^  cxcrXiaCdvTUiv  9ttivaL 
TÖ  bk  Ivxox  xaX  iviote  (hier  mOssen  mthrevs  worto  ansge&Uen  sein). 
ivToOOa  \iiy  rrcpl  toO  €  bioXofißdvoiicv,  in  £v  M^cqi  ixfnxi  Tf|v 
bacciav.  it€pl  hk  tö  ti\oc  toO  pißXtou  po6qcÖM€6a  6irou  ipiXfjv 
tx^^  ^v  ^^cip  (im  Uavn.  sucht  man  aber  nach  diesem  ende  des  boehes 
Tergeblicb).  fvOa  fiäXXov  mcT^ov  (lies  iricreurfov)  oiM^  irapa- 
bciTMara  toO  €  fieTaXa^ßdvovro  Tf||v  bacctev*  <c  i6c  (cod.  focX 
cic  Ictc,  djpu)  (lies  Apuiv)  di&puiv,  llvbcrve  iilkvbavs,  fiNiv  fi)Kev,  €pca 
lepca.  iv  TouTotc  jap  irfici  t6  |iiv  c  fiCToXopipdvov  Tf(c  bocckic 
(lies  Tf|v  baceiav)  baciWerai.  f|  totp  boccta  dvoXuo|i€vi|  cic  bocetav 
Kai  i|iiXf|v  dvaXOcTar  Cbva  Cebvo,  A  ^,  lo  Cco  (so),  fi  i/j.  die 
interessante  und  zugleich  stark  cormpte  stelle  fehlt  gans  im  Oxon., 

der  seine  regeln  über  das  €  erst  mit  TÖ  €  TTpi  ToO  ß  beginnt  die 
ausftlllung  der  lücke  nach  iv(oT€  wollen  wir  heute  nicht  berühren 
und  nur  auf  anfang  und  ende  der  stelle  unser  angenmerk  richten« 
*da8  €,  welches  einem  (anlautenden)  mit  scharfem  hauche  gesproche- 
nen Yocale  vorgeschlagen  wird,  übemimt  den  asper.'  so  lautet  die 
regel,  zu  der  zu  vergl.  Lentz  'pneumatologiae  elementa'  s.  670,  und 
die  beispiele  folgen  am  schlusz.  aber  was  bedeutet  Iva  fifj  AirX. 
X^Eci  usw.?  hier  hilft  erinnerung  an  Apollonios  syntax  s.820, 1: 
*die  daseia  in  der  mitte  von  bx&n  und  koMti  genügt  nicht  um  in 
beweisen ,  dasz  jede  der  beiden  conjunctionen  aus  mehr  als  6inem 
wort  bestehe :  inti  oub^v  diodXuc  TOic  C€Cftfi€iui|i^votc  6|ioio  adrd 
xaOiCTacOai  (denn  sie  konnten  sehr  wol  den  ausnahmen  gleich  ge- 
staltet werden,  den  werten  welche  ausnahmsweise  einen  spiritos 
asper  im  inlaut  haben),  Ttp  €Öot  eKv  KoA  lil  v^  irop'  *ATTlicok 
Tadic'  demgemftsz  ist  der  finalsatz  bei  Theodoretos  xn  oorrigieren : 
Iva  pf)  <^v>  dTiXQ  X^Eci  örroTdccoiTO  f|  baccta  tihKcraX^^u  toO 
Tadbc  TTQp '  'ArriKOtc  kqI  toO  dSioc  ica\  eCäv  Ka\  cöoT  <Kal>  eKv 
(über  die  betonung  von  cCdv  und  €ÖoT  s.  ebenfalls  rhein.  mus.  XIX 

oichu  mehr  als  was  er  auf  fol.  148— ISO  des  Ifatrit.  9S  abschrieb,  nnd 
dasz  hier  im  gUDstig^tten  falle  doch  aar  eseerpte  aus  dem  alten  werke 
stcheD,  seigt  tchon  die  foliehsahl.) 


796  GUhlig:  el^v  und  G€o6u)p/|Tou  ircpl  irvcuiidrutv. 

8.  37) :  '  das  einem  anlautenden ,  mit  spiritns  asper  gespradsHi 
Yocal  vorgeschlagene  €  übernimt  den  aaper,  damit  Tarhlltetvwli 
dasz  der  spiritns  bei  einem  einfieushen  (nid&t  «laAamwim^g  i «  ) 
wort  im  inlaut  (nicht  im  anlant)  erscheint  anszer  bei  den  ihnonMi 
Wörtern  .  •  •' 

Da  steht  nun  das  versprochene  neue  testimoniniii  Air  die  iili^ 
aspiration  von  elfv.  denn  hoffentlich  wird  es  niemandem  ««fc^^ 
weil  das  wort  hier  (w^l  durch  confusion  des  Theodoretos)  dea  f» 
XiKoTc  oder  cx€TXiacTiKoTc  zugezahlt  wird,  neben  dem  hekanstw 
ein  Dionysisches  oder  ein  elev  des  entsetzens  aasanehmen,  flr  wd- 
ches  allein  die  notiz  gelte,  einen  solchen  Zweifler  verweise  ick  ml 
die  früher  besprochenen  stellen:  Bachmanns  anecd.  I  208, 10;  mM. 
zu  Dion.  Thrax  949,  1;  EM.  296,  44  nach  der  Schreibung  des Bifr 
leianus  —  und  auf  ein  noch  nicht  vorgebrachtes  zeognis, 
das  klarstredende  von  allen  ist. 

Der  kenner  der  byzantinischen  grammatischen  litleraftiir 
dasz  mit  derselben  genauigkeit,  wie  die  beliebten  proCanen 
steller,  sachlich  und  spradilich  commentiert  worden  ist  ein 
lieber  autor,  Gregorios  vonNazianz,  sowie  auch  ans  ihmii^ 
lehnte  beispicle  für  grammatische  regeln  neben  HomeriechsB  i^ 
treten,  scholien  zu  den  reden  des  Gregorios  sind  in  sahlreichen 
finden  und  sind  zu  einem  guten  teile  wegen  interessanter 
(besonders  mythologischer)  und  grammatischer  notixen,  wel^iM 
ftlterer  Weisheit  stammen,  der  Veröffentlichung  wert,  über  niisdiMi» 
der  art  ein  anderes  mal.  zu  dem  edierten  gehlSren  aaeh  seholisa,  äi 
Albert  Jahn  aus  den  Monacenses  (Augustani)  499  nnd  904  SM^ 
piert  und  veröffentlicht  hat  in  einer  samlung,  in  der  man  sonst  kssB 
der  benutzung  neuer  hsl.  quellen  begegnet,  der  Migneschen  colliirtks 
der  griechischen  kirchenväter.  hier  losen  wir  bd.  XXXVI  s.  914C 
folgende  belehrung  zu  einer  stelle  des  £iriTäq>ioc  cic  t6v  |i£iw 
BaciXeiov  aus  Monac.  499  fol.  89 ""  nnd  204  fol.  45' :  clcv*  TB&n 
^^v  oirrujc'  f|  (?)  iK  7rpoci|jbiac  Kai  toO  jrv€ii|iaTOC  Kai  Ti  i|C 
cnM<>ciac  fcTQi  q>av€pä.  toO  t^P  TrpuiTou  €i  MiiXou|i£vou  «al  mf^ 
C7TU)M€voU;  ToO  bk  bcuT^pou  bacuvo^^vou —  ofiruic  xäp  ol  iix^sal 
TTpocdtouct  KQi  Td  dKpißfi  bciicvuci  Tujv  dvnTpdq>uiv  —  {cfB  ll 
bTiXou)Li€vov  dvTi  ToO  uitdpx€i  £v  Tulv  clpiifi^vujv  [cod.  304  AisinB 
£v,  (pr\cl,  toCto  t6  etpnjüi^vov].  TTopanipil'T^ov  Top  *  tbc  fSM  adüi 
inipprma  8v  cuvraKiiKÖv  xai  TrcpiopicTiKÖv]  oök  ^ttI  avanodCB 
TeXeiou  Xötou  ,  dXX'  öti  [204  addit  ö  eTcv  cuvbcqioc]  ical  frcpoi 

S204  addit  Ti]  lmq>ip^Tai  \ifoy  [204  imqpN^puiv  iiriA^TcräiJi  ir 
^PX^  bk  XÖTOU  eäpicKÖjievov  dvrl  irapaKeXeOccuic  elpfina,  fifiobc 
Tip  aT€,  Tcujc  dvTi  ToO  €Ta,  xard  Tpoirf|v  toö  a  ek  i  die 
£v€K€v.   bei  ToC  beuT^pou  bacuvcfi^vcu  hat  man  dana  sn 
dasz  der  buchstab  €  früher  den  namen  6i  führte,  statt  ol 
TrpocdTOuci  ist  vielleicht  zu  schreiben  ol  T.  npoCTdrroua. 
oÖtuic  .  .  dvTiTpdcpuJV  sind  als  parenthese  an»  u    dsr 

von  204  ^Tripprma  öv  usw.  gehört  hinter  das  fo  »  od«,  te  M 


GUhlig:  ctiv  and  B^oibmpiltnfo  «tpl  mva9^ditw¥.  707 

zu  beachten,  dasz  cTcv  nicht  etwa  als  ein  adTerinam  der  Tenbadue* 
düng  und  abschlieazong  beim  anfhOran  einer  voQatlndfgn  rede  ai^ 
gewandt  wird,  sondern  dasz  clev  ooignnetiim  ist  nnd  am  ende  einee 
Satzes  in  der  weise  gebraucht  wird,  dasi  ee  nodi  etwas  andenff 
nachbringt.'  dies  wftre  der  sinn  der  lesart  in  204,  weldie  alhordiaga' 
vielleicht  aof  Interpolation  bemfat  in  der  sdiveibong  von  499  tat* 
jedenfalls  das  £iru|^p€Tai  X^jov  verderbt  nnd  wol  (lUlfe^niellt  SM 
das  echte  bietet)  in  £mq>^pet  6  Xix^w  xn  indem. 

Zwei  etymologien  von  cTev  werden  hier  TOrgetragen:  dls^ 
eine,  an  die  heutzntage  niemand  gknben  wird,  bringt  es  entspredieiid' 
der  interaspiration  mit  Cv  sosammen,  die  andere  stdlt  eeia  eTo, 
indem  bemerkt  wird ,  wie  andi  sonst  a  mit  cv  vertaaaobt  wttd»' 
(denn  am  Schlüsse  ist  doch  wol  m  schreiben  KOrd  Tpoiri^V  TOO  o  dc 
ev).  die  erinnerong  an  weitere  w<dbekannte  beispisis  der  ver« 
tauschong  des  a  mit  €V  (oder  yielmehr  dea  cv  mit  o)  madit  das  in- 
sammennehmen  von  clev  nnd  cTa  vielleieht  reeht  plansibeL  doeh 
ganz  unberflcksichtigt  ist  dabei  geblieben  die  interaspiration«  denn 
von  eld  berichtet  kein  alter  grammatiker«  das  verstlndigtte  wird' 
also  wol  sein  gar  nicht  henideiten,  weder  ela  von  cTcv,  noch  cIcv 
von  ela,  oder  von  irgend  einem  andern  grieehiaehen  oder  barbari- 
schen werte,  wie  man  sich  ja  auch  bei  andern  inteqeetionen  nidii 
unterfängt  zu  etymologisieren,  jedenfidls  fest  aber  stdd  jetrt,  denke 
ich,  derjjpjrituM  asper,  mit  dem  ^—  iwtt^^f-^-gaaprpdhen  würfe. 

Endlich  noch  ein  wort  über  ein  drittes  pnenmatisdheslezikon 
des  Havniensis,  welches  auf  Theodoretos  s.  937—242  folgt  und  ohne 
regeln  einfach  worte  aufzählt,  die  mit  dem  Spiritus  asper  beginnen. 
hier  erscheint  die  gute  tradiücn  in  bedenklichster  weise  getrttbt, 
zum  teil  durch  halbe  gelehrsamkeit  unter  den  mit  dem  asper  ge- 
sprochenen Wörtern  steht  auch  doXXiZovTon  und  4di  cuTXUip^  xal  rö 
nap'  auTÖ  ddcac  und  iyi  elvi,  dinge  wie  man  sie  auch  in  deranweisung 
über  die  bauche  lesen  kann,  die  Emanuel  Miller  auf  dem  Athoe 
fand  und  in  dem  'annuaire  de  Tassociation  pour  rencouragement 
des  Stades  grecques'  VIII  s.  225  ff.  publiderte.  da  der  Spiritus  asper 
nicht  mehr  sache  der  ausspräche,  sondern  nur  noch  des  gelehrten 
Wissens  war,  so  wandte  man  ihn  gern  an,  um  sich  als  gebildet  su 
legitimieren,  und  begieng  fehltritte,  die  an  die  heute  beliebten 
erinnern :  Athmosphäre  und  OfUMogie^  Eurgpides  und  KljftUk.^ 


I 


*  als  eine  aof  halber  ftelehrsamkeit  beruhende  pstudodasela  sehe 
ich  aoch  die  aspiration  des  namens  des  siebenten  bachstaben  an,  die 
aus  der  Überlieferung  über  den  wert  des  H  im  Kltern  aipbabet  eatstand. 
ieb  finde  sie  an  drei  stellen  gelehrt:  1)  im  05tlliafseben  sor.  Theo- 
dosios  s.  7,  30  t6  fjra  bi,  t6  o^|ia  ToO  CToixcIou,  bocOvctm,  on  irap* 
dpxoioic  ö  Tutroc  ToO  H  iv  T6in|i  (lies  Töin|i)  boccioc  licerro,  dkirsp  mil 
vOv  Tolc  iraXai6lc  *Pui|umi(oic.  t)  im  lesikoa  vom  Atbee  s.  SS7  CK6irT|C0V, 
<piX€,  vouvexilK  Kai  f{ra  t6  CTOtxdov.  S)  im  drittes  lezikon  des  Hav- 
niensis s.  239  f^TQ,  övofia  CTotxciou,  6Tt  oiM^ldv  Icn  Tfjc  teccioc  im 
Valckenaerschen  lexikon  dagegen  steht  s.  ttS  t6  H  icp6  ToO  T  i|aXoOTm* 
f|Top  1^  H>ox^«  ^i^rpov  t6  ^(mip  Ik  ^  (wcpov,  I|to  t6  creixüev. 


798  Philologische  gelegenheituchriften. 

Das  vorstehende  ist  zum  grOaten  teil  Bdion  im  BOiiUMr  187) 
niedergeschrieben  worden,  da  begab  sich  folgendas.  all  idi  ii 
Trier  mit  freund  Studemund  zusammentraf,  berichtete  ick  ika 
von  meinem  funde  im  Kopenhagener  codex  und  seilte  ihm  eiaifi 
excerpte  aus  dem  Theodoretos,  die  ich  bei  mir  tm^«  er  aber  hobt 
aus  seinem  rock  ein  blätterconvolut  in  folioformat  und  zeigte  ma 
denselben  pneumatologen,  den  er  in  zwei  Yaticani  entdeckt  imd  al^ 
geschiieben  hatte,  und  er  hatte  sich  nicht  auf  die  entiifiemagi- 
und  abschreibearbeit  beschränkt,  sondern  —  doch  ich  habe  Biäk 
das  recht  specielleres  auszuplaudern,  abo  nur  dies:  die  an^giki 
des  Theodoretos  ist  Yon  Studemund  in  der  weise  Torhereiteti  wie« 
philologische  aufgaben  anzupacken  pflegt,  ich  soll  nach 
wünsche  bei  der  fertigstellung  mithelfen,  doch  mir  wird,  a 
von  der  mitteilung  handschriftlichen  materials,  wol  nicht  viel  lo  tkm 
übrig  bleiben,  den  vorstehenden  aufsatz  aber  meinte  ich  trotz  im. 
was  kommen  wird  in  die  weit  schicken  zu  sollen,  weil  er  janck 
über  andere  dinge  handelt  und  weil  es  nicht  unpaaeend  eradiedi^ 
das  philologische  publicum  im  voraus  darauf,  dass  eine  neaeqncfli 
für  einen  recht  interessanten  teil  der  griechischen  Sprachlehre  eslr 
deckt  ist,  aufmerksam  zu  machen,  es  auch  nichts  schaden  km, 
wiederholt  auf  die  belehrung  hinzuweisen,  die  wir  von  den  griechi- 
schen nationalgrammatikem  zu  empfangen  haben. 

[Von  den  das  Valckenaersche  lexikon  enthaltenden  Parislai  IfM 
und  2603  liegen  mir  jetzt  dorch  die  g^üte  des  hm.  Lebiqae,  ciMi 
Schülers  des  nrn.  Oraux,  mit  gröster  Sorgfalt  gefertigte  collaüoaea  nVf 
welche  zeigen  dasz  die  üb  erlief erangen  dieses  Wörterbuchs  sehr  iMA 
Ton  einander  abweichen,     correetumacktrag.] 

Heidelberg.  Gustat  üblig. 

(68.) 

PHILOLOGISCHE  GELEGENHEITSSCHRIFTEN. 


Augsburg  (studienanstalt  bei  St.  Anna)  Christian i   Cron  ei 

ad    Eduardnm    Oppenrieder  collegam    emeritam  [ttber  Hör.  «et  I 
4,  81  ff.   und  Plat.  Oorg.  447^].    drack  too  J.  P.  Himner.    UHL 
27  s.  gr.  8.  —  Chr.  W.  J.  Cron:  rede  lar  Wittelabacher  Mm  m 
der  k.  Studien  anstatt  bei  St.  Anna  am  6n  angost   1880  grhsifr 
druck  von  C.  Reichenbach.     VIII  n.  14  s.  gr.  4. 

Bayreuth  (studienanstalt)  Frid.  Schmidt:  de  Elinhardo  Saetonfi  W- 
tatore.     druck  von  M.  Poessl.     1880.    36  s.  gr.  8. 

Berlin  (univ.,  lectionskatalog  winter  1880/8  i)  J.  V  ah  lern  adnotaÜMNi 
qunedam  ad  ignoti  scriptoris  libellum  qai  est  de  sablimitata.  fi^ 
mis  academicis  (G.  Vogt).  18  s.  gr.  4.  —  (doctordlMertaSioMi^ 
Georg  Julius  Schneider:  de  Diodori  fontibus (Ubr.  I— IV).  iii1^| 
▼on  W.  Weber.  1880.  77  s.  gr.  8.  -^  H.  Hildesheimar:  da  ttN 
qui  inscribitur  de  viris  illastribns  arbis  Ronao  qnaeatfoaaa  hM^ 
ricae.  acccduut  yariae  lectiones  trium  codicum  adhuo  ia  anv 
non  yocatornm.   verlag  von  Mayer  u.  Müller.    1880.    ÜA  n  ffr.  iL 

Breslau  (univ.,  lectionskatalog  winter  1880/81)  Aagaati  Raiffer* 
scheid ii  coniectanea  nova  [zu  Horatias,  Donataa  eoaSL  Thw 
iT€pi  ii\|f0uc,  Dionysios  v.  Hai.,  Anna  KomnenaJ.  —  (r 


Philologischa  gelagenheiftiiehtiltai.  790 

tationen)  Joseph  Starker  (auf  Keine)!  da  MMMphyUeibve  Alhe« 
Diensiom.  dmck  tod  F.  BiUir  in  Neieie  (reriaf  t «i  AderiiolB  Ui 
Breslau).  1880.  66  s.  gr.  8.  —  Theodor  Heine:  dn  rmlioM  qnnn 
PUtoni  cum  poetis  Graeeomm  intereedit,  qni  ante  enn»  flowernnt. 
▼erlafr  von  W.  Köbner.  1880.  73  ••  gr.  8.  —  Qeorf  Wieeowa 
(aus  Breslan) :  de  llaerobii  Satnmaliomni  fontibns  cnpitn  trin.  rer- 
lag  von  W.  Köbner.  1880.  69  s.  ffr.  8.  *  Hngo  Linke:  qnnestionet 
de  Macrobii  Satnmaliomni  fontibns.  Torlaf  Ton  W.  Köbner.  1880. 
68  8.  gr.  8. 

'reibnrg  im  Breisgan  (nniv.,  inr  gebnrtstngefeier  des grenhenogt 
9  sept.  1879)  Bernhard  Schmidt:  die  thorfirage  in  der  topo- 
graphie  Athens,  dmck  Ton  B.  O.  Tenbner  In  Lei|äig.  44  ••  4.  — 
(gymn.)  A.  Danb:  de  Endodae  Tiolaiii  In  Titie  Mriptomm  Qme* 
corum  fontibns.   dmck  Ton  Ch.  Lebmann.   1880.   94  ■.  gr.  4. 

Irimma  (landessdinle)  Ernst  Koch:  die  sage  Tom  kals^  Friedrieb 
im  Kiffhäuser  nach  ihrer  mythischen,  historiseken  «nd  poetlieh- 
nationalen  bedentong  erklftrt.  dmek  Ton  CKSasfer.  1880»  40  s.  gr* 4. 

[alle  (aniv.,  lectionskatalog  winter  1880^^1)  Henriei  Keilll  oratio 
de  unirersitatis  Halensis  historia  antiqnissinin  d.  XX  s.  Mnrtil 
habita.    dmck  von  Hendel    8  s.  ffr.  4. 

[ambnrg  (geographische  gesellsdiait)  J.  Claesent  mltteilnngen  to» 
einem  besuch  in  Olympia,  rortrag  gehalten  aa  10  jnni  1880.  16  s. 
gr,  8  mit  einer  steindmektafeL 

[eidelberg  (oniv.,  doctordiss.)  Emil  Perino  (ans  lfe&nheiin)s  de 
fontibos  vitaram  Hadriani  et  Septiniii  Sererl  imperalonun  ab  Aelio 
Spartiano  conscriptamm.  dmek  Ton  Oilffer  In  Fielbnig»  1880. 
44  s.  gr.  8.  —  (gymn.)  Alfred  Hllgard:  de  nrtia  mmnwtlene  ab 
Dionysio  Thrace  eompositae  interpretationibna  Tetenbne  In  elnfnloe 
commentarios  distribnendis.  acoednnt  eiplientionee  Ineditne.  mek 
von  B.  O.  Teobner  in  Leipsig.   1880.   68  •.  gr.  4. 

ena  (uniy.,  lectionskatalog  winter  1880/81,  sn^eieh  snr  beglfielnrtln- 
schung  von  Karl  Aogust  Hase  zn  seinem  60jKhrlgen  amtsJubiUnm) 
Manricii  Schmidt  de  Caroli  Lachmanni  stndiis  metrieis  reete 
aestimandifl.    druck  von  Ed.  Frommann.    16  s.  gr.  4. 

Kaiserslautern  (stiidienanstalt)  Clemens  Hellmnth:  emendations- 
versache  su  Ovids  metamorphosen.  druck  von  Ph.  Bohr.  1880. 
36  8.  lex.  8. 

iel  (univ.,  zur  Geburtstagsfeier  des  kaisers  80  mürs  1880)  EdnardI 
Luebberti  diss.  de  Pindari  carmine  Pythico  secnndo.  dmck  von 
C.  F.  Mohr  (P.  Peters).  88  s.  gr.  4.  —  Eduard  Lfibbert: 
Alezandria  unter  Ptolemaeus  Pbiladelpbns  und  Euergetes.  rede 
.  .  gehalten  am  20  mftrz  188a  16  s.  gr.  4.  *  (doctordiss.)  Carl 
Bock  (aus  Ratzeburg):  de  metris  Horatii  lyrieis.  verleg  von 
£.  Ehlers  in  Rendsburg.    1880.   71  s.  gr.  8. 

unigsberg  (univ. ,  doctordiss.)  Georg  Lühr  (ans  Brannsberg):  de 
P.  Papinio  ßtatio  in  silvis  priomm  poetaram  romanomm  Imltatore. 
druck  von  J.  A.  Wiehert  in  Brannsberg.    1880.   68  ■.  gr.  8. 

remsmünster  (obergymn.)  Adalbert  Ziegler:  die  regierang  des 
kaisers  Claudius  1  mit  kritik  der  quellen  und  hilfsmittel.  II  teil. 
druck  von  J.  Feiehtingers  erben  in  Lim.  188a  61  s.  lex.  8.  [teil  I 
eracbien  1879.] 

[annheim  (fcymn.)  Erotemata  graromatiea  es  arte  Dionysiana  orlttttda. 
mAiiinam  partem  nunc  primnm  edidit  Petrns  Egenolff.  dmck 
von  H.  Hogrefe.    1880.   44  s.  gr.  4. 

larburfT  (uuiv.,  lectionskatalog  winter  1880/81)  Leopoldi  Scbmldtii 
supplementum  qnaestionis  de  Pindarieomm  earminnm  Chronologie.: 
druck   von   R.  Friedrich.     13  s.  gr,  4.  —  F.  Philippi:  snr  reeon- 
Btruction  der  weitkarte  des  Agrippa.    mit  6  antographlerten  karten- 
skizz^n.    P:iwertscbe  verlagsbadih.   1880.  86  f.  gr.  8. 


gOO  Philologische  gelegeoheitsBchriften. 

Mciszen  (landesschale)  Epistolae  aliquot  reotoram  Afranomm,  eici- 
dendas  curavit  Th.  Flathe  —  karie  geschichte  des  bans  nad  der 
eiuweihang  der  neuen  gebäude  der  landesschule  von  H.  Petir 
druck  von  Klinkicbt  u«  sobn.   1880.    46  a.  gr.  4. 

München  (akademie  der  wiss.)  H.  Brunn:  troiache  miacellea.  lU 
aus  den  sitsungsberichten  1880  I  2  [Sarpedon  oder  Mcmnoa?  — 
eine  Achilleis  —  Briseis  und  Pelens  —  Parisurteil  und  ApoUoH 
ankunft  in  Delpbi].  druck  Ton  F.. Straub.  ••  167 — 216.  gr.  8.  —  Wil- 
helm  Meyer:  die  Urbinatiscbe  samlung  tod  aprachTenei  du 
Menander  Euripides  und  anderer,  aus  den  «bhandlongan  1  d 
XV  bd.  II  abt.  s.  399—449.  gr.  4.  —  (Wilbolm:»gynin.)  Frid.  G«k- 
hard:  de  Platarchi  in  Demosthenli  yita  fontibna  «e  fida.  dnck 
von  H.  Kutsner.    1880.    66  s.  gr.  8. 

8t.  Petersburg  (akad.  der  wiss.)  Moria  Schmidt  (in  Jena):  fii 
parodos  der  Septem,  aus  den  M<£Ianges  Grdco-Romaina  t.  IV  B.ftlS 
—666.    1880.    gr.  8. 

Prag  (Neustädter  staaUgymn.)  Leopold  Eysert:  Ober  die  aehtkiil 
des  prologs  in  Euripides  Ion.  druck  von  D.  Kuh.    1880.   t4i.  In.!* 

Soest  (gymn.)  Karl  Goebel:  über  den  Platoniacfaen  Pannfaldft 
druck  u.  Verlag  von  Bertelsmann  in  Qntersloh.     1880.     48  •.  ffr.  I. 

Stettin  (cur  begrüezung  der  XXXV  versamlung  deutscher  philoSigH 
und  Schulmänner  27—30  sept.  1880)  FesUohrift  dea  Stettincr  itail- 
gymnasiums  .  .  druck  von  Herrcke  n.  Lebeling.  7i  ••  gr.  8  [iabüt: 
Franz  Kern:  zur  Würdigung  des  Melissos  von  Samoa  t.  l^tt; 
Frid.  Herbst:  quaestionee  Taciteae  s.  86—38;  Leopold  Braii: 
dKOTOC  s.  39—72].  —  (im  namen  des  Marieogyma.)  Keinen  Phsfi- 
facetus.  addita  versione  Sebastian!  Brantii  recenauit  Hugo  Leackt. 
druck  von  F.  Hessenland.  36  s.  gr.  8.  —  (gesellachaft  für  ponueaneki 
geschiebte  und  altertumskunde)  G.  von  Bfilow:  beitrtge  nr|^ 
schiebte  des  pommerschen  Schulwesens  im  16n  jahrhundertib  dmfc 
von  Herrcke  u.  Lebeling.    83  s.  gr.  8. 

Straszburg  (lyceum)  Ferd.  Hüttemann:  die  poetie  der  Oed^» 
sage,    erster  teil,   druck  von  R.  Schultz  u.  comp.    1880.    81  a.  fr.l 

Straubing  (studienanstalt)  Franz  Xaver  Pflfigl:  daa  Utetabhi 
nprichwort  bei  Plautus  und  Terens.  Lachneraehe  bnebdrnohmL 
1880.    44  B.  gr.  8. 

Utreuht  (gesellschaft  für  kunst  u.  wiss.)  I.  M.  J.  Valetoa:  de  P^jWI 
fontibus  et  auctoritate  disputatio  critiea.  dmek  von  J.  wmm  B&Jtr^ 
hoven  (vertag  von  J.  W.  Leeflang).  1879.  VIII  o.  871  a.  gr.  8i  * 
Lapidum  de  dialecto  Attica  testimonia  collegil  «tque  diipifril 
H.  van  Herwerden,    verleg  von  J.  L.  Beyers.    1880.    88 s.  |r.i 

Wien  (akad.  der  wiss.)  Max  BOdinger:  Klean  bei  ThnkjdidezL  ila 
kritische  Untersuchung,  aus  den  sitauiijnberlehien  der  nbiL-hiiL 
cla88ebd.XCVIs.  367—412.  in  comm.  bei  C.  Qeroldt  söhn.  1880.  fr.l 

—  B.  Dombart  (in  Erlangen):  über  die  älteaten  easfnben  dsrl^ 
structionen  Commodians.  ebendaher  bd.XCVIs.  447— 478«  1888.  |r.ft 

—  (Franz-Josephgymn.)  Josef  Egger:  Stadien  snr  feeeUebtoda 
indogermanischen  consonantismus.    I.    dmck  Ton  Oistel 
1880.    32  s.  lex.  8. 

Zürich  (univ.,  doctordlssertationen)  Thomas  Mett euer  (Arg«! 
de  Piatonis  scboliornm  fontibus.   druck  von  Züreher  u.  Furrer. 
122  s.  8.  —  Alfred  Snrber  (ausZarieh):  die 


historisch-vergleichende  untersucbong  aar  bestimmun»  der 
von  Ov.  met.  VIII  270—646.    vorlag  von  MoTer  u.  Zeller. 
128  s.  8. 

Zweibrücken  (studienanstalt)  Ludwig  Krauss:  de  vitevai     

toris  Othonis  fide  quaestiones.    druck  von  A.  KranibBUer.  IW 
62  s.  gr.  8. 


ERSTE  ABTEILlJNa 

FÜB  CLASSISGHE  PHILOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  VOK  ALFBBD  FUECKEISEir. 


107. 

DIE  EINFÜHRUNG  FBEIIDEB  GESANDTSCHAFTEN 
IN  DIE  ATHENISCHE  VOLKSVEBSAMLÜNG  UND  DIB 

PBOCHEIBOTONIB. 


WHartel  bat  zuerst  im  zweitra  hefte  seiner  'Demoethenisdiea 
Studien'  s.  46  ff.  nachzu weiten  gesucht,  dsss  in  Athen  bei  einfUi* 
mng  Yon  fremden  gesandten  der  rath  erst  der  antorisation  duroh  die 
Tolksversamlung  bedurft  habe,  um  über  ihre  antritge  ein  probulenma 
beim  volke  einzubringen,  und  dasz  diese  autorisation  mit  dem  namen 
iTpox€ipOTOv(a  bezeichnet  worden  sei.  in  den  spftter  erschienenen 
^Studien  über  attisches  Staatsrecht  und  urkundenwesen'  (Wien  1878) 
bat  Harte!  die  notwendigkeit  einer  solchen  autorisation  für  alle  an- 
trSge,  die  vom  rathe  an  das  volk  gelangten,  zu  erweisen  gesucht. 
alle  von  ihm  fOr  diese  ansieht  Torgebrachten  beweisgründe  sind  je- 
doch von  GGilbert  in  diesen  jahrb.  1879  s.  225  ff.  für  nichtig  erklftrt 
worden,  dasz  auch  in  mir  manche  bedenken  g^gen  die  stidihaltig- 
keit  derselben  aufgetaucht  und  auch  durch  die  zweite  schrift  ni<^ 
beseitigt  worden  sind,  habe  ich  in  einor  recension  der  letztem  in  der 
Jenaer  LZ.  1879  s.  263  f.  angedeutet  aber  auch  die  widerl^g^ung 
der  Hartelscben  hjpothese  durch  Gilbert  hat  mich  nicht  in  allen 
puncten  überzeugt,  und  es  sei  mir  daher  gestattet  die  sache  noch 
einmal  einer  prüfung  zu  unterziehen* 

In  den  Studien  über  att  Staatsrecht  s.  59  iL  teilt  Hartel  die  er- 
haltenen attischen  decrete  aus  der  seit  nach  Enkleides  in  drei  gattun- 
gen  ein :  1)  rathspsephismen,  2)  probuleumatisohe  decrete,  8)  Tolks* 
decrete.  die  rathspsephismen  sind  charakterisiert  durch  die  sanctio- 
nierungäformel  iboie  T^  ßouX^,  die  auf  die  motifierong  im  ein- 
gange des  eigentlichen  beschlusses  folgende  formel  £i|iT)<pic6at  tQ 
ßouXQ  und  das  summarium  f|  ßouX/|  am  schlusz,  wfthrend  die  Tolks- 
decrete  an  den  entsprechenden  stellen  (bolt  Tiji  öAMH^«  bcböxOcn  Tip 

J«hrbQcher  für  clMt.  philol.  1880.  hfl.  lt.  52 


802    AHöck:  die  einführuDg  fremder  gesaudtschaften  in  die  atheniide 

brmqj  und  ö  br^^oc  haben,  die  probuleumatischen  decrete  haben  ik 
sanctionierungsformel  (hole,  Txji  ßouXiQ  xal  Ti|i  b/i^qi  and  du  warn- 
marium  f]  ßouXfj'  ö  bn^oc,  am  anfang  des  eigentlichen  bedchliUNS 
dagegen  eine  längere  formel,  die  Hartel  die  probuleamatisehe  fiff- 
mel  nennt  und  die,  abgesehen  von  einigen  Varianten,  folgender- 
maszen  lautet:  dipiiq>ic6ai  T^  ßouX^'  Touc  irpo^bpouc,  cü  fiv  Xoxttia 
Trpoebpeueiv  dv  t{\>  brJMip  eic  ttiv  npurniv  ^KicXTiciav,  npocuTOTcnr 
TÖv  beiva  Kai  xpim^iTicat  *  Tvu)^TlV  hl  Eu^ßäXXccOoi  rfic  ßouXfic  de 
TÖv  bfi^ov,  öix  bOKei  tQ  ßouX^  (vgl  Hartel  s.  166  ff.)-  ^^^  ™^* 
schied  der  probuleumatischen  und  der  volksdecrete  definiert  Hirtd 
s.  236  ff.  dahin,  dasz  die  letztem  volksbeschlüsse  enthalten,  an  den 
materiellem  inhalt  der  rath  keinen  an  teil  hatte ,  die  proboleamith 
sehen  decrete  dagegen  volksbeschlüsse,  fUr  welche  ein  init  bestimB- 
ten  vorschlagen  versehenes  probuleuma  die  grnndlage  gebildet  hatte. 
in  diesem  puncte  stimmt  Gilbert  ihm  im  ganzen  bei.  weiter  aber 
sucht  Hartel  aus  diesem  unterschiede  zu  erweisen,  dasz  jeder  g^goi- 
stand,  der  vom  rath  an  die  volksversamlung  gelangte,  einer  doppAn 
lesung  unterlag,  und  dasz  die  probuleumatischen  decrete  das  resiiltit 
der  ersten  lesung  (procheirotonie) ,  die  volksdecrete  das  der  iweita 
enthalten,  da  nemlich  die  probuleumatischen  decrete  nicht  nths^ 
sondern  volksbeschlüsse  sind ,  müssen  nach  Harteis  meiniing  dk 
Worte  €ic  Tf)v  TrpüJTiiv  ^KKXriciav  in  der  probuleumatischen  fonad 
nicht  vom  standpuncte  der  rathssitxung,  in  der  das  sa  grvak 
liegende  probuleuma  abgefaszt  ward,  verstanden  werden,  sondn 
vom  standpuncte  der  volksversamlung ,  in  der  es  verlesen  und  (m 
erster  lesung)  angenommen  ward. 

Gilbert  hat  diese  Interpretation,  wie  mir  scheint',  mit  ndka 
recht  verworfen,  er  weist  darauf  hin,  dasz  die  athenischen  ratb* 
bchreiber ,  die  bis  zur  mitte  des  vierten  jh.  vor  Ch.  mit  jeder  piy- 
tanie  wechselten ,  in  der  abfassung  von  Urkunden  natürlich  wwf 
gewandtheit  besaszen  und  die  arbeit  sich  dadurch  erleichterten,  dm 
sie,  wenn  dem  aufzuzeichnenden  volksbeschlasz  ein  probnleiiBi 
materiellen  inhalts  zu  gründe  lag,  einfach  die  sanctioniemngsfonMl 
fboEe  Tf)  ßouXQ  in  £boE€  Tfj  ßouX^  kqI  Tifi  bn^tp  änderten,  im  flhi- 
gen  aber  das  probuleuma,  so  weit  es  die  zustiommng  des  Tolkes  gt* 
funden  hatte,  wörtlich  abschrieben  und  etwaig^  ftnderpngea  !■ 
Schlüsse  hinzuftigten.  wie  sehr  die  Schreiber  sich  an  den  wortM 
des  probuleuma  anzuschlieszen  suchten,  zeigt  besonders  das  VM 
Gilbert  angeführte  bcispicl  CIA.  1 40.  es  ist  daher  sehr  wahrsehsir 
lieh ,  dasz  auch  in  der  sog.  probuleumatischen  formel  die  werte  dc 
THV  TTpu)Ti]V  dKKXr)ciav  als  worte  des  probuleuma  aafsnfiusen  vi 
vom  standpuncte  der  rathssitzung ,  nicht  der  volksTersamlu^  n 
verstehen  sind,  zumal  da  die  worte  i^inSP^cOai  t{|  ßouXQ  und  jyfbßp 
bi  EupßäXXeceai  inc  ßouXfjc  eic  tov  bf)M0V,  ort  boKEl  tQ  ßouXf  mt 
in  einem  probuleuma  berechtigt  sind,  dennoch  glaube  ich,  d« 
Hartel  von  der  notwendigkeit  dieser  interpretation  dnrdh  die  sm^ 
fuhrungen  Gilberts  nicht  überzeugt  sein  wird,   sagt  ja  doch  Gilb«t 


volktvettamluiig  and  du  |inwhe)iot<iDi&  808 

bst  s.  299:  'jedenfalls  wird  man  di«  mSgliehkcit  diewr  Iw 
huDg  zugeben  mDsaen.'  aber  suofa  nach  meiner  melaaiig  ist  die 
Ibertäche  Interpretation  nicht  nur  mflgliidi,  tondern  die  tinzig 
Sgliche.  nach  der  Interpretation  Hartele  hKtte  die  probnlenmatiidie 
Tnel  dieselbe  bedeutnng  wie  die  in  volkadecreten  sich  biawwleo 
dende  formel  nepl  fikv  ToÜTun  Tf|V  ßouXi\v  npoßouXeikaconr 
■veTKtiv  elc  TÖv  &f|(iov  elc  Tf|v  wpumiv  iiodliTctav  (vgl  CIA. 
65  und  die  Andern  beiaiüele  die  Hartel  a.  183  IL  saaammeiutellt), 
>durch  der  rath  beauftragt  wird,  Ober  einen  gegenitaad  bei  dn- 
cheten  volksvenamlang  ein  probolenma  tüuubriiigai.  hatte  aon 
r  rath  einen  solchen  auftrag  Tom  Tolke  erbalten,  so  wird  niemand 
luben  dasz  er  dann  erst  wieder  beim  volke  Vorfragen  mntte ,  ob 
demselben  beliebe  in  einer  folgenden  voHurerseulong  fllwr  die- 
a  gegenständ  zu  verhandeln,  und  doch  finden  wir  in  dar  imdirift 
A.  II  76  die  eben  erwShnte  formel  in  folgender  weiee  mit  der 
obuleumatischen  formel  verbnnden;  Ebo£€V  tQ  ßouXQ  nod  li^ 
^fiui] . .  ^TiEibf)  6  bf^r^oc  £<|f^<picnu  iT]p[oßou]Xevcacav  i^M  [P< 
,v  iteveTKetv  eile  töv  [b]^jiov-. .  ii|»f|(p([c6ai  "rifli  p[ouXfl'  fla 
loebpovjc,  ol  [äv  -nrrxdvuKi  wp]<Mbp€uovTtc  €[U  ■rtiv  irpiui , 
(xXnctav,  npo6{iv[at  irEpl  ToÜTwjv*  [fvlUi^Tiv  [M  E]ufi[ß(!iXXecSai 
w.  nach  der  anficht  Harteis  Ober  die  ptobnleamatiaehen  deorete 
Irilti  man  hier  eine  doppelte  autorieation  de«  rathea  doreh  du  Tolk 
nehmen  mOsscn,  eine  in  einer  frOhem  TOlksTenamlnng  erfolgte 
\d  eine  die  durch  das  vorliegende  decret  benrkundet  wird,  da  aber 
ae  sokb«  annähme  im  höchsten  grade  nnwahrschetnlich  ist,  kann 
iD  in  dieser  Urkunde  die  worte  clc  Tf|v  npidniv  6ncXric(av  nnr 
m  sUndpuncte  der  rathssitiung  aus  Terstehen ,  und  da  niemand 
.ran  zweifeln  wird,  dasi  die  probaleumatische  formel  in  allen  nr- 
indcn  denselben  sinn  bat,  ist  die  Hartelsche  Interpretation  dersel- 
;n  durcli  diese  inschrift  als  unzulässig  erwiesen. 

Ein  probuleumatisches  decret  ist  es,  Ton  dem  die  nntenachnng 
arteU  über  diese  frage  in  den  Demosth.  stndien  aoigeht,  nemlieh 
LS  decret  Über  dun  frieden  mit  Dionjsios  I  von  Syrakns  am  dem 
368 'G7  vor  Ch.  (CIA.  II  51),  dessen  worte  von  z.  &  au  folgender- 
aszen  lauten:  nepl  iliv  ol  npt'cßeic  o[i  |  iiapä)  Aiovu[c]iou  i^Kov- 
e]c  \tToua[v],  btb[öx|6ai  ^i)]l  ßouXij-  irepl  plv  iiliv  Tpa[M]Mä' 
luv,  I  ilfv  f^Ttsjuqjev  Äiovücioc,  [rf^t]  o[iK]oboti[iae  |  toö  ve](jj 
li  Tf|c  tipii[v]r|c  Toüc  cu[ji]f»ü[xouc  |  b6TM]a  ^E€Vt[T]«[tv  elcl 

IV   btlMOV,    [Ö  Tl  fiv  I  ClÜT0]ic  ßou\eu[o]jl[^]vOl[c  bOK]l3  lSpi[CTOV  I 

va]i-  TTpocaTOTtiv  bk  t[oüc!  np^c0£[ic  £i[c  töv]  bripov  eile]  ri\v 
iu(T[r]v]  £KKX[rieiav  Tr[apaKJc(^[^ciavT[a]c  toüc  [cu)iM^jx(o]u<^ 
oüc  ii|potb]pouc  [kIoi  xp[n]MBr[i];[€i]v  [iT](pl  vbv  [X^ovjciv, 
vujplnv]  b[^  £]u^ß(!lXXe[c9u]l  usw.  es  folgt  das  gotachten  de» 
thes  Über  die  bclobung  des  Diony^iüs  und  seiner  sühne  und  die 
irleihung  deö  athenischen  bllrgerrecbta  an  dieselben. 

Hartel  meint  dasz ,  wenn  wirklich  in  der  aaf  die  rathuitning 
machet  folgenden  volle  st  ersamlnng  die  Verhandlung  Ober  die  bot- 


804    AHöck:  die  einfohrung  fremder  geaandtschaften  in  die  aÜMudi 

Schaft  des  Dionysioa  stattfinden  sollte«  das  probuleama  w»  ii » 
dem  fällen  (zb.  CIA.  11 40)  auch  eine  antwort  auf  die  botidialk  In- 
halten müste.  das  fehlen  derselben  iSszt  sich  aber  erkUna,  «■ 
wir  mit  Köhler  (mitt.  des  deutschen  aroh.  Inst,  za  Athen  1 1.  IQ 
annehmen,  dasz  das  gutachten  des  bundesraths  vor  dem  Tolkfie 
stelle  des  probuleuma  vertreten  sollte.  Hartel  freilich  hUtdiBN» 
klttrung  für  unmöglich,  wenn  er  aber  aus  der  Urkunde  fib«  !■ 
bündnis  mit  den  Arkadem,  Achaiem,  Eleiem  und  Fhliaiien  ■ 
dem  j.  362/61  (CIA.  11 57  '0  schlieszt,  dass  der  gedanke  an  einediBBEii 
Verbindung  zwischen  synedrion  und  demos  durchaus  an&ugebciH^ 
so  kann  ich  ihm  darin  nicht  beistimmen,  der  ausdmek  Toik  0|^ 
päxouc  bÖT^a  d£6V6TK€iv  eic  TÖv  bi^MOV  (CIA.  n  51)  ate 
^neibfl  bi  o\  cuji^axot  bÖTMa  eicrjveiTKav  eic  rf^v  ßouX^v, «» 
in  der  inschrift  57  ^  gestanden  haben  musz,  läset  vielmehr  ▼< 
dasz  nicht  in  allen  föllen  ein  gleiches  verfahren  beobachtet  wuiL 
da  nun  von  Hartel  (stud.  über  att.  staatsr.  s.  226  ff.)  nadigewiM 
ist ,  dasz,  der  rath  bei  einbringung  eines  gegenständes  an  dai  nl 
keineswegs  immer  bestimmte  antrftge  stellte,  sondern  biswmlaii 
antragstellung  einem  beliebigen  bUrger  aus  der  mitte  der  Tolknv 
samlung  Uberliesz  (vgl.  CIA.  II  168),  scheint  es  mir  auch  nickt  ifr 
möglich,  dasz  er  in  unserm  falle  die  antragstellung  dem  bnndeniAi 
uberliesz. 

Ebenso  wenig  nötigen  uns  die  inschriften,  die  Hartel  ebd.  dl 
beweise  seiner  ansieht  anführt,  eine  doppelte  lesung 
mit  recht  erklärt  Gilbert  s.  231  die  von  Hartel  s.  191  f.  gegeb« 
Interpretation  der  inschrift  CIA.  II  114  für  eine  künstliehe.  *  — 
steht  es  mit  der  inschrift  CIA.  II 168,  aus  der  Hartel  schon  S 
btud.  II  68  fif.  zu  beweisen  sucht,  dasz  bei  cnltusangelegenheitflaii 
Athen  eine  doppelte  lesung  stattfand ,  und  die  auch  in  dw  spItai 
Schrift  bei  der  beweisftlhnmg  eine  hauptroUe  spielt,  ich  kaaa  ni 
Köhler  (Hermes  V  352)  und  Gilbert  s.  231  f.  die  erste  Urkunde  d» 
ser  inschrift  nur  für  ein  rathspsephisma  halten,  als  welches  sie  diRl 
die  sanctionierungsformel  fboHe  T^  ßouXQ  charakterisiert  wiid.  M- 
lieh  verlangt  Hartel  (st.  üb.  att  staatsr.  s.  79  ff.)  die  indenug  iv* 
selben  in  tboH  i^  ßouXq  Kul  T(|i  bflMtfi :  aber  wenn  wn^n  ihm  ' 
zugeben  musz  dasz  rathspsephismen  dieser  art  in  Athen  von 
wegen  nicht  publiciert  wurden,  so  hat  er  ja  nachgewiesen, 
aufstellung  der  Urkunde  durch  die  kanflente  von  Kition  bosoriit 
den  ist,  und  niemand  wird  es  für  unmöglich  halteUi  daas  diess 
rathsbeschlusz,  der  sie  aufforderte  in  der  nSchsten  vol 
zu  erscheinen ,  zugleich  mit  der  definitiven  entscheidung  derj 
versamlung  aufzeichnen  lieszen. 

Nicht  besser  als  mit  den  aus  inschriften  hergeleiteten 
Harteis  steht  es  mit  denen  welche  er  in  den  Demosth« 
einigen  stellen  der  schriftsteiler  gewinnt,  über  die  behandhng  fisB- 
der  gesandtschaften  in  Athen  sagt  Aischines  v.  d.  {  i.  68  tp  WP  « 
nachzuweisen  sucht,  dasz  zur  zeit  des  friedensschli         mit  PUlvV 


▼olktT«nMnliiag  und  die  pvochdrotoni«.  806 

keine  gesandUchaften  helleniscber  Staaten  in  Athen  waren «  folgen- 
des : .  TQic  bi  Scvtxatc  irpccßeiatc  f|  ßouXfj  xdc  ck  tdv  U)|iov  irpoc- 
dbouc  TTpoßouXcucr  . .  iropcXOibv  to(vuV|  Ai|mö^€vcc,  •  •  cbii 
TiöXeuic  fjc  Tivoc  ßoOXci  '€XXnvfl>oc  toOvc^,  iE  fjc  d<ptxtai  tdtc 
q)i!ic  Touc  Tip^cßctc,  xal  t&  1rpopouX€Ö^aTa  oihrtDv  oc  toO  ßou- 
XeuTfipiou  bdc  dvoTvdrvot.  unmittelbar  danuif  sndit  Aieohines  in 
beweisen,  daez  die  gesandten,  welehe  die  Athener  an  die  hellenisehea 
Staaten  geschickt  hatten,  nm  sie  in  einem  congress  mr  gemeinschaft- 
lichen berathung  des  krieges  gegen  Philippos  einsnhden,  snr  seife 
des  friedensschlasses  noch  nicht  snrflckgekehrt  wareni  and  swar  mit 
folgenden  Worten :  xal  roifc  *A6t|voe{iuv  icdXct  irp^cBeic  •  •  kAv  irap- 
civai . .  ^apTuprjcuictv  i^*täc  irp6c  rf^v  ßouXftv  adnilrv  wpocöbouc 
Kol  Ta  ^lTl<pCc^aTa  fiv  irapdcxq  •  •  Karaßcrfviii.  ans  dieser  stoUe 
schlieszt  Hartel  (Dem.  st.  Ö  53  f.),  dass  der  rath  in  jedem  einidnen 
falle  erst  durch  ein  probolenma  sieh  die  erlanbnis  habe  TOm  Y^k 
erbitten  mttssen,  eine  fremde  gesandtschaft  in  die  TolksTersamlnng 
einzufahren,  man  dfirfe  nemUch  nicht  mit  Westennann  in  Dem« 
Y.  kränz  18  irpoßoöXcujia  flir  einen  fertigen  rathsbeeohlnss  erkllren, 
der  der  bestfttigung  durch  das  Tolk  nicht  bedflrfe;  ein  solcher  heisie 
vielmehr  i|i/J9tc^a  ßouXf)c  und  werde  nie  mit  dcsn  namen  npo^oö* 
X€U^a  bezeichnet  in  diesem  puncto  ist  Hartel  nicht  gans  mit  sidi 
selbst  einig,  denn  ao.  s.  36  hat  er  gesagt,  dass  bei  Dem.  ▼.  d.  ges. 
334  (Tftc  TTpd&TTic  £k€(vt)c  wpccfkioc  TP^HpuiVTA  irpoßoöXcu|io 
ijvj  Kai  TrdXiv  £v  Tip  b/j^ip  . .  kcA  iw^vcca  toötouc  md  de  rd  irpu- 
TaveTov  ^KdXeca)  die  erwfthnnng  des  irpoßoöXeu|ia  Aber  die  be- 
lobung  der  ersten  gesandtschaft  neben  dem  TolksbMchluss  nur  dann 
ihre  erklftmug  finde,  wenn  man  bedenke,  dasz  ein  belobungsdecret 
des  rathes  der  bestätigung  durch  das  Tolk  nicht  bedurfte,  er  merkt 
diese  inconsequenz  selbst  und  sucht  sie  in  der  anm.  zu  s.  54  da- 
durch zu  beseitigen,  dasz  er  sagt,  die  von  Dem.  ao.  erwähnte  Ur- 
kunde sei  zugleich  i|iiiq>iCfAa  pouXf)c  und  1rpopoöX6U^a  gewesen, 
ersteres  indem  sie  die  belobung  durch  den  rath  enthielt,  letiteres 
indem  sie  das  volk  aufforderte  sich  dieser  belobung  ansnschliessen. 
diese  doppelte  eigenschaft  scheinen  aber  die  meisten  rathsbeschlflsse 
gehabt  zu  haben,  so  enthält  der  von  Hartel  ao.  s.  35  f.  als  ipil^iCfia 
ßouXf)c  bezeichnete  rathsbeschlusz  Aber  die  belobung  des  Phano- 
demos  (CIA.  II  114)  am  schlusz  das  Trpopoi}X€\J|to,  wodurch  das 
volk  aufgefordert  wird  sich  der  belobung  anzusdiliesien.  daher 
scheinen  auch  die  redner  die  ausdrflcke  i|inq)iCMa  ßouXf)€  und  irpo- 
ßouXcu^a  durchaus  nicht  streng  geschieden  zu  haben,  am  deutlich- 
sten tritt  die  vertauschung  beider  namen  hervor  bei  Demosthenes  g. 
Aristokr.  92  oT^ai  Toivuv  aÖTÖv  K&Kcivov  ^petv  tftv  Xörov  •  •  £c 
dKupöv  ^CTi  TÖ  iiifjcptc^a'  iTpoßouXcu^a  t^  icnv,  6  vö|ioc 
b'  iniitxa  KcXeuei  rd  rf\c  ßouX^c  clvai  l|lf)<p(c^aTO.  auch  der 
beschlusz  des  rathes,  die  gesandten  nach  der  rttckkehr  von  der  zwei- 
ten gesandtschaft  an  Philippos  nicht  zu  beloben,  wird  von  Dem.  v. 
d.  ges.  31  f.  als  irpoßoOXcu^a  bezeichnet,  obgleich  er  natfirUch 


/ 


806    AHöck:  die  einfalirung  fremder  geaandtschaflen  in  die  atheniiehe 

ebenso  gut  wie  ein  belobungsdecret  des  rathes  auch  ohne  bcstiti- 
gung  durch  das  volk  rechtskräftig  sein  mnste.  ebenso  wenig  wie 
Demosthenes  scheint  Aischines  ao.  zwischen  TrpoßouXeuMtt  nnd  y^ 
'  q)icfia  ßouXf^c  streng  zu  unterscheiden,  denn  wenn  Hartel  uate 
den  auf  die  zurückgekehrten  athenischen  gesandten  becttglickei 
iliTiqpic^ara  belobungsdecrete  versteht,  so  hat  er  allerdings  recht 
insofern  diese  Urkunden  in  der  ragel  auch  eine  belobnng  der  g^ 
sandten  enthielten;  aber  die  parallele  mit  den  fremden  gesaadta 
ergibt,  dasz  es  sich  hauptsttchlich  um  die  einführnng  der  gesandttt 
in  die  nächste  volksversamlung  handelt,  Wo  sie  bericht  entatta 
musten.  denn  über  diese  ward  nicht  minder  vt>m  rath  ein  beschloB 
gefaszt  als  über  die  einfUhrung  von  fremden  gesandten,  ao  bescUietf 
der  rath  CIA.  II  add.  52^:  [tt]€pI  i&v  o\  iTp^cßciC  oi  ij  A&9oa 
{iKOVT[€c]^  X€[to]uciv,  [dipn<p]ic6ai  t^  ßouXiPl  irpocarccTCiv  aumc 
cic  TÖv  bfi[|Liov  Touc  TTpcj^bpouc,  o^i  fiv  Xdxuici  npocbpcdciv  cic 
TTiv  Trpui['niv  d]KKXiiciav ,  TVtliMnv  b^  EuMßdXXecOai  rfic  ßouXiic  de 
[töv]  b[fipov ,  ö]ti  bOK€i  TQ  ßouX^  USW.  die  Urkunde  stammt  le 
demselben  jähre  wie  das  decret  über  die  gesandten  des  Dionysioi. 
man  wird  daher  schwerlich  die  probuleumatische  formel  in  beide 
Urkunden  verschieden  deuten  können,  diese  erwSgung  spricht  lekr 
gegen  die  deutung  welche  Hartel  dieser  formel  gibt:  denn  ci  Ü 
wenig  wahrscheinlich ,  dasz  der  rath  sich  erst  durch  ein  proboleani 
die  erlaubnis  erbitten  muste,  eine  athenische  gesandtschaft  tor  bc* 
richterstattung  in  die  volksversamlung  einzuführen,  nicht  minder 
aber  spricht  dieselbe  erwftgung  gegen  die  Vorstellung,  die  sidi  G3- 
bert  von  dem  in  Athen  bei  der  Verhandlung  mit  fremden  gesandttt 
beobachteten  verfahren  macht,  er  schildert  dasselbe  s.  833  folgo- 
dermaszen:  'die  projfdroi  bringen  in  der  ekklesie  ein  probalsoni 
ein,  in  dem  es  heiszt,  mit  rücksicht  auf  die  mitteilnng  der  geaandtaa 
habe  der  rath  beschlossen,  die  proi<droi  sollten  dieselben  in  die  nlcM 
volksversamlung  einführen  und  den  bericht  derselben  zur  bcratkof 
stellen,  sie  sollten  als  gutachten  des  rathes  vor  die  volksTeraasIsm 
bringen,  dasz  derselbe  für  recht  halte  die  angelegenheit  in  der  äam 
näher  angegebenen  weise  zu  erledigen,  die  abstimmung  der  ekkMi 
über  dieses  probuleuma  erfolgte  nun  so  zu  sagen  paragraphenwwa 
die  pro{.'droi  lieszen  zuerst  abstimmen,  ob  die  gesandten  einsnltthM 
seien  und  ob  der  beriebt  derselben  zur  berathung  gestellt  wcritt 
solle,  die  ekklesie  hatte  natürlich  das  recht,  die  vom  rathe  beantnfto 
einftihrung  der  gesandten  kurzer  band  auf  antrag  einea  mitg^iciB 
der  volksversamlung  abzuweisen,  diese  möglichkeit  ergibt  aä  an 
der  frage  des  Demosthenes  (18,  28)  dXXd  Tl  ^XP^W  pc  irotciv;  pt 
TTpocdtciv  Tpaipai  touc  im  toG6'  iiKOvrac,  Tv'  ApTv  bicAcxBAcnr; 
wurde  aber  die  einführung  beschlossen ,  so  erfolgte  dieselbe  sofNt 

1  dasz  eine  aus  Lesbos  zurückgekehrte  athenische  gesaadlsehift 
g;emeiDt  ist,  ergibt  sich  aus  der  weiter  unten  folgenden  belobnags-lf  ^ 
iiraiv^cai  H  touc  irp^cßcic  touc  [1r€^(p]6^vTac  ck  MirnXfjvipr  mwtUc^ 
iiti  ftciirvov  de  [t6  TrpuJTavctov  clc  aOpiov. 


YolktTenamliiBg  and  dk  procheuotooM»  80T 

die  gesandten  wiederholten  alsdami  Um  betritt  im  rathe  gemAehtea 
mitteilungen ,  und  die  proMroi  tchlosten  daran  die  verlening  des 
zweiten  teiles  des  rathsgatachtena  über  die  art,  wie  naeb  anrieht  dea 
rathes  die  angelegenbrit  erledigt  werden  solle.'  idi  glanbe  dass  über 
den  ersten  teil  des  rathsgutachtens  in  der  ToIksTersamlang  Oberiiaopt 
nicht  abgestimmt  wurde,  wie  wir  gesehen  haben,  ist  swischen  den 
formein,  mit  welchen  eine  snrOokgekehrte  athenisehe  nnd  eine 
fremde  gesändtschaft  in  die  ▼olksrersamlong  eingeführt  wurde» 
kein  unterschied,  nun  verstand  es  rieh  doch  wol  Ton  selbst,  dass 
-das  Yolk  den  bericht  einer  sorückgekehrten  athenisriien  gesandt^ 
Schaft  möglichst  bald  hören  wollte,  bri  gesandten  eqies  fremden 
oder  gar  mit  Athen  krieg  führenden  Staates  wire  eine  abweisnng 
«her  denkbar;  aber  ehe  gesandte  eines  feindlichen  Staates  nach 
Athen  kamen,  muste  das  volk  ihnen  ridheres  gelrit  sagesagt  nnd 
dadurch  seine  bereitwilligkeit  erklärt  haben,  mit  ihnen  in  Terhand« 
lung  zu  treten,  auch  spricht  Demosthenes  t.  kranx  98  dorchans 
nicht,  wie  Gilbert  mrint,  von  einem  antrag  den  er  in  dar  Tolksrer* 
samlung,  sondern  von  einem  den  er  im  rathe  bitte  stellen  kSnnen 
OibißouXeuuiv  tf\h  irpocdrctv  Toi^  irp^^ic  i^fAt)v  bctv,  toOtö 
|iou  biaßdXXei.  dX\ä  ri  ^XP^v  lU  ffoietv  usw.  s.  oben),  den  er  aber 
in  einer  weise  zurückweist,  die  es  als  etwas  ganz  nnerhfirtes  er- 
scheinen läszt,  wenn  der  rath  beschliessen  würde,  gesandte,  die 
nach  Athen  gekommen  waren,  nm  mit  dem  athenisdien  Tdke  sa 
verhandeln,  nicht  in  die  volksversamlong  einzuführen. 

Im  übrigen  hat  Gilbert  den  hergang  bei  Verhandlungen  mit 
fremden  gesandten  richtig  dargelegt  und  mit  recht  die  künstliche 
Interpretation,  durch  welche  Hartel  die  werte,  in  denen  Dem.  v. 
<3.  ges.  185  diesen  bergang  schildert,  als  beweis  für  seine  anrieht 
verwenden  will,  zurücl^wiesen  (s.  233  f.);  nur  m(kshte  ich  die  werte 
^It  *  ^KxXriciav  Troit)cai ,  xal  Tauniv ,  örav  £k  rdiv  vöjüiuiv  ica6r)KT| 
nicht  blosz  mit  Gilbert  auf  die  verzOgerung  beriehen,  die  dadurch 
entstand,  dasz  zwischen  der  ausschreibung  und  abhaltung  der  volks- 
versamlung  eine  fünftägige  frist  verstrrichen  muste,  sondern  auch 
darauf,  dasz  nach  Pollux  VIII  95  nur  die  dritte  der  rier  ordent« 
liehen  volksyersamlungen  jeder  prjtanie  ftir  Verhandlungen  mit 
fremden  gesandten  bestimmt  war  und  der  rath  vielleicht  nicht  be- 
fugt war  ohne  sehr  dringende  veranlassung  eine  auszerordentliche 
volksversamlung  zu  berufen. 

Dies  musz  man  glrichfalls  berücksichtigen,  wenn  man  die  masz- 
regeln ,  die  Demosthenes  im  j.  346  zur  beschleunigung  des  friedens- 
Schlusses  mit  Pbilippos  traf,  richtig  verstehen  will  wie  Gilbert 
s.  235  f.  richtig  darlegt,  haben  wir  es  hier  mit  eidem  fialle  zu  thun, 
der  nach  Aischines  dadurch  ungewöhnlich  war,  dasz  die  verband- 
lungstage   vor  ankunft  der  gesandten  festgesetzt  wurden.* 

*  vgl.  Aiflch.  g.  Ktes.  S6  f.  AnM0c66fn€  •  .  TpdqKi  nr^tcfia,  toöc 
xaipouc  Tf^c  itöXcuic  69alpoO^€voc,  iKicXi]ciav  irotctv  toOc  irpurdvctc  ^ 
6yb6r}  icTQM^vou  toO  'tXa^nßoXtutvoc  iiqyföc  .  .  TOlC  oOvui  «apoOci 


.808    AHöck:  die  einfahrang  fremder  gesandtschaften  in  die  ■thfniiriit 

ein  solcher  fall  kann  aber  unmöglich  beweisen»  daex  der  nth nicht 
befugt  war  nach  ankunft  der  gesandten  und  ▼orbenänag 
über  ihre  antrüge  die  Verhandlung  mit  ihnen  auf  die  tagesordanig 
der  nächsten  ordentlichen  volksYersamlung,  welche  Ober  aotwlitigi 
angelegenheiten  zu  berathen  hatte,  zu  setzen  und  sie  in  dieselbe 
zuführen,  als  Demosthenes  die  von  Aischinee  getadelte 
traf,  war  die  nächste  für  KifjpuKec  xai  npecßcTai  beflümmte  voÖs- 
versamlung  noch  weit  entfernt,  das  jähr  des  archon  Themistokki 
(347/46)  war  ein  Schaltjahr.'  in  diesem  begann  die  adite  piytni 
(die  der  Aige^s),  während  deren  die  makedoniscben  gesandten  ■ 
Athen  ankamen,  bei  gleichmäsziger  Verteilung  der  tage  an  die  » 
zelnen  prytanien  frühestens  am  In  Elaphebolion,  ao  dasi  die  diitti 
ordentliche  volksversamlung  dieser  prjtanie  vermntlicb  erstg^pi 
ende  des  Elaphebolion  stattfand.  Demosthenes  hatte  daher  gtUm 
grund  den  abschlusz  des  friedens  durch  eine  auszerordentlicbe  as» 
regel  zu  beschleunigen. 

Auf  den  eben  besprochenen  antrag  des  Demosthenes  bsMhl 
ich  auch  mit  Gilbert  s.  236  f.  die  worte  des  von  AiafthSnn«  v.  i, 
ges.  60  angeführten  gutachtens  der  athenischen  bnndeageaosia: 
TrpoTpaipai  toOc  rrpurdveic  dKKXticfaic  buo  xaTd  t6v  vö|iOv: 
denn  dasz  für  Verhandlungen  mit  auswärtigen  mächten  dqr^iv 
nicht  immer  zwei  volksversamlungen  nötig  waren,  hat  GKlbeftaOb 
nachgewiesen,  freilich  ist  bei  Aischines  g.  Ktes.  66  f.  nickt 
drücklich  erwähnt,  dasz  schon  der  erste  antrag  des  Demosthenes 
volksversamlungen  verlangte;  aber  da  Aischines  v.  d«  ges.  1101  da 
zweiten  antrag,  der  die  friedensverhandlungen  auf  den  18n  und  19S 
Elaphebolion  festsetzte,  als  ou  toic  XÖTOic,  dXX&  toIc  Tfpä^fOlC 
iT€pov  bezeichnet,  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  auch  der 
antrag  zwei  volksversamlungen  verlangte,  und  data  eben 
trag  die  nächste  veranlassung  zu  dem  dogma  der 
war,  hat  Hartel  (Dem.  st.  II  82  f.)  richtig  vermutet. 

Die  stellen,  aus  welchen  Hartel  in  den  Demosth.  Stadien  m  «• 
weisen  sucht,  dasz  zur  einfühmng  fremder  gesandtsohaflea  in  dit 
volksversamlung  der  rath  nicht  ohne  autorisation  dureh  das  vok 


Tip^cßeci  TrpoKaTaXa^ßdvulv  tiP|v  £xxXr)Ciov  ical  toOc 
\l^ulv  (l1roT€^vö^€voc  xal  Tö  irpdxMa  KOTOcncOöttiv. 

'  als  achtes  jähr  einer  panathenai sehen  oktaSterls  Ist  es  sehoavM 
Röckh  (zur  gresch.  der  mondcyclen  8.  28)  als  scbal^ahr  angesetst,  nl 
dasz  es  wirklich  ein  solches  war,  ergibt  sich  aas  dem  VMksl 
zu   ehren  der  söhne  Leukons  (herausg.  roa  Kumanndie  im   'i 
VI  152  ff.  und  ASchaefer  im  rh.  mus.  XXXUI 418  iF.),  der  in  der 


prytanie  dieses  Jahres  abgefaszt  ist.  die  achte  prytanie  daaerte  ini** 
meinjshr  etwa  vom  lOn  Elaphebolion  bis  14n  HnDychion.  da  der  wb- 
beschlusz  nach  z.  67  (vgl.  Schaefer  s.  432)  vor  dem  ISn  ElapheheBsa  s^ 
gefaszt  ist  und  in  der  seit  vom  9n  bis  17n  keine  Tolksversamlai^iB  ab- 
gehalten wurden  auszer  der  nur  auf  die  Dionysien  besOgliehea  tedüjds 
iy  Aiovucou  am  17n,  kann  die  Urkunde  spStestsns  am  8b  EIi^MsSmi 
abgefaszt  sein,  dieser  tag  kann  aber  in  einem  gemeii^ahr  aidit  ia  As 
achte  prytanie  fallen. 


volkiverumlung  und  dit  pnAdn/knäi^^  800 

berechtigt  war,  beweisen  also*  almtlidi  nieht  waa  aie  bawdieii  aoUm« 
jedoch  sucht  Hartel  ao.  11  s.  59  ft.  seine  anaicht  noeh  dadi|rah  sa 
begründen,  dass  er  fllr  die  von  ihm  angenommene  antoriaation  einen 
terminos  technicns  gefanden  sn  haben  glaobt,  nemlieh  in  den  ana- 
drttcken  7rpox€ipOTOV€iv  und  irpox<tpoTOvia.  über  den  begriff  der 
rrpoxcipoTOvia  besitzen  wir  eine  gloeae  Harpokralaons  (1 268  Ddf.): 
irpoxcipoTovia.  louccv  'A6iltvr|ci toioOtö  ti liTV^doi'  6irÖKtv 
Tf)c  ßouXnc  TrpoßouXeucdcf|c  eicqMfpi|tm  ck  tAv  M)mov  f|  TVtfpfHk 
iTpÖT€pov  ifivcTai  xcipOTOvia  hß  tQ  4xKXi|dqi,  irötcpov  bowEt  ncpl 
Tuiv  TrpoßouXcuO^VTuiv  Qc<i|Kicdat  TOV  Mbiov  l|  dfM€l  Td  irpo6ot&- 
XeuMO.  toOto  6'  örroauiaivcTai  Iv  r^  Audou  irpöc  TJjv  MiEibqiaou 
Tpa9rjv.  allerdings  könnte  der  einleiionga*  nnd  aehlnsiaata  dieser 
glosse  uns  leicht  geneigt  maeben«  dieselbe  mit  Hartel  aof  eine  Uoeie 
coDJectur  Harpolmtions  oder  seiner  qnelle  sorfleksnftthrui«  wenn 
die  hier  gegebene  erklftrang  wirkUeh^o  nnglanblieh  wire,  wie  Hartel 
meint,  dasz  aber  eine  soldbe  einriditong  keineswegs  eine  rfleksiohta- 
lose  nnterdrückang  der  minoritit  herbeiführen  konnte,  liegt  anf  der 
band:  denn  ich  glaube  mit  Oilbert  s.  387,  dass  das  athenisehe  Tolk 
nur  bei  Sachen  von  sehr  geringer  widitigkeit  geneigt  gewesen  sein 
wird  das  probuleuma  ohne  debatte  aninnehmeiL  freilioh  darf  man 
unter  die  Sachen,  die  schon  dnreh  die  prooheirotonie  entaehieden 
wurden,  nicht  mit  Oilbert  die  antrüge  auf  einfühmng  fremder  ge- 
sandten in  die  volksversamlung  rechnen,  da  es,  ww  ich  oben  gSMigt 
habe ,  wahrscheinlich  ist  dast  der  rath  snr  einfühmng  fremder  ge- 
sandten ohne  weiteres  berechtigt  war. 

Für  die  von  Hartel  gegen  die  interpretation  Harpokrations  vor- 
gebrachten bedenken  scheint  allerdings  der  umstand  tu  sprechen, 
dasz  diese  erklttrung  nicht  für  alle  fUle  passt,  wo  wir  in  unsmrer 
Überlieferung  von  einer  npoxcipOTOVia  hören«  freilidi  hindert  uns, 
wie  Gilbert  s.  238  gezeigt  hat,  nichts,  in  dem  proeesse  des  Euktemon 
gegen  die  trierarchen  Archebios  und  Ljsitheides  (Dem.  g.  Timokr.  11} 
die  TTpoxcipoTOvia  im  sinne  Harpokrations  zu  deuten,  anders  steht 
es  mit  der  7rpox€ipoTOVia  beim  ostrakismoa.  hier  bezeichnet  man 
mit  diesem  namen  die  vom  rathe  jfthrlidi  in  einer  ordentlichen  volks- 
versamlung  der  sechsten  prjtanie  zu  stellende  Vorfrage ,  ob  in  die- 
sem jähre  das  Scherbengericht  abgehalten  werden  solle  oder  nieht. 
erst  wenn  diese  Vorfrage  bejaht  worden  war,  wurde  in  einer  spitem 
volksversamlung  der  ostrakismos  vorgenommen  (Hartel  s.  68  ft). 
da  man  schwerlich  wird  annehmen  dürfen,  dass  bei  dieser  ersten 
Abstimmung  keine  debatte  stattfand,  ist  die  interpretation  Harpo« 
krations  hier  nicht  zulässig,  und  man  wird  wol  mit  Oilbert  s«  289 
irpoxcipoTOvia  hier  für  gleichbedeutend  mit  irpoT^  X^VOTOvfa 
halten  müssen. 

Die  meisten  Schwierigkeiten  bereitet  das  alte  geaets  bei  Aischi- 
nes  g.  Tim.  23 ,  in  welchem  eine  procheirotonie  über  kp&  ml  Acta 
und  über  auswärtige  angelegenheiten  erwähnt  wird,  die  worte  des 
Aisebines  lauten :  kqI  ndic  (6  vö^oc)  KcXeiJCi  Touc  irpo^bpouc  XPH* 


/ 


810    AHöck:  die  einführung  fremder  geBandtscbafteii  in  die  itheiuM^ 

^aTlZ;€lv;  ^TTCibdv  tö  KaOäpciov  irepicvexOQ  xal  ö  icfipuE  loc 
TraTpiouc  eux&c  eugnT<3(i ,  7rpox€ipoTOV€Tv  kcXcuci  xoiK  irpoApovc 
7T€pi  iepiliv  KQi  öciujv  KQi  KrjpuEi  Kai  iTpecßcfaicS  xal  ^eT&Taür' 
dTT€puJTa  ö  KfipuS*  TIC  dtopeueiv  ßouXcTai  usw.  ans  den  Ickttai 
Worten  mu8z  man  unbedingt  mit  Gilbert  d.  240  scblieszen,  dan  ba 
der  procheirotonie  keine  debatte  stattfand,  und  damit  ist  die  dn- 
tung  im  sinne  Harteis  zurückgewiesen,  aber  auch  die  erkllrnp 
Harpokrations  iSszt  sich  hier  nicht  ohne  grosze  bedenken  anwcndn. 
mit  recht  bemerkt  Gilbert  ao. :  « auffallend  in  den  Worten  des  g^ 
setzes  ist  nur  die  beschrSnkung  der  irpoxcipOTOVfa  auf  die  gcg» 
stände  TTcpi  lepoiv  kqi  6ciu)v  kqi  KiipuEiKalTrpccßctaic»;  aberwai 
er  diese  beschriinkung  eine  'scheinbare'  nennt  und  hinsnfOgt:  'ahr 
auch  das  erklärt  sich  einfach',  so  kann  ich  ihm  hierin  lücfat  bei- 
stimmen, seine  erklärung  ist  folgende:  *das  gesets  ttber  dca  gl- 
Schäftsgang  in  den  Verhandlungen  der  ekklesie  hatte  natnigcBia 
nur  die  vier  ordentlichen  volluversamlungen  jeder  piytanie  im  ipge. 
von  diesen  waren  die  dritte  und  vierte  ekklesie  den  oben  enrilnki 
gegenständen  gewidmet;  die  erste  und  zweite  dagegen  waren  ftr 
gegenstände  bestimmt,  bei  denen  von  einem  probuleuma  des  niki 
und  deshalb  auch  von  einer  procheirotonie  nicht  die  rede  seinkonatL* 
diese  erklärung  ist  aber  völlig  ungenügend ,  da  bekanntlidi  nidto 
äTTpoßoü\€UTOV  vor  das  volk  gebracht  werden  durfte  (t^.  Fht 
Solon  19).  allerdings  wird  bei  den  verhandlnngsgegenstlndea  dff 
beiden  ersten  volksversamlungen  das  probuleama  sich  Yielbch  mi 
der  bloszcn  einbringung  begnügt  haben;  aber  auch  bei  der  waMäg^ 
des  Euktemon  gegen  Archebios  und  Lysitheides,  wo  nach  Deaug. 
Timokr.  11  eine  procheirotonie  stattfand,  lag  nach  Gilberts  eigMr 
ansieht  (s.  238)  nur  ein  probuleuma  dieser  art  vor.  ans  dteM 
gründen  kann  ich  mich  den  bedenken  Harteis  gegen  die  zicktigkeil 
der  von  Harpokration  gegebenen  erklärung  der  procheirotonie  air 
anschlieszen.  man  darf  aber  wegen  des  bei  Aisohines  erhaltenen  gh 
setzes  auch  nicht  mit  Kartei  unter  der  procheirotonie  eine  abstiv 
mung  verstehen,  der  alle  vom  rathe  vor  das  volk  gebrachten  aatil|i 
unterlagen,  ich  glaube  vielmehr,  dasz  wir  in  derselben  eine  eiarichp 
tung  erkennen  müssen,  die  durch  die  dringlichkeit  der  entriß  flttf 
auswärtige  angelegenheiten  und  iepd  xal  Scia  notwendig  war.  wm 
war  es  aber  bei  diesen  gegenständen  ohne  sweifel  sehr  oft  Mi^ 
zur  beschleunigung  des  beschlusses  entweder  eine  ausseroidcnUiBhi 
volksversamlung  abzuhalten  oder  sie  in  einer  ordentlichen 
lung  zu  verhandeln,  die  zunächst  für  andere  sacken  beatimiat 
ich  stimme  also  Hartel  bei,  wenn  er  aus  der  stelle  dea 
schlieszt,  dasz  der  eigentlichen  tagesordnung  jeder  vd 
Vorfragen  irepl  lepiliv  kqi  öciujv  und  über  auswftrtige 
heiten  vorausgiengen ,  durch  welche  gewisse  gegenatlndeVof  A 
tagesordnung  dieser  oder  einer  folgenden  volksvers^nlnag 


^  über  die  hcrstellnng  dei  textes  vgl.  Hartsl  Demosth.  stattaallTL 


YolkiTenamliiiig  und  die  prooiMiiotcmie.  811 


wurden,  doch  war  die  procheirotonie  nicht  bei  allen  iep&  KOl  5cta 
und  bei  allen  auswftrtigen  angelegenheiten  erforderlich,  sondern  nnr 
dann  wenn  der  rath  es  für  n(Hig  hielt,  ron  dem  ans  Pollnz  VUx  95 
bekannten  geschftflsgange ,  der  die  auswirtigen  angelegenheiten  an 
die  dritte  und  die  Upd  xal  öcia  an  die  yierte  ordentliche  rersam^ 
lung  jeder  prytanie  verwies^  abtnweichen«  in  einem  solchen  falle 
konnte  denn  auch  eine  abstimmnng  Ober  die  probnlenmatische  fiyr- 
mel ,  wie  Gilbert  s.  233  sie  sich  deidct,  stattfinden. 

Ich  denke  mir  also  das  ver&hren  der  Athener  bei  Terhandlnngen 
mit  fremden  gesandten  folgendermasien«  die  gesandten  gaben  nadi 
ihrer  ankunft  in  Athen  ihre  beglanbignngsschteibcB  an  die  prjtanen 
ab.  diese  führten  die  gesandten  in  den  rath ,  wo  sie  ihre  anftrige 
ausrichteten,  der  rath  fasste  über  dieselben  ein  probnlenma  ab* 
dann  war  der  rath  ohne  weiteres  befhgt  die  gesandten  in  die  nftchste 
KrjpuEi  Kai  rrpccßciaic  bestimmte  TolksTersamlnng  einanfthren.  war 
diese  aber  noch  weit  entfernt  and  hielt  der  rath  es  f&r  nOtig  die  Ter- 
bandlungen  zu  beschleunigen,  so  Teranlasste  er  in  der  nichsten  Tolks- 
versamlung  eine  procheirotonie,  um  dieselben  anf  die  tagesordnnng 
dieser  oder  einer  folgenden  Yolksrersamlnng  setmi  in  lassen,  das 
Tolk  konnte  dem  Vorschlag  des  rathes  beistimmen  oder  ihn  ablehnen, 
im  letztem  falle  stand  es  dem  rathe  immer  noch  frei  die  gesandten 
in  die  nächste  Ki^puEi  xal  irpccßeionc  bestimmte  yolkarersamlnng  ein- 
zuführen. 

Husum. Adelbirt  HSol 

108. 

ZU  MENANDBOS. 


Für  den  Gncaupöc  des  Menandros  Iftszt  sich  die  zeit  der  auf- 
ftihrung  bzw.  abfassung  durch  folgende  combination  wenigstens  im 
allgemeinen  feststellen,  der  palliatendichter  Lnscius  Lannvinua 
bat  bekanntlich  jene  komödie  ins  latein  übertragen,  wie  wir  aus  Ter. 
tun.  prol.  10  ff.  und  dem  Donatcommentar  zdst.  wissen.  *  in  letzterm 
wird  über  den  inhalt  des  lateinischen dramas  also  berichtet:  addteseens^ 
qui  rem  familiärem  ad  nequitiam  prodegerat^  sertmm  mütU  ad  pairis 
monumentum,  quod  senex  aibi  vivus  maffnis  apibus  apparaverai^  ut 
id  aperiretj  illaturus  epulas^  quas paier post  annum  decimum  caverai 
sihi  inferri,  scd  eum  agrum^  in  quo  manumentmim  ero^,  sener  guUiam 
avarus  ah  adolescente  emerat.  servus  ad  tqperiendum  monumenium 
auxilio  usus  senis  thesaurum  cum  epistda  ibidem  repperU.  senex  tte- 
saunnn  tamquam  a  se  per  iumuüum  hostilem  defosmm  rdinä  ä  sibi 
vindicat,  adolescens  iudicem  capit^  apud  quem  prior  aenex^  qui  aurum 

*  dasz  der  0Ticaup<Sc  des  Menundrot  and  oicht  eines  andern  grie- 
chischen histflpieldichters  gemeint  sei,  schüesse  ich  in  fiberainstimmong 
mit  der  allgemeinen  annähme  daraus,  dass  Terentins  den  Tkeimmu  (ohne 
angäbe  des  g riech,  dichters)  unmittelbar  nach  Memmdri  PkaamM  erwthal. 


312  KDziatzko:  zu  Menandroi. 

rdinä,  causam  suam  sie  agit:  Athenienses^  hdlum  <  «  JZ^odiemh» 
quod  fuerity  quid  ego  hie praedicem?  usw.*  diese  „..iz  ofGanbarm 
dem  griechischen  original  übertragenen  v^rse  spielen  auf  einen  kriy 
an,  in  welchem  die  Rhodier  den  Athenern  feindlich  g^genflbentai- 
den  und  letztere  sogar  die  einnähme  und  plflnderong  iliier  stidt 
durch*  die  erstem  zu  fürchten  hatten,  denn  in  anderer  absieht  ih 
um  das  angebliche  vergraben  des  Schatzes  von  seiner  seile  glnb* 
würdig  zu  machen,  wird  der  alte  doch  nicht  vor  dem  riöhtervoi 
jenem  kriege  zu  erzählen  angefangen  haben,  nun  konnte  er  über- 
haupt erst  im  laufe  der  letzten  zehn  jähre,  dh.  nachdem  dervair 
des  verschwenderischen  Jünglings  gestorben  war,  in  den  beaüiia 
grundstücks  gelangt  sein ;  wahrscheinlich  sogar  erst  einige  jdn 
nach  dem  tode  des  dort  bestatteten,  da  der  junge  Verschwender  dock 
nicht  gleich  mit  dem  verkauf  des  grundstfl^  vorgegangm 
wird,  wenn  man  also  den  zeitpunct  des  hettum  MoeKense 
kann,  dürfte  die  abfassung  und  erste  auffllhning  des  Gf|CaupöCB- 
gefähr  fünf,  jedenfalls  nicht  mehr  als  neun  jähre  spftter  surntiiiTT 
sein,  so  viel  ich  nun  sehe,  kann  jene  stelle  nnr  aaf  den  Tiojlliiigei 
krieg  zwischen  Antigonos  und  Kassandros  (315 — 318  vor  CL)äk 
beziehen,  in  welchem  die  Rhodier  vom  j.  818  an  anf  Seite  des  Aili- 
gonos  traten  und  mit  zehn  kriegsgerflsteten  schiffen  an  einer  iiinlfht 
gegen  Euboia,  Boiotien  und  Attika  gerichteten  ezpedition  teil  nkr 
men.'  im  j.  312  war  Attika  ernstlich  bedroht  und  der  leiter  Alhfli^ 
Demetrios  von  Phaleron,  genötigt  rasch  einen  wafienatiUstsBd  ■ 
schlieszen  und  mit  Antigonos  wegen  eines  bttndnisses  in 
lung  zu  treten  (s.  Droysen  ao.  s.  37).  dass  Menandros  —  ond 
ihm  Luscius  —  von  einem  kriege  mit  den  Bhodiem  and  nicht  waH 
Antigonos  spricht,  erklärt  sich  wol  aus  der  scheu  des  dichten  ji 
mächtigen  kOnig  wenn  auch  nur  als  frühem  foind  des  staatas 
namen  zu  nennen ,  oder  daraus  dasz  gerade  das  gesehwadsr  Iv 
Rhodier  mit  einer  landung  drohte,  in  diu  j.  313  oder  819  ist  abi 
der  tumuUus  hostilis  anzusetzen,  infolge  dessen  die  ▼ergnboiydM 
Schatzes  stattgefunden  haben  soll;  einige  jähre  spBter  — 
310  und  308  vor  Ch.  —  dürfte  Menandros  seinen  6r|C(lupöC 
faszt  haben,  im  j.  307  gab  es  schon  wieder  einen  Athen 
kriegslärm  (bei  einnähme  der  stadt  durch  Demetrios  PoliorkelasX 

'  T.  2  des  fragments  scheint  mir  eher  in  der  mitte  ale  wm  sili 
unyollstftndig  zu  sein;  die  lücke  lässt  sieb  etwa  durch  ^^■^rn  atiiil^ 
ganzen,  auffallend,  aber  nicht  £a  beseitigen  ist  die  aareda  Aikmimtit 
im  plural,  nachdem  vorher  im  tcholion  von  Einern  riohter  die  reds  ma 
vor  welchem  der  process  geführt  wird,  vielleicbl  sind  erfbofff  ia  4v 
anrede  mit  inbegriffen,  noch  bemerkenswerter  ist  die  aaBittelteie  vn^ 
führung  einer  gerichtescene  und  die  scenerie  welche  hieniaek  tb  Ai 
bahne  anzunehmen  ist.  dasz  die  verhandlaog  mit  directer 
der  parteienreden  auf  der  bühne  erzählt  worden  seit  ist 
scheinlich.  '  s.  Diodoros  XIX  77,  3  und  Drojien  geseh,  des 
mus  II*  2  s.  33  ff. 

Breslau.  Kau.  Dbia' 


AYogelx  in  NaHcliM  toa  Knft^  81S 

109. 

ZU  NEABGHOS  VOIT  KRETA. 


Die  braöhstücke  des  Nearohos  sind  taerst  gesunmalt  wordea 
Ton  BGeier  *Alezandri  M.  historiarttm  scriptores'  (HaUe  1844) 
8. 117  ff.  und  nach  ihm  rbn  CHüUer  *aariptonim  de  r^Qi  Alex.  M. 
fragmenta'  (Paris  1846)  s.  58  iF.  da  der  erstezB  ai^gesproohener* 
maszen  (s.  127)  nur  die  mit  dem  namen  des  Nesfcbos  beteidueieB 
fragmente  zusammengestellt  und  der  letstne  diese  ^«»i«ipg  fast 
unverändert  herttbergenommen  hat,  so  dürfte  der  unten  gemachte 
versuch,  durch  hinzunahme  dessen,  was  entweder  offenbar  aus  Near- 
chos  entlehnt  oder  aus  bestimmten  grfinden  auf  denselben  zurfiek« 
zuführen  ist,  jenes  werk  so  weit  irgend  mOglich  su  reoonstmieren, 
auch  nach  jenen  arbeiten  seine  berechtignng  haben,  wesentliehe 
hilfe  gewährte  hierbei  der  commentar  von  CMtUler  sn  Arrianos 
'IvbiKT)  in  den  ^geographi  Graed  minores*  I  s.  806  fll;  anderes  hatte 
sich  mir  bei  einer  untersuchunff  über  die  quellen  des  16n  buchiss 
der  Strabonischen  geographika^  ergeben. 

Bekanntlich  ist  uns  das  werk  des  Nearohos*  snm  grSsten  teSe 
erhalten  in  der  Ivbiicifi  Arrians,  zu  der  dann  erheUiehe  erglnsungen 
ans  Arrians  anabasis  und  Stnbon  hinzukommen,  bdde,  Strabon 
wie  Arrian ,  haben  ohne  zweifei  das  werk  des  Nearohos  selbst  ge- 
kannt und  benutzt  allerdings  &nd  Strabon  einiges  aus  ihm  bei 
Eratostbenes :  vgl.  XV  689.  720.  XVI  766;  andere  stellen  dagegen 
verrathen  durchaus  directe  benutzung:  vgl.  XV  691.  692.  705. 
706  uö.  was  Arrian  betrifft,  so  hat  Dodwell  das  in  der  Mvbiidl) 
ausgeschriebene  werk  für  eine  ftlschnng  erkllren  wollen  (^diss; 
de  Arriani  Nearcbo '  abgedruckt  in  Schmieders  ausgäbe  von  Arrians 
'ivbiKrj  [1798]  8.  233  ff.  mit  der  gegensohrift  von  Vincent  aus 
dessen  Wo  jage  of  Nearchus');  aber  er  sowol  wie  PvBohlen,  der 
*das  alte  Indien'  I  s.  68 ff.  dieselbe  ansieht  verfocht,  sind  von  Oeier 
s.  80  und  11 2  ff.  völlig  widerlegt,  starke  Interpolationen  meinte 
auch  CMüller  in  der  genannten  ausgäbe  ausfindig  gemacht  zn  haben, 
doch  wird  von  diesen  passender  unten  zu  reden  sein,  für  die  ana- 
basis bat  ASchoene  'analecta  phil.-hist.'  I  s.  28  die  directe  benutzung 
des  Nearchos  in  abrede  gestellt,  da  jedoch  die  wichtigste  stelle  VI 
24 — 26  von  ihm  übersehen  worden  ist  und  seine  ganze  ansieht  von 
der  quellenbenutzung  des  Arrian  wenig  Wahrscheinlichkeit  hat  (vgL 
ASchaefer  jabrb.  1870  s.  434  ff.),  so  werden  wir  ohne  bedenken  an* 
nehmen  dürfen,  dasz  dem  Arrian  wie  bei  der  *lv6iialt  so  bei  der  ana- 
basis das  werk  des  Nearchos  selbst  voriag.  —  Ausser  den  genannten 


*  de  fontibns  quibas  Strabo  in  libro  XV  coascribendo  usas  tit  (OSt- 
fingen  1874).  '  denn  dasz  Nearchos  in  der  that  nur  das  i(ine  werk  ge* 
schrieben  hat,  welches  die  indische  expedition  sam  gegenstände  hat, 
ist  Ton  Qeicr  ao.  s.  US  ff.  überzeugend  naohge wiesen  worden. 


gl4  AYogel:  zu  Nearchos  von  Kreta. 

autoren  nennen  den  Nearchos  als  gewährsmann  noch  Plinius  in  der 
nat.  hist.  und  Philostratos  in  dem  leben  des  ApoUonios  Ton  Tyua 
II  17.  beider  angaben  sind  jedoch  für  unsem  zweck  ziemlich  weit* 
los.  nach  Plinius  VI  26  hatte  Juba,  Strabons  Zeitgenosse,  Netreki 
bericht  für  sein  werk  de  Äräbia  verwertet,  und  man  kat  daher  mit 
recht  vermutet  dasr  Plinius  die  angaben ,  welche  er  unter  Nesidioi 
namen  macht,  jenem  werke  entlehnt  hat.  auch  nennt  er  den  Neaichoi 
meist  zusammen  mit  Onesikritos,  so  dasz  das  eigentnm  des  eida 
nicht  mit  Sicherheit  von  dem  des  andern  zu  scheiden  ist.  in  nock 
höherem  grade  trifft  der  Vorwurf  der  unzuverlässigkeit  den  Fhils- 
stratos :  denn  an  der  einzigen  stelle,  wo  er  sich  auf  Nearchos  benit 
wird  unmittelbar  vorher  Juba  angeführt,  und  die  namen  sind  bä 
ihm  derartig  verstümmelt,  dasz  sie  oft  nicht  wieder  zu  erkennen  siid 
und  man  versucht  ist  eine  absichtliche  entstellung  anzanduna. 
spuren  des  Nearchos  finden  sich  endlich  noch  bei  Ammianns  Ibi^ 
cellinus  (XXIII  6,  10),  dem  diese  kenntnis  durch  Eratosthenes  w* 
mittelt  ist  (vgl.  Gardthausen  'die  geogr.  quellen  Ammians'  s.  543), 
der  aber  hier  weiter  nicht  in  betracht  kommt,  da  das,  was  ans  an 
etwa  gewonnen  werden  könnte,  bei  Strabon  genauer  und  vollstli- 
diger  erhalten  ist. 

Wir  geben  nun  im  folgenden  die  von  Geier  und  MtUler  tob 
übersehenen,  teils  absichtlich  bei  seite  gelassenen  teile  der  Nesitki- 
sehen  Schrift  als  zusätze  zu  den  von  ihnen  ausgehobenen  bmA- 
stücken ,  indem  wir  uns  im  groszen  und  ganzen  der  von  ihnea  gf^ 
wählten  reihenfolge  anschlieszen. 

Zu  fr.  1  (Strabon  XV  689.  Arr.  Ind.  S,  6)  aber  die  grtos 
Indiens  ist  zu  bemerken,  däsz  Strabon  wie  Arrian  diese  angäbe  wm 
Eratosthenes  entlehnten,   vgl.  meine  oben  erwfthnte  schrift  s.  7. 

Zu  fr.  3 (Strabon  XV  691)  gehört  ohne  zweifei  Arr.  anab.  V6,4£ 
Kai  ^cTi  TTCbiov  fi  7ro\Xf|  auTfjc  (ttjc  'lvbiKf)c),  Kai  toCto,  die  di^ 
Zouciv,  iK  Tujv  iTOTa^ujv  TrpocKCxuiCM^vov.  clvm  Yäp  oOv  koI  t^ 
aXXnc  xuipac  äca  nebia  ou  irpöcu)  OaXdccnc  t&  iroXXä  tiIiv  iroTOfiAf 
nap'  ^KdcToic  iroirjpaTa ,  Ojct€  kqI  ttic  x^ibpac  Tf|v  ^TCuivuiifav  nie 
TTOTa^oTc  ^K  TraXaioG  TrpocKeicOai ,  KaGdirep  "€p^ou  t^  ti  ircMov 
X^T€c6ai,  öc  KQTd  Tf)v  'Aciav  t^v  dvicxujv  il  2pouc  MiiTpöc  Aivtafdh 
vric  Trapd  nöXiv  C^upvav  AloXiKf|v  dKbiboi  de  ddXoccov-  koI  dUo 
KaucTpou  Trebiov  Aubiov  dirö  Aubiou  Trorajüioö  koI  Katicou  dXXo  If 
Mucia  KQi  Maidvbpou  tö  KapiKÖv  fcTC  iuX  MiXirrov  iröXiv  luividijV* 
nach  einigen  Zusätzen  des  Arrian:  'Hpobörqi  diiibifbeiKTai,  ibc  Kcdlllpr 
THV  auTTiv  Tuxöv  toO  TTOTaMoO  elvm  ^Truivujüiov.  ATtuRtoc  lAp  w 
TToXaiöv  6  TroTapöc  öti  ^KaXeiTO  5vTiva  vCv  NeiXov  AlTiiimoi  it 
Kai  o\  iluj  AiTUTTTOu  dvGpuiiroi  övofid^Iouciv ,  Ikqvöc  TCK|n|piAcA 
"Opnpoc  X^Twv  ^TTiTTi  dKßoXqToO  AlTUTTTOUTroTOfioO  tövMcvOmv 
CTHCai  Tdc  v^ac.  die  anfUhrung  Homers  schreibe  ich  dem  Neüchss 
zu  wegen  anab.  VI  1,  3,  wovon  unten,  obgleich  HOller 
dasz  dieses  stUck  dem  Nearchos  entlehnt  sei ,  hat  er  dooh 
trüchtlichen  teil  davon  unter  die  fragmente  des  Megasthi 


A Vogel:  ta  Nearehot  ▼<»  Knte»  816 

Bommen  (ir.  2),  weil  dieser  $  2  genaniit  ist  nmi  ist  ai  iwar  nUlg- 
lich,  dasz  Megasthenes  hierin  dem  Naarekos  gefolgt  ist;  diegr5sB«ra 
Wahrscheinlichkeit  spricht  aber  dodi  wol  daftlri  dass  Arriaii,  dam 
beide  werke  zur  band  waren,  den  Nearehos  direot  «nsachrieb:  demi 
dasz  dieser  in  jedem  falle  als  die  nraprOngliehe  qaella  ftimif^hfn 
ist,  beweist  die  völlige  übereinstimmong  dieser  ateUa  mit  Straboa. 

Zu  fr.  4  (Strabon  XY  692)  Aber  die  indisoha  reganseit  und  di;» 
Überschwemmungen  gehört  nodb  Arr.  Ind.  6,  4 f.  ficTOl  M  f|  'IvbtDiV 
Tft  ToO  e^pcoc,  jüidXicTa  fiiv  T&  oOpeo,  TTopoirafucöc  tc  koVÖ  *HfAUi- 
böc  Kai  t6  ^MaiKÖv  oOpoc,  kqI  dwö  toiStuiv  iictAoi  koI  SoXcpol 
o\  TroTQMol  ^ouciv.  OcTai  bk  toO  O^pcoc  koI  rd  irebia  tdlrv  IvbÄv, 
AcTC  XijüivdZci  T&  iToXXd  aiMbv  *  %a\  c^urcv  f|  'AXcEdvbpou  crpon^ 
dn6  ToO  'AkccIvou  norafioO  ^cou  O^pcoc,  öncp^aXövTOC  ToO  Obo* 
Toc  ^c  Td  TT€bia.  Schmieders  sdst.  ansgesprodbene  ansieht,  §  4  ari 
ans  Arisiobulos  entnommen ,  ist  inrig:  Ariatoboloa  sagt  bei  Strabon 
ausdrücklich  juiöva  Td  6pr|  ficcOot,  hier  aber  heiast  ea  fidXtCTa  filv 
Td  6p€a. 

Hier  ist  über  den  Indes  einznsohieben  Philoatraloa  leben  des 
Apollonios  II 17  Td  bi  Nedpxqi  T€  Kol  TTuOordpqi  ircpl  toO  *Ax€c{vou 
TroTOMoO  clpiiM^va,  die  kßdXXci  fiiv  ic  TÖv  Ivbdv  oiStoCi  Tp^qpct 
b'  69€ic  ^OMrJKOvTa  nt\x&y  m^koc  (toioOt*  cfvoi  ipaciv)  •  •  (18)* 
(töv  m^v  bf|  Ivböv  iLb'  £wepoiiIi6ricov)  crobiouc  ^dXicta  Tcccopd- 
Kovra  (tö  TdpTrXöTjüiov  aöroO  tocoOtov)«  ircpl  bt  toO  iroTovioO 
TOUTou  Täb€  Tpd90uci  *  TÖV  Ivböv  fipxccOai  fiiv  £k  toO  KauKdcou 
pciZiu  auTÖOev  f\  o\  KOTd  Tf|v  'Aciav  noTafiot  irdvTCC,  irpoxuipciv 
bi  TToXXouc  Tüuv  vQuciiröpujv  iauToG  iroioupcvov,  db€Xq>d  bi  tS^ 
NciXuj  TipdiTcvTa  tx}  t  'Ivbiic^  iTrixcTcOai  tflv  t*  iirdrciv  Tflj  tO  koX 
irap^X^iv  'ivbcic  töv  AiTUTrriuiv  Tpörrov  cnclpciv.  der  wert  der  an- 
gaben des  Philostratos  wurde  schon  oben  gewürdigt;  doch  mag  hier 
immerhin  der  bericht  des  Nearehos  zu  gründe  liegen:  denn  dasz 
nicht  der  Indes,  sondern  der  Ganges  der  grüste  asiatische  flnsz  sei, 
behauptete  nach  Arr.  Ind.  4  schon  Megasthenes,  der  erste  der  nach 
Nearehos  Indien  beschrieb ,  und  die  breite  von  yiertig  Stadien  gibt 
dem  ludos  auch  Arr.  anab.  Y  20,  9,  ohne  zweifei  aus  derselben 
quelle,  mit  dem  zusatz  fva  jui^cuic  ^x^i  adröc  aÖToO  ö  'Ivböc*  Iva 
bk  cT€vunraTÖc  t€  kqI  bid  CTCvÖTirra  ßadOroroc  ic  toOc  w€VT€Kaib€Ka 
EuvdT€c6ai. 

Zu  fr.  5  (Strabon  XV  696)  über  Alezanders  irrtnm  in  bezog 
auf  den  Indes  und  die  Ähnlichkeit  desselben  mit  dem  Neilos:  Arr, 
Ind.  G,  6  f.  (vgl.  oben  zu  fr.  4);  Arr.  anab.  VI  1,  2  f.  irpÖTCpOV  fi^V 
T€  iv  Tuü  Ivbtjj  iroTaMtli  KpoKobciXouc  ibi(rv,  pövip  Tuiv  dXXufV  iro- 
TO^uiv  TiXfiv  N€(Xou,  irpöc  bi  tqTc  öxOolic  toO  *Ak€c{vou  KUdflOUC 
7T€9UKÖTQC  ÖTToiouc  f)  iff)  £K<p^pei  f|  Aitumia,  Kcd  dKOUCOC  öti  ö 
'Axccivnc  ^MßdXXei  ctc  töv  Ivböv ,  ÄoEcv  dtoipnK^vat  toO  NciXou 
Tdc  dpxdc,  ujc  TÖV  NciXov  dvO^vbc  woMv  ti  IvbAv  dvicxovro  Kai 
bi*  ipriMOu  TToXXfic  Tflc  i^^ovTa  xal  toutq  dtroXXtiovTO  töv  'Ivbiv 
TÖ  övoMtt,  Imna  öttöOcv  dpxcTOi  bid  Tfjc  oUoufi^vi)C  t^hpac  p€hß 


816  AVogel:  zu  Nearchos  Ton  Kreta. 

NeiXov  f(br\  irpöc  AlOiöiruiV  t€  tujv  toOti]  xal  MTuirriuiv  iciikou|iE- 
vov,  übe  "OmtiP^  dTTotticev  diruivuMOV  Tf)c  AiTuirrou  Alfuinov» 
ouTuj  bf|  dKbibövai  £c  Tf|V  dvröc  ^accav.  dasz  die  letste  itdi 
auf  Nearchos  zurückzufahren  ist,  lehrt  die  vergleichung  mit  Stnb«. 
vgl.  auch  noch  Philostratos  ao.  II  19  K0|üiiZö^€VOi  bi.  bi&  ToC  'NM 
TToXXoic  \ibf  iTOTaMtoic  Yttttoic  dvTUxeiv  qNXCi,  iroXXofc  bi  icpoi»- 
bciXoic,  ixicTTCp  ol  TÖv  NciXov  irXtovTCc,  X^TOuct  bi  icai  fivOi|Ti9 
*lvb(Xi  clvai,  ola  toO  NeiXou  äva9ueTai,  obgleich  Jaba  hier  die» 
gaben  des  Nearchos  mit  denen  des  Onesikritoe  vereinigt,  wie  d» 
erwfthnung  der  fluszpferde  beweist  (vgl.  Arr.  Ind.  6,  8«  Stnboi 
XV  690). 

Zu  fr.  6  (Strabon  XV  701)  Arr.  anab.  VI  20,  2  dir^X^  ^ 
äXXrjXuiv  Tä  cTÖfiara  toO  noTafioO  toO  'Ivboö  tc  crobiouc  iiAicn 
ÖKTaKOciouc  Kai  xiXiouc. 

Zu  fr.  7  (Strabon  XV  716)  Arr.  Ind.  16,  6  bis  schluei,  mita» 
nähme  des  Zusatzes  §  10  oub^  x^^^vouvrai .  •  ifiqpcp^uic  ebflose  An 
Ind.  17, 4  f.,  wie  die  vergleichung  mit  Strabon  deutlich  erkennei  liflL 

Zu  fr.  8  (Strabon  XV  693)  ist  zu  bemerken ,  daes  Geier  wii 
Müller  den  schlusz  ungenau  geben,  derselbe  lautet  bei  Stnboa:  oi 
Tap  b^vbpov  clvai  KapTT09Öpov,  £k  hk.  toO  icapnoO  cuvriOecSn  |diii 
Touc  hk  9aTÖVTac  \h\xov  toO  KapiroO  jüieOuciv. 

Fr.  9  und  10  (Arr.  Ind.  16,  1  und  16,  4)  k(Snnen  msuiB» 
gefaszt  werden,  da,  wie  der  Zusammenhang  lehrt,  16, 1—6  gauHi 
Nearchos  geschöpft  ist. 

Zu  fr.  11  (Arr.  Ind.  11,  7)  mnsz  wahrscheinlich  die  stelle  W 
Strabon  XV  694  gefügt  werden:  änavTac  b*  önepß^ßXiiVTai  «qi 
Toö  |üi€T<S9ouc  Ttjv  b^vbpujv  o\  q>r)cavT€C  iuipäcBat  ir^pav  foi 
TapuiTiboc  b^vbpov  TToioCv  cKiäv  tqTc  |üi€amßp(aic  ircvraoAm 
obgleich  dann  Strabon  oder  Arrian  das  mass  verwechselt  haben 

Zu  fr.  16  (Strabon  XV  705)  gehört  noch  Arr.  Ind.  17, 
aus  dieser  stelle  wird  auch  klar,  dasz  in  Strabons  worten  dtfcM 
b'  itiö  Ixrföy  Kai  Ka^rjXouc  nichts  zu  ändern  ist:  wie  er  von 
äp^a  ^X€9dvTU)V  spricht,  so  deutet  er  auch  die  weitem 
Setzungen  des  Nearchos  dahin,  dasz  die  kamele  als  zngthiere 
worden  seien,  obwol  man  aus  Arrians  worten  dies  nicht 
m  u  s  z.    jedenfalls  wird  durch  die  vergleichung  mit  Arrian  dii  i^ 
wtthnung  der  kamele  an  dieser  stelle  durchaus  erklirlich  nnd  aoiv 
onstosz,  welchen  Grosskurd  mit  Tzschucke  an  der  hsl.  lesart  aili^ 
aus  dem  wege  geräumt. 

So  weit  reichen  die  allgemeinen  nachrichten  ttber  IndiM,  ■! 
es  folgt  jetzt  die  beschreibung  der  expedition  Alezanders  aof  te 
Hydospes,  Akesines  und  Indes,   diese  wird  bekanntlich  tov 
im  6n  buch  sehr  ausfuhrlich  gegeben,  und  Geier  s.  15  ist  der 
dasz  der  gröste  teil  derselben  auf  Nearchos  zurflckgeht.  mit 
heit  läszt  sich  dies  jedoch  nur  von  einzelnen  partien  naohi 
zum  teil  schon  erwähnt,  zum  teil  unten  zu  erwähnen  si  id. 
gehört  dagegen  dem  Nearchos  Arr.  Ind.  18  an.    in 


AVogel:  ta  Ntwehot  Ton  Kreta.  817 

• 

werden  die  trierarchen  der  für  die  fluBsfalirt  erbtaten  flotte  ia  iolober 
Vollständigkeit  aafgezShlt,  daes  kaum  anziiiieliiiie&  ist,  Aniaa  habe 
diese  liste  irgendwo  andersher  entnehmen  kOnnen  ab  aus  dem  beriehtt 
des  admirals  Nearchos.  nicht  mit  gleicher  beetimmtheit  Uait  eich 
die  Urheberschaft  des  Nearchos  für  Axr.  Ind.l9  behaupten.  Ter- 
gleichen  wir  das  hier  erzählte  mit  den  entsprechenden  abeohnittea 
in  der  anabasis  (VI  2—4),  wo  Arr.  nach  eignem  gestln^is  besoir- 
ders  dem  Ptolemaios  folgt  (VI  2, 4  i{i  fidXiOO  tfib  £Tro)iai),  so  fkllt 
sofort  auf,  dasz  in  dem  kursen  aussog  der  Ivbnofj  mehrere  sahlen 
angeführt  werden,  die  in  der  anabasis  fehlen,  «so  8  3  toOc  irdvTOC 
ic  ÖKTaKicxiXiouc  und  5  i\br\  top  Ka\  biiiboca  Mupiobec  aön^  fujqc** 
^01  ciTTovTo  CUV  olciv  &nö  OaXdccnc  re  aÖTÖc  dWh'crrc  nsw. 
auszerdem  weicht  die  zahl  der  schiiFe  (ÖKTOKÖctOi  nach  den  hss.)  Toa 
der  VI  2,  4  aus  Ptolemaios  angeführten  ab,  man  lese  hier  nnn  bic- 
XiXiuiV  oder  xiXiuiV.  bewiesen  ist  damit  fipsilieh  nur,  dassPtolemaioa 
die  quelle  für  cap.  19  nicht  gewesen  ist;  indessen  da  neben  diesem 
in  erheblichem  um&nge  von  Arrian  nur  Aristobulos  und  Nearohoa 
benutzt  worden  sind,  von  ersterm  aber  in  der  Ivbuofi  sich  nur  sehr 
wenige  spuren  finden,  ist  die  benutznng  des  Nearchos  in  cap.  19, 
1—7  mindestens  sehr  wahrscheinlich.  Übrigens  kann  auch  für  den 
betreffenden  abschnitt  in  der  anabasis  Ptolemaios  nicht  der  einsige 
gewäbrsmann  sein:  vgl.  V  20,  8  mit  VI  4,  S.  swisdien  fr«  16  und 
17  bind  demnach  Arr.  Ind.  18  und  19,  1 — 7  einzuschieben. 

Zu  fr.  17  (Arr.  anab.  VI  13,  4)  gehört  auch  §5  dvOpujirov  bi 
Tiva  TTpecßÜTCpov  X^T^i  BoicCmov,  t6  bk  dvopa  toO  dvSpiAirou  od 
Tiiyex,  ujc  dxOöjiicvöv  t€  npöc  t&c  dmTtjüiyiceic  rd^v  <piXuiv  xar^adcv 
'AXeEavbpov  Kai  ^CKuOpuiTraKÖTO,  TrpoceXGövra  toOtov  ßoiuindZov- 
Ta  äfia  T^  q)ujvr|  Taöra  9dvar  ib  'AX&ovbp€,  dvbpdiv  t&  Ipra' 
Kai  Ti  Ka\  la)Li߀iov  inemeiy,  töv  bfe  voöv  elvai  toö  ia^iou  dn 
Tuj  Ti  bpuivTi  Kai  Tra8€iv  dcrlv  ö<p€iXö|üi€V0V.  Ka\  toOtov  £v  T€  t^^ 
napauTiKa  euboKipfjcai  Kai  dniTfibcidTcpov  ic  tö  £ireiTa 'AXcCdvbpqi 
T€V^c0ai. 

Zu  fr.  18  (Arr.  Ind.  20)  ttber  die  Unterredung  des  Nearchos 
mit  Alexander  ist  nichts  hinzuzafdgen.  daran  sohlosz  sich  in  dem 
werke  des  Nearchos  die  beschreibung  seiner  eignen  kflhnen  kflsten- 
fahrt  von  der  mündung  des  Indos  bis  zur  mttndung  des  Euphrat. 
daneben  gab  er  aber  auch  eine  Schilderung  des  von  Alezander  gleich* 
zeitig  unternommenen  landmarsches. 

Zu  fr.  19  (Strabon  XV  721)  gehört  Arr.  Ind.  21,  1—7;  nur 
die  ungenaue  jabresangabe  ist  vermuthlich  anderswoher  oder  war  ia 
dem  Arrian  vorliegenden  ezemplare  des  Nearchos  interpoliert,  der 
Widerspruch  in  den  angaben  StJnbons  und  Arrians  erklirt  sich  wol 
am  natürlichsten  so:  der  erstere  spricht  von  dem  aufbruche  von 
Pattala  aus ,  wie  denn  auch  Alezander  von  hier  aus  seinm  marsch 
antrat,  der  letztere  dagegen  beginnt  seine  beschreibung  erst  mit  der 
abfahrt  von  der  insel  Killuta. 

Vor  diese  Zeitbestimmungen  gehört  wahrschainlidi  auch  aoeh 

Jahrbücher  für  da*»,  philol.  IbSO.  hft.  12.  ftS 


S18  AVogel:  zu  Kearchos  Ton  Kreta. 

folgender  passus  bei  Strabon  XV  721:  Tpix^  bicXüiv  T&c  bwdiied 
tQ  m^v  auTÖc  üjpfiTice  bid  ttic  febpiüciac ,  dqptcrdiicvoc  Tf)c  SoüiffT- 
TTic  t6  TiXeicTov  TTevTQKOCiouc  CTttbiouc ,  W  fipo  kqI  Tip  vovraB|i 
Tf)V  TiapaXiav  ^TTinibeiav  napacKeud^Ioi,  iroXXdxtc  tk  ical  cuvavm 
if]  GaXciTTi],  KaiTT€^  diröpouc  Kai  Tpaxeiac  ^xoucq  tqc  diCTdc-  i4i 
hk  TTpo^TT€^Hi€  MCTd  KpaTcpoG  bid  THC  Mccoraiac,  fijiio  xcipoiiyiorfv 
T€  THV  'Apiavf)v  xai  irpoiövTa  iiix  touc  qutoOc  töitouc  ^9'  oic 
'AXeEavbpoc  Tf)v  Tropeiav  eixe.  dieses  stück  steht  bei  Straba 
mitten  in  einem  langem  auszug  aas  Nearchos,  und  es  ist  dazdHi 
glaublicb,  dasz  dieser  an  der  stelle,  wo  er  yon  seinem  aofbnehi 
isprach,  auch  über  die  beiden  heereszüge  des  königs  und  des  Enteni 
einiges  bemerkte. 

Zu  fr.  20  (Strabon  XV  720,  ein  von  Eratosthenes  f&r  seifl0  W 
recbnungen  angefertigter  auszug)  und  fr.  21  (Arr.  Ind.  21, 13}siid 
Arr.  Ind.  21,  7 — 24  schlusz  hinzuzunehmen,  auszerdem  zu  fr.  21 
Philostratos  ao.  III  53 ,  2  ^viiMOveOcuci  icai  vrjcou  fuxpoc,  i 
6vofiO  elvai  BißXov,  ^v  q  [tö  toC  KOTX^Xiou  m^tcOoc  xai]  o\  fMC 
dcTpcd  T€  Kai  Td  ToiauTa  beKaiTXdcia  tüjv  '£XXnviKuiv  tö  p^YiBoc 
laic  neTpaic  7rpocTTe9UK€v,  und  zu  Ind.  23,  1  Philostr.  III  M 
KQTacxcTv  bi  q)aci  xai  ic  TTviTdbac  Tf^c  tuiv  'QpciTuiv  X^V^ 
endlich  ist  für  dies  und  das  folgende  zu  vergleichen  Plinius  VI83,9( 
obgleich  seine  aus  Juba  entlehnten  angaben  grOstenteils  auf  (W 
sikritos  zurückgehen. 

Fr.  22  (Arr.  Ind.  25,  4)  ist  zu  er  weitem,  da  das  gameoii 
dem  Nearchos  zugehört,  was  hier  über  die  gestime  bemerkt  wiii 
ist  offenbar  dasselbe  was  Strabon  II  77  aus  Nearchos  anfthrt  (fr.SV 
daher  ist  diese  ptelle  aus  Strabon  hier  einzufttgen  (vgL  dam  U  7^ 
CMüller  hat  zu  Arr.  Ind.  25,  4  (geogr.  Graeci  min.)  gerade  £w 
anguben  über  die  schatten  und  die  gestime  für  eine  schon  Yon  Arcni 
bei  Nearchos  vorgefundene  interpolation  erklSrt,  weil  dieselben  dff 
Wahrheit  nicht  entsprächen  und  deshalb  nicht  von  Nearchos  geascU 
fein  könnten,  da  jedoch  schon  Eratosthenes  (Strabon  ao.}  ein 
derartiges  bei  Nearchos  las,  steht  die  mitteilong  dieser  beobachta^ 
durch  Nearchos  selbst  wol  auszer  zweifel.  zuzugeben  ist  nnr 
Arrian  misverständlich  den  Nearchos  die  beobachtnng  selbst 
läszt ,  während  dieser  sie  nur  von  hOrensagen  gehabt  haben 
da  er  schwerlich  sich  je  weit  von  der  küste  nach  sfiden  entfernte. 

Zu  fr.  23  (Strabon  XV  686.  Arr.  anab.  VI  24 ,  1— d)  «her 
Alexanders  beschwerlichen  marsch  durch  OedrosiengehOren:  Btraboa 
xy  721  f.  uTT^pK€iTai  be  toutujv  f)  fcbpuKia  .  .  touc  vaucraB|« 
auTUf  Kai  Tijj  CTÖXuj  KaracKeudcovrac  und  iroXXd  b*  ^ToXain&pa 
ö  'AXe'Eavbpoc  . .  ineix '  auOic  elc  T^jv  jütecötaiav  dv€x<ibpi|ccv,  od 
Arr.  anab.  VI  24,  6.  25.  26,  4 f.  der  Nearchische  Ursprung 
beiden  völlig  übereinstimmenden  berichte  ist  unzweifUhaft: 
beide  stehen  im  unmittelbarbten  zusammenhange  mit  dem  lato 
Nearchos  namen  vorher  überlieferten. 

Fr.  24  (Arr.  Ind.  27, 1)  gibt  nur  einen  kleinen  teil  des  Uote 


AYog«!:  ta  Neurdiot  TOft  Kreta.  819 

gehörigen:  hinzuzunehmen  sind  Arr.  Ind.  26 — 89  mid  Btimbon  XV 
720  über  die  Ichthyophagen:  ^  bk  Tdiv  äSf)c  IxOuCNpdruiV  imOKiC* 
XiXioi . .  TT€pißdXXovTai  tk  biirrOoic  qpXoioO  cpoivtidvou.  die  nige* 
hörigkeit  der  stelle  aus  Strabon  wird  dnreh  die  flbereiBstimmnng 
mit  Nearchos  bei  Arrian  29,  9£f.  26,  7.  28,  1.  24,  9  ff.  aar  genflge 
erwiesen,  zu  vergleichen  sind  noch  Pbilostr.  III  55  <pod  bk,  wa\ 
Toic  1x^vo9dTOic  dvruxeiv,  otc  iröXtv  cTvoi  Crößiipa,  biqpO^pac  U 
toOtouc  iv^qpOai  McricTuiv  ixMuiv,  ica\  t&  irpößOTa  rd  iiccivq  ixOu- 
uit>n  eTvai  kqI  qKXTCiv  dTOira*  touc  t^  noiM^fOC  ßöciciiv  oOtA 
ToTc  txöuciv  und  Plinius  VI  23,  97. 

Zu  fr.  25  (Strabon  XV  725.  Arr.  Ind.  80.  81)  ist  zu  bemerken^ 
dasz  CMüUer  zu  Arr.  Ind.  26  (geogr.  Oraed  min.)  geetHtat  darauf, 
dasz  neuere  reisende  an  der  Ichthyophagenkfiste  nur  6ine  insd  vor- 
fanden, auf  welche  die  Schilderung  von  Nosala  paset,  cap.  81  für 
einen  dem  Nearchos  fremden  zusatz  erUftrt  hat.  er  identifidert  die 
26,  6  Kapvivr)  oder  Kapßivn  genannte  insel  mit  Nosala  und  be* 
hauptet  nun,  Nearchos  erwihne  jene  als  bewohnt,  wShrend  Nosala 
in  c.  31  als  unbewohnt  geschOdert  wird,  indessen  tagt  Nearchos 
gar  nicht,  dasz  Karbine  bewohnt  sei:  denn  die  worte  (36,  7)  ivToOOa 
Eeivia  TTpocq)^pouci  Nedpxqi  o\  Kui^<)Tai  beliehen  sieh  oflmbar  anf 
die  einwobner  der  K\!)\xr\y  bei  welcher  die  flotte  vor  anker  liegt|  nicht 
auf  die  der  100  Stadien  vom  ufer  abliegenden  insel.  ein  widersprueh 
ist  also  selbst  dann  nicht  vorhanden,  wenn  jene  beschreibong  nnr 
auf  die  insel  passt,  in  welcher  man  nach  26,  7  Karbine  erkennen 
musz,  und  es  ist  recht  wol  denkbar,  dasz  die  insel  eigentlich  Nosala 
hiesz,  nach  dem  gegenüberliegenden  küstenstrich  Karbis  aber  auch 
Karbine  genannt  wurde,  die  entfemung  von  der  küste  wird  übrigens 
2G,  G  und  31,  1  gleich  weit  angegeben,  es  ist  somit  an  dem  Nearchi« 
&cben  Ursprung  dieser  von  Strabon  und  von  Arrian  überlieferten  er- 
zUhlung  nicht  zu  zweifeln,  vgl.  noch  Phüostr.  III  56  npOKcTcdai  ht 
Toü  xu>ptou  TouTO\j  vficov  Updv,  i)v  KaXctcOai  C^Xnpa  kqI  crdbia 
p€v  dKOTÖv  €lvai  Tip  TTopOpip ,  NiipTliba  b'  oIkciv  iy  a\n^  6€ivf|v 
baipova,  ttoXXouc  t^p  tiXiv  TrXeövruiv  dpiräZciv  kqI  ^vibk  vaTc 
vaucl  EuTX^P^w  Trekpa  £k  tt^c  vf|C0u  ßdXXecOai,  und  Plinius 
VI  23,  98. 

Zu  fr.  28  (Arr.  anab.  VII  20,  9  ff.)  gehören  Arr.  Ind.  32,  2— 
33,  3  und  Strabon  XV  727  TÖ  hi  cröpa  ToO  TTcpciKoO  KÖXnou  oO 
pei2[ov  biuppaTOC  fip€piiciou  (zu  32,  6).  auf  dem  bericht  des  Near- 
chos beruht  femer  die  beschreibung  von  Karmanien  bei  Strabon 
XV  726  f)  bi  Kappavia  . .  noTCtfioic  KaTdppuroc,  ebenso  die  be- 
schreibung des  persischen  golfs  XVI  765  aus  Eratosthenes,  welche 
sieb  auch  bei  Ammianus  Marcellinus  findet;  vgl.  Oardthausen  ao. 
:<.  642.  hierauf  folgt  in  Arrians  Ind.  33|  3 — 36  die  Schilderung  der 
Zusammenkunft  des  königs  mit  Nearchos,  jedenfalls  von  diesem 
telbst  gegeben. 

Zu  fr.  29  (Arr.  Ind.  37.  Strabon  XVI  766)  ist  zu  bemerken 
dasz  die  zuverlässigere  Überlieferung  sich  bei  Arrian  findet  Strabon 

Ö3» 


820  EHlller:  zu  TheokritoB  [5,  88]. 

schöpft  nicht  aus  Nearchos  direct,  sondern  aus  Eratosthenati  dar 
Hüben  diesem  den  Orthagoras  benutzte :  daher  die  eriieblichen  düt- 
renzen  zwischen  beiden  berichten,  hier  finden  fr.  26  (Arr.  Ind.  38, 1; 
Strabon  XV  727)  und  fr.  27  (Plinius  VI  23,  107;  Strabon  XV  720) 
ihre  passende  stelle. 

Die  fr.  30.  31.  32  müssen  Ind.  38,  2—39  umfassen,  fr.  33  k 
von  Ind.  40,  1  zu  beginnen;  hinzu  kommt  Strabon  XV  727-flber  die 
landschaft  Persis:  M€Td  bi  Kap^aviav  f)  TTepdc  £cTi  .  .  Tphr)  b' 
dcTiv  fi  Tipöc  ßoppäv  X€iM^pioc  Kai  öp€ivr). 

Wahrscheinlich  ist  es  endlich,  dasz  Arr.  anab.  VII  3,  8  (fr. 37) 
auch  schon  vorher  einiges  aus  Nearchos  entlehnt  ist,  ohne  dau  &€k 
jedoch  darüber  etwas  bestimmteres  nachweisen  Iftszt. 

CoLMAB.  August  Voobl 


110. 

ZU  THEOKRITOS. 


Im  fünften  gedieht  schmäht  der  eine  hirt  den  andern  mit  fdr 
genden  werten  (v.  35  ff.) : 

lii^a  b '  fix^Ojiai ,  el  tu  m€  toXmQc 
äjufiaci  ToTc  öpGoTci  TTOTißX^Trev ,  5v  itok*  £6vTa 
TTttib '  f  T '  dTwv  ^bibacKOv.  Tb  *  d  x^P^c  ic  t(  iroS^pirci. 
Gpeipai  Kai  XuKibeTc,  6p^i|iai  kuvqc  uic  tu  9dTuivTL 
die  werte  Opevpai  XuKibeic  beziehen  sich  auf  eine  fabel ,  ttber  wddi 
Ahrcns  im  Philol.  VII  438  ff.  gehandelt  hat   zu  der  zweiten  htifii 
des  vcrses  wird  in  den  scholien  bemerkt :  irapoi|üi(a  dirö  ToO  'AxTOnB* 

VOC  TOG  IITTÖ  TUIV   iblUJV  KUVUJV   ßpUiO^VTOC'  TdCCCTOt   it  tlA  TUV 

äxapiCTOuvTUJV  toic  eu€pT€Taic.  Meineke,  Ahnsns  ua.  haben  diM 
auffassung  für  unstatthaft  und  die  werte  für  corrupt  erkUrt;  Alrai» 
dem  ich  in  der  neuen  aufläge  der  ausgäbe  von  HFritzsche  beipflidiUlik 
behauptet  (ao.  s.  440),  eine  von  den  hunden  des  Aktaion  entnomiMM 
sprichwörtliche  redensart  habe  unmöglich  zur  bezeichnnng  dar  flt 
dankbarkeit  dienen  können,  dasz  dies  aber  dennoch  mGglidi  w; 
zeigen  wol  die  werte  bei  Stobaios  flor.  XIV 12  ujcnep  6  'AimduiV  W 
tOüv  Tpe(poM^vujv  iitt  '  auToC  kuvuj v  dir^Bavev ,  oOruic  ol  KdlMC 
Touc  Tp^(povTac  KaT€c6iouci.  dieselben  werden  dem  Fhai^ 
rinos  zugeschrieben;  dasz  aber  dieser  oder  ein  ähnlicher  Yeiglekk^ 
denn  genau  ist  die  Übereinstimmung  allerdings  nicht  —  beniti  iv 
zeit  Theokritd  existierte  und  von  demselben  berücksichtigt 
ist  gewis  nicht  undenkbar ,  und  ich  möchte  daher  jetzt  aidit 
mit  entschiedenheit  in  abrede  stellen,  dasz  die  Worte  6p^^Nn  idvK 
ujc  TU  q>dTU)VTi  richtig  überliefei*t  und  vom  scholiasten  zidbSg^ 
klärt  worden  sind. 

Halle.  Eouabd  Hiiififff 


J 


HFlach:  quellenkritik  des  Hei^cliiot  toh  Hfl«!.  821 

111. 

ÜBER  DEN  OEOENWlBTIOEN  STAND 
DER  QUELLENKRITIK  DES  HESTCHIOS  VON  HILET. 


1)  DE    CALLIMAOHI    OPEBUM    TABULA    APUD    8UIDAM    OOMMBHTATIO. 

8CRIP8IT  Otto  Sohn EiDBR«  Gothae  MDCCCLXII.  XVIt.gr.  4 
(wiederholt  in:  Callimachea  eAdit  0.  S.  toL  II  [liptiae  in  aadibos 
B.  G.  Teubneri  MDCCCLXXIII]  i.  2— M). 

2)  DB  F0NTIBU8  EX  QÜIBU8  8UIDA8  IM  SOBIPTOBUM  QBABOOBÜX  TITI8 

HAUSERIT    OBSERVATIONES    PER    8ATURAK    PAOTAB    A    CUBTIO 

Waohsmutr  (in  der  Symbola  philologorom  Bonnendnm  in 
honorem  Friderici  RitacheUi  collecta  [lipaiae  in  aodibns  B.  0« 
Teubneri  MDCCCLXIV]  s.  186—162). 

3)  DE   SUIDAE  BI0GRAPHI0I8  QUAB8TI01fB8  MOTAB.   ^OBIPBIT  DiDB* 

Ricus  Volkmann,  (prognunm  der  landesschole  ,in  Pforta.) 
Iftmburgi  MDCCCLXXIII.    XVIII  8.  gr.  4. 

4)  rEFONE   IN   DEN  BIOGRAPBIOA  DBS   8UIDA8.     BBITBIgB  ZU  BIMBB 

GESCHICHTE   DER  LITTBRABBI8T0BI80HEM  PORSOHÜMQ  DBB  QBIB» 

CHEN.  VON  Erwin  Rohde  (im  rheiniichen  miueam  fttr  philo* 
logie  XXXIII  8.  161—220.   XXXIV  i.  e20-e28). 

5)  PHILO    VON    BYBLU8   UND   BB^TOBIUB  TOM  XILBT.      TOM  EbWIM 

Rohde  (ebd.  XXXIV  s.  661->674). 

6)  KLEINE  BEITRAGE  ZUR  GRIE0HI8CHBN  LTTTBRATUBaBBOHICBTE  IX 
ANSCHLU8Z  AN  8UIDA8  UND  BUDOKIA.  VON  A.  DaUB  (ebd.  XXXV 
8.  56—68). 

7)  DE  SUIDAE  BIOGRAPBICORUX  ORIQINE  ET  FIDE.  DI88BRTATIO 
INAUGURALIS.       SCRIPSIT     AdAXUS    DaUB    BADEN8IB.      Liptiae 

typis  B.  G.  Teubneri.    MDCCCLXXX.   42  8.  gr.  8. 

Der  erste  der  den  Hesjchios  von  Milet  als  quelle  des  Soidas 
scharf  erkannt,  welcher  seinerseits  wieder  in  den  angaben  der  Schrif- 
ten indirect  auf  die  7rtvaK€c  des  Kallimachos  zurückgeführt  werden 
dürfte  (Wachsmuth  im  Philol.  XVI  s.  654;  Volkmann  in  der  symb. 
Bonn.  s.  729) ,  der  somit  einiges  licht  in  die  rftthselhafte  thfttigkeit 
dieses  noch  rftthselhaftem  gelehrten  gebracht  hat,  war  OSchneider 
(oben  nr.  1).  dieser  setzte  femer  nicht  nur  zuerst  eine  imgeffthre 
Zeitbestimmung  fest,  wann  Hesjchios  geschrieben  haben  müsse,  son- 
dern er  unterzog  auch  seine  quellen  mit  Scharfsinn  einer  genauen 
Prüfung,  dabei  kam  er  zu  dem  resultat,  dasz  Hesjchios  für  diA 
Philosophen  hauptsSchlich  Laertios  Diogenes'  benutzt  habe,  daneben 
für  die  ftltem  philosophen  vielleicht  Porphjrios  in  seiner  9iXöco<poc 
IcTOpia,  den  Hesjchios  selbst  in  den  vitae  des  Ammonios,  Gorgias» 
Empedokles,  Hesiodos,  Homeros,  Schrates,  Pherekydes  dtiert  hatte, 

>  Ca I lim.  II  s.  28  anm.  dagegen  stimmt  er  ohne  weiteres  Nietssebe 
im  rh.  mus.  XXIV  s.  227  f.  bei,  dasx  Diogenes  and  Hesjchios  ans  einer 
gemeinsamen  quelle  —  Demetrios  Magoei  —  geschöpft  haben. 


822  HFlach :  anz.  von  OScbneider  de  Callimachi 

neben  beiden  vielleicbt  nocb  das  bucb  des  Aristokles  1T€pl  q>tXo€0- 
q>iac  und  andere,  weniger  bekannte  quellen,    für  die  dichter  ilkr 
gattungen  dagegen  betrachtete  er  als  hauptquelle  die  ^OUClioPj  icTopia 
des  Dionysios  von  Halikamass,  woraus  Rufns  eine  epitome  inge- 
fertigt  hatte  (von  der  wir  reste  in  den  eklogen  des  Sopatros  be- 
sitzen bei  Photios  bibl.  s.  103  ff.  Bk.)i  und  den  Hesychios  selbst 
öfters  citiert  bat  ('AvTiq>dvric ,  'Op<p€uc,  TTofiqpfXiii   Currf|pibac). 
Schneider  dehnte  aber  die  thätigk^  des  Dionysios  noch  weiter  ani, 
indem  er  wegen  der  citate  bei  Pamphile  und  Soteridas  zu  deoi 
schlusz  gelangte ,  dasz  jener  auch  die  grammatiker  behandelt  habe, 
welche  die  dichter  commentiert  hatten  (dh.  also  so    ziemlich  den 
grösten  teil  aller  grammatiker).  während  dieser  schlasz  sehr  gewagt 
erscheint,  da  uns  der  Zusammenhang,  in  welchem  Dionysios  die  bei- 
den genannten  autoren  behandelt  hatte,  gänzlich  unbekannt  iit' 
und  wir  keine  notiz  über  das  vorkommen  der  grammatiker  besitm, 
hatte  dagegen  S.  durchaus  recht,  die  alphabetischen  Schriften veneidk- 
nisse,  welche  sich  vorzugsweise  bei  epischen,  tragischen  nnd^omi- 
schen  dichtem  finden,  auf  die  genannte  schriftdes  Dionysios  znrfld- 
zufahren  (KaXXijiiaxoc,  Nkavbpoc,  TTapO^vioc,  €iHpop{u)V,  Aui^ 
qppujv,  'ApiCT09dvriC;  <t>iXoK\fiC;  Kiiqpicöbujpoc,  KXcoqpujv,  Kpdnic, 
nXäTUJV,  <t>öp|Lioc;  Wachsmuth  fügte  ^Hcioboc  hinzu;   Tgl.  waA 
Volkmann  in  symb.  s.  728).   ebenso  machte  S.  zuerst  auf  eine  sos- 
gedehntere benutzung  der  schrift  des  Hermippos  Ton  Berytos  iKpl 
Toiv  bianpeiijdvTUiV  iy  naxbeiq.  bouXuJV  aufmerksam,  und  zog  jesci 
bemerkenswerten  artikel  'Hpujbiavöc  heran,  aus  dem  er  folgerte  dm 
neben  Dionysios  eine  quelle  des  Hesychios  Philon  von  Byblos  g^  • 
Wesen  sei.  ^   in  zwei  puncten  gicng  S.  hierbei  zu  weit :  1)  dass  s 

'  EMaasfl  de  Sibvllarum  indicibus  s.  64  anm.  erinnert  mit  reckt 
daran,  dasz  Lobeck  Aglaoph.  I  s.  361  aach  bei  "OpipcOc  geBweiftIt  hat, 
welcher  Dionysios  gemeint  sei.  ebenso  richtig  sagt  Maass  ao.:  ')bm 
(philosophorum  vitas)  cur  non  a  Dionjsio  maluit  mataarl,  qni  ei  fna- 
maticos  et  historicos,  sine  dabio  etiam  pbilosophos  trmctaTit?*  l^ 
richtig  ist  auch  die  bemerkung  darüber  von  ADaab  nr.  6  a.  69  uA 
nr.  7  8.  12  anm.  10.  ^  diese  ansieht  findet  sich  spkter  in  dtmlkt 

weise  bei  Wachsmuth  in  nr.  2  s.  145,  Kobde  in  nr.  4  8.  171,  in  wedgct 
schroffer  form  bei  Rohde  in  nr.  5  s.  574.  die  betreffende  atelle  laotil: 
T^TOvc  (llerodianos)  Kard  t6v  KaCcopa  'AvtujvIvov  t6v  xal  MäjaDO«,  A< 
v€ujT€pov  cTvai  Kai  Aiovuc(ou  toO  t^iv  ^ouciKf|v  tcTopilv 
YpdipavToc  Kai  OiXuivoc  toO  BußXiou.  dazu  Rohde:  'Hber  Uärt- 
üian  konnte  ich  mich  (seiner  lebenszeit  wegen)  nnterriehten  weder  M 
meinem  hauptg^ewährdmanne  Dionysios  noch  bei  denjenigen  aator  ta 
ich  in  zweifelhaften  fKlIen  lur  aushilfe  heraniaxieben  pflege«  im 
Philon  von  Uyblos.'  aber  wie  kommt  Philon  sn  dieser  bedeatoag,  B 
den  Kohde  selbst  eine  ganz  secundäre  quelle  genannt  hattov  nl 
von  dem  so  wenig  spuren  vorhanden  sind?  wemm  nennt  He^ycUH 
nicht  lieber  Hermippos?  und  wofür  ist  Dionysios  hanptgewftlinBaiif 
doch  nicht  für  alles?*  also  nur  fiir  dichter  and  mnaiker  bie  sw  Ita- 
janischen  zeit,  dh.  kaum  für  die  eine  häifte  des  Stoffes,  und  wana 
zieht  ihn  Hesychios  gerade  bei  Herodian  heran.'  denn  deas  er  ksspl- 
quelle  für  die  grammatiker  gewesen,  ist  eine  anerwieseae  vematsiff 
Ton  Wachsmtith,  die  durch  Schneider  Teranlaast  ist     ieh  Teistskt  dlt 


i 


operuxn  tabula  apad  Soidam  commentaftio.  823 

Pbilon  als  eine  baaptquelle  a&sah,  was  ans  Jener  atella  in  keiner 
weise  gescblossen  werden  darf,  2)  dass  er  besonders  an  die  Schrift 
iT€p\  kt/)C€U)C  Kai  dicXoTf)c  ßtßXiuiv  dachte,  Ton  deren  anläge  nnd 
inbalt  wir  gar  keine  Yorstellnng  haben  ^  nnd  nor  die  mOglidilwit  be- 
rOhrte,  dasz  auch  die  scbrift  ttcpl  tröXcuiv  rerwertet  worden  sei.  die 
gröste  scbwftcbe  aber  in  der  kritik  S.s  bestand  darin,  dass  er  keine 
deutliche  vorstellang  von  dem  Charakter  des  Hesjohios  hatte,  da  er 
einerseits  unsem  pseudo-Hesychios  noch  fiDUr  eine  epitome  des  ersten 
hielt,  welchen  glauben  er  selbst  nach  dem  eiecheinen  des  bahn- 
brechenden aufsatzes  Ton  Lehrs  nidit  ausgeben  hat^  anderseits 
auch  die  byzantinische  Tita  Henagiana  des  Aristoteles  anf  Hesyehios 
zurückführte. 

In  gewissem  sinne  epochemachend  war  die  abh«  Ton  C  Wachs • 
m  u  t  h  (nr.  2),  obwol  darin  eigentlich  nur  die  ideen  von  Schneider  aus- 
geführt wurden,  wobei  W.  die  irrtflmer  Schneiders  ttber  psendo- 
Hesychios  und  die  vita  Menag^ana  corrigierte.  aber  das  bedeatende 
darin  war  die  Zusammenstellung  der  85  fragmente*  des  Hermippos 

stelle  t^auz  anders,  die  zeit  des  Trajan  and  Hadrian  selchnete  sich 
durch  die  masse  der  Schriftsteller  aas,  wie  spSter  die  seit  Julians  und 
noch  später  die  des  Anastasins  nnd  Jostinian,  nnd  gerade  die  beden- 
tendiften  und  Hesjchios  bekanntesten  lebten  damals  (Platarch,  Ptole- 
jnaios  ilephaistion,  Zenobiot  der  altere,  Soranoe,  DiogeaianoiL  Lnkianoi, 
Nikauor,  Hermippos  usw.).  offenbar  standen  non  im  eigentUehen  He^* 
chios  bei  diesen  Zeitgenossen  stets  bemerkmigeo  wie  bei  *Air(unf  — 
cuTXPovoc  Aiov.  T.  *AX.  (vjtL  ib.  *Acirdaoc  —  c&rxpovoc  *ApiCT€{bq  Kcd 
'Aöpiavip,  NiKÖCTparoc  —  cOtxp.  'AptcTcCbou  ical  Äuuvoc)  oder  "CircMppö- 
öiToc  —  kqO  '  öv  xp^vov  Kai  TTroXc^aloc  ö  'H<paiCT(uivoc  ^v  ical  dXXoi 
cuxvoi  Tiiiv  6voMacTd»v  ^v  iraibciqi  oder  bei  TTaOXoc  Tüpioc  —  T^TO- 
vibc  KQTd  4>(Xujva,  oder  vielleicht  ciyrxpovoc  T.  Aiov.  'AX.  xal  0iX.  T.  B. 
zwei  der  bedeutendAten  männer  dieses  Jahrhunderts,  Apollonios  Oyskolos 
und  sein  söhn  Herodianos  stehen  noch  mit  einem  fuss  in  dieser  biflte* 
zeit ,  sind  aber  jünger,  und  deshalb  macht  Hesyehios  jene  bemerkang, 
die  er  auch  erweitern  konnte  xal  Tdiv  dXXuiv  övo^acTüJv  nsw,  aosser- 
dein  aber  ^ab  es  noch  eine  jüngere  classe,  bei  welcher  wir  die  angäbe 
6nden  iirl  *A6piavoO  —  MdpKOU  —  "AvTuivivou  oder  TpolvoO  —  *A6ptavoO 
—  M.  'AvTUJvivou  (bei  'Appiav6c,  'Hpt6bnc  'toOXtoc),  nnd  auch  bei  dieser 
fand  Hesyehios  den  Herodian  nicht. 

*  (1cm  titel  nach  hat  das  buch  behandelt  die  auswahl  der  Schriften 
(vermutlich  mit  rUcksicht  auf  den  inhalt)  die  man  für  eine  bibliothek 
besitzen  müsse;  daher  das  scholion  sn  Oreibasios  bei  Mai  elase.  anct» 
IV  s.  11  (Daremberg  HI  s.  687)  ircpl  ßtßXioOi^Kiic  iCTf|C€U>C  wenn  in 
demselben  scholion  gesagt  wird,  dass  Philon  den  erst  Dionjsios  mipröc 
nicht  KupToc  genannt  habe,  so  ist  dies  verständlich  in  dem  xnsammen* 
hang  y  dasz  ein  oder  mehrere  btir.her  dieses  arstes  (im  9n  bncb)  ange- 
führt, also  empfohlen  waren,  wie  aber  in  einem  solchen  bnehe  voll- 
ständige vitae  enthalten  gewesen  sein  sollen  (abgesehen  von  der  dareh* 
gängigen  nichtberückeichtigung  des  Inhalts  der  sehriftcD,  wie  sie  bei 
Hesyehios  sich  zeigt),  ist  mir  völlig  unverst&ndlieh.   doch  davon  nnten. 

^  vgl.  Daub  so.  s.  6  und  meine  untersuch.  &ber  Eadokia  s.  i.  aach 
gab  er  einige  vitne,  zb.  die  aus  Damarkios  stammenden  des  Domninos 
und  Doros  dem  Hesyehios,  während  sie  nor  dem  Snidas  gehören  (vgl. 
untersuch,  s.  60).  *  zu   streichen  ist  wahrscheinlich  A(cu»iioc  dwi- 

Tvu[;cTr]C,  weil  dieser  artikel  aus  Ptolemaios  Hephaistion  geflossen  ist, 
411;.  vermutlich  nur  Suidas  gehört  (vgl.  rh.  mns,  &XXV  s.  tu). 


824  HFlach:  anz.  v.  CWach^muth  de  fontibus  Suidae. 

Yon  Berytos  Ticpi  Tolv  dv  iraibeiqi  Xa)üii|fdvTU}v  boOXuuv  nach  de: 
sehr  wichtigen  beobachtung ,  dasz  nach  Hermippos,  dh.  nach  der 
Hadrianiscben  zeit,  kein  bericht  mehr  über  den  sklavenstand  eia« 
Schriftstellers  im  lexikon  des  Suidas  gefunden  wird.^  damit  warder 
erste  versuch  gemacht  und  der  weg  gezeigt,  in  welcher  weise  im 
den  vitae  des  Hesychios  fragmente  seiner  quellenautoren  hemuge- 
schUlt  werden  können,  weit  weniger  glücklich  war  W.  in  der  be- 
urteilung  des  Dionysios  von  Halikamass ,  da  er  den  verfehlten  ge- 
danken  Schneiders ,,  dasz  Dion.  auch  grammatiker  behandelt  hdbe, 
nicht  nur  aufnahm,  sondern  ohne  ausreichende  gründe*  in  der  weise 
steigerte,  das;  er  Dion.  neben  Philon  für  die  hauptquelle  in  den  vitM 
der  grammatiker  hielt ,  während  er  das  material  über  die  vitaa  dff 
dichter  und  musiker  sachgemäsz  vermehrte,  dies  war  die  orta 
gröszere  gewaltthat,  die  man  an  Hesychios  begieng.  bei  Philoa 
dachte  W.  an  beide  bereits  von  Schneider  angeführte  Schriften  od 
machte  fUr  die  irepl  iröXeujv  mit  recht  aufmerksam  auf  die  Terglei- 
chung  der  artikel  bei  Stephanos  von  Byzanz,  wie  sie  später  ron  Bolidf 
vorgenommen  worden  ist.  von  der  grösten  bedeutong  aber  war  ci 
für  die  beurteilung  des  ursprünglichen  övo^aroXÖTOC  des  He^- 
chios,  dasz  W.  auch  die  reihenfolge,  in  welcher  die  vitale  anf  einaadär 
gefolgt  seien,  eiuer  kritik  unterzog,  mit  dem  resnltat  daax  dien 
chronologisch  gewesen  sei,  aber  innerhalb  dieser  Ordnung  nach 
fächern  verteilt,  zwar  waren  die  gründe  W.8  durchaus  nicht  stidh 
haltig',  wie  Volkmann  in  nr.  3  s.  V  f.  mit  recht  herYorhobj  aber  da- 
mit war  diese  frage  in  bewegung  gesetzt. 

'  lainblichos  (vg^l.  Wachsmath  s.  143  aDm.  17)  war  allerer  Mil* 
genösse  des  Hermippos :  s.  Rohde  griech.  romaD  s.  861  anm.  -  hau^ 
sächlich  von  einflasz  war  die  eben  besprochene  stelle  n.  'HpuitawC 
dann  aber  glaubte  W.  beobachtet  zu  haben,  dasi  die  alten  pammatikfr 
bis  Hadrian  sehr  ausführlich  behandelt  werden ,  sehr  dürftig  dit  4m 
zweiten  bis  fünften  jl^«  und  wieder  genauer  die  des  fUnften  jIl^  dh.te 
Zeitgenossen  des  Hesjchios  selbst.  W.  übersah  dabei,  daas  diese  jsk^ 
hunderte  überhaupt  am  schlechtesten  weggekommen  sind  (man  eriaaat 
sich,  dasz  im  Suidas  die  dichter  Nonnos,  Mnsaios,  Qalntns  fehlen),  tsih 
weil  thatsHchlich  weniger  Schriftsteller  existierten  (so  namentlich  4» 
bedeutenden  grammatiker  mit  Herodian  aufhören),  teils  weil  «eainf 
lexikalische  Sammelwerke  angeferti^^t  wurden,  auszerdem  aber  iilW 
Herodian  die  zeit  angegeben,  und  die  vita  des  Apollonios  Dysksbi 
(der  von  Dion.  nicht  behandelt  werden  konnte)  gehört  an  den  eergfll- 
tigstcn  und  ausführlichsten,  anderseits  sind  auch  vitae  alterer 
matiker  unvollständig  (vgl.  ^ApiCTÖviKOC)  und  'ohronologisehe 
fehlen  oft  (Zr)v6&0T0C  ö  dv  dcTci,  C^XcuKOC  ua.).  freilich  ke 
nicht  ausreichend   die  flüchtigkeit  des  epitomators,  der  ab.  bei 

sthenes  das  Verzeichnis  der  reden  ausgelassen  hat.         *  wol  ia 

frage  ist  die  einscitigkeit  der  kritik  so  sichtbar  hervorgetreten  wieW 
den  unglUcksworten  kqI  oOtöc  im  Suidas,  aus  denen  W.  ^ 

seine   chronologische  Ordnung  abstrahierte,  wahrend  Volk 

beispielen  auf  die  wesentlich  alphabetische  Ordnung  einer  aehfift 
ö^ujvvMUJv  schlieszen  zu  müssen  glaubte,   neuerdings  hat  W.  (bei  ] 
nr.  7  s.  16)  einige  beispiele  aufgedeckt,   bei  denen  nur  älphabellBlIt 
Ordnung  ohne    homonyme  ersichtlich  ist.     wie  kann   man  aber  ' 
einen  schlusz  auf  das  werk  des  Hesychios  machen?   die  kiitlk 


i 


HFlacb :  onz.  v.  DY olkmann  de  Siiidae  biographids  qoaait  noraa.     825 


DVolkmann,  der  eich  bereits  doreh  xwei  arbeiten  (Bonn  1861 
und  83nnb.  s.  7 1 5  £f.)  als  gründlichen  kenner  des  Snidas  geieigt  hatte« 
suchte  in  nr.  3  besonders  nachzuweisen,  dass  eine  sohrift  icepl  6fiui- 
vu^uiv  benutzt  sei,  wie  die  benutzung  des  Ton  Laertios  Diogenes 
so  fleiszig  ausgeschriebenen  Demetrios  Hagnes  schon  Ton  FNietesehe 
(rh.  mus.  XXIV  s.  210  ff.)  dargethan  war  (er  wird  dtiert J>ei  Icaiöc), 
indem  er  für  die  nachaugustischen  zelten  an  fortsetznngen  des 
Agresphon  (der  bei  'AiroXX((»vioc  Tuovcäc  genannt  wurd)  äer  des 
Didjmos,  Phavorinos^  Ptolemaios  dachte,  dass  Hesjrohios  eine  solche 
schrift  benutzt  hat,  ist  ebenso  ttber  Jeden  sweifel  erhaben,  wie  dass 
er  speciell  die  schrift  des  Demetrios  oder  seines  epitomators  snr  band 
gehabt  hat.  mit  groszer  Torsicht  gieng  Y.  einer  einseitigkeit  ans  i 
dem  wege,  indem  er  annahm  dass  dieses  werk,  abgesehen  ron 
den  Schriften  Philons,  des  Hermippos  nnd  Dionjsios  von  HaL,  dem 
werke  des  Hesjchios  zu  gründe  gelegen  habe. 

In  seiner  abh.  ttber  t^T0V€  bei  Suidas  (nr.  4)  hatte  EBohde 
wenig  gelegenheit  auf  die  quellen  des  Hesychios  einragdien.  dennoch 
verdanken  wir  ihr  sehr  wichtige  bemerkungen.  lonlchst  den  als 
leitenden  stem  aufgestellten  sats  (s.  18S  anm«),  dass  diijjenigea 
Schriften  als  quellenwerke  des  Hesjehios  gelten  mOssen,  die  er  selbst 
citiert,  wie  die  chronik  desDionysios,  dio  fiouciicf|  tcropCa  des  jttngem 
Dionysios,  die  chronik  des  Helikonios,  die  philosophengeschielite  des 
Aristokles  und  Athenaios.  dann  zeigte  er  dass  AiUepiades  toa 
Myrleia,  den  Hesjchios  zweimal  citiert  ('Opq)€0c  KpOTumdniC  nnd 
TToX€Vujv  IXteOc),  mit  seinem  werk  tpoMMmKOi  oder  irepl  TP^M* 
^aTiKU)v  (dessen  11s  buch  in  der  vita  Arati  angeführt  wird)  eine 
hauptquelle  des  Hesychios  in  seinen  genauen  angaben  ttber  altera 
gelehrte  gewesen  ist  (also  auch  wol  eine  fortsetzung  desselben  oder 
eine  jüngere  schrift  desselben  inhalts).  auszerdem  aber  schlosz  er 
aus  der  bedeutung,  die  Porphjrios  in  den  citaten  des  Hesjchios  ge- 
nieszt  (die  ähnlich  ist  der  des  Dionjsios  t.  Hai.,  Philon,  Libanios 
ua.),  dasz  dieser  vielfach  von  Hesjchios  benutzt  worden  sei,  und 
nicht  allein  in  der  vita  Plotini  (u.  *AfiAlOC  *Atraflۆc),  sondern  be- 
sonders in  der  q>iXöcoq>oc  lcTOp{oL  Porphjrios  wird  von  Hesjchios 

ist  einfach  gcnufr.  HieroDjmas  de  mrU  HL  gebraucht  et  ip9e  iweimal: 
c.  14  bei  Jnstns  Tiberiensis  (conatu»  e»i  et  ipie  twdmUmnm  verum  hiaio^ 
rieon  texere)  und  c.  3*2  bei  Modettut  (et  ipee  mb  iwwenUare  Marco  Am* 
tonino).  in  dem  erstem  fall  bezieht  es  sieh  auf  den  vorhergehenden 
Zeitgenossen  losephus,  im  tweiten  aaf  den  aeitgenossen  Masaflos.  an 
beiden  stellen  setzt  Sophronioa  kgI  o^töc  die  schrift  des  Hleronjmus 
ist  bekanntlich  cbronolofrisch  geordnet.  Bnidat,  der  die  erete  vita  ana 
8ophronios  übernahm,  liest  xal  aOröc  stehen,  bat  ea  aleo  nicht  ver^ 
standen,  wie  schon  ICUster  gesehen  hat.  dann  ist  eben  die  annähme 
naheliegend,  dasz  Uesychios  es  auch  nicht  verstanden  bat»  nnd  daex  er 
sein  Kol  auTÖc  in  den  verschiedeoartigiten  quellen  finden  konnte:  ebro- 
Dologischen  (wie  Hieronjmas),  alpbabetiseben  (wie  Demetrios  Magnet), 
sachlichen  (wie  Dien.  v.  Hai.),  endlieh  haben  wir  auch  dto  answeg» 
dasz  alle  fehlerhaften  xal  qOtöc  dem  epitomator  zur  last  fallen  (vgl. 
unters,  s.  176  anm.    Rohde  im  rh.  mns.  XXXIV  s.  6t0). 


826  HFlach;  anz.  y.  ERohde  über  t^V€  bei  Saidai 

selbst  citiert  in  den  oben  erwähnten  sieben  vitae;  Rohde  erkannt« 
seine  nacbricbten  auszerdem  bei  Pherekjdes  von  Sjrros,  Hekataic», 
Pythagoras  und  Pyrron,  zeigte  dasz  manche  artikel,  zb.  Sokntes, 
ganz  aus  ihm  stammen,  und  gelangte  zu  dem  resultat,  dasz  Porplij- 
rios,  dessen  geschichte  bekanntlich  nur  bis  auf  Piaion  bzw.  <b 
Platonische  schule  reichte,  für  diese  zeit  die  einzige  qaelle  des  Hetj- 
chios  neben  der  mit  Diogenes  gemeinschafUicben  gebildet  habe.  ** 

Nicht  weniger  ttberzeugend  war  Rohdes  zweite  untersochmig 
(nr.  5)  über  PhilonvonBjblos,  dessen  TrapäboEoc  IcTopiaein« 
mal  von  He&ychios  an  einer  noch  nicht  mit  sicberheit  geheilten  stclh 
citiert  wird  (TTaXai9aT0C  kropiKÖc),  während  ein  zweites  dtat 
(<t>iXiCTiuJv)  ohne  zwei  fei  auf  seine  im  altertum  viel  gelesene  schrifl 
Trepl  TTÖXeujV  Kai  oOc  iK&cvf]  aÖTujv  dvböEouc  fivcfKC  ßißXia  l' 
zurückgeführt  wird,  die  vergleichung  der  artikel  des  Stephanos  toi 
Byzanz,  bei  denen  Niese  (de  Steph.  Byz.  fontibus  s.  26  ff.)  alseiM 
hauptquelle  dieselbe  schrift  des  Philon  erkannt  hatte ,  machte  joM 
annähme  zu  völliger  gewisheit,  wenn  auch  verhftltniBmäszig  wczig 
übereinstimmende  artikel  vorkommen,  und  auffallender  weise  eise 
anzahl  biographischer  notizen  des  Stephanos  bei  Saidas  entweder 
gar  nicht  erwähnt^'  oder  durch  abweichende  angaben  ersetzt  wir! 
(schon  früher  hatten  Wachsmuth  und  Rohde  selbst  [rh.  mos.  YTTITT 
s.  193]  in  diesem  sinne  sich  ausgesprochen),  bei  der  groazenuB- 
sicherheit  auf  diesem  gebiet"  hatte  Rohde  vorsichtiger  weise  ci 
dahingestellt  gelassen,  ob  wirklich  die  vollständige  schrift  des  Phiki 
benutzt  sei,  oder  die  von  Suidas  erwähnte  und  im  Etym.  M.  s.  149 
und  207  citicrte  (vgl.  Wachsmuth  ao.  s.  145  anm.  25)  epitome  dai 
Serenoa,  und  mit  recht  dargethan ,  dasa  diese  ganze  schrift  nur  ein 
secundäre  quelle  des  Hesychios  gewesen  sein  kann,  die  etwa  dci- 
selben  rang  beansprucht  wie  die  philosophengeschichte  des  Porphyr 
rios  neben  Laertios  Diogenes,  ob  aber  Hesychios  anch  eine  zweite 
schrift  des  Philon  irepi  iarpwv  herangezogen  hat,  die  StephiBOi 
zweimal  citiert  (s.  245,  2  und  398,  6),  hat  Rohde  gar  nicht  berflkit 
nur  darin  möchte  ich  ihm  recht  geben,  dasz  Niese  nicht  beiznstimBa 
ist,  der  hierbei  an  selbstcitate  des  Philon  in  seiner  schrift  n^M 


^^  Rohde  ao.  s.  203  anm.  scheint  damals  noch  nicht  geglaabl  si 
haben,  dasz  Hesychios  den  Laertios  Diogenes  selbst  conpiliczt  käWb 
was  er  rh.  mus.  XXXIV  s.  574  stillschweigend  anniatL  ich  glaabt 
unters,  s.  49  ff.  für  immer  den  durch  Nietische  Terbreiteten  aboflis- 
ben  beseitigt  zu  haben,  dasz  Hesychios  nicht  den  Diogenes  beeiM 
habe.  *^  wenn  bei  Stephanos  diejenigen  münner  nicht  gereebmC «t^ 
den,  welche  sich  durch  schriftstellerei  nicht  herrorgethan  habeSi  N 
bleiben  125  namen  übrig,  von  denen  69  bei  Soidas-Eadokia  fiberhsift 
nicht  wiederkehren,  während  bei  16  andern  die  QbereiiiatlBimaBt  dM 
äuszerst  dürftige  i^t,  wofür  Uohde  den  grösten  teil  der  schäld  Iw 
epitomator  des  ^tf'phanos  zngeschrieben  hat.  **  ich  erwlhne  beOidlrt 
dasz  wir  nicht  einmal  alle  Schwankungen  bei  angaben  des  gelmilSSitSi 
auf  Philon  zurückführen  können,  da  ja  Asklepiadcs  Ton  MjfMa  In 
teinen  Tpa^^aTiKoC,  die  Hesychios,  wie  erwähnt,  auch  benutsi  hatf 
darauf  rücksicht  nshm:  Tgl.  die  vita  Aratl  bei  WestermaBB  Si.  li|  Ib 


und  über  Philon  »Ton  ^ybIot  mtd  Heqrcbiot  Ton  MUct      827 

iröXeiüv  denkt  (gegen  Niese  anch  Dtnb  in  nr«  7  s.  40).  doeh  ist 
diese  frage  sehr  verwickelt,  da  eine  schrift  ircpl  iaTpdbv  von  Snidas 
nicht  genannt  wird  und  ans  dem  schon  erwihnten  sdiolion  laOrei- 
basios  sich  ergibt,  dasz  Philon  ttber  die  ftrzto  im  9n  buch  ircpl 
ßißXio9i^KT]C  gehandelt  hat  (und  dass  dies  die  von  Snidas  dtierte 
schrift  ircpl  kWjccuic  kqI  £icXoTf)c  ßißXiuiv  ßißXCo  iß"  sei|  bemerkt 
schon  Daremberg :  vgl.  anch  Waobsmnih  ae.  s.  145)« 

Die  grosze  bedeutung  der  Bohdeschen  nntersndmngen  bemht 
auf  der  evidenz  ihrer  beweisMirang  nnd  dem  fernbleiben  von  allem 
unsichem.  es  ist  wahr,  dasz  zb«  gerade  fragmente  ans  der  eben  ge« 
nannten  schrift  Philons  sowie  ans  der  philosophengesGhiehte  des 
Porphyrios  noch  in  grOszerer  tahl  ausgezogen  werden  kOnnen  und 
müssen,  aber  zweifellos  wird  in  vielen  fiUlen  damit  der  boden  abso« 
luter  Sicherheit  verlassen  werden ,  nnd  die  beweisführung  wird  nur 
zu  einem  grade  der  Wahrscheinlichkeit,  oftmals  vielleidit  nur  zu 
einem  der  möglichkeit  gelangen. 

Mit  rücksicht  auf  diese  vorsieht  und  evidenz  der  beweisffthrung 
stehen  diese  Untersuchungen  in  schneidendem  gegensats  zntler  ttbri* 
gens  sehr  verdienstvollen  und  die  Hesychiosftage  vielCsch  fSrdem- 
den  Heidelberger  dissertation  von  Adam  Danb  (nr.7).  wenn  anch 
in  den  ersten  4  capiteln  im  wesentlichen  nnr  die  ansichten  von 
Schneider  und  Wachsmuth  ttber  Dionysios  ircpl  |lOuaicf|€  ab  haupt- 
quelle  des  Hesjchios  weiter  ansgeftthrt  nnd  durch  neue  beispielo 
begründet  sind  (obgleich  Danb  die  ansieht  Wachsmuths  ttber  die 
grammatischen  elemente  bei  Dion.  stillschweigend  ignoriert  zu  haben 
scheint :  vgl.  rh.  mus.  XXXV  s.  59),  so  bietet  das  fünfte  capitel  eine 
fülle  von  neuem  material.  zunächst  hat  D.  den  von  Schneider  und 
Wachsmuth  ausgesprochenen  gedanken  ttber  Philons  12  bücher  ircpl 
KTr|C€uüc  ßißXiujv  als  quelle  des  Hesjchios  in  d6r  weise  verarbeitet, 
dasz  er  aus  40  angeführten  beispielen"  sie  namentlich  fttr  die  vitae 
der  von  Augustus  bis  Hadrian  reichenden  redner,  Sophisten,  gram- 
matiker,  ganz  besonders  aber  der  ärzte  in  anspruch  nimt«  wenn  nun 
hierbei  schon  äuszerst  wunderbar  ist  —  abgesehen  davon  daaz  Hesj- 
chios selbst  diese  schrift  nie  citiert  —  warum  Hesychios  fttr  diese 
zweige  ein  bibliothekarisches  werk  benutzt  hat,  ftlr  die  dichter  da- 
gegen nicht  (die  doch  auch  darin  enthalten  waren),  so  ist  die  beweis* 
fübrung  für  diesen  punct  mislungen.  man  sieht  nicht  ein,  warum  diese 
samlung  von  Augustus  ihren  anfang  nehmen  soll:  denn  wir  besitzen 
eine  menge  von  vitae,  zb.  der  grammatiker,  aus  der  vorausgehenden 

*'  die  samlung^  ist  unvollständig,  denn  es  fehlen:  Ar||i/iTptoc  *IE(uiv 

—  KQTd  ToO  Kaicapoc  ACito^^'^ou.  Aibufioc  —  iirl  'AvtuMou  ical  Kik^- 
pujvoc  ^uic  AOyouctou,  €0o6oc  —  €irl  N^pujvoc,  lößac  —  imX  AötoOcrou 
Kaicapoc,  AouircpKOC  BnpOrioc  —  M^Kp^»  irpd  Tdiv  KXmi6(ou  toO  6€vt<- 
pou  Kaicapoc,  Caßlvoc  —  irtX  'AbptovoO  Kmcopoc,  0ofuiplvoc  —  TCT©- 
vuic  ini  'AöpiavoO  xal  TrapaT€(vac  \iitS^\  rdkv  'A6piavo0  xp^vuiv,  XdpoE 

—  M€T '  AOyouctov  TToXXip  vcdiTcpoc.  vgl.  mach  fdioc  Kalcap  —  iircicXrien 
KaXXiTöXac.  wol  nur  durch  ein  versehen  ist  Mccofi/)6iic  XvpiKÖc  bei  D* 
uuter  (Ue  prosaiker  gerathen. 


828       HFlacb :  anz.  v.  ADaub  de  Suidae  biogBaphicomin  origine  et  fide. 

zeit  (vgl.  'AXÖavbpoc  6  MiXrjcioc  —  ini  tuiv  CüXXa  xpövuiv,  'Afi- 
jiiuvioc  —  Trpö  ToO  jiovapxflcai  Aötouctov,  'Apiroxporfauv  — 
cu|LißiiuTf)C  Katcapoc).   dann  aber  bat  D.  ein  viel  zu  grosses  gewidit 
darauf  gelegt,  dasz  bier  die  Zeitbestimmung  immer  nach  denregierea- 
den  kaisern  erfolgt  ist,  wobei  ibm  als  die  bauptperioden  der  datienm; 
die  zeit  von  Augustus  bis  Nero,  von  Nero  bis  Tn^an  und  die  leit 
Hadrians  gelten,   wäre  dieser  modus  ausschlieszlich  in  dieser  periode 
der  kaiserzeit  sichtbar,  so  würde  die  ansiebt  von  D.  einige  mQglid- 
keit  gewähren;  da  dies  aber  nicbt  der  fall  ist,  so  besitzt  sie  nicht 
den  geringsten  grad  von  wabrscbeinlicbkeit.   die  angäbe  der  leitbi- 
stimmung  nach  den  bedeutendsten  kaisem  bleibt  nemlich  anchii 
den  folgenden  Jahrhunderten  nach  wie  vor  in  kraft,   und  xwsr  nsd 
noch  im  zweiten  jh.  folgende  datierungen: 
'  A  b  p  i  a  V  6  c  dK^dcac  in\  MäpKOu  *AvTuivivou 

'  A  6  rj  V  a  1 0  c  tiA  twv  xp<^vu)v  MdpKOu 

'ApicT€(bTic  T€Tovuic  dtri  T€  *AvTuivIvou  ToO  Koi- 

capoc  Kai  biordvac  jn^XP^  Kopötou 
'Appiavöc  ^Til  'AbpiavoO   kqI  Mdpxou  [im] 

'AvTUJvivou  TUüv  ßaciX^uiv  (wo  ib 

quelle  Helikonios  citiert  wird:  -vgL 

Bohde  rb.  mus.  XXXm  s.  182  snm.) 

'Hpuibiic  'loüXioc  inX  TpaiavoC   kqI  'Abpiovoü  m 

MdpKou  'AvTuivivou  ti&v  aöroKpa- 

TÖpUiV 

TaOpoc  BiipuTioc  T€TOvdic  InX  *AvTU)vivou  toO  cAa- 

ßoOc 
ra\r)vöc  TCTOVÜbc  ird  Mdpxou  ical  Kofiötou 

Kai  TTepTivoKOC  tuiv  Kaicdpuiv 
Aa^6q)tXoc  &v   dveOp^iiiaro  louXiavöc  6  M 

MdpKOu  ToG  ßaciX^u)c  fiiniToc 
'€  TT  i  K  T  T]  T  0  c  KOI  btaT€(vac  \i4xpi  MdpKOU  'AVTV- 

vivou 
*€pMOT^vr)c  T^TO  V€  bk  ini  Mäpxou  toO  ßociltec 

IcuXtavöc  T^Tovwc  £ttI  Mdpxou  *AvTuivivo« 

ToG  ßaciX^uic 
MdpxeXXoc  CibriTT]C  £iri  Mdpxou 'Avruivivou 

NiKÖCTparoc  itii  Mdpxou  'AvTuivivou  tdO  foo- 

\i\x)c 
'OTTTTiavöc  T€TOvujC  £ttI  Mdpxou  'AvTunrivo» 

ßaciX^uic 
TTroXciüiaToc  6  KXaubioc  T€TOvd)C  tiA  ti&v  xpövuiv  Mdpso» 

ToG  ßaciX^uic 
MdSiMöc  Tüpioc  inX  Ko^öbou 

TToX^^uiv  ö  V€uiT€poc       in\  Ko^öbou 
Aafiiavöc  Iv  toTc  öndroic  {vcTpdfTi  AicA loft 

ßactX^ujc  Ceoui^ipou     - 
N  ^  c  T  uj  p  TCTOvujc  IrA  Ccßi^u  toO  ßaaUoK 


im  dritten  jh.  folgende : 

■ 

Aituv  6  K&ccioc 

T£T0VUJC  in\  TÖJv  xpövujv  'AXtEiSv-    ^™ 

bpou  ToO  Ma^aicic 

KobpäTOC 

Jujc  'AXeSdvbpou  toG  Monotoc  uioö 

Kaicapoc 

TTeicavlipoc 

TtTOVibc  4tii  'AXeEdvbpou  ßociX^uK 

ToO  MuM^^'OC  natböc 

«PiXöcrpOTOc 

£tt\  Ceßijpou  Toö  ßaciX^uic  xai  mc 

(PlMltTtOU 

<J>p6vTtuv 

TtTOViwc  ^rti  Ctoui'ipou  toö  ßaciX^iuc 

•Aiplvnc 

ßociXeüovTOC  Ma£inivou 

Taiiavöc 

^Tii  Mafl^livou  Kai  ToptimvoO 

Matuip 

i-n\  <t>iXiirT[ou    loO    Kaicapoc  kcA 

^Tlävui 

NiKaT<Spac 

T^YOve  bi  KQTii  ^IXiiTirov  liv  Kai- 

capd 

A^Einnoc 

T6T0VÜJC  iiti  BoXepiavoO  koI  TaXir]- 

voC  kq'i  KXau&iou  ^€UTEpou  Kai  Aüpf]- 

XmvoO  Tüiv  ßaciX^Luv  'Piujiaiiuv 

Tev^eXioc 

fiaO)]Tric  MivouKiavoCi  (MivouKia* 

vöc  -feTOviitc  im  foXiiivoö) 

[*€(popoc  6  vtiÜTCpoc 

fTpav«    TÖc    TaXiiivoö    (so   Born- 

hardj-;  dio  hsB,  auszer  Med.  ToXrivoO) 

\cTOpiac.  AvGutschmidluiltmirdie 

Vermutung  mit,    bei   töc    TaX^voO 

icTOpiac  Bei  raXrivöc  der  held  eineB 

romans,  so  dasz  dieser  EpLoroa  nichts 

mit  einem  historiker  zu  thun  haben 

wurde] 

iTil  bt  faXinvoö  Tlpcöc  luv 

nxujTivoc 

AoTT'Voc 

im  AüpriXiavoO  toö  Kaicapoc 

TTopqiüpioc 

•fCTOviijc   ln\   Ttüv   xpövutv  Aupii- 

XiavoO  Kai  napareivac  £ujc  AiokXi]- 

Tiavoü  toG  ßaciX^ujc 

CujTiipixoc 

TET*^vuic  im  AiOK^HTiavoO 

im  vierten  jh.  (iiese: 

'AiioXiväpioc  AaoblKtüc  teTOVujc  iv  iiM^pmc  KiuvcravTivou 

Koi  'louXiavoü  ToO  napapüTou  Kol 

kiuc  ■riic  öpxiic  Qcoöociou  xoG  n«* 

TÄXou 

'Al])UpTOC 

inl  KLuvcTOVTivou  toö  ßaciXtiuc 

ru^vdcioc 

im  Tuiv  KwvcTavxivou  toG  ßactX^wc 

Xpöviuv 

e^iüv 

tcvÖMEvoc  bi  im  Toü  ßaciXe'uic  Kuiv- 

CTOVXivOU 

'läjißXixoc 

TETOVlijC  KttTÖ  TOGc  XPÖVOUC  KlUV- 

CTOVTivOV  ToO  ßctciX^wc 

^ 

830     HFlach :  anz.  v.  ADaub  de  Suidae  biograpliiconim  origine  et  fide. 

[louXiavöc  KuivcTavTivou  ßaciX^uic  toG  rctb- 

Xou  dvcMiiöc] 
TTaXXdöioc  T^TOve  hk  in\  KuivcravTivou  tou 

ßaciX^wc 
TTaOXoc  AItütttioc  T^TOVibc  irA  toO   ßaciX^uic  Kunr- 

ciavTivou 
TTpoaip^cioc  TifiOuv  f  tux€  tuüv  Mex^cruiv  ToOauro- 

Kpdropoc  Kuuvcravrivou  —  ofinc 

jJK^acev  im  MouXiavoO 

[6UCTÖXI0C  ^TPOM^C    Tä   KQTÄ    KuivcTOVTa  tA? 

ßaciX^a] 
'A  K  d  K 1 0  c  dm  louXiavoC 

6  €  )üi  { c  T 1 0  c  T^TOvdic  itii  t&v  xP^vtuv  'louXiavoi 

Toü  TrapaßdTou 
'Ifi^pioc  coq>tcTf|c  TWY  ln\  MouXiavofi  tov 

ßaciXdwc 
Aißdvtoc  TWY  in\  'louXiavoC  toC  ßociXte 

XPÖYWY  Kai  liixpi  dcobociou  tou 

npecßÜTOu 
M  d  S  t  fi  0  c  bibdcKaXoc  'louXiavoO  Kakapoc  tov 

Tiapaßdrou 
['0  p  €  i  ß  d  c  1 0  c  Kai  KOiaicriup  in*  aÖToO  C'ouXiavoi} 

KaTacTaOcic] 
KXaubiaYÖc  T^Toycy  im  tuiv  xP<^vuiv 'Apxobbio 

Kai  'OYwpiou  Tuiy  ßactX^uiv 
MdpKcXXoc  ^dticTpoc  'ApKabbu  toO  ßaaXäiic 

T  TT  a  T  i  a  fiK^ac€  y  inX  Tf)c  ßactXetac  'Apicobbi 

aus  dem  fünften  jh.  führe  ich  noch  an : 
deuüY  dTUTX^YOY  bk  dfiq>6TCpoi  ItA  Ocd- 

bociou  ßaciX^wc  toO  irpccßuitEpov 
TTdniTOC  T€TOYÜ)C    Kard   tAv    irpccßuicpflv 

BeoböcioY  TÖY  ßaciX^a 
'fi  p  a  TT  ö  X  X  u)  Y  irA  6€oboc(ou 

die  unmittelbaren  Vorgänger  und  Zeitgenossen  des  HeBychiot  idW 
hatte  bekanntlich  schon  Schneider  (Callim.  II  8.  27;  vgL  m.  ntflft 
s.  96  anm.  2)  angeführt. 

Wenn  ich  nun  auch  zugebe  dasz  das  erste  jh.  der  kaiMnrit  W 
Suidas  etwas  reicher  an  sd^ftstellervitae  ist  als  eines  der  folgtt- 
den,  so  ergibt  sich  für  mich  nur  das  4'me  daraus,  dasi  in 
mehr  Schriftsteller  gelebt  haben,  wahrscheinlich  aacli|  daaa 
häufiger  in  lexikalischen  oder  andern  gesamtwerken  xusami 
waren ;  keineswegs  dasz  eine  hauptquelle  des Hesychioa  uuuttd- 
bar  nach  diesem  jh.  anzunehmen,  noch  weniger  dass  dies  eine  ichiift 
Tiepi  KTr|C€U)C  Kai  ^KXoTnc  ßtßXiuiY  gewesen  sei.  vielmehr 
diese  genauen  chronologischen  data  aus  chronikartigen 
bie  früher  der  2Ütere  Dionysios  v.  Hal.|  später  Helikonioe 
hatten,  vielleicht  auch  Eugenator  (vgl.  0iXdTpiOC).  somit  fiUt 


HFlach:  anz.  t.  ADaub  de  8aidae  Inographioomm  ozigiiM  «i  Ma»    8S1 

das  zusammen,  was  D.  über  die  vitae  der  Erste  an«  dem  eratea  jh. 
der  kaiserceit,  die  aus  dem  9n  bache  der  genunien  aehrift  Philona 
stammen  sollen  (der  quelle  dee  Soranoe),  auaeinandergeaetit  hat 
(s.  41  f.),  was  auch  schon  dadurch  an  Wahrscheinlichkeit  Terliert, 
dasz  noch  aus  der  nachphilonischen  zeit  sehr  ansf&hrliche  yitae  der 
firzte  gefunden  werden  (vgl.  ""AiiiupTOC,  foXrivöc,  MdpKCXXoc»  'OpCi* 
ßacioc,  <t>iXdTptoc). 

Nicht  weniger  verunglückt  scheint  mir  der  versnch  dem  Her- 
mippos  von  Berytos  ein  werk  nepl  ivböEiuv  dvbfM&v  sn  imputieren, 
dessen  fünftes  buch  TT€pl  £vbö£uiv  ionrpuhf  gehaaddt  hitte.  im 
scholion  zu  Oreibasios  (das  übrigens  D.  a.  89  ongenan  dtiert)  iat  der 
Wortlaut  £v  Tifi  e'  trept  tuiv  bi&  traibciov  (cod.  iroibiov)  ccftvuvO^v-* 
Twv  (cod.  ccMVTfO^VTuiv)  dvbdEuiv  dvbpu^  krrpi&v»  der  ans  iwei  an* 
gaben  der  Überschrift  entstanden  ist,  indem  der  achreiber  tuient  den 
allgemeinem  (falschen)  tiiel  "ircpl  tAv  £vbdEuiV  dvbpd^  geiMdnrie- 
ben  hatte ,  dann  er  selbst  oder  ein  anderer  diesen  durch  den  ipe* 
ciellern  (richtigen)  7T€pl  TUiv  bi&  ircubekiv  afiVUVd^VTtUV  (im  echten 
titel  wahrscheinlich  Xa^«|idvTUiv)  loTpdbv  ersetxte,  worauf  ein  ab- 
schreiber  beide  confundierte  (da  bekanntlich  die  abschreiber  textea- 
fehler  selten  auszustreichen  pflegten),  die  stelle  Etym.  H.  ••  118, 14 
'ATTäjLieia  —  d)C  ''€p^i7tnoc  €v  i^  ircpl  ti&v'£v  iratbefqi  Xo|ii|ydvTuiv 
XÖTtfi  ist  richtig  von  Hemsterhois  verbeaaert  worden  Xo|ii|idvTUiv 
bouXujv  (ebenso  Wachsmath  ao.  s.  148  anm«  16),  wogegen  Daaba 
conjectur  X^T^^  frostig  ist  und  der  oitierungsweise  im  Etym«  M, 
weniger  entspricht.'^  es  ist  durchaus  angemessen  und  veratftndlich, 
dasz  der  schüler  des  Philon  nur  über  einzelne  kategorien  gelehrter 
gehandelt  hatte,  sklaven  und  ärzte.  wo  gerathen  wir  aber  mit  dieser 
art  von  quellenuntersuchungen  hin,  wenn  wir  von  Schriften  aus- 
gehen, die  Hesychios  nicht  nur  nicht  citiert,  sondern  die  niemala 
existiert  haben  ?  aber  auch  solche  wie  die  ßißXiOKfj  ifiTTCipia  des  Tele- 
phos,  eines  Zeitgenossen  Uadrians,  der  q>iXößipXoc  des  Damophiloa 
(bei  D.  8.  39),  der  am  ende  des  zweiten  jh.  lebte,  das  buch  ßioi 
iaTpuiV  des  jungem  Soranos  (bei  D.  s.  42  anm.)  dürfen  in  keiner 
weise  herangezogen  werden,  wenn  wir  nicht  alles  verwirren  wollen. 
auf  diese  weise  siebt  man  schlieszlich  in  den  vitae  nur  die  titel  der 
bücher  an  und  berechnet,  ob  in  ihnen  etwas  ähnliches  gestanden 
haben  könnte  wie  bei  Hesychios,  und  dann  hat  man  eine  haupt- 
quelle, den  allein  richtigen  weg  hat  Bohde  vorgezeichnet,  dasz  wir 
nur  von  denjenigen  Schriften  auszugehen  berechtigt  sind,  die  von 
Uesychios  als  seine  quellen  genannt  werden,  und  da  dies  31  oder  82 
sind  (vgl.  meinen  aufsatz  rh.  mus.  XXXV  s.  201  ff»),  so  bleibt  der 
kritik  noch  ein  weites  feld  zur  bearbeitung  übrig,  ohne  dasz  sie  auf  ab- 
gelegene und  unwirtliche  gebiete  sich  zu  begeben  braucht,  deshalb 
vermag  ich  in  den  letztgenannten  Untersuchungen  nach  den  arbeiten 

**  es  i8t  mehr  als  wahrscheinlich,  daat  Uennippos  über  ApameU  bai 
freleceuheit  de«  Parthenios  gehandelt  hatte,  in  dessen  vita  er  ja  ana- 
drücklicb  citiert  wird  (vgl.  Wachsmath  ao.  s.  141). 


832     HFlacli:  anz.  v.  ADaub  de  Suidae  biographicoram  origine  ei  fidiL 

Eohdes  nur  einen  rückschritt  zu  erkennen ,  ein  verlassen  der  w^ 
der  gewisheit  und  ein  betreten  derer  der  ungewisheit,  ein  hinfib«^ 
leiten  der  frage  vom  gebiete  der  endlichen  wahrscheinlichkeiteB  n 
dem  der  unendlichen  möglichkeiten.  nur  das  eine  möchte  ich  aod 
als  gesamtresultat  aller  arbeiten  hervorheben,  dasz  Hesjchios  dud* 
aus  nicht  zwei  hauptquellen  gebraucht  hat,  wie  vielfach  geghnU 
und  bisweilen  angegeben  wird'\  und  ausser  diesen  einige  ndMi- 
quellen,  sondern  dasz  er  aus  einer  ganzen  reihe  von  schriftan  der 
verschiedensten  art,  wie  xpoviKä,  7T€pi  ö^uivu^uiv,  )LiouciicJ|  kropifl^ 
(P1X6C090C  iCTopia,  TTcpi  Tpa^^aTiKiliv,  ncpl  iröXetuv,  ircpi  Ti&vfap 
iraibeiqi  XaMi|iävTUiV  öouXujv  ua."  geschöpft,  vermutlich  and  Ar 
jeden  litteraturzweig  wenigstens  6ine  hauptquelle  gehabt  hat,  dit 
alle  in  der  verschiedenartigsten  anordnung  abgefaszt  waren,  so  dia 
von  der  beschaffenheit  einer  seiner  hauptquollen  keineswegs  mit 
Sicherheit  auf  die  anordnung  bei  Hesjchios  selbst  geschlossen  wft- 
den  darf. 

Was  nun  schlieszlich  diese  anordnung  anbetrifiFt,  so  gestehe  'A 
auch  hier  durch  die  ausHlhrungen  D.s  (s.  7  ff.)  nicht  befiriedigt 
zu  sein,  ich  erkenne  hierbei  eigentlich  nur  das  bestreben  etwas  n 
sagen,  was  vorher  noch  nicht  gesagt  war."  es  ist  bezeichnend,  wk 
er  überhaupt  oftmals  'den  auf  diesem  gebiet  änszerst  befremd» 
den  ton  der  grösten  Sicherheit  angeschlagen  hat^  so  dasz  s.  lOdff 
satz  gelesen  wird:  ^cum  plenum  opus  Hesjchianum  ex  temporii 
ratione  adomatum  fuisse  nunc  pro  certo  adfirmari  poaiit' 
nunc  ?  seit  wann  ?  seitdem  Wachsmuths  hauptgrund  fOr  dieie  n- 
uahme  von  Volkmann  widerlegt  worden  ist?'*  D.  nimt  eine  vw- 
schiedene  anordnung  im  onomatologos  und  in  der  epitome  an,  iadm 
er  in  der  letztern  die  im  Suidas  sichtbare  antistoichische  reünfolli 
voraussetzt,  die  eine  anordnung  Trepl  &^UJVU^ulV  involnert;  aber 
was  er  vom  onomatologos  sagt,  gehört  in  das  gebiet  der  phantasisa 
mit  welchen  mittein  sind  wir  ausgerüstet,  um  beide  trsnnea  ss 
können  (vgl.  rh.  mus.  XXXV  s.  229  anm.  4),  und  wie  wenig  wak- 


'^  vgrl.  Maass  de  Sibjllaram  indicibus  s.  64.  ttb«rhaapt  ist  M  oa 
krankhafter  zug  der  heutigen  kritik,  ohne  irgend  welohe  siohtbart  tw- 
aiilassung  anf  Vereinfachung  der  quellen  zu  dringen,  wodurch  der  ■■> 
schuldige  schriftsteiler  in  vielen  fiillen  zum  reinen  oopisteu  geaaeM 
wird.  *^  man  vergleiche  auch,  was  ich  antera.  s.  69  ff.  fiber  PUt* 
Stratos  und  Damaskios  [als  quellen  des  Hesychios  gesagt  habe. 
*'  dasäelbe  gilt  zb.  auch  von  seiner  darstellong  des  Ttthiltnissct  iv 
Kuilokia  zu  Hesychios.  da  einige  behanptet  hatten,  daM  wAm  aar  ta 
i^uidas  abgesclirieben,  andere  —  darunter  ich  —  sa  beweiien  TmMH 
liaben,  dasz  sie  nur  die  epitome  des  Hesjchios  benutsti  ao  Mfl  IX 
8.  26,  dasz  sie  Hesychios  und  Suidas  aufgeschrieben  —  gewii  te 
schlechteste  ausweg  der  denkbar  ist,  da,  wenn  ihr  die  epftleM«  moh 
zur  band  war,  sie  schwerlich  daneben  den  gewaltigen  fioidaa  aatar 
schlagen  haben  wird.  <'  dieselbe  ansieht  tiber  die   ehn»elo^eiM 

anordnung  hatte  schon  D.  im  rh.  mus.  XXXV  e.  67  avan^rMhea.  i» 
dem  er  mittels  einer  unmöglichen  orklkrung  biw.   coojnctor  aa 
dasz  bei  Hesychios  Aa^&CTr\c  und  *Hp65oTOC  anf  einander  gefolfl 


HFlach :  anz.  y.  ADaub  de  Snidaa  biognpliioonim  origine  ei  Mb.    88S 

8cheinlichkeit  hat  es,  dasz  der  epitomator  darin  toh  iemem  original 
abgewichen  ist  (vgl.  unters*  s.  176  anm.)!  gibt  66  dafllr  irgmd  eine 
anadogie?  was  D.  Ober  die  epitome  sagt»  ist  gans  TortrelDieh  and 
völlig  zu  billigen  fxb.  Ober  die  swei  gloseen  im  Bnidas  KAcruip 
Töbioc  zuerst  nach  Kapv€äbv)C  und  KocniiXöc),  und  es  wOrde  Ober* 
zeugend  gewirkt  haben,  wenn  er  seine  grOnde  andi  auf  den  onomato« 
logos  ausgedehnt  hstte.  aber  ich  Termnte  daei  D.  sieh  in  manöhea 
cardinalpuncten  gescheut  hat  von  der  einmal  verOflbntlichten  an* 
siebt  seines  lehrers  Waohsmufh  absnweiohen,  und  wenn  dies  auch 
pietätvoll  ist,  so  hat  er  deswegen  doch  vielleidit  die  frage  nicht  so 
weit  gefordert,  als  er  sie  sonst  gefttrdert  haben  wOrde.  Obrigena 
kann  ich  nicht  umhin  troti  meiner  prineipiell  abweichenden  ansieht 
meine  gröste  anerkennung  ausanspreohen  Ober  gans  vortreflUdhe  be* 
merkungen  und  verbesserungsvorschllgn,  die  dnroh  die  ganae  arbeit 
zerstreut  sind ,  ganz  besonders  aber  Obor  die  groaae  soq^t  in  der 
herbeischaffung  des  ganzen,  so  weit  anseinandwliegenden  materials, 
das  nur  an  wenigen  stellen  die  erwOhnnng  von  vorarbeiten  in  dem 
betreffenden  puncto  vermissen  Ksst  (vgl.  sb.  s.  11  und  m.  nnters* 
8. 176  anm.).  auf  die  fortsetsnng  der  arbeit  dOHIsn  wir  nm  so  mehr 
gespannt  sein ,  als  darin,  nach  den  andentongen  sn  urteilen,  vorauf* 
sichtlich  mehr  parüen  kommen  werdetti  die  auf  allgemeine  annähme 
anspruch  erheben  dOrfen.* 

[*  fortsetsong  und  schluss  der  oben  angeseigten  disaertatlon  ist 
nebst  dieser  selbst,  die  nur  den  anfkng  der  grossem  arbeit  bildete» 
im  elften  snppleinentband  dieser  jahrbOoher  s.  401—490  und  in  beson- 

derm  abdruck  erschienen.] 

Tübingen.  Hans  Vlaob» 


112. 

KLEON  BEI  TUUKYDIDE8.  EINE  KRITI80HS  UNTBR8U0HUMO  VOM  MaX 
BÜDINOER.  AUS  DEM  APRILHEFTE  DES  JAHBQANGS  1880  DER 
SITZUNGSBERICHTE  DER  PHIL.-HIST.  0LA88B  DIE  XAI8.  AKAD.  D. 

wiss.   Wien,  1880.   in  comm.  bei  C.  Gerolds  söhn.  48  s.  lez.-8. 

Der  vf.  dieser  Untersuchung  knttpft  zunftohst  an  die  ausftlh- 
ruDgen  von  Grote,  Maller-Strttbing  und  GGilbert  an,  indexn  er  die 
Stellung  Kleons  im  athenischen  Staate,  seine  Persönlichkeit  und  sein 
Terbältnis  zur  alten  komödie  kurz  erOrtert  sein  urteil  schlieszt  sieh 
im  groszen  und  ganzen  dem  der  genannten  gelehrten  an,  ohne  jedoch 
im  einzelnen  überall  ihren  hypothesen  zu  folgen,  so  findet  ref*  zu 
seiner  freude  die  phantasie  Mttller-Strfibings  vom  '  reichsfinanz- 
minister  Kleon'  nidit  bei  Bfldinger  wiederholt,  der  hanptvorwurf 
der  abhandlung  ist  die  darstellung des  verhM tniasea  des  groszen  dema- 
gogen  zu  Tbukydides ,  oder  genauer  eine  kritische  beleuohtung  des 
bildes  welches  der  letztere  in  seinem  geschichtswerke  von  seinem 
politischen  gegner  entwirft. 

J»iirbacb«r  f^rclMs.  phUol.  1880.  hft.  IS.  64 


834     HZurborg:  auz.  v.  MBüdinger  über  Kleon  bei  Thukydidet. 

Die  hier  zuerst  in  betracbt  kommende  stelle  ist  die  dea  Snbnchcs» 
in  welcher  Kleon  und  Diodotos  bei  gelegenheit  der  berathong  aber 
das  Schicksal  der  abgefallenen  Mjtilenäer  redend  eingeführt  werden. 
der  vf.  sucht  zu  beweisen,  dasz  Thukjdides  keineswegs  seine  ansidtt 
mit  der  des  Diodotos  identificiere ,  dasz  er  zwar  ein  prindpiellcr 
gegner  der  abschreckungstheorie  sei  (c.  46  erkennt  er  also  als  las- 
Susz  der  eigenen  meinung  des  historikers  an) ,  aber  gegen  Kkou 
Vorschlag  kaum  mehr  als  gegen  den  des  Diodotos  einzuwenden  habe; 
er  weist  darauf  hin,  dasz  bei  späteren  Allen  von  niedermetieling 
ganzer  bürgerschaften ,  wie  der  SkionSer  und  Aigineten,  sich  kefai 
wort  des  mitleids  oder  der  misbilligung  seitens  des  antors  finde,  des 
argumenten  des  Diodotos  wirft  er  Schwächlichkeit,  ja  manchen  seiicr 
redewendungen  lächerlichkeit  vor  und  betont  dasz  Diodotos  sdbst 
seines  gegners  Vorschlag  n\cht  für  ungerecht  halte,  soifdeni  aar 
zweckmäszigkeitsgründe  dagegen  vorbringe. 

Hef.  gesteht  von  des  vf.  ausfuhrungen  durchaas  nicht  ttherzengt 
zu  sein ;  namentlich  kann  er  den  versuch  desselben ,  die  tendeu  dar 
Diodotischen  rede  als  mit  der  meinung  des  Thukjdides  nicht  ttbereiB- 
stimmend  darzustellen ,  nur  als  gescheitert  ansehen,  dasz  Diodotoi 
nicht  eine  gänzliche  amnestie  der  schuldigen,  sondern  nur  eine  mOde- 
rung  des  am  tage  vorher  gefaszten  beschlusses  beantragt,  ja  dass 
er  diesen  antrag  nicht  mit  moralphilosophischen  gründen,  soaden 
nur  mit  solchen  der  politischen  ntttzlichkeit  motiviert,  kann  doA 
nicht  wunder  nehmen,  wenn  man  sich  einigermaszen  in  die  prakti- 
schen bedingungen  der  Sachlage  hineinversetzt  oder  glaabt  BAdinger 
wirklich,  dasz  ein  Staatsmann,  der  dem  antrage  des  Kleon  gegenfibcr 
für  völlige  Straflosigkeit  plädiert  oder  eine  Strafmilderung  in  errter 
linie  mit  allgemeinen  humanitätsgründen  gestützt  hfttte ,  vom  vdb 
damals  auch  nur  ruhig  angehört  worden  wäre?  des  Diodotos  oder 
vielmehr  des  historikers  jenem  in  den  mund  gelegte  wahre  meinung 
bricht  ja  deutlich  genug  —  freilich  in  einem  gewissen  widerspraA 
zu  diesen  utilitarischen  gesichtspuncten  —  in  dem  ezeurs  über  die 
abschreckungstheorie  (c.  45)  hervor,  auch  einige  von  B.  in  der  rede 
als  anstöszig  empfundene  stellen,  wie  die  bemerkung  dasz  der  rsdaar 
einen  weitem  blick  als  das  zuhörende  volk  haben  müsse,  nnd  Iha- 
liche  vom  vf.  ^ergötzlich'  oder  ^bedenklich'  gefundene  loaieniBgeB 
über  das  Verhältnis  zwischen  redner  und  volk  erklären  aidi  leidC» 
wenn  man  sie  als  unwillkürlich  sich  hervordrftngende  nrteik  des 
historikers  selbst  auffaszt;  ähnliches  läszt  sich  in  den  Thnkydidei- 
schen  reden  auch  sonst  nachweisen,  überhaupt  ist  die  inhaltawiedsr> 
gäbe  der  rede  des  Diodotos  bei  B.,  wie  ref.  scheinen  will,  nicht  imaer 
ganz  objectiv  und  gerecht,  er  tadelt  an  dem  redner,  daaisr'ae* 
gleich  in  der  einleitung  Kleon  mangelnde  erziehung  (dtraibcudB) 
und  bomiertheit  (ßpaxuTT]C  TVuijinc)  vorwirft',  während  derselbe  ia 
Wirklichkeit  nur  sagt:  'nach  meiner  meinung  sind  die  beiden  gigstoü 
gegensätze  zur  wolberathenheit  Übereilung  (rdxoc)  and  leidensehiA 
(öpTrj),  deren  eine  mit  Unverstand  (dvoia),  die  andere  mit  maagd  en 


HZurborg:  anz.  t.  MBüdinger  Aber  Kl«o&  bei  Tlnikydidet.    885 

Selbstzucht  (dnatbeucta)  und  komichtigkeit  des  nrteiUi  (ßpoxOnic 
YVUijLHic)  im  Zusammenhang  zu  stehen  pflegt'  der  redner  spricht  also 
ganz  allgemein,  und  der  in  diesen  werten  etwa  enthidtene  Vor- 
wurf trifft  ebensowol  das  beschlieszende  Tolk  wie  den  gegnerischen 
Staatsmann,  wenn  endlich  B.  hervorhebt,  dasz  Thuk.  die  tötnng 
der  tausend  Hytilenfter,  sowie  spftter  die  niedermetselong  der  Bkio* 
nfter,  Aigineten  ua.  'trocken'  berichte  und  mit  keinem  ansdrack  der 
misbilligung  begleite,  so  ist  dies  eben  ^dieselbe  olijective 'trocken- 
heit',  mit  der  er  ua.  auch  seine  eigene  Terbannong  einfach  mitteilt, 
wie  der  Schriftsteller  zu  diesen  thatsaohen  steht,  spricht  er  denflich 
genug  in  dem  berühmten  rftsonnement  IQ  82  f.  aaS|  welches  ja  dem 
m jtilenäischen  falle  nicht  allzulange  nachfolgt 

Im  gegensatz  zu  der  eben  besprochenen  darstellnng  können  wir 
mit  dem ,  was  der  vf .  über  die  pjlischen  angelegenheiten  und  den 
weitem  verlauf  der  ereignisse  bis  sa  Kleons  tod  anseinaaderset«t| 
im  allgemeinen  uns  einverstanden  erkliren.  namentlich  ist  sein  nr- 
teil  über  das  verhalten  des  athenischen  demos  in  dieser  seit  als  ein 
fortschritt  gegenüber  manchen  übertmbnngen  Grotes  in  beseidmen, 
und  dem  Verdienste  des  Thukydides  wird  er  entschieden  mehr  als 
der  englische  gelehrte  gerecht  auch  die  sehr  ansprechende  Vermu- 
tung, dasz  in  der  darstellung  des  fddsoges  auf  Sphakteria  der  be* 
riebt  des  Demosthenes  die  hauptqnelle  des  Thuk/dides  sei,  trügt  sa 
einer  klftrung  der  Sachlage  wesentlich  beL  schliesilioh  iUlt  der  vf« 
nach  den  berichten  des  Thuk.  über  diese  wie  über  die  frühere  thftUg- 
keit  des  Kleon  das  gesamturteil,  dasz  der  historiker  in  anerkennens- 
werter weise  auch  seinem  feinde  gegenüber  'den  edlen  grundsfttsen 
muglichster  genauigkeit  und  Unparteilichkeit  treu  geblieben  ist'  — 
ein  urteil  das  nicht  minder  der  maszvoUen  besonnenheit  des  vf.  als 
dem  historiker  zur  ehre  gereicht. 

Zum  schlusz  noch  zwei  einzelheiten.  wenn  der  vf.  s.  13  aus  den 
Worten  des  Antiphon  TT.  t.  'Hpidbou  q>övou  76  schlieszt,  dasz  auch 
dieser  die  tötung  sämtlicher  Mytilenfter  ganz  in  der  Ordnung  findO| 
da  er  alle  für  schuldig  halte,  so  ist  dagegen  zu  bemerken,  dasz  dies 
ja  nur  eine  äuszerung  des  Sprechers  ist,  in  dessen  interesse  es  lag, 
seinem  vater  wo  möglich  die  ganze  bürgerschaft  als  mitschuldig,  ja 
als  ihn  zur  mitschuld  zwingend  zur  seite  zu  stellen,  ebenso  dürfte 
gegen  B.s  Vermutung  (s.  15),  dasz  die  dem  Andokides  untergescho- 
bene rede  gegen  Alkibiades  wol  erst  in  der  kaiserzeit  entstanden  sei,. 
einzuwenden  sein,  dasz  allem  anschein  nach  doch  dieselbe  bereits  in 
den  alexandrinischen  katalogen  unter  dem  namen  des  Andokides 
aufgeführt  war.  die  mehrfachen  beweise  voq  Unkenntnis  gesdiicht- 
licher  und  staatsrechtlicher  Verhältnisse,  welche  sich  in  ihr  finden, 
widersprechen  dieser  annähme  nicht,  da  eine  kritik  hierüber  den 
Alexandrinern  fem  lag;  das  institut  des  ostrakismos  zb.  ist  bereits 
viel  früher  mis verständlich  beurteilt  worden. 

Zerbst.  Hermann  Zuebobo. 


836  SBrandt:  ad  LaciUum  [XXVUI  1]. 

113. 

AD  LUCILIUM. 


XXVIII  1  LM. 

quapropter  certumst  facere  contra  ac  persequi 

et  nomcn  defetre  hominis.  IT  Hoc  cum  feceris^ 

cfnm  ceteris  reus  una  tradäur  Lupo, 

IT  Non  aderit.  T  *^qx^^9  hominem  et  öxovi^toig  stmtd 
5  privatum  igni  cum  et  aqua  interdixerit, 

duo  hohes  axoixtla.  adfuerit:  anima  et  corpore 

{yfl  corpus^  animast  nvsvfia) ^  postenoribus 

oto^xeloig^  si  id  maluerit  ^  priväbü  tamen, 
immerito  hoc  Lucilii  fragmentum  mihi  yidetar  coniecturas  viromm 
doctoram,  de  quibus  cf.  GWagnerus  in  annal.  Borsiani  in  601,  pai- 
sum ,  rectius  in  editione  Lachmanniana  memoria  libromm  ProÜ  m 
Verg.  bucol.  et  georg.  comm.  p.  18  E.,  nisi  quod  v.  5  prJtaM,  r.  7 
Yn  ab  aliis  restitnta  recepta  sunt,  servata  esse,  in  eo  tarnen  a  Lsch- 
manno  dissentio,  quod  v.  6  7iäbes  scribo  pro  habet  totamqne  locsm 
sie  ut  supra  cernitur  distinguo.  totius  enim  coUoqnii  sensos  aexu- 
que  mea  sententia  hie  est.  postquam  prior  coUoqaentiam  iniuziim 
ab  aliquo  homine  sibi  illatam  gravissime  ferens  se  nomen  eins  deb- 
turum  dixit,  alter  cohortans  cum  ille  id  fecisset,  nomen  a  praetore 
rcceptum  iri  respondct.  tum  prior  ille  anxie  ac  timide :  'fortassean 
aderit  ad  iudicium.'  iam  alter,  festivum  capnt,  re  lepide  iniocBm 
versa,  tamquam  eonsolans  hominem  'noli'  inqnit  *tiinere.  nam  ä 
non  aderit,  ab  iudiee  äpxaic  et  CTOiX6ioic  privabitor,  L  e.  aqnaK 
igni  ei  interdicetur.  duo  dixi  CTOixeia.  sin  autem  iUe  contnriBm 
consilium  capiet,  nihilo  minus  res  tibi  prospere  ereniet:  licet  enia 
tarn  eonfidenter  speret  praesenti  sibi  rem  melius  cessuram,  nt  adeiM 
malit  {si  id  malucrit)^  tarnen  a  iudiee  damnabitur:  priTabitiir  «bib 
posterioribus  CTOiX€ioic  i.  e.  anima  et  corpore.*  duo  hohes  noi|d^ 
quod  interpretatus  sum  'duo  dixi  CTOixcTa',  eodem  fere  modo  dietia 
est  ut  Cic.  de  or.  II  88,  361  hahetis  sermonem  bene  longum 
ad  Att.  V  21, 10  hahes  consüia  nostra.  ac  verba  illa  eam  ob 
addita  sunt,  ut,  quoniam  homo  paulo  neglegentios ,  ut  in 
cottidiano  ßt,  summatim  de  dpxaic  et  CTOixeiotc,  cum  dno  tastiB 
esscnt  elementa,*  dixerat,  iam  iustus  numeras  adderetur.  aä/w9i 
(leinde  futurum  exactum,  quod  verbum  hoc  loco  ut  in  huc  adB$  sign- 
ücat  venire,  solito  more  positum  est:  cf.  Hör.  sat.  II  3|  39S  eaR> 
mediciisve  levarit  acgrum  ex praecipiti,  matcr  ddira  neeahiL  W* 
bis  &uiem  posterioribus  cxoixtloiq  privabU  tarnen  daples  eenteatiipv 
eandem  illam  sermonis  familiaris  indiligentiam  ac  festinatioBem  OB* 
tinetur  sie  explicanda :  'etiamsi  ille  prosperüm  rei  erentom  liki 
spcraverit  eamque  ob  causam  adesse  malaerit,  tarnen  damnafaitv 
at<iue  id  quidem  ita  ut  posterioribus  CTOiX€(oic  priTr*Tr.* 

Heidelbergae.  Si      EL  Bbaidt. 


CGneiiM:  der  begrif  des  eime  bei  Loortioi.  887 

114. 

DER  BEGRIFF  DES  OMinE  BEI  LUCRETniS. 


Unter  dem  omne  versteht  man,  soweit  ttberhanpt  auf  die  eteUco, 
wo  dieser  ausdruck  sich  findet»  eingegangen  worden  ist,  allgemeia 
das  Universum,  dh.  die  gesamtheii  dar  nu^erie  nnd  des  ramnee  sa* 
sammen.  HStttrenbnrg  allein,  wenn  ieh  aadera  die  weit  Terstrente 
Lucrezlitteratur  vollstftndig  ttbersehe,  hat  eine  dnvon  etwas  ab- 
weichende ansieht  anfgestellt  (acta  soc  Lips.  11  s.  418):  dass  nen^* 
lieh  nur  an  6iner  steUe,  I  M8  (966.  967.  975.  lOOl),  der  dichter 
mit  dem  ausdruck  onme  jenen  begriff  verbinde;  an  den  anderen 
stellen,  wo  er  denselben  anwende»  sdiwebe  ihm  das  OMfie  guiod  ed 
spaiium^  also  die  gesamtheit  des  ranmee  vor.  aber  wenn  man  ein- 
mal annimt,  dass  dort  der  diehter  mit  omwe  das  univenom  beaeidue, 
so  ist  sicherlich  den  aosftihmngen  Hgiaohelmanns  (obeenr.  alt,  j,  89 1) 
beizustimmen,  dasz  er  anch  noch  an  einer  iwettui  steUe,  11  1108, 
unter  amne  nur  das  Universum  habe  verstehen  kOnnen,  an  den 
übrigen  aber  nicht  mit  omne  mnheh  das  amm  fuoi  mi  spaümm  be- 
zeichnet habe,  sondern  nur  die  aosdehnnngbsw.  begrensnng,  welch« 
fUr  das  amne  und  das  amne  guod  ed  ^fotimm  dieeelbe  seL  allein  ich 
glaube  nicht  dasz  amne  in  I  968£  als  das  nniversnm  ra  ÜMSsn  sei; 
meine  ansieht  ist,  dass  der  aosdmek  hier  wie  an  allen  andersa  steDen 
mit  beschränkterer  ausdehnung  die  gesamtheit  der  gestalteten  nnd 
ungestalteten  materie,  das  imane^  res  tu  quo  qmeqne  gerunhtr^  mit 
eingeschlossen  bedeute-,  welche  sich  innerhalb  des  omfie  quid  eai 
spatium  bewegt,  notwendige  voraussettung  dieser  anffiusnng  des 
omne  ist ,  dasz  Lucretius  sich  die  unendli^keit  der  materie  enger 
als  die  des  raumes  vorgestellt  habe,  diesut  aber  eine  einfache  folge 
seiner  ansieht,  dasz  sich  die  atome  nadi  dem  gesets  der  schwere  im 
Universum  bewegen ;  die  masse  der  atome  verharrt  «Iso  nicht  be* 
ständig  in  demselben  bezirke,  wobei  ja  auch  noch  bew^gnngen  der 
atome  gedacht  werden  könnten,  sondern  tritt  in  jedem  angenblick 
in  einen  neuen  teil  des  raumes  ein.  wie  also  dar  dichter  ans  der 
bewegung  der  dinge  auf  das  inane  schlieskt  (I  836—846),  so  mnss 
er  für  die  Schwerebewegung  der  masse  der  materie  ranm  Misserhalb 
dieser  voraussetzen,  somit  kann  ich  unmittelbar  in  dem  versuch 
übergehen,  durch  eine  genaue  betrachtnng  der  verse  968  ff.  das  amne 
in  der  oben  bezeichneten  weise  zu  bestimmen. 

Lucretius  beweist  1 968 — 988  die  Unendlichkeit  des  amnef  nnd 
zwar  untersucht  er  die  zwei  bedingnngen,  unter  denen  eine  eadlich- 
keit  desselben  gedacht  werden  kOnnte»  die  eine  ist  die,  wenn  sich  eua 
gegenständ  auszerhalb  des  amne  ftnde,  welcher  dasselbe  begrensen 
könnte;  die  andere,  wenn  der  ranm  b^grenst  wire:  deu  alles 
was  ausdehnung  hat,  also  auch  das  omiie,  würde  dann  seine  grenso 
an  der  grenze  des  raumes  haben,  von  jener  ersten  bedingnng  weist 
der  dichter  nach,  dasz  sie  im  gegensati  zur  wirklidikeit  stäe  0^68— > 


838  CGneisae:  der  begriff  des  omne  bei  Lacretioi. 

967):  weil  auszerhalb  des  omtie  kein  gegenständ  gedacht  werdoi 
könne,  sei  ein  solcher  auch  nicht  zur  begrenzung  des  OfNiievorhuide&. 
die  zweite,  dasz  der  räum  begrenzt  sei,  nimi  der  dichter  als  erfttUt 
oder  als  erfUUbar  an  (968—983) ,  zeigt  aber  dasz  auch  bei  dieser 
Voraussetzung  sich  die  Unendlichkeit  des  omne  ergibt,  und  zwar  au 
dem  erfolge  eines  praktischen  Versuchs,  dessen  durchfQhmng  er  uu 
vorstellen  läszt.  angenommen,  es  schOsse  jemand  von  einem  tob 
unserem  standpuncte  möglichst  entfernten  poncte  aus  einen  pfeil  ih, 
so  sind  zwei  fälle  denkbar:  der  pfeil  fliegt  oder  es  hindert  ihn  eil 
gegenständ  daran,  in  beiden  fällen  ist  er  nicht  von  der  grenze  dei 
omne  ausgegangen,  denn  wenn  er  hinausfliegt,  so  ist  noch  num 
vorhanden;  der  schütze  steht  also  nicht  an  der  grenze  des  raome«, 
welche  ja  auch  die  grenze  des  omne  sein  würde,  hindert  ab«  des 
pfeil  etwas  an  seiner  Vorwärtsbewegung,  so  ist  der  standpunet  dei 
schieszenden  erst  recht  nicht  auf  der  grenze  des  omne  gelegen:  dou 
jener  hindernde  gegenständ  liegt  auszerhalb  des  kreises,  anf  dcwm 
Peripherie  dieser  standpunet  liegt,  also  mnsz,  da  ausserhalb  dei 
omne  kein  gegenständ  gedacht  werden  kann,  die  peripherie  des  mm 
weiter  sein  als  die  peripherie ,  auf  welcher  jener  standpunet  li^ 
da  nun  die  gleiche  alternative  mit  dem  gleichen  schlusz  sieh  ftr 
jeden  über  jenen  Standort  hinaus  und  für  jeden  in  einer  beUelngei 
andern  richtung  gelegenen  punct  darbietet,  so  folgt  daraus  die  Un- 
endlichkeit des  omne.  dieses  ist,  wenn  ich  nicht  irre,  die  gedankes- 
folge  welche  Lucr.  in  diesem  abschnitt  entwickelt. 

Nun  scheint  es  mir,  als  ob  schon  aus  der  tbatsache,  daai  dir 
dichter  die  Unendlichkeit  des  omne  folgert  trotz  der  voraussetm^ 
das  omne  quod  est  spatium  sei  endlich,  hervorgehe,  dasz  er  demoMV 
nicht  die  gleiche  ausdehnung  zugeschrieben  habe  wie  dem  omne  ferf 
est  spaiium:  denn  dann  wäre  mit  der  annähme  der  begreasthcik 
des  raumes  zugleich  die  begrenztheit  des  omne  gegeben  gewesen:  m 
könnte  also  nicht  mehr  bei  jener  annähme  von  einer  unbegKuttdt 
des  omtie  die  rede  sein. 

Aber  auch  ein  einzelner  ausdruck  des  gedichtes  Iftsst  hsiiat 
zweifei  darüber ,  dasz  das  omne  und  die  gesamtheit  des  raumes  Ua- 
sichtlich  der  ausdehnung  unterschieden  sind ,  and  zwar  so  daa  de 
letztem  ein  weiterer  umfang  zukommt,  es  heiszt  977  ff. :  sw$  e$t  dh 
quid  quod  probeat  efjftciaique  quo  minti'  quo  misaumsi  venkd  fimpi 
locet  5e,  .  .  non  est  a  fine  (sc.  omnis)  profedum  (sc  Mmm)  —  'da 
geschosz  ist  nicht  von  der  grenze  des  omne  ausgegangen,  ynm 
etwas  vorhanden  ist,  wodurch  es  gehindert  wird  sein  ziel  m  . 
und  sich  an  die  grenze  zu  begeben.'    hier  ist  offenbar  von 

finis  als  ausgangspunct  und  von  einem  als  zielpunct  des  ^ 

die  rede,  unmöglich  können  beide  identisch  sein:  denn  ea  wlie  ib> 
surd  die  Selbstverständlichkeit  hinzustellen,  dasz  der  pfeil,  wsn« 
sich  an  die  grenze  des  omne  begeben  soll,  nicht  von  dieaeraiMt- 
gangen  sein  kann,  fragen  wir  nun,  nach  welchem  i  sich  do^pSl 
unter  den  Voraussetzungen  des  dichters  bewegen  kann,  to  ist 


CGneiaae:  der  begnS  des  cmm  bei  Loeralini»  889 

die  grenze  des  amne  quod  est  ipMum  in  betraohi  sa  äehen*   so 
müssen  wir  schlieszen,  dass  der  dichter  die  grense  dee  OMfie  und  im 
des  omne  quod  est  spatium  von  einander  oniersohiedea  habe,  nad  da  i 
bei  dem  versnobe  die  grenze  jenes  als  ansgangspnnoti  die  grensa/ 
dieses  als  zielpnnct  gedacht  wird,  so  folgt  weiter,  dasi  er  die  grenaa  ( 
dieses  als  die  weitere  gefaszt  habe,  oder  mit  anderen  Worten«  daM 
das  omne  nicht  den  räum  ttberiianpt  in  sich  begreife;  nad  dann  • 
können  wir  es  nicht  als  nniversnm  flsssen,  sondern  nur  als  die  ge- 
samtheit  der  materie. 

Man  wird  mir  nicht  den  Vorwurf  nnnfltxer  breite  maehen,  wenn 
ich,  diesen  teil  meiner  beweisfllhmng  abechlieisend,  noeh  oinnoal  den 
gedankengang  der  verse  968 — 983  vorführe,  der  diehter  sagt:  wir 
wollen  annehmen,  der  räum  ttberhaupt  {pnme  guod  esi  spaHumi)  sei 
begrenzt;  dann  mttste  ja  eigentlich  die  in  demselben  sich  befindende 
materie,  das  omne  (die  kleinem  umfimges  ist),  auoh  endlidi  sein, 
aber  ein  versuch  wiid  uns  belehren,  daas  sie  auch  bei  dieaer  annähme 
unendlich  sein  musz.  wenn  ich  nemlich  von  einem  punote  aus,  der 
möglichst  fem  liegt,  einen  pfeil  schieaae,  so  aind  nur  awei  mfiglieh* 
keiten  denkbar:  der  pfeil  fliegt  stetig  fort,  und  dann  wire  als  sein 
endziel  die  grenze  des  raumes  zu  denken,  oder  er  fliegt  nicht  bia  an 
dieser  grenze,  weil  ihn  materie  daran  hindert,  tritt  der  letatere  fidl 
ein,  so  gehOrt  diese  materie  noch  zur  geaamtheit  der  materie,  zum 
omne]  der  pfeil  kann  also  nicht  vom  ende  desselben ammogangen 
sein,  hindert  ihn  aber  nichts  sich  vorwärts  zu  bewegen,  ao  ist  vor 
dem  betreffenden  puncto  noch  räum  gelegen;  die  materie  kann  ^ich 
also  nach  dieser  seite  hin  noch  ausdehnen  und  thut  dies  auch ,  da  ja 
kein  sie  begrenzender  gegenständ  vorhanden  ist.  mag  ich  nun  in 
derselben  richtung,  in  welcher  jener  punct  von  meinem  ausgangs- 
punete  gelegen  ist ,  ttber  ihn  hinausgehen  oder  mag  ich  irgend  eine 
andere  richtung  einschlagen,  immer  werden  mir,  wenn  ich  einen 
pfeil  abschiesze ,  sich  wieder  jene  beiden  mOglichkeiten  darbieten, 
dasz  er  fliegt  oder  am  fliegen  gehindert  wird,  und  immer  wieder 
wird  sich  aus  jeder  von  beiden  die  notwendigkeit  ergeben,  dasz  ich 
nicht  am  ende  des  omne  stehe,  ich  werde  dasselbe  also  ttberhaupt 
nicht  erreichen  können,  oder  es  gibt  ttberhaupt  ein  solches  nicht 

Wenn  man  sich,  so  lange  man  in  dem  abschnitt  968 — 983 
einen  beweis  der  Unendlichkeit  des  omne  als  Universum  sah,  Aber  die 
Worte  finique  locet  se  (978)  sicherlich  keine  rechenschaft  geben 
konnte,  so  hat  man  bei  behandlung  der  verse  998 — 1007  gemdezn 
eingestehen  müssen ,  dasz  ein  verst&ndnis  derselben  unter  zugrunde« 
legung  der  bedeutung  des  omne  als  Universum  nicht  möglich  sei* 
denn  weil  man  dies  that,  konnte  man  in  998 — 1001  nur  eine  Wieder- 
holung des  beweises  für  die  Unendlichkeit  des  omfie  in  968—967 
sehen,  die  folge  davon  war,  dasz  man  diese  verse  ausschied,  indem 
man  1002 — 1007  als  clausel  zu  984  ff«  zog.  wie  aber  die  ausge- 
schiedenen verse  entstanden  seien  oder  weldien  platz  sie  im  gedieht 
«innebmen  müsten,  darüber  war  man  voUsUndig  unsicher  (vgL 


340  CGneisse:  der  begriff  des  <mne  bei  Lacretiiu. 

Sasemihl  Jenaer  LZ.  1877  s.  680).  es  wird  die  beste  probe  filr 
unsere  auffassnng  des  omne  sein,  wenn  wir  zeigen  daes  bei  ihr  £e 
verse  998 — 1007  einen  guten  sinn  geben. 

Ich  fasse  nemlich  998—1001  als  im  engsten  zneammenluaig 
stehend  mit  1002 — 1007.  der  dichter  schlieszt:  *vor  unaeren  aagcn 
begrenzt  immer  ein  gegenständ  einen  andern,  ein  begrenzendes  nmn 
immer  ein  gegenständ  sein,  ohne  einen  begrenzenden  gsgenstud 
keine  grenze,  auszerhalb  der  gesamtheit  der  materie  gibt  es  keian 
gegenständ:  folglich  ist  der  räum,  welcher  sieb  aoszerhalb  der 
materie  befindet,  derartig  unbegrenzt,  dasz  die  blitze  mit  aller  ihxw 
Schnelligkeit  weder  ihn  durchlaufen  noch  bewirken  konnten,  dm 
sie  jemals  einen  ktirzem  lauf  als  von  anfang  an  bitten.*  dau  diät 
ein  richtiger  beweis  ist,  wie  ihn  Lucr.  beibringen  konnte ,  wird  nie- 
mand leugnen;  auch  dies  nicht,  dasz  derselbe  keine  dittographie n 
958 — 967  ist,  da  er  nicht,  wie  diese  verse,  auf  die  unendliehkeit  dci 
omne,  sondern  auf  die  Unendlichkeit  dessen  zielt,  was  der  didter 
natura  Jod  spaiiumque  profundi  nennt. 

Aber  auch  die  disposition,  welche  der  dichter  in  953—957  ftr 
den  letzten  teil  des  ersten  buches  aufgestellt  hat,  dürfte  unsere  anf- 
fassung  des  otnne  empfehlen,   es  heiszt  da  I  953 

nunc  agCy  mmmai  guaedam  sU  finis  earum^ 

necne  sit,  evolvamus:  üem  quod  inane  repertumst 

seu  locus  ac  spatiumy  res  in  quo  quaeque  gerantur^ 

pervideamus  utrum  finitum  fundiius  omne 

Consta^  an  mmensum pateai  vasteque profunAum. 

es  läszt  sich  gar  nicht  leugnen  dasz  hier  blosz  von  einem  beweis  dff 

Unendlichkeit  der  primordia  und  des  inane  ^  res  in  quo  jiniapif 

geruntur^  nicht  aber  von  einer  darlegung  der'unendlicbkeit  dei  «li- 

versums  und  des  raumes  gesprochen  wird«  dasz  die  gesamtheit  te 

materie  vom  Universum  verschieden  sei,  darttber  habe  idi  seboa 

oben  gesprochen,   aber  auch  das  inane  ^  res  in  q^o  quaeque  genmitm 

ist  nicht  identisch  mit  dem  räume  überhaupt,  sondern  es  bfrimfbnH 

nur  denjenigen  teil  desselben ,  in  welchem  die  atome  sich  beweg«, 

um  die  dinge  zu  gestalten. '   nun  ist  es  zweifellos  selbst  bei  dsrw- 

stümmelung  des  zweiten  hauptteiles  der  argumentation  (ttber  die 

ausfüllung  der  lücke  vgl.  Hörschelmann  observ.  alt  s.  S5 »  der  Uff 

das  richtige  gesehen  hat,  und  Eannengiessers  ['de  Lnoretii  uiuiihM 

transponendis',  Göttingen  1878,  s.  19]  und  meine  [*de  yernbesia 

Lucretii  carmine  repetitis',  Straszburg  1878,  s«  25 — 27]  gleichnitif 

vorgebrachte  Vermutung,  dasz  die  verse  11529 — 531  ein  teilte 


^  wie  richtig  auch  Hörschelmann  (obierv.  alt.  s.  11  n.  S5)  _ 
dem  omne  quod  est  spaiium  and  dem  iiiiiiie  nntenohiedea  hat,  so  ._ 
er  mir  doch  nicht  genBgend  beachtet  zu  haben  data,  wenn  das 
im  gegen satz  znm  omne  quod  est  spatium  den  leeren  räum  bsietokset, 
man  doch  immer  noch  zu  unterscheiden  hat  zwiichen  deni  leeiea  shb 
ausserhalb  der  gesamtheit  der  materie  and  dem  Innerhalb  dieser  stlilt. 
nod  dasz  der  ausdnick  inane,  res  in  quo  quaeque  genmiur^  aar  den  lel^ 
tem  bezeichnen  kann. 


CGneitsa:  der  begnff  des  mmu  bei  lioeMlias*  941 

ftusgefaUeneii  verse  seien),  dass  in  demsdben  sowol  dia>mwndlichl[eit 
des  inane  wie  der  eorpora  bewiesen  worden  ist.  wir  worden  also 
erwarten  dasz  dasselbe  aach  im  ersten  haoptteile  geschehen  seL  da 
aber  in  demselben  weder  von  den  eorpora  noch  rom  tfMMe  £e  reda 
ist,  werden  wir  vermaten  dasz  unter  dem  ansdmck  ownie  beide  m- 
sammen  gemeint  seien,  dass  unter  demselben  also  nur  die  materia 
und  das  innerhalb  derselben  befindliche  tnoiie  m  verstehen  esfan: 
was  bestätigt  wird  durch  die  verse  I  419  C 

Entscheidend  für  unsere  anffassimg  dea  amm  dürfte  sehliasalich 
der  umstand  sein,  dass  dasselbe  hier  wie  II  808 — 807  mit  rerum 
summa  gleichbedeutend  geseilt  wird,  an  letsterer  stalle  ist  dbM 
unzweifelhaft ;  aber  auch  hier  mflssen  wir  dasselbe  annehwan»  denn 
das  ipsa  modumparro  mbi  rerum  oumma  parare  m  peeaU^  mtiura 
tenet  (1 1008)  zwingt  uns  zu  der  roranssetsung,  der  diehter  habe  im 
vorhergehenden  die  Unendlichkeit  dar  $mi%ma  rerum  dargethan  mit 
grttnden,  welche  nicht  auf  die  eigene  nator  desselben  besag  «fh-^fi. 
er  beweist  aber  thatsttchlich  nur  die  nnandliehhait  dea  OMfie  und  dea 
omne  quod  est  spaiium.  das  letstere  kann  anmOgHeh  glaiehbedaatend 
mit  summa  rerum  sein;  folglich  kann  aneh  mit  der  miendliehkeit 
jenes  die  dieser  nicht  bewiesen  sein,  es  bleibt  daher  nur  flbrig,  dasi 
er  mi t'dem  Unendlichkeitsbeweise  dea  emm  aoeh  den  der  eumma  rerum 
geliefert  habe,  und  dann  mflssen  wir  aMMNa  rerum  mit  emm  identisdi 
setzen,  dieses  somit  als  die  gesamtheit  der  materie  und  dea  ffMMe^ 
in  welchem  die  dinge  sich  gestalten,  £usen.  denn  nichts  mdir  be« 
deutet  summa  rerum ' :  wennLucr.  das  gesamte  weltganie  bezeichnen 
wiU ,  so  bedient  er  sich  jedesmal  eines  besonders  hervortretenden 
ausdrucks,  wie  sumvi^  summarum  V  861  oder  summa  Ma  I  984. 

Der  dichter  beweist  also ,  um  noch  einmal  kurz'den  gedanken- 
gang  der  schwierigen  stelle,  welche  uns  bis  jetst  besohftfUgt  hat,  za 
verfolgen,  die  Unendlichkeit  des  omne  quod  est  oder  der  summa  rerum, 
der  gesamtheit  alles  existierenden  in  Verbindung  mit  dem  mane^  res 
in  quo  quaeque  geruntur,  welches  die  notwendige  bedingung  für  die 
wechselbezieh  angen  der  atome  unter  einander  ist  seine  grtada  sind 
zwiefacher  art: 

I  solche  welche  sich  nicht  auf  die  natur  des  omne  beliehen 
(958 — 983) :  a)  das  omne  musz  unendlich  sein,  weil  kein  gegenständ, 
der  dasselbe  begrenzen  könnte,  gedacht  werden  kann  (958 — 967); 
b)  selbst  bei  annähme  der  endlichkeit  des  raumes  mflssen  wir  auf 
grund  eines  praktischen  Versuches  die  Unendlichkeit  desselben  sage* 
stehen  (968—983). 

II  aus  der  natur  des  omne  selbst  folgt  seine  unendlichkait:  die 
teile  aus  denen  es  sich  zusammensetzt,  die  eorpora  und  das  isumOf 
bedingen  gegenseitig  ihre  Unendlichkeit  (1008 — 1051). 


'  übrigens  verdient  beaohtonr,  dass  der  «usdmek  kaee  remm 
Dicht  die  gesamtheit  der  dinge  fiberhsopt,  sendem  nur  die  gesamtheit 
der  dinge  welche  nnsere  weit  bilden  beselehnett  nan  vergleiehe  I  SSa. 
1028.  V  194.  237  and  insbesondere  V  M8  im  gegeasata  an  II  80S— 807. 


842  CGneisse:  der  begriff  des  amne  bei  Locretiai. 

Zwiscben  diese  beiden  beweisreihen  sind   zwei   beweise  ge- 
schoben, durch  welche  die  in  968 — 983  gemachte  annähme  derend- 
lichkeit  des  raumes  als  der  Wirklichkeit  nicht  entsprechend  dargelegt 
wird  (984 — 1007).   hierdurch  wird  natürlich  die  Unendlichkeit  te 
otmie  noch  mehr  gesichert,   a)  w&re  der  raam  begrenzt,  8o  mflste 
sich  die  materie  längst  auf  dem  gründe  desselben  gelagert  haben. 
h)  der  räum,  in  welchem  sich  die  materie  befindet,  masz  nnendlidi 
sein,  weil  auszerhalb  der  materie  kein  gegenständ  vorhanden  sdi 
kann,  der  ihn  begrenzen  könnte,   wenn  wir  diese  Unterbrechung  ge- 
wis  als  berechtigt  ansehen  müssen,  so  könnten  uns  doch  die  ptr^ 
tikeln  praeterea  (984)  und  postremo  (998)  bedenken  erregen,  di 
durch  sie  die  abschnitte  984---997  und  998—1007  eigentlich  in 
dasselbe  Verhältnis  zu  968 — 983  gestellt  sind,  in  welkem  dieser 
abschnitt  zu  958 — 967  steht,  womit  schlecht  zu  stimmen  scheint, 
dasz  jene  beiden  abschnitte  die  Unendlichkeit  des  amne  quoi  tä 
spatmm^  diese  die  des  omne^  also  nach  unserer  auflassung  mit  ein- 
ander nicht  zusammenfallender  dinge ,  beweisen,    aber  nachdem  der 
dichter  in  958 — 967  gezeigt  hatte,  dasz  kein  gegenständ  das  omn 
begrenzen  könne ,  war  eine  endlichkeit  desselben ,  wenn  dieselbe  sn 
äuszere  bedingungen  geknüpft  sein  sollte,  nur  denkbar  bei  endlieh- 
keit  des  raumes.   der  dichter  konnte  also  insofern  die  beweise  ftr 
die  Unendlichkeit  des  raumes  auch  als  beweise  für  die  Unendlichkeit 
des  omne  auffassen  und  demnach  die  abschnitte  984 — 997  nnd  998 
—1007  mit  958—967  und  968  —983  durch  coordinierende  partikda 
wie  praeterea  und  postremo  verbinden. 

Wenden  wir  uns  jetzt  zu  den  übrigen  stellen,  wo  sich  omm  bd 
Lucr.  findet,  die  eine,  II  303 — 307,  wo  omne  mit  rtrumnamm 
vertauscht  wird ,  ist  schon  oben  erwähnt  worden,  doch  mtfchte  ick 
noch  auf  eins  aufmerksam  machen,  wenn  es  heisst:  nam  negititf^ 
possit  genus  uUum  materiai  effugere  ex  omm  guicquam  est  Ql  3041)» 
so  kann  dies,  wie  vielleicht  einer  oder  der  andere ,  welcher  emme  sb 
das  Universum  faszt,  thun  würde,  nicht  so  rerstanden  werdcBi  sb 
ob  der  dichter  habe  bezeichnen  wollen,  dasz  ftlr  einen  teil  der  imtnii 
nicht  der  räum  vorhanden  sei,  aus  dem  omne  zu  entfliehen,  loeidem 
dasz  nichts  auszerhalb  des  omne  zu  denken  sei,  zu  welchem  denelbe 
hingezogen  werden  könnte. 

In  II  1 108  adäita  drcum  semina  quae  ifu^^mifM  iaeitl€mio  em- 
tulit  otnne  scheint  es  mir  viel  richtiger,  omne  blosz  als  die  gesamthcit 
der  materie  zu  fassen :  denn  das  Universum  besteht  aus  der  — '^'^ 


und  dem  räum  auszerhalb  derselben;  der  räum  aber  hat  mit  dar 

gänzung  der  weit  nichts  zu  schaffen. 
V  526  ff. 

nam  quid  in  hoc  mundo  sU  eorum  ponere  Gfffms 
difficile  est:  sed  quid  possit  fiatque  per  omne 
in  variis  mundis  varia  ratione  creaiis^ 
id  doceo,  plurisque  sequor  disponere  causas^ 
motihus  astrorum  quae  possint  esse  per  onHee. 


CGneiite:  der  begriff  dei  cmm  bei  Loeriliiii.  848 

hier  hat  man  verscfaiedentlicfa,  toleiit  Stfirenbui^  io«  und  Hdnchel* 
mann  ao.  s.  40,  den  aoadniek  per  omfie  fidaeh  Tentaaden,  indem 
man  in  530  per  amne  mit  wud^us  aehwum  Terband.  aber  um  be- 
wegtingen  der  gestime  dnrob  das  omm,  mag  man  dasselbe  als  das 
Universum  oder  als  die  gesamtbeii  der'  materie  fassen,  kann  es  sieh 
überhaupt  nicht  handeln;  yielmehr  bewegen  sidi  die  gestirae  Jedea- 
mal  durch  die  weit  xu  der  sie  gehören,  also  nur  dnreh  einen  Ml  des 
omne.  das  per  amne  in  680  ist  genau  so  su  fassen  wie  in  537;  es 
bedeuten  also  die  worte  eaueas  moUlma  oitrormm  gma»  paeekU  esse 
per  amne  *die  Ursachen ,  weldie  die  bewegnngen  dmr  gestime  haben 
können  innerhalb  des  amne^  in  varUs  mmndiB  varia  raikme  crettH$% 
indem  der  dichter  als  gegensats  denkt  die  ursaehen  welche  in  unserer 
weit  die  bewegungen  der  gestime  haben,  dem  mag  jedoch  sein  wie 
ihm  wolle :  in  jedem  fall  isib  hier  die  aaffassung  des  omiie  als  ge* 
samtheit  der  materie  mindestens  ebenso  gut  mOgUeh  wie  die  andm. 
denn  freilich  sind  die  gestime  teile  des  uniTorsums ,  aber  nur  inso* 
fem  als  sie  teile  der  materie  sind. 

Das  gleiche  gilt  von  per  OMfie  in  11  647 

quippe  etenim  sumant  cekH*  fimta  per  amne 
carpara  iadari  imiiis  genüäUa  reif 
unde  ubi  qua  vi  ei  quo  pado  congreem  eofbmii 
maieriae  tanio  in  pkago  hirhagm  ältemf   • 
dasz  hier  der  dichter  nicht  habe  sagen  widlen,  dass  die  earpara  geni* 
talia  sich  auch  durch  den  räum  ausserhalb  der  gesamtheit  der  materie 
bewegen  würden  —  und  nur  in  diesem  fidle  würde  er  haben  sagen 
können,  dasz  sie  sich  durch  das  Universum  bewegten  —  gebt  klar 
und  deutlich  aus  den  worten  unde  uln  qua  vi  et  quo  pacta  oangressa 
coibunt  materiae  tafUa  in  pelaga  twhaque  aUUena  hervor. 

Und  ebenso  in  1 1024  üd  quMa  fmifta  modis  wfuUiB  mutata  per 
amne  ex  in  finita  vexantur  percita  ptagie  usw.,  wo  ich  übrigens 
Briegers  (Philol.  XXIII  8.  637)  Vermutung  motaUM  für  muiaia  nicht 
billige,  denn  allerdings  kann  von  einer  Veränderung  der  primordia 
nicht  die  rede  sein,  und  es  kann  nur  an  eine  verftnderung  der  läge 
derselben  zu  einander  gedacht  werden,  wenn  aber  Brieger  zur  be- 
zeichnung  dieses  ein  inter  se  bei  nnutata  vermisst,  so  scheint  dies 
ersetzt  zu  werden  durch  per  amne:  die  primcrdia  verändern  sich  per 
omne^  dh.  in  ihrer  läge  im  amne. 

Auch  in  I  521  und  11  1049  scheint  das  amne  durchaus  in  un- 
serer weise  aufgeüaszt  werden  zu  können;  die  stelle  I  74  endlieh 
kann  bei  einer  Untersuchung  des  begriffes  nicht  in  betraeht  kommen! 

Bedauerlich  ist  es  dasz  wir,  soviel  ich  sehe,  aus  der  termino- 
logie  des  Epikuros  bei  Laertios  Diogenes  für  die  entseheidung 
unserer  frage  nichts  gewinnen.  X  39  findet  sieh  der  ausdraek  to 
TTdv,  welcher  offenbar  dem  Lucrezischen  omiie  entspricht,  aber  um 
nichts  deutlicher  ist  als  dieser,  übrigens  seheint,  nach  der  Didotschen 

'  sumant  oruH:  weder  Lacbmanns  Vermutung  H  numticuiernoch  das  was 
rarmann  jabrb.  1877  s.  S75  vorgescbltgen  hat,  «IfwiMM  magmm  ist  evident. 


844  GErüger:  zu  Sophokles  Elektra  [▼.  601]. 

ausgäbe  zu  scblieszen,  gerade  diese  stelle  des  Diogenes  sehr  verderbt 
zu  sein ;  eine  Verbesserung  möge  hier  erwähnt  werden,  welche  keiier 
weitem  begründung  bedarf,  wenn  es  (39)  heiszt:  TÖ  iräv  icii 
cvjJMa-  Tä  M^v  -xap  cui^ara  uic  £ctiv,  airrfi  f)  alcGncic  Im 
TTCiVTUJV  |LiapTup€i,  KaO'  f\y  dvcnfKaiov  tö  äbnXov  tijj  XoTigMii 
T€KMaip€ceai  (Oicnep  npocinov  tö  npöcOcv).  (40)  €l  TÄp  »»1  <|v  8 
K€vöv  Kai  xu)pav  Kaidvacpf)  (puciv  övoji&Zoficv»  ouk&v 
€lX€  Td  cdJMara  öitou  fjv  oöb^  h\*  ov  ^kivcito,  so  ist  natfirlich  xal 
K€vöv  hinter  tö  iräv  teil  cw^a  ausgefallen,  diese  vermatimg  wird 
auszerdem  durch  die  parallelstelle  bei  Lucr.  I  419 — 428  geskhert. 
Mets. CARii  Gheibse. 

(»0.) 

zu  SOPHOKLES  ELEKTRA. 

Von  befreundeter  seite  werde  ich  darauf  aufmerksam  gemaditi 
dasz  meine  oben  s.  672  veröffentlichte  und  in  eingehender  weise  be- 
grilndete  änderung  zu  Soph.  El.  601 

ö  b*  dMÖc  f£ui,  xöpa  cf|V  ^öXlc  (pirfuiv, 

TXrjfiwv  'Gp^CTTic  bucTuxfi  Tp{ßei  ßiov 
bereits  von  Wex  (Schweriner  programm  1837  s.  10)  nnd  Meineko 
(analecta  Soph.  im  anhang  seiner  ausgäbe  des  Oed.  CoL  s«  260)  ii 
Vorschlag  gebracht  worden  ist.  letzterer  bemerkt:  *mirifioe  dictaa 
ö  b'  äXXoc  nescio  an  vitium  alat.  fortasse  scribendum  ö  b*  d^6c 
«at  meus  ille  infelix  Orestes»,  fateor  tamen  hoc  quoque  esse  duriv- 
culum.'  mir  scheint  die  ^härte*  der  Wortstellung  ihre  genflgende«- 
klSrung  in  der  absieht  des  dichters  zu  6nden,  durch  die  selbsÜB^gs 
Voranstellung  des  zu  dem  nachfolgenden  vX^j^uiv  'Op^CTHC  geUks- 
den  Possessivpronomens  die  innige  Zusammengehörigkeit  des  krnden 
und  der  Schwester  im  gegensatz  zu  dem  eben  (599)  erwfthnieB  bodt 
der  Kljtaimnestra  und  des  Aigisthos  so  nachdmcksvoll  als  mS^äA 
hervorzuheben. 

Görlitz. Gustav  Keüoii. 

(66.) 

DIE  STELLUNG  VON  UTERQUE  UND  UBIQUE. 

Dachtrag  zu  ■.  512. 

Einem  freundlichen  briefe  meines  freundes  AProckseb  in 
Eisenberg,  dessen  gründliche  arbeiten  über  Caesars  spradigebnBdl 
den  wünsch  einen  vollständigen  index  zu  diesem  sdüiftaMlsr  tsn 
seiner  band  zu  besitzen  nahe  legen,  entnehme  ich  dia  actis,  dass  Gbh 
sar  auch  nach  seinen  beobachtungen  tc/ergae,  wo  es  der  Biaage* 
stattet,  an  ein  etwa  im  satze  vorhandenes  possessiv-  odarrefleah^ 
pronomen  anzuschlieszen  pflegt,  gleichseitig  macht  mieh  jfmlk* 
auf  zwei  von  mir  übersehene  Caesarstellen  aufmerksam:  fr.  eto.  m 
10,  7  dum  sibi  uterque  confiderei  und  ebd.  I  66,  4  uterfue  U 


WHRoBcher  u«  EMeyer:  die  ■Mfauig  Ton  ul§r§m  und  «Wshc    84S 

suis  renufUiat.  in  letiierm  falle  wird  wol,  wie  aiidi  l^Eodunh  meiAt^ 
die  starke  betonimg  des  idam  die  nnr^gekniarige  tteUimg  von  ufer* 
{^  veranlaszt  haben,  ferner  führt  Proäach  mdirere  steUen  Cieaefi 
an,  wo  guisgue  onregelmftazig  gestellt  ist  es  sind  h*  OalL  1 19,  4. 
V  14,  5.  VI  23,  6.  genau  gefiint  laotet  demnadi  die  rsgel  so:  Cae- 
aar  stellt  uterque  in  der  regel  (dh.  in  6  Ton  8  fllbm)  üjbl" 
mittelbar  hinter  ein  etwa  im  aatie  vorhandenaa  reflexi* 
vum  oder  possessiTum|f»&fgfie(wieanehG]iMroandBaUnstins) 
hinter  etwa  vorhandene  relatiTa  oder  intarrogatiTa.  ob 
Ciceros  Sprachgebrauch  hinsichtUeh der staUang toii «tar^ife ginaa 
derselbe  ist,  musz  noch  als  eine  offene  f'Ag«  befacadiiet  werden« 
Meiszbh.  Wilhbuc  UnmaoH  Bobohul 


Oben  8.  512  ist  von  WHBoscber  über  die  ttallnng  von  Mfar- 
que  und  ubique  die  regel  aufgestellt,  dass  diete  wOrtar  von  aehrift* 
steilem  wie  Cicero,  Caesari  Sallostina  fiuü  ohne  ananahma  unmittel* 
bar  nach  suus  und  $m  8ttn  $e  sowie  nach  relativen  und  intarrogativea 
gesetzt  werden,  dazu  bemerke  ich  folgendes: 

I.  Beide  wOrter  sind  durohaus  getrennt  in  bahandalni  da  «Mfue 
nichts  mit  reflexiven,  m^^m  niehto  mit  relativen  m  thun  hat  (vgL 
Caesar  h.  GaU.  Y  31  cofmirgUur  em  egfüflie^  cowngrflkmiwfä  mtrumfim 
et  orant.  ebd.  V  29  Momsefi^efiMaMiffiiifraNifiieiMrfaM 

Sali.  lug.  15, 1  demde  uMqfne  eima  pgreämiiiur.  selbst  wenn  «targife 
z  u  f  ä  1  li  g  in  einem  relativsatze  steht,  braucht  es  sieh  dam  pronomen 
nicht  eng  anzuschlieszen :  Sali.  lug,  88, 2cognoscere  quid  bani  uirisgue 
aut  cofUra  esset. 

II.  Dasz  ubique  sich  gern  an  relativa  anschlieszt  ist  bekannt: 
8.  Uaacke  lat  stiL  s.  106.  Berger  stiL  s.  29. 

III.  Dasz  uterque  sich  dem  refleiivum  gerade  so  ansohlieszen 
müsse  wie  quisque,  sollte  man  allerdings  erwarten.  Boscher  citiert 
zum  beweis  folgende  sechs  stellen:  l)Cio.|>.  Mwr.  12, 26  miß  uMsgue 
supcrstitibus  prae8e9Mms  istam  viam  dioo.  Caesar  b.  ChXL  Vn  82, 8 
ct<m  .  .  se  uterque  eorum  UgUnts  ereatumesse  diM»  8)  5.  civ.  1 40,  7 
ac  suas  uterque  legiones  redudt  in  caslra,  4)  ebd.  I  47,  1  «<  je  uM- 
que  supcriores  discessisse  exisHmareni.  6)  ebd.  II  27  eiios  uierque 
copias  instruit.  6)  ebd.  11  28  auas  uterque  copias  reducU^  denen  ich 
noch  binzufQge :  7)  Nepos  ÄU.  20,  5  cufH  se  uterque  princ^pem  non 
solum  urhis  Bomae  sed  arbis  ierrarum  esse  ouperei.  9)  Oie.  de  arat.  H 
1,  4  atquc  ita  se  uterque  gratnarem  fare  {ceneebat)^  H  usw.  9)  Quint. 
VII  1,  3  cum  se  uterque  defendat.  daiu  vergleiche  man  noch  Cio. 
Lad.  12,  42  itaque  sibi  mortem  uterque  cansehii.  de  off.  m  28,  90 
quid?  si  una  tabula  sü^  dm  naufragi  eique  aapieiUes^  sibine  uterque 
(sibi  ncuier  die  hss.)  rapiat  o^  aMer  cedat  oMeri?  allein  eine  grotie 
zahl  abweichender  stellen  beweist  dass  die  Stellung  von  uterque  aldit 
so  gebunden  ist.  folgende  mögen  genflgen:  1)  Caesar  b.  ChjdL  V  50 
utrique  scse  suo  looo  continent.  2)  5.  dv.  I  66  uterque  idem  mis  r»» 


846     EMeyer  u.  ER^ichenhart:  die  Btellong  von  vierque  und  Mfu~ 

nuntiat.  3)  Livius  I  7,  1  utrumque  regem  sua  müUUudo  eonatibh 
taverat.  4)  Cic.  de  o/f.  I  1,  2  qmrum  uterque  9uo  studio  MeMm 
contempsit  alterum.  5)  de  inv.  1 37,  66  sed  utramque  suo  heoposUtm 
vim  sttam  tamquam  certam  et  proprium  oldinere.  6)  ebd.  II  49,  144 
ideo  quod  utergtie  suam  legem  confirmare^  conirariam  infirmare  deteM. 
7)  Brut.  40,  149  sed  ita  cadehat^  ut  älter  ex  ätterhu  laudepartem, 
uterque  autem  suam  totam  haheret.  8)  p.  SüRa  4, 13  uiergue  nostnm 
id  sibi  suscipiendum  putavit.  9)  dere  pühl.  V  3,  5  uier^[ue  auiem  #e 
a  scientiae  ddeäatione  ad  effidendi  t^üitatem  refert.  10)  ebd.  iderfi» 
enim  Ulis  ad  artem  suam  utitur.  11)  p.  QBascio  18,  55  e< 
dum  uterque  pro  sua  parte  petita  sie  pro  sua  parte  dissölmt.  12) 
VII  1,  62  id  ipsum  adJiuc  dividitur,  etiamsi  uterque  sün  totum  vm- 
dicarä.  13)  VII 2, 1 1  in  quo  uterque  a  se  faäum  esse  dicU.  14)  VII 
2,  26  utraque  enim  pars  suam  expositioneni  hahd.  15)  YII  3, 10  r» 
utraque  habet  nomen  suum.  16)  VII  6,  2  in  ea  aui  uierque  Mm 
interpretaiiofiem  confirmat  •  .  aut.  dazu  vergleiche  man  nodi  Cfei 
de  fin.  IV  7, 16  cumque  eorum  utrumque  per  se  expetendum  esse  dirii- 
sefit.  Sali.  Cot.  1,  7  ita  utrumque  per  se  indigens  aUemm  oBerw 
auxUio  eget.  hiermit  ist  zugleich  widerlegt,  was  MadTig  lai  qir. 
§  495  anm.  2  behauptet,  dasz  in  Verbindung  mit  suus  statt  uUtput 
vielmehr  quisque  gebraucht  werde,  allerdings  findet  ndi  pssfm 
statt  uterqxte  (vgl.  Weissenbom  zu  Liv.  11  7, 1),  jedoch  in  denellNi 
weise  wie  qxiis  statt  uter  (vgl.^  Weissenbom  zu  Liv.  VII  9,  7),  mb- 
lich  wenn  man  auf  den  bestimmtem  ausdmck  verzichtet  nnd  sieh  wk 
dem  allgemeinern  begnügt. 

Herford.  Ebxst  Msrn. 


Oben  s.  512  belehrt  uns  WHBoscheri  dasz  die  proaaiachaida^ 
sischen  Schriftsteller  fast  ausnahmslos  uterque*  in  seiner  ililfami 
wie  quisque  behandeln,  dieser  gebrauch  macht  ncfa  aneh  in  im 
dichterischen  spräche  geltend,  wie  ich  bei  Lncretina  beob- 
achtet habe,  uterque  findet  sich  sechsmal  unmittelbar  bint«  im 
relativum,  nemlich:  I  758  (Bemays)  quorum  uirumqnefM 
a  vero  iam  distet  habebis.  I  975  quorum  utrumque  tibi  eifu^tm 
praedudit.  II  565  quorum  utrumque  pälam  fieri  mumiflesim  issi 
res.  IV  1204  quos  utriusque  figurae  esse  vides.  V  1099  §«•• 
rum  utrumque  dedisse  potest  mortalibus  ignem.  VI  365  querum 
utrumque  opus  est  fabricanda  ad  fulmina  nübL  das«  hier  Wn i^ 
fall  obwaltet,  sondern  dasz  der  dichter  diese  itellong  absiditlieh  gt 
wählt  hat,  beweist  III  421  tu  fac  utrumque  umi  skbiumgas 
eorum,  wo  das  demonstrativum  weit  von  dem  worie 
drängt  ist.  nur  Einmal  weicht  Lucr.  hiervon  ab:  V  797 
uterque.  das  reflexive  pronomea  stellt  Lncr.  ttnmal  hinter 
uterque:  1506  esse  utr am que  sibi  per  se  puramque  meessss  ssi^wis 


*  für  ubique,  das  R.  ebenfalls  dort  behandelt,  finde  Ich  bei 

kein  beispiel.    ich  glaube,  es  kommt  Überhaupt  nicht  bei  Ihm  ver. 


ADeaerliog:  m  Plaeidiii  gkiMn.  847 

er  dies  auch  an  sechs  stellen  bei  gßi$qm  tiiat:  1 191.  215»  m  609« 
IV  520.  V  920.  VI  985.  6inmal  ist  es  Ton  ihm  dnrüh  ein  ^ngesehor 
benes  wort  getrennt:  V  861  ffHi/iia  gm  wnUeni  iftier  $e  gmiüm  uier* 
gue.  auch  hierfür  bietet  gutsgtie  ein  analogen;  ÜABlneereNmiiiw 
enim  inter  seglomeratmna  guaegueJ, 

Frankbnthal.  Emil  BsiOBmraAST. 


116. 
Zu  PLACIDU8  0L0S8EN. 

s.  43,  3  fleminum^  verioam^  e  gm  ßtmfyis  ambvkmdo  in 
pedesfluU.  an  twioam  statt  des  hsLMi^eNi  halte  ieh  tettKOiaLdwey 
welcher  (rh.  mus.  XXXI  s.  69)  daflir  das  aUgameine  nnd  gar  nidit 
bezeichnende  pesiem  yermntei.  ieh  kann  .anoh  nieht  ftklen  data 
pestem  an  buchstabenihnlichkeit  der  hsL  .leaaii  nlher  komme  als 
vesicam.  fleminum  bedeutet  eben  dieeinselne  dnroh  die  bitse  nnd 
anstrengung  beim  gehen  entstandene  Untunterlanftoe  UasOi  flemma 
eine  mehrheit  solcher  oder  eine  entsflndliohe  geeohwnisti  wobei  einem 
in  folge  fortgesetster  reibong  das  Unt  die  knUebel  UnaUlofL  in 
ähnlichem  sinne  ist  vesica  gebraueht  bei  Plinins  XX  §  61  aUum  , . 
inlinitur  atirüis  an-parum  partibua^  eel  si  In  vmim$  MimmmtM.  der 
grund  indes,  weshalb  ich  anf  diese  gloMe  nodunala  komme,  ist  dar, 
dasz  ich  nunmehr  geneigt  bin  meine  Termftnng  e  gna  anftngeben 
und  das  bsl.  in  gua  für  richtig  in  halten  in  der  bedeutnng  gitam  H 
quis  habet  « 

s.  74,  19  pullum^  puerum  in  amaribui  id  est  rhäaris  giU 
Bonxae  unde  Q,  Fabius  Eburmts,  guod  natüms  fuHguratus  erai^ 
^puUus  lavis^  didus  est*  Mai  maehte  sich  in  seiner  weise  die  sadie 
leicht,  indem  er  einfach  die  werte  id  est  rketcfis  hinauswarf  nnd  dann 
schrieb :  unde  Bamae  Q.  Fahiw  nsw.  Ar  rketaris  bieten  die  hss.  t 
reciioris,  mr  rectUoris,  es  ist  klar  dass  Eomae  so  gnt  ein  verderbnia 
ist  wie  rhetaris:  denn  da  die  glosse  jedenfalls  einem  alten  gramma« 
tiker  oder  glossator  entnommen  ist,  gleichwie  die  betrelFende  des 
Festus,  und  nur  die  fassung  teilweise  nnserm  glossograpben  enge- 
hört,  so  war  bei  der  nennnng  des  Q«  Fabins  der  suMts  Bamae  an 
sich  unnötig,  die  verderbten  werte  mttssen  wol  beseicfanet  haben, 
von  welcher  art  jene  liebe  war.  dass  sie  aber  im  obscenen  sinne 
zu  deuten  sei ,  zeigen  uns  die  werte  des  Paulus  Festi  s.  344,  6  puet 
gui  obscene  ab  aliguo  amäbatur^  eins  a  guo  amaifts  essä  puBms  dies- 
baiur.  femer  würde  der  s«ts  des  Placidus  gitod  natibus  futgmaius 
erat  keinen  sinn  geben,  wenn  nieht  in  der  voransgehenden  erklimng 
des  wertes  ptiUus  die  art  des  obscenen  niher  angegeben  gewesen 
wäre ,  für  welche  eben  der  Q.  Fabius  Ebnmus  als  beispiel  erwähnt 
ist.  weitere  autklärung  erteilt  noch  Festus  s.  S46,  23  püBus  lovis 
dkcbatur  Q.  Fabius,  cui  Ebumo  cognatnen  erat  propter  ctmdorem^^ 
quod  eius  naiis  ftdmine  icta  erat.  aniigiU auiem puermm,  guem  guis 


848  ADeuerling:  zu  Placidus  glossen. 

aniahaf^  ptiUum  eins  dicehani]  femer  Amobius  adv.  gentts  IV  26  tf 
ut  lovxs  dicaJtur  puUus ^  in  partibus  Fabius  adurüwr  molUhui 
ohsigncdurqtw  posticis.  es  ist  also,  am  es  kon  sa  sagen,  statl 
7'hetaris  rome  zu  schreiben  retrioris  rimae.  zu  reirion$  vgl.  dca 
scholiasten  zu  Juvenalis  11,  ISBpygargus  fera  est  ttpeäe  cem,  f^M 
refriores  partes  albas  hdbd;  ideo  et  didus  est  pygargus,  quia 
Gracce  nates  itvyfi  dicuntur.  den  retriores  partes  sjnonjm  sind 
die  posticae  partes  bei  Amobius.  das  wort  rima  ferner  steht  ia 
obscenem  sinne  «=  amnus  bei  Juvenalis  selbst  9.  97.  d*  endlick 
mit  groszer  Wahrscheinlichkeit  anzunehmen  ist,  dass  das  sinnlosf 
qxii  vor  rome  nicht  von  auszen  hineingetragen  worden  ist,  so  to^ 
mute  ich  dasz  in  den  werten  idestmi  weiteres  Verderbnis  enthalt« 
und  dasz  der  eingang  der  glosse  etwa  so  zu  lesen  ist :  pu  llum,p¥isnm 
in  amarihus  incestis  retriorisque  rimae.  zu  dem  eigenschaftswoiti 
incestis  tritt  ein  gleichwertiger  eigenschaftsgenitiv  reirians  nsMe. 

s.  61,  8  lame.nta  genere  neutro,  numero  semper  pUnraU.  Is* 
mentus  autem  genere  masciäino  dicunt  ludaei  et  eoruiü  fttii  räiicci 
non  ledi  genialis,  sed  sandapüae  amphitheairaUs.  HBOnaoh  veniuht 
in  der  zs.  f.  d.  öst.  gymn.  1880  s.  587 — 689  die  glosse  so  ra  mw 
dieren,  dasz  er  lanuifUus  «=  lanicntas  im  sinne  von  lameniatcra  anf- 
faszt  und  statt  cimices  schreibt  sitidnes  dh.  leichensftnger.  ich  ht- 
zweifle  dasz  diese  art  der  lösung  zum  ziele  führt:  denn  abgeeehsa  vm 
der  in  dieser  bedeutung  ganz  ungewöhnlichen  form  lamemtus  schöit 
es  mir  sehr  gezwungen,  Ja  fast  undenkbar  bei  einem  begribiii 
das  'ehebett'  in  einen  gegensatz  zur  ^tragbahre  vom  unphithsite' 
zu  bringen,  zwar  teile  ich  die  antipathie  «on  ROnsch  gegwi  JMt 
nichtscheuen  unholde',  dieweil  auch  'ich  noch  atme  im  rosigen  UÄtf. 
aber  diese  antipathie  kann  fdr  mich  kein  grund  sein ,  die  eowol  ■■ 
lectus  geniälis  als  auch  zur  sandapila  ampUheoirälis  so  gaai  nad  gtt 
passenden  cimices  hinauszuwerfen,  um  so  mehr  als  nach 
aller,  die  land  und  leute  von  Italien  kennen,  gerade  die 
sammelpuncte  alles  möglichen  Ungeziefers  sind,  dabei  halte  idi  fnt 
lieh  die  möglichkeit  für  nicht  ausgeschlossen,  dass  in  nasecerf^ofli 
eine  Vermischung  verschiedenartiger  bestandteile  stattgeftandea  W 
und  dasz  zu  cimices  ein  anderes  lemma  za  ergftnzen  ist, 
falsch  aber  ist  die  weitere  bemerkung  von  BOnsch,  dass  /Bjj 
die  Christen  bedeute,  denn  dasz  Placidus  ein  Christ  war,  ist  la* 
zweifelhaft:  er  spricht  wiederholt  von  denpagani  (s.  88,  81,  61,  & 
55;  19.  61,  14);  er  nennt  den  Plautus  38,  26  einen  saeadark 
comictts;  die  erklämng  des  ennadiordon  70,  26  dnreh  die 
propter  novenarium  ah  astagiis^  die  in  den  beiderseitigen  qaeUsaiv 
Placidusglossen  vorkommt  und  sonach  nicht  wol  als  npltim 
gelten  kann,  bezieht  sich  auf  rein  kirchliche  dinge  (vgL  die 
novetiarium  in  meiner  ausgäbe  und  auszerdem  praef.  s.  IX).  iehksMi 
es  aber  fUr  ganz  unmöglich,  dasz  ein  Christ  des  ftnAsB  jh. 
g]aubensgenossen  als  'sühne  der  Juden'  bezei       t       len  solHs. 

MüMcuEN.  And]     a  DauEaLnai 


WHKoliter:  dei  VagOim  Tkrto  adogt.  849 

DES  V£ROILIUS  SECHSTE  ZEHNTE  UND  TIEBTE  SCLOGE. 

(schlusi  Ton  s.  SSI— S68  und  626—648.) 


III.  DIE  VIERTE  ECLOGE  (POLUO). 
Die  vierte  ecloge  teilt  mit  der  aechsten  und  sehnten  die  eiges^ 
tümlichkeit,  dasz  alle  drei  aich  nicht  streng  innerhalb  der  grenxen  der 
bakolischen  dichtnng  halten,  aie  ist  llter  ala  die  betden  letatgenami* 
ten  und  nennt  uns  v.  11  btttimnit  daa  jähr  ihrer  entatehong:  ie^ne 
ndeo  decus  hoc  aert  te  eonsule  iiitM»  PMo^  alao  714  d.  at.  (40  ror 
Ch.),  Cn.  Ihmüio  M.  f.  C.  Arimo  FoBkme  <M.f.eo$.  mnas  ne  ab- 
gefaszt  sein.  Scbapera  veraoch  den  PoUio  in  beaeitigett  hat  Bibbedk 
prol.  8.  11  f.  genügend  znrOokgawieeen.  wenn  man  die  eologe  da 
dnnkel  tadelt,  so  kOnnte  man  fiiai  meinen,  aie  hllte  ein  recht  es  au 
aein :  enthalt  sie  doch  ein  Orakel,  nnd  welchea  Orakel  wire  nicht  don« 
kel?  ja  sie  bat  ein  doppeltea  recht  dam:  denn  aie  iat  ein  nicht  er> 
fülltes  Orakel  von  dem  nahen  einer  goldenen  attt:  oder  wann  wIre 
die  gekommen?  Verg.  rerheiaat  aie  unter  der  form  der  gebort  einea 
kindes;  es  entsteht  mithin  die  frage:  wer  iat  dieaea  kind?  da  aind 
die  einen  rasch  bei  der  hand  mit  dier  antwort:  Serrina  nennt  ja  daa 
gedieht  selber  ein  gendUiaetm  anf  Pollioa  aokn  C.  Aainina  Gallna, 
oder  vielleicht  einen  frflh  veratcttbenen  bmder  deaadben,  Saloninna* 
unmöglich,  rufen  die  andern:  an  der  apitae  eines  goldenen  aeitaltera 
kann  nur  ein  herscher  stehen;  alao  Octavianna  mnas  ea  sein  (Serrina 
zu  V.  13,  Wagner  bd*  I  s.  124,  Voss  ecl.  a.  177).  abor  der  war  ja 
schon  23  jähr  alt,  wie  konnte  er  denn  damala  geboren  werden?  und 
wenn  es  damit  nicht  so  genau  genommen  werden  soll,  warum  soll 
es  denn  nicht  M.  Antonius  sein,  ala  deaaen  festen  und  treuen  an- 
hänger  sich  eben  damals  PoUio  bewahrte?  nein,  sagen  andere,  ea 
ist  Octavians  schweatersohn,  entweder  ICarcellua,  auf  den  20  jidure 
später  Italien  seine  hoffhung  setzte,  oder  ein  frOh  verstorbener  jttn- 
gerer  bruder  desselben,  noch  andere  denken  an  Octaviana  tochter 
Julia,  statt  deren  man  einen  söhn  erhofft  habe,  alle  dieae  annahmen 
fallen  durch  die  erwBgung,  dasz  Octavian  um  das  j.  40  vor  Ch.  noch 
gar  nicht  die  Stellung  eimiahm,  dasz  sich  so  etwaa  bitte  von  ihm 
hoffen  lassen,  wie  zehn  oder  zwölf  jähre  später,  in  solchem  gewirra 
der  meinungon  kann  man  es  dem  chriatlidien  mittelalter  nidit  vev* 
argen,  wenn  es  auch  einmal  an  den  heiland  und  Maria  gedacht  hat» 
aber,  erwidern  die  ersten,  wie  kann  man  sweifsln?  bezeugt  ea  una 
doch  Servius  nach  Asconius  Pedianua,  dau  Aainiua  Gallua  aelbat  die 
ecloge  als  ihm  zu  ehren  gedichtet  anerkannt  hat:  Serviua  sn  v.  11 
inihit :  inchoahü^  exardium  acdpkt:  amemm  sc.  saeeUhm^  et  4deo  märii, 
non  iniit,  quia  constU  designahis  erat,  quidam  SaUmkmm^  PöOkmia 
filium,  accipiuni.  alH  Asinium  Oattum^  fratrem  Salomni^  guiprius 
natus  est,  PoUhne  cansule  dtsignaio.  Asconius  Pedianus  a 
Gallo  audisse  se  refert  hanc  eclogam  in  honorem  eins 

Jahrbücher  fttr  cUm.  philol.  18S0.  hft.  12.  56 


850  WHKoUter:  des  Vergiliua  vierte  edoge. 

factam.  ich  stimme  Schaper  bei,  der  in  diesen  jalirb.  1864  s.  €45 
sagt :  'der  himmel  bewahre  jeden  vater  vor  einem  solchen  gratulfttiou- 
schreiben  eines  verehrten  freundes :  denn  wenn  ihn  die  freude  nicht 
des  Verstandes  beraubt  hat,  so  wird  er  an  dem  verstände  seines  firenn- 
des  zweifeln  müssen.'  aber  ich  gehe  noch  einen  schritt  weiter  and 
sage:  angenommen  selbst,  dasz  Asinius  Oallns  tropf  genug  wir, 
das  im  ernst  zu  glauben :  wer  darf  Verg.  für  den  achmeichkr  •■- 
sehen,  der  da  sagen,  oder  für  den  pinsel,  der  glauben  konnte,  mit 
Gallus  geburt  beginne  die  goldene  zeit?  die  goldene  seit  kimsto 
nicht  an  die  geburt  eines  irdischen  knaben  geknüpft  werden,  Teig. 
musz  bei  seiner  dichtung  einen  unsterblichen  im  ange  geinbi 
haben,  wol  denn:  welcher  unsterbliche  ist  onter  Pollioe  conmlit 
geboren?  das  ist  nur  einer,  der  friede  zu  Brundisiam,  der  frei- 
lich des  dichters  hoffhungen  auch  nicht  wahr  gemacht  hat.  aberdv 
dichter  ist  wenigstens  nicht  schuld  an  den  seltsamen  trSnnua  nd 
hypothesen  der  gelehrten:  er  hat  es  jedem  deutlich  genug  gengfti 
der  es  verstehen  will:  v.  5  magnus  ab  integro  medorum  Mafrikr 
ordo.  auf  die  zeit  der  perturhatio  onmium  rerum  folgt  endlidi  eil- 
mal  eine  zeit  der  Ordnung,  diese  Ordnung  selbst  ist  der  erwartett 
knabe:  eine  neue  menschengeneration,  novaprogemeSf  wird  ins  d^ 
sein  treten,  die  nicht  mehr  in  sich  zerrissen,  in  blinder  partsiwiit 
sich  leidenschaftlich  haszt,  verfolgt  und  brudermOrderisch  serfleiicht 
freilich  in  natürlicher  weise  aus  der  gegenwftrügen  henrozgehea 
sie  nicht,  sie  wird  von  oben  gesandt,  cado  demUtüur  äUo  («< 
tufj  sagt  Servius,  homines  nan  exmarUdiJmsnaiisedex 
et  quasi  caelo  lapsi).  es  erscheint  die  neue  phase  der  weltordansf 
dem  dichter  nicht  unter  dem  bilde  einer  neuschOpfiing,  soadea 
unter  dem  der  geburt  eines  knaben;  aber  schon  H^yaehst« 
(bd.  I  s.  126)  als  eine  durchaus  unberechtigte  annähme  Hifiitfi*^ 
dasz  dieser  knabe  Urheber  und  Unterpfand  des  kommenden  so«  d« 
irrtum  freilich  (oder  soll  man  lieber  sagen  misTerstehen  des  dich- 
ters ?)  geht  bereits  auf  Verg.  zeiten  zurück,  wie  uns  die  von  Atimp^ 
berichtete  ftuszerung  des  Asinius  Gallus'  zeigt  so  dUrfsn  wir  ni 
nicht  über  die  hypoüiesen  wundem,  die  wir  bei  Senrins  finden. 

Zu  richtigerer  auffassung  der  dichtung  erinnert  Wagner  bd.  I 
s.  125  daran,  wie  gewaltig  sich  in  den  entsetslichen  bflrgerkliDpfeB 
der  zeit  auch  der  römische  aberglaube  kundgab,  so  dass  man  nk 
überall  mit  Orakelsprüchen  trug;  Horatius  carm.  I  S  legt  genim— 
Zeugnis  davon  ab,  wie  fieberhaft  sich  die  blicke  auf  derglei^enririh 
teten;  es  war  kein  spiel,  sondern  ein  krankheitssymptom  der 


^  damit  soll  nicht  in  abrede  geftellt  sein,  dasi  Oallns  das  akM 
hätte  mit  dem  nötigen  qnantnm  hnmor  sagen  k5nneo.  ftber  die  U^ 
herigen  deatangen,  besonders  die  von  PlOss,  noeh  ein  wert  ■ehris 
sagen  wird  sich  weiter  unten  gelegenheit  bieten;  nnafitse jpeleaikBigK 
mir  fern,  die  lösung  von  rSthseln  facht  man,  bis  «ioer  das  glUi  W 
sie  zu  finden,  aber  das  ist  eben  glück.  *  Oallas  Insaeraag  silK 
setst  ein  publicnm  voraas,  das  sich  Über  die  meinung  des  di^lsis  «n^ 
blendete. 


WHKoliter:  «tot  Yogüiiit  jkatU  6dog«.  861 

60  dasz  sich  Octavian  Temdaut  tih  allef,  was  tu  pro^eMiniigai  m 
finden  war,  über  2000  schrifteD,  einziefaeii  und  TarbrmMn  n  hiiea 
(Säet  d.  Aug.  31).  so  gieng  deiui  aneh  eme  toldie  miitr  dem  Bsme» 
der  Camäisdien  Sibylle,  welche  das  nahen  des  goldenen  leiiaUera 
verbiesz.  ein  etmskischer  glaube  bot  dem  spniehe  die  band»  infidigia 
dessen  die  etroskischen  priester  sa  Sullas  leitdas  ende  des  nennim 
und  den  anfang  des  zehnten  nnd  latrten  weltalters  Tsrkflndigten.  8er* 
vitts  hat  ans  einige  weitere  winke  darfiber  ans  einer  sehrifl  des  Ißgi- 
ditts  Fignlus  erbdten.  jedes  leitalter  (fseonliim)  war  einer  eignen 
gottheit  zagewiesen:  das  erste,  goldene  dem  Batnnins;  dann  kam 
Jappiter,  Neptonns,  Pinto  bis  tun  sehnten,  das  dem  8ol  oder  Apollo 
unterstellt  war.  so  schloss  sich  dieser  glsnbe  ?on  dem  wel^ahr  an 
die  Platonische  und  stoisdie  lehre  Ton  einer  dvsscAcXiucic  nnd  Ano* 
KOTdcractc  an,  wenn  alle  planeton  in  ihre  msprOnglicIie  stdlong 
würden  znrflckgekehrt  sein,  mühin  die  ordnong  der  dinge  von  TOm 
beginnen  und  damit  ein  goldenes  ssftalter  wieder  in  sonsicht  stoben 
würde,  was  wunder,  wenn  der  dichter  warmherzig  daran  anknflpfle? 
freilich  ist  er  nur  ein  halber  Tatee  gewesen;  wir  sind  mit  dieser  Weis- 
sagung anders  daran  als  wenn  wir  die  oraenla  post  erentom  beq[ire- 
cben :  jene  glftnzenden  trSume  des  patrioten  VergilioS  sfaid  gar  dflrfUg 
und  mit  grosser  besohrSnkung  in  erflUInng  gegangen,  der  frtode 
und  die  ruhe,  die  er  von  dem  Brundishiiscben  blliklnis  bolle^  das  ende 
der  bürgerkri^ge,  ist  erst  zehn  jähre  qpiter  gekommen,  nnd  wie  stand 
es  auch  da  um  die  neue  ordnnng  der  dinge!  aber  es  gilt  ein  wenig 
nachzufühlen,  was  damals  ein  Bümerherz  empfand  nnd  wie  firendig 
es  sich  seinen  hoifhungen  hingab,  mitton  in  dem  UUum  amnium 
contra  amnes  leuchteto  ein  stnJ  auf,  der  hoffen  Hess  dass  die  sieg* 
reiche  partei  der  Caesarianer  aufhören  werde  sich  in  sich  zn  ser- 
Üeiscben.  was  hatto  man  in  wenigen  jähren  durchzumachen  gehabt  t 
Caesars  herschaft,  die  schon  einigermaszenbegrOndet  schien,  war 
unter  mörderdolchen  verblutet;  äe  repnblicanische  partei,  die  so 
mutig  ihr  haupt  erhob,  geknickt,  zerbrochen,  zuerst  durdi  pro- 
scriptionen  decimiert,  dann  auf  dem  schlachtMde  zertreten  und  ser* 
malmt;  die  aufstrebende  herschaft  des  Antonius  haltungslos,  bei 
Perusia  geschlagen,  aber  doch  so  dass  Pollio,  sein  rechter  armi  un- 
gelähmt blieb;  Octavianus  zfth  ausharrend;  die  arena  flir  ein  end- 
loses ringen  geOffnet.  drohend  concentrieorto  sich  der  kämpf  nm 
Brundisium,  und  aller  äugen  erwarteten  zu  sehen,  dasz  die  gewittor* 
wölke  sich  entladen,  Borns  kinder  sich  zerfleischen  würden;  da  er- 
schallt die  nachricht,  Coccejus  habe  die  beiden  angesehensten  Partei- 
gänger der  beiden  gegner,  Maeeenas  und  Pollio,  für  frieden^redanken 
gewonnen,  man  reidbe  sich  die  liand,  es  werde  friede  wwden  und 
die  bisherigen  gegner  vereint  gegen  S.  PompejuS|  der  Bom  auszu- 
hungern suchte,  und  die  Parther,  die  schon  alle  asiatischen  provin- 
zen  überschwemmt  hatten ,  im  kämpfe  znsanunenstehen.  war  das 
nicht  nach  solcher  zeit  des  entsetsens  goldene  aussieht  auf  goldene 
zeit?    durfte  sich  nicht  des  dichtere  hers  zn  der  hoifiinng  empor- 

55« 


852  WHKoUter:  des  Vergiliui  vierte  ecloge. 

schwingen,  dasz  endlich,  endlich  sich  die  Ordnung  aus  dem  schreck- 
lichen gewirre  erheben  werde? 

Damit  ist  der  grundgedanke  ausgesprochen,  dass  das  ganze  ge- 
dieht eine  allegorie  ist:  es  werden  auf  das  Tolk  der  zukonft  die  Ul- 
der  von  dem  goldenen  weltalter  übertragen  und  dieselben  einiger- 
maszen  den  gegenwärtigen  yerh&ltnissen  angepasst.     so  Tiel  aber 
auch  von  früheren  für  die  dichtung  geschehen  ist,  es  bleibt  doch 
noch  mancherlei  zu  thun  übrig,   die  strophische  gliedemng  dessel- 
ben ist  bereits  von  Gebauer  nachgewiesen  *de  poetamm  Graecoram 
bucolicorum  inprimis  Theocriti  carminibns  in  eologis  a  Vergilio  sd- 
umbratis'  (Leipzig  1856),  und  weiter  im  einzelnen  Ton  Bibbeek  ii 
diesen  jahrb.  1857  s.  66,  der  nur  am  sohlnsz  einer  vorgefaszten  mei- 
nung,  dasz  v.  58  und  59  sich  strophisch  entsprechen,  zu  sdir  zech- 
nung  trägt  und  diese  beiden  verse  von  den  drei  Torhetgehendca, 
deren  abgesang  sie  sind,  trennt,    dadurch  kommt  der  anlaag  der 
schluszstrophe  nicht  zur  geltung.  das  gedieht  besteht  mnldist  ans 
einem  vorwort  von  3  versen,  darauf  folgt  eine  einleitnngsstrophe 
von  7  versen  (4 — 10)  nebst  antistrophe,  jede  aus  2  kola  von  4  nid 
3  versen  bestehend ;  dann  schildert  eine  dreizeilige  atrophe  (18 — 80) 
und  antistrophe  nebst  zweizeiliger  epodus  (24.  25)  das  kindesaltcr 
des  knaben  (Bibbeek  setzt  die  beiden  zeilen  der  epodna  einaBdcr 
strophisch  entgegen  und  kommt  so  in  die  notwendigkeit  das  snbjeet 
der  Strophe,  das  verbum  der  antistrophe  zuzuweisen),   ea  folgt  du 
Jünglingsalter  desselben  26 — 36;  erst  was  es  bringen  werde  (zwei- 
zeilige Strophe  und  antistrophe  nebst  einzeiliger  epodns),  dann  «ai 
es  noch  versagen  werde  (dreizeilige  atrophe  und  antistrophe).  daraif 
kommt  das  mannesalter  in  dreizeiliger  atrophe  und  aniiatnq»he  nai 
dreizeiliger  epodus  37 — 45  (Bibbeek  setzt  die  drei  teile  einander 
gleich),    es  schlieszt  die  verheiszung  mit  zweizeiliger  atrophe  nai 
antistrophe  ab  (46—49) ,  dem  eigentlichen  schwerpnnet  der  gsnn 
verheiszung.   Bibbeek  erkennt  diesen  gegensatz  nicht  an,  senden 
iSszt  46.  47  ohne  strophische  erwi^emng  (die  aber  kOnnen  ihm 
unbedeutenden  Inhalt  nach  keine  mesodus  sein),  und  aieUt  48.  49 
den  versen  53.  54  entgegen,   aber  48.  49  rufen  noch  die  aene  sät 
herbei ,  die  der  dichter  in  der  fünfzeiligen  atrophe  50 — 54  baniU 
nahen  sieht,  so  gehören  die  beiden  erstem  noch  znm  hanptgedichti 
die  letztem  zum  schlusz.   das  ist  aber  ja  das  bedentaaae  der  cal- 
deckung  strophischen  entsprechens,  dasz  dadurch  die  gliedenagdsi 
gedankens  zum  ausdruck  gebracht  wird,  der  Strophe  60 — 64  stett 
der  dichter  dann  in  der  antistrophe,  die  mit  einem  doppeltMi  JRm 
ctiam  schlieszt,  die  verheiszung  seiner  schOnsten  lieder 
worauf  eine  anrede  an  das  wiegenkindlein  in  zweiieiliger 
und  antistrophe  abschlieszt. 

In  der  einleitung  ruft  der  dichter  die  hilfe  der  aieUiachcnMvm 
an,  ihm  eine  groszartigere  dichtung  zu  vermitteln:  was  er  nrPoüis 
singe,  müsse  auch  eines  consuls  würdig  sein;  so  mflaae  dsanaadk 
die  wald weide,  von  der  sein  lied  ertöne,  sich  über  gewSknliehsB  gr 


WHKolater:  dM  Yargiliot  lierte  edogt .  S68 

büsch  und  gesirttpp  erheben,  nicht  wandeln  will  er  den  ton^  «r 
will  in  Theokrits  ftisztapfen  bleiben,  es  sollen  hirtengedenken  sdn« 
die  er  vortrftgt,  aber  Tor  einem  conmil  ersdieint  aneh  der  Urt  billig 
im  festkleid.  Voss  verkannte  den  sinn  der  stelle  hinlinglieh  vm 
schreiben  zu  wollen :  sufU  eonmde  JKgnae  statt  Hui  e.  d  sebr  rielitig 
wandte  Spohn  gegen  ihn  ein,  dami  müsse  eine  besohreibong  d» 
$Uvae  folgen.  Voss  liesz  ihn  sagen:  wenn  ich  aneh  blossen  wald* 
gesang  bringe,  so  ist  es  doch  ein  gesang  eines  cMisnls  würdig,  also 
ein  selbstrühmen;  der  co^jnnotiT  gibt  nns  Tidmehr  den  wnnaeh 
einer  erhebong  seiner  dichtong  über  ihre  gewühnlidiolialtang:  wem 
ich  auch  bei  meiner  dichtnngMrt  bleibe  mud  midi  demütig  halte  wie 
die  myrica  (tamarix  gallica,  Ton  Voss  treSlidi  beedffidmi),  so  will  idi 
doch  nicht  vergessen,  ftür  wen  idi  singe,  nnd  *waB  ich  singe*  hüte 
er  hinzusetzen  mOgen :  denn  mit  einem  grossen  worte  tritt  er  hervor: 
ihr  meint,  es  sei  ein  gewöhnlidier  firitfdenMdünss,  der  so  eben  toU- 
zogen  ist:  nein  doch,  es  ist  die  erfUlmig  des  orakds,  das  nns  kürz- 
lich verkündet  wurde,  es  ist  ein  vrdterdgnis  erster  grüsse,  es  ist 
der  beginn  eines  neuen  welte^jahrs;  wir  meinten,  es  würde  kommen 
in  80  und  so  viel  zeit,  aber  es  ist  sdion  gekommen  (mniOi  die  wdt- 
ordnung  beginnt  schon  von  vom  {ab  intejfro)*  Senrins  belegt  den 
ausdruck  aus  dem  dten  Cato  (^  suo  eotmMu:  mmiia  ab  kU^fro 
paranda  erant.  das  neue  ist  da,  istsdbon  jetrt  da;  nicht  nmsout 
wiederholt  der  dichter  drdmal  km:  kmriäUi  iam  nava  p^iff/mka 
demittüur^  iam  regnat  Apollo  nadi  dem  mt^fnms  ioeehnim  naoeUwr 
ordo,  das  unglttck  der  sdt  ist  zn  ende,  vorbei  die  mchlosigkdt,  Un- 
gerechtigkeit, hartherzigkeit  und  bosheit,  weldie  dnst  die  Astraea 
genötigt  hatte  die  erde  zu  verlassen:  sie  kommt  zurück.  luBHOOf 
sagt  Servius,  quae  Erigone  fuU^  ßia  Themtdis^  dmrn  iiUer  hamk^es 
rersaretur,  propUr  eorum  sckera  terras  reliquU^  quam  ideo  virgmem 
dicunty  quod  $U  incorrupla  iuilüki,  das  nftchste  redeumt  SaiiarfUa 
regna  ist  teils  folge  teils  zeichen  des  vorigen,  der  rückkehr  der 
Astraea,  teils  klarere  darstellung  des  zu  erwartenden,  kein  neues 
moment:  hinfort  wird  der  schade  geheilt  sein,  und  zwar  von  innen, 
der  bürgerkrieg  gebannt,  das  menschengeschlecht  irird  ein  gans 
neues,  nicht  wiederzuerkennendes  sein,  eine  nova  progemes,  hier 
auf  erdein  schlieszen  freilich  die  mensdien  firieden  nur  auf  so  oder  so 
lange ;  aber  diesem  frieden  wird  vom  himmel  ein  gans  neuer  boden 
bereitet,  die  herzen  gewandelt,  das  Idd  geheilt,  menschen  httten 
das  nicht  vollbringen  kOnnen,  diese  nova  progenks  eado  demUtUuf 
alto.  es  ist  also  dieser  v.  7  ebenfalls  nichts  anderes  als  ein  neoer 
ausdruck  für  redeant  Saturma  regnai  dafür  spricht  auch  das  eado 
demUtitur.  nach  dem  namen  des  puer  soll  man  gar  udit  fhigsn, 
puer  ist  selbst  nur  eine  bezeichnung  ätr  progetdes  als  einer  jugend- 
lichen, die  progemes  wird  durch  hühere  gäbe  aus  einer  fenta  eine 
aurea  werden,   anders  hat  man  fireilich  bis  dahin  die  ssdie  an^ge- 


f aszt :  man  bat  die  progtnkSy  das  menschengeschlecht,  vreil  es  nachher     i 
pufr  genannt  wird,  für  ein  menschliches  Individuum  angesehen,  waa     j 


854  WHKolater:  dea  Vergiliui  vierte  ecloge. 

allerdings  geschehen  kann,  aber  nicht  notwendig  ist.  dann  erscheint 
der  neugesandte  als  ein  weltheiland  und  retter.  dagegen  ist  aber 
einzuwenden,  dasz  dies  eine  christliche  idee  ist,  keine  römische 
oder  griechische ;  dasz  die  fiuszere  fassung  an  unserer  stelle  gar  nidit 
dafür  spricht,  weder  das  cado  detniititurj  noch  dass  dieiM^fiiief 
gleich  darauf  gcns  heiszt,  dasz  von  ihr  gesagt  wird  ioto  mundo  dmfgety 
was  mit  einem  individuum  doch  ganz  unvereinbar  ist,  und  dan  daa 
von  der  gens  fcrrea  ausgesagte  desinet  doch  unmöglich  »■  oocmM, 
morietur  gefaszt  werden  kann  —  soll  denn  eine  pest  die  ganze  gegen- 
wärtige generation  hinraffen,  samt  dichter  und  angesungenem?  and 
das  verkündete  er  jubelnd  und  triumphierend?  dazu  konunt  dan 
einer  solchen  au^assung  die  antike  sage  von  der  entstehnng  des 
menschengeschlechts  und  dem  goldenen  Zeitalter  durchaus  nicht  ent- 
gegenkommt: Prometheus  bildet  nicht  ein  menschenpaar,  senden 
eine  ganze  reihe  von  Stammvätern  und  -müttem,  nnd  die  menich- 
liche  erzeugung  genügt  Deukalion  und  Pyrra  so  wenig,  dass  sie,  ob- 
gleich nicht  ohne  nacbkommenschaft,  steine  hinter  sich  werfen,  um 
eine  masse  menschen  zu  schaffen. 

Mit  V.  8  wandelt  sich  das  bild.  während  die  erste  hllfte  der 
Strophe  die  prägen  ies  geistig  als  eine  sendung  von  oben  {eado  de- 
fnittitur)  auffaszt ,  erscheint  sie  in  der  zweiten  (v.  8)  leiblich  nnter 
dem  bilde  eines  neugeborenen  kindes,  puer  nascens,  darum  wird  mit 
recht  Lucina  für  sie  angerufen,  denn  es  ist  eine  stunde  tödlicher  ge- 
fahr,  in  der  man  der  gunst  der  göttin  dringend  bedarf,  aber  and 
nachdem  dieses  neue  bild  eingeführt  ist,  weist  uns  alles  darauf  hia, 
in  dem  imer  fiascens  nicht  eine  menschliche  individnalitiLt,  senden 
ein  collectivwesen  zu  sehen,  gens  ferrea  desinet^  aurea  Mo  rnnmio 
surget  —  also  das  bild  einer  saat. 

Lucinas  gunst  wird  angerufen  mit  specieller  hinweisong  anf 
ihren  bruder  Apollo  —  tuus  iam  regnat  Apollo,  sie  ist  also  ab 
Diana  aufgefaszt,  wovon  nachher,  aber  was  soll  hier  ein  'dein  ApoUo 
ist  ja  schon  am  regiment'  V  ausgeschlossen  ist  unbedingt  Voss  gt- 
danko ,  das  tuus  iam  regnat  Apollo  auf  den  weltmonat  des  Apollo  n 
beziehen :  das  ist  ja  gerade  die  frohe  künde,  die  der  dichter  in  die  weit 
hinausruft,  dasz  man  nicht  mehr  im  zehnten  weltmonat,  dem  moasl 
des  Apollo  ist;  das  lied  verkündet:  neujahr  ist  da;  wir  sind  wieder 
im  weltmonat  des  Satumus:  Saturnia  regna.  die  gOtterheradialk 
weist  uns  ab ;  wo  werden  wir  nun  einen  anhaltspunct  finden  für  das 
Apollo  regnat?  wir  müssen  uns  schon  zur  menschenweit  wesdiB, 
und  da  finden  wir  es  denn  als  eine  schwäche  des  OctaTianus  flbei^ 
liefert ,  gern  den  Apollo  zu  spielen,  ohne  zweifei  haben  wir  in  den 
Worten  tuus  iam  regnat  Apollo  eine  hindeutung  auf  ihn  vor  ms. 
Sueton  d.  Aug.  70  erzählt,  wie  Octavian  sich  in  der  maske  des  Apollo 
gefiel,  wie  ihn  Antonius  damit  neckte  und  die  bOse  weit  seine 
feste  verspottete: 

impia  dum  Phoehi  Caesar  mendacia  ludii^ 
dum  noi^a  dhorum  ccnat  adulteria. 


WHKolrteri  dit  Yngiliot  Tteite  edog«.  865 

er  sagt  uns  auch,  dasi  er  gern  flir  einett  aobn  des  Apollo  kitte  gel» 
ten  mögen:  Äugtishim  nahim  meuM  deekno  H  ob  hoe ßimm  ApMnti 
hahitum  (vgl.  Preller  rOm.  mytb.  a.  567).  es  weisen  ans  also  diese 
werte  auf  die  zeitgeschidite  hin«  Verg*  fasst  den  frieden  sn  BruH 
disiom  als  eine  concession  des  Antonios  an  OetaTianns,  der  dnrdi 
denselben  ans  grosser  bedrSngnis  Ton  selten  dee  8.  Pomp^|ns  beftwl 
wurde,  welcher  Ton  Sieilien  aus  die  kttste  von  Italien  und  dnreh  ab« 
schneiden  der  komzufuhr  die  hanptstadt  dnreh  hnngersnotbedringte. 
Antonius  hatte  mit  Pompcrjus  in  TerUndong  gestanden;  aber  nm  dis 
ihm  notwendige* tmppenmaoht  und  anderweitige  nnterstlltrang  g^gsn 
die  Parther  zu  erhalten,  opferte  er  diese  Tsrbüidnng,  gab  dem  Tater- 
lande  den  frieden  und  fUhxie  ein  nenee  morgenroth  am  bimmel  beranl 
so  ward  Octavian  ein  alp  Ton  der  bmst  genommen ,  nun  dnrfte  er 
sich  als  herscher  f&hlen:  iuu$  iam  r^gntd  ApdUo.  anibh  Sohaper  be« 
zieht  den  Apollo  hier  auf  den  schntigott  des  Augnstos«  dass  Verg. 
in  diesem  an  PoUio  geridtteten  gedi^te,  welcher  anhlttger  des  An- 
tonius  und  in  diesem  augenbliä  reeht  «geiitli<A  sein  Torktmpftr 
war,  Sympathien  für  Antonius  rar  sohau  trlgt,  wird  man  schon  in 
der  Ordnung  finden,  und  die  werte  'deinem  Apollo  ist  seine  berschaft 
eingerKumt'  haben  die  genügende  deatong  geftmden. 

Dasz  Lucina  hier,  eben  so  wie  Her.  cmw^  UI  SS,  1 — 4  nnd 
0.  saec.  15  als  Diana  aufgefasst  ist,  Utnnen  wir  nadi  dem  UmsJ^folh 
nicht  bezweifeln;  sonst  gilt  sie  insgemein  ittr  Juno:  s«  PMler  rOm. 
myth.  8. 140.  242.  der  cultus  als  mondgOttin  war  beiden,  Jone  und 
Diana ,  gemeinschaftlich :  Preller  aa  s.  242.  277. 

Mit  der  v.  11  beginnenden  antistrophe  erhebt  sich  der  ton  der 
dichtung  bis  zu  seiner  höchsten  höhe,  hatte  der  dichter  schon  mit 
Jubel  zu  verkünden,  dasz  von  dem  so  eben  erfolgten  friedensschluss 
eine  epoche,  ein  vollständiger  Umschwung  der  dinge,  der  in  anssicht 
gestellte  weltmonat  beginne,  so  jubelt  er  nun  vollends  (adeo)  dass 
dies  weltereignis  das  consulat  seines  freundes  Pollio  schmficken 
werde,  vortrefflich  ist  ftür  diese  Steigerung  des  tons  hier  der  stro- 
phische absatz  benutzt,  in  Schapers  erklftrung  tritt  uns  swiefach  ein 
starker  anspruch  an  unsem  glauben  entgegen,  6inmal  dass  ie  constde 
ohne  weiteres  bedeuten  könne  te  cons%de^  Caesar ^  und  dann  zweitens 
dasz  ein  gedieht  an  Pollio  oder  überhaupt  jemand  denkbar  sei  ohne 
seinen  namen  zu  nennen,  in  ersterer  beziehung  beruft  er  sich  auf 
die  zehn  consulate  des  Octavian;  aber  man  sollte  meinen,  um  so  viel 
weniger  wftre  es  zu  verwundem,  dasz  in  eins  derselben  ein  grosses 
ereignis  gefallen  sei.  die  anrede  aber  an  den,  unter  dessen  consulat 
die  Sache  geschehen  ist,  bleibt  nach  wie  vor  unerlässlidi.  das  zweite, 
die  Streichung  von  Pollios  namen,  stützt  sich  auf  seine  hartnftckig 
festgehaltene  annähme  einer  spfttem  abfassung  der  drei  edogen  4. 
().  10,  die  jede  Verständigung  mit  ihm  ausschlieszt'  —  Die  Strophe 

3  dabei  Icadd  man  das  fleitiiff«  und  verdlenitHche  seiner  metriichen 
Arbeit  jahrb.  1864  8.  633—667  voll  anerkenaen;  aar  was  er  meint,  wird 


856  WHKolBter:  des  Vergilius  vierte  edoge. 

zermilt  in  zwei  kola  von  4  und  3  versen,  von  denen  die  entern  ixisA 
te  cofisule  und  te  duce  in  zwei  teile  zerlegt  werden,  in  dem  entn 
erscheint  also  Pollio  blosz  als  eponymns  des  äßoua  aevi  i»  eenon 
decorum  (Servius  richtig  aureum  soecfJum),  in  dem  zweiten  ab 
mitwirkend  beim  friedensschlusz,  inäpient  nuMgni  procedare  memu. 
über  die  magni  menses^  abschnitte  des  wel^a^brs,  dann  wann  die 
sämtlichen  planeten  ihren  kreislauf  würden  vollendet  haben,  a.  Yon. 
die  alten  gaben  diesem  weltjahr,  dessen  Iftnge  einige  auf  S489,  an- 
dere auf  12954  jähre  berechnetcai,  auch  seine  nnterabteilungen.  die 
tnagni  menses  sind  hier  also  zunächst  die  zeit  der  entwieUang  der 
gens  aurea.  —  Aber  nicht  Zuschauer  allein  soll  Pollio  anoh  ftner 
sein  bei  der  entwicklung  der  neuen  generationi  er  boU  aie  aaUtMi 
die  anhaftenden  makel  des  freveis  abzuthon,  irrUa  fieiUi  denn  ii 
irrita  liegt  ein  gesondertes  moment  der  handlung,  er  soll  ihr  dm 
sagen  der  erlSsung  von  schuld  und  angst  zuwenden.  Pollio  geUrt 
also  als  führer  mit  zu  der  neuen  generation  und  Vergilina  ebenfalli, 
denn  es  ist  ja  ein  scdus  nostrum. 

Mit  dem  zweiten  kolon  der  ersten  antistrophe  tritt  der  dichter  tob 
der  seligpreisung  des  Pollio  an  sein  eigentliches  thema  heran.  wAt 
durch  einen  zauberschlag  gewandelt  wird  die  weit  erscheinen ,  die 
goldene  zeit  wird  sich  stufenweise  entwickeln,  ein  kindes-,  jflngUngi-i 
mannesalter  zeigen,  schon  beim  ersten  schritte  zeigt  aidi  PdUkii 
leituiig  erfolgreich:  iUe^  der  ordo  (denn  das  war  jader  nengeboreae], 
wird  ein  götterleben  empfangen,  dasz  sich  der  ordo  dem  diehUr 
sofort  in  einen  papulus  ad  ordinem^  constafiiiam^  iimocefrfiam,  jm^imi 
amorem  revocatus  hjpostasiert,  wird  man  dem  dichter  an  gnti 
halten  können  oder  müssen,  so  individualisiert  er  Um  •la.yiMr 
nascensj  dem  dann  natürlich  seine  weitere  entwicklang  berontiUi 
zunächst  göttliche  dauer  und  dann  göttlich  rahige,  feete  enibltof 
seines  lebens:  das  ist  die  vUa  deutti,  die  ihm  verliehen  werden  aoU- 
in  dieser  Individualisierung  hat  er  eine  patria  nndjpolriat  vlHiä» 
V.  16:  er  ist  ja  fortsetzung  des  alten  römischen  Tolka «  erkmit 
dessen  thaten  als  facta  parentum  an  v.  26,  weias  freilich  nach  von 
prisca  frans  v.  31,  ja  von  vestigia  scderis  nostri  ▼.  12,  er  beadoleiBt 
sich  aber  nicht  auf  Rom  und  Italien,  nein  ioio  swrgd 
mundo,  er  ist  freilich  caelo  demissus  ab  aUo  (▼.  7}-  aber  nur  i 
lieh  seinem  sinne  und  seiner  geistigen  haltung  nach,  ftnaMrlieh  himfc 
er  mit  der  gegenwärtigen  gens  ferrea  v.  8  zusammen,  es  ist  wel  dto 
falsche  beziehung  von  iZZe  auf  j>u«r,  die  das  bis  dahin  nicht  hat  mr 
geltung  kommen  lassen;  aber  es  war  ja  v.  5  nicht  die  gebort 
pucr^  sondern  des  ordo  angekündigt  der  ordo  konnte 
heiszen,  |der  puer  nicht;  aber  der  ordo  war  puer,  ein 
der.  —  Nicht  zu  übersehen  wird  hier  sein,  dass  von  den  dni 
dieses  kolon  v.  15  sich  speciell  auf  dieiHiertfia,  16  anf  die 


dadurch  nicht  bewiesen,   die  metritchen  eigentfimliehkelien 
«inen  andern  autor  hin,  dem  Vtrg,  nachahmte. 


WHKoltiers  dM  YergiUlu  Tteite  edog«.  857 


cen/ta,  17  auf  die  aelas  viritt$  beiieht,  deran  {yrtit  itt  dem  orM 
jo a ca ^us  cnUniniert  in  dieser  letitani  wird  maa  doreh di« ridbtjg« 
bexiehong  des  iOe  auf  ordo  dem  nngdieiieriiclieii  sals  putr  ftfd 
orhem  entgehen,  das  mochte  ThemistoUee  sehenend  Ton  aeiMm 
söhne  sagen;  aber  hier  ist  der  ton  dafllr  an  emai  die  (idadw  ba» 
ziehong  des  iOe  anf  jmmt  ist  es  geweseni  weldie  dem  gedieht«  rmi 
Tom  herein  nnheil  und  misrersttadnia  gefaradit  hat|  ton  Ariidna 
Oallos  und  Servius  an,  der  ea  ohne  ws  aidit  hllto  §mMSIHaiom^ 
nennen  kOnnen,  bis  auf  die  neneela  beqmekQBg  von  ThPlflaa  in 
dieaen  jahrb.  1877  a.  69  £,  eine  feine  geiatieiebe  arbeiti  die  naeb 
allen  Seiten  lichtblitte  sendet,  aber,  indem  aie  cUe  frage  nach  dem 
namen  des  jmmt  an  die  spitae  airilt,  aieh  den  wig  anm  finden  der 
Wahrheit  selbst  durohkreust  hat.  und  doch  hMe  dieae  basiehung 
schon  dadurch  ausgeschlossen  sein  acUen,  daas  pmr  nur  in  «iaem 
untergeordneten  casus ,  dem  datiT,  ohne  irgend  wahdie  betonung,  in 
erheblicher  enifemung  vorangeht;  ea  bitte,  meine  iah,  niemand  ei»* 
fallen  können  üU  darauf  zu  beaiehen,  atOade  nidt  mtio  noch  drei 
verse  weiter  entfernt,  aber  orih  ist  anbject  und,  mebr  noch,  ea  iat 
der  begriff  Ton  dem  flberall  die  rede  iat  viellaieht  iat  aadh  der 
dichter  nicht  ganz  von  schuld  firei  zu  aprediaa :  bitte  er  atati  ddom 
hoc  aevi  geschrieben  hmar  hk  oevi,  so  wflide  tfn  jeder  Hk  auf  kotier 
oder,  wenn  man  lieber  ao  will,  durah  teuer  auf  cfio  bea^^  haben, 
zu  dem  puer  doch  nur  prftdieat  ist  auch  iat  aidit  an  übenebea  daas 
in  den  Schilderungen  der  einzelnen  Epochen  des  heranwaehaeadea  aueh 
nicht  ^in  zug  menschlicher  individualitftt  und  trotz  der  besiehung 
auf  fada  parentum  nicht  6in  fingerzeig  ist,  ob  ea  Aainii  oder  Julii 
oder  Octavii  oder  meinethalben  Antonii  aeien,  an  die  wir  denken 
sollen,  auch  ist  die  veigeblichkeit  der  frage  nach  dem  namen  dea 
puer  wol  ein  wink,  dasz  der  bOsewicht  die  gelehrten  auf  eine  falsche 
spur  gelockt  habe. 

Wir  stehen  vor  der  ersten  Strophe  von  des  gedidites  kern 
V.  18 — 25,  der  Schilderung  des  kindeaaltera  der  gold^en  zeit:  denn 
dasz  dies  goldene  Zeitalter  allmählidi  zur  eatwickdung  kommen 
wird,  ist  Verg.  grundgedanke.  und  ea  aind  echte  kindergaben,  die 
hier  den  geburtstagstisch  decken:  anmut,  milde  und  harmloaigkeii, 
es  sind  blumen  und  milch ;  freilich  nur  kleine  eratlingsgaben  {prima 
munuscula)^  denn  kindeshand  ist  Idcht  gefüllt,  aber  ea  liebelt  dar- 
über  ein  liebender  blick,  sie  kommen  von  herzen;  allea  gemachte, 
erheuchelte,  berechnete  ist  fem,  keine  schmeichelei|  allea  natur  (indto 
cuUü)f  epheu  in  ungezwungener  verschlingung  (erroiites),  darin  ver* 
streut  {passim)  eine  ftUle  von  inmiortellen,  rothblllbMidea  gnaphalinm, 
baccar,  durchsetzt  von  dem  saftigen  grfln  dea  aeantfaua  mit  aeinen 
prftchtig  gezackten  blftttem  und  den  roeenrothen  bedierfihrmiggeatal« 
taten  indischen  Wasserrosen,  ea  ist  mdir  ala  ein  geburtstagatiaeh,  der 
knabe  erscheint  auf  blumen  gebettet  {ip$a  HM  tkmdoi  fimdeni  amth 
hula  flores) :  nicht  menschen  haben  aie  ihm  geatreut,  die  veijttngta 
erde  {teüus)  hat  sich  als  Mine  wiege  adbat  zum  blumenbeet  umge> 


858  WHEolater:  des  Vergilius  vierte  ecloge. 

btaltet,  färbe  und  form  huldigen  ihm  in  gleidiem  masze.  und  die 
thierwelt  iSszt  sich  von  der  pflanzenweit  nicht  in  den  schatten  stil- 
len :  die  ziegen  eilen  ihm  freiwillig  mit  strotzenden  entern  entg^go, 
und  die  rinder  lassen  sich  durch  keine  furcht  vor  gewaltigen  Uww 
von  seinem  dienste  abschrecken,  es  ist  Plüss  verdienst,  aof  die  b^ 
deutung  von  ipsae  und  ipsa  (von  selber)  hingewiesen  zu  haben,  du 
sich  an  nuUo  cultu  im  anfang  als  gleichbedeutend  anachUeist,  nad 
Mas  nee  fnetuunt  sagt  auch  nicJit  viel  anderes,  so  dasi  wir  eigentUA 
ein  dreifaches  ipsa  haben,  dadurch  fUlt  die  frage  hinweg,  warm 
sich  die  armenta  fttrchten,  die  capeUae  nicht  flbersehen  darf  aua 
nicht  die  treffliche  strophische  gliederung :  den  blnmen  ist  das  schOas 
Vorrecht  gegeben,  den  ankömmling  in  drei  versen  mit  ihrem  lisbnii 
zu  begrüszen;  dann  drängt  sich  in  freudiger  bereitwilligkeit  (yssf) 
pflanzen-  und  thierwelt  um  seine  wiege,  abermals  in  drei  vena; 
dann  faszt  die  epodus  beides  zusammen  in  der  abweaanbeit  voa 
allem  was  schaden  kann,  in  der  aufhebung  jeder  schranke  Ar  dw 
was  das  herz  erfreut,  fein  und  sinnig  hat  Plfiss  daran  erinnert,  dsa 
es  nicht  blosz  seltene  exotische  pflanzen,  aber  auch  nicht  bloa 
heimische  sind,  mit  denen  die  erde  dem  ankOmmling  huldigt:  da 
schönste,  anmutigste,  beste  ist  eben  gut  genug  fttr  ihn,  gleichviel  ob 
es  die  nfibe  oder  die  ferne  hervorbringt;  alles  wetteifiart  ihm  sn  bal- 
digen, die  weit  wird  voll  sein  von  duftiger  würze  (amommm)  ftr 
ihn,  den  zweiten,  wahren  phöniz:  denn  dessen  speise  war  der  s^i 
nach  dieses  wunderkraut,  wie  Plüss  erinnert  wie  sich  Verg.  isit  ii 
hoff'nungen  und  Schilderungen  eines  goldenen  weltaltera  sn  eigsba 
liebte ,  lehrt  die  einigermaszen  gleidizeitige  seohiehnte  epods  im 
Horatius. 

So  stehen  wir  denn  vor  dem  zweiten  bilde,  der 
der  neuen  generation  (v.  26  —  36).  Bibbeck  hat  ttbersehsn 
diese  verse  aus  zwei  strophischen  partien  bestehen ,  von  dsMB  dv 
eine  positiven ,  die  andere  negativen  Charakters  ist :  ebenso  wie  da 
pueritia,  wo  der  abgesang  den  negativen  teil  bildete,  vrihrsad« 
hier  eine  eigne  strophe  ausmacht,  31 — 36.  achten  wir  aber  aaf  dn 
Verhältnis  des  Jünglings-  zum  mannesalter,  so  sehen  wir  es  nebk 
deutlich,  dasz  wir  nicht  ein  absinken,  sondern  ein  anateigsB  dn 
glucks  der  neuen  zeit  vor  uns  haben,  in  dem  positiven  isil  hsba 
wir  nicht  zu  übersehen,  wie  tactvoU  Verg.  beiden,  der  kindbeitMi 
dem  Jünglingsalter,  ihren  Charakter  zu  wahren  gewust  hat,  dort  M- 
mut,  milde,  gefahrlosigkeit,  hier  thatendrang,  firendean 
Übung  der  kraft,  die  beiden  ersten  Zeilen  sind  bindeglied; 
gang  zur  aduleseentia  werde  kommen,  wenn  der  knabe  werde  dw 
beiden  thaten  lesen  und  das  wesen  der  wahren  tugend  erCusonki^ 
neu ,  das  letztere  wol  nicht  ohne  beziehung  aaf  die  nenesAsn  poBfr 
sehen  ereignisse  gesprochen:  gehört  zur  wirren  tugend  niehtFoKsi 
friedensliebe  und  seine  scheu  bürgerblut  zn  vergiesien?  odsr 
er  dieselbe  durch  mutigen  kämpf  und  kriege:  lorbesr 

bewährt?  dann  folgen  in  3  zeilen  (antistrophe  u      epodus)  dis 


I 


WHKoliler:  dit  Yargilias  Titrte  edog«.  ^860 

rakteristisohen  leiohen  der  neaen  tiit;  sAt  diettr  stufe  fUle  tob 
fruchten  ohne  mOhe  und  arbeit  {moK  flmfeteä  etmpui  mrkta  kmi 
tisque  rubens  pendebU  senUbus  u»a).  ohne  finge  moax  imidkiB  aneh 
in  die  erste  zeile  in  gedanken  herflberge&ommeii  werden  sb  eampui» 
nicht  umsonst  hebt  der  dichter  diese  seite  hervor,  er  liait  da* 
mit  ein  Schlaglicht  fallen  anf  die  damals  in  Bom  hersdieiide  not, 
die  8.  Pompejns  durch  seine  blokade  herbeigeftthrt  hatte,  im  der 
neuen  zeit  ist  ttberfluss  an  allen  lebeoabedilrflusseiii  kom,  wein, 
honig,  was  hier  geboten  wird;  wir  aehen  das  wogeade  Ifarenfdd 
{moüis  arisia*)y  und  nidit  einmal  der  banmi  an  den  der  weinstock 
nach  italischer  weise  seine  trauben  hingen  soll,  beisokt  eine  pflege, 
ein  domstrauch  genfigt  sie  empomhalten  (aciiWIiie),  und  die  wald- 
biene  wird  in  hohler  eiche  siedelnd  die  weit  mit  reidier  fülle  Ton 
bonig  versorgen»  quercus  sudälmiU  romda  niefla  (der  honig  galt  den 
alten  vielfach  als  himmelsthan)* 

Bis  dahin  sind  wir  im  vorsohrelten;  aber  das  jUngUngsalter, 
sagt  der  dichter,  ist  doch  noch  nicht  die  volle  goldene  ndt:  die 
zweite  strophe  desselben  erinnert  daher  an  dem  besehrinkung, 
denn  noch  macht  sich  im  geheimen  der  lasammenhang  mit  der  altoi 
bösen  zeit  bemerklich ,  tuhenmt  priscae  veaU^  flrmiäb.  flrauB  ist 
alles  was  den  menschen  in  schaden  und  naditoil  bringt,  sunal  ana 
übelwollen;  der  kirchliche  spradigebrandi  nennt  es  angestanmte 
bosheit :  vgl  Q.  Cic.  de  pä.  eam.  10,  89  firauMi  aiqm  MMMKanmi  et 
perfidiae  plena  auni  amnia.  Verg.  Aen.  X  72  qms  deus  im  fraudem^ 
gude  dura  patent ia  nastra  egU?  drei  solche  dinge,  die  an  die  bosheit 
der  frühem  zeit  erinnern,  fahrt  aus  dieser  zeit  der  dichter  auf,  und 
zwar  in  doppelter  form,  in  allgemeiner  beseichnung  31 — 33  und 
in  beispielen:  Schiffahrt,  manerban  und  ackerbau  ttber  das 
eigne  bedUrfnis  hinaus  (fllr  den  bedarf  sorgt  nach  v.  28  ohne 
cultur  der  boden).  die  avarUia^  sagt  Servius,  treibt  sich  den  Wechsel- 
fällen  des  meeres  preiszugeben  (wir  mOgen  eitelkeit  und  gennszsucht 
einscblieszen),  und  so  lange  lust  an  abenteuern  und  kllhnen  unter* 
nebmungen  die  brüst  schwellt,  werden  maszregeln  lur  sichenlig  des 
gemein  Wesens  gegen  die  einfÜle  und  gelflste  einzelner  nidit  fehlen 
dürfen,  die  antistrophe  34—36  ftlhrt  denselben  gedanken  in  bei* 
spielen  durch,  zeigt- aber  in  mehr  als  6iner  besiehnng  dichterische 
schwächen,  indem  ftir  den  ackerbau  das  beispiel  fehlt,  ftür  die  schif* 
fahrt  dagegen  Argo  und  Tiphys  neben  einander  erscheinen  und  doch 
die  Schiffahrt  zu  handelszwecken  ohne  beispiel  Ueibt  dass  Achilles, 
Argo  und  Tiphys  das  individuum  ftlr  den  gattungsnamen  nennen, 
bedarf  keines  fingerzeigs,  ist  auch  von  Servius  nioht  verkannt,  der 
dichter  bezeichnet  die  thatenlust  der  Jugend,  beceiehnet  aber  dnroh 
dieselbe,  dasz  das  goldene  Zeitalter  doch  erst  im  werden  seL 

Das  volle  seligsein  kommt  erst  mit  dem  gereiften  mannesalter 

*  georg.   II  389  oicttla  molKa,    Hör.  carm.  III  IS,  17  atModuM  moUtB. 
»ehr   unglücklich    erklärt  Schftper  molN  aritta  'mit  glatter  Ehre  ohne 

stacheln'. 


ggO  WHEohter:  des  Vergilias  vierte  ecloge. 

(37--45  uU  iam  firmata  iHmm  te  fecerit  aeias)^  der  goldenen  leit  wo 

mühe  und  arbeit  nur  ein  wüster  träum  ist,  den  wir  beim  ermAm 

freudig  hinter  uns  liegen  sehen,  wo  friede  und  eeelenralie  uns  wie 

ein  rosenfarbener  Sther  umflieszi   das  bringt  die  nene  atrophe  drci- 

zeilig  mit  dreizeiliger  epodus;  Strophe  und  antistrophe  stehen  wieder 

im  gegensatz  des  allgemeinen  zum  besondem,  das  nfitzliebe  und  zun 

leben  notwendige  entfaltend,  wogegen  die  epodas  leigt,  daii  and 

das  schöne  in  der  neuen  weit  seine  Vertretung  findet,  das  jAngUng»- 

alter  hatte  noch  mutige,  seltsame  abenteuerfiihrten  gekannt  und  er* 

schlieszung  einer  unbekannten,  kaum  geahnten  weit,  jetrt  wirft  im 

Schiffer  sein  gewerbe  von  sich  {cedä  et  ipse  mart  oeetor),  jetstbedvf 

es  keines  austausches  von  waaren  mehr  {non  patUica  pinus  muiM 

fnerces)^  was  wir  wünschen  das  bietet  alles  die  heimati  bietet  j^glidMi 

land  {omnis  feret  omnia  tellus),  es  folgt  die  gegenstrophe:  nidit  dw 

menschengeschlecht  allein  wird  still  in  stolzer  genfigsamkeitdastohMv 

auch  den  erdboden  wird  friede  und  freude  umfiangen:  das  roifrHi 

wird  ruhen  wie  die  fdlx,  der  stier  wird  feiern  wie  seinhenr,  nad 

welch  ein  herr!  rohustus  v.  41  ■:■  satis  sibi  ipse  robusiua^  wassdlcr 

die  armen  thiere  sich  quSlen  lassen?  es  wird  sein  wie  Hesiodos  nag 

^Kf).  116  ff.  icOXd  bk  TTävra  |  Totctv  £iiv*  KOpiröv  b*  fqicpc  Zcibo- 

poc  dpoupa  I  aÖTOfidni  iroXXöv  tc  kqI  fiqiOovov'  o\  b*  £6cXi|ioi| 

ncuxci  fpT*  iv^MOVTO  CUV  icOXotctv  iToX^ccctv.    gewis  niofat  mit 

recht  sieht  hier  Voss  den  hohen  pflüger  mit  macht  Aber  den  ^bg 

gekrümmt:  nein,  spielend  verrichtet  er  selbst  das  werk,  seine  VxA 

bedarf  keines  stieres :  arbeitslosigkeit  verweichlicht!  andi  das  wMm 

wird  dem  leben  nicht  fehlen;  doch  hat  der  dichter  diese  psrtisHr 

einseitig  in  beziehung  auf  die  färbe  durchgefllhrt.  es  wird  nickt  mikr 

gefälschtes,  nur  äuszerlich  gleiszendes  sein,  das  die  angcn  eigeht; 

die  wolle  wird  nicht  mehr  lügnerisch  eine  färbe  zeigen,  die  das  teW 

nicht  hatte  {nee  varics  discet  mentiri  lana  cohm),  es  wird  wA  dv 

stille  und  dem  seligen  frieden  auch  die  hOchste  schOnhdit  TermlUaL 

wandelt  doch  in  der  brutzeit  mancher  vogel  sein  kleid  (suoftsh) 

und  nimmt  das  nordische  Schneehuhn  (tetrao  lagopas),  im  sohmt 

braun,  im  winter  schneeweiszes  gefieder  an;  so  wird  aaeh  dasMlif 

auf  der  weide  die  färbe  wechseln,  wird  zu  seiner  seit  rSthliohe  pnp*^ 

wolle  entwickeln  {suave  rühenii  murioe)  und  inr  nadem  in  piidk- 

tigem  safrangelb  erscheinen  (tarn  croeeo  mutahU  veBera  Udo  —  fln^ 

vius  bemerkt,  es  sei  eine  hypallage  für  eroco  häeo),  und  m\ 

menschliches  zuthun  {sponte  8ua)  wird  selbst  die  geschltste 

färbe  das  lämmchen  umkleiden,  das  pasee9Ue8  *auf  der  weide' 

niemand  irre  machen  sollen:  die  sandjzfarbe,  mag  sie  mm  ein  ^ 

zenstoff  (Voss  mit  Servius)  oder  ein  mineralischer  sein  (Olasar),  «iri 

eine  zarte,  leicht  verletzliche  gewesen  sein,  so  dass  sie  wiAwBtk 

zarte  lämmerwolle  eignete,    wir  dürfen  nidit  flbersdwn  dssi  dii 

Üppigkeit  des  kaiserlichen  Rom  selbst  in  das  goldene  MitnHsr  in 

genuszsucht  und  begehrlichkeit  hineingetragen  hat.   flcmdos  tcb 

nichts  von  schafen  mit  purpurner  wolle,  wie  gaaa  i  adera  seUM 


i 


WHKoliter:  dit  Veigilint  Tierte  adoge.  861 

dieser'seine  dantellaog  der  mensdien  dos  goldente  nitittiii:  61  (iifev 
boi^ovcc  dtvol  imxOövtot  koX^ovtoi  |  ecOXol  dXcEbiixot  qniXimc 
OvTiTuiv  dvOpidirufVt  |  irXouTobdrot*  xal  toOto  T^poc  ßociXilitov 
£cxov.  aber  freilich  wol  hat  Verg.  Mine  stndyxfiirbeiieii  limmer 
nidit  selber  ersonneii,  dondem  aie  sioherlioh  ans  irgend  einem 
alexandrinischen  dichter  herttbeigenommen. 

Mit  dieser  schildenmg  des  mannesalters  ist  ersiehtlieh  die  dich* 
tong  am  ende,  rnnss  sn  ende  sein,  was  kann  denn  weiter  nodi  folgen? 
doch  noch  ein  doppeltes,  meine  ich :  ?on  des  diofaters  seite  ein  jubel* 
rof :  es  kommt,  es  kommt I  vom  menschlichen  standpnnct  ein  will- 
kommen, das  ist  eigentlidi  nnr  6in  gedenke,  aber  swei  selten,  gans 
wie  es  fOr  strophe  und  antistrophe  sich  eignet  so  stdit  es  46—49. 
aber  die  zweite  hslfte  darf  nicht  fthlen.  irill  man  mit  Bibbeck  dieea 
hftlfte  des  gedankens  von  dem  Torigen  abtrennen,  so  mnsi  man  anf 
dies  'willkommen'  gans  Terrichten  nnd  die  dichtong  mit  v.  47  ab* 
schlieszen.  jedoch  der  dichter  fügt  in  seinem  ▼ertraaensfoUen  ^es 
kommt'  noch  eine  vision:  er  sieht  mit  geistigem  ange  die  weit  einen 
neuen  umschwnng  nehmen,  dann  aber  moss  dieses  erfahmngsmlssige 
*es  kommt'  mit  seinem  aspice  an  der  spitse  die  leiste  strophe  bilden, 
das  *  willkommen'  in  die  antistrophe  der  vorletsten  sorfiektteten. 
wenn  mich  nicht  alles  teoscht,  so  hsi  Bibbeck  sich  dnrch  das  doppelte 
Fan  äiam  58.  59  tenschen.  lassen ,  diese  Terse  flfar  ein  stn^henpaar 
zu  halten;  dann  muste  er  schon,  indem  er  flir  die  TOiiMnrgehende 
f  ünfzeilige  antistrophe  die  strophe  snchte,  bis  so  dem  aäffreiere  v.  48 
zorttckgreifen;  aber  die  gedankenentwiddong  widerspridit  dieser 
lediglich  formellen  basis. 

Ehe  wir  von  diesem  strophenpaar  scheiden,  sind  einige  schwie- 
rigkeiten  des  aasdrucks  zu  beseitigen,  znnichst  sagt  uns  der  diditer 
in  der  strophe  v.  46  f.,  dasz  das  numen  fatamm,  die  Paroen,  seinen 
wetterwendischen  Charakter  aufgegeben  habe,  ein  stabik  geworden 
sei,  dasz  unter  den  Werkzeugen  seiner  macht  volle  einigkeit  hersche 
(Parcae  concordes)^  also  kein  hemmnis  etwa  dnrdi  mangelhafte,  sich 
gegenseitig  behindernde  ausfAhrung  drohe,  dasz  das  entecheidende 
wort  schon  gesprochen,  den  spindein  der  anftrag  bereite  gegeben 
sei  sich  in  enteprechender  weise  zu  regen  {fäUa  saeciäa  eurriie). 
übersetzen  wir:  *lauft  solche  Jahrhunderte  ab'  «-*  CHrrUe  Me$  citrsus 
saecularts.  der  accusativ  ist  innerers  object,  welches  meistens  ein 
dem  verbum  stemm  verwandtes  Substantiv  voraussetet,  aber  anch 
durch  dessen  eigenschaft  als  neutrum  (^^a  ßofiv),  ja  durch  dessen 
abstractum  kann  vertreten  werden  (<pößov  ßX^ireiv):  yA.  meine 
abh.  'aber  das  innere  object'  (Sophokleische  sUidien  s.  299). 

Auf  die  verkOndigung  der  strophe  von  den  Pamae  comeordes 
antwortet  die  antistrophe  mit  dem  *  willkommen'  des  menschen- 
geschlechtes:  adgredere  *  tritt  heran'  an  deine  ehren«  der  dichter 
begrOszt  die  neue  generation  als  mibcks  de&mmi  die  erde  ist  ein 
Schauplatz  ihrer  herlichkeit,  sie  selbst  pflegling  des  Joppiter  (tuerie* 
mentum)  und  die  zeit  hart  vor  der  thOr  {aderU  iam  tmpui).    der 


862  WHKolater :  des  Vergilius  Tierte  ecloge. 

dichter  hemmt  selbst  des  verses  lauf  in  einer  weise,  die  jeden  auf- 
merksam machen  musz,  mit  einem  doppelspondens  in  tinem  vorti, 
zu  dem  man  vergebens  das  seitenstflck  sacht  (Schaper). 

Mit  y.  50  beginnt  dann  in  einer  doppehitrophe  der  anagaag  der 
dichtung.  es  geschieht  was  der  dichter  erbeten  hat,  oder  ea  b^inl 
vor  seinen  äugen  zu  geschehen:  zweimal  fordert  er  auf  aeht  in  gAca. 
die  Weltkugel  (fnundus)  mit  allen  ihren  teilen  (terrae^  traäui  mam, 
caelum)  holt  aus  und  setzt  sich  in  schwung,  mäateomoexopmienp 
das  ereignis  ist  im  anzug  und  alles  jubelt  ihm  entgegen,  iiafarf  ät 
das  verbum  der  beginnenden  bewegung:  Tgl.  Lncan  I  490  ioai 
tknte  ruina  nutantes  pendere  domos.  IV  393  /eltx,  qni  jpciuä, 
nuiante  ruina  j  quo  iaceat  iam  scire  U)oo>  Tac.  hisi.  TU  40  oejei  av- 
tant  uä.  pondus  aber  ist  nicht  blosz  hemmnia,  ea  tat  bedingnag  kb 
schwung  und  wurf :  so  hat  Statins  Theb.  VI  656  iaadabüe 
Ov.  met.  113  panderihus  libraia  suis.  Verg.  georg.  IQ  178  miti 
sub  pondere.  Cic.  p.  Plancio  Idsedego  haee  mos  pomderitmB 
nabo.  so  ist  das  grosze  geschehen,  und  es  bleibt  dem  dichter  nnr  noch 
übrig  zu  beten,  er  möge  an  seinem  lebensabend  noch  der  alagerdM 
gewaltigen  Umschwungs  werden  können  und  ihm  die  nötige  frii^ 
und  lebenskraft  dazu  bleiben  (spiriius  et  quafiium  sai  erU  iua  dietn 
facta),  mit  diesem  gebet  schlieszt  er  die  ftUifxeilige  atrophe  50^54 
ab.  diesem  gebet  aber  stellt  er  in  der  antistrophe  55^59  die  ve^ 
heiszung  gegenüber  zu  singen,  dasz  ihn  nicht  Oipheaai  nicht  LiBUi 
ja  selbst  nicht  Pan  übertreffe. 

Hier  könnte  und  müste,  sagen  wirnoch  einmal,  daa  lied  tfWwnfi'i 
und  dennoch  kommt  noch  ein  strophenpaar  60—63«  allin  UagU 
ist  der  rückblick  auf  die  dahinter  liegende  zeit,  nicht  daa  bewnatiai, 
dasz  die  geburtsstunde  eine  schmerzensstunde  aei,  bewegt  den  dich- 
ter, sondern  eine  befürchtung:  wie  wenn  auch  dieser  wnrf  miaU^if 
wenn  auch  diese  stunde  nur  neue  schrecknisae  bringt?  die 
stunde  ist  eine  stunde  der  furcht  wird  die  mutter  durch  daa 
des  neugeborenen  ein  entgelt  empfangen  fttr  daa  waa  aie 
oder  wird  der  geborene  zürnend,  ein  finaterer  tyrann,  ina 
eintreten?  steht  er  doch  vor  einer  Stadt  die  jahrhonderte  laqg  bü 
ruchloser  lust  und  leidenschaftlichkeit  in  den  eingeweiden  ihrer kiate 
gewühlt  hat.  es  fragt,  denke  ich,  keiner,  wer  die  matter  lei 
Rom  und  ganz  Italien,  das  seit  hundert  jähren  der  grenel 
den  andern  gesehen,  seiner  söhne  ausgeceichnetate,  edelatBi 
nach  dem  andern  verschlungen  hat:  beide  Oracchen,  ScipiOi 
nach  ihnen  die  ftthrer  des  bundesgenossenkriegea,  Q.  ~ 
und  C.  Papius,  und  Marius  und  Sulla  und  Pompejna, 
und  wen  sonst  nicht?  das  sind  wol  Umgi  menses  und  lam§a 
und  nach  jeder  zuckung  hoffte  man,  nun  solle  der  crdo 
werden,  da  mag  der  patriot  wol  seufzen:  ach  nur  endlich 
Ucbeln  zwischen  so  viel  thrftnen.  die  decem  menMB  aind,  dleUaid^ 
nach  alter  rechnung  das  weltjahr:  es  hat  achrecklichea gebfachtt  dtaa 
jähr,  wo  die  mutter  dich  unter  dem  herzen  getragen,  ao  bleibe kh 


LMendelssohai  siir  flberliateong  Jim  Giotios  briafak        888 

bei  der  anerkennang  des  voriiageiideii  in  dieecn  wortm,  Utkrmd^ 
stehen.  Schaper  (im  progr.  t.  Posen  187S  8. 40)  allobto  IW^  iim 
fatonun,  äbstülerM^  eis  gOnsüges  omen  an  die  eteUe  aetüB;  aber 
nöUg  ist  das  nicht:  es  mttste  erstens  auftmU  iMismi,  mid  sweiteiia 
wftre  es  ein  rdckschritt  su  dem  mm  ri$ere  pmrmiti.  ntiOf  jnejpe  Hm 
cognoscere  matrem  dh.  rim  9ignifieate  U  agtiMcen  muinm*  (demUeh 
ammenhaft  erinnert  Senrins,  es  sei  ein  bOses  leiflhs«,  wiu  nengebo- 
rene  Iftcheln,  darum  habe  Asinins  Saleninns  os  nenntcti  ti^  stecbea 
müssen.)  mit  recht  steht  der  dichter  in  angst;  er  fllvehtet,  dass  der 
neugeborene  schäm  nnd  rene  md  miwiUen  der  gegenwartOber  sibh 
selbst  nicht  werde  fttr  genngsame  bnsie  bähen,  nidrt  lldMlnd  habeo 
ihn  die  eitern  in  seliger  hoffiinng  empbagsn  UtaUMB,  er,  der  neu* 
geborene,  mosz  den  an&ng  maelwn,  die  dteni  gehBrennidit  sa  den 
gottbegnadeten,  von  denen  die  si^  enlUt,  as  habe  sie  ein  gott  an 
seine  tafel  gesogen  (Tantalns),  eine  gdttm  sie  das  beOagers  (Anchises^ 
gewürdigt  (hmc  kann  nur  jxrfrswi  sein,  ans  iwewtei  in  emtnebmen  ) 
fang  da  an,  du  ersehnter,  nnd  lass  dein  Udiebi  sieh  widerqnegebi 
in  dem  glücke  der  ganzen  weit. 

Eutin.  Wilbilii  HanRica  Kolstbb. 


118. 

ZUR  ÜBERLIEFERUNG  VON  dCEROS  BRIEFEN. 


Durch  GVoigt  und  AViertel  sind  onwiderl^liohe  gründe  bei- 
gebracht,  dasz  weder  cod.  Med«  49, 7  —  die  briefo  ad  fiamiliares  ent- 
haltend —  noch  cod.  Med.  49, 18  — >  die  briefe  ad  Brutum,  ad  Quin- 
tum  fratrem  und  ad  Atticum  umfassend  —  Ton  Petrarca  herrühren 
können,  vielmehr  copistenhandschriften  sind^  die  Pasqnino  de'  Cap- 
pelli  für  Coluccio  Salutato  anfertigen  liess.  dass  49,  18  im  besits 
von  Coluccio  gewesen,  war  aus  der  Unterschrift  llbigst  bekannt; 
aber  auch  49,  7  trftgt,  was  Voigt  und  Viertel  nicht  wnsten  und 
nicht  wissen  konnten,  den  besitzvermerk  Coluccios:  *Lini 
Colucii  Salutati  Cancellarii  Florentini.'  so  entzifferte  ich  1876  im 
verein  mit  hm.  Anziani,  dem  jetzigen  prftfecten  der  Lanrenziana; 
ein  früherer  zuhörer,  hr.  OBasiner,  bestfttigt  die  lesung  und  fügt 
hinzu:  *wie  man  cod.  49,  7  und  49,  18  emsthsit  dem  Petrarca  ids 
ihrem  Schreiber  hat  zuschieben  kOnnen,  weiss  ich  nicht;  beide  sind 
sicherlich  nach  Petrarcas  tode  geschrieben,  ich  habe  autografdien 
des  dichters  mit  ihnen  verglichen:  sie  sind  vielfizeh  wesentlich  ver* 
schieden  von  der  schrift  in  49,  7  nnd  49,  18.  andern  ist  weder  der 
eine  noch  der  andere  codex  von  nur  6iner  band  geschrieben,  sondem 
von  mehreren  die  in  beiden  hss.  dieselben  zu  sein  scheinen.'  natür- 
lich bleibt  der  wert  von  49,  7  derselbe,  auch  wenn  er  nichts  mit 
Petrarca  zu  thun  hat;  jedoch  ist  dieser  wert,  wie  mich  die  verglei* 
chung  gelehrt  hat,  kein  besonders  hoher,  über  die  einzelnen  Alle, 


864  MPetflcbenig:  erklftning. 

in  denen  man  durch  ihn  erkennt  was  vor  den  rasaren  im  hauptcodex 
49,  9  stand,  wird  später  besonders  zu  handeln  sein.* 

Bei  dieser  gelegenheit  m(kihte  ich  einen  Irrtum  Voigts  in  be* 
treff  des  cod.  Dresdensis  111  berichtigen.  Voigt  ist  geneigt  (her.  i 
Sachs,  ges.  d.  wiss.  1879  s.  44)  ihn  ungefähr  in  die  mitte  des  Tier- 
zehnten jh.  zu  setzen  und  als  unabhängig  vom  Med.  49,  9  m  be- 
trachten, aber  das  alter  der  hs.,  die  auch  Ebert  in  saec.  XTV  setzt, 
kann  ich  mit  Voigt  nicht  rechten,  da  ich  sie  selbst  noch  nicht  ge- 
sehen ;  ihre  abhängigkeit  vom  Mediceus  aber  und  damit  ihre  Wert- 
losigkeit ergibt  sich  sowol  aus  der  Ordnung  der  briefe  in  bodi  Tm 
(vgl.  Benedicts  ausg.  I  s.  656  f.)  als  auch  aus  einer  mir  voiii^gci- 
den  sehr  sorgfältigen  vergleichung  von  I  1 — 8.  Überhaupt  ist  foi 
einer  immerhin  notwendigen  einsichtnahme  der  deatschoi  hss.  flr 
die  kritik  der  briefe  ad  fam.  wenig  zu  erwarten:  bmchatlleke,  die 
einer  vom  Med.  49,  9  unabhängigen  Überlieferung  entetammeD,  kei- 
nen möglicherweise  zu  den  bekannten  noch  hinzukommen,  sdi««^ 
lieh  aber  fortlaufende  hss.,  sei  es  des  ganzen  sei  ee  einer  hSlfte. 

*  beiläafiff,  cod.  Med.  49,  9  gebort  sicber  nicht,  wie  man  Btafiii 
folfirend  gewöhnlich  annimt,  dem  elften  jb.  an,  sondern  dem  lehntei. 
Jaff^  wollte,  nach  einer  mündlichen  mitteilnnr  Aniianis,  ihn  sogar  in 
nennte  jh.  hinaufrücken;  doch  scheint  mir  aas.  bei  allen  respect  fcr 
Jaffe's  kennerange,  des  guten  zu  Tiel.  dass  AZacharia  'ezenrsns  Kteiwn 
per  Italiam'  (Venedig  1754)  I  s.  219  sogar  ans  achte  jh.  dachte,  Bif 
als  curiosität  angeführt  werden. 

Nachtrag.  1.  Mittlerweile  hat  ein  erfahrener  paläograph,  hr.pnt 
G.  von  der  Ropp,  die  gute  gehabt  den  cod.  Dresdensis  111  geaat  n 
untersuchen:  als  resultat  bat  sieb  ergeben  dass  der  die  Cieeroalseki 
briefe  umfassende  teil  der  ersten  bälfte  des  fnafaehnten  jh.  ■■- 
gehört ,  also  derselben  seit  wie  eine  menge  anderer  absehriftca  isi 
Med.  49,  9. 

2.  FRühl  setzt  (rh.  mus.  XXXVI  s.  26)  Med.  49,  9  ebenso  wie  Jafi 
ins  neunte  jh.;  indes  mnss  ich  auch  dieser  autoritlt  gegeafiber  aif 
^rnnd  einer  mehrmonatlicben  bescbäftigung  mit  der  hs.  auf  dem  sehslis 
jh.  bestehen. 

DoBPAT.  Ludwig  MERDBLaaoBi. 


(88.) 

ERKLÄRUNG. 


Wenn  die  oben  s.  666  erschienene  notis  fiber  priamm  —  sie  oi 
prius  —  tic  zu  meinem  bedauern  fast  sa  gleicher  seit  nach  ia  im 
2n  hefte  der  Wiener  Studien  Ton  1880  s.  318  reröff^atlicht  warte«  si 
möge  dies  folgendes  nach  beiden  selten  hin  entschiüdigea.  ich  hsllii 
wie  die  geehrte  redaction  mir  besengen  wird,  die  kleiiM  Botia  imwtk 
V.  j.  eingesandt,  da  dieselbe  bis  jnli  d.  j.  nicht  erachiea«  ^aabls  iak 
dasz  sie  keine  aufnähme  finden  werde  oder  der  brief  Torloraa  seL  iA 
hatte  nun,  wie  ich  jetzt  sehe,  allerdings  anfragen  soUeo,  habe  dies  skr 
leider  unterlassen. 

Graz.  Miohabl 


SACHREGISTER. 


Acc.    c.   inf.,  lat.,   auslaisung  des  btairpuctoc  47  f. 

8object8-pron.  726  ff.  Dictjs  609  ff. 

Achillens  299  ff.  Diocletiaos  denar  27  ff. 

äginetische  giebelgrnppen  1  ff.  Diodoros  688 

Aethicos  664  ff.  Diogenes  Lsertios  769.  886  ff, 

Aillano8  (tt.  l\3^\uy)  378  Dionjeios  Ton  HalikaniMB  888  ff. 

AUchjlos  407  f.  (Sieben)  706  f.  (sein  dochmius  409  ff. 

tod)  22  ff.  Donatns  (la  Ter.)  680.  XII 

Alexander  d.  gr.  674  ff.  dorrnUarium  606 

Amaionen  662.  669  f.  cUv  789  ff. 

ambidens  439  f.  *HX^iCTpuiv  —  EUetnu  606  ff. 

Ameipsiae  303  f.  epigramme,  grlecb.  784  ff. 

Anakreon  26  f.  etymologieche  fignr  774  ff. 

Anaximenes  24  f.  Enphorion  (tod  ChalkU)  868  ff. 

anekdoton  zur  ffoth.  nrgeseh.  649  ff.  Enripidee  879  ff.  407  (Ion)  804 

anthologie  (lat.)  269  ff.  Entropius  671  ff. 

dvTiTpaq>€Oc  in  Athen  189  ff.  flöten«  antike  696  ff. 

Apollon  PythoktonoB  686  ff.  Floms  808  ff. 

Apolloncaltas  602  ff.  fornm  im  röm.  lager  746  ff. 

Aratos  601  ff.  fmgiHg  684 

areatura  605  f.  Gallus,  Comelins  848  ff.  626  ff. 

archHologiflcbes    1  ff.    33  ff.   113  ff.  Gellina  162  ff. 

577  ff.  gemillde  in  grieeh.  n.  röm.  tempeln 
Archimedcs  108  ff.  687  ff. 

arisches  leben  433  ff.  Gennadiof  497  ff. 

Aristophanes  153  ff.  (Ri.)  88. 608.  XII  gesandtachaften  in  der  athen.  rolks- 

(We.)  90  (Theem.)  91  (Vö.)  81  ff.       ver».  801  ff. 

178  ff.  giebelgmppen  678  f.  Iginetisehe  1  ff. 

Aristoteles  (politien)  199  TP<lMMOT€lC  in  Athen  189  ff. 

Arrianos  813  ff.  (Ind.)  436  grammattker,  grieeh.  790  ff. 

öcTOfAot  des  Megasthenes  443  f.  grammatisches (▼ergl.)667ff. (grieeh.) 
Athen,  altertUmer  189  ff.  529 ff.  801  ff.        217  ff.  513  ff.  657  ff.  673  ff.  789  ff. 

gottesd.  alt.  417  ff.  (lat.)  69  f.   601  ff.   606  ff.   726  ff. 

Athenaios  120.  604  774  ff. 

Angustac  bist,  scriptores  656  griechische  altertUmer  189  ff.  629  ff. 
Au^Mistinus  {de  civ.  dei)  149  ff.  801  ff.  (gottesd.)  417  ff. 

aulosmosik  689  ff.  groma  501  f.  im  röm.  lager  748  f. 

I{rutu3,  l^ccimus  609  ff.  grossamen  504 

Caesar  (6.  6'^//.)  623  ifi,  eh.)  136  Harpokration  191  ff. 

Cassiodoras  564  ff.  Hermippos  Ton  Berytos  828  ff. 

cantra  Homnna  737  ff.  Herodianos  (grarom.)  796 

Catulliis    125  ff.    135.  471  ff.  777  ff.  Hesychios  von  Milet  821  ff. 

Censorinus  ^fragin.)  288  Hesiodos  (Erga)  617  ff.  (Aspis)  606  ff. 

Chairephon  90  t.  Hieronymns  497  ff. 

Cicero    (Brutus)  137  ff.   {or.)  142  ff.  Homoros  369  ff.  613  ff.  678  ff.  682  ff. 

{de  imp.    Pomp.)  31   f.   (p.  Caelio)  Horatius  {sei.)  249  ff. 

841  {epint,)  231  ff.  609  ff.  863  f.  ieientare  (-acutum)  128 

comparativ  bei  Homer  673  ff.  incertns  anctor  de  Constantino  M. 
Constantin  d.  gr.  G40  ff.  649  ff.  664  ff. 

crenaius  5U6  indisches  (alt-)  leben  488  ff. 

Cythcris  626  ff.  inschriftliches  (grieeh.)  428.  426  L 
decumanus  601  (l'^^O  ^^ 

DemokiitoH  23  interaspiration  im  grieeh.  789  ff. 

dcn.'ir  Diocietians  27  ff.  lordanis  662  ff. 

Dia^oras  von  Melos  81  ff.  losephos  (ant.  Ind.)  294 

JnhrhiVi  tr  fQr  das»,  philol.  1880  hH.  U.  66 


866 


Sachregister. 


-IC ,  nomina  decl.  5l3  ff. 

Isokrates  707  ff.  -      '       . 

lulianos  119 -ff. 

Justinus  293.  549  ff. 

Justinus  Martyr  316  ff. 

Kallinos  358  f. 

Karthago,  geschichte  289  ff. 

Kleon  833  ff. 

Klonas  692  ff. 

Laertios  Diogenes  769.  826  ff. 

lager,  römisches  737  ff. 

Lucilius  8»6 

Lucretius  765  ff.  821  ff. 

luricula  502 

Lycoris  626  ff. 

Lvsias  200  f.  708  ff. 

Martialis  184 

Massagetae  565 

|üi€TaK?|Tiic  372  ff. 

Megasthenes  435  ff. 

Menandros  (Gr)caup6c)  811  f. 

metrisches  (griech.)  409  ff. 

metrologisches  27  ff.  264 

militärwesen  der  Römer  737  ff. 

miricius  506 

musik,  griech.  689  ff. 

mythologisches  299  ff.  685  ff. 

Nearchos  von  Kreta  813  ff. 

nomoB,  aulodischer  691  ff. 

OctaTianus  603  ff. 

Olympia,  ausgrabungen  33  ff. 

omne  bei  Lucretius  8SU:-#.    %S1  ^ 

6pT€Uiv€C  419  'V 

Orosius  562  ff. 

Ovidius  {fasti)  763  f. 

paenitet  638  f. 

paläographie ,  griech.  49  ff. 

Paiisanias  (pcriegct)  113  ff. 

Peiraieus  (privatcultgenossenschaf- 

ten)  417  ff. 
Petrarca  231  ff. 
Petronius  776 
Philon  von  Byblos  822  ff. 
phönikisches  186  ff. 
qtpiijj  ((pp{ii!ii  u(q)pTiiui)  217  ff. 
Phicidus  glossen  847  f. 
Platou   (Laches)   305  ff.   (Phaidros) 

707   ff.    (Philebos)    526   ff.    (rep.) 

697  f.  (Thcait.)  96  f. 
Plautus  725  ff.  {Amph.)  605  ff.  {Cure.) 

ril   ff.  428  f. 
Pliitarchos  (U.  ^ouclKfic)  696  ff. 
PoUio  849  ff, 
Pollux  191  ff. 

Polybios  737  ff.  (reden)  539  ff. 
Pomp  ejus  Trogus  562 
Porcia  147  f. 

porta  decumana  u.  praetoria  752  ff. 
proescpiarium  505 


prae^epiatMS  50G 

preeaiorium  506 

probnleama  801  ff. 

pr.ochoirotonie  801  ff. 

PropertiQB  481  f. 

proripium  604  f. 

ProtHjroras  84  ff. 

irpouceX^ui  44  ff. 

remminatum  502  f. 

Sallusüus  (/m^.)  865  ff. 

semitische  religionsgeschicbte  186 

Sibyllen  106  ff. 

sie  B  deinde  666.  864 

8ikyon,  Apolloncnltus  602  f. 

Skythen  562  ff.  573 

Sophokles   (£1.)    671  f.    &44    (Phi 

688  (Trach.)  688  (fragm.)  \(A 
Spiritus,  griech.  790  ff. 
Statins  499  f. 
stibiare  506 
Strabon  358 
<i/6icf re '  647  f. 
subtilitas  506  f. 
auggrunda  503  f. 
Saidas  106  ff.  821  ff. 
suspirium  507 
Syntax,  griech.  657  ff. 
cOvOima  601  ff. 
cupiifE  703  f. 

t  ab  fall  in  verbalformen  69  f. 
Tacitus    (Agr.)  724    {Germ.)  265 

{hUt.)  787  f.  (leben)  71  ff. 
tempelschmuck  677  ff. 
Terentius  725  ff. 
Themistokles  469  f. 
Theodoretos  ir.  irvcuMdruiv  789  fl 
Theokritos  820 
eiacoi  419  ff. 
6u)f|  682  ff. 

thore  des  röm.  lagers  752  ff. 
Thukydides  469  f.  581  ff.  833  ff. 
Tibulli  vitA  496 
Timaios  295 
Tyrtaios  859 

Tsetses  zu  Hesiodos  517  ff. 
ubigue  518.  844  ff. 
uterque  512.  844  ff. 
Varro  {de  L  tat.)  606  {de  re  nul.)  263 
Varus,  Alfenus  826  ff. 
vaittus  507 

Vellejns  Patercolus  248 
VergiUas    [ecl.)    247.  821  ff.  625 

849  ff.  {Aen.)  546  ff.  577  ff. 
Volksetymologien  288  ff. 
Tolksversamlangin  Athen  529ff.  801 
Volumnia  627  ff. 
Tulgilrlatein  69  f.  367  f. 
Xenophon  (Hell.)  585 
OnauXelv  694